Try to set the night on fire von Kiru (Yakuza meets Göre...?) ================================================================================ Enthüllungen (im wahrsten Sinne des Wortes) ------------------------------------------- Wortanzahl: 4.966 Kapitelrating: light R A/N: Hach, ich könnte so von Hakuei schwärmen... ^______^ ~*~ Der Montag verlief genauso beschissen wie erwartet, aber wenigstens hasste Towa mich nicht. Wir entschuldigten uns beieinander wegen der Sprayaktion, winkten beide ab, er rechtfertigte sich damit, dass er besoffen gewesen war, und ich meinte, dass ich etwas überreagiert hätte. Schließlich hatten wir keine anderen engen Freunde außer uns. Sanaka war mit der Situation zufrieden und liebte uns beide wieder. Aber abgesehen davon hatten wir Schule und ich hatte noch immer nicht mit Hakuei wegen des Gesprächs mit einem meiner Lehrer geredet. Ich trainierte den restlichen Tag weiter, um endlich mit offenen Augen schlafen zu können, und stellte fest, dass mein neuer dunkelgrauer Lidschatten noch besser hielt als der, den ich davor gehabt hatte. Ich verabredete mich mit Towa und Sanaka für diesen Abend, ging nach Hause und fand keinen Hakuei vor. Hm. Ich machte mir irgendetwas zu essen – die Qualität meiner Ernährung hatte innerhalb der letzten Woche drastisch abgenommen – und setzte mich für eine Stunde vor den PC, mich etwas abreagieren. Dann schrieb ich ein paar SMS, nur, um mich mal wieder geliebt fühlen zu können, wenn ich dementsprechend viele Antworten bekam, und ging wieder nach unten. Ich könnte mir eigentlich mal wieder ein Hemd von meinem Vater ausleihen, fand ich. Manchmal lief ich in ihnen rum, um business-like auszusehen, manchmal passten sie aber auch wirklich zu meinem Outfit. Und außerdem rochen sie nach ihm. Ohne mir etwas dabei zu denken, betrat ich das Schlafzimmer meines Vaters und bemerkte erst dann, dass es noch immer stockduster war. Ich schloss die Tür hinter mir und brauchte eine Weile, um mich an die Dunkelheit zu gewöhnen. Hakuei lag noch im Bett und schien zu schlafen. Um die Uhrzeit? Seltsam. Ich zog die Jalousien etwas nach oben, sodass ich mehr sehen konnte, und kniete mich vor das Bett. Hakueis linker Arm hing über die Kante, und ich nahm mir zum ersten Mal Zeit, mir in aller Ruhe seine Tattoos anzusehen. Er hatte einen Schmetterling auf dem Handrücken und einen auf dem Unterarm, dazu noch diverse schwarze, graue und rote Verschnörkelungen, ein oder zwei Fabelwesen, eine violette Blüte... Eigentlich ganz hübsche Muster. Ich wollte mir vielleicht auch irgendwann einmal Tattoos machen lassen, aber ich hatte ein bisschen Angst davor. Nach einer Weile lehnte ich meine Wange an seinen Unterarm. Ich vermisste meinen Vater. Hatte ich einen Vaterkomplex? Wahrscheinlich. Aber ich war auch ohne eine weibliche Fixperson aufgewachsen, da war es klar, dass ich mich so an meinen Vater klammerte. Ich vermisste seine Worte, seine Aufmunterungen, seine ganze Aufmerksamkeit, seine Streicheleinheiten. Ich wollte von ihm umarmt werden und so tun, als würde mich dagegen sträuben. Aber wir beide wussten, dass es uns gut tat. Ich rieb meine Wange etwas an der warmen Haut, dann stand ich auf. Hakuei war einfach kein Ersatz für ihn. Da kam mir ein anderer Gedanke. Ich beugte mich über das Bett und schnupperte an der Bettdecke. Vielleicht roch sie ja nach meinem Vater, dann würde ich sie beschlagnahmen. Aber Hakuei hatte höchstwahrscheinlich ohnehin die Bettwäsche gewechselt. Wäre seltsam, wenn nicht. Obwohl, wenn er ohnehin auf ihn stand... Ich verdrängte diesen Gedanken und schnüffelte weiter. Doch, hier roch es ein bisschen... oder? Und da...? „Was in Dreiteufelsnamen MACHST du da?!“, fragte mich jemand plötzlich. Ich fuhr zusammen und richtete mich blitzschnell auf. Hakuei musterte mich, als wäre ich zurückgeblieben, also lächelte ich ihn an. „Hi. Warum bist du noch im Bett?