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For one last Waltz

Rocketshippy-Songfic
von

Vorwort zu diesem Kapitel:
Und da ist es, tadah! :D
Beschwert euch nicht! Dauernd erhalte ich Klagen, die längsten Kapitel seien euch nicht lang genug. Also nehmt dies! x3 Komplett anzeigen

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Prolog

„Schaut, nya! Da ist eine Stadt, no nya.“

„Echt? Welche?” Kojiro stellte sich neben den Kater an den Ballonrand, das Fernsichtgerät wieder an seine Augen hebend. Seit Stunden waren sie nun schon unterwegs, doch bis auf Wald und Wolken hatten sie bisher nichts zu sehen bekommen. Umso schöner war es, als nun unter ihnen die ersten Häuser ins Sichtfeld rückten, die sich zu einer kleinen Wohnschaft zusammenschlossen.

„Ich weiß nicht, nya. Aber wir sollten dort haltmachen, um unsere Reserven aufzufüllen, nya. Uns geht der Stoff aus, no nya“, erklärte Nyasu. Nur kurz blickte er über seine Schulter zu dem Brenner und tat einen schweren Seufzer, als er sich ausrechnete, für wie lange ihr letztes Brennmaterial noch genügen würde, um sie weiterhin zu transportieren. „Hoffentlich ist Mondo in der Nähe, falls wir mit dieser Stadt Pech haben sollten, no nya.“

„Ob die Knirpse auch dort sind?“ Der Agent drehte an dem Einstellungsrad seines Sichtgerätes herum, um besser auf Distanz schauen zu können. „Wir haben sie noch gar nicht gesehen.“

„Vielleicht hätten wir doch nicht so früh aufbrechen sollen, no nya.“

Daraufhin blickten sich die beiden Freunde zeitgleich vorsichtig nach der Freundin um, welche stillschweigend gegen den Korbrand ihnen gegenüber gelehnt stand, den Rücken ihnen zugewandt. Ihre gebeugte Haltung verriet, dass sie die Arme über dem Rand verschränkt hatte, und ihr Kopf war zwischen ihren Schultern gesenkt, um nach unten zu schauen. Es war genau dieselbe Haltung, die sie seit ihrem frühen Aufbruch eingenommen hatte; und genauso schweigsam war sie seitdem geblieben.

„Arme Musashi, nya“, flüsterte Nyasu in Richtung des Freundes, wohl darauf bedacht, dass die Frau es nicht hörte. „Sie hat noch kein Wort gesagt, no nya.“

„Nicht seit ihrem ‚Wir brechen auf‘. Das mit Pudox muss sie echt mitgenommen haben“, bestätigte Kojiro und klang bedrückt. Seine beste Freundin und Partnerin so zu sehen, brach ihm das Herz.

„Hey, Musashi“, sprach er sie nach einem kurzen Zögern an und versuchte es optimistisch klingen zu lassen. „Dort unten ist eine Stadt. Nyasu und ich würden gern runtergehen, damit wir unsere Reserven auffüllen können. Was meinst du?“

„Mhm“ war alles, was sie darauf von sich gab. Doch es blieb ungewiss, ob es sich wirklich auf seine Frage bezog, oder ob sie es nur aufgrund seiner Stimme verlauten ließ. Es wäre nicht das erste Mal an diesem frühen Vormittag, dass sie dies tat. Sie fühlte sich zwar sicherlich angesprochen, doch das hieß nicht, dass sie auch zugehört hatte. Nicht zwangsweise.

Der Agent und der Kater tauschten einen ratlosen Blick untereinander aus. Dann seufzten sie einstimmig; die Entscheidung lag in ihren Händen.

 

Nur wenig später hatten sie etwas abseits der Stadt einen geeigneten Landeplatz ausfindig gemacht. Nach mehr als vier Stunden hatten sie endlich wieder festen Boden unter den Füßen, was eine gewisse Erleichterung in ihnen hervorrief. Kurz noch überprüften Kojiro und Nyasu ihren Gebrauch, planten die Aufstockungen durch – nur das Nötigste müsste genügen, denn wie immer gab ihr restliches Budget einfach nicht mehr her – und packten schließlich noch gemeinsam an, um den Ballon abzubauen und schlussendlich unter einer alten, grünen Filzdecke mühselig im Unterholz zu tarnen.

Musashi unternahm nichts, sie sagte auch nichts. Man könnte meinen, es sei wie immer, wenn sie sich vor diesen Notwendigkeiten drückte, doch das war es nicht. Das wussten auch Kojiro und Nyasu, weswegen sie ausnahmsweise davon absahen, die Freundin zum Mitanpacken aufzufordern.

Zum Glück war das Duo von Agent und Kater mittlerweile ein fest eingespieltes Team, so dauerte es gerade einmal zwanzig Minuten, bis alle notwendigen Vorkehrungen erledigt waren und sie sich endlich unters Volk mischen konnten. Zwar mit einer missmutigen Musashi im Gepäck, doch sie waren voller Hoffnung, ihr Gemüt in dem bunten Treiben wieder aufhellen zu können.

Als sie die ersten belebten Straßen betreten hatten, stellte sich schnell heraus, dass sich die Stadt eher als ein kleines Städtchen entpuppte. Voller Menschen zwar, vereinzelt in Begleitung ihrer Pokémon, die in den bunt lockenden Geschäften ein und aus gingen, aber es war nicht zu vergleichen mit den letzten Großstädten, die sie gesehen hatten. Sicherlich würde es für das Nötigste reichen, was sie für die Weiterreise benötigten, doch es blieb zweifelhaft, ob sie auch all das bekommen könnten, was sie brauchten.

„Oh, schaut! Da gibt es einen Stand mit Fleischbällchen“, rief Kojiro in heller Begeisterung aus, als sie die Einkaufspassage der Stadt entlangliefen, und zeigte aufgeregt zu einem kleinen Imbisswagen am Straßenrand. Von jenem zog ein köstlich würziger Geruch an sie heran, der nicht nur dem Agenten sofort das Wasser im Mund zusammenlaufen ließ.

„Nya, Fleischbällchen, no nya. Sie riechen so lecker, nya.“

„Mhm, und wir hatten lange keine mehr”, bestätigte Kojiro und kramte in seiner Hosentasche nach ein paar Münzen. Strahlend wandte er sich nach Musashi um, die etwas abseits hinter den beiden Freunden hergelaufen war. „Na? Sollen wir ein paar holen?“

Flüchtig blinzelte sie in Richtung des Wagens. Dann stieß sie ein schweres Stöhnen aus, ehe sie sich zum Weitergehen abwandte. „Hab‘ keinen Hunger“, erklärte sie, ohne die geringste Regung in der Stimme.

Abermals sahen Agent und Kater einander an. Ratlos, was sie tun sollten.

„Egal, ich nehm‘ welche, nya“, griente dann Nyasu übers ganze Gesicht und stapfte auch schon los in Richtung Imbisswagen.

Kojiro hielt ihn am Schweif zurück. „Nein.“

„Aua!“ Der Kater hielt sofort inne und drehte sich nach dem Freund um, kaum dass dieser ihn wieder losgelassen hatte. „Sag mal, spinnst du, nya?! Das tut weh, no nya! Und was heißt hier ‚Nein’, nya?”

Doch der Agent schüttelte nur mit dem Kopf. „Es ist nur fair, wenn wir auch verzichten”, erklärte er. Er blickte sich daraufhin nach der gemeinsamen Freundin um, welche nur wenige Schritte weiter schon wieder über einem Geländer lehnte und den Blick nachdenklich gen Boden gesenkt hatte. Genau wie die ganze Zeit schon im Ballon.

Er seufzte. „So macht es weniger Spaß, findest du nicht?”

„Hm …“ Nyasu überdachte kurz diese Worte. Sein Blick glitt noch einmal sehnsüchtig in Richtung der lecker duftenden Bällchen, keine drei Meter von ihnen entfernt. „Ich will trotzdem eins haben, nya“, quengelte er.

„Nun komm schon“, versuchte Kojiro ihn zum Weitergehen zu ermuntern, wobei er sich selbst in Bewegung setzte. „Vielleicht holen wir nachher noch welche. Erledigen wir erst einmal den Rest, vielleicht ist dann auch Musashi wieder –“

In dem Moment geriet er ins Straucheln, als er nicht bemerkte, dass er in jemanden hineingelaufen war. Er hatte sich so sehr auf den Kater konzentriert, dass er nicht auf das vor ihm geachtet hatte. Das Ergebnis war ein kurzes Blätterrascheln gefolgt von einem leisen Poltern, als sein plötzlicher Gegenüber weniger glücklich zu Boden ging.

„Autsch.“

„Ah, es tut mir leid!“, entschuldigte er sich sofort für seine Unachtsamkeit und beugte sich zu der jungen Frau herunter, die er versehentlich zu Boden gestoßen hatte. Hilfsbereit streckte er die Hand nach ihr aus, um ihr aufzuhelfen. „Das war keine Absicht. Haben Sie sich wehgetan?“

Die Frau, vermutlich nur wenig älter als er selbst, blickte aus himmelblauen Augen zu ihm auf. Sie hatte das blonde Haar zu zwei Kränzen an den Seiten geflochten und trug ein sommerliches Kleid mit einem bunten Blumenmuster darauf. Unter ihrem Arm klemmte ein geflochtener Holzkorb, der mit roten Blumen und Flyern gefüllt war.

„Nein, ist schon okay“, antwortete sie mit einem verlegenen Lächeln auf dem Gesicht. Während sie nach seiner Hand griff und sich dankbar aufhelfen ließ, fügte sie noch hinzu: „Ich hätte besser aufpassen sollen, Verzeihung.“

„Was ist das, nya?“, mischte sich Nyasu dazwischen, der sich sogleich zu ihnen gesellt und um das Chaos gekümmert hatte, welches sein tollpatschiger Menschenfreund angerichtet hatte. In seinen Pfoten hielt er bereits einige der Flyer, die bei dem Zusammenprall aus dem Korb gefallen waren und sich auf dem Fußweg verteilt hatten. Er betrachtete sie sich neugierig.

„Oh, das? Das sind Einladungskarten“, erklärte die junge Frau und strahlte über das ganze Gesicht.

„Einladungskarten, nya?“, hakte er nach, wobei er ihr die eingesammelten Blätter hochreichte.

