Sekai no himitsu von Yurika-Ushino (6 junge Mädchen auf der Suche nach ihrem wahren Ich) ================================================================================ Kapitel 12: Ünungen und Verständnis ----------------------------------- Ich erwachte am Morgen, als der Himmel graute. Die Sonne schien direkt in meine Augen durch das Fenster, dessen Vorhang ich nicht zugezogen hatte. Ich blinzelte und gähnte laut. Zur Abwechslung ich mal keine Schmerzen am Rücken, sondern hatte gut ausgeschlafen und fühlte mich zum ersten Mal in der neuen Welt wohl. Naja, nicht ganz wohl wie daheim, aber trotzdem wurde ich weder verfolgt oder musste Angst haben, dass ich den nächsten Tag überleben werde. Also besser war wohl das bessere Wort. Ich ging an eine kleine Kommode und öffnete sie. In meiner alten Wohnung war mein Kleiderschrank direkt neben dem Bett gestanden, als aus Gewohnheit machte ich den Schrank auf, traf aber nur Kerzen und Streichhölzer an. „Frische Kleidung wäre wohl angebracht.“, meinte ich zu mir selbst und gähnte erneut. Die Müdigkeit wich nicht aus meinem Körper, egal ob ich mich regte oder immer lauter gähnte. „Yukino?“, eine bekannte Stimme riss mich aus meiner Trance und ich schaute durch einen kleinen Schlitz der Tür, um Ikiru zuzuhören. „Was gibt´s?“, fragte ich laut. „Bist du fertig?“, rief er zu mir hoch. „Warte noch, bin gleich unten!“, beantwortete ich. Schnell zog ich den alten Kimono hervor und roch daran. Schweiß und andere Gerüche, die ich nicht deuten konnte und nicht deuten wollte, drangen aus dem Kleidungstück, weswegen ich meine Nase rümpfte. Den konnte ich vergessen. Ich ging alle Schränke im Raum durch, doch fand keine gescheite Klamotte. Schließlich entschied ich mich für ein Oberteil, dass ich unter meiner Brust zusammen band und das Unterteil an meiner Hüfte zusammen knotete. Das Unterteil bestand aus einem Stoff, das wie Seide sich anfühlte, trotzdem ziemlich reißfest war. Die blaue Farbe gefiel mir, da sie in dem Sonnenlicht schimmerte, mein Oberteil war ebenfalls bläulich, eher grau, aber die Farben spielten selbst im Licht miteinander. Nur meine Oberweite wurde durch den Stoff bedeckt, doch meine Arme waren frei. Ich betrachtete mich an dem Spiegel, den mir netterweise Ikiru in mein Zimmer gestellt hatte. Ich ging näher heran, um mir meine Haare zu richten. Ein Zopf würde passen, doch ich hielt in der Bewegung inne, blickte meine Lippen an, die leicht geöffnet waren. Shiro… Ich erinnerte mich an den Kuss, seine Verführungskünste und an die Berührung seiner Hände, die sich immer noch an meiner Haut spüren ließ. Leicht fröstelte ich und fuhr mit einem Finger die Bewegungen nach, die er hinterlassen hatte. War ich vielleicht verschossen? Nein, eigentlich wollte ich nichts mehr damit zu tun haben, aber mein Herz sagte mit etwas anderes. Es meinte, ich solle sie Dinge auf mich zukommen lassen, aber trotzdem für alles gewappnet sein. Ob ich das konnte? Wieso küsste er mich überhaupt, und wer war dieser Kerl? Fragen über Fragen bildeten sich in meinem Kopf, doch ich schob sie zur Seite und ging geistlich meine Liste für den Tag durch. Zuerst sollte ich mich auf die Suche der anderen machen und Informationen über Soshiki sammeln, sodass ich eine ungefähre Ahnung hatte, was auf mich zukäme. Danach würde ich die alte Frau aufsuchen, um mir die Geschichte meiner Mutter anzuhören. Ich wollte alles haargenau wissen, ohne Fragen mehr. Ich würde auch mich mit dem Kerl treffen, der mich angeblich als Lehrling aufnehmen sollte. Und dann kam noch Suki. Viel vor, ich weiß, aber warum musste ich eigentlich so ein schweres Schicksal haben. Seufzend wollte ich dir Tür öffnen, sodass ich mit Ikiru reden konnte, aber etwas hielt mich davon ab. Ich drehte mich zu meinem Zimmer und schaute die Möbel ab, was der Grund für mein komisches Gefühl war. Leider konnte ich nichts Wirkliches ausfindig machen. Ich drehte mich noch einmal um und bekam wieder eine Gänsehaut. Meine Arme reibend ging ich auf das Wohnzimmer zu und sah Ikiru auf dem Sofa sitzen. „Morgen!