Rush of Memoriegames von YoungBlood ================================================================================ Kapitel 4: Duett ---------------- Am I better off dead Am I better off a quitter They say I'm better off now Than i ever was with him As they take me to my local down the street I'm smiling but I'm dying trying not to drag my feet Da war es also nun. Das Ende. Ja ich hatte seine Tasche gepackt. Ich war es gewesen, der selbst das Bild von seinem Nachttisch – das Bild von uns beiden – zusammen mit seiner Zahnbürste in der Tasche hatte verschwinden lassen. Kurz und schmerzlos. Gar nicht lange nachgedacht. Mein Kopf war leer gewesen und niemand verstand warum. Nach zwei Jahren hatte es den Kurzschluss gegeben, eine unbedachte Frage und schon waren diese unzähligen Bilder in meinem Kopf gekreist. Wieder und wieder habe ich ihn die Worte sagen hören. Wieder und wieder hab ich die Schuld in seinen Augen sehen können. Wieder und wieder bleibt mein Herz selbst bei der bloßen Erinnerung stehen. Aber das war vor zwei Jahren gewesen. Ich hatte ihm doch verziehen. Hatte meine Gefühle nach einiger Zeit gefesselt und bin zu ihm zurück. Es war nicht schwer. Es war ganz einfach. Die Küsse waren immernoch süß, unser Lachen echt und wir harmonierten miteinander. Der Traum einer Beziehung. Und jetzt war es vorbei. All die Fesseln hatten sich gelöst, waren abgefallen, hatten den lang verschobenen Schmerz zugelassen. Nach zwei Jahren hatte ich das getan, was ich damals hätte tun sollen. Ich hatte mich getrennt. Aber ganz so kurz und schmerzlos wie es mir vorgekommen war, war es dann doch nicht gewesen. Am nächsten Abend öffnete ich die Haustür und war überrascht, dass das Licht nicht brannte. Niemand zu Hause. Ja natürlich. Er war nicht mehr da. Das Bett erschien mir plötzlich nicht mehr zu klein, wie ich es die letzten sechs Jahre bemängelt hatte – es war nun groß und kalt. Die Wärme fehlte. Meine Finger strichen über das Bettlaken, ehe ich das überflüssige Kopfkissen und die zweite Decke mit ungeschickten Fingern aus dem Bett beförderte. Danach wirkte alles nur noch größer. Ich konnte, wenn ich die Augen schließe, immernoch seinen Geruch wahrnehmen und ich presste meine Hände ganz fest an den eigenen Körper, um sie daran zu hindern den fehlenden Körper ertasten zu wollen. Dabei war ich nie derjenige gewesen, der Körperkontakt gesucht hatte – aber manchmal, manchmal wenn ich mir sicher war, dass Nicky tief und fest schlief, da hatte ich mich an ihn gekuschelte, hatte die Arme um ihn gelegt und die Wange gegen die Schulterblätter gedrückt. Das gleichmäßige Heben und Senken seines Brustkorbes und der langsame Schlag seines Herzens führten mich schnell in den Schlaf, der mir erlaubte mich an ihn zu schmiegen. Aber nun konnte ich das nicht mehr. Ich hatte es nicht mehr gewollt – richtig? Mir war schlecht geworden, als ich mir vorstellte, dass der andere Kerl ihn ebenfalls im Arm gehalten hatte – vielleicht – vielleicht auch nicht. Und zog ich mir einfach die Decke über den Kopf und hoffte Nacht für Nacht, dass meine Träume mich nicht mit meiner Sehnsucht quälen. Aber die Hoffnung habe ich schon ein bisschen länger aufgegeben. Nicky ist allgegenwärtig, die Wohnung, die Universität, alles ruft mir praktisch seinem Namen entgegen. Ich kann mir keinen Film ansehen, ohne eine Verbindung zu sehen, kann kein Lied hören, ohne es auf mich zu deuten. Das letzte mal wo ich so lange allein gewesen war wie jetzt, das war vor sechs langen Jahren gewesen und da hatte mich noch nicht dieser sengende Schmerz innerlich verbrennen lassen. Ich – Meister darin alles allein machen zu wollen – ich komme nicht mehr allein zurecht, wusste nicht wo oben und unten ist und wenn sich dann Nachts auch noch meine Träume zu drehen beginnen, verliere ich jeglichen Halt, den ich vor wenigen Wochen noch hatte im Leben. They say a few drinks will help me to forget him But after one too many I know that I'm never Only they can see where this is gonna