Hellsing - Roter Mond von Yuki_Girl ================================================================================ Kapitel 2: Jeanne - The Girl Without Memory ------------------------------------------- “Weich… Es fühlt sich so weich an…”, dachte sich verschlafen. Langsam kehrte die Erinnerung zurück. Der Schmerz… Die Flucht… Die drohende Gefahr… Mit einem Ruck setzte sie sich auf und stöhnte schmererfüllt. Als langsam das Schwindelgefühl abklang öffnete sie ihre Augen wieder langsam. Sie lag in einem riesigen Himmelbett mit weißen Decken bedeckt. Der Raum, in dem sie lag, schien ein Keller zu sein. Die Wände bestanden aus unverputztem Stein und es gab nirgends ein Fenster, durch das man die Tageszeit hätte bestimmen können. Vorsichtig stieg sie aus dem Bett und betrachtete sich in dem Spiegel, der in den kleinen Schminktisch eingebaut war. Als sie ihr Spiegelbild sah schrak sie zurück. Aus dem Spiegel blitzten ihr zwei saphirblaue Augen entgegen, die von schwarzen langen Haaren umrandet wurden. Ihr Gesicht war schmal und wurde von einigen Pflastern verziert. Um ihren Kopf war ein Verband gewickelt worden. Als sie sich so betrachtete, fragte sie sich, was eigentlich genau passiert war und woher die ganzen Verletzungen stammten. Als sie ihren Blick wieder dem Zimmer zuwandte, erblickte sie, auf einem altertümlich aussehenden Stuhl, Kleidung. Ohne lange zu überlegen, schlüpfte sie in die Bluejeans und streifte sich den schwarzen Hoodie über. Vorsichtig öffnete sie die Tür und spähte den langen dunklen Gang hinauf. Sie seufzte, ihre Einschätzung eines Kellers war nicht ganz falsch gewesen, bei genauerer Betrachtung sah der Flur allerdings eher wie mittelalterliche Katakomben eines Schlosses aus. Sie trat vorsichtig aus ihrem Zimmer heraus und schlich den spärlich beleuchteten Gang entlang. Was ihr allerdings verborgen blieb, waren die roten Augen, die jeder ihrer Bewegungen folgten. „Bemerkenswert! Wirklich Bemerkenswert!“, dachte die Gestalt mit den roten Augen und grinste hinterhältig. Die Schwarzhaarige nährte sich langsam dem Ende des Ganges und lugte vorsichtig um die Ecke. „Na, wo wollen wir denn hin?“, fragte eine heisere Stimme an ihrem Ohr. Sie zuckte zusammen und blickte vorsichtig über ihre Schulter. In dem spärlichen Zwielicht erkannte sie eine große Person mit blutroten Augen. Ohne zu zögern lief sie los. Treppen und Flure rannen an ihrem Bewusstsein vorbei, ohne dass sie sie wirklich wahrnahm. An einem Treppenabsatz angekommen bog sie nach rechts ab und stürmte in Zimmer. Schnell verschloss sie die Tür und lehnte die Stirn dagegen. Als sie eine Bewegung hinter sich spürte, wirbelte sie herum und nahm eine äußerst graziöse Verteidigungshaltung ein. Das Zimmer schien ein Büro zu sein. An einem Fenster im hinteren Teil des Raumes stand ein riesiger Schreibtisch. Kein Licht erhellte den Raum, einzige Lichtquelle bildete der riesige Vollmond, der durch das Fenster hinter dem Schreibtisch schien. Hinter dem Schreibtisch konnte sie im Halbdunkel eine Person erkennen. Es war eine Frau. Sie trug eine olivgrüne Militäruniform und hatte blonde Haare. Vermutlich war sie die Besitzerin dieses Schlosses. Neben dem Stuhl stand ein Mann – der Butler. Er schien schon sehr alt zu sein, trotzdem konnte man dies seiner aufrechten Körperhaltung nicht ansehen. Ein Monokel zierte sein linkes Auge und die Haare waren zu einem strengen Zopf im Nacken gebunden. Vor dem Schreibtisch stand eine Frau mit rotblonden Haaren. Irgendwie kam sie der schwarzhaarigen so bekannt vor. Da keiner der drei Anstalten machte, sie zu bedrohen, gab sie ihre Verteidigungshaltung auf und fragte kühn „Wo bin ich und wer seid ihr?