“, begrüßte ich ihn und sah ihn an. Seine Haare waren nicht mehr so zerstreut, sondern sauber gekämmt, während er seine Kleider gewechselt hatte. Das braune Oberteil ließ seine Muskeln deutlicher hervor scheinen und die restlichen Klamotten ließen ihn männlicher aussehen. So sah er nicht nur besser aus, sondern auch attraktiver. Eigentlich mochte ich Männer, aber ihr Charakter war unerträglich. Besitzergreifend, nicht dass man jemanden Freiheit lassen sollte, nein, auch wollten sie immer nur mit einem ins Bett springen und das eine machen. Jedenfalls erklärten mir das meine eigenen Erfahrungen. Verletzt wurde ich schon oft genug. Doch Ikiru schmeichelte mir. Er war ein echter Freund, der mich beschützten wollte. Doch mein Magen verkrampfte sich bei seinen Worten, als ich mich wieder an sie erinnerte. Ich werde dich beschützten, egal was passiert. Schmunzelnd machte Ikiru die Geste, dass ich mich neben ihn hinsetzen soll. Grinsend schaute ich ihn an und setzte mich. „Ausgeschlafen?“, fragte er mich, als ich mir meine Augen rieb, um die restliche Müdigkeit aus meinen Augen zu vertreiben. „Fast, aber wo hast du gepennt?“ „Sofa.“, antwortete er mir und hielt mir eine Tasse hin, in der Tee vor sich hin dampfte. Dankend nahm ich sie an und kostete. Die heiße Flüssigkeit floss meine Kehle herunter und erfüllte mich mit Wärme. Ich genoss den Augenblick, das Gefühl nach Freiheit. „Ist das nicht ungemütlich?“, als ich wieder mit ihm sprach, saß er sich neben mich und lächelte leicht. „Es geht, das Haus ist nur auf eine Person ausgelegt. Ich kann ja wohl kaum mit dir in einem Bett schlafen, oder?“, der Gedanke erschreckte mich. „Nein, wohl eher nicht.“, befürwortete ich seine Aussage. „Was hast du eigentlich gestern so gemacht?“ „Ich bin mit den zwei Kerlen mit, die die alte Frau begleitet haben. Die Arena, in der mich die Kerle gesteckt hatten, war voller Schwertkämpfer. Anscheinend wollen mich die mit einem Schwert bewaffnen. Die Übungen gingen einigermaßen.“ Also wenn ich meinen gestrigen Tag in solch kurzen Text fassen würde, würde das Interessante wegfallen. „Ich hatte noch von deinem Unfall gehört, aber war mir nicht sicher, ob ich dich besuchen oder dich hier raus schaffen soll.“, gestand er mir. „Naja, Unfall ist das falsche Wort. Ich bin wohl eher etwas ausgerastet.“, gab ich zu. Schweigen breitete sich aus. Ein Gesprächsthema fand ich nicht und Ikiru verschloss sich mir. „Nun gut.“, fing er wieder an. „Wir sollten uns aufmachen, über Soshiki ein paar Informationen sammeln.“, schlug er vor und ich nickte. „Also gut, ich mache mich mal auf den Weg. Mein Trainer sieht es nicht gerne, wenn ich zu spät komme.“, er lächelte mir zu und ging zur Tür, wo ich auf ihn wartete. Ikiru blieb vor mir stehen uns betrachtete mich. Ich öffnete den Mund, um etwas zu sagen, doch mir entfiel, dass ich nichts zu sagen hatte. Langsam kam er auf mich zu und nahm seine Hände auf meine Schulter, zog mich an sich und umarmte mich wieder. Daran hatte ich mich teilweise gewöhnt. Während er mich immer mehr an sich drückte, wurde ein Gefühl immer stärker, dass Ikiru vor mir etwas verbarg, mir aber nicht wissen lassen wollte, was es ist. Trotz des Eindrucks, den er bei mir hinterlassen hatte, wurde mir immer wärmer, als er mir seine Zuneigung zeigte, indem er mich umarmte. Wenn auch nicht gewollt und nur mit großen Willen zwang ich mich, mich aus seine Umarmung zu lösen, ihn anzusehen und etwas