“ „’Warum bist du noch im Bett’“, äffte er mich nach, fuhr sich mit den Händen übers Gesicht, gähnte einmal und setzte sich auf, zog die Knie an. „Warum bloß? Vielleicht, weil ich meine sieben Stunden Schlaf brauche?“ „Es ist vier Uhr nachmittags“, merkte ich an. „Ja. Ich weiß“, gab er zurück und streckte sich einmal. Ich starrte ihn an. „Du warst bis NEUN UHR heute morgen wach?!“ „Ich hatte was zu erledigen.“ Unwillkürlich dachte ich an die Leiche zurück, die ich... schnell schob ich das Bild beiseite, schauderte aber trotzdem. „Okay. Ehm... heute Abend kommen Sanaka und Towa vorbei, nur, damit du Bescheid weißt.“ „Habt ihr euch wieder vertragen?“ Ich nickte. „Gut. Wenn einer von euch in die Wohnung kotzt, darf er’s selbst aufwischen.“ „Schön zu sehen, dass du auch nach den falschen sieben Stunden Schlaf deinen Humor noch hast.“ „Stets zu Diensten.“ Ich betrachtete ihn einen Moment. So kurz nach dem Aufwachen war er immer unheimlich neben sich und verpeilt, richtig niedlich war das teilweise. Seine Haare waren zerzaust, sein Shirt verknittert, er konnte seine Augen nur mit Mühe aufhalten... Ich grinste in mich hinein, besorgte mir ein Hemd meines Vaters und verschwand, um nicht noch weitere Fragen beantworten zu müssen. „Hat er dich schon mal für ein Weib sitzen lassen?“, wollte Sanaka gähnend wissen. Er saß vor meinem Bett und spielte mit einem Kartenspiel herum, ich drehte mich auf meinem Schreibtischstuhl um meine eigene Achse. „Ach, ein paar Mal“, winkte ich ab. „Nichts Besonderes. Wenn ihm das Weib gerade wichtiger war... Ich meine, ehrlich gesagt stört’s mich auch nicht großartig, dass er jetzt weg ist. Irgendwie geht er mir in letzter Zeit auf die Nerven.“ „Ja, ne?“, gab Sanaka bestätigend zurück. „Er ist noch vulgärer, noch mir-ist-alles-egaler, noch blöder als eh schon... vielleicht liegt’s ja wirklich an dieser Aya.“ „Kann sogar sein. Ich meine, küssen kann sie richtig gut, sie ist laut ihren Worten treu, sieht voll hübsch aus... und steht auf Towa. Kein Wunder, dass er dafür einfach so von hier abhaut.“ „Hm.“ Sanaka fächerte die Spielkarten aus und sah mich an. „Ich muss dir was sagen. Ein Geheimnis, das außer dir dann nur noch ein einziger Mensch weiß – mich selbst ausgenommen, natürlich.“ „Und das hab ich verdient?“, wollte ich skeptisch wissen und drehte eine komplette Runde. „Vielleicht. Wenn du eine Bildkarte ziehst.“ Er hielt mir die Karten hin und ich zog wahllos eine. Als ich sie umdrehte, musste ich lächeln. Es war ein Joker. „Das war ja einfach“, bemerkte ich. „Okay, hör zu. Ehm... dieser Typ, den ich nicht dieses, sondern das Wochenende davor kennen gelernt habe, als ich bei meiner Tante war, Kamijo... Du meintest ja, dass es bestimmt eine Frau wäre, in die ich verknallt bin, weil ich sonst nicht so eine Show gemacht hätte.“ Er sah mich bedeutungsvoll an. „Und es war eine?“, riet ich. „Und jetzt ist sie schwanger? Halt, das geht gar nicht. Und jetzt wollt ihr heiraten?“ Er schnitt eine Grimasse. „Haha. Wenn’s doch so einfach wäre. Nein, ich hab nicht gelogen, als ich meinte, dass es ein Typ ist. Aber ansonsten hattest du Recht.“ „Es ist ein Typ, und du bist in ihn verknallt“, schlussfolgerte ich. Ich redete mal wieder schneller, als ich denken konnte. Meine Augen wurden groß. „Jetzt echt?“ Sanaka nickte langsam. „Ja, echt.“ Warum wurden alle Leute um mich herum plötzlich schwul?? Ich starrte ihn an. „Und jetzt bist du mit ihm zusammen?“ Er senkte kurz den Blick. „Na ja, nicht wirklich... also, ich glaube, dass er mehr von mir will, aber ich habe keine Ahnung von gar nichts, was das angeht, und ich hab erst mal gebraucht, um überhaupt zu akzeptieren, dass ich so ticke... und ich traue mich nicht.“ „Findet er dich geil?“, fragte ich. „Ich glaube schon.“ „Findest du ihn geil?“ „Ich weiß nicht...“ „Eher ja oder eher nein?“ „Eher ja...