Delilah – Die Liebe einer Wölfin von Darklover ================================================================================ Kapitel 28: 28. Kapitel ----------------------- "Willkommen Zuhause." Dean schenkte ihr ein Lächeln und stellte den Motor ab, machte aber keinerlei Anstalten auszusteigen, ebenso wenig wie Delilah. Stattdessen blickten sie beide auf die beleuchtete Veranda und das Licht, das durch das Glas der Haustür fiel. Bei seinen Worten kam ihr unwillkürlich der Gedanke, ob das hier wirklich eines Tages ihr Zuhause sein könnte. Im Moment allerdings fühlte es sich nicht so an. Zu viele negative Gedanken und Gefühle hingen an diesem Anblick. Sie hatte sogar Angst, das Haus zu betreten. "Nervös?", riet ihr Begleiter nur allzu richtig. "Etwas." "Das musst du nicht sein, Deli. Es ist alles für dich vorbereitet. Dir kann jetzt nichts mehr passieren." Er berührte zart ihre Wange, streichelte darüber und blieb an ihrem Kinn hängen, bis er sie dazu brachte, nicht das Haus sondern ihn anzusehen. Sein Blick war ernst und weich zugleich. Sie wusste, dass sie sich auf ihn verlassen konnte, aber die Angst blieb trotzdem. "Keine Angst, dich erwartet da drin keine Überraschungsparty oder so etwas in der Art. Ich werde dich auf dein Zimmer bringen, dir noch etwas zu essen holen, falls du hunger hast und dir bis zum Schlafengehen noch auf die Nerven gehen. Das ist alles." Nun entlockte er ihr doch ein kleines Lächeln. "Das ist aber eine ganze Menge. Ob ich das schon packe?" Sie ergriff seine Hand und drückte sie leicht. "Ich werde mich so gut es geht zurückhalten – versprochen. Und jetzt komm, oder willst du im Auto übernachten?" "Nein. Eigentlich nicht." Gezwungenermaßen ließ sie Deans Hand los, damit er aussteigen und ihre wenigen Sachen aus dem Kofferraum holen konnte. Derweil stieg sie langsam und vorsichtig selbst aus dem Wagen, da ihr bei der kleinsten Bewegung noch alle Knochen wehtaten. Delilah kam keine zwei Schritte weit, da wurde sie auch schon von Dean zurückgehalten. "Young hat gesagt, du sollst dich schonen und was machst du? Du läufst bei der erstbesten Gelegenheit herum." Jetzt klang er sauer, was sie völlig übertrieben fand. "Bettruhe, Dean. Das heißt aber nicht, dass ich nicht selbst zu besagtem Bett gehen darf. Immerhin hat er mir auch die Erlaubnis gegeben, alleine und ohne Hilfe zu duschen, wenn es für mich nicht zu anstrengend ist. Er hat nicht gesagt, dass ich mich gar nicht mehr bewegen darf." Dean schnaubte bloß auf ihre Erklärung hin, hängte sich ihre kleine Reisetasche um die Schultern und hob sie dann mit einer einzigen geschmeidigen Bewegung auf die Arme. "Egal. Die Treppe gehst du trotzdem nicht von selbst rauf." Der Werwolf hatte gesprochen. Delilah fühlte sich nicht fit genug, um Dean konter zu geben, also ließ sie es zu, dass er sie ins Haus und die Treppe zu ihrem Zimmer hochtrug. Dabei erwartete sie fast, einem der anderen McKenzies über den Weg zu laufen, doch obwohl überall Licht brannte, war niemand zu sehen. Sie registrierte es mit einer Mischung aus Enttäuschung und Erleichterung zugleich und versuchte erst gar nicht herauszufinden, was davon ihr lieber gewesen wäre. Stattdessen ließ sie sich von Dean gleich ins Badezimmer tragen und scheuchte ihn danach sofort hinaus. Es gab schließlich Dinge, bei denen er wirklich nicht anwesend