“ „Du bist in meinem Haus.“, antwortete die Blonde streng. „Mein Name ist Lady Integra und du befindest dich zurzeit bei der Hellsing-Organisation! Meine Agenten fanden die bewusstlos im Wald und haben dich hierher gebracht. Das sind Walter, mein Butler, und Seras Victoria.“ „Nun, da ihr mich gerettet habt, bedanke ich mich natürlich dafür“, erwiderte die schwarzhaarige mit einer leichten Verbeugung. Lady Integra wies auf einen Stuhl vor dem Schreibtisch. „Setz dich. Ich denke, wir sollten mal über das, was in dem Waldstück passiert ist, sprechen.“ Es klang nicht wie eine Bitte, sondern eher wie ein Befehl. Am liebsten hätte die schwarzhaarige belustigt „Jawoll, Herr Kommandant“ gesagt. Sie verkniff es sich jedoch rechtzeitig. Als sie gerade die Hälfte des Raumes durchquert hatte, spürte sie einen Luftzug und hinter Integra tauchte ein weiterer Mann auf. „Hey, du bist doch der Typ, der mich vorhin fast zu Tode erschreckt hat!“ „Gut erkannt, Kleine“, sagte dieser und stellte sich neben Seras. „Also“, beginnt Integra wieder, „wer bist du?“ Die schwarzhaarige ignorierte Integra und glitt geschmeidig auf den Störenfried zu, den Blick immer auf sein Gesicht geheftet. Als sie vor ihm stand, hob sie die Hand um sein Gesicht zu berühren, er jedoch ergreift diese mit einer blitzschnellen Bewegung und hält sie davon ab. „Ich wusste es…“, hauchte sie. „Du bist ein Vampir!“ Alle Augen richteten sich verwundert und ängstlich auf sie. Seras versuchte die die Situation zu retten, indem sie etwas nervös erwiderte. „Ein Vampir? Das kann doch gar nicht sein. So etwas gibt es doch gar nicht.“ „Du bist auch ein Vampir“, stellte die junge Frau sachlich fest und richtete ihre strahlenden Augen auf Seras. „Was… Woher…?“ „Woher ich das weiß? Ganz einfach, ich hab euer Verhalten beobachtet“, erklärte sie. „Du wirkst allerdings nicht wie ein typischer Vampir. Du musst noch sehr jung sein.“ „So, da du nun unser kleines Geheimnis kennst, werde ich dich leider töten müssen“, lenkt der Mann ihre Aufmerksamkeit wieder auf sich und lachte kalt. Ihre Hand drückte er immer fester, doch sie verzog keine Miene. „Alucard, nein…“, rief Integra, doch der Mann – Alucard – presste die junge Frau bereits gegen die Wand und näherte sich ihrem Hals. „Du wirst mich nicht töten!“, stellte sie sachlich fest. „Mädchen, bist du dir da ganz sicher?“, lachte Alucard höhnisch. „Ja, bin ich! Wenn du mich hättest töten wollen, dann hättest du das entweder im Wald oder vorhin im Flur tun können – hast du aber nicht!“, antwortete sie ruhig. Nun waren alle sichtlich erstaunt. Ihren Gesichtern konnte man förmlich die Frage „Woher kommt bloß diese Ruhe?“ ablesen. Als Alucard sie eingehender betrachtete, fielen ihm ihre strahlend blauen Augen auf. Als er in sie hinein blickte, zuckte er leicht zurück. Solche Augen hatte er noch nie gesehen. So strahlend und doch zeigte sich in ihnen ein solches Ausmaß an Leid und Trauer, dass er den Blick abwenden musste und sie frei gab. „Was ist los, Alucard?“, fragte Integra. „Ihre Augen…“, flüsterte er. „Was soll mit ihren Augen sein?