Der legale Weg von Schattenelf (Ein Versprechen wird erfüllt!) ================================================================================ Prolog: Ein holpriger Einstieg ------------------------------ Ein holpriger Einstieg Er ist zurück. Noch immer kann er es kaum glauben, aber er ist wieder in Tokyo. Freiwillig. Die letzten Jahre hat er diese Stadt gemieden, nur wenig Kontakt mit verbliebenen Freunden gehalten. Die Sonne scheint, es ist warm an diesem frühen Morgen im Mai. Der Springbrunnen hier sorgt dennoch für Feuchtigkeit, da kleine, sehr feine Tropfen durch die Luft getragen werden, sobald der Wind auffrischt. Vögel sind zu hören, aber werden immer wieder vom Geräusch der vorbeifahrenden Autos erstickt. Menschen laufen allein oder in kleinen Gruppen über den Gehweg, befinden sich auf dem Weg zur Arbeit. Noch einmal atmet Takeshi tief durch und betritt dann das große Gebäude mit der weißen Fassade. Er weiß, wo er hin muss. Er war schon einmal hier, vor gut fünfzehn Jahren. Inzwischen hat er sich ziemlich verändert. Seine Haare sind etwas kürzer und stehen aber nicht mehr in alle Richtungen ab, die Frisur ist modisch. Er ist rasiert und trägt einen grauen Anzug und dazu eine dunkelblaue Krawatte. Eine silberne Nadel hält diese auf Bauchhöhe an seinem weißen Hemd fest. Takeshi sieht noch einmal auf die Uhr. Es ist Zeit. Er will nicht an seinem ersten Tag im Keishi-chō, dem Hauptquartier der Tokioter Polizei in Kasumigaseki, zu spät kommen. Seine Beine tragen ihn Problemlos den Flur entlang. Zielgerichtet hält er auf die Tür zu, über der das Schild 2. Division Abteilung für organisiertes Verbrechen angebracht worden ist. Dafür hat er lange und hart arbeiten müssen. Er ist mit seinen 32 Jahren älter als andere Absolventen, auch wenn man es ihm nicht unbedingt ansieht, und dazu kommt noch, dass ihn die Praxis wohl kaum noch erschüttern kann. Manche haben ihm gesagt, dass es von Vorteil sei, andere haben ihm davon abgeraten ausgerechnet in dieser Abteilung anzufangen. Takeshi hat seinen Kopf durchgesetzt. Für ihn ist das alles mehr als nur ein Job. Er muss das tun. Für sich. Und für ihn. Er zögert nicht, aber seine Mimik nimmt noch mehr von der Entschlossenheit an, die er im Herzen trägt, als er das dunkle Metall öffnet und einen ziemlich großen Büroraum betritt. Hier ist auf einmal sehr viel mehr los. Beamte sitzen an ihren Schreibtischen, das Klackern von Tastaturen bildet eine stetige Geräuschkulisse und hier und da klingelt ein Telefon. Stimmen reden wirr und scheinbar ungeordnet durcheinander. Takeshi nickt zufrieden. So hatte er sich das vorgestellt. Mit den Augen sucht er den Raum ab. Er muss sich zuerst bei seinem Vorgesetzten melden, dieser wird ihn dann einem Senpai zuordnen. Der junge Mann kann es kaum noch erwarten. Bevor er den Schreibtisch entdecken kann, an dem er sich melden soll, spricht ihn eine dunkle Stimme von der Seite an. „Kitasaki-kun?“ Der Angesprochene zuckt nicht zusammen, sondern dreht sich in aller Ruhe um. Vor ihm steht ein älterer, leicht untersetzter Mann Mitte fünfzig und mustert ihn durch eine dicke Hornbrille hindurch. Es scheint so, als müsse er nicht länger suchen. „Melde mich zum Dienst, Murashi-kebu-dono.“ Takeshi verneigt sich tief vor seinem kleineren Vorgesetzten. „Ich sage es Ihnen gleich. Sie werden es hier nicht einfacher haben, nur weil Ihr Onkel die Leitung der gesamten Abteilung innehat. Erwarten Sie also keine Sonderbehandlung.“ „Das tue ich nicht, Kebu-dono.“ Der Mann schiebt mit dem Zeigefinger seine Brille zurecht und mustert Takeshi noch einmal genauer. „Ich bin nicht sicher, ob es eine gute Entscheidung war, herzukommen, Kitasaki-kun. Aber es lag bei Ihnen. Die Leistungen lassen vermuten, dass Sie sich hier einfinden werden. Ihre Vergangenheit“, wird er nun deutlicher, senkt dabei jedoch die Stimme soweit, dass niemand sie mehr verstehen kann, außer er oder sie stünde direkt bei ihnen, „ist unter Verschluss. Niemand hier wird davon wissen. Sollten Sie jedoch Probleme bekommen, wünsche ich ausdrücklich, dass sie sofort die entsprechenden Konsequenzen selbst ziehen. Es hängen Menschenleben davon ab. Verstehen wir uns?