in seinen Augen zu erkennen, dass nicht zu deuten war. „Ich gehe dann mal…“, seine Stimme war nur noch ein Flüstern, aber ich bekam eine Gänsehaut, als ich sie hörte. Hatte er Sorgen? Statt mit darüber Gedanken zu machen, ratterte ich mir meine Liste runter, die ich heute erfüllen wollte. Ich machte mich auf, die Arena aufzusuchen, in die mich Soru geschickt hatte. Schwierig war es nicht, den Weg ausfindig zu machen, doch die Blicke, die ich immer noch auf mich zog, wurde immer mehr, sodass ich mich Unbehagen fühlte. Ich zog den Mantel, den ich mir aus dem Zimmer stibitz hatte, fester um mich und machte mich weiter, die Blicke ignorierend, auf mein Ziel zu. Eigentlich war es ein warmer Morgen, aber trotzdem wurde mir kälter, je näher ich meinem Ziel kam. Als ich endlich ankam, wurde ich durch eine Horde Jugendlicher begrüßt. Die jungen Männer vielleicht vierzehn oder jünger, kamen auf mich zu und gafften mich an. Jetzt einen Streit anzetteln oder mich prügeln wollte ich nicht, denn ich hatte weder Zeit noch Lust dazu. Die Mimik, mit denen mich die Jungs anschauten, wollte aber gerade das erreichen. Stöhnend blickte ich den Eingang an, in die ich gerade gehen wollte, aber irgendetwas sagte mir, dass ich stehen bleiben sollte. Als sie näher kamen, erkannte ich nicht nur Menschen, sondern auch andere Wesen. Einer der Jungen hatte Ohren, die mich an einen Elf erinnerten, und ein nettes, aber trotzdem konzentriertes Gesicht. Ein anderer besaß statt normalen Augen schwarze, die er mit einer roten Iris besetzte. Eins war jedenfalls klar, alle trugen Lehrlingsgewänder, die ich schon des Öfteren hier gesehen hatte. Aber in einer anderen Gegend der Organisation lief niemand mit solchen Kleidern rum. Soru sagte ja, dass Soshiki in verschiedene Gebiete unterteilt war, also müssen sie auch verschieden angezogen sein, rein aus der Logik. „Hey du!“, rief einer der Jugendlichen mir einem hämischen Grinsen. Die anderen unterstützten dies mit einem Lachen, dass sich mehr als trocken anhörte. Machos, die es beweisen wollten. Ich rollte die Augen und blieb stehen. „Was wollt ihr?“, fragte ich, doch versuchte höflich zu bleiben. Schließlich wollte ich nicht der Grund sein, für den nachher vielleicht ein Streit erwachte. „Was tust du hier?“, fragte ein anderer. Dieser Jemand trat hervor und verschränkte seine Arme vor der Brust. Der Chef der Machobande? „Was ich hier tue, geht euch nichts an.“, fuhr ich ihn an, sein Blick wanderte über meine Gestalt, wobei er natürlich wieder bei meiner Brust ein wenig länger verweilte. Auch die anderen schienen eher überrascht zu sein, eine Frau hier zu sehen, als ich erwartete habe. „Frauen sind hier verboten!“, bemerkte ein anderer. „Ich bin hier, weil ich mit jemanden reden muss!“, gestand ich, aber das war jetzt egal, denn die Jungs nahmen teils schon eine Kampfstellung an. „Ihr wollt kämpfen?“, fragte ich, doch sie antworteten mir mit kleinen Blitzen, die aus ihren Händen sprießten. Ich wich einem aus, der auf mich direkt zu rannte, doch entkam nur knapp einem der Attacken. Immer wieder schossen sie auf mich zu, mal Kugeln, mal Blitzen, mal Fäuste, doch jedes Mal konnte ich knapp ausweichen, weswegen so langsam ich müde wurde. „ATTACKE!!!“, schrie einer, bis sie mich umzingelten. Keiner von ihnen war außer Puste, oder sie zeigten es so, dass ich nichts sah. Sie wollten mich müde machen, bis ich aufgab. „Das habt ihr euch so gedacht...