sein musste. Ihre Sachen warf sie in den Wäschekorb, ehe sie langsam unter die Dusche trat und das Gefühl genoss, endlich ihre Haare waschen zu können, nachdem sie darauf die letzten Tage wie auch auf eine anständige Dusche hatte verzichten müssen. Alles was ihr zur Verfügung gestanden hatte, war eine Schüssel voll warmen Wassers, Seife und ein Lappen. Das reichte zwar völlig für die tägliche Körperpflege aus, aber auf Dauer wäre das nichts für sie gewesen. Zudem musste sie unter der Dusche nicht das Blut an sich sehen, das daraufhin deutete, wie verletzlich sie noch war und dass es noch ein paar Tage dauern würde, bis es ihr wieder vollkommen gut ging. Der Anblick der Monatsbinden reichte ihr schon vollkommen aus, obwohl es wesentlich weniger Blut war, als wenn sie ihre Tage gehabt hätte. Dennoch vergaß sie nicht, wofür es stand. Delilah ließ sich Zeit, aber nicht zu viel, damit Dean nicht unnötig in Panik geriet. Also verließ sie die angenehme Wärme, hüllte sich in ein großes Badetuch und betrat ihr Zimmer mit tropfenden Haaren. "Besser?" Dean saß im Schneidersitz auf ihrem Bett und ließ sie keine Sekunde lang aus den Augen, während Delilah zu ihrem Kleiderschrank hinüber ging. "Ja, viel besser und wie du siehst, stehe ich noch, also hatte ich Recht." Sie zog die beiden Schranktüren auf und stutzte überrascht. Das waren nicht ihre Klamotten. Zumindest gehörte davon nur ungefähr ein Neuntel ihr. Den Rest davon hatte sie noch nie im Leben gesehen und wo vorher noch viel zu viel Platz gewesen war, da ihre wenigen Sachen nicht besonders viel Stauraum gebraucht hatten, war nun jeder freie Quadratzentimeter mit verschiedenen Stoffen belegt. "Was. Ist. Das?" Delilah zog ein weißes, mit feinster Spitze besetztes Kleidungsstück hervor und wusste nicht genau, was für ein Material sie da zwischen den Fingern hielt. Fühlte sich wie Seide an, aber das konnte doch nicht- "Sieht wie ein Nachthemd aus.", stellte Dean überflüssigerweise fest. Sie drehte sich zu ihm herum, immer noch völlig überrumpelt. "Ich meinte nicht das Nachthemd. Ich meine: Wem gehören diese Sachen?" "Naja, dir, wenn sie dir gefallen." "Mir?" Ihre Stimme wurde immer leiser, während ihre Augen immer größer wurden. Dean stand mit einem zufriedenen Lächeln auf und kam zu ihr herüber. Er strich über ihren nackten Rücken, während er sie wieder herumdrehte, damit sie den Inhalt ihres Kleiderschranks noch einmal eingehender betrachten konnte. "Weißt du, als ich dir ein paar Sachen für die Klinik geholt habe, fiel mir auf, wie wenig Kleidung du eigentlich besitzt und dass das Meiste davon schon bald viel zu klein für dich sein würde, selbst wenn du in den nächsten Wochen nur minimal zunimmst. Außerdem habe ich kaum bequeme Sachen gefunden, die du im Bett oder eben in nächster Zeit im Haus tragen kannst, also haben J und ich beschlossen, etwas für dich zu kaufen, damit du dir darüber keine unnötigen Sorgen machen musst. Hier zum Beispiel-" Er zeigte auf einen Stapel weiter oben. "Die Sachen sind für das letzte Trimester, aber natürlich können wir zwischendurch noch ein paar Mal einkaufen gehen, wenn du sonst noch etwas brauchst. Ich weiß ja nicht, wie sehr du dich verändern wirst. Das ist alles einfach nur schon mal für den Fall der Fälle, verstehst du?" Delilahs Hände zerknitterten sicher das seidene Nachthemd zwischen