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100 Songs - Zwei Seelen, hundert Lieder

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001 – Learn to be lonely

Es war dunkel. Immerzu dunkel. Wohin er auch blickte, nichts als tiefe Schwärze.

Er schlang die Arme um seine angezogenen Beine, legte seinen Kopf auf die Knie. Zumindest dachte er, daß er Arme und Beine und auch einen Kopf haben mußte. Sehen konnte er sie nicht. Manchmal fragte er sich, ob es hier wirklich kein Licht gab. Dann stand er auf und irrte endlos umher. Er fand kein Licht, doch er fand auch keine Wände, keinen Ausgang, so sehr er sich auch bemühte. Hier war nur das Nichts.

Er fragte sich, ob er nur blind war, wünschte es sich, doch er wußte, daß er nicht blind war, er war auch nicht taub. Es gab hier nur weder Licht noch Geräusche. Nur fühlen konnte er noch etwas und damit erfühlte er diese seltsamen Dinge, die seine Körperteile sein mußten.

Aber was ergaben diese Teile, wenn man sie zusammennahm? Wie sahen sie wirklich aus? Doch er spürte nichts als Haut und Härchen, ab und an auch einen Knochen unter der Haut. Er trug keinen Fetzen am Leib, das hatte er schon ganz zu Anfang festgestellt. Nicht, daß es etwas ausmachte. Schließlich sah ihn niemand und er fror auch nicht. Doch richtig warm war ihm auch nicht. Es war ein merkwürdiger Zustand und er verstand ihn nicht. Er wußte nicht, wie er hierhergekommen war, er konnte sich an rein gar nichts erinnern, nicht mal an seinen eigenen Namen!

Er dachte, er müßte ein Mensch sein, doch Menschen hatten immer einen Namen, nicht wahr? Was war denn ein Mensch ohne Name? Gar nichts, nicht mehr als ein Schatten. Genau das, was er war. Ein Schatten in einem Meer der Finsternis.

Es schmerzte so sehr! Es schmerzte, hier zu sein, so weit fort vom Licht, vom lebensspendenden, warmen, sanften Licht. Das Herz wurde ihm schwer, denn er hatte das Gefühl, daß er einmal im Licht gewesen war. Es hatte ihn umschlungen, gehalten, gewärmt und es war wichtig gewesen für ihn.

Doch es war fort, nicht mal mehr eine Erinnerung war geblieben, nur der Wunsch danach, das Sehnen danach, daß es ihm einmal vergönnt gewesen war.

Doch er war nur ein einsamer Schatten, verbannt für ein Verbrechen, das er nicht mal benennen konnte. Er hatte doch ein Verbrechen begangen, oder? Warum sonst würde er hier existieren, hier, wo es nichts gab als seine eigenen, quälenden Gedanken? Würde es jemals enden?

Da war niemand, der ihm helfen konnte.

Er lächelte bitter, dann lachte er, als er es begriff. Es würde niemals enden! Er würde für immer allein sein, abgeschnitten von allem, während sein Herz zerriß und seine Gedanken um Hilfe schrien. Auch wenn er nichts hörte, sein Körper dröhnte von seinem eigenen irrsinnigen Gelächter wieder, bis er nicht mehr konnte. Dann saß er wieder still da, bereit für die Ewigkeit, mit tränenden Augen und einem Lächeln auf seinen Lippen. Dann gab es eben nichts anderes mehr für ihn! Er würde schon zurechtkommen! Und während der Schmerz in seiner Brust, immer stärker wurde, schloß er die Augen und gab sich seiner einzigen Erlsöung, dem Wahnsinn, hin. Die Finsternis umhüllte ihn und er spürte nicht mal mehr, wie seine Haut sich mit Raureif überzog.

068 - Here Comes the Sun (Fortsetzung von 001)

Er hat nicht mehr gedacht, daß er jemals noch etwas sehen würde. Die Hoffnung hat er schon vor langer Zeit verloren. Doch als die Eiskristalle von seiner Haut abspringen, öffnet er seit langer Zeit seine Augen und ist geblendet. Es schmerzt ihn noch tief im Kopf und doch heißt er das Licht willkommen. Die Sonne... Sie war endlich zu ihm gekommen.