“, murmelte ich und konzentrierte mich nicht mehr auf ihre Stimmen, sondern auf meine innere Freiheit. Der Wind um mich wurde heftiger, sodass ich mich stärker fühlte. Aufkeuchen und erstaunte Laute waren zu hören, als ich mich in die Lüfte erhob. Leicht öffnete ich meine Augen um sehen zu können, dass sie Lehrlinge sich nun von mir abwandten und immer weiter zurückgingen. Ich wusste nicht, ob sie erstaunt wegen meiner Aktion waren, oder wegen etwas anderem. Doch das wurde schnell geklärt, als eine Person auf dem Schauplatz zu sehen war, die die Lehrlinge zurückwies. Ohne Klagen und Wehen gehorchten diese und gingen an mir vorbei, während ich auf den Boden aufkam. Ich erkannte den Kerl, für den mein letzter Hospitalbesuch verantwortlich war. Langsam ging ich auf ihn zu, doch sah ihn direkt in seine rabenschwarzen Augen. „Seid gegrüßt, Yukino...“, er lächelte, doch sein Lachen erzeugte bei mir ein Frösteln. Ich wollte nicht unhöflich erscheinen, aber auch nicht zu fürsorglich, denn mir ging der Kerl auf irgendeiner Weise auf die Nerven. „Ist das die…“, setzte einer der Lehrlinge an, doch wurde von einer erhobenen Hand gestoppt. „Begebt euch zu euren Schlafsälen. Ich werde mich später um euch kümmern.“, sagte er kühl, während sie Jungs sich aufmachten zu gehen. Doch manchmal erhaschten sie noch einen Blick auf mein Gesicht. Ich ignorierte sie und schaute ihn an. „Yukino…was verschafft mir die Ehre, Euch so früh am Morgen anzutreffen?“, mit höfflichen Lächeln und einer netten Ausdrucksweise fragte er mich, doch sein täuschend echtes Grinsen konnte mich nicht täuschen. Anfangs war ich ja drauf reingefallen, aber ich lernte aus Fehlern. „Ich hab eigentlich keine Zeit für Höflichkeiten, ich bin wegen etwas ganz anderem hier.“, meine kalte Stimme sorgte nicht dafür, dass er sich aus der Ruhe bringen ließ. „Und das wäre?“, hakte er weiter nach. „Bist du wirklich mein…“, ich konnte das Wort nicht aussprechen, weil ich selbst noch nicht glaubte, dass er es wirklich war. „Euer Lehrmeister? Ja, dass bin ich, denn Zauberrei ist schwer, wenn man es alleine erlernen muss.“, erklärte er mir. „Warum, woher wusstest du das?“, meine Fragerunde begann erst. „Lasst uns hereingehen. Hier sind zu viele Ohren, die gerne mit lauschen wollen.“, er wies mich zum Eingang der Arena. Ich ging mit ihm mit, ohne zu murren. Was brachte es mir auch? Als wir uns in seinem Arbeitszimmer bequem gemacht hatten und ich den gemütlichen Sessel und er seinen schwarzen Bürostuhl nahm, fing er an zu sprechen. „Also, gibt es bestimmte Fragen, die Ihr an mich habt?“, fragte er. Seine verschränkten Arme und sein Blick, der mich durchlöcherte, machte mir ein klein wenig Angst, doch ich stellte meine vorherige Frage. „Nun, wo soll ich da anfangen…?“, er wollte mir sie nicht beantworten, also wurde ich aufmüpfig. „Am besten am Anfang.“, schlug ich vor. „Also gut, ich müsste euch meine Lebensgeschichte erzählen, damit ihr alles nachvollziehen könnt. Deswegen erweist es sich ja als schwierig, Euch das zu erklären, weil ich Euch nicht mit meinem Leid langweilen möchte.“ „Ich möchte lediglich wissen, warum mich das ganze getroffen hat, nur das will ich wissen.“, gestand ich nach längerem Schweigen, dass ich mit ihm nicht ausgehalten hätte. „So, seid Ihr verzweifelt, weil Ihr keine Vorstellung der Zukunft habt?“, seine direkte Frage stach mir ins Herz. Natürlich wollte ich Antworten, aber ich wollte mich nicht als Heulsuse darstellen lassen. „Wenn Ihr mir nicht sagt, was Euch begehrt, dann werde ich Euch nicht helfen können.“ Er stand auf und ging auf mich zu. „Ich bin zwar ein alter Mann, der schon viel erlebt hat, aber selbst ich kann Euch nicht alles beantworten, aber wenigstens so viel, dass ich Euch helfen kann. Ihr seid inzwischen eine wichtige Person in Soshiki geworden, aber selbst Ihr wisst nicht einmal, welche Zukunft Ihr habt.“ Nickens stimmte ich ihm zu. „Nur was muss ich machen?