Sie nahm sie ihm dankbar ab und legte sie zurück in den Korb. „Ja, für das Blubella-Festival.“

„Blubella-Festival?“, wurde nun auch Kojiro hellhörig, der es dem Kater gleichgetan und hastig die letzten Flyer aufgesammelt hatte. Er reichte der Frau ebenfalls seinen Stapel, den sie zwar annahm, ihm aber dafür eines der Werbeblätter zurückreichte.

„Ja, das ist eine alte Tradition unserer Stadt seit vielen Jahren“, erklärte sie und kicherte kurz hinter vorgehaltener Hand. „Unser erster Bürgermeister pflegte stets zu sagen: ‚Eine heitere Stadt ist eine schöne Stadt.‘ Unter diesem Motto hat er immer kleine Veranstaltungen für die Bewohner organisiert und meist wurde zum Abend getanzt. Er besaß ein Blubella, das immer mit dabei war und eine Art Maskottchen für uns wurde. Wenn es zu tanzen begonnen hat, haben alle mitgemacht und hatten Spaß.“ Kurz pausierte sie, nur um eine Pirouette zu drehen, dann fuhr sie in ihren Erzählungen fort: „Irgendwann wollten die meisten Bewohner ein Blubella haben, naja, und dann gab es immer mehr von ihnen in der Stadt. Mittlerweile leben auch viele wilde Blubella hier, weil sie sich in unserer Stadt wohlfühlen. Und zum Blubella-Festival tanzen sie mit uns. Wir sagen auf diese Weise Danke, und zwar all jenen, die uns das Leben schön machen.“

Während sie all das erzählte, betrachtete Kojiro neugierig den Flyer in seiner Hand. Was er hörte, passte genau auf das, was auch der Werbezettel wiedergab. Mit Blümchenstempeln verziert, stand bunt „Blubella-Festival“ groß im Kopfbereich geschrieben. Darunter waren drei Blubella gezeichnet, so lebensecht, wie sie um einen eingerahmten Text herumtänzelten. Wie er erkannte, handelte es sich um die wichtigsten Punkte des Festivalprogramms, welches über zwei Tage laufen würde – angefangen mit dem heutigen Abend.

„Kommt doch auch“, wurde er aus seinen Gedanken gerissen, als die Frau ihn direkt ansprach. Auf seinen fragenden Blick hin, deutete sie mit dem Finger auf die Fußzeile des Flyers, wo die Schrift größer war. „Zum Eröffnungsball heute Abend, meine ich. Jeder ist herzlich dazu eingeladen, mit uns zu feiern.“

„Ein Ball?“ Kojiro spürte, wie sich allein bei dem Wort eine Gänsehaut von seinem Nacken abwärts über seinen Rücken schlich. Die Vorstellung von edlen Herrschaften in vornehmer Abendkleidung, die sich eintönig zum Tanz im Kreise drehten, weckte unangenehme Erinnerungen in ihm.

Er wollte gerade zu einer Antwort ansetzen, da zog ihm Nyasu an seinem Hosenbein. Mit einem leisen „Was gibt’s?“ ging er neben dem Kater in die Hocke.

„Meinst du nicht, das wäre ideal, um Musashi auf andere Gedanken zu bringen, nya?“

„Was? Das?“ Kojiro starrte schockiert auf den Flyer in seiner Hand.

„Überleg doch mal, nya“, hielt Nyasu ihn zum Nachdenken an, da er sein Unbehagen intuitiv spürte. „Viele Leute, sie kann sich amüsieren, und vielleicht können wir auch noch ein paar Pokémon für den Boss einkassieren, no nya!“

„Hm …“ Der Agent überdachte den Einwand für einen Moment. Sein Blick schweifte kurz hinüber zu seiner Partnerin, die zwar noch immer an ihrer Stelle am Geländer lehnte, sich derweil aber nach ihnen umgewandt hatte. Er konnte in ihren, heute etwas trüb wirkenden Augen jene gewisse Ungeduld erkennen, die ihn drängte, nicht noch mehr Zeit zu vertrödeln.

Mit einem Seufzen gab er sich letztendlich geschlagen. „Na schön … Musashi zuliebe.”

 

Damit war es also beschlossen. Kojiro sagte der jungen Frau, welche sich ihnen als Ayana vorgestellt hatte, der Einladung zu. Ein kleiner Lichtschimmer tat sich für ihn auf, als sie ihm versicherte, dass es ein Buffet inklusive geben würde. Irgendetwas Gutes musste dieser Horror ja haben. Also versprachen die beiden Rockets, am frühen Abend da zu sein, und Ayana hieß sie im Namen ihrer Familie, die den Ball in ihrem Haus organisierte, aufs Herzlichste willkommen.

 

 

Nun mussten sie nur noch Musashi von dieser Sache überzeugen.

We're waiting for the last Waltz

„Ihr wollt was?“, fragte sie noch einmal nach, da sie glaubte, ihren Ohren nicht zu trauen.

Kojiro vor ihr langte sich verlegen in den Nacken, als er seine Worte von eben wiederholte: „Die Frau eben, sie hat uns auf einen Ball eingeladen. Zu Ehren des Blubella-Festivals, das sie hier abhalten. Und, naja, wir haben zugesagt.“ Er musste selbst schlucken. Sein Blick senkte sich betreten zu Boden. „Wir dachten, das wäre eine gute Gelegenheit, um dich wieder auf andere Gedanken zu bringen.“

Bei seinen Worten verspürte sie ein unangenehmes Stechen in ihrer Brust. Der Agentin war nicht aufgefallen, wie sehr sie sich hatte hängen lassen müssen, dass sich ihre beiden Partner bereits um sie sorgten. Gut, sie fühlte sich nicht besonders, da machte sie sich nichts vor. Aber was wussten die beiden denn schon, was sie gerade durchmachte? Nach dem, was sie gestern alles wieder eingeholt hatte.

„Wir gehen nicht hin.“

„Aber, Musashi –”

„Nein, und dabei bleibt es!”

Sie bemerkte, wie ihr Partner einen fragenden Blick zu dem Kater warf. Dieser zuckte nur mit den Schultern, was auch immer das zu sagen hatte, und lief voran, um ihrem ursprünglichen Besorgungsplan nachzugehen. Die beiden Agenten folgten ihm nach einem kurzen Zögern, ohne noch etwas zu dem Thema von eben zu verlieren.

Nach einiger Zeit des Schweigens versuchte es Kojiro erneut. „Weißt du, Musashi –“

„Nein, Kojiro“, fiel sie ihm barsch ins Wort, doch er fuhr einfach fort.

„Pudox freizulassen, war eine gute Entscheidung. Und es ist okay, wenn du deswegen traurig bist. Du hast es so gesehen großgezogen, und es hat uns wirklich lange begleitet.“

„Lassen wir das Thema einfach.“

„Versteh bitte, wir machen uns einfach nur Sorgen um dich“, sprach er sanft neben ihr, woraufhin Musashi stehen blieb. Auch er hielt im Gehen inne und blickte erwartungsvoll zu ihr herüber, doch sie blieb stumm.

Sie hatte ihm nichts dazu zu sagen. Wie hätte sie ihm auch sagen sollen, dass es nicht nur um Pudox ging? Natürlich war ihr die Entscheidung schwergefallen, auf der anderen Seite wiederum war es für sie ganz klar gewesen, dass sie sich so entscheiden würde. Für das Glück ihres Freundes, damit es jenes glückliche Leben leben konnte, welches sie damals an sich vorüberziehen lassen hatte.

Nein, es ging nicht nur um Pudox. Aber das konnte sie ihm nicht sagen.

„Überleg es dir“, holte sie Kojiros sanfte Stimme aus ihren Gedanken, woraufhin sie einen Blick zu ihm herüber wagte. Auf seinem Gesicht spielte ein Lächeln, doch es wirkte traurig. „Wir haben ja noch bis heute Abend Zeit, um uns zu entscheiden. Es könnte zumindest nicht schaden und es würde dich bestimmt auf andere Gedanken bringen.“

Sie sahen einander daraufhin an, Sekunden zogen so an ihnen vorüber. Erst als Nyasu aus einigen Metern Entfernung nach ihnen rief und sie zur Bewegung aufforderte, seufzte Musashi geschlagen.

„Ich denke darüber nach.“ – Ihren beiden Freunden zuliebe.
 

Make me blind, cover my eyes

You can do what you want
 

Während sie ihre Besorgungen machten, verlor keiner von ihnen mehr ein Wort über das Thema. Was nicht bedeutete, dass es damit vom Tisch war.

Wann immer Musashi zu ihren beiden Partnern aufblickte, bemerkte sie, wie diese ihr heimliche, besorgte Blicke zuwarfen. Sie sprachen sie zwar nicht weiter darauf an, aber Musashi merkte auch so, dass es ihr allem Anschein nach nicht glaubhaft gelang, ihren Kummer beiseitezuschieben. Und es ärgerte sie.

Es ärgerte sie, dass sie sich so hängen ließ. Es ärgerte sie, dass ihre beiden Partner sie so ansahen. Und es ärgerte sie, dass sie sich nicht selbst davon überzeugen konnte, dass alles okay war.

War denn alles okay? Sie lebte doch schon lange dieses Leben und hatte sich geschworen, nicht mehr zurückzublicken. Es gab nur noch den Weg nach vorn, daran hatte sie sich immer gehalten. Und das sagte sie auch stets zu den anderen beiden. Jetzt war ausgerechnet sie es, die wankte.

Vielleicht wäre alles anders verlaufen, wenn sie damals ihrem Herzen gefolgt wäre. Wenn sie der Liebe statt ihrem Ego den Vorzug gegeben hätte. Vielleicht wäre sie dann glücklich geworden, wäre jetzt sesshaft und hätte keine Sorgen. Zumindest müsste sie dann vielleicht nicht jeden Tag überlegen, wie sie weiterhin über die Runden kommen sollte.

Damals hatte sie viele Träume gehabt. Sie hatte sich ihr Leben anders vorgestellt. Was war davon noch geblieben? Es gab keinen Raum mehr für das, was sie sich damals so sehnlich gewünscht hatte.

Doch es war zu spät. Zumindest für sie. Es gab kein Zurück mehr, das war ihr in dem Moment klar geworden, als sie an ihre erste große Liebe zurückgedacht hatte. Vermutlich hatte er sich seinen Traum von damals erfüllt und war nun irgendwo ein begnadeter Pokémon-Coordinator. Er hatte es damals richtig gemacht. Und würde sie ihn je wiedersehen – sofern er sich denn noch an sie erinnern würde –, dann würde er ihr mit Sicherheit genau dasselbe sagen. Nein, besser war es, wenn sie ihm niemals wieder begegnen würde.