“ Der frische Polizist beißt die Zähne fest zusammen. Wenn es nach ihm ginge, hätte man seine Vergangenheit nicht erwähnen müssen. Das war und ist überflüssig. Er hat sich im Griff. Zudem ist die Akte unter Verschluss und nur sehr wenige im aktiven Dienst wissen davon. Scheinbar hat man Murashi darüber informiert. Seine Gedanken behält Takeshi für sich, stattdessen verneigt er sich noch einmal vor seinem Vorgesetzten und versichert ihm, dass er ihn verstanden habe. Dabei hätte er den Dienst niemals antreten können, wenn ein Psychologe der Polizei ihn nicht für tauglich erklärt hätte. Einfach lächerlich, diese Warnung. „Gut, dann werde ich Sie nun Ihrem neuen Partner zuteilen. Folgen Sie mir bitte.“ Der gediegene Inspektor dreht sich um, die Hände verschränkt er auf dem Rücken und geht voraus. Takeshi folgt ihm unauffällig mit ernster Miene. Wenn der Man glaubte ihn mit der Ansprache aus dem Konzept zu bringen, dann hat er sich geirrt. Sie gehen die Reihen entlang bis hin zur letzten. Dort biegen sie ein und halten schließlich vor dem letzten Doppeltisch auf dieser Seite. Takeshi’s Augen legen sich in Erwartung auf den Mann, der daran sitzt. Er liest in einer Tageszeitung, eine Zigarette klemmt hinter seinem linken Ohr. Auf dem chaotischen Schreibtisch stehen nicht viele persönliche Dinge. Keine Bilder, keine Spielzeuge, bis auf einen kleinen roten Ball aus einem nicht zu definierenden Material. Er ist auch nicht ganz rund, sondern an vielen Stellen eingedrückt. Scheinbar ein Gerät zum Stressabbau. Das und die gefüllte Kaffeetasse scheinen das persönlichste auf diesem Tisch zu sein, auf dem sich daneben noch mindestens dreizehn Akten verteilen. Der PC ist eingeschaltet, aber keine Datei geöffnet. Sein Blick wandert erneut zu dem Mann. Die Krawatte sitzt schief, der eher helle Anzug weißt Kaffeeflecken auf und einen Rasierer hat der Kerl auch schon mindestens zwei Tage nicht mehr gesehen. Eine Narbe ziert das Gesicht, erstreckt sich von der Stirn bis zum Kinn auf der linken Seite und nimmt auch das Auge nicht aus. Der Mann muss Glück gehabt haben, denn das Auge ist nicht blind, wie nun zu sehen ist, als er den Blick hebt und Murashi erkennt. Nur kurz wandert sein Blick auch zu Takeshi, wonach er sich wieder der Zeitung widmet, aber nicht ohne einen Kommentar abzugeben. „Ich habe keine Zeit ein Model oder Schauspieler auf seine Rolle einzuschwören, Chef. Nehmen sie jemand anderen.“ Der ‚Chef’ kommt nicht dazu eine Antwort darauf zu geben, denn so etwas lässt Takeshi nicht auf sich sitzen. Als wenn er ein Schauspieler sei. „Mein Name ist Kitasaki Takeshi. Ab heute bin ich dieser Abteilung zugeteilt und setze auf eine gute Zusammenarbeit mit Ihnen.“ Er verneigt sich angemessen vor seinem neuen Senpai, der sich reichlich unbeeindruckt gibt. „Also kein Schauspieler, aber ein Frischling? Murashi-san, ist das dein ernst?“ Jetzt legt er die Zeitung ganz zur Seite und steht auf. Er ist größer als gedacht. Größer als Takeshi, der mit seinen 1,78m zum Durchschnitt gehört. Im Sitzen hat er jedenfalls kleiner gewirkt. Jetzt schätzt der neue Polizist ihn etwa zehn Zentimeter größer als sich selbst. Murashi, der sie beide um mindestens einen Kopf unterbietet, mischt sich ins Gespräch ein. „Das ist keine Option, Sakai-kun! Kitasaki-kun ist dir zugeteilt und dabei bleibt es. Arrangier dich mit ihm. Er bringt ausgezeichnete Vorraussetzungen mit.“ Takeshi verzieht keine Miene, zweifelt aber an der Ehrlichkeit der Worte. Schließlich wurde ihm eben noch mitgeteilt, dass dieser Mann an seiner Fähigkeit oder Wahl hier zu arbeiten zweifelte. „Und jetzt an die Arbeit. Soweit ich weiß, hast du noch eine Befragung durchzuführen. Nimm ihn gleich mit.“ Und damit verschwindet der Chefinspektor ihrer Einheit und lässt Takeshi bei seinem neuen Partner stehen, der sich die Autoschlüssel, welche ebenfalls auf dem chaotischen Schreibtisch liegen, schnappt und ihm ein „Mitkommen!“ zuschnauzt, bevor er sich wieder in Richtung der Tür aufmacht. Das scheint ein schwerer erster Tag zu werden, aber davon wird sich der junge Mann nicht unterkriegen lassen. Es war noch nie leicht für ihn gewesen. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)