“ „Ihr könnt Eure Fähigkeiten nicht ungeschehen machen, ebenso wie die Vergangenheit. Ich kann Euch nur sagen, dass sie eine lange Familientradition hinter sich hat. Erstmals ist es Eurer Großmutter gelungen, ihrem Schicksal zu entkommen, als sie sich in eine andere Dimension transportierte. So wurdet Ihr schließlich geboren, mit den Fähigkeiten, den Wind zu kontrollieren. Ihr seid eine freie Person, die sich nicht gerne an jemanden bindet, oder?“ „Nicht wirklich. Aber was hat das mit meinen Fähigkeiten zu tun?“ „Sehr viel. Die Fähigkeiten einer Person spiegeln sich meistens mit dessen Charakter. Der Wind ist aufbrausend und herrisch, wenn man ihm nicht seine Freiheiten lässt, und so seid Ihr auch. Das ist mir bei unserem kleinen Kampf aufgefallen. Aber er ist auch ruhig und hört zu, wenn er nicht strapaziert wird. Seht Ihr Euch nicht in einem dieser Dinge, Yukino?“ Ich dachte nach. Doch, in gewisser Weise hatte er Recht. „Dann entspricht meine Stärke also meinen Launen, oder?“ „Nicht direkt. Viele Lehrlinge erkennen ihre Fähigkeiten früh, doch können sie nicht direkt anwenden, weil sie sich von ihren Gefühlen leiten lassen. Dass Ihr fliegen könnt, verdankt ihr Eurem Erbe. Doch den Wind zu kontrollieren, ist eine sehr schwierige Angelegenheit.“ „Warum?“ „Nun, Luft oder der Wind, ist eine der vier Elemente der Erde. Und Mutter Natur ist für die Erde zuständig, weswegen ihr eine der seid, die als Einzigen die Elemente beherrschen könnt. Doch ihr benutzt den Wind für etwas Gutes. Ich kann Euch lehren, ihn zu benutzten, aber mehr auch nicht.“ „Wie geht das, wenn du schwarze Magie benutzt?“, ich erinnerte mich an das Gespräch zwischen Shizuka und ihm. „Schwarze Magie ist es nicht wirklich. Also, wollt Ihr nun weiter im Sessel herumsitzen, oder Euch an Euren Mächten bedienen?“, er strahlte immer noch eine kühle Aura aus, aber sie kam mir vertrauter vor. Ich sollte ihn als Lehrmeister akzeptieren, denn hier gab es keinen weiteren weit und breit, der mit das beibringen konnte. „Doch, ich würde schon gern trainieren, aber trotzdem noch zwei Fragen: Erstens, warum hast du mir damals Ratschläge gegeben?“ „Um Euch als Rolle für diesen Stand vertraut zu machen. Ihr seid Yukino, die Herrin dieser Sippe. Ihr solltet Euch im Klaren sein, dass Ihr über weit mehr Macht verfügt als andere in dieser Sippe. Aber da Ihr sie noch nicht kontrollieren könnt, bin ich für Euch eingesprungen und habe ein wenig nachgeschnüffelt.“ „Das heißt, du wusstest schon damals, dass ich dein Lehrling werde?“ „Ja, in gewisser Weise schon. Und Eure zweite Frage?“, der Kerl wurde mir immer unsympathischer. Aber trotzdem musste ich mich ihm fügen. „Was heißt das genau, dass ich der Anführer einer Sippe bin?“ „Ihr seid für die Sippe verantwortlich, Eure Entscheidungen gelten, andere werden sich fügen müssen. Das heißt, andere werden Euch mehr darüber sagen können.“, er wies mit einer Hand in die Arenamitte, sodass ich mich erhob und aus dem Zimmer ging. Ich ging auf die Kampfstätte zu und hatte ein komisches Gefühl in der Magengegend. Irgendetwas sagte mir, dass ich hier her gehörte. „Hört Ihr sie?“, fragte er hinter mir. Ich drehte mich um und sah ihn an. Ich zog Falten in die Stirn, blickte um mich, aber ich hörte nichts Bestimmtes. Innerlich öffnete ich meine Welt, die für mein normales Auge nicht sichtbar war. Leicht spürte ich Auren, die ich zuvor nicht bemerkt hatte. Ich sah zwar meinen Lehrmeister, aber ich konnte ihn nicht als einen solchen Menschen erkennen, er stieß eine Art Aura aus, die nur er besaß. Doch auch nahm ich weitere Auren war, die sich um die gesamte Halle schlängelten. Leider konnte ich nicht identifizieren, wer die Fäden hinterließ. Verschiedene Farben erblickte man, jede Aura eine andere. Eine gesamte Farbenpracht kam mir näher, drehten ihre Runden um mich und hießen mich Willkommen. Ich konnte mich in der Zwischenzeit nicht richtig bewegen, sah aber viel mehr, als ich sonst sah. „Ihr könnt also auch das?