Der einzige Trost an der ganzen Sache war, dass sie gewiss sein konnte, dass sie für Pudox die richtige Entscheidung getroffen hatte. Nun war es frei und an der Seite des Liebsten. So war es das Beste, mehr hätte sie dem Freund ohnehin nicht bieten können. Dennoch, selbst diese Gedanken schmerzten.

Prüfend hob sie ihren Blick und bemerkte noch, wie sich Nyasu just in diesem Augenblick wieder nach vorn wandte. Nur Kojiro hielt ihr etwas länger stand, rang sich ein ermutigendes Lächeln ab, ehe auch er von ihr ab und nach vorn blickte. – Verdammt, lange würde sie das nicht mehr ertragen.

 

Sie brauchten länger als erwartet, um all ihre Besorgungen zu erledigen. Dadurch, dass in der ganzen Stadt verschiedene Attraktionen für das bevorstehende Festival aufgebaut wurden, hatten sie mehrmals auf ihrem Weg innegehalten, um einen Blick auf die verschiedenen Dinge zu erhaschen. Es lag zwar nicht in Musashis Interesse, doch sie musste zugeben, dass das Bühnenstück für Kinderpuppentheater sie für einen Moment aufgeheitert hatte. Die Pokémon-Puppen waren so geschickt zum Leben erweckt worden, dass sie sogar aus freiem Willen noch etwas länger verweilen wollte, um das Stück bis zum Ende verfolgen zu können.

Als sie weitergingen, war es bereits später Nachmittag und die Stadt glich vielmehr einem Veranstaltungsort für ein Kulturfest. Bunte Girlanden zierten die Laternen in den Straßen, Kinder übten sich in ersten Tänzen und hier und da ließ sich ein Blubella blicken, um dem Festival alle Ehre zu machen. Natürlich kam die Idee im Team auf, eines der Blumen-Pokémon unbemerkt aufzugreifen, doch noch ehe sie einem von ihnen nahe genug kommen konnten, hatte sich bereits eine kleine Menge von faszinierten Bewunderern um die kleinen Tänzer versammelt. Im nächsten Moment waren die Pokémon verschwunden.

Wider Erwarten hatten sie richtig Glück mit dieser Stadt, denn Nyasu fand ein Geschäft, das tatsächlich den dringend benötigten Brennstoff für ihren Ballon im Angebot hatte. Der ältere Herr, der diesen Laden betrieb, erklärte voller Stolz, dass vor vielen Jahren Heißluftballonfahrten Bestandteil des Festivals gewesen seien, um das bunte Treiben von oben betrachten zu können. Heute sei das aber nicht mehr die Regel, was er sehr bedauere – umso mehr freute er sich, als Nyasu ihm sehr überzeugend vermittelte, dass das Trio begeisterte Ballonfahrer wäre. So ließ sich der alte Herr auf einen Preishandel mit der, seiner Beurteilung nach, hübschen Agentin ein und verkaufte ihnen das Material schließlich für etwas über den halben Preis.

Als sie endlich mit allen Einkäufen durch waren, war es bereits früher Abend. Die Sonne stand tief und verlieh dem nahezu wolkenlosen Himmel einen goldenen Touch. Bis sie alles in ihrem Ballon ordnungsgemäß verstaut hätten, würde von dem Sonnenuntergang nicht mehr viel zu sehen sein.

„Ich freue mich schon sehr auf den Ball, nya“, erklärte Nyasu, gerade als sie ihren Ballon erreicht und mit dem Verstauen begonnen hatten.

Kojiro warf ihm einen mahnenden Blick zu. „Nyasu! Das steht doch noch gar nicht fest.“

„Aber überlegt doch nur, no nya! Ein tolles Buffet, viele wertvolle Pokémon, nya, und das Beste daran: Niemand kennt uns, no nya. Wir können zuschlagen und nicht mal die Knirpse sind in der Nähe, um uns aufzuhalten, no nya.“

„Schon …“ Der Agent seufzte schwer. Er warf einen prüfenden Blick zu seiner Partnerin, welche gerade in einem ihrer Taschen nach etwas suchte.

Auch Nyasu hatte sich nach der Freundin umgewandt und er beobachte sie skeptisch. „Musashi, nya?“

„Lass sie“, zischte Kojiro neben ihm, um ihn zum Schweigen zu bringen. In diesem passenden Moment knurrte sein Magen, und er legte sich verlegen die Hände auf den Bauch.

„Okay, ihr habt mich überzeugt“, kam es nun von Musashi, als sie sich nach ihnen umdrehte und ihrem Partner etwas zuwarf.

Kojiro fing jenes Etwas im Reflex auf und war verblüfft, als er den dunkelblauen Stoff erkannte. Kurz entfaltete er den Anzug vor sich in der Luft, ehe er wieder zu Musashi blickte, ohne etwas zu sagen.

Diese hob eine Augenbraue. „Was? Es ist doch ein Ball, oder nicht?”
 

I’m paralyzed by the perfect mood

When we’re dancing with blindfolds on

 

Gesagt, getan. Sie waren also hingegangen. Die Adresse hatten sie dem Flyer entnommen und dank den Einwohnern war es auch nicht schwer, sich in besagte Anschrift zu finden. Ein hilfsbereites Pärchen hatte sich sogar dazu bereit erklärt, sie das letzte Stück mitzunehmen, wodurch es ihnen erspart blieb, in ihrem abendlichen Aufzug durch die ganze Stadt ziehen zu müssen.

Als sie an der altmodernen Villa ankamen, die am Ende des Städtchens hell erleuchtet zierte, war die Sonne bereits hinter den Hügeln verschwunden und die Abenddämmerung kündigte die zweite Vollmondnacht an. Viele Leute hatten sich hier eingefunden, zu Fuß oder mit dem Auto, und die Festlichkeit lockte auch Besucher an, die extra für das jährliche Festival angereist waren. Schon vor dem Haus war die Luft gefüllt von heiterem Geplauder und Lachen der Leute, die sich draußen unterhielten.

Es kühlte spürbar ab, deswegen war insbesondere Musashi froh, als sie endlich die Hallen betreten konnten. Sie hatte sich für ihr rotes, schulterfreies Kleid entschieden, welches sie gern für die Contests trug. Durch den engen Schnitt, der ihre weibliche Figur gut zur Geltung brachte, fühlte sie sich mit diesem Stück ganz wohl vor Publikum. Und tatsächlich fiel sie so unter den Gästen nicht unangenehm auf. Das mochte nicht minder an ihrer Begleitung liegen, denn auch Kojiro strahlte in seinem dunkelblauen Herrenanzug und dem weißen Jabot als Krawattenersatz neben seiner Partnerin. Mit Nyasu an ihrer Seite, der sich ebenfalls in einem Kostüm herausgeputzt hatte, waren sie ein Gästepaar wie jedes andere auch an diesem Abend.

Sie wurden von einer traditionell gekleideten Bediensteten in Empfang genommen. Jene verteilte noch je eine rote Blüte an die drei, welche sie sich wie aufgetragen an den Kragen steckten, ehe sie die Rockets in den großen Saal führte, aus welchem bereits fröhlich-klassische Tanzmusik drang. Auf Nyasus ungeduldige Anfrage hin erklärte sie außerdem, dass im Anschlusssaal Gelegenheit zum ruhigen Essen und Plaudern bestünde. An dem Buffet dürften sie sich nach Belieben bedienen.

Es wäre eigentlich unnötig, zu erwähnen, wohin es das Trio entsprechend als Erstes verschlug. Nur kurz bestaunte Kojiro die rege Menge an Besuchern, die bisher mehr dem Tratsch denn dem Tanz zugeneigt zu sein schienen, doch seine beiden Partner drängten ihn direkt zum Weitergehen. Ihre Mägen hatten seit über einer Woche nichts Gescheites mehr bekommen, daher war es geradezu Pflicht, dass sie als Allererstes das Speisenangebot inspizierten.

 

Die Zeit schlich sich unbemerkt dahin, und so vergingen die ersten Stunden. Während draußen die Nacht hereingebrochen war, wurde es im Tanzsaal immer lebendiger.

Noch ehe das Trio ihre erste Buffetplünderung hinter sich gebracht hatte, hatten sich bereits die ersten Paare auf dem Parkett eingefunden. Es ergab ein schönes Bild, wie sich die Damen jeglichen Alters in ihren Ball- und Abendkleidern zum Takt der traditionellen Tanzmusik im Kreise drehten und sich auch nicht zu fein waren, sich von Herr zu Herr, von Hand zu Hand weiterreichen zu lassen. Sie beeindruckten mit den Blubella um die Wette, welche auf an den Wänden angebrachten, kleinen Plattformen ihre leichtfüßigen Tanzkünste präsentierten. In ihren anmutigen Pirouetten ließen sie vereinzelt Blütenblätter auf die Menschen unter ihnen regnen, wofür die nichttanzenden Zuschauer immer wieder applaudierten.

Das Trio hatte kaum Zeit, das fröhliche Spektakel auf sich wirken zu lassen. Gerade eben hatten sie noch alle beieinandergestanden und den tanzenden Paaren zugesehen, im nächsten Moment bat auch schon der erste Herr die Agentin zum Tanz. Eine wirkliche Wahl hatte sie nicht, denn noch ehe sie richtig begriff, hatte die besondere Magie der Ausgelassenheit im Saal sie auch schon in ihren Bann gezogen und sie selbst die Hand ganz geistesabwesend ergriffen. Sie verschwand mit dem Fremden in der Menge, und als sich Kojiro daraufhin nach Nyasu umwandte, um sich mit ihm für die Freundin zu freuen, war der Kater ebenfalls verschwunden. Nach kurzem Umschauen entdeckte er den kleinen Freund an der Seite eines Charmian und wie er versuchte, mit der Katze ins Gespräch zu kommen.

Als er sich wieder nach Musashi umsehen wollte, war diese zwischen den vielen bunten Kleidern der tanzenden Damen gegenüber den Herren wie untergetaucht.
 

