Der Medic-nin von TilyaDraug ================================================================================ Kapitel 4: Siffbude ------------------- „Mann, Mann, Mann, was bist du bloß für eine Schlampe…“ säuselte Hidan, als er Doku mit verschränkten Armen dabei beobachtete, wie er ein paar zusammengeknüllte Wäschestücke aus dem mottenbesiedelten Schrank in seinen Rucksack stopfte. „Hat dich deine Mutter keine Zucht und Ordnung gelehrt?“ Doku würdigte den Jashinisten, der lässig an der Wand lehnte, keines Blickes. „Ey, ich rede mit dir, Schwuchtel!“ „…Ich hatte nie eine Mutter, die mir so etwas hätte beibringen können.“ erwiderte Doku schließlich gelassen. „Die einzige richtige Mutter, die ich jemals hatte, hat mir zum Beweis ihrer Fürsorge jede Menge rohen Fisch in den Hals gereihert, anstatt ihn selbst zu fressen, und sich die eigenen Federn ausgerissen, um uns ein warmes Nachtlager zu bereiten. Stellt Sie diese Antwort zufrieden?“ „Ich wusste gleich, dass du ein abgefuckter Freak bist…“ schnurrte Hidan genüsslich. Kakuzu, der gerade damit beschäftigt war, sich Dokus Aufzeichnungen anzusehen, drehte sich zu den beiden um. Er musterte Doku von oben bis unten. Der Kleine schien weder Fisch noch Fleisch, wirkte weder erwachsen, noch wirklich kindlich, und seine Erscheinung allein erlaubte keinen eindeutigen Schluss auf sein Geschlecht. Erst jetzt fiel Kakuzu auf, dass seine Augen im Halbdunkel seiner schäbigen Hütte das Restlicht reflektierten. Grünliche Fluoreszenz tauchten die Iriden des Knirpses in ein eigenartiges, kaltes Glühen. Was für eine fremdartig anmutende Gestalt… „Woher kommen deine Eltern eigentlich,- aus Yuga?“ fragte er neugierig. „Keine Ahnung. Wahrscheinlich eher nicht.“ erwiderte Doku kurz angebunden. Seine Stimme klang fest, beinahe selbstbewusst. Kakuzu grinste. Gerade hatte der Dreikäsehoch noch gezittert, wie Espenlaub. Nun wollte er sich anscheinend keine weitere Blöße geben, und den abgebrühten Typen mimen… Gelang ihm aber nicht wirklich… „Ah, eine Promenadenmischung ohne Stammbaum, also. Wie sympathisch… Und bei wem bist du dann aufgewachsen?“ „Bei einer Kormoranfamilie.“ Wollte der Knirps nun austesten, wo bei Kakuzu die Grenzen der Geduld lagen? „Quatsch nicht… Wasservögel ziehen keine… Menschen… groß.“ „Dazu kam es auch leider nicht. Ein Fischer hat mich gefunden, aus dem Nest geholt, und dann ins Waisenhaus von Yuga gebracht..“ „Aha… Nun gut… Und dann?“ „…Wurde ich flügge, habe mich hier niedergelassen, wo es mir bedeutend besser gefiel, und mir mein eigenes Zuhause zusammengezimmert.“ „Ja. Sehr beeindruckend… Nun lass dir nicht jeden Wurm einzeln aus der Nase ziehen!“ ärgerte sich Kakuzu. „Erzähl mal was über deine Karriere als Medic-nin!“ Doku seufzte, und warf eine Handvoll Socken in seine Tasche. Es sah nicht so aus, als würde nur eine einzige davon zu der anderen passen. „Ich sagte doch schon,- ich habe keine Ninja-Ausbildung. Und außerdem dachte ich, ich sollte nicht so viel reden, und wir hätten ohnehin zu wenig Zeit?“ kam es ein wenig flapsig von seinen Lippen. Ein wenig ZU flapsig. Doku zuckte zusammen, als eine Kaffetasse dicht neben seinem Kopf an der Wand zerschellte. Hidan lachte meckernd. Kakuzu hingegen schien überhaupt nicht amüsiert. „Ich warne dich, treib es nicht zu weit. Du bist nicht in der Position, Spielchen zu spielen, Junge… Überleg dir gut, ob du es mit mir verscherzen willst.“ „Uuuuh…“ flötete Hidan, und klimperte mit den Wimpern. „Pass lieber auf deinen süßen Knackarsch auf, Kleiner,- ich glaube, Kuzu-Chan interessiert sich für dich. Er will, dass du ein bisschen NETTER zu ihm bist... Das verlangt er von mir auch immer, bevor er über mich herfällt, wie ein Tier!“ Dokus Augen weiteten sich vor Entsetzen. „Hör nicht auf den Dummschwätzer. Der kann nicht anders.“ knurrte ‚Kuzu-Chan‘ mit herablassender Arroganz. „Warum hat man dich auf der Akademie nicht gewollt? Yuga bildet kaum Ninjas aus,- die müssten doch über jeden Nachwuchs, der ihrer Streitmacht den Rücken stärkt, erfreut sein! Sogar über einen Sonderling wie dich…“ Doku zuckte fahrig mit den Schultern, und packte hektisch seine Unterwäsche ein. „Hm… Äh… Tja… Nö. War mir sowieso egal. Wofür muss ich zum Beispiel einen Schattendoppelgänger erschaffen können, wenn ich nur Arzneimittel herstellen will?