Finera - Dawn of the Dark von Kalliope ================================================================================ Kapitel 8: Ein Flug mit Turbulenzen ----------------------------------- 2. Oktober - Summer - „Ich habe mir das Flugzeug irgendwie … größer vorgestellt.“ Summer stellte ihren großen Reiserucksack auf dem Rollfeld ab, während ihre Mutter ein paar Worte mit dem Piloten wechselte, der für die gleiche Gesellschaft flog wie Faith. Die beiden lachten, redeten über das Wetter und den neuen Flughafen von Illumina City. Mit dem Projekt, das die verschiedenen Regionen verkehrstechnisch stärker miteinander verband, hatten sich auch die regionstypischen Pokémon über die Grenzen ihrer Regionen hinweg verbreitet, aber das Ziel, dass es alle Arten in allen Regionen gab, war noch lange nicht erreicht. „Wozu brauchen wir ein riesiges Flugzeug, wenn die kleine Maschine die wenigen Passagiere sicher von Finera nach Kalos bringt?“, merkte Henry an. Auch er hatte einen Reiserucksack gepackt und der Pokéball von seinem Nachtara hing wie immer lässig am Gürtel. „Faith hat uns doch schon erklärt, dass das hier nur eine wenig ausgelastete Route ist, weil nicht viele neue Besucher nach Finera kommen und gehen. Schade, dabei ist unsere Region so schön.“ „Und hier gibt es die beste Pizza!“ Summer zwinkerte ihrem Begleiter grinsend zu. Am Tag nach Rains Abgang hatte sie sich lange mit Henry unterhalten und ihn davon überzeugt, dass er sie in den ersten Wochen in Kalos begleiten sollte. Ihre Zwillingsschwester hörte zwar nicht auf sie, aber Henrys Worten würde sie bestimmt Glauben schenken, wenn er ihr sagte, dass sie zurück nach Hause kommen und den Trainer-Quatsch lassen sollte. Nun, jedenfalls war Summer davon überzeugt, dass es in Bezug auf Rain Quatsch war, denn ihre Schwester hatte sich bisher nie mit Karpador beschäftigt und passte besser in jede Unibibliothek als in die Arenen. Der Pilot klopfte ihrer Mutter noch einmal auf die Schulter, dann wandte er sich an seine Passagiere. „Wir wären dann soweit.“ Über eine fahrbare Treppe mit Rollen konnten sie ins Innere der Maschine steigen. Da es keine festen Sitzplatznummern gab, suchte Summer sich einen Fensterplatz ganz vorne, neben ihr nahm Henry Platz. Außer ihnen gab es noch einige andere Passagiere, aber ein paar Plätze blieben frei. „Passt gut auf euch auf!“ „Ja doch, Mom.“ „Und melde dich jeden Abend, Summer. Henry, lass dich nicht von ihr ärgern.“ „Mom!“ Faith kicherte, dann trat sie zurück, verschloss von außen die Tür und winkte ihnen von draußen zu. Einige Minuten nachdem der Pilot in sein Cockpit verschwunden war, ertönte knackend seine Stimme aus den Lautsprechern: „Herzlichen Willkommen an Bord der FinAir F772 nach Illumina City. In wenigen Minuten werden wir unsere Startposition einnehmen. Schnallen Sie sich während des Startvorgangs bitte an. Einen Getränke- und Snackautomaten finden sie im hinteren Bereich gegenüber von den Toiletten. Ich wünsche einen angenehmen Flug.“ Dem folgten, während sie in Position rollten, die technischen Daten des Flugzeugs. Als der Pilot das Signal bekam, startete das Flugzeug durch. Summer wurde leicht in den Sitz gedrückt und im nächsten Moment hoben sie auch schon von der Rollbahn ab. Es dauerte nur wenige Augenblicke, dann sah sie den kleinen Flughafen von Honey Island unter sich. Die türkisfarbenen Haare ihrer Mutter stachen ins Auge, wurden immer kleiner. Einzelne Bäume wurden zu einer grünen Fläche, dann kam das Meer und die ganze Insel lag unter ihnen. „Wow.“ „Es ist wunderschön“, bestätigte Henry, der ihr über die Schulter schaute. Sobald sie die Flughöhe erreicht hatten, kramte er aus seinem Rucksack eine Tüte mit gerösteten Nüssen und eine Bento-Box hervor. Fein säuberlich hatte er auf der einen Seite Reis, auf der anderen Gemüse und Soße. Summer holte ebenfalls ihr Frühstück raus, das allerdings weitaus chaotischer zusammengepackt war. „Dein Essen sieht köstlich aus, genau wie im Kochkanal.“ Als sie bemerkte, dass Henry bei dem Kompliment minimal rosafarbene Wangen bekam, zog sie ihn lachend damit auf. „Das muss dir doch nicht peinlich sein, Henry! Du bist der beste Koch, den ich kenne. Kein Wunder, dass du bald dein eigenes Restaurant hast.“ „Mag schon sein, aber deswegen musst du mir das nicht unter die Nase reiben.