You make it easy to love you and hate you

Can’t explain it, I feel insecure

 

Die kühle Abendluft tat gut. Mit einem erleichterten Seufzen lehnte sich Musashi gegen das Geländer mit den schlanken Verzierungen und ließ die Arme erschöpft darüber baumeln. Auf der Veranda waren nicht viele Leute, nur zwei weitere, leise tuschelnde Damen einige Meter rechts von ihr, doch das störte sie nicht. Es war angenehm ruhig hier draußen, nur leise drang die feierliche Musik durch den schmalen Spalt der Schiebetür hinaus.

Ihr Blick glitt nur flüchtig über den grünen Garten vor ihr. Zwei Fukano tollten durch die Büsche und spielten Hasche, an einer anderen Stelle präsentierte ein Volbeat einem Papinella seine Flugkünste. Die Pokémon wirkten ebenso ausgelassen wie die Menschen im Tanzsaal, und Musashi vermutete, dass diese Pokémon gleichermaßen mitgebrachte Haustiere der Anwesenden waren wie jene, die sie schon im Haus an der Seite ihrer Besitzer gesehen hatte. Es wäre ein gefundenes Fressen für Team Rocket, wenn … wenn sie nur nicht so vollkommen ausgelaugt und unmotiviert wäre, um jetzt noch an Arbeit zu denken.

„Wo sind sie nur?“, grummelte sie leise vor sich hin, als sie ihren Kopf auf ihren verschränkten Armen abstützte. Unmut legte sich über ihr Gesicht.

Seit sie sich in ihrer Geistesabwesenheit auf das Parkett hatte zerren lassen, hatte sie ihre beiden Partner nicht mehr zu Gesicht bekommen. Sie hatte nicht lange getanzt, nach ihrem dritten unfreiwilligen Tanzpartner hatte sie sich wieder lossagen und zurück in die zuschauende Meute retten können. Sofort hatte sie sich auf die Suche nach ihren Jungs gemacht, doch diese waren nirgends ausfindig zu machen gewesen. Nicht unter den Zuschauern, nicht am Buffet, auch nicht auf der Tanzfläche. Jedenfalls nie dann, wenn sie sich an jenen Orten nach ihnen umgesehen hatte. Nur hin und wieder hatte sie geglaubt, einen blauen Haarschopf in der Ferne entdeckt zu haben, doch noch ehe sie diesem hatte nahe genug kommen können, war dieser schon wieder verschwunden gewesen.

Es war absurd. Sie wusste, dass die beiden hier sein mussten – mit ihr, in demselben Haus –, aber sie fühlte sich meilenweit von ihnen getrennt. Die Uhr hatte vorhin kurz vor halb elf gezeigt, was bedeutete, dass sie schon seit fast drei Stunden voneinander getrennt waren. Gut, objektiv betrachtet, war das nun wirklich keine lange Zeit. Aber es fühlte sich im Augenblick länger an als ein ganzer Tag. Nein, ganze zwei Tage. Wie konnte das nur in einem Haus möglich sein?!

‚Lächerlich!‘ Musashi schnaufte verächtlich. Kojiro sollte ihr nur wieder unter die Augen kommen, dann würde sie ihm so ordentlich die Meinung geigen. Wieso ließ er sie allein? Hier, unter den ganzen fremden Leuten.

„Musashi?“

Verdutzt hob sie ihren Kopf und blickte über ihre Schulter zurück. Und tatsächlich: Als hätte er ihre Gedanken gehört, stand auf einmal ihr vermisster Partner auf der Veranda und zog in diesem Augenblick die Tür wieder hinter sich zu.

„Kojiro?“

„Hier bist du. Mensch, ich habe dich schon überall gesucht“, platzte er sofort heraus und eilte zu ihrer linken Seite an das Geländer. Seine grünen Augen strahlten wahre Erleichterung aus.

„Hast du?“

„Ja.“ Er lächelte seine Partnerin aufrichtig an. Dadurch, dass er dabei den Kopf etwas zur Seite neigte, fielen ihm einige der lavendelfarbenen Haarsträhnen über die Schulter nach vorn und umrahmten sein Gesicht. Es war ein Bild, welches Musashi schon häufig gesehen hatte, doch etwas war heute anders. Ach, was redete sie da? An diesem verqueren Tag war doch sowieso alles anders als sonst. Irgendwie.

Sie wandte den Blick von ihm ab und sah stattdessen auf den Garten vor ihnen. „Hm.“

Was war los mit ihr? Wollte sie ihm nicht eben noch die Hölle heißmachen, wenn sie ihn wiedersehen würde? Klar war sie immer noch wütend über sein plötzliches Verschwinden, aber ihr fehlte aus irgendeinem Grund die Muße, es an ihm auszulassen. Immerhin hatte er sie gesucht, wenn sie denn seinen Worten Glauben schenken durfte. Diese Tatsache war auf einer Art beruhigend. Aber sie würde ihm deswegen noch lange nicht sagen, dass auch sie stundenlang nach ihm gesucht hatte. Und sich deswegen schon blöd vorgekommen war. Wie ein verirrtes Ding mitten unter Irren. Wen machte das zu einer Irren?

„Hattest du Spaß?“

Sie schnaufte abschätzig. „Nein.” Das einzig halbwegs Spaßige war gewesen, dass sie sich aus irgendeinem Grund immer wieder zu dem Bowlebrunnen oder zu den Bediensteten gefunden hatte, die Sekt auf Tabletts unter den Gästen verteilten. Wenn man das denn »spaßig« nennen konnte. Für sie war es vielmehr ironisch, doch den einen oder anderen Schluck hatte sie sich dennoch genehmigt. Alles aus reiner Verzweiflung heraus, und nichts weiter.

Kojiro neben ihr verzog das Gesicht. Sie sah es nicht, das musste sie auch nicht, sie konnte seinen wehleidigen Hundeblick auch so ganz genau spüren. Es jagte ihr eine Gänsehaut über die nackten Schultern – oder war das nur wegen der kühlen Windbrise?

„Was?!“, warf sie deswegen in seine Richtung, um ihr plötzliches Unwohlsein zu überspielen. Sie mochte diesen Blick nicht. Den ganzen Tag über hatte er sie immer wieder so angesehen; bemüht heimlich, aber damit nicht sehr erfolgreich. „Es ist nichts Lustiges daran, hin und her geschubst zu werden. Und ihr wart auch plötzlich verschwunden!“

Er antwortete ihr nicht darauf. Zumindest nicht im ersten Moment. Erst nach einigen Sekunden schwenkte er im Thema um: „Aber du konntest doch ein wenig auf andere Gedanken kommen?“

Ihr Seufzen war die Antwort. Ja, in der Tat, das konnte sie. Sie hatte die meiste Zeit vor sich hin geflucht, als sie sich durch die Massen geschlagen hatte, auf der Suche nach ihren beiden Partnern. Oh, wie oft hatte sie Kojiro dafür verflucht, sie erst hierher zu schleppen und dann still und heimlich zu verschwinden.

„Magst du darüber reden?“

Verwirrt blinzelte sie zu ihm hinüber.
 

You say it’s simple: “You die just to live again”
 

„Worüber?”

„Was dich bedrückt.”

Sie schluckte. Ehe sie ihm darauf antwortete, wandte sie ihren Blick wieder mit erhobenem Haupt von ihm ab. „Muss ich das wirklich nochmal mit dir durchkauen?“

„Manchmal hilft Reden“, konterte er sanft und sie konnte sein ermutigendes Lächeln heraushören. Dieser Kerl …!

„Was nützt es noch? Pudox ist jetzt frei und kann glücklich an der Seite des Liebsten leben.”

Er sagte nichts darauf. Wieso nicht?

Sein Schweigen machte sie ungewollt nervös, weswegen sie schnell weitersprach. „Das ist alles, was zählt. Ich hätte es nicht ertragen, ein Pokémon mit einem gebrochenen Herzen an meiner Seite zu haben.“

„Es war die richtige Entscheidung“, bestätigte ihr Partner, was Musashi zumindest wie ein Anfang erschien.

Sie seufzte. „Ja.“ Dann verfiel sie wieder ins Schweigen und bemerkte erst gar nicht, dass sie mit ihren Gedanken abdriftete.

„Aber das ist es nicht“, holte sie Kojiros ruhige Stimme nach einiger Zeit wieder ins Hier und Jetzt zurück und sie zuckte unwillkürlich zusammen.

„Nein! Also …“ Sie geriet ins Straucheln, als sie bemerkte, dass ihr ‚Nein‘ nicht die beste Antwort auf diese Fangfrage gewesen war. Es war eine Fangfrage, getarnt als blind geratene Feststellung, wieso wurde ihr das erst zu spät bewusst?

Zu allem Überfluss begann sie jetzt auch noch, an ihren weiß behandschuhten Fingerspitzen herumzuspielen. Wie sollte sie sich jetzt noch aus dieser unangenehmen Konversation herauswinden?

Wieder wurde es still zwischen ihnen. Es war ein peinliches Schweigen, das in Musashi den Wunsch erweckte, sich einfach umzudrehen und aus der Unterhaltung zu fliehen. Aber sie tat es nicht, das ließ ihr Stolz nicht zu.

„Ich wusste es.“ Kojiro sprach sanft, aber mit einer gewissen Vorsicht in der Stimme. Es war beinahe nur ein Flüstern, was die Besorgnis in diesen wenigen Worten umso deutlicher machte.

Mit ihrem darauffolgenden Seufzen gab sie schließlich auf.

„Naja, weißt du … Manchmal glaube ich, dass ich nicht immer die besten Entscheidungen treffe.“ – Das stimmte nicht ganz, diese Zweifel hatte sie erst jetzt. Glaubte sie zumindest. Aber sie wollte sich jetzt nicht noch einmal korrigieren.

„Und mir damit alles verbaue.“ – Das stimmte.

Kojiro neben ihr schwieg. Und sie hasste es.

„Das mit Pudox war eine richtige Entscheidung seit Langem gewesen, aber …“ Sie stoppte sich selbst. So auf Anhieb wusste sie kein Beispiel, bei welchem sie sich fehlentschieden hatte. Und es gab gewisse Dinge, die konnte sie ihm nicht erzählen. Nicht aus Angst, sie könnte ihn damit verletzen, es ging schlichtweg nicht. Gewisse Dinge waren einfach zu … zu eben.

Ein weiteres Mal wurde es still zwischen ihnen. Noch stiller, als den anderen beiden Damen wohl zu kalt wurde oder ihnen die Füße zu sehr nach einem weiteren Tänzchen brannten, weswegen sie in den Saal zurückkehrten. Wo waren die Zirpeise, die vorhin noch irgendwo im Garten vor sich hin gezirpt hatten?