“ Er lachte nervös. Es klang nicht echt. „Na, ja. Die Fertigkeiten, die ich dafür brauche, habe ich mir selbst angeeignet. Durch Experimente, Selbstversuche, und mithilfe von Bergen von Fachliteratur. Selbst ist… der Mann, nicht? Ich brauche niemanden, der mir beibringt, wie man kämpft, und ich brauche kein Stirnband mit dem Symbol des Dorfes. Obwohl es vielleicht einen erstklassigen Knieschoner abgegeben hätte… Krankheiten heilen kann ich auch sehr gut ohne einen Ninja-Rang.“ „Hört, hört… Und, wie läuft das Geschäft so?“ hakte Kakuzu hellhörig nach. „Wenn du echt so gut bist, wie man sagt, müsstest du ja schon ordentlich was auf der hohen Kante haben, oder?!“ „Ich nehme nicht von jedem Patienten Geld an. Manche beispielsweise bieten mir als Gegenleistung an, meine Wäsche zu waschen, oder erlauben mir, mich von ihren Erntefeldern zu bedienen.“ Hidan blickte skeptisch grinsend an der zierlichen Gestalt hinab, die in ziemlich verdreckten und ausgefransten Klamotten vor ihm hockte, und seinen abgewetzten Rucksack packte, der auch schon bessere Tage gesehen hatte. „Du siehst nicht aus, als würdest du auch nur von einer dieser beiden Möglichkeiten Gebrauch machen…“ Doku ging nicht auf diese gehässige Bemerkung ein, und fuhr fort. „Und wieder andere Personen behandele ich völlig umsonst. Das, was ich an Lohn bekomme, geht meist ohnehin vollkommen für neue Geräte und Grundsubstanzen drauf, die ich nicht selbst herstellen kann. Alles andere, was ich brauche, gibt mir der Wald, der Fluss, das Gebirge und das Meer.“ Kakuzu schüttelte verständnislos den Kopf; was für ein idealistischer Trottel... „Ach du Scheiße, ein Öko-Hippie-Greenpeace-Flachwichser…“ sprach Hidan laut aus, was beide dachten, und verdrehte die Augen. „Lass dir ruhig mehr Zeit mit dem Packen. So ein Vogel wie du bekommt sowieso keinen störenden Besuch…“ Doku blickte nüchtern in die Runde und schulterte seine Tasche. „Ich habe meine persönlichen Sachen fertig gepackt.“ Kakuzu musterte den kleinen Rucksack. „Viel ist es ja nicht. Nun gut. Und was musst du mitnehmen, um das Arzneimittel für unseren Kollegen herstellen zu können? Überlege gut, denn ich kann dir nicht sagen, wann und ob du deine Bruchbude jemals wieder sehen wirst.“ Doku sog scharf die Luft ein, und zwang sich zur Ruhe. „Tja. Solange ich nicht weiß, an welcher Krankheit der Herr leidet, würde ich sagen – das ganze Labor!“ „Wenn wir wüssten, was der Typ hat, hätten wir den langen Weg zu dir nicht auf uns genommen, sondern irgendeinen beschissenen Medic-Nin aus der Umgebung gekidnapped.“ schnarrte Kakuzu. „Und im Übrigen: Falls du es noch nicht wusstest: Du erlebst mich gerade verhältnismäßig gut gelaunt. Fordere dein Glück nicht heraus. Den schnippischen Unterton solltest du dir lieber sparen…“ „Verzeihen Sie.“ räumte der Jüngere schnell ein. „Aber es wäre wirklich vorteilhafter gewesen, wenn Ihr Kollege zu MIR gekommen wäre. Und überhaupt… warum werde ich überhaupt überfallen und bedroht? Sie hätten mich auch einfach FRAGEN können, ob ich Ihren Kameraden behandeln würde,- ich wäre ohne zu zögern mitgekommen, und hätte Ihnen geholfen, ohne etwas dafür zu verlangen!“ Keine zwei Sekunden später befand sich Dokus Kehle im eisernen Griff von Kakuzus Händen. Hart wurde er mit dem Rücken gegen die Wand gedrückt, so dass der Putz abbröckelte. Kakuzu lehnte sich langsam, ganz langsam zu ihm vor, während der deutlich Kleinere erstickt nach Luft rang. „Jetzt hör mir mal ganz genau zu, Winzling. Du wirst nicht lange genug leben, um es ein zweites Mal von mir zu vernehmen.“ Der Taki nin kam mit seinem verhüllten Mund gefährlich nahe an Dokus Gesicht, und der Junge konnte die Wärme seines Atems noch durch die Bandagen und durch den Baumwollstoff seiner eigenen, grünen Mütze an seinem Ohr spüren, als der Ältere im die Worte zuraunte: „Du scheinst nicht zu wissen, wen du vor dir hast. Aber Unwissen schützt vor Strafe nicht. Wir sind die, die nicht nach etwas fragen zu brauchen. Wir nehmen uns einfach das, was wir wollen. Wir sind die, die keinen Regeln folgen. Wir machen die Regeln. Und wir sind die, die dich, ohne mit der Wimper zu zucken, kalt machen, wenn du rumzickst, unsere Erwartungen enttäuschst, oder uns schlicht und ergreifend zu sehr auf den Senkel fällst.