Bittersweet von TheMeanMachine ================================================================================ Kapitel 2: ..and a shadow is cast on devotion... ------------------------------------------------ Bei deinen nächsten Besuchen in der Dunkelwelt war er nicht da, um dich zu quälen. Nicht einmal seine Stimme drang bis zu dir durch, auch wenn du dir sicher warst sein Flüstern hören zu können. Aber dafür stecktest du viel zu tief drin, du warst gefangen und konntest weder hinaus noch ein anderer konnte hinein. Das Gefühl der absoluten Einsamkeit hielt dich in seinem Bann und in diesem Moment wünschtest du dir, dass Pitch wenigstens seinen schwarzen Sand schickte, um dir Angst einzujagen. Doch nicht ein Sandkorn fand seinen Weg zu dir, nichts.Die Tage und Wechsel zwischen Realität und Dunkelwelt zogen an dir vorbei, alles verwischte vollkommen ineinander. Die Grenzen waren gebrochen und das konnte nicht rückgängig gemacht werden. Deine Krankheit fraß dich bei lebendigem Leibe. So begannst du, dir immer wieder Pitchs Stimme in Gedanken zu rufen. Einfach nur, weil sie nicht von dir selbst war. Er war eine willkommene Abwechslung zum Schmerz in dir, so einfach war das. Doch je öfter du dich an seine Stimme zu erinnern versuchtest, desto mehr schwand sie aus deinem Gedächtnis. Schon nach wenigen Tagen konntest du dich fast garnicht mehr an sie erinnern und das stimmte dich unglaublich traurig. Verzweifelt versuchtest du, dich von dieser Enttäuschung zu distanzieren, aber das war ein Ding der Unmöglichkeit. Diese kurze Erfahrung mit dem Meister der Albträume hatte dir etwas gezeigt – etwas das du schon vor langer Zeit aufgegeben hattest: Deine Gefühle nicht mit aller Kraft zu unterdrücken, sondern sie einfach geschehen zu lassen. Der kurze Schock, den er dir mit seinem schwarzen Sand zu erleben gegeben hatte, weckte dich aus einer Art Trance. Du wolltest fühlen, spüren, lachen und weinen! Jede Facette der menschlichen Emotionen war immer ein Rätsel für dich gewesen, doch endlich hattest du wieder Blut geleckt – und du wolltest mehr! Natürlich war Angst immer für dich da gewesen, du wolltest sie nicht missen. Angst war solch ein starkes Gefühl, kompromisslos und nicht aufzuhalten. Es war so unglaublich kraftvoll und niemand konnte behaupten dass er keine Angst hätte. Innerlich entschiedst du dich für das Dunkle, das Unbekannte – Angst sollte dein Leitfaden sein. Angst war wundervoll, die Angst war ein immenser Teil von dir! „Natürlich ist sie das.“ Erschrocken fuhrst du zusammen, als Pitch Black aus dem Schatten deines Zimmers hervor trat. Konnte er Gedanken lesen? „Deine schon.“ Du schlucktest und sankst zu einem kleinen Häufchen Elend zusammen. Er sah auf dich herab, hoch gewachsen und mit einer Aura von Respekt. „Dummes Mädchen.“, seufzte er. „Dir ist bewusst dass ich nur deiner Fantasie entspringe?“ Du schütteltest den Kopf. Natürlich, deinem Verstand war wirklich alles zuzutrauen, aber er wirkte so... echt. „Natürlich wirke ich echt!“, rief Pitch und verdrehte genervt die Augen. „Sonst hätte das ja gar keinen Sinn dass ich hier bin! Weißt du überhaupt irgendetwas über deinen eigenen Verstand?“ „Ist ja gut.“, knurrtest du, inzwischen etwas genervt. Toll, jetzt fantasiertest du dir auch noch den Schwarzen Mann in dein Zimmer, um nicht so einsam zu sein. Wo sollte das denn noch hinführen? Mit einem Ächzen des Bettes ließ sich Pitch neben dir auf die Matratze nieder und hielt sich in Schweigen. Er faltete die Hände und wartete, dass du etwas tatest. „Also... Wenn ich dich mir nur einbilde... Kann ich dich dann tun lassen was ich will?