„Wir treffen alle mal Fehlentscheidungen“, brach Kojiro endlich das Schweigen, doch keiner der beiden wagte, den anderen anzusehen. „Ich denke, das ist menschlich und gehört irgendwo zum Leben dazu. Wir können im Vorfeld nicht immer wissen, was eine Entscheidung für unsere Zukunft beitragen wird. Aber ist es deswegen richtig, den Kopf hängen zu lassen?“

Verblüfft sah Musashi zu ihrem Partner auf. Gemischt mit einer gewissen Abwehrhaltung, durch der es ihr auf der Zunge lag, gegen seinen letzten Satz auf sie bezogen zu widersprechen. Doch sie war vielmehr erstaunt darüber, dass solche Worte aus seinem Munde gekommen waren. Seit wann dachte ihr Partner so? Dass er empathisch sein konnte, wusste sie ja. Und es nervte sie nicht selten, je nachdem. Aber das eben war mehr als nur geheuchelte Empathie. Es war … sie hatte gar keine Worte dafür, die es passend bezeichnen könnten. Anders eben.

Auch Kojiro wandte sich daraufhin wieder der Freundin zu. Auf seinen Lippen spielte ein Lächeln und seine Augen suchten die ihren. Lag es an dem silbernen Mondlicht, welches auf seinem Haar tanzte? Es wirkte dunkler als sonst, warf interessante Schatten auf sein Gesicht, und der helle Glanz auf seinem Schopf schien seinen smaragdfarbenen Augen schmeicheln zu wollen.

„Wir schauen immer nach vorn“, sprach er in aller Sänfte zu ihr, woraufhin sein Lächeln noch warmherziger wurde. Wieder legte er den Kopf ein wenig zur Seite, wohl um das nahegehende Gespräch etwas aufzulockern. „Richtig?“

 

Musashi sagte nichts. Sie war baff. Und sie wusste nicht zu sagen, ob es an seinen unwillkürlich reif wirkenden Worten lag oder an der seltsamen Magie, die plötzlich in der Luft zu liegen schien.

Der Gedanke war grotesk, aber wahr: Sie trugen nicht ihre Team Rocket-Uniformen, sondern waren zivil-feierlich hergerichtet. Wie ganz normale Leute. – Wie ganz normale Leute auf einem Ball.

Natürlich war es Blödsinn, zu denken, das allein würde sie zu vollkommen anderen Menschen machen. Aber wieso musste Kojiro es ihr auch, vermutlich unbewusst, so schwer machen, eben dies nicht zu tun? Sie war immer noch sie, und er war immer noch er. Und Nyasu … war irgendwo verschollen. Dennoch, sie waren noch immer Team Rocket.

Nach wie vor drang von drinnen die Musik nach draußen. Leise zwar, doch durch die anhaltende Stille auf der Veranda wirkte sie wie auf Zimmerlautstärke. Durch die gläserne Barriere klang sie etwas gedämpft, wie nicht wirklich vorhanden. – Wenn die Abendluft sie nicht an der Schulter kitzeln und den dünnen Stoff ihres zart-rosafarbenen Tuches um ihrer Brust und Rücken sanft flattern lassen würde, könnte sie fast meinen, das Ganze hier sei nur eine Szene aus einem Traum.

Gerade klang das aktuelle Musikstück aus. Für wenige Sekunden, drei vielleicht, war es totenstill. Bis ein neues Stück mit den ersten, vereinzelten Pianonoten erklang.
 

You say we’re waiting for the last waltz
 

„Ein Walzer.“

Musashi blickte fragend zu ihrem Partner herüber.

Dieser stieß sich nun von dem Geländer ab, drehte sich der Freundin gänzlich zu und deutete mit aufgelegter Hand an der Brust eine leichte Verneigung an. „Darf ich um diesen Tanz bitten?“, fragte er dabei galant, mit einem leisen Schmunzeln in der Stimme, ehe er sich wieder aufrichtete und seine Hand nach ihr ausstreckte.

Noch einmal blinzelte sie. Was war denn jetzt auf einmal in ihn gefahren?

„Wie bitte?“

Er hob lediglich die Hand etwas höher in ihre Richtung, was keiner weiteren Worte bedurfte. Seine Aufforderung zuvor war unmissverständlich gewesen.

Sie zögerte. „Walzer?” Ihre Skepsis verdeutlichend, hob sie eine Augenbraue. „Was soll das? Ich kann das nicht tanzen.“

Wieder sagte Kojiro nichts. Er legte lediglich den Kopf ein wenig schief und sein ermunterndes Lächeln sprach deutlich: „Wem willst du etwas vormachen?”

Ihr Zögern dauerte noch einen Moment an. Sie erkannte, dass er nicht lockerlassen würde. Und er wusste, dass ihre Aussage nichts weiter als eine billige Ausrede gewesen war. Sie hatten schon einmal Walzer getanzt, wenn man es denn so nennen wollte. Damals, als sie mit den Knirpsen auf Schloss Cameran gewesen waren. Und es war schön gewesen.

Ja, es war schön gewesen. Aber auch etwas anderes als jetzt, irgendwie.

Noch ehe sie sich versah, hatte sie ihre Hand in seine gelegt.
 

Another you and me

Another revolutionary heavenly romance

Waiting for the last waltz
 

Er zog sie die letzten zwei Schritte, die sie noch voneinander trennten, zu sich heran. Sanft, wobei er ihrer beider Arme bereits angewinkelt auf Augenhöhe hob. Seine rechte Hand legte sich zaghaft, aber bestimmt an ihr stofffreies Schulterblatt, und ihre linke Hand fand sich ganz automatisch auf seinen Oberarm. Ihre angehobenen Hände verschlossen sich ineinander, und sie tauschten einen letzten vergewissernden Blick aus.

Kojiro machte den ersten Schritt, wie es sich für den tanzführenden Mann gehörte, und traf sofort den Takt. Musashi folgte ihm ganz selbstverständlich mit einem Schritt zurück und war noch im ersten Moment überrascht, dass sie nicht ungeschickt stolperte, wie sie es in ihrer Aufregung erwartet hätte.

Es war ganz einfach. Die Schritte kannte sie bereits, aber sie hatte noch nie zuvor bewusst Walzer getanzt. Doch mit Kojiro als ihren Tanzpartner war es spielend leicht. Schritt zur Seite, ranziehen. Schritt folgend, ranziehen. Schritt zur Seite, ranziehen. Und dabei eine gerade Haltung bewahren und bloß nicht auf die Füße schauen. Der Takt der Musik war langsam, so konnten sie sich mit den ersten Schritten gemächlich in einen gemeinsamen Rhythmus einfügen.

Schritt zurück, ranziehen. Kojiro war ihr so nahe.

Schritt zur Seite, ranziehen. Sie folgte ihm blind.

Schritt nach vorn, ranziehen. Er führte sie sicher mit sich über den glatten Betonboden der Veranda.

Sie drehten sich nur im Viertel zu den Seitwärtsschritten.
 

And so it seems

We won’t find the solution

Confusion leads the dance
 

Es war seltsam. So unwirklich. War sie sicher, dass sie nicht nur träumte?

Befand sie, Musashi, sich gerade tatsächlich auf der Veranda einer großen Villa, in der ein Ball stattfand, und tanzte dort unter klarem Sternenhimmel mit ihrem Partner und besten Freund Walzer? Hätte ihr das irgendwann einmal einer erzählt, Nyasu zum Beispiel, sie hätte denjenigen vermutlich ausgelacht und ihm nicht geglaubt.

Doch so war es. Und es war aufregend. Noch nie hatte sie etwas Vergleichbares gespürt.

Es war irgendwie lachhaft. Sie war Tag für Tag mit Kojiro zusammen, aber noch nie hatte sie sich ihm auf diese Weise so nahe gefühlt. Noch nie hatte sie ihren besten Freund aus diesen Augen gesehen, wie sie es in diesem Augenblick tat.

Sie hatte gedacht, sie kenne ihn. Nun bezweifelte sie es. War das hier schon immer in ihm gewesen? Gut, er kam eben aus gutem Hause, das machte ihr dieser Tanz nach sehr langer Zeit wieder einmal bewusst. Sie hatte es tatsächlich vergessen, wofür man ihr keinen Vorwurf machen konnte, schließlich gab Kojiro sonst alles dafür, nicht an seine wahre Abstammung und Herkunft zu erinnern.  Aber das hier, war das schon immer er gewesen?

Halbe Drehung. Der zunehmende Takt verlangte es. Und mit ihnen schien sich die ganze Welt zu drehen.

Je länger sie ihm in die Augen blickte, die im Mondschein wie zwei wahrhaftige Smaragde leuchteten, umso mehr fielen ihr die vielen kleinen Details an ihm auf, die sie bisher entweder nie bewusst wahrgenommen, oder aber ignoriert hatte.

Er war größer als sie. Im Moment zwar nicht erheblich, doch wenn sie die Absätze ihrer roten Hackenschuhe abrechnete, war es sicherlich etwas mehr als ein halber Kopf. Sie war im Augenblick nur deswegen mit ihm auf Augenhöhe, weil sie sich nahezu auf Zehenspitzen bewegte. Und im Alltag bewegte sie sich auf wenigen Zentimetern Absatz ihrer Stiefel.

Sein Gesicht war sanft, eben, mit wenig strengen Zügen. Perfekt geschnitten für seine grünen Augen, in denen die meiste Zeit über eine wärmende Sanftmut lag – so wie jetzt.

Der Anzug gab ihm Format. Er hatte gerade Schultern, nicht zu breit, aber sie gehörten doch deutlich mehr einem jungen Mann als einer zierlichen Frau. Und sie wusste, dass sie unter dem blauen Stoff kräftiger waren, als man an ihm vermuten würde.

Kojiro war mehr athletisch als kräftig. Durch ihre oft sehr anstrengende Arbeit vermutete sie, dass er sich ein paar dezente Muskeln angeeignet haben musste. Mehr als sie, aber darauf hatte sie nie bewusst geachtet. Wieso jetzt auf einmal?

Für einen kurzen Moment senkte sie ihren Blick. Vielleicht lag es an dem Tanz, dass sich ihre Wangen warm anfühlten. Nur leicht, sodass sie hoffte, nicht errötet zu sein.