ihren Fingern, während sie immer noch den letzten Stapel ganz weit oben anstarrte und keinen Ton über ihre bebenden Lippen brachte. "Oh, warte! Das Beste habe ich ja völlig vergessen!" Dean ging in die Hocke und zog eine der drei großen Schubladen auf, in denen sich wohl noch weitere Sachen befanden. "Tadaa!" Mit strahlendem Gesicht hielt er ihr einen hellgrünen Strampler entgegen, auf dessen Brust ein weißes Kaninchen bestickt war. Delilah sah ihn sich ein paar Sekunden lang an, ehe ihre Knie endgültig weich wurden und sie sich langsam an Dean gestützt zu Boden sinken ließ. Danach schlang sie ihre Arme fest um seinen Hals, drückte ihren Kopf an seine Brust und begann hemmungslos zu weinen. Sie kam zunächst nicht einmal dazu, sich zu erklären. "Beinahe… Oh Gott, beinahe hätten wir…" Ein weiteres Schluchzen schüttelte sie. "Beinahe hätten wir es verloren, Dean. Unser Baby… Ich…" "Schsch… Schon gut, Deli. Ich weiß." Dean begann sie in seinen Armen zu wiegen, sie zu streicheln und zu trösten, obwohl ihre Reaktion ihn völlig überrumpelt zu haben schien, genauso wie er sie mit dieser liebevollen Geste. "Es ist alles gut. Dem Baby geht es gut. Es ist in Ordnung." Er sprach unablässig weiter zu ihr, streichelte sie, hielt sie fest und schenkte ihr seine Wärme, dennoch brauchte es lange, bis das Zittern ihres Körpers und die Weinkrämpfe nachließen. Bis der Schock - fast ihr Kind verloren zu haben - sich wieder etwas zu legen begann. Aber es würde noch lange nicht gut sein. Diese Wunde würde am längsten von allen für die Heilung brauchen. Das spürte sie, doch zumindest für den Moment hatte es geholfen. "Danke, Dean." Delilah wischte sich die Augen mit einem Zipfel ihres Handtuchs trocken und wollte aufstehen, doch ihre Beine waren dafür viel zu wackelig. "Warte, ich helfe dir." Das tat er doch immer, nicht wahr? Dean hob sie vom Boden hoch und setzte sie aufs Bett, danach holte er ihr das seidene Nachthemd, doch bevor sie es sich überzog, kramte sie in der kleinen Reisetasche nach einem frischen Slip und einer Binde. Auf keinen Fall wollte sie riskieren, den schönen Stoff zu beflecken. Wieder machte sie Anstalten aufzustehen, doch Dean kam ihr sofort zu Hilfe. Er schlang einen Arm um ihren Rücken und hielt sie aufrecht, während sie in den Slip stieg. Dabei rutschte das Handtuch zu Boden und entblößte all die dunklen Zeichen die an die vergangenen Torturen erinnerten, die ihr Körper hatte erdulden müssen. Dean half ihr auch bei dem Slip und während seine Finger dabei über die grünen und violetten Flecken auf ihrer blassen Haut strichen, fragte sie sich, was er wohl in diesem Augenblick denken mochte. Doch er sagte nichts und auch sein Gesichtsausdruck blieb verschlossen. Dankbar setzte sie sich wieder auf die Matratze und ließ sich von ihm das weiche Nachthemd überziehen. Es war ihr noch etwas zu groß, aber der weibliche Schnitt gefiel ihr, gerade weil er dennoch nicht zu viel von ihr Preisgab. Ziemlich erschöpft ließ sie sich von Dean unter die Bettdecke stecken, doch bevor er auch nur einen halben Schritt vom Bett wegtun konnte, hatte sie seine Hand gepackt und hielt sie so fest sie konnte. "Schläfst du auch hier?" In Delilahs Stimme lag ein Flehen, das sie fast an die Bitte eines kleinen Kindes erinnerte, das sich vor der Dunkelheit fürchtete. Deans Gesichtszüge wurden wieder