The Immortals von SayChan (Unsterblich sein wird langweilig - oder nicht?) ================================================================================ Kapitel 2: Eintrag 2 - Neue Bekanntschaften ------------------------------------------- Ich habe das Gefühl, dass ich das durchhalten kann, immer weiter hier hinein zu schreiben. Es ist schon interessant zu lesen was man den Tag über ´erlebt´ hat. Aber komisch ist es schon, dass ausgerechnet an dem Tag an dem ich dieses Tagebuch anfange, mein Leben anfängt sich zu verändern... Der nächste Tag meines immer noch währenden Lebens begann wieder wie gewöhnlich. Aufstehen, essen, sich fertig machen, Ranzen packen. Irgendwie langweilt mich das von Tag zu Tag mehr. Immer wieder die gleiche Routine. Als es Zeit wurde los zugehen schnappte ich mir den an der Tür wartenden Ranzen und sah mich noch einmal um. Überall lag Müll und ungewaschene Sachen herum. Aber mich interessierte es nicht. Für mich war es nicht lebenswichtig in einer ordentlichen Umgebung zu leben. Unsterblich zu sein hatte nämlich den Vorteil, dass man niemals auch nur einen Schnupfen bekam. Ich lachte in mich hinein. Theoretisch hieß das ja auch, dass ich mich nicht wusch, da man ja aus meiner Einstellung zur Ordentlichkeit auch schließen konnte, dass ich auch keinen Wert auf Hygiene legte. Dieser Schluss aber war falsch. Ich hasste es wenn man keine ausreichende Körperhygiene betrieb. Um nicht weiter darüber nachdenken zu müssen schüttelte ich meinen Kopf und schloss die Tür hinter mir ab und lief den gewohnten Weg in Richtung der Haltestelle, an der ich jeden Morgen stand. Ich kam mir paranoid vor als ich an den unheimlichen Typen von gestern denken musste. Als würde dieser genau in diesem Moment um die Ecke spaziert kommen und sich wie gestern hinter mich stellen und mich anstarren. Mein Herz pochte schneller und ich spürte seit langem wieder Angst. Ich konnte mir nicht helfen, aber diese Furcht vor diesem Mann war unerträglich. Das Zittern unterdrückend schaute ich mich unauffällig zu allen Seiten um. Aber diesmal konnte ich keinen Mann sehen der mich auch nur Ansatzweise anschaute. Erleichtert atmete ich auf und wollte mich entspannen, als sich eine Hand auf meine Schulter legte. Erschrocken fuhr ich herum und erkannte den neuen Mitschüler welchen ich gestern hinter dem Bus habe hinterher rennen sehen. Instinktiv wich ich ein paar Schritte von ihm weg. Der Junge vor mir sah mich perplex an und blickte dann schüchtern in eine andere Richtung, nur um mir nicht in die Augen sehen zu müssen. „Entschuldigung, dass ich dich erschreckt habe. Ich hatte gestern nicht die Gelegenheit mich vorzustellen. Mein Name ist Michael Scott. Schön dich kennen zu lernen.“ Optimistisch streckte er mir die Hand entgegen. Um zu verbergen das ich total überrumpelt war, wandte ich mich ab und antworte mit einer gut einstudierten kühlen Stimme: „Hör zu Michael. Ich bin nicht im Geringsten daran interessiert mit jemandem eine Bekanntschaft zu schließen. Es wäre nett wenn du das berücksichtigen könntest.“ Verwundert ließ er seine Hand sinken. Er könnte nie verstehen warum ich so reagiert hatte. Ich konnte es ihm ja nicht einmal erzählen. Liebend gern hätte ich mit ihm geredet und Spaß gehabt, aber... Unsterblich zu sein verlangt auch Opfer. „Kann ich dann wenigstens neben dir stehen?