Was dachte sie denn da? Jetzt auf einmal. Er war immer noch ihr bester Freund und Partner. Sie sollte sich nicht so sehr dazu hinreißen lassen, ihn auf einmal auf diese Weise zu bewerten. Vielleicht sah er ja gar nicht schlecht aus, okay. Und sie wusste auch, wie er war. Was für ein liebevoller Mensch er sein konnte. Und ein Freund und Partner, der sie, anders als alle anderen vor ihm, nie hängen oder gar im Stich ließ.
 

We’re waiting for the last waltz
 

Weiter Schrägschritt zur Seite mit halber Drehung, nachziehen.

Es war so einfach, ihm zu folgen. Ihm blind zu vertrauen, in diesem Augenblick.
 

Praise the wine, so divine

And it stings like a rose
 

Es war schön. Es war so ein freies Gefühl. Und es war aufregend verwirrend.

Bis eben noch hatte sie sich in Kummer und Zweifeln gewogen, jetzt waren sie wie weggeblasen. Fortgetragen mit dem Wind, der eine Strähne an ihrem Ohr kitzeln ließ. Es gab nur noch sie und ihn, allein in ihrem zweisamen Moment auf ihrer ganz eigenen Bühne der weiten Veranda. Und die Sterne über ihnen jubelten ihnen zu.

Es war so schön, dass es ihr fast schon wieder Angst machte. Ohne dass sie benennen konnte, wieso es so war.

Vielleicht lag es daran, dass ihr diese Rollenverteilung fremd war. Sonst war nicht Kojiro, sondern sie die führende Hand. Sonst folgte nicht sie ihm, sondern er ihr. Sie fühlte sich schwach unter seiner Führung; und er schien keinerlei Mühe zu haben, sie mit sich zu ziehen.

Vielleicht lag es aber auch nur daran, dass eben durch diesen magischen Moment viele Emotionen über sie hereinbrachen. Sie war verzweifelt gewesen, traurig, und wütend deswegen. Jetzt folgte sie nur noch Schritt um Schritt, fühlte sich befreit und war fasziniert davon.

Bestimmt lag auch eine nicht mindere Schuld an dem Alkohol, von dem sie an diesem Abend gezehrt hatte. Doch ihrer sicheren Körperhaltung nach zu urteilen, konnte wohl nicht davon die Rede sein, dass sie betrunken war. Nein, das war sie definitiv nicht. Ihr Kopf war vollkommen klar.

Zu klar vielleicht. Wenn sie nur könnte … Wenn sie nur könnte …
 

Allow the night to flow inside

Open the window, let the wind blow
 

In ihren wirren Gedanken versunken, geriet Musashi für einen Moment aus dem Takt und stolperte über ihre eigenen Füße. Zu ihrem Glück hatte Kojiro sie fest im Griff und fing sie auf, ehe sie weiter stürzen konnte. Er hatte sie noch im selben Moment näher an sich herangezogen, hielt nun statt ihrer Hand ihr Handgelenk und seine andere Hand war weiter auf ihren Rücken gerutscht, um sie besser halten zu können. Nun fand sie sich dicht an seiner Brust wieder.

Sie spürte, wie ihr die Röte in die Wangen stieg. Was war das eben gewesen? War sie nicht einmal mehr in der Lage, diesem einfachen Rhythmus zu folgen? Wie konnte sie nur bei so einer simplen Schrittfolge über ihre eigenen Füße stolpern? Wie peinlich.

„‘tschulige“, murmelte sie leise und versuchte, es nicht zu trottelig klingen zu lassen. Zugleich aber ärgerte sie sich. Sie ärgerte sich, dass sie mit ihrer Geistesabwesenheit diesen wundervollen Moment zerstört hatte. Verdammt, wieso auch ausgerechnet jetzt?

„Du musst loslassen“, hörte sie Kojiro sanft sprechen und schrak auf. Sofort ließ sie von seiner Schulter ab, wo sie ihre Finger in den dunkelblauen Stoff vergraben hatte, und versuchte, sich von ihm wegzudrängen.

Ihr Partner lachte. „Nein, so meinte ich das nicht.“

Verwirrt über die Tatsache, dass er sie entgegen ihrer Versuche nur umso fester zu halten versuchte, blinzelte sie zu ihm hoch. Es war seltsam, das Kinn so weit nach vorn strecken zu müssen, um ihn ansehen zu können. „Was meinst du?“

„Ich meinte nicht, dass du mich loslassen sollst“, erklärte er und sein Griff wurde lockerer. Er korrigierte ihrer beider Armhaltung, trat dabei jedoch nicht zurück, um den höflichen Tanzabstand wiederherzustellen. Dennoch begann er sie im seichten Wiegeschritt ein weiteres Mal auf den Walzer einzustimmen, welcher noch immer im Hintergrund spielte.

„Sondern?“

„Man kann einen Walzer nur dann tanzen, wenn man sich auch auf ihn einlässt.“

Musashi senkte das Kinn. Für einen Moment hatte sie das Gefühl, dass er sie ertappt hatte. Bei was auch immer, aber es war ihr unangenehm. Und es stellte sie so hin, als sei sie unprofessionell. Ungenügend.

„Und das tue ich wohl nicht?“, schnappte sie, empört dank ihres letzten Gedankens, zynisch.

„Nicht so.“ In Kojiros Stimme lag eine gewisse Vorsicht bei diesen Worten. Seine Hand schloss sich fester um die ihre, da er die Anspannung an der Freundin bemerkte. Als wolle er verhindern, dass sie jeden Moment Reißaus nahm. „Ein Walzer ist nicht nur eine simple Schrittfolge, man muss auch mit dem Herzen dabei sein. Wenn du nicht bei der Sache bist, beleidigst du deinen Tanzpartner.“

‚Was?!‘
 

Highlight of the night is the unhappy ending

You keep refusing to answer my calls
 

Das war zu viel! Was wusste Kojiro denn schon? Was wusste er denn schon, was in ihr vorgegangen war? Er war es doch! Er war schuld daran, dass ihre Gefühle und Gedanken Achterbahn fuhren und sie aus dem Gleichschritt gebracht hatten. Von wegen, sie sei nicht bei der Sache!

Ruckartig stieß sie sich von ihm. Sie traf ihren Partner mit ihrer plötzlichen Zurückweisung so unvorbereitet, dass er sie tatsächlich aus seinen haltenden Händen verlor. Entsprechend verdattert schaute er sie auch an.

„Musashi?“

„Das hat keinen Zweck”, betonte sie mit unterkühlter Stimme und trat einen Schritt von ihm zurück, ehe sie sich von ihm wegdrehte. Sie verschränkte die Arme vor der Brust.

„Was?“

„Spar dir die Mühe einfach. Das hier ist ohnehin lächerlich.“ – Ja, war es. Wie sonst sollte man das, was sie hier gerade abzogen, bezeichnen? Zwei Team Rocket-Agenten, die in einer ach-so-romantischen Nacht einen ach-so-tollen Walzer tanzten, als hätten sie nichts Besseres zu tun. Als seien sie ein ganz normales Liebespärchen, die sonst auch nichts anderes taten. Das war lächerlich.

Fast hätte sie sich in dieser Wunschvorstellung verloren, es sei wirklich so. Sie seien wirklich nur ganz normale Leute, ein augenscheinliches Pärchen wie so viele hier, wenn auch nur für diesen Moment. – Aber das stimmte nicht. Das waren sie nicht.

„Das hier ist einfach nur peinlich“, fuhr sie fort und ließ es abwertend klingen. Ihr Blick, vor Kojiro verborgen, verdüsterte sich. „Lass es einfach gut sein und wir vergessen das Ganze einfach.“

„Genau das meine ich.“

Sie stöhnte entnervt. Widerwillig drehte sie sich zurück nach ihrem Partner um, die Arme weiterhin vor der Brust verschränkt. „Was?“, stieß sie gereizt hervor und warf ihm einen giftigen Blick zu.

„Was soll das Ganze, Musashi?“ Jetzt klang auch Kojiros Stimme vorwurfsvoll. In seinen grünen Augen war zu lesen, dass er von ihrem reservierten Verhalten verletzt war. „Ich verstehe dich einfach nicht. Wovor hast du Angst?“

„Bitte?!” Ihre Stimme überschlug sich. „Hast du ’ne Meise? Wie kommst du darauf, dass ich vor irgendetwas Angst hätte? Ich habe vor nichts und niemanden Angst!“

„Und doch läufst du davon.“

„Spinnst du? Ich laufe nicht davon!“

Für einen Moment sahen sie einander an. Abschätzend, fast lauernd, und schienen zu warten, dass der jeweils andere den nächsten Schritt machte. Eine unangenehme Spannung lag in der Luft und drohte, noch die letzte Magie der Nacht zu vertreiben.

Dann trat Kojiro bestimmt auf seine Partnerin zu. Ohne nur ein einziges weiteres Wort zu verlieren, löste er ihre verschränkten Arme und hob sie zurück in ihre vorherige Tanzhaltung. Nur widerspenstig ließ sich Musashi ihre Hand auf seinen Oberarm legen, doch er ließ sich davon nicht beirren.

Während er sie wieder in kleinen Wiegeschritten auf den langsamen Takt der Musik einstimmte, fragte er noch mit leiser, fester Stimme: „Dann erkläre mir, wieso du dich so verhältst.“

Ihr Blick wurde finster.
 

Drop the bending, stop the pretending
 

Was bitte wollte er jetzt von ihr hören? Was sollte sie ihm darauf sagen? Er würde es ja doch nicht verstehen. Sie verstand es ja selber nicht, wenn sie so darüber nachdachte.

Sie fühlte sich wohl und unwohl zugleich. Wohl, dass er bei ihr war und sich allem Anschein nach um sie sorgte und sie aufzuheitern versuchte. Dass er sich so sehr bemühte, sie auf andere Gedanken zu bringen. Und im selben Moment fühlte sie sich unwohl deswegen. Sie fühlte sich befreit, wenn sie so tanzten, doch es ließ sie gleichermaßen zweifeln und machte sie wütend. Das waren doch nicht sie! – Oder doch?