weicher und er setzte sich kurz zu ihr ans Bett, ehe er sich über sie beugte und ihr einen Kuss auf die Lippen hauchte. "Klar. Was denkst du denn. Ich war schon lange genug auf Deli-Entzug." Er strich ihre verwirrten Haare etwas glatt, ehe er fortfuhr. "Ich muss nur noch den Anderen Bescheid sagen, dass wir da sind und mich fürs Bett fertig machen. Danach komm ich zu dir, versprochen." "Okay… Danke." Sie ließ zögerlich seine Hand los. "Aber bitte beeil dich." Dean schenkte ihr ein Lächeln und stand auf. "Natürlich und jetzt versuch zu schlafen, du siehst müde aus." Delilah nickte zwar und schloss die Augen, während sie darauf wartete, dass Dean das Zimmer verließ, aber sie kämpfte lange mit ihrer Müdigkeit. Lange genug zumindest, um eine Weile später zu hören, wie er das dunkle Zimmer wieder betrat und hinter ihr unter die Bettdecke schlüpfte. Erst als seine Arme sie an seine Brust zogen und sie seinen Kuss in ihrem Nacken spürte, konnte sie endlich beruhigt einschlafen. Am nächsten Morgen wachte Delilah in einem leeren Bett auf. Deans Seite war kühl, als sie mit ihren Händen und immer noch geschlossenen Augen nach ihm tastete. Er musste also schon eine ganze Weile vor ihr aufgestanden sein. Was ihr auch ein flüchtiger Blick auf ihren Wecker bestätigte, der unmöglich schon neun Uhr anzeigen konnte. Sie fühlte sich, als hätte sie noch nicht einmal die Hälfte der vergangenen Zeit geschlafen. Immer noch ziemlich müde, drehte sie sich auf die andere Seite und vergrub ihr Gesicht in dem Kissen, das Dean benutzt hatte. Es roch immer noch nach ihm und das war beruhigend. Sie war sogar fast wieder eingeschlafen, als ein leises Klopfen an ihrer Tür sie hochfahren ließ. "Ja?" Delilah pustete sich ein Strähne aus dem Gesicht und lauschte. "Bist du angezogen?", kam die Frage durch die geschlossene Tür hindurch. Aber das wusste Dean doch, schließlich hatte er ihr gestern höchstpersönlich das teure Nachthemd übergestreift. "Und was wenn nicht? Hilfst du mir dann beim Anziehen?", neckte sie ihn, obwohl ihr noch nicht so recht danach zu Mute war, doch Delilah ging es heute besser, da sie in ihrem eigenen Bett hatte schlafen können und nicht in einem Krankenhausbett, bei dem man vorzugsweise sogar ein Gitter hochklappen konnte. Vor der Tür rührte sich einen Moment lang gar nichts. Dann öffnete sie sich und James kam herein. "Kommt darauf an, ob du dabei Hilfe brauchst." Im Gegensatz zu ihr meinte er das vollkommen ernst, auch wenn er dazu erst einmal das riesige Tablett abstellen müsste, um seine Hände frei zu haben. Delilahs Herz machte einen Sprung, als sie ihren Irrtum erkannte. Sofort setzte sie sich kerzengerade auf und zog sogar die Decke ein gutes Stück höher. Allerdings nicht aus Schamgefühl. Sie hatte einfach wirklich nicht mit ihm gerechnet. "James, ich…", begann sie sinnlos zu stammeln, ohne eigentlich genau zu wissen, was sie ihm sagen wollte, doch er nahm ihr diese Entscheidung ohnehin von sich aus ab. "Ich bringe dir nur dein Frühstück und verschwinde dann auch gleich wieder." Er stellte das vollbeladene Tablett zu ihren Füßen ab, überflog noch einmal die vielen angerichteten Schätze und richtete anschließend seinen Blick zum ersten Mal auf Delilah. Sofort schlug ihr Herz noch heftiger und sie hatte das Gefühl, als würde plötzlich ein Elefant auf ihrer Brust ein