“ Ich schaute kurz zu ihm und achtete dann nicht weiter auf den Jungen der sich Michael nannte und dieser startete auch keinen Versuch mehr mit mir zu reden. Aber auf eine subtile Art und Weise machte es mich glücklich neben jemanden zu stehen der nicht versuchte einen bloß zu ignorieren. Auch wenn Michael im Moment den Anschein machte, dass er mich ab sofort in Ruhe ließ, hatte ich das Gefühl, dass er nicht lockerlassen würde. Tief in der Gedankenwelt versunken ertappte ich mich dabei wie meine Gedanken immer wieder um den Jungen neben mir kreisten. Michael. Warum? Warum machte er mich so nervös? Und warum fühlte ich mich in seiner Gegenwart so geborgen, obwohl ich ihn noch nicht einmal richtig kannte und wir gerade einmal ein paar Wörter ausgetauscht hatten? Je mehr ich darüber nachdachte, umso verwirrter wurde ich. Ich wusste nicht wie lange ich so neben ihm stand. Er schien zum Glück von meinem inneren Konflikt nichts mitbekommen zu habe. Das erleichterte mich ungemein. Auch wenn es mich nicht vollends wieder beruhigte, so war doch ein Teil von mir wieder ich selbst. Auf diesen kleinen Teil konzentrierte ich mich jetzt und versuchte nun mich auf die alltäglichen Dinge um mich herum zu konzentrieren. Diese widerlichen Abgase, die Personen die wie gewohnt an der Haltestelle standen, die leichte Brise welche mein Haar leicht anhob und damit spielte. Bloß nicht an ihn. Ich hatte zwar keinen Glauben, aber trotzdem sandte ich ein Stoßgebet an den Himmel, dass ein Wunder geschehen möge. Gott schien Humor zu haben. Immerhin schickte er mir anscheinend anstatt des erwarteten Wunders den Bus. Aber immerhin besser als nichts. Wie gewohnt stieg ich ein und zeigte dem Busfahrer meine Karte, jedoch mit dem kleinen aber feinen Unterschied das mir Michael folgte. Unbeirrt ging ich an das andere Ende des Busses und setzte mich. Als ich meinen Ranzen neben mich stellen wollte, setzte Michael sich genau auf diesen Platz. Ich gab dazu kein Kommentar ab sonder stellte meine Tasche einfach hinter meine Füße unter den Sitz. Der Bus füllte sich weiter und von Station zu Station wurde es immer voller. Voller als gewöhnlich. Dies hatte zur Folge, dass alle näher zusammenrücken mussten, weil keiner seinen Sitzplatz aufgeben wollte. So auch ich und Michael. Wir saßen wirklich sehr eng beieinander. Ihn schien dies gar nicht zu stören. Ich jedoch lief rot an und hoffte, dass es nicht mehr weit war. Mir war es unsagbar peinlich so dicht neben einen Jungen zu sitzen, denn auch in Anbetracht meines wahren Alters hatte ich noch nie einen großartigen Kontakt zum anderen Geschlecht. Und die Tatsache, dass Michael süß war, machte die Situation auch nicht besser. Sein Gesicht hatte leicht asiatische Züge. Er hatte perfekte weiße Haut und sein dichtes glänzendes Haar war zu einer Visual Kei Frisur gestylt. Sein Erscheinungsbild war das eines berühmten J-Rock Idols und genau das machte ihn für mich so anziehend. Er erinnerte mich an meine Wurzeln. So unauffällig wie möglich versuchte ich mich in den Arm zu kneifen. Das hatte zur Folge, dass ich zusammen zuckte und das zog die Aufmerksamkeit Michaels auf mich. Er schien etwas sagen zu wollen, beließ es dann aber doch bei einem kleinen Kichern und beachtete mich nicht weiter. Mich in den Arm zu kneifen hatte eigentlich den Zweck, mich abzulenken und meine Gedanken von dem Jungen neben mir loszureißen. Ohne Erfolg. Ich hatte bloß eine winzige Schramme auf meinem Arm. Diese Situation wurde mir allmählich unangenehm und ich schaute mich schon nach einer Fluchtmöglichkeit um. Aber alleine die Tatsache, dass ich in einem überfüllten und fahrenden Bus saß, machte diesen Gedanken genauso unmöglich wie lächerlich. Außerdem würde ich die gesamte Aufmerksamkeit des gesamten Busses auf mich ziehen und das war nun wirklich nicht meine Absicht. Ich schloss die Augen und lehnte meinen Kopf gegen das sacht vibrierende Busfenster und lauschte dem monotonen Klang des Busses. So vergaß ich für eine Weile wer neben mir