“, fragtest du kleinlaut und er zuckte schwerfällig mit den Schultern. „Das musst du ganz allein herausfinden. Ich bin nur ein Hirngespinst, also was hab ich schon dazu zu sagen?“, antwortete er gelangweilt und begann etwas schwarzen Sand über seiner Handinnenfläche kreisen zu lassen. Diese Situation war wirklich seltsam. Du saßt zusammen mit einer Halluzination auf deinem Bett und unterhieltest dich mit ihm, als wäre das etwas recht alltägliches. Andererseits warst du nun nicht allein und das konnte dir nur recht sein. Er konnte dir Gesellschaft sein, bis der echte Pitch Black dich irgendwann wieder in deinen Träumen oder in der Dunkelwelt besuchen würde. Außerdem: Dagegen tun konntest du so oder so nichts. Nach zwei weiteren Wochen hatte der echte Pitch sich immer noch nicht sehen lassen. Du musstest dich mit seinem von dir geschaffenem Abbild zufrieden geben. Er war vorlaut, kommentierte oft auf sarkastische Weise deine Taten und nichts schien ihm zu entgehen. Am meisten störte es dich wenn du unter der Dusche standest. Er stand da, an der Wand gelehnt und musterte dich jedes mal. Seltsamerweise wurde er nie nass, selbst wenn er mitten im Wasserstrahl stand. Aber wie denn auch, immerhin war er nicht echt. Er besaß keinen Körper, wie sollte er denn da nass werden? „Guck weg!“, zischtest du, als er an einem langweiligen Montag wieder neben dir in der Dusche stand, die Augen auf deinen nackten Körper gerichtet. Das tat er jedes mal, aber daran gewöhnen konntest du dich nicht. „Wieso, immerhin bin ich doch nur eine Halluzination.“, erwiderte er süffisant und verschränkte die Arme vor der Brust. Er schien in höchstem Maße amüsiert, so wie seine Augen schelmisch funkelten. „Du nervst, verschwinde!“ Keine Chance, er würde nicht verschwinden – er verschwand nie. Das Essen war eine Tortur, wenn er jeden Bissen kommentierte und von deinen Toilettengängen war garnicht erst zu sprechen. Nachts lag er neben dir im Bett und starrte an die Decke, wartend dass du wieder erwachtest. Zugegeben, das war schon irgendwie niedlich, deine Halluzination wartete brav bist du wieder wach wurdest. Oder vielleicht verschwand er ja während du schliefst? Du würdest es wohl nie erfahren. Selbst in deine Dunkelwelt folgte er dir, saß neben dir wenn deine Seele wieder zu leiden hatte, geplagt von Einsamkeit und Trauer. Wenn es besonders schlimm war strich er dir besänftigend über den Rücken. Manchmal half es, manchmal auch nicht. Aber so wie dein Wesen sehr wechselhaft war, war er es auch. Der falsche Pitch konnte innerhalb von Sekunden aus der Haut fahren, dich beschimpfen und im nächsten Moment wieder sanft wie eine schnurrende Katze mit dir auf dem Bett sitzen und dir die Haarsträhnen aus dem Gesicht streichen. Er hatte dir eines Abends ins Ohr geflüstert dass er deine Haare mochte und das hatte dir einen Anfall von Gänsehaut eingebracht. Er konnte so liebevoll sein, wusste seinen Charme voll einzusetzen und noch schlimmer – du gingst darauf ein. Oft musstest du dir selbst sagen dass er nicht real war, dass er dich nicht mochte und es auch nie so sein würde. Aber dein dämliches Herz hatte seine Entscheidung schon lange getroffen und du hattest großen Gefallen am falschen Pitch gefunden. Sein Hang zum Sarkasmus, die