Schläfchen halten. Sie konnte noch nicht einmal richtig atmen. Oh Gott, er sah schlimmer aus, als Dean ihr erzählt hatte. Der Glanz war aus seinen goldenen Augen verschwunden, die matt und müde wirkten, untermalt von dunklen Ringen. Seine Haut war fahl, obwohl er immer noch gebräunt war. Selbst seine Haare schienen nur noch traurig von seinem Kopf zu hängen und nicht mehr die Kraft aufzubringen, auch nur in irgendeine Richtung abzustehen, so wie früher. Aber das Schlimmste war wohl der harte Zug um seine Mundwinkel. "Delilah?" Er wedelte mit einer Hand vor ihren Augen, um wieder ihre Aufmerksamkeit zu erlangen. "Was?", erschrocken sah sie ihn an, wollte ihm zugleich so viel sagen und war doch viel zu bestürzt dazu. "Ich habe dich gefragt, ob du sonst noch etwas brauchst. Irgendwelche Vorlieben, Gelüste oder sonstigen Wünsche das Essen betreffend?" Sie riss sich nur äußerst schwer von James' Anblick los, um sich die Auswahl auf dem Tablett flüchtig anzusehen, ohne wirklich etwas wahrzunehmen. Auf seine Frage hin schüttelte sie nur schwach den Kopf. "Gut." James drehte sich um und machte Anstalten zu gehen, etwas das sie endgültig aus ihrer Starre riss. "Warte, geh nicht!" Delilah sprang beinahe aus dem Bett und die kleinen Schüsselchen und Kännchen auf dem Tablett klimperten gefährlich laut aneinander. James blieb stehen, mit der Hand auf dem Türknauf. Allerdings drehte er sich nicht zu ihr herum. Delilah wusste, dass sie nur wenige Sekunden Zeit hatte, bevor er endgültig den Raum verlassen würde. Darin schien er mehr als entschlossen zu sein und bei Gott, sie konnte es ihm voll und ganz nachempfinden. Auch für sie war die Situation mehr als nur unangenehm, aber sie hatte nicht vor, dass es so blieb. Irgendjemand musste den ersten Schritt tun und in ihren Augen hatte das James gerade getan. Warum sonst sollte er bereit sein, ihr Frühstück zu machen und auch selbst zu bringen? "Wir müssen reden.", wagte sie den Anfang, was ihr enorm viel Mut abverlangte. Denn zu reden würde weh tun, oh ja und wie weh es tun würde. Nicht nur ihr, sondern auch ihm. James entkam ein schweres Seufzen, während seine Hand vom Türknauf rutschte. "Müssen wir?" Er klang wahnsinnig müde. "Ja, das müssen wir." Sie selbst konnte die Vorsicht und das Zittern nicht aus ihrer Stimme verbannen. James strich durch sein mattes Haar und brachte es nur kurzweilig so durcheinander, wie er es sonst immer getragen hatte. Die Spannkraft schien nicht nur seinen Haaren sondern seiner ganzen Bewegung zu fehlen. Es war nur zu offensichtlich, dass ihm für das hier die Kraft fehlte, darum überraschten sie seine Worte auch nicht wirklich. "Und wenn ich keine besondere Lust habe, zu reden?" "Dann hör einfach nur zu." Delilah fasste all ihren Mut zusammen und versuchte dabei den Elefanten auf ihrer Brust zu ignorieren, obwohl dieser immer schwerer zu werden schien. "Es tut mir leid, wie das Ganze gelaufen ist. Wenn ich auch nur irgendetwas davon ungeschehen machen könnte, dann würde ich es tun, doch das kann ich nicht. Aber ich will mich bei dir dafür entschuldigen, wie ich dich behandelt habe." Delilah senkte den Blick auf ihre zitternden Finger, welche die Bettdecke fest umklammert hielten und fast zu zerreißen drohten. Es tat wirklich entsetzlich weh, diese schrecklichen Stunden noch einmal vor ihrem inneren Auge zu