end But they all think I'm crazy but to me it's perfect sense Schlussendlich bin ich geflohen. Es war lächerlich, nach all den Tagen hatte es mein Klingelschild geschafft mich zu vertreiben. Es hatte mich heute nach der Uni mit einem „Thorne & Cooper“ begrüßt und ich bin mir sicher meine Umhängetasche liegt selbst jetzt noch vor der Haustür. Das Dach war zugig, ich musste mich darauf konzentrieren nicht auf den herumliegenden Müll zu achten. Mit zu beiden Seiten ausgestreckten Armen versuchte ich das Gleichgewicht zu halten, während ich auf Zehenspitzen die freien Flächen zwischen Flaschen und Pappe versuchte zu erreichen. Ich besaß nicht die Kraft an Ordnung zu denken und dabei war das an meinem Charakter doch immer am einprägsamsten. Ich weiß noch... Nicky hatte versucht die Wohnung zu putzen. Es war ganz kurz nach Beginn des Studiums gewesen, wo wir sehr früh zusammen in eine Wohnung gezogen sind. Er wollte mir einen Gefallen tun, er hatte etwas für mich machen wollen – und ich stand da. Die Kiefer fest zusammen gepresst, die Hände zu Fäusten geballt und starrte mit weiten, fast schon panischen blinzelnden Augen die Fensterscheiben an. Die Fensterscheiben, die vor kleinen Schlieren in der untergehenden Sonne leuchteten. Sah die ausgebleichten Stellen im Teppich und hörte voller Grauen das Kratzen und blecherne Scheppern aus der Waschmaschine. Von da an hatte ich freiwillig den gesamten Haushalt übernommen, ich scheuchte Nicky jedesmal aus der Küche, selbst das Schälen einer Gurke erlaubte ich ihm nur unter großem Protest und Bewachung. Ich war glücklich die Wäsche im Wäschekorb vorzufinden und konnte mir ein Grinsen nicht verkneifen, wenn er mir Bettlaken und Überzug zurecht gelegt hatte. Es waren all die kleinen Dinge, die unsere Beziehung ausgemacht hatten. All das Kleine, was einem gar nicht so richtig bewusst ist. So wie das Klingelschild. Es interessierte mich seit sechs Jahren nicht. „Thorne & Cooper“ Meine Hände schlossen sich um das kühle Metall einer eisernen Stange, die dort nahe am Rande des Dachs in den Boden eingelassen war. Ihr Gegenstück stand ein paar Schritte entfernt, vermutlich nutzen manche sie, um mit Schnüren ihre Wäsche dort aufzuhängen – ich aber klammerte mich daran wie an einen rettenden Anker. Und als ich den Kopf hob, erstreckte sich vor mir ein Lichtermeer im der Finsternis der Nacht. Ich kenne das Gefühl, wenn alles um einen herum plötzlich so groß und unmöglich erscheint. Es krabbelt durch meinen ganzen Körper, zwingt mich in die Knie. Die Welt leuchtet vor deinen Augen und du willst die Hand ausstrecken, das Wunder berühren und doch weißt du, du würdest nur fallen. Wenn alles um dich herum dir das Gefühl gibt nichtig zu sein und sich dein Herz schwer und brennend zusammen zieht, dann weißt du, dass du etwas verloren hast. Du kannst die Tränen spüren, wie sie die Brust zusammen drücken, wie sie dir die Luft zum Atmen rauben und dich blind machen. Sie lassen die Lichter vor dir schimmern und tanzen. Lassen sie um dich tanzen, dich umspielen. Du meinst ihre Strahlen streifen deine Wangen und gleiten daran hinab. Du vergisst dass du weinst. Und irgendwann merkst du wie nah du am Abgrund bist. Vor dir ist nichts. Nur das Licht. Als würde man fliegen. Fliegen in einem Meer aus Licht und es sind keine Tränen mehr die deine Wangen hinunter rollen, es ist sanfter Wind, der deine Flügel zerzaust, dich höher und weiter trägt. Weg. Immer weiter weg. Bis du irgendwann den Schmerz in den Knien spürst und die Kälte die an deinem Körper zerrt. Deine Hände tasten über Stein. Ertasten die Kante des Daches. So nah am Abgrund. Und wenn du die Augen wieder öffnest liegt sie dir zu Füßen. Diese Welt. Dieses Licht. So nah. So greifbar. Und es fühlt sich an als ob du mit einer Person all diese Wunder verloren hast. And my mates are all there trying to calm me down 'Cause I'm shouting your name all over town I'm swearing if i go there now I can change your mind turn it all around And I know that