“, fragte der Mann, als ich wieder zurück in die Wirklichkeit trat. „Ja, so habe ich mich besser in der Außenwelt zu Recht gefunden.“, antwortete ich. „Warum, ist das so faszinierend?“, fragte ich, als er mich eingehender anschaute. „Nun, jeder Zauberer besitzt seine persönliche Macht, aus der er sich spezialisiert. Es gibt Kämpfer, aber auch Heiler, Verteidiger und Sucher. Ihr besitzt die Kräfte eines Suchers. Er kann in eine Art Parallelwelt eindringen und Auren wahrnehmen, und da jeder eine andere besitzt, kann er so Verwandte oder Freunde ausfindig machen, wenn er weiß, welche Aura sie haben.“, erklärte er mir. „Also kann ich nicht jemanden finden, wenn ich keine Ahnung habe, welche Aura er hat?“ „So ist es.“, stimmte er mir zu. „Kann ich auch solche Kugeln herzaubern?“, ganz begeistert von seiner letzten Attacke, die ich Gott sei Dank nicht abbekommen hatte, wollte ich auch diese erlernen. Doch zu meiner Enttäuschung schüttelte er den Kopf. „Wir fangen mit einer Meditation an.“, warf er ein. „Mit…?“, ungläubig starrte ich ihn an. Er wollte mir zeigen, wie ich kämpfen kann und nicht, wie ich am Besten in welcher Pose schlafen kann. „Seid nicht so stur und fangt auch ja nicht an, mir zu erzählen, dass dies nichts mit der Ausbildung zu tun hat. Mediation stärkt den Geist und bringt Eure Seele in Gleichgewicht.“, er war wahrscheinlich genervt, dass ich keine Lust auf langweilige Dinge hatte, doch er sah nicht aus, als ob er sich wegen mir aus der Ruhe bringen ließ. Seufzend gab ich nach und fing an zu meditieren. Nach mindestens zwei Stunden, etlichen Krämpfen in der Beingegend und Wutausbrüche später war ich völlig fertig. Ich versuchte immer wieder mich zu konzentrieren und mich ruhig zu verhalten aber jedes Mal ging etwas schief. Ob ich oder auch nur ein Vogel der Auslöser gewesen war, wusste ich nicht, aber eine ruhige Person war nicht. „Ihr seid anstrengender als meine anderen Lehrlinge, und das bei weitem.“, stöhnend und erschöpft fiel Ryu um, so wie er mir seinen Namen nannte. Ich lächelte verlegen und stand auf, doch meine Füße gaben unter meinem Gewicht nach. Humpelnd ging ich auf ihn zu und ließ mich wieder neben ihn auf den Boden nieder. „Noch Fragen?“, wollte Ryu wissen. „Eigentlich keine direkte...“, fing ich an, ich wusste nicht Recht, wie ich ihn die Frage stellen soll. Er runzelte die Stirn und schaute mich geradewegs tiefer an. „Ja?“ „Kann ich böse und gute Auren unterschieden?“, mir kam die Warnung Shizukas in den Kopf. Sollte ich Ikiru nun vertrauen oder nicht? „Ich weiß, das kommt jetzt komisch, aber ich glaube nicht, dass es böse Seelen gibt.“, gestand er und blickte auf den Boden. Konzentriert schaute er auf den Boden und erzählte weiter. Interessiert blickte ich ihn an und hörte gespannt zu. „Meine Meinung ist, dass es nur Wesen gibt, die das tun, was sie für richtig halten. Was in Euren Augen vielleicht als falsch gesehen wird, ist es bei anderen so, dass sie diese Meinung ebenso anstreben. Also ist das Wort böse ein wenig zu weit gefächert. Versteht Ihr?“, seine Meinung überraschte mich. „Also gibt es für dich weder gut noch böse?“, ich durchlöcherte ihn weiter. „Teils, ich bin der Ansicht, dass das, was der Herrscher Hiroki macht, gute und schlechte Entscheidungen mit sich bringt. Er wendet sich gegen die Fürsten, das ich okay. Aber er macht ebenso auch Fehler, die ich nicht kurieren kann.“, sein Beispiel irritierte mich. „Was hältst du eigentlich von ihm? Und hast du ihn schon einmal gesehen?“, ich wurde auf ihn wissbegierig. Kopfschüttelnd wich er mir aus, indem er mich ignorierte und aufstand. Ich tat es ihm gleich und lief neben ihm in sein Zimmer zurück. „Nein, du hältst nichts von ihm, oder nein, du willst es mir nicht sagen?