saß. Aber bald darauf hielt der Bus vor dem Schulgelände und alle Schüler stiegen aus. Ich schulterte meine Tasche und folgte den Leuten. Wie jeden Schultag hatte ich noch ein wenig Zeit zum Einlass und ich steuerte meinen Stammplatz unter dem Baum an. Überraschender Weise folgte mir Michael nicht. Die Schulter zuckend setzte ich mich auf eine Bank und ließ meinen Ranzen neben mich fallen. Ein wenig verletzt war ich schon, als Michael mir nicht gefolgt war. Kopfschüttelnd musste ich grinsen. Was für ein dummer Gedanke! Ich brauchte weder ihn, noch irgendjemand anderes. Das hatte ich schon viele Dekaden lang bewiesen und so würde es auch bleiben! Nachdem ich mich auf das Zwitschern der Vögel konzentriert hatte um die Zeit tot zu schlagen, klingelte es. In aller Ruhe stand ich auf und lief zum Eingang. Ohne nach links und rechts zu schauen kam ich auch irgendwann in meinem Zimmer an. Kurz nachdem ich mich hingesetzt und alles ausgepackt hatte kam ein Mädchen an meinen Tisch. Ich wollte es zunächst ignorieren, doch dann fing sie an aufgeregt vor sich hin zu schnattern. „Hast du mit Michael gesprochen? Du weist schon! Mit diesem Michael?“ Sich an meiner Tischkante abstützend wartete sie auf meine Antwort. Ich aber blieb still und tat weiterhin so als würde sie gar nicht existieren. Sie ließ aber nicht locker und wedelte schon nach kurzer Zeit mit ihrer Hand vor meinem Gesicht herum. „Hallo? Ich rede mit dir!“ Zum ersten Mal schaute ich zu ihr. „Und? Hast du nun?“ Ihre Augen glänzten vor Neugierde. „Wenn es so wäre? Was würde das für einen Unterschied machen?“ Ich wollte mich wieder abwenden, da sprudelte es unvermittelt aus ihr heraus: „Waaas? Du hast mit Mike geredet? Der redet sonst mit keinem! Sag, wie hast du es angestellt? Wie hast du ihn zum reden gebracht? Er redet noch nicht einmal mit den Lehrern! Mit Nie-man-den!“ Hätte sie sich nicht am Tisch festgehalten, wäre sie bestimmt umgefallen. Das Mädchen war so aufgeregt, dass sie wahrscheinlich noch nicht einmal bemerkte, dass alle uns anstarrten. Ich antwortete ohne sie auch nur anzuschauen. „Woher soll ich das bitte wissen? Er hat immerhin mich angesprochen.“ Dem Mädchen, welches sich später als Laura vorstellte, schienen die Augen aus dem Kopf zu fallen. Wäre in diesem Moment nicht der Lehrer in den Raum gekommen und hätte alle gebeten sich an seinen jeweiligen Platz zu setzten, hätte sie mich bestimmt mit Fragen durchlöchert. Auf diesem Wege allerdings blieb ich verschont und konnte mich auf den Unterricht konzentrieren. Den Rest des Tages wich Laura mir nicht von der Seite und quatschte mich die ganze Zeit von der Seite voll. Wenn dann doch mal eine Frage an mich gerichtet war, gab ich bloß vage Antworten. Sie begleitete mich von Stunde zu Stunde in jedes Zimmer und ging erst dann an ihren Platz, wenn es zur Stunde klingelte. Mir kam der Tag wie eine kleine Ewigkeit vor. Und das will was heißen! Aber im Groben und Ganzen war der Tag irgendwann dann doch vorbei und ich war froh nach Hause zu können. Laura schmollte ein wenig als sich unsere Wege trennten. Sie wohnte nämlich am anderen Ende der Stadt. So viel hatte ich immerhin mitbekommen. Eine Sache hatte dieser Tag allerdings an sich. Ich musste dank Laura kein einziges Mal an Michael denken. Ihn hatte ich nämlich nicht noch mal gesehen. Tief Luft holend stieg ich in den Bus ein der mich nach Hause bringen würde. An der Haltestelle, nicht weit entfernt von meiner Wohnung, stieg ich aus und lief die verwinkelten Straßen entlang. Irgendwann kam ich dann aber an. Allerdings blieb ich vor meinem Briefkasten stehen, da dieser wieder überquoll. Ich machte ihn auf und sofort kam mir eine