Mühselig quält er sich auf seine dünnen Füße und taumelt in das Licht. Es strahlt und glänzt und er streckt die Hand danach aus, spürt zum ersten Mal seit dem Anbeginn seiner Gefangenschaft wieder echte Wärme. Es ist nur ein bißchen Licht, das in sein Gefängnis fällt, doch es ist da und er liebt und verehrt es. Es dauert lange, aber immer wieder wird es ein Stückchen heller und er weint Tränen der Glückseligkeit, stumm, denn er traut seiner Stimme nicht. Er will die Schönheit des Lichtes nicht mit Geräuschen verunreinigen.

Eines Tages plötzlich wird er von Wärme und Licht nur so umschlossen. Er spürt Leitersprossen unter seinen knochigen Fingern und Zehen. So schwach er auch ist, er hebt die Hand, fühlt die nächste Sproße und zieht sich empor. Er keucht vor Anstrengung und Schweiß perlt über seinen Rücken, das Eis nur noch eine blasse Erinnerung. Es dauert lange, bis er endlich etwas sehen kann. Er sieht zahllose Türen, Wände aus dickem Sandstein und Treppen, die über Kopf stehen. Er ist glücklich, doch er fühlt, er muß weiter klettern. Da ist noch mehr!
 

So müde er auch ist, er gibt nicht auf, seine Muskeln protestieren, seine Lunge schmerzt, aber er gibt nicht auf. Er weiß, das kann er einfach nicht. So ist er nicht gemacht.

Und am Ende aller Anstrengung ist er endlich ganz oben angekommen. Ein Zimmer, das erkennt er, darin ist er, doch wie es eingerichtet ist, das ist ihm völlig fremd. Merkwürdige Gerätschaften liegen in der Gegend herum und auf Regalen stehen absonderliche Schachteln senkrecht, auf denen in einer ihm völlig fremden Schrift etwas steht.

Dann sieht er den Thron, der komischerweise dem Fenster zugewandt ist, und darauf sitzt jemand. Voller Ehrfurcht tritt er näher und zuckt zurück, als er des hübschen Jungen ansichtig wird, der dort sitzt. Er schämt sich, will sich für seine Blasphemie entschuldigen, da merkt er, daß der Gott vor ihm schläft. Dessen Augen sind geschlossen und der Kopf ist zur Seite gesunken. Der Brustkorb hebt und senkt sich, darauf liegt das Lot. Das Lot! Er erkennt es wieder, doch er versteht nicht. Noch nicht.
 

Doch noch im Schlaf strahlt sein Retter eine solche Wärme und Sanftheit aus, ein so helles Licht... Er sinkt neben dem Thron auf die Knie und dankt dem kleinen Lichtgott, dem hübschen Sohn des Ra, für dessen Güte und Gnädigkeit, ihn befreit zu haben. Ihn, einen Verbrecher, ein grausames Tier und doch hat dieser wundervolle Gott ihm eine zweite Möglichkeit gegeben, zu leben, zu sühnen. Er weint wieder und seine materielosen Tränen fallen auf die Hand des kleinen Lichtgottes. Eine Hand, die mit blauen Flecken übersät ist.

Er hält inne in seinem Dankesgebet, hebt den Kopf, legt diesen leicht schief. Jetzt sieht er die Male im Gesicht seines gnädigen Befreiers und er fühlt, wie unglücklich dieser ist.

Heiße Wut, tief in ihm, läßt ihn erzittern. Jemand hat dem wunderbaren Lichtgott Schmerzen zugefügt! Jemand hat das rundliche Kindergesicht mit brutaler Gewalt verunstaltet.
 

Ein heiseres Knurren kommt aus seiner Kehle. Er verspürt den Drang, den Gotteslästerer zu finden und zu bestrafen. Seine Wut kann nur noch durch zerschmetterte Körper und fließendes Blut gestillt werden. Er folgt dem Gefühl, findet sich in den Gedanken seines Erlösers wieder. Wissen stürzt auf ihn ein, unzählige Bilder, Fakten, Gefühle! Er heißt jedes einzelne willkommen, saugt sie auf wie eine Blume das Wasser nach langer Dürre, nach einer Ewigkeit ohne einen Reiz, ohne Wissen.

Bald versteht er, daß die seltsamen Schachteln Bücher sind und er kann lesen, was auf ihren Rücken steht. Er weiß jetzt, was ein Fernseher ist, wie man ein Feuerzeug benutzt, daß er den Verursacher des Schmerzes in der Schule finden wird und daß dieser Ushio heißt.
 