„Wieso denn ich?“, gab sie uneinsichtig zurück, um ihre Zweifel gegen ihn zu wenden. „Wer fühlt sich denn hier beleidigt, weil er glaubt, jemand wäre nicht richtig bei der Sache?“

„So war das nicht gemeint.“ Kojiro seufzte schwer. „Ich bin nicht beleidigt. Und ich wollte dir auch keinen Vorwurf machen. Es ist nur … Naja, vielleicht habe ich das auch nur gesagt, weil man mir das damals immer gesagt hatte.“

Prüfend sah sie ihm in die Augen. Sie war skeptisch gegenüber seiner Worte, doch sie glaubte zu erkennen, dass er es ehrlich meinte. Und wenn sie so darüber nachdachte, war es glaubwürdig; immerhin hatte er ihr und Nyasu damals mit einem geknickten Ausdruck gesagt, dass er in seiner reichen Kindheit zu vielerlei Unterricht genötigt worden war. Möglich, dass Standardtänze dazugehört hatten. Und ebenso möglich war es, wenn auch ihrer Meinung nach lachhaft, dass es die Reichen sehr penibel mit der Einstellung dazu nahmen. Manche Predigten brannten sich wohl einfach ins Gedächtnis ein, wenn man sie immer wieder hörte, möglicherweise.

„Hm.“

„Entschuldige bitte.“ Er lächelte sein unschuldigstes Lächeln. Und Musashi war sich sicher, dass er das mit purer Absicht tat, um sie weichzukriegen.

Es klappte.

„Schon gut.“ Aber entschuldigen würde sie sich nicht. Nein, das kam überhaupt nicht in Frage!

 

Ohne dass sie es richtig bemerkt hatte, hatte Kojiro derweil wieder begonnen, sie in seichten Vorwärts- und Rückwärtsschritten zu führen. Und sie war ihm wie selbstverständlich gefolgt, Schritt um Schritt. Es wurde ihr erst bewusst, als die ersten Vierteldrehungen mit hinzukamen.

Zurück, Seite, ran. Vor, Seite ran.

Die Schritte waren langsam, passend zur Musik, sodass sie keine Schwierigkeiten hatte, ihnen zu folgen. Es war, als würden sie sich nie anders bewegen.
 

You say: “Get ready for the last waltz”
 

Dann änderte sich der Takt. Kojiro reagierte sofort, indem er sie aus ihrer letzten Vierteldrehung zurück in einen Pendelschritt führte. Die Musik wurde für einen Moment ruhiger. Nur einzelne, sanft geschlagene Vibraphonklänge leiteten einen Übergang ein.

Er lächelte seine Partnerin wissend an. „Bereit?“

Irritiert wegen seiner Frage zog Musashi die Augenbrauen zusammen. „Bereit für was?“
 

Another you and me

Another revolutionary heavenly romance

Waiting for the last waltz
 

Seine Hand umgriff fester die ihre. Gleichzeitig drückte er sie etwas dichter an sich, sodass sie kaum eine andere Wahl hatte, als ihren angehobenen Arm auf seinem abzulegen. Und war sie im ersten Moment noch verwirrt, was das Ganze bezwecken sollte, so erfuhr sie es schon im nächsten Augenblick.

Die Musik hatte sich verändert. Der Rhythmus war nun schneller, der Takt impulsiver. Sie wusste nicht, woran Kojiro es erkannt hatte, aber er führte den Walzer nun mit größeren, schnelleren Schritten, ohne den Takt zu verfehlen.

Jedem Schritt folgte eine halbe Drehung, sodass Musashi am Ende gar nicht mehr wusste, ob er sie in erster Linie trieb oder vielmehr führte. Sie reflektierte seine Impulse ganz automatisch, ohne zu wissen, was sie genau tat.

Links zurück, rechts zur Seite, links ran. Rechts nach vorn, links zur Seite, rechts ran. Dann wieder links zurück, rechts ranziehen und Drehung. Es ging alles viel zu schnell.

Ihre Hand auf seinem Oberarm rutschte nach oben, um an seiner Schulter besseren Halt zu finden. Mit der anderen hielt sie seine Hand, so gut sie konnte. Sie standen sich nah genug, dass sich ihre Unterarme in der gehobenen Haltung berührten, wofür sie dankbar war. Wenn sie ihn bei diesem Tempo verlor, so fürchtete sie, würde sie garantiert stürzen. Nein, er durfte sie auf gar keinen Fall loslassen!

Um ja nicht auf ihre Füße zu schauen, heftete sie ihren Blick einzig auf seine Augen. Hinter ihnen verschwamm die Nacht und sie versuchte, sich davon nicht ablenken zu lassen. Sofern das überhaupt möglich gewesen wäre, so wie sein sanfter Blick sie in seinem Bann hielt.

Nicht denken, nicht überlegen. Einfach folgen. Schritt um Schritt, Drehung um Drehung. Der Klang der Musik trug sie wie auf leisen Schwingen.

Sie schwebten. So musste es einfach sein, so schnell wie sie sich in ihren weiten Schritten rotierend bewegten. Die Veranda war weit, und sie gehörte nur ihnen. Und Kojiro wusste den Platz perfekt zu nutzen.

Seitwärtsschritt, Drehung. Seitwärtsschritt, Drehung. Vor, zurück mit Drehung.

Es folgte noch eine zweite, schnelle Drehung, und dann tat Kojiro etwas, das sie nicht erwartet hatte.

Noch in der Drehung nahm er seine Hand von ihrem Rücken. Während er sich abbremste, konnte Musashi dem Schwung nicht standhalten und drehte sich aus ihrer Haltung heraus, bis sie nur noch Halt an seiner Hand hatte, die sie nicht losließ. Erst als ihrer beider Arme ausgestreckt waren, konnte sie sich in einem Seitwärtsschritt stoppen, doch im selben Moment trat Kojiro einen kleinen Schritt zurück, zog sie dadurch wieder zu sich heran und kam anschließend mit einem großen Schritt auf sie zu, als sie sich ihm gerade wieder entgegendrehte, um sie im richtigen Moment abzufangen. Das Ganze geschah so schnell und so plötzlich, dass sie gar nicht begriff, was gerade passierte. Ihr Herz raste vor Aufregung über diese unvorhergesehene Figur, jetzt, da sie wieder sicher in Kojiros Armen war.

Ihr Atem ging schneller und ihre Wangen fühlten sich heiß an. Sie war nicht sicher, ob es an der Anstrengung der schnellen Schritte lag, oder an etwas anderem. Doch eines stand fest: Das hier war der Wahnsinn! Hätte sie geahnt, dass ein Walzer so aufregend und so atemberaubend sein konnte, sie hätte ihn schon viel früher getanzt. Hätte sie gewusst, über welche Qualitäten ihr Freund in der Tanzführung verfügte, sie hätte den feierlichen Ball damals auf Schloss Cameran viel ernster genommen.

Kojiro.

Er lächelte. Vielleicht mochte sie es sich nur wegen ihrer plötzlichen Faszination zu ihm einbilden, doch sie behauptete, es sei das schönste Lächeln, das er ihr je gezeigt hatte. Es war ein Lächeln, das er ihretwegen auf seine Lippen gezaubert hatte. Ein Lächeln nur für sie.

Ihr Herz tanzte denselben schnellen Rhythmus wie ihre Füße. Die Welt drehte sich mit ihnen. Und es war wundervoll.

Sie verstand jetzt, was er vorhin gemeint hatte. Es war wichtig, loszulassen und mitzugehen. Nicht zu überlegen und es einfach geschehen zu lassen. Genau das tat sie jetzt.

Es war egal, was sie waren. Für diesen Moment waren sie ganz normale Leute. Zwei Tänzer in der Nacht. Wenigstens für diesen Augenblick wollte sie das glauben. Was danach kommen mochte, zählte längst noch nicht.
 

And so it seems

We won’t find the solution

Confusion leads the dance
 

Sie folgten weiterhin dem lebhaften Rhythmus der Musik. Es war, als würden sie nur so dahingleiten. Alles geschah wie selbstverständlich.

Beim zweiten Mal, als Kojiro die Seitwärtsschrittfigur mit ihr wiederholte, war es nicht mehr so schlimm. Sie ging einfach mit, vertraute auf seine Führung und ließ ihn nicht los. Zwei weitere Drehungen folgten, und noch einmal übergab er sie dem Schwung in den Auswärtsschritt. Doch als er sie dieses Mal wieder zu sich heranholte, griff er um und umfing sie an der Taille. In einer fließenden Bewegung hob er sie hoch, nur um sie nach einer halben Drehung wieder vor sich abzusetzen und in ihre vorherige Tanzhaltung zurückzukehren. Dabei ruhte seine rechte Hand jetzt nicht mehr an ihrem Schulterblatt, sonder verblieb an ihrer neuen Position. Genauso, wie auch Musashi mit ihrer Linken an seiner Schulter verweilte. Das war gewiss nicht richtig so, doch wen kümmert es schon? Jetzt, da sich der Walzer ohnehin dem Ende neigte.

Als wäre der Tanz von Anfang an so einstudiert gewesen, klangen die Impulse der kraftvollen Melodie allmählich ab. Die Musik wurde ruhiger, kräftige Schlaginstrumente wichen zarter Streichmusik, die immer leiser wurde, je weniger Instrumente mitwirkten.

Sie bewegten sich nur noch in langsamen Schritten mit kleinen Vierteldrehungen. Den letzten, hellen Klirrtönen folgten sie in seichten Pendelschritten, bis das Stück ganz verstummte und sie sich stillschweigend gegenüberstanden.

Im Tanzsaal wurde wild applaudiert. Auf der Veranda war es still.

Noch immer standen sich die beiden Rockets in ihrer zuletzt eingenommenen Tanzhaltung gegenüber. Hand in Hand, Auge in Auge, und sahen einander nur an. Sie waren sich so nahe, dass Musashi kaum zu atmen wagte, obgleich es nicht zu vermeiden war. Ihr Herz schlug heftig gegen ihre Brust.

Drinnen spielte bereits das nächste Musikstück an, doch noch immer regten die beiden sich nicht. Wieder war es, als warteten sie darauf, dass der jeweils anderen den nächsten ersten Schritt machte.

Doch wie sollte der aussehen?

Musashi versuchte in den Augen ihres Partners zu lesen. So nahe, wie sie sich waren … So nahe, wie Kojiro ihr war … Wieso sah er sie so lange an? Sah sie so, auf diese bestimmte Weise, an? Sie wollte wissen, was in seinem Kopf vorging.