“ „Was ist daran denn schlimm? Nur, weil dein Bento wie das von einem Mädchen aussieht?“ Sie deutete auf die pinke Box. „Steh ruhig zu deiner femininen Seite.“ „Das ist die einzige Box, die bei euch noch frei war“, knurrte er zurück und widmete sich seinem Essen. Summer erwachte aus ihrem Dämmerschlaf, als der Pilot eine Durchsage machte und der Flieger bereits wackelte. Er sprach von vorübergehenden Turbulenzen aufgrund eines Gewitters und das Lämpchen mit dem Symbol zum Anschnallen blinkte auf. „Wieso hast du mich nicht geweckt?“ Henry drehte sich zu ihr um. „Du hast geschlafen, außerdem sind wir gleich schon wieder durch das Gewitter durch.“ Sie zog eine Grimasse und überprüfte, ob die beiden Pokébälle noch fest an ihrem Gürtel saßen. In der Reihe hinter ihr saß ein junger Mann mit dem Logo einer Sportmannschaft. Sein Gesicht war kreidebleich, fast schon grünlich, und er murmelte vor sich hin, dass Arceus ihm beistehen solle. Kopfschüttelnd schaute Summer aus dem Fenster, als in dem Moment ein Blitz an ihnen vorbeizuckte und das Flugzeug ein Stück nach unten sackte. „Ah!“ Geblendet kniff sie die Augen zusammen, doch das gleißende Licht wollte nicht verschwinden. „Verdammt, ich sehe nichts!“ Wieder sackten sie nach unten. Der Mann hinter ihr schrie auf, als die Atemmasken aus ihren Vorrichtungen fielen und vor ihren Gesichtern baumelten. Von einem angenehmen Sinkflug konnte nicht die Rede sein. Stück um Stück rasten sie der größer werdenden Landschaft entgegen und allmählich bekam auch sie es mit der Panik zu tun. Summer wurde in ihren Sitz gedrückt und griff nach Henrys Arm. „Henry!“, schrie sie mit schriller Stimme und auch er sah auf einmal sehr blass aus. „Meine verehrten Passagiere … es ist alles … unter Kontrolle.“ Die Stimme des Piloten knackte immer wieder, dann konzentrierte er sich. Pause. „Wir befinden uns in Turbulenzen, aber das ist kein Grund zur Sorge.“ „Kein Grund zur Sorge?“, wiederholte Summer und begann zu schwitzen. „Das da hinten am Horizont ist Illumina City oder?“ „Aber wir drehen ab“, fügte Henry hinzu. Unter ihnen kamen die Bäume immer näher und näher, dann drosselte der Pilot das Tempo. Fast schienen sie die Baumspitzen zu streifen, dann stiegen sie wieder ein Stück auf. Ein Blick nach hinten verriet Summer, dass der Mann mit dem Sport-T-Shirt ohnmächtig geworden war. Sie drehte sich zurück nach vorne und krallte sich in den Sitz. Hoffentlich ging alles gut! Nur warum flogen sie so tief? Ein Ruck ging durch die Maschine, dann setzten sie auf einer einsamen Piste auf und wurden nach vorne geschleudert. Rucksäcke flogen durch die Gegend und nur die Sitzgurte hielten die Passagiere zurück. Der Pilot vollführte eine Vollbremsung, brachte sein Flugzeug schlingernd zum Stehen und meldete sich kurz darauf zu Wort. „Wir sind gelandet.“ Er räusperte sich. „Leider mussten wir spontan den Kurs ändern und sind nun in der Nähe von Nouvaria City gelandet. Machen Sie sich keine Sorgen, es besteht eine ausgezeichnete Busverbindung nach Illumina City, die Sie selbstverständlich auf Kosten von FinAir nutzen können. Bitte warten Sie auf weitere Anweisungen.“ Über ihnen tobte noch immer das Gewitter, aber zumindest standen sie auf festem Boden. Summer schaute mit rasendem Herzen hinaus in den strömenden Regen, der in den letzten Minuten immer stärker geworden war. „Nouvaria City liegt in der Nähe von Illumina City oder?“ Henry nickte, sah aber noch immer sehr blass aus. Es dauerte noch eine Weile, bis sie ihre Sachen nehmen konnten. Wie sich herausstellte, gehörte die leere Strecke, auf der sie gelandet waren, zu einem Neubaugebiet, mit dessen Bauarbeiten bald begonnen werden sollte. Einige Bauarbeiter hatten ihre Notlandung gesehen und kamen nun mit Regenschirmen zu ihnen. Der Pilot klärte alles mit dem Tower in Illumina City, dem Bauunternehmer und seinem Chef ab, dann konnten sie gemeinsam das Flugzeug verlassen. Der Weg nach Nouvaria war matschig und mit tiefen Pfützen übersät, aber wenigstens mussten sie nicht länger im Flugzeug ausharren. „Ich werde nie wieder fliegen“, raunte Summer ihrem Begleiter zu, doch der Schock verflog schnell angesichts der neuen, unbekannten Region. Sie war endlich in Kalos! Es konnte nur besser werden. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)