“ „Na also. Wo ist das Problem?“ Ich zuckte mit den Schultern. Er rollte mit den Augen. „Hey, hier geht’s nicht um so eine F***bekanntschaft, ich überlege, ob ich wirklich eine Beziehung mit ihm anfange. Und zwar eine RICHTIGE.“ „Aber wenn ihr euch doch mögt-“ „Das ist nicht so einfach“, widersprach er mir kopfschüttelnd. „Wenn du wüsstest, was da alles noch eine Rolle spielt...“ Ich zuckte mit den Schultern. „Das kann ich nicht wissen. Aber du solltest dir das Ganze nicht komplizierter als sowieso schon machen.“ Er nickte und schenkte mir ein Lächeln. „Ja, mal schauen. Danke.“ „Warum erzählst du ausgerechnet mir davon? Ich meine... wer weiß es denn sonst noch? Towa?“ Dieses Mal warf er mit der Hülle des Kartenspiels nach mir. „Hallo?! Also ob ich DEM das erzählen würde! Nein, der andere ist eben der Typ, in den ich mich verschossen habe. Und rate mal, weshalb ich dir davon erzähle. Denk mal an Freitag zurück, an Spraydosen... Klingelt’s?“ Oh. Das ergab natürlich Sinn. Ich dachte an das zurück, was Hakuei mir gesagt hatte: ‚Vielleicht hatte er ja das Gefühl, dass du ihn bereits verteidigt hast und meinte, dir etwas schuldig zu sein.’ Sanaka fühlte sich dadurch verteidigt, dass ich mich – ohne davon zu wissen, dass es Sanaka betraf – für Schwule eingesetzt hatte. Deshalb erzählte er mir das hier auch. Hey, vielleicht war es doch keine Scheißidee gewesen, Towas Graffiti zu übersprühen, wie ich anfangs dachte. Jetzt wusste ich sogar von zwei Personen, von denen ich es nicht erwartet hätte, dass sie schwul waren. Wir saßen noch eine Weile rum und unterhielten uns nur, tranken ein bisschen dabei, aber es hielt sich allgemein in Grenzen. Ich kam mit Sanaka aber wirklich besser klar, er war viel netter, lachte mehr über meine Scherze als über seine eigenen, hatte seinen ganz eigenen Humor... und eigentlich fand ich ihn viel toller als Towa. Warum hatte ich das nicht früher bemerkt? Irgendwann allerdings fiel uns auf, dass es bereits nach zwölf war und wir am nächsten Tag Schule hatten. „Ich sollte wohl wirklich besser gehen“, meinte Sanaka, der bereits etwas angetrunken war, aber nicht allzu viel, und stand mühsam auf. „Willst du nicht hier pennen? Jetzt noch eine halbe Stunde nach Hause laufen... du hast dein Ticket nicht mit, oder?“ Er schüttelte den Kopf. „Und pleite bin ich auch noch.“ „Das ist wirklich kein Problem, wenn du hier bleibst“, versicherte ich ihm. „Mein Bett ist breit genug.“ Außerdem wollte ich auf seine Gesellschaft noch nicht verzichten, aber das konnte ich ihm schlecht sagen. Letztendlich ließ er sich von mir überreden, wir zogen uns aus, ich lieh ihm ein altes Shirt und dann legten wir uns ins Bett. „Meinst du nicht, dass es für Hakuei ein bisschen komisch aussieht, wenn wir...?“ Er ließ seinen Satz unvollendet, aber ich wusste genau, was er meinte. „Der ist noch nicht wach, wenn wir wieder gehen“, gab ich grinsend zurück. „Heute hat er von neun morgens bis vier Uhr mittags geschlafen.“ „Würd ich auch gerne“, seufzte Sanaka. Eine Weile lagen wir nur schweigend in der Dunkelheit, die mich immer müder und müder werden ließ, aber irgendwann sprach Sanaka mich noch mal an: „Hast du dir schon mal vorgestellt, wie es ist, einen anderen Mann zu küssen?“ Ich überlegte. Hatte ich? Vielleicht. Ein bisschen. „Ich weiß nicht. So halb, glaube ich. Du wahrscheinlich eher.“ „Klar. Und ich würde es gerne auch mal ausprobieren.“ Ich hatte kaum Gelegenheit zu antworten, da spürte ich Sanakas Fingerspitzen an meiner Schulter. Er tastete sich weiter an meinem Hals hoch zu meinem Gesicht, über meine Wange bis zu meinem Mund. Oh mein Gott, dachte ich, Jetzt hab ich gerade gemerkt, dass ich ihn mag, und er will mich küssen. Er strich sanft über meine Unterlippe und mehr aus einem Impuls heraus öffnete ich meine Lippen und berührte seine Finger mit der Zunge. Was machte ich hier? „Darf ich...?