“ Darauf bekam sie jedoch keine Antwort mehr. Genervt richtete Integra das Wort wieder an die schwarzhaarige. „Also noch einmal…Wer bist du und was hattest du in diesem gottverlassenen Wald zu suchen?!“ „Ich… ich kann mich nicht erinnern. Es ist alles weg! Ich weiß nicht einmal mehr meinen Namen. Das einzige was ich weiß ist, dass ich vor irgendwas oder irgendwem weggelaufen bin und dann nur noch wie ich hier aufgewacht bin.“ „Das kann doch gar nicht sein…!“ ruft Integra sichtlich verärgert. „Wenn ich eine Vermutung äußern darf…“ unterbrach Walter Integras Ausruf. „Dann sprich“ sagte sie gereizt. „Ich glaube, dass das junge Fräulein sich nicht erinnern kann, da sie unter Amnesie leidet, infolge der Kopfverletzung“ erklärte Walter. Während Walter weiterhin versuchte Integra die Ursache für die fehlende Erinnerung zu erläutern, sieht die schwarzhaarige durch das Fenster einen kurzen und weit entfernten Lichtblitz. Viele hätten dem keine Bedeutung geschenkt, sie jedoch springt auf und schreit. „Vorsicht!“ Im nächsten Moment sprang sie über den Schreibtisch und riss Integra zu Boden. Sie hörten das Splittern von Glas. Eine Gewehrkugel hatte die Fensterscheibe durchschlagen und streifte die junge Frau, während sie mit Integra im Arm fiel, am Arm. Alle waren geschockt. Einzig Alucard reagierte und sprintete durch das zerstörte Fenster dem Schützen entgegen. Seras folgte ihm ein paar Augenblicke später. „Alles in Ordnung?“, fragte Walter besorgt. „Ja, mir geht es gut“, sagte Integra. „Mir auch“, kommt es von der jungen Frau, die sich langsam von Integra aufrichtet. „Woher wusstest du, dass  jemand auf mich schießt? Hast du etwas damit zu tun?“ fragte Integra misstrauisch. „Ich weiß es nicht… Ich habe nur einen Lichtblitz gesehen und dann geschah alles wie von selbst…“ sagte sie. „Und nein, ich hab damit nichts zu tun? Woher sollte ich denn wissen, dass es jemand auf Sie abgesehen hat? Ich bin doch kein Attentäter!“ rechtfertigte sie sich. Während sie ihren Standpunkt klarmachte, schien es, als würde ein Stein ihres Armbandes leuchten. „Oh, du blutest ja“ stellte Integra fest. „Walter, wir brauchen einen Verband.“ „Sofort!“, antwortete Walter mit einer leichten Verbeugung. Als er mit einem kleinen Verbandskasten zurückkehrte, kam auch Seras wieder. „Er ist weg! Als ich dort ankam war er verschwunden“ schilderte Seras ihre Beobachtungen während Walter der jungen Frau den Arm verband. „Verdammt! … Walter, zeig dem Mädchen das Bad. Ich nehme an, dass sie sich nach diesem Schrecken gerne frisch machen möchte“ wimmelte Integra sie ab. „Jawohl, Mylady! Wenn das junge Fräulein mir bitte folgen würde“ richtete Walter das Wort an sie und half ihr auf. Als sie das Büro verlassen haben erscheint Alucard und gesellt sich zu Seras. „Habt ihr eine Spur gefunden?“, fragte Integra herrisch. „Leider nein, er ist uns entwischt, als er die Straße entlangfuhr“ seufzte Seras. „Verdammt! Vielleicht galt der Anschlag ja nicht mir, sondern dem Mädchen. Der Attentäter wollte vielleicht ihre Fähigkeiten testen. An ihr ist sowieso etwas eigenartiges! Ich habe ihr sofort geglaubt, als sie verneinte, etwas mit dem Attentat zu tun zu haben.“ „Ja, wirklich seltsam…“ antwortete Alucard und lächelte.   ~   Währenddessen waren Walter und die junge Frau auf dem Weg zum Badezimmer, bis sie vor einem riesigen Wandgemälde stehen blieb und dieses interessiert musterte. Auf dem Gemälde sah man einen Ritter – eine Frau! – mit einer Standarte in der Hand anstatt einem Schwert, die auf einem Schlachtfeld kämpfte. Die Standarte zierte eine weiße Flagge mit einer weißen Lilie. Die Frau wirkte nicht kriegerisch, sondern schien eher Hoffnungsträger für die Krieger zu sein. „Wer ist das?