“ Abrupt entließ der den jungen Mediziner aus seinem Würgegriff, und der Katzenäugige rutschte japsend an der Wand herab. Wie der Estrich an der Wand war auch seine gesammelt wirkende Fassade völlig zerbröckelt. Der Junge zitterte, seine Zähne klapperten aufeeinander; und plötzlich schlug er sich mit schmerzverzerrtem Gesicht auf den Mund, als hätte er sich versehentlich auf die Zunge gebissen. Dann wurde er plötzlich ganz still, und starrte nachdenklich ins Leere. „Ich hoffe, wir haben uns verstanden!“ bellte Kakuzu ihm noch entgegen, bevor er sich umdrehte, und voran, Richtung Labor stapfte. „Und jetzt hoch mit dir. Es wird Zeit, deine Hexenküche auszusortieren. Na, los. Wird´s bald!“ „Ähm, Kakuzu… Ich glaube, dein Mundgeruch hat den Kleinen ins Koma versetzt…“ machte sich Hidan bemerkbar, der das Schauspiel bisher mit amüsierter Faszination verfolgt hatte. „…Was? Soll das ein Scherz sein?“ „Nö. Der Zwerg ist eingepennt. Oder er fand deine Rede vielleicht einfach zu öde… Vielleicht ist er auch spontan gestorben…“ „Was zum…“ Kakuzu hatte auf dem Absatz kehrt gemacht, und zerrte das Fliegengewicht einhändig am Kragen hoch. An seinem schlanken Hals sah man noch die roten Abdrücke seiner Hände. Hatte er dem Hänfling vielleicht doch zu hart zugesetzt? Aber er schien noch zu leben, denn Kakuzu konnte seinen Herz so deutlich und so schnell pulsierend schlagen spüren, als flatterte ein großer, wilder Vogel unter seinem Hemd. Er verpasste ihm eine Ohrfeige, worauf der Junge kurz seine Augen öffnete. Kalter Schweiß glänzte auf seiner Stirn. Seine Pupillen waren riesige, schwarze Seen. Er nuschelte etwas zusammenhangloses, dann leckte er sich mit der gespaltenen Zunge über die blassen Lippen. Eine dünne Blutspur zog eine schmale, rote Linie über die fahle Haut. Und zum zweiten Male an diesem Tage flüchtete sich der Junge in eine Ohnmacht. „Na, wunderbar.“ maulte Hidan gelangweilt. „Dornröschen, Teil zwei… Hat der Bengel die Fallsucht, oder was?“ „Er hat eine kleine, aber tiefe Wunde auf der Zunge. Blutet aber kaum.“ murmelte Kakuzu abwesend. Er bette den Bewusstlosen notdürftig auf den Boden, und betrat etwas ratlos das Laboratorium. Es war überraschend sauber und ordentlich in diesem Raum, der viel größer war, als die verdreckte Wohnstube. Doch was sollte man aus diesem Wust an Standgefäßen, Einmachgläsern, Geräten und Instrumenten mitnehmen? Kakuzus Blick fiel auf eine kleine Tasche. Es schien eine Art Notfallkoffer zu sein. Spritzen, ein paar Lösungen und Pillen flogen dort herum, Skalpelle und Verbandszeug, sowie einige wohlbekannte, obligatorische Geräte zur Untersuchung eines Patienten. Damit konnte man schon mal nichts falsch machen. Sollte der Knirps, insofern er bald wieder erwachte, den Uchiha zu Gesicht bekommen, und eine Diagnose stellen, konnte man immer noch Zetsu und Sasori schicken, um die erforderlichen Gegenstände ins Hauptquartier zu schaffen. Er griff nach der Tasche, und kehrte zu seinem Partner zurück, der sich inzwischen grinsend neugierig über den komatösen Bengel gebeugt hatte. „Schau mal, was ich zwischen der Wäsche gefunden habe!“ Er winkte seinem Kollegen mit einem blaukarierten BH entgegen. „Entweder ist der Milchbubi doch nicht schwul, oder er ist ne Transe… Egal, ob das Teilchen ihm gehört oder seiner Trulla – Geschmack hat keiner von beiden.“ „Schmeiß das Ding weg, und lass uns von hier verschwinden.“ „Von mir aus. Du nimmst den Rucksack, und ich trage den Pimpf?“ „Wenn es dich glücklich macht…“ Hidan grinste zur Antwort, lud sich den schmächtigen Doku auf die Schultern, und schlug mit der flachen Hand auf seinen Hintern. „Yeeee-hah! Auf geht´s! Bloß raus aus diesem Siff! Wenn ich so was, wie DAS hier sehe, weiß ich erst unser Hauptquartier richtig zu schätzen!“ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)