I'm drunk but I'll say the words And he'll listen this time even though their slurred Dial his number and confess to him I'm still in love but all i heard was nothing Ich weine nicht. Um zu weinen bin ich zu stolz. Deshalb bin ich so erschrocken über mich selbst. So sentimental war ich sonst nicht. Ich habe meine Gefühle immer im Griff, ich kann mich kontrollieren und zeige bestimmt nicht jedem diese verletzliche Seite an mir. Und auch jetzt kann ich mich nicht dazu durchringen mich gehen zu lassen. Nicht jetzt. Die Melodie die eingesetzt hatte. Sie jagt mir einen Schauer über den Rücken. Im ersten Moment glaube ich daran, dass mir mein Herz einen Streich spielt. Ich konnte jede Zeile davon aufsagen, ich liebe jedes Wort davon – ich liebe es so wie den Menschen für dessen Stimme sie geschrieben schienen. Wäre das leichte Vibrieren nicht gewesen, hätte ich das Handy niemals in meine Hand gleiten lassen. „And I know you´re not good for me.“ Das Display zeigt mir seinen Namen. Ich hätte nicht schauen müssen. Ich habe es gewusst. Diese Melodie hast nur du. Dein Klingelton. Aber ich kann nicht. Ich kann nur dem vertrauten Lied zuhören. Kann lauschen, wie der Ton verzweifelter wird, wie er in der Nacht verschwinden, Ton um Ton, während ich nur deinen Namen sehe. Nicholas. Nicky. Eingehender Anruf. Ich muss schlucken. Meine Finger bewegen sich von allein, klappen das Handy auf. Die Zahlen laufen los. 00:01 00:02 „Trey?“ Mein Herzschlag setzt aus. Mein Atem ist wieder da, mich zwingend das Handy ans Ohr zu führen, lehne ich mich nach vorne, krümme mich zusammen. Sage nichts. Ich kann dich atmen hören – schnell, hektisch und unkontrolliert. Deine Schritte knirschen während du gehst gehst. Du gehst nicht gerade. Immer wieder musst du deine Schritte korrigieren. Ich kann es hören, ich kenne dich zu gut. „Trey – Atreju? Ich – kannst du mich hören?“ Meine Stimme ist zu weit weg. Die Zunge streift nutzlos über die trockenen Lippen, die Augen schließen sich von selbst. Es ist als ob du neben mir knien würdest, dicht bei mir und doch so weit weg, dass deine Wärme mich nicht erreichen kann. Dabei wird mir innerlich so heiß, weil ich deiner Stimme lauschen kann. Ich hatte sie vermisst. Das einzige Mal wo ich mir erlaubt habe deine Stimme zu hören war, als ich immer und immer wieder die Ansage unserer Mailbox angehört habe. Immer und immer wieder. „Ich musste an dich denken. Nein. Eigentlich denke ich nur noch an dich. Es war ein Fehler, ein großer, ich habe mich noch nie so schuldig gefühlt. Ich dachte du weißt das? Ich – Trey ich liebe dich.“ Immer und immer wieder hast du mich wie einen Fremden begrüßt und immer und immer wieder habe ich die Aufnahme nochmals abgespielt. Ich hatte mir gewünscht mit dir zu sprechen. Aber jetzt kann ich nicht. Ich schweige. Und ich kann die wachsende Nervosität in deiner Stimme hören. Das leichte schlingern deiner Stimmbändern erreicht mein Ohr. Du bist angetrunken. „Atreju ich liebe dich!“ Ich öffne die Augen und betrachte das Lichtermeer vor mir. Irgendwo. Irgendwo dort unten bist du. Zwischen all den kleinen, bunten, tanzenden Lichtern. Du findest deinen Weg durch sie hindurch, während die Nacht ihre Schwingen um dich legt. Du bleibst stehen und lehnst dich gegen eine Mauer. Du bist erschöpft, du hast Angst, der Alkohol macht es dir nicht einfach. Und deine größte Hoffnung. Dein größter Wunsch. Er zerbricht. Denn die Hoffnung meine Stimme hören zu können, die Hoffnung eine Antwort zu erhalten. Die erhältst du nicht. Und so gleitest du an der Mauer hinab, legst den Kopf zurück und schaust zum Himmel hinauf. Dein Atem wird ruhiger. Ich weiß dass es in deinen Augen glitzert. Irgendwann kann ich dir antworten. Irgendwann. Nicht heute. „Trey?“ He said nothing Oh I wanted words but all I heard was nothing Oh I got nothing Nothing I got nothing Nothing Oh I wanted words but all I heard was nothing Oh I got nothing I got nothing I got nothing Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)