“ „Nun…Das Gemälde zeigt eine Schlacht während des 15. Jahrhunderts. Dort sehen Sie Jeanne d’Arc, eine Frau, die, angeblich, von Gott den Auftrag bekam, Frankreich von dem Einfluss der Engländer zu befreien. Außerdem wurde sie beauftragt den Dauphin nach Reims zu bringen, damit er zum König gekrönt werden sollte. Sie selbst kämpfte nie, sie hielt immer ihre Standarte fest in der Hand, bis zu jener Schlacht, in der sie in die Hände der Engländer fiel und zum Tod auf dem Scheiterhaufen verurteilt wurde. Man sagt, damals sei ihr Körper verbrannt, aber das Herz der jungen Kriegerin blieb unversehrt von den Flammen“, erklärte Walter. „Jeanne…ein wirklich schöner Name…“ „Ja, in der Tat.“ „Vielleicht sollte ich so heißen – zumindest vorübergehend! Man kann mich schließlich nicht immer „junges Fräulein“ nennen. Außerdem finde ich es besser geduzt zu werden“ lachte sie. „Klingt gut, Jeanne“, erwiderte Walter mit einem Augenzwinkern. Bei Jeanne hatte er aus einem unerfindlichen Grund das Bedürfnis sie zu beschützen. Als sie das Badezimmer erreichten, staunte Jeanne nicht schlecht. Es war riesig. Weißer Marmor zierte das komplette Zimmer. Es gab neben einer Whirlpool ähnlichen Badewanne, eine Dusche – groß genug um zu zweit zu duschen (Oh, lala) – auch noch eine geräumige Sauna. Als sie Walter anblickte, glänzten ihre Augen vor Freude. „Danke Walter“ sagte Jeanne mit einem strahlenden Lächeln. Als sich auszuziehen begann, drehte Walter ihr respektvoll den Rücken zu und wollte gehen. Als sein Blick jedoch zufällig in den Spiegel neben der Tür fiel traute er seinen Augen nicht. Er wirbelte herum und fragte sie ungläubig. „Was hast du da auf dem Rücken?“ „Auf dem Rücken? Keine Ahnung!“ erwiderte sie. Langsam trat her näher und strich vorsichtig über die riesige Narbe, die ihren quer über ihren Rücken verlief. Die Berührung ließ sie leicht erschauern. Sie stand schließlich nur mit verschränkten Armen und einem Slip bekleidet vor ihm. „Das sollte sich Lady Integra mal anschauen!“ sagte er, immer noch erschüttert. Mit diesen Worten verschwand er und ließ eine sichtlich verwirrte Jeanne zurück. Als er nach kurzer Zeit mit Integra und Seras zurückkehrte, hatte sich Jeanne auf einem Stuhl niedergelassen und verdeckte ihre Blöße nur notdürftig mit einem Handtuch. Die Narbe ließ auch die beiden Frauen erschrocken und ungläubig blicken. Keiner der drei Beobachter konnte glauben, dass ein Mensch mit solch einer Verletzung noch gehen beziehungsweise so eine überleben konnte. Nachdem die drei weiter über die Narbe zu diskutieren begannen, ging auch Jeannes Geduld zu Ende. Schließlich war sie hierher geschickt worden um sich zu entspannen. Mit einem Ruck stand sie von ihrem Stuhl auf und drehte den dreien den Rücken zu. Nachdem sie das Handtuch fallen ließ sagte sie leicht genervt: „Also, wenn ihr weiter gucken oder diskutieren wollt, dann macht das doch, aber ich geh jetzt erstmal baden.“ Walter wurde leicht rot im Gesicht und drehte sich peinlich berührt mit einem Räuspern um und ging. Die beiden Frauen taten es ihm gleich und überließen Jeanne ihrem erholendem und redlich verdientem Bad. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)