“, neugierig schaute ich Ryu an, doch er öffnete seinen Mund und schüttelte wieder den Kopf. Ich verstand nicht, als er die Geste nochmals wiederholte. Stirnrunzelns blickte ich ihn an, aber nahm Stift und Papier zur Hand und malte mir auf, was er sagen wollte. „Das kann doch nicht dein Ernst sein, oder?“, auf dem Papier konnte ich nachvollziehen, weswegen Ryu ruhig war. Die schwarze Tinte verflüssigte sich auf dem Papier, die Striche und die Reihen wollten mir nicht in den Kopf gehen. Die linke Seite beschrieb einem durchstrichenen Mund, auf der Rechten mehrere Strichmännchen, die einen einzelnen attackierten und ihn gefangen nahmen. „Du darfst mir also nichts von ihm erzählen, oder?“, er nickte auf meine Frage. Er hatte einen Bann oder so etwas auferlegt bekommen, sodass er Hiroki nicht verraten konnte. Schon schlau, aber trotzdem hatte den niemand Vertrauen in diese Sache, dass sogar Flüche benutzt wurden? Nachdem ich mich von Ryu verabschiedet hatte und von ihm eine ungefähre Wegbeschreibung zum Schießplatz bekommen hatte, wollte ich Rei einen kleinen Besuch abstatten. Wieder fand ich kleine Lehrlinge, die sich mit Pfeil und Bogen versuchten, aber auch Erfahrene, die ohne Umwege direkt ins Ziel schossen. Noch eine Weile stand ich da und schaute den Kämpfern bei ihrem Training zu, als ich eine bekannte Stimme hinter mir hörte. Als ich mich umdrehte, sah ich Soru in seiner Uniform auf mich zukommen. Vor mit blieb er stehen und schaute mich an. Ich lächelte und hob die Hand zur Begrüßung. „Ich hätte nicht gedacht, Euch hier anzutreffen.“, gestand er und warf mir einen weiteren erheiterten Blick zu. Er hob seine Hände und richtete mir meine Haare. Dankend fragte ich, wo ich Rei finden konnte. „Ihr seid wahrscheinlich gerade von Eurem Training zurück, nicht wahr?“ „Ja, aber ich würde gern mir Rei sprechen, aber leider kann ich sie nicht ausfindig machen, weißt du wo sie ist?“ Eine leichte Kopfbewegung nach rechts beantwortete mir zwar nicht meine Frage, aber eine weitere interessante Geschichte kam auf. Mehrere junge Kämpfer kamen auf Soru zu und klopften ihm freundschaftlich auf die Schulter. Sie waren teilweise größer als er, aber trotzdem hatte Soru eine muskulösere Figur. Sein Schwert war immer noch an seine Hüfte festgebunden, doch erst jetzt bemerkte ich, dass er schwitzte. „Schon so jung, und schon eine Freundin. Soru, du machst dich, aber jetzt schon eine Familie?“, ein Kerl lachte laut auf und Soru blickte ihn erschrocken an. Ich brauchte ein paar Minuten, bis ich kapierte, dass er auch mich damit meinte. „Nein, was denkt ihr euch, verdammt noch mal! Terik, hör auf!!“, die Röte stieg ihm abrupt ins Gesicht und er sah mich kurz an. Ich wurde zwar nicht rot, aber ich war genauso erschrocken über die Aussage. „Yukino-Sensei, es tut mir leid!“, schnell ging er in die Knie und verbeugte sich tief. Die anderen lachten noch auf, aber merkten doch, was Soru tat und knieten sich ebenfalls ohne großes Tamtam vor mir hin. Die anderen, die noch ihre Übungen machten, wurden neugierig was sich wohl hier abspielte. Köpfte ragten über mir hinweg, als sich Fremde auch hinknieten. „Soru, hatten wir nicht etwas ausgemacht?“, ich wurde leise, zischte ihm durch zusammengeknirschte Zähne meine Warnung und gleichzeitig auch meine Frage an den Kopf. Soru machte erschrocken die Augen weit auf, die anderen blickte etwas auf, um sehen zu können, was sich zwischen uns geschah. Er entschuldigte sich wieder und wieder, bis ich handhebend ihn zum Schweigen brachte. „Schon okay, aber könntest du mir bitte die Ehre erweisen und das nicht mehr in aller Öffentlichkeit tun?“, genervt richtete ich über ihn. „ Wie Ihr wünscht.