“, flüsterte er und wartete, bis ich leicht genickt hatte. Dann richtete er sich etwas auf, beugte sich zu mir und verschloss meinen Mund mit seinem. Es fühlte sich... anders an. Neu und ungewohnt, aber auf keinen Fall schlecht. Eigentlich so ähnlich wie mit einer Frau, aber irgendwie... Ich kam Sanaka etwas entgegen, um mehr von seinem Mund spüren zu können, bewegte meine Lippen gegen seine und langte schon nach kurzer Zeit nach seiner Zunge. Er zögerte erst noch, aber als ich eine Hand in seinen Nacken legte und ihn etwas mehr zu mir zog, verlor er sich in dem Kuss. Nach einer Weile drehte ich ihn auf den Rücken und küsste ihn weiter, zog mit den Zähnen an seiner Unterlippe, ließ meine Hände über seinen flachen Oberkörper wandern und schmiegte mich an ihn. Er schlang die Arme um mich und spätestens da geriet das Ganze endgültig außer Kontrolle. Die nächste Zeit knutschten wir völlig selbstvergessen, grapschten nach allem, was wir erreichen konnten, wälzten uns immer wieder auf meinem Bett hin und her und überließen einander immer abwechselnd die Führung. Gerade, als ich an der Reihe war, schob ich ein Bein zwischen Sanakas und drückte mit meinem Oberschenkel gegen seinen Schritt, woraufhin er unseren derzeitigen Kuss beendete und leise nach Luft schnappte. Ich hätte nie gedacht, dass ein Typ, und ganz besonders einer meiner beiden besten Freunde, mich so geil finden würde, dass er ... na ja... in diesen gewissen Körperregionen so aktiv wurde. Etwas unsicher öffnete ich die Augen und sah Sanaka unter mir an. „Soll ich... aufhören?“, fragte ich leise. Er schüttelte lediglich den Kopf, lächelte leicht und küsste mich wieder. Wir knutschten ein bisschen weiter, aber ich wusste nicht so recht, was ich machen sollte, weshalb Sanaka mich wieder auf den Rücken drehte und je ein Knie links und rechts meiner Hüfte platzierte, ehe er sich eng an mich kuschelte und mir über die Brust streichelte, während er mich küsste. Ich ließ meine Hände auf seinen Hintern wandern, was von ihm mit einem leisen Seufzen belohnt wurde, also wurde ich noch mutiger: Ich glitt mit einer Hand nach vorne und strich über seinen Schritt. Er seufzte erneut und bekam eine Gänsehaut, was ich als ein gutes Zeichen wertete, weshalb ich kurzerhand eine Hand in seine Shorts schob. Sanaka wollte mir offenbar in nichts nachstehen, deshalb tat er es mir gleich und schloss seine Hand um meine eigene Erektion. Da erst begriff ich, wie er sich gerade fühlen musste – dieses Gefühl, das ich empfand, war viel intensiver als alles Vergleichbare, das ich bis dahin erlebt hatte. Und als er dann auch noch begann, seine Hand zu bewegen, musste ich mich konzentrieren, mich nicht darin aufgehen zu lassen, sondern mich um ihn zu kümmern. Nach kurzer Zeit setzte ich mich auf, sodass Sanaka nun auf meinem Schoß saß, und schnappte immer wieder nach seinen Lippen, während ich selbst fast an Reizüberflutung starb. Wir stöhnten immer wieder gedämpft auf, und insgesamt war das Ganze so heiß, dass ich mich wirklich beherrschen musste, etwas länger auszuhalten. Fünf Minuten später lagen wir wieder nebeneinander im Bett, dieses Mal allerdings aneinander geschmiegt und noch immer etwas nach Luft ringend. Wir schwiegen sehr lange, so lange, dass Sanakas Atem an meinem Hals sich wieder normalisiert hatte und auch mein Herz nicht mehr so schnell schlug. Dann atmete er einmal tief ein und ich wusste, dass er etwas sagen wollte, und ich wollte ihm eigentlich zuvorkommen. „Sanaka“, begann ich, und genau gleichzeitig meinte er: „Lay?“ Wir konnten unser Grinsen zwar nicht sehen, aber wir wussten, wie der andere in dem Augenblick aussah. „Das... Ganze bleibt doch unter uns, oder?“, wollte er zögerlich wissen und rieb seine Nase an meinem Schlüsselbein. Ich lehnte mich etwas zurück, weil er mich kitzelte, und strich ihm dann über die Haare. „Logisch. Oder glaubst du, ich würde so was überall rum erzählen?