gelegentlich schroffe Art und unter der harten Schale war er so liebevoll! Du verfluchtest dich selbst und drücktest dein nach Weichspüler duftendes Kissen auf dein Gesicht. Pitch saß wie immer neben dir, beobachtete eine Amsel vor dem Fenster und schien begeistert vom schwarzen Gefieder des Tieres. Du hattest eine Vorstellung im Kopf laufen, deine eigene Fantasie brannte wieder einmal völlig mit dir durch. Bilder zeigten sich dir, wie du Pitch küsstest, er nach deiner Hand griff und dir Liebeserklärungen ins Ohr flüsterte. Dein Herz fühlte sich an als wäre es mit Helium gefüllt und würde gleich abheben! Du hattest schon einige Male versucht per Gedanken deinen eingebildeten Begleiter zu unsinnigem Zeug zu zwingen, als Test ob du ihn wirklich kontrollieren konntest, doch das hatte nicht geklappt. Wie solltest du denn deine Halluzinationen kontrollieren wenn du nicht einmal dich selbst im Griff hattest? „Pitch?“, fragtest du zögerlich und lugtest unter deinem Kissen hervor. Er wandte seine Augen zu dir und las wieder mal deine Gedanken. Er lachte kurz auf und schüttelte den Kopf. „Nein.“, war die Antwort auf deine Stumme Frage und du zogst enttäuscht einen Schmollmund. Gut, keinen Kuss für dich. War ja zu erwarten gewesen, aber immerhin warst du so mutig und hattest einen Versuch gestartet. Mit einem lauten Gähnen risst du den Mund auf und drücktest dein Kissen noch enger an dich. Es war schon spät – Zwei Uhr nachts um genau zu sein – und deine Augen wollten einfach nicht offen bleiben. Es war ein inneres hin- und her in dir, wenn es Zeit zum Schlafen war. Schlafen bedeutete für dich Dunkelwelt, Albträume und ein ungutes Gefühl beim Aufwachen. Andererseits hattest du wieder die Chance den echten Pitch zu treffen, nicht seinen Abklatsch, der gerade aufstand um den Vogel von näherem zu betrachten. Ehe du dich versahst warst du von deiner Müdigkeit überrannt worden und fandest dich in der Dunkelwelt wieder. Schwarze Schatten drängten sich um dich und neben dir saß der falsche Pitch, wie jede Nacht. Er schien völlig entspannt und das zu recht; es war ja nicht sein Leiden welches ihn jede Nacht quälte und seine Seele auseinander riss. So saß er da, die Finger in deinen Haaren und mit dem amüsierten Glitzern in den sonst so kalten Augen. Hin- und wieder genoss er es regelrecht, dich so leiden zu sehen. Aber das war höchstwahrscheinlich dein eigener Masochismus. Immerhin war er inzwischen eine deiner wechselnden Persönlichkeiten geworden. Er kommentierte wie die anderen Stimmen auch, gab zu allem seinen Senf dazu und behinderte dich im Alltag. Hättest du diese Stimmen nicht, wärst du ganz normal und gesund. Aber leider waren sie da. Immer. „Immer noch wahnsinnig, hm?“ Pitchs Stimme ließ dich aufsehen von deinen angezogenen Knien und du runzeltest die Stirn. Vor dir standen nun zwei in schwarz gekleidete Männer, die sich gegenseitig mit leichtem Erstaunen musterten. „Hast du mich so sehr vermisst?“, fragte der Linke gehässig und verschränkte die Arme hinter dem Rücken. Mit einem Keuchen fielen dir die kleine, feinen Unterschiede auf. Der falsche Pitch war ein Stück kleiner, die Augen viel goldener als beim Linken und seine Haut einen Hauch zu hell. Dort stand er, der Linke und sah seine Kopie mit leichter Neugierde an. Der echte Pitch war hier, in deiner Welt und schien sich köstlich über deine Halluzination zu amüsieren. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)