Sie konnte seinen Atem spüren, so dicht waren sie einander. Die Hitze, die von ihm ausging. Durch ihre linke Hand nahe seiner Schulter konnte sie seinen Herzschlag spüren. Schnell, kräftig; es polterte regelrecht in seiner Brust. Es raste nicht minder als ihr eigenes, und spornte dieses sogar noch mehr zum Galoppieren an. In ihren Wangen kribbelte es.

Bilder von romantischen Liebesfilmen schlichen sich in ihren Kopf. Wenn sie in einem dieser Filme wären … Er bräuchte sich nur noch ein kleines Stück weiter zu ihr herunterzuneigen. Nicht viel, nur wenige Zentimeter. Noch weniger, wenn sie ihm entgegenkommen würde. Vielleicht sollte sie sich besser abwenden, solange sie noch konnte? Sie war wie gelähmt.

 

Dann regte er sich.
 

We’re waiting for the last waltz
 

Aus Reflex kniff sie die Augen zusammen. Dann spürte sie das warme Gefühl seiner Lippen auf ihrer Stirn. Federleicht, wie ein Hauch, und viel zu kurz.

Ihr wurde heiß. Die Hitze schoss ihr augenblicklich in die Wangen, als sie ihrem Partner wieder in die Augen blickte. Sie war so überrascht gewesen, dass sie sogar ihre Hand von seiner Schulter genommen hatte, was Kojiro wohl als Anlass nahm, sie ebenfalls freizugeben. Ihre Haut unter dem roten Stoff ihres Kleides kribbelte noch immer aufregend, wo seine Hand an ihrer Taille gelegen hatte.

„Gehört das etwa mit dazu?“, fragte sie schließlich, nachdem sie sekundenlang vergeblich versucht hatte, ihre Worte wiederzufinden. Doch etwas Besseres war ihr einfach nicht eingefallen. Ihre Finger glitten prüfend über die Stelle, an der er sie geküsst hatte.

Auch auf Kojiros Wangen schlich sich nun ein deutlicher Rotschimmer, der nicht mehr zu übersehen war. Auf sein Gesicht spielte sich ein verlegenes Lächeln. „Ja“, log er wenig glaubwürdig.

„So, so.“

„Weißt du, Musashi …”, setzte er nach einer kurzen Pause erneut an, doch er sollte nicht dazu kommen, den Satz zu beenden.

„Leute, nya! Hier seid ihr, nya.“

Zeitgleich richteten die beiden Agenten ihre Aufmerksamkeit dem Kater zu, welcher gerade aufgeregt zu ihnen winkte. Er stand noch immer in der Tür und schien nicht sehr begeistert von dem Gedanken, den warmen Saal zu verlassen.

‚Nyasu.‘ Musashi schluckte. Ein schlechtes Gewissen machte sich in ihr breit, als sie erst jetzt realisierte, dass sie ihren Pokémon-Partner in all der Aufregung ganz vergessen hatte.

Kojiro neben ihr lächelte. „Hier sind wir. Hast du uns gesucht?”

„Wo warst du?”, machte sie dem Kater zum Vorwurf und verschränkte betont die Arme vor der Brust. Sicher, sein plötzliches Auftauchen war gerade ungünstig; jetzt, da Kojiro ihr etwas hatte sagen wollen. Aber das rannte ihr nicht weg. Und so war es immer noch besser, als wenn sie ihn erst ewig hätten suchen müssen. Schon wieder.

„Ist doch egal, nya. Ich hab‘ gute Neuigkeiten, no nya.“

„Neuigkeiten?” Kojiro tauschte einen fragenden Blick mit Musashi, welche nur mit den Schultern zuckte.

„Du hattest eine Erleuchtung, wie du Reisbällchen künftig weniger krümelig essen könntest?“, riet sie mit wenig Ernst in der Stimme und tippte sich verdeutlichend mit dem Zeigefinger gegen den Mundwinkel.

„Viel besser, nya!“, konterte Nyasu, wischte sich beiläufig mit der Pfote über die breite Schnauze, ehe er wieder zu den beiden Freunden herüberstrahlte. „Ich habe Ayana-san getroffen, nya. Sie bietet uns an, hier zu schlafen, no nya!“

„Was?” Musashi war hörbar überrascht.

„Im Ernst? Aber wieso?“, stimmte auch Kojiro nicht minder überrumpelt mit ein.

Nyasu hob stolz den Kopf und klopfte sich selbstlobend auf die Brust. „Wisst ihr, nya, ich habe sie getroffen, als ich nach euch gesucht hatte, und habe mich ein wenig mit ihr unterhalten, nya. Sie fragte, ob uns der Ball gefällt und das Übliche, nya, und fragte dann, woher wir kommen und was wir so machen, no nya.“

„Du hast ihr doch nicht etwa erzählt…!?“, platzte es aus Musashi, die bereits das Schlimmste vermutete bei dem losen Mundwerk des Katers.

Doch dieser winkte ab und warf ihr einen vorwurfsvollen Blick zu. „Was denkst du denn, nya? Natürlich habe ich ihr das nicht erzählt, no nya.“ Kurz räusperte er sich, dann posierte er stolz vor den beiden Freunden. „Ich habe ihr erzählt, wir seien Pendler einer Organisation, die sich für den Schutz seltener Pokémon einsetzt, no nya. Deswegen seien wir so viel unterwegs, würden uns um verletzte wilde Pokémon kümmern und von Stadt zu Stadt ziehen, um Spenden zu sammeln von Leuten, die ein Herz für wildlebende seltene Pokémon haben, no nya. Wir selbst leben nur von der Güte und Großzügigkeit der Leute, denen wir begegnen, nya.“

„Und das hat sie dir abgekauft?“, zweifelte Musashi erneut.

„Nicht nur das, sie war zu Tränen gerührt, no nya. Sie sagte: ‚Ihr seid so gute Menschen. Ich bin froh, euch getroffen zu haben‘, no nya.“ Dem Kater gelang es bei diesen Worten tatsächlich, Tränen in seine Augen zu spielen und ein gerührtes Gesicht zu mimen. Er räusperte sich anschließend, um in seinen Erzählungen fortzufahren. „Auf jeden Fall hat sie schnell geschaltet, nya. Sie bietet uns an, die Nacht eines der Gästezimmer zu beziehen und dann morgen ausgeruht und gestärkt weiterzuziehen, nya. Frühstück inklusive, no nya.“

„Das ist großartig!“, jubelte Kojiro, gab im Anschluss jedoch noch ein leises „Wenn auch nicht ganz die Wahrheit“ zu bedenken.

Dem kleinen Kater tat dies in seiner Selbstüberzeugung keinerlei Abbruch. Er streckte sich nur noch stolzer auf seine Zehenspitzen. „Na? Wer ist hier das Genie, no nya?”

„Du bist der Größte!“, lobte der Freund, hockte sich zu ihm herunter und schüttelte ihm gratulierend die Pfoten, als habe er soeben den ersten Preis für irgendetwas gewonnen. Dabei strahlte er über das ganze Gesicht, was dem Kater ein verlegenes „Nyahaha“ entlockte.

„Also bleiben wir hier?“, hakte Musashi noch einmal nach, die der Wendung nicht so recht folgen konnte.

Kojiro warf daraufhin einen Blick über seine Schulter zu ihr zurück. „Hast du etwas dagegen?“

„N-nein.“

„Gut, nya. Und was machen wir nun mit den ganzen Blubella, nya?“

„Was meinst du?”, wollte Kojiro irritiert wissen.

Jetzt wurde Nyasu offensichtlich verlegen. Er blickte betreten vor sich zu Boden. „Nya, ich schätze, ein paar haben sich in einen Sack unter einem der Tische verirrt, no nya“, stammelte er leise. „Ich dachte halt, wenn wir dem Boss –“

„Du hast was?!“, plauzte es aus Kojiro, der seinen Ohren nicht zu trauen glaubte.

„Was denn, nya? Ich habe nur mitgedacht, no nya!“

Der Agent schüttelte ungläubig mit dem Kopf. Dann blickte er fragend zu Musashi, die sich noch immer nicht vom Fleck gerührt hatte. „Was meinst du?“

„Hm …“ Sie ließ die Alternativen kurz auf sich wirken. Das Team stand vor der Wahl, entweder einen warmen und komfortablen Platz für die Nacht zu haben, oder bei dem Boss mit ein paar schön anzusehenden Blubella zu punkten. Einen Bonus gäbe es sicherlich, wenn sie noch ein oder zwei andere Pokémon mitgehen lassen würden, die es in diesem Haus zu diesem Zeitpunkt wirklich zuhauf gab. Bis ihre Besitzer sie vermissen würden in all dem feierlichen Trubel, wären sie längst über alle Berge, wenn sie sich heimlich mit ihrer Beute davonschleichen würden. Es würde gar nicht auffallen, wenn sie es richtig machten. Und der Boss würde es sicherlich zu schätzen wissen. Sehr zu schätzen wissen.

Die Entscheidung lag auf der Hand.

„Lass sie frei.“

„Nya?“ Der Kater blinzelte ungläubig.

„Auf einen Tag mehr oder weniger, an dem der Boss nichts von uns zu sehen bekommt, macht nun auch keinen Unterschied mehr“, erklärte sie ihren beiden Partnern mit einem Seufzen, wobei sie abmildernd mit den Schultern zuckte.

Kojiro, welcher noch immer vor Nyasu hockte, lächelte zu der Freundin hoch. Sie sah es nicht. Dennoch hakte er noch einmal nach: „Bist du sicher?“

„Ihr könnt ja arbeiten, aber ich hätte heut‘ Nacht gern ein warmes, kuscheliges Bett. Das wäre mal eine Abwechslung“, schnaufte sie. Nur geflüstert ergänzte sie dem noch: „Ich habe die letzte Nacht kein Auge zugetan.“

„Na schön, nya“, gab Nyasu gespielt beleidigt nach und drehte sich von den beiden Menschen weg, um in den Saal zurückzukehren. Bevor er ging, blickte er sich noch einmal betont nach ihnen um. „Aber vergesst nicht, wem ihr das zu verdanken habt, no nya!“

„Wir vergessen es dir schon nicht“, beschwichtigte Kojiro und erhob sich in dem Moment, um dem kleinen Freund zu folgen.

„Kojiro“, wurde er von Musashi zurückgehalten, gerade als er sich aufgerichtet hatte und sich in Bewegung setzen wollte.

Fragend sah er zu ihr zurück. „Ja?“

„‚