Finera - Dawn of the Dark von Kalliope ================================================================================ Kapitel 11: Der Krabbelorden ---------------------------- 5. Oktober - Summer - Henrys Nachtara gähnte lautlos und machte es sich zu Füßen seines Trainers auf der Tribüne gemütlich. Seine schwarzen Ohren zuckten hin und wieder in verschiedene Richtungen, was darauf schließen ließ, dass es aufmerksam seine Umgebung scannte, doch seine Augen waren geschlossen und der Kopf sanft auf die Vorderpfoten gebettet. Sein Nachtara war stumm und konnte keinen Laut von sich geben, doch Henry wusste trotzdem immer, wie es seinem Pokémon ging. Summer streckte den Daumen ihrer rechten Hand in die Höhe und Henry erwiderte diese Geste, dann drehte sie sich zu der Arenaleiterin Viola um. „Ich bin bereit.“ Der erste Orden aus Kalos sollte ihrer Meinung nach kein Problem sein, immerhin hatte sie in Turfu bereits zwei Orden erkämpft und den gestrigen Tag zum Trainieren genutzt. Ihr Onix mochte zwar nicht so wendig sein, aber es hatte Masse und einen starken Angriff. „Gut, dann fangen wir an.“ Viola besaß zwei Pokémon, genau wie Summer. Ihre erste Wahl war ein Geweiher, das mit nervösen Schritten über Violas Hälfte des Kampffelds huschte und Summer nicht aus den Augen ließ. Diese schickte ihr Onix in den Kampf. Onix baute sich vor dem kleinen Käferpokémon auf, warf seiner Trainerin jedoch einen schüchternen Blick zu, woraufhin diese auf Onix den Daumen hoch zeigte. Summer atmete tief durch, dann begann der Kampf. „Katapult!“ Während Geweiher eine Ladung Blubber direkt in das Gesicht von Onix spritzte, schlug dieses einen Brocken aus dem Boden und schleuderte ihn direkt auf seinen Gegner. Geweiher quietschte und wurde von dem Aufprall über das halbe Kampffeld geschleudert, wo es unter dem Brocken liegen blieb und verzweifelt mit den Beinen in der Luft strampelte. Der Anblick hatte etwas ziemlich Lustiges an sich, sodass Summer grinsen musste. Da Gesteinsattacken gegen Geweiher doppelt effektiv waren, musste es bereits stark geschwächt sein. „Und jetzt beende es mit einem Klammergriff!“ Ihr Onix walzte sich auf den viel kleineren Gegner zu und zerquetschte es förmlich. Noch ein letztes Zucken der Beinchen, dann zog Viola ihr Pokémon mit einem gequälten Gesichtsausdruck zurück und entließ stattdessen ein Vivillon mit pinkem Flügelmuster in die Luft. Vivillon hatte sogar eine Vierfachschwäche gegen Gesteinsattacken. Summer war sich sicher, dass Onix nur einmal mit Katapult einen guten Treffer landen musste und sie dann den Orden in der Tasche hatte. Siegessicher wies sie die Attacke an und sah zu, wie ihr Starter den Schmetterling mühelos auf den Boden pinnte. Mit einem strahlenden Lächeln nahm sie den Krabbelorden entgegen, dann zog sie Onix zurück und marschierte mit erhobenem Kinn zu Henry. „Na, das war ein Spaziergang.“ „Viel zu einfach, hm?“ Henry grinste ebenfalls und tätschelte Nachtaras Kopf, woraufhin sich das Pokémon erhob. „Du hast Onix wirklich gut trainiert, sein Angriff ist stark geworden. Ein Glück, dass du damals auf Rain gehört und ein EV-Training durchgeführt hast.“ „Ja, das stimmt wohl.“ Summers Lächeln verschwand, als sie an ihre Zwillingsschwester dachte. Rain kannte sich mit diesen Dingen immer viel besser aus als sie, wälzte nächtelang Bücher und entwickelte Pläne und Strategien, wie man das Beste aus einem Pokémon herausholen konnte. Wäre es damals nach Summer gegangen, hätte sie sich einfach gegen die nächstbesten Pokémon in den Kampf gestürzt. Was Rain jetzt wohl gerade in Illumina City machte? Als hätte Henry ihre Gedanken erraten, klopfte er ihr tröstend auf die Schulter. „Mach dir keine Sorgen um sie. Rain kommt alleine klar, sie ist schließlich ein ziemlich cleveres Mädchen.“ „Ich mache mir keine Sorgen“, log Summer und winkte das Thema ab. „Lass uns gleich unsere Sachen aus dem Pokémoncenter holen und nach Illumina City aufbrechen. Es ist noch nicht einmal Mittag, wenn wir uns beeilen, können wir die Route 4 bis zum Nachmittag schaffen. Schwester Joy hat erzählt, dass man diese Route auch Parterre-Weg nennt und es dort viele kleine Gärten und einen großen Springbrunnen gibt. Das müssen wir uns unbedingt gleich ansehen.