Doch so kann er nicht gehen! Er hat keinen Leib und ohne Leib kann er Ushio nicht zerfetzen. Er ballt seine kräftige Hand, er konzentriert sich, Kleidung erscheint an ihm, Kleidung wie sie der kleine Lichtgott trägt. Doch das ist nicht genug. Er braucht Fleisch. Er fühlt ein neuerliches Ziehen und er folgt ihm, stößt vorwärts. Als er die Augen öffnet, keucht er überrascht, muß husten. Er hat ewig nicht mehr richtige Luft atmen müssen! Er hört den süßen Trommelschlag eines Herzens, er spürt die Wärme von lebendigem Fleisch. Er ist im kleinen Lichtgott! Dieser hat ihn erhört, hat ihm seinen Körper für eine Weile überlassen.
 

Glücklich steht er auf, geht ein paar Schritte. Ja, dieser Körper ist wie für ihn geschaffen.

Er dankt der sanften Seele, die jetzt in ihm schläft, geborgen vor allem Bösem. Vor dem Bösen, das er gleich begehen wird. Er ist kein guter Mensch, er ist ein schlimmer Verbrecher, ein Sünder, doch er verehrt seinen schönen Lichtgott und er wird ihm zeigen, wie sehr. Er wird ihm seine ganze Dankbarkeit beweisen.
 

Er öffnet das Fenster, kühle, würzige Nachtluft strömt in seine Lungen. Er ist nur ein Tier, aber er wird seinen Herrn stolz machen! Mit diesem Gedanken springt er wie ein Löwe aus dem Fenster.



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Kommentare zu dieser Fanfic (3)

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Von:  -Pharao-Atemu-
2017-03-17T12:16:36+00:00 17.03.2017 13:16
Ich bin... gerührt. Es klingt so schön, so traurig... ich mag es sehr.
Von:  Anuugi
2012-05-26T14:26:26+00:00 26.05.2012 16:26
Einfach nur Süß.
So Süß und wunderbar geschrieben.
der Schmerz, die Freude, die Ehrfurcht welche er verspürt als er geblendet wird, er dem licht folgt und dann auf Yuugi trifft.
Er hält ihn für den Sonnen Gott das ist einfach nur wunderschön. So wie du es schreibst man merkt wie wichtig Yuugi ihm vom ersten Augenblick an ist denn er hat ihn erlöst. Viel besser kann man nun auch verstehen warum Yami in den ersten staffeln (0-1) so kaltherzig war zu allen außer Yuugi. er wollte ihn vor allem beschützen.
Sein licht, seinen kleinen Sonnengott glücklich machen.
Es ist einfach wunder wunder schön und ich danke dir unheimlich für diese diese 2 wunderschönen Kapitel.
Du weist ich liebe deine Geschichten und ich würde alles tun um mehr von dir zu lesen.
Du schreibst so realistisch das es einem den Atem raubt.

könnte man Noten geben wäre es eine 1 mit *.
XD
ich nehme sie zu den favos und freue mich auf folgende Kapitel.
Ich hab dich lieb.. sehr lieb feil
*Knuddel*

Dein kleines Anuugi
Von:  Anuugi
2012-05-26T13:43:02+00:00 26.05.2012 15:43
Man macht sich wahrscheinlich nie darüber Gedanken, wie es gewesen sein muss für Yami, all diese Jahrtausende im Puzzle eingesperrt zu sein.Ich selbst wäre schon nach ein oder 2 tagen wahnsinnig geworden denn es ist einfach beängstigend ohne liebe, wärme, licht und Hoffnung leben oder existieren zu müssen.
du hast es getan und hier an dieser stelle beängstigend gut und realistisch wieder gegeben.
Es ist kaum zu glauben wie verletzlich der starke Pharao doch auch ist.
Seine Nacktheit unterstreicht dies noch ist er doch schutzlos allem ausgeliefert. Wenn ich das lese möchte ich ihn nur in die Arme nehmen, ihn drücken und zeigen das er nicht alleine ist denn so etwas, wünscht man wirklich keinem. Aber... zum Glück wissen wir ja alle das Der gute sein licht, seine wärme doch noch findet.
Oder... findet es ihn?

Wirklich wunderschön geschrieben feli. Wunderschön und ich danke dir sehr für diesen ersten teil deines Geschenkes. Den zweiten lese ich sofort und ich habe so eine Ahnung, eine Hoffnung, das er dort das licht, sein licht findet.
Ich mache mich gleich einmal ans lesen und natürlich gibt es auch dort ein Kommi.


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