“ „Towa reicht ja schon“, warf er ein. „Als ob. Also bitte, da erschieß ich mich lieber.“ Unpassende Formulierung. Ich verzog das Gesicht. Nein, ich würde mich nicht erschießen. Nicht, nachdem ich in echt gesehen hatte, wie ein Erschossener aussah. „Sanaka?“ „Hm?“, machte er schläfrig. „Kann ich dir auch ein Geheimnis erzählen?“ „Warum fragst du? Natürlich.“ Er strich über meinen Bauch. „Und dann wären wir ja quitt. Dann wüsstest du ein Geheimnis von mir und ich eins von dir.“ Stimmt, das ergab Sinn. Und so konnte ich auch sichergehen, dass weder ich aus Versehen seins erzählte und er meins ebenfalls nicht weitersagte. „Aber du darfst mich danach nicht komisch finden.“ „Mach ich nicht“, versprach er mir. „Und du darfst Hakuei gegenüber auch nicht anders sein als sonst.“ „Ich versuch’s.“ „Ich hab eine Leiche gesehen.“ Ich machte eine Kunstpause, in der ich merkte, wie Sanaka die Luft anhielt. „Eine echte. Bei uns im Wohnzimmer. Hakuei hat jemanden erschossen, am Donnerstag war das... richtig heftig. Ich hatte voll Angst vor ihm.“ „Verständlich... ach du Scheiße... woah...“ Sanaka suchte nach Worten, fand aber offenbar keine. „Das ist wirklich heftig...“ „Ist es“, nickte ich. „Ich weiß auch nicht, worum es ging... aber... weißt du... er lag da einfach so und irgendwie...“ „Denk nicht mehr daran“, bat Sanaka und richtete sich etwas auf, um mich erneut zu küssen. Irgendetwas hatten seine Küsse an sich, sie waren süßer und hinterließen jedes Mal ein leichtes Kribbeln in meinem Bauch. Ganz anders als bei allen, mit denen ich bis dahin geknutscht hatte. Aber dabei sollte es doch eigentlich keinen Unterschied machen, oder? Ob es nun eine Frau oder ein Typ war... Aber es machte eben doch einen Unterschied. Hm. „Darf ich noch was ausprobieren?“, fragte Sanaka nach ein paar Minuten weiteren Knutschens, das keine Interpretationsmöglichkeiten mehr übrig ließ als ziemlich eindeutige. „Klar“, antwortete ich, und dann spürte ich seine Lippen an meinem Hals, meinem Schlüsselbein, er schob mein Shirt so weit hoch wie möglich, dann war sein Mund auf meiner Brust, an einer meiner Brustwarzen, auf meinem Bauch, an meinem Bauchnabel, an meiner Hüfte und dann... fiel es mir nicht schwer, an etwas anderes zu denken. Ehrlich gesagt dachte ich gar nicht mehr. Irgendetwas war anders. Das merkte selbst Towa. Als ich an diesem Morgen aufgewacht war und Sanakas Wärme noch neben mir spüren konnte, obwohl er bereits aufgestanden war, wusste ich, dass es ein guter Tag werden würde. Wir gingen zusammen zur Schule und saßen unsere Zeit ab und in den Pausen verhielten wir uns laut Towa ‚wie zwei gackernde Hühner, die sich auf eine Steckdose gesetzt haben’. Was konnte ich denn dafür, wenn ich gute Laune hatte? Und immer, wenn Sanaka mir von der Seite ein vielsagendes Lächeln zuwarf... Und es wurde nicht besser. Na ja, also unser Verhalten wurde nicht besser, sondern eher nur unerklärlicher. Wir trafen uns am Montag, am Dienstag, am Mittwoch und am Donnerstag, und es lief jedes Mal nach dem selben Schema ab. Erst machten wir irgendetwas Unspektakuläres, wie etwa Hakuei ein bisschen über seine Rolle als Yakuza ausfragen (wobei ich ihm vorher ausdrücklich gesagt hatte, dass er nicht durchhängen lassen sollte, dass mein Vater sein Chef war), shoppen gehen oder ganz einfach essen, dann laberten wir ziemlich lange über alles Mögliche, das uns einfiel, und irgendwann sahen wir uns nur für einen Augenblick an und fingen an zu knutschen. Wir landeten jedes Mal auch im Bett, zogen das Ganze aber bis auf ein einziges Mal nicht bis zum Ende durch. Ich verlor ziemlich viel von meiner Unschuld in diesen fünf Tagen, den Sonntag mitgerechnet. Ich weigerte mich völlig, über diese Sache nachzudenken oder mir zu überlegen, wie ich sie wohl rechtfertigen könnte. Ich genoss Sanakas Küsse, Berührungen, Nähe, Gesellschaft