erleben. Wie sie mit diesem Miststück gekämpft und danach mit James gestritten hatte. Diese alles verschlingende Angst über die ungewisse Zukunft ihres Kindes… "Ich… Ich hätte dir schon sehr viel früher von der Schwangerschaft erzählen müssen. Es tut mir so wahnsinnig leid, wie du am Ende davon erfahren hast…" "Warum?" "Was?" Delilah sah überrascht hoch. Immerhin hatte sie nicht damit gerechnet, dass James überhaupt etwas sagen würde. Inzwischen hatte er sich sogar halb zu ihr herumgedreht, wich ihrem Blick jedoch vollkommen aus. "Warum hast du mir nicht schon eher etwas von der Schwangerschaft gesagt? Und warum hast du es D erzählt und mir verschwiegen?" Der Ausdruck seiner Augen wurde mit jedem Wort, das er in dieser tonlosen Art und Weise sagte, dunkler und wilder. "Du… Du warst oft nicht da und ich wollte es dir auch nicht einfach so bei der Arbeit hinwerfen-" Ein leises aber deutlich vernehmbares Knacken zog ihre Aufmerksamkeit auf James' geballte Faust, keine Sekunde später lag der stechende Geruch von Wut in der Luft. Delilah verstummte auf der Stelle. "Dafür hat Dean es mir ins Gesicht geschrien. Die Alternative dazu wäre mir bei weitem lieber gewesen." "I-Ich weiß…" Sie flüsterte es nur und fühlte sich dabei noch elender als ohnehin schon. Denn es gab nun einmal keine Worte dafür, wie sehr ihr das alles leid tat. Zumindest keine, die James im Augenblick irgendwie weitergeholfen hätten. "Wenn du das wusstest, wieso hast du es mir nicht einfach früher erzählt? Vor der Zeit mit Nadine. Bevor du was mit meinem Bruder angefangen hast. Wieso zum Teufel noch mal, hast du es mir nicht einfach zu dem Zeitpunkt gesagt, als ich dich gefragt habe, was dich so bekümmert?" Jetzt wurde er laut und zum ersten Mal konnte sie wieder so etwas wie ein Gefühl in seiner Stimme erkennen, zudem hatte er sich nun endgültig zu ihr herumgedreht und schaute sie direkt mit lodernden Augen an. Es war verdammt schwer, nicht wegzusehen oder sich von seinen Gefühlen nicht mitreißen zu lassen. Denn auch in ihr gab es genug Wut, die sie ihm hätte entgegen schleudern können, doch stattdessen gestand sie ihm eine einfache aber schwer aussprechbare Wahrheit: "Ich hatte Angst, okay? Ich hatte Angst, dass ihr mir dann nicht mehr helfen würdet. Dass ihr mich einfach vor die Tür setzt und mit dem Baby allein lassen würdet! Ich hätte einfach nicht gewusst, was ich dann hätte tun sollen und ich wüsste es auch jetzt nicht." "Du hättest uns einfach vertrauen können. Immerhin haben wir dir schon einmal das Leben gerettet!" Aus seinem Mund klang es so einfach, doch das war es ganz und gar nicht für Delilah, weshalb sie nur den Kopf schüttelte. "Nein, James. Das kann ich nicht. Denn jede Person auf der Welt der ich bisher vertraut habe, hat mich früher oder später verlassen. Ich kann nicht vertrauen, verstehst du? Ich kann es einfach nicht!" Langsam, wirklich nur sehr langsam verflüchtigten sich der Geruch von Wut und die Anspannung aus der Luft, doch der Nachgeschmack war äußerst bitter. James drehte sich wieder herum und öffnete die Tür, hielt jedoch noch einmal inne: "Ja, Delilah. Inzwischen versteh ich dich nur allzu gut." Leise schloss er die Tür hinter sich und ließ sie mit seinen Worten alleine. Sie hatte nicht geahnt, wie tief sie ihn verletzt hatte. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)