Fontäne an Werbung und Rechnungen entgegen. Ich bückte mich und sammelte alles auf und als ich mich wieder aufrichtete um den Briefkasten wieder zu schließen, fiel mir ein kleines Päckchen ins Auge. Behutsam nahm ich es heraus und balancierte es auf meinem linken Arm während ich mit der anderen Hand den Briefkasten letztendlich schloss. Ich ging in die Wohnung und ließ die Werbung in meiner hand achtlos fallen während ich die Rechungen und das Päckchen auf meinen Schreibtisch verfrachtete. Gähnend streckte ich mich und ging in die Küche um mir einen Eistee zu machen. Nachdem ich mir eine der vielen Sorten aus meinem Sammelsurium an Eistee-Sorten heraus gepickt hatte und das Wasser angesetzt hatte, lief ich wieder zurück an meinen Schreibtisch. Dort schnappte ich mir das geheimnisvolle Päckchen und schaute auf den Absender. Michael Scott. Ich wendete das Päckchen mehrmals aber nirgends stand eine andere Adresse. Wenn überhaupt eine darauf stehen würde. Ich fragte mich ernsthaft wie er meine Anschrift heraus bekommen hatte, geschweige denn früher als ich hier gewesen war. Und warum ich überhaupt ein Päckchen von ihm bekam. Verwirrt machte ich die quadratische Pappschachtel auf und bekam einen Brief zu fassen. „Es tut mir leid, dass ich dich heute so unverfroren angesprochen habe. Als kleine Wiedergutmachung lege ich dir ein kleines Geschenk bei. Ich hoffe es gefällt dir und ich hoffe, dass du es tragen wirst. Und danke für diesen Tipp mit dem Bus. , mit freundlichen Grüßen Michael Scott“ Ich las mir die Naricht ein paar Mal durch und wunderte mich immer mehr, je öfter ich den Brief las. Seine Formulierung war etwas eigen. So würde niemand in seinem Alter sprechen. Wer war dieser Junge? Aufgeregt griff ich ein weiteres Mal in die Schachtel und zum Vorschein kam ein Armreif. Er war silbern und auf den ersten Blick schlicht gehalten. Doch das lag bloß am Licht. Sobald ich die Schreibtischlampe anmachte, weiteten sich meine Augen. Der Armreif war über und über mit filigranen Mustern bedeckt. Es waren sogar ein paar wenige winzige Edelsteine darin eingefasst. Diese waren nicht größer als ein gewöhnlicher Brotkrümel. Dies war wahrscheinlich ein komischer Vergleich, aber etwas Besseres fiel mir in anbetracht dieses bestimmt sehr wertvollen Schmuckstückes nicht ein. Ich würde es morgen zurück geben müssen. Mit einer zitternden Hand legte ich Brief und Armreif wieder zurück. Diese Sache machte mir langsam aber sicher Angst. Erst der komische Typ von gestern und jetzt auch noch der neue Mitschüler. Wie sollte das nur weitergehen? Um mich zu beruhigen ging ich wieder in die Küche und stellte den mittlerweile Fertigen Wasserkocher aus. Der Rest war schnell gemacht. Wasser über die Eistee-Streusel gießen, umrühren, fertig. Ich stütze mich an der Küchenarmatur ab und nahm vorsichtig ein paar Schlucke. Die Tasse war schnell ausgetrunken und schon bald tat der Eistee seine Wirkung. Ich wurde ruhiger und fühlte mich wieder in der Lage meinen Alltag weiter zu führen. Da mir nichts anderes übrig blieb, ging ich zurück in mein Zimmer und stellte dort das Päckchen von Michael auf meine Kommode. Dann erledigte ich ganz normal, wie jeden Abend, meine Hausaufgaben und machte mich dann bettfertig. Nach der Aktion von Michael war ich immer noch ziemlich aufgekratzt und auch wenn der Eistee mich beruhigt hatte, lauerte die Furcht immer noch in meinem Nacken. Ich schaffte es trotzdem einzuschlafen. Ich zog mir die Decke über den Kopf und schloss meine Augen fest zu. Das letzte was ich dachte war, dass ich Michael zur Rede stellen müsste. Und zwar so schnell wie möglich. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)