und die Tatsache, dass wir uns immer näher kamen, sowohl körperlich als auch geistig gesehen. Und mehr nicht. Wir sprachen allerdings auch fast nicht darüber. Als würde der Bann gebrochen werden, der uns ergriffen hatte, wenn wir aussprachen, was wir da taten. Aber so weit kam es nicht. Am Freitag hatte Sanaka keine Zeit, und ich hätte mir nicht vorstellen können, was diese simple Tatsache für Folgen haben würde. Ich kam direkt nach der Schule nach Hause, nachdem ich Towa abgewimmelt hatte – ich hatte echt keinen Bock auf ihn – und beschloss, dass ich irgendetwas essen würde. Aber zuerst wollte ich Hakuei begrüßen, also ging ich ins Wohnzimmer, von da aus in die Küche und warf dann vorsichtig einen Blick ins Schlafzimmer. Keiner da. Ich ging zurück in den Flur, eigentlich, um in mein Zimmer zu gehen, aber da hörte ich gerade, wie die Dusche im Badezimmer meines Vaters ausgestellt wurde. Gut, das ergab Sinn. Man machte viele seltsame Sachen, wenn man jung war. Man aß für ziemlich wenig Geld die erste Seite des Buchs, das man für die Schule lesen sollte, stellte sich unheimlich blöd an, wenn es darum ging, seinen Schwarm irgendetwas zu fragen, und man war unheimlich neugierig. Ich schob es auf die jugendliche Neugier, dass ich mich an diesem Tag vor der Badezimmertür hinhockte und durchs Schlüsselloch linste. Ich hatte Hakuei noch nie oben ohne gesehen, daher hatte ich nicht gewusst, wie er gebaut war, ganz im Gegenteil zu Towa und Sanaka und allen anderen, die mit mir zusammen Sport hatten. Einige wirkten zwar sportlich, waren aber ohne Kleidung eher eine Enttäuschung, es gab extrem wenige, die ich – wäre ich eine Frau gewesen – ansprechend gefunden hätte. Hakuei hätte ich mich in diesem Fall wahrscheinlich ohne zu Zögern an den Hals geworfen. Und dann wurde mir erstens bewusst, was um alles in der Welt ich gerade tat, und zweitens, dass sich das von mir beobachtete Objekt gerade auf die Tür zubewegte. Das Resultat davon war, dass ich erschrocken hochfuhr und mir dabei mit voller Wucht die Türklinke gegen den Schädel rammte. Unfähig, mein Gleichgewicht zu halten, kippte ich nach hinten um, blieb mit einer Hand aufgestützt sitzen und hielt mir, entsetzt nach Luft schnappend, mit der anderen Hand den schmerzenden Kopf. Gerade, als mir aufgrund des pochenden Schmerzes in den Schläfen und ganz besonders an der Stelle, wo mein Kopf Bekanntschaft mit der Türklinke gemacht hatte, die Tränen in die Augen stiegen, öffnete Hakuei die Tür, um nachzusehen, was zur Hölle dieses laute Geräusch verursacht hatte. Ich hätte zu gerne gewusst, was er sich in dem Moment dachte, als er mich sah, ich jedenfalls war erstens wegen meines Kopfes unfähig zu denken und zweitens wegen des Anblicks, der sich mir bot. Hakuei hatte sich zwar ein Handtuch um die Hüften gebunden, aber seinen Oberkörper konnte ich trotzdem in allen Einzelheiten sehen. Ich sage nur: Six-pack. Ich wäre am liebsten irgendwo versunken. Einige Sekunden starrten wir uns nur gegenseitig an, dann besaß ich den Mut, das Schweigen zu brechen. „Ich hab Hunger“, sagte ich und hätte ich mich dafür verfluchen können, dass der Schmerz mit jedem Wort schlimmer wurde. „Dann mach dir was zu essen“, entgegnete Hakuei ruhig, wie er nun mal so war. Keine Spur von Ärger, keine Spur von gar nichts. Überhaupt nichts!! „Kannst du nicht was kochen?“, bat ich ihn und wusste nicht, ob er es bemerkte, dass ich nicht zu seinem Gesicht hoch sah, sondern weiterhin auf seine Brust starrte. „Ich muss gleich los“, gab er schulterzuckend zurück. „Oh“, machte ich. „Hast du dir den Kopf gestoßen?