“ Henry folgte ihr aus der Arena, aber Summer dachte gar nicht weiter an die hübsch gestaltete Route, die sie gleich sehen würden. Rain und sie hatten sich nun schon eine ganze Woche nicht mehr gesehen, das war eine Ewigkeit, wenn man bedachte, dass sie früher immer alles gemeinsam gemacht hatten. Schwester Joy hatte ihnen nicht zu viel versprochen; der Parterre-Weg war wunderschön. Überall gab es bunte Blumenfelder mit Flabébé und junge Trainer aus Nouvaria City trainierten dort. „Willst du dir kein Flabébé fangen? Ein Feen-Typ würde dein Team gut ergänzen.“ „Nee.“ Summer verzog das Gesicht. „Guck dir die doch mal an, das passt gar nicht zu mir. Flabébé sind so zerbrechlich.“ „Ich dachte, du willst kein Pokémon nach seinem Aussehen beurteilen?“ Prüfend zog Henry die Augenbrauen hoch, doch als Summer lediglich mit den Schultern zuckte, beließ er es dabei und wechselte das Thema. Am Mittag hatte die Sonne ihren höchsten Stand erreicht und es wurde so heiß, dass sie sich nur noch im Schatten aufhielten und eine Pause einlegten. Der Spätsommer in Honey Island war stets sehr angenehm, da vom Meer immer eine kühlende Brise kam, aber hier schien die Luft zu stehen und beide waren schnell durchgeschwitzt, dabei hatten sie gerade erst den halben Weg hinter sich. Eine Weile saßen sie einfach nur auf dem Boden und aßen ihr Lunchpaket, aber dann hörten sie die Stimmen der Trainer auf der Route, die aufgeregt durcheinander redeten. „Oh mein Gott, ja, sie ist es!“, quietschte ein Mädchen ganz in ihrer Nähe und verschickte hastig einige Nachrichten mit ihrem Comdex. Sie trug einen Minirock, ein modisches, schwarzes Oberteil und darunter trotz der Hitze eine dünne, weiße Bluse mit einer rosafarbenen Schleife. Auf der Route hatten sie schon mehrere dieser Mädchen gesehen und Henry hatte Summer erklärt, dass es sich dabei um eine Trainerklasse namens Göre handelte. „Hey, warum die ganze Aufregung?“ Summer stand auf und schirmte ihren Blick mit der Hand gegen die Sonne ab, als die Göre sich zu ihr umdrehte. „Lebst du hinter’m Mond oder was? Da hinten ist Mila, die Mila.“ Sofort geriet das blonde Mädchen ins Schwärmen. „Sie sieht umwerfend aus. Ich muss mir sofort ein Autogramm von ihr holen!“ Summer verstand nur Bahnhof. „Und wer ist Mila?“ Daraufhin wurde sie von der Göre angeschaut, als hätte sie nicht mehr alle Tassen im Schrank. „Verarsch mich nicht. Du kennst Mila nicht?“ Die Blonde schüttelte den Kopf, wandte sich ab und rannte zu dem Pulk von Trainern, der sich unweit ihres Standortes gebildet hatte. „Kennst du Mila?“ Henry schüttelte ebenso ratlos den Kopf. „Keine Ahnung, wer das sein soll. Lass uns mal zu den anderen gehen, dann wissen wir mehr.“ Gemeinsam näherten sie sich den jungen Trainern, die vollkommen verzückt um ein Mädchen standen, das mit Engelsgeduld allen Autogramme gab. Die Fremde, vermutlich diese Mila, hatte langes, hellblondes Haar mit Strähnen in verschiedenen Blautönen, dazu trug sie ein luftiges, weißes Sommerkleid mit Blumendruck. Summer stupste einen kleinen Jungen an, der gerade mit einem Autogramm in der Hand die Gruppe verließ. „Hey, Kleiner. Kannst du mir sagen, wer genau Mila ist?“ Selbst dieser Grundschüler musterte sie entgeistert, doch dann schien er froh zu sein mit seinem Wissen punkten zu können. „Jeder kennt Mila, sie ist ein richtiges, echtes Idol. Früher war sie nur eine Schönheit, aber als Cousine der Kampf-Châtelaines hat sie es im Fernsehen zu ihrer eigenen Sendung gebracht. Sie ist ja so berühmt in Kalos!“ Bis über beide Ohren strahlend rannte der Knirps weg. Henry nahm Summer bei Seite und sie ließen den Aufruhr hinter sich. „Schönheit und Idol sind ebenfalls Trainerklassen, aber ich wusste gar nicht, dass es auch hier Idole gibt. Von den Kampf-Châtelaines habe ich schonmal gehört. Ich glaube, sie heißen Soir, Journée, Matin und Nuit.“ Ratlos blickte Summer über die Schulter zurück. Ihr kam der ganze Trubel um den Fernsehstar verrückt vor. Da hätte sie es schon eher verstanden, wenn es sich um einen berühmten Pokémontrainer wie zum Beispiel Ash Ketchum gehandelt hätte. „Die spinnen hier wohl alle.“ Noch eine ganze Weile grübelte sie über Mila, das Idol, nach, doch dann erreichten sie auch schon die Stadtgrenze von Illumina City und ganz andere Gedanken machten sich in ihr breit. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)