“, ohne weitere Worte erhob er sich und machte ein Zeichen, dass andere wieder ihrer Arbeit nachgehen und uns allein ließen. „Entschuldigt, wenn wir Euch beleidigt haben!“, Terik, der inzwischen immer noch auf dem Boden rumgammelte und mir einen Vortrag hielt, wie unverzeihlich es sei, eine so hohe Persönlichkeit durch den Dreck zu ziehen, wurden meine Nerven immer mehr strapaziert. Doch Soru sah mich eindringlich an und schüttelte leicht den Kopf. Ein Wutausbruch würde nur Ärger bringen. „Okay, schon gut, also geht einfach eurer Arbeit nach und wir vergessen die kleine Sache, okay?“, Terik und seine Freunde erhoben sich, verbeugten sich noch einmal, bis sie sich verabschiedeten und gingen. Als jeder uns ignorierte und ich Soru in eine Ecke zog, in der ich hoffentlich ein wenig mehr Privatsphäre hatte, giftete ich Soru an, er solle das nie wieder machen. „Wartet, bitte nicht. Ich weiß, Ihr mögt das nicht, aber ich musste es tun, sonst hätte ich Eure Autorität in Frage gestellt, und das ist ein unverzeihliches Vorhaben!“, entschuldigt hob er die Arme hoch, auch als Schutz gegenüber mir. „Also gut, ich wollte dich sowieso noch was fragen, aber das hat Zeit! Ich muss die Alte finden.“, ich wollte mich aufmachen, doch Soru fragte, ob er mir in irgendeiner Weise helfen könnte. Er hielt mich Einsern am Handgelenk fest, sein Ausdruck in den Augen verriet Stolz und Vertrauen. Wieder einmal würde er nicht ohne Ja-Wort von mir ablassen. Stöhnend drehte ich mich zu ihm um und sah in seine tiefen Augen. „Soru...“, begann ich, doch ich wusste nicht recht, was ich ihn fragen oder sagen sollte. Der Augenblick der Spannung zwischen uns beiden wurde immer angespannter, aber dennoch veränderte sich seine kühle Miene nicht. Er blickte mich voller Gelassenheit an, wartete aber dennoch voller Ungeduld auf meine Worte. „Ich…brauche deine Hilfe, ja, aber ich weiß nicht recht, bei was…verdammter!“, der Satz sprudelte so aus meinem Mund, den ich voller Güte nie halten konnte. Ich konnte mein Schicksal bis zu einem gewissen Grad akzeptieren, dennoch gab es auch grenzen, die nicht überschritten werden sollen. „Morgen ist der Tag, wisst Ihr?“, sprach Soru an. Verwirrt über seine Aussage dachte ich an seine Worte. Eine Besprechung der Oberhäupter sollte morgen stattfinden. Doch ich wusste dennoch nicht Recht, bei was ich eine wichtige Rolle spielte. „Was ist das genau?“, fragte ich. „Ich werde Euch zur morgigen Tafel begleiten, aber drinnen wüsst Ihr allein klarkommen. Es ist mir nicht erlaubt, mich in Eure Angelegenheiten einzumischen.“ Also wieder eine Verpflichtung, der ich nachkommen musste. Hatte ich denn nicht irgendwann mal meine Freiheit? „In Ordnung, ich danke dir für deine Hilfe, Soru.“, dankend lächelte ich ihn schwach an. Es war nicht der Stress, der auf mich mit einer Wucht auf mich zukam, und auch nicht die unbekannte Gegend oder die unverständliche, oder einfacher gesagt, die mir fremde Welt, die ich nicht einmal in ein paar Wochen verstand, sondern die Tatsache, dass sich in meiner Magengegend etwas zusammen braute. Ein Gefühl, dass etwas Schreckliches in geraumer Zeit abspielen wird. Sicher war ich mir nicht, dennoch konnte ich es nicht abstreiten, mein Herz und mein Gehirn teilten dieses Vorhersagen. Soru aber wurde grimmiger, sein Gesichtsausdruck vertiefte sich, aus welchem Grund auch immer. „Bereitet Ihr euch vor, Ihr werdet in aller Frühe erwartet!“, meinte Soru und begleitete mich zu meinem Quartier. So viel zu meinem Tagesplan und meiner schönen Liste, die ich heute erfüllen wollte. Meine Fragen wurden aber sich in nächster Zeit vielleicht beantworteten lassen, doch wann, konnte nur die Zeit bestimmen. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)