“, wollte er gelassen wissen und schloss die Tür hinter sich. Als ich nickte, hob er eine Augenbraue und grinste dabei. „Hab ich gehört“, bemerkte er, dann wandte er sich ab und ging ins Schlafzimmer meines Vaters. Kaum dass er verschwunden war, drückte ich beide Hände auf meinen Kopf und beugte mich weit vor. „Auaaaaaaaaaaa“, flüsterte ich und schnitt eine Grimasse. Letztlich hatte ich mich am Freitagabend doch mit Towa getroffen und bei einer seiner Bekanntschaften geschlafen. Natürlich hatte es ein großes Saufgelage gegeben und ich hatte probeweise mit einem Weib rumgeknutscht, aber dabei nichts gespürt. Unzufriedenstellend. Am Samstag kam ich wie gerädert nach Hause, holte erst einmal ein bisschen Schlaf nach und war dann erst gegen sieben Uhr abends wieder ansprechbar. Gegen zehn zog ich mir einen sehr langen Horrorfilme rein, den Towa mir ausgeliehen hatte, und gruselte mich fürchterlich. Ich hatte zwar nichts gegen Splatter, aber Psychoterror ging mir unter die Haut. Ich stellte zwar zwischendurch auf Pause und hörte etwas Musik, um mich wieder aufzulockern, ließ sie am Ende sogar währenddessen laufen, aber es half wenig bis gar nicht. Um ein Uhr nachts, als ich schlafen gehen wollte, war ich ein einziges nervliches Wrack. Jedes Mal, wenn ich zu meinem Fenster sah, stieg die leise Befürchtung in mir auf, dass sich gleich ganz plötzlich ein Gesicht gegen die Scheibe drücken und mich anglotzen würde... Ich legte mich ins Bett und schaltete das Licht aus, aber da ging es erst so richtig los. Ich hatte das Gefühl, dass da irgendetwas WAR, irgendetwas, das nur darauf wartete, dass ich einschlief, das in meinem Zimmer stand und mich beobachtete... Ich glaubte sogar, es leise atmen zu hören... Ich schaltete das Licht wieder an. Nichts, natürlich. Moment mal, war da hinten nicht... Etwas verstört machte ich alle Lichter an, die ich überhaupt besaß, und fühlte mich etwas sicherer. Dann trat ich aus meinem Zimmer und erleuchtete den Flur taghell. Einige Momente blieb ich regungslos stehen, dann machte ich alles in meinem Zimmer wieder aus und ging nach unten. Unten wieder das gleiche Spiel, alles an, oben alles aus. Irgendwann war ich im Schlafzimmer meines Vaters angekommen, dort schaltete ich lediglich die Schreibtischlampe ein und setzte mich vor das Bett, in dem Hakuei seelenruhig weiterschlief. Ein weiteres menschliches Wesen im Zimmer beruhigte mich etwas, und so re-normalisierte sich mein Herzschlag. Ich hatte keine richtige Vorstellung davon, was ich jetzt machen wollte, aber als ich bemerkte, dass Hakueis Hand wieder an der Seite des Betts heraushing, lehnte ich meine Wange daran. Körperkontakt war gut, um meine eigenen Hirngespinste im Zaum zu halten. Irgendwann bewegten sich Hakueis Finger, betasteten mich etwas und strichen dann über mein Gesicht, über meine Wangen, meine Stirn. Es gab Stoffgeraschel, als Hakuei sich etwas aufrichtete und zu mir beugte. „Was ist?“, wollte er leise wissen. „Kannst du nicht schlafen oder wolltest du dich einfach mal vors Bett setzen?“ Trotz seiner wie immer ruhigen Stimme konnte ich einen verschlafenen Unterton heraushören. Wie niedlich. „Ich hab Angst“, antwortete ich ehrlich und legte den Kopf in den Nacken, um ihn ansehen zu können. Er hob die Augenbrauen. „Angst?“, wiederholte er und unterdrückte merklich ein Gähnen. „Warum das denn?“ „Ich hab mir einen Horrorfilm angeguckt und jetzt hab ich Angst in der Dunkelheit. Und eigentlich nicht nur in der Dunkelheit. Sorry, wenn ich dich geweckt hab“, murmelte ich und musste nun selbst gähnen. Hakuei tat es mir gleich und blinzelte müde. „Und jetzt?“, fragte er. „Keine Ahnung. Es reicht eigentlich schon, dass du da bist.“ Hakuei würde bestimmt alle Monster erschießen, wenn es welche gab, haha. Irgendwie war ich im Selbstaufmuntern ziemlich schlecht. „Willst du hier schlafen?“ Die Frage traf mich etwas unvorbereitet. Ich starrte ihn an. „Hier schlafen?“, echote ich ungläubig. Er deutete ein Achselzucken an. „Ist doch Platz genug. Und wenn du dich nicht allzu breit machst, hab ich auch meine Ruhe und werd nicht wieder mitten in der Nacht geweckt.“ „Es ist ein Uhr.“ „Ich bin um zehn Uhr schlafen gegangen.“ „Oh.“ Wortlos rutschte Hakuei etwas näher an die Wand und hob die Bettdecke an. Ich zögerte einige Herzschläge, dann raffte ich mich auf und kuschelte mich in das Bett meines Vaters. Es war warm und weich und versprach Geborgenheit. Außerdem war ich Hakuei so nah wie selten zuvor, ich konnte seinen Arm berühren und sein Bein auch, und er war so schön warm... Musste ich noch extra erwähnen, dass ich in den ersten Stunden dieser Nacht so gut schlief wie noch nie? Am nächsten Morgen wurde ich davon geweckt, dass mir jemand einen schmerzhaften Stoß in die Rippen verpasste. Ich murrte laut und drehte mich auf die andere Seite, mit dem Rücken zu dem, der mir gerade weh getan hatte. „Tja, Chef, sieht so aus, als würde er nicht mit dir sprechen wollen“, stellte Hakuei gleichgültig fest. Ich brauchte einen Augenblick, um zu schalten. Dann saß ich aufrecht im Bett und streckte dem anderen erwartungsvoll die Hand entgegen. Hakuei grinste, verabschiedete sich von meinem Vater und drückte mir den Hörer in die Hand. „Morgen!“, begrüßte ich den Anrufer gut gelaunt. „Guten Morgen“, entgegnete mein Vater nicht minder fröhlich. „Hast du gut geschlafen?“ „Kaffee?“, fragte Hakuei mich leise, woraufhin ich nickte und dann antwortete. „Abgesehen davon, dass ich nicht einschlafen konnte, weil ich mir einen gruseligen Film angeguckt hab und danach Angst hatte, ja. Super.“ „Und sonst geht’s dir gut?“, wollte mein Vater weiter wissen und ich hörte das Grinsen aus seiner Stimme heraus. Doofes Kind, dachte ich, Macht sich selbst Angst. „Klar. Alles super. Oh, doch nicht, mir fällt grad ein, dass du in die Schule kommen sollst, weil ich ein paar Mal eingeschlafen bin im Unterricht. Was mach ich jetzt?“ Kurzes Schweigen. „Keine Ahnung. Früher ins Bett gehen?“ War er irgendwie betrunken? Normalerweise war er nicht so gut gelaunt. Und nicht so sorgenfrei. „Papa!“, gab ich vorwurfsvoll zurück. „Ich meine... du kannst ja nicht hin, soll ich dann Hakuei hinschicken und sagen, dass er einer deiner Diener ist?“ „...so würde ich es an deiner Stelle nicht ausdrücken. Behaupte doch, er sei einer deiner Onkel.“ „Bei seinen Tattoos glauben die bestimmt, dass ich sie erschießen lasse, wenn sie ein falsches Wort sagen“, bemerkte ich nachdenklich. „Da hast du Recht. Vielleicht solltest du einfach gar nicht-“ „Hey, das wär voll cool, dann lassen die mich endlich in Ruhe! Okay, das mach ich. Danke für den Tipp, Papa. Und wie geht’s dir? Hast du dir schon jemanden angelacht?“ „Glaubst du, ich würde-“ Er unterbrach sich selbst. „Was frag ich eigentlich noch, natürlich glaubst du das. Vergiss es. Nein, hab ich nicht.“ „Vielleicht solltest du mal“, schlug ich vor. „Baut Stress ab. Entspannt. Probier’s doch mal aus.“ „Lay, ich werde jetzt mein Liebesleben-“ „Schon klar. Ich hör auf. Sag mal, dürfte ich mir ein Tattoo machen lassen?“ „Nein.“ Autsch. Das kam schnell. „Wieso nicht?“ „Erstens tut das ziemlich weh, zweitens musst du bis zu deinem Lebensende damit rumlaufen und drittens käme man auf falsche Gedanken.“ „Hm“, machte ich unzufrieden. „Kann ich Hakuei noch mal sprechen?“ Jetzt klang er etwas angepisst. Ich konnte mir schon denken, warum. Jetzt glaubte er bestimmt, Hakuei war Schuld. „Klar, mein Kaffee kommt eh grad. Bis dann, Papa! Pass auf dich auf.“ Bevor ich seine Antwort hören konnte, gab ich das Telefon zurück an Hakuei und nahm dafür den Kaffee, den er mir gebracht hatte. „Ja?“, fragte Hakuei und war dabei, das Schlafzimmer wieder zu verlassen, blieb dann aber mitten im Türrahmen stehen. „Ich hab nichts damit zu tun!“, verteidigte er sich vehement. „Wirklich nicht, Chef! ICH hab ihm das nicht eingeredet, ich weiß auch nicht, woher-“ Er brach ab und bedachte mich mit einen sehr finsteren Blick. Ich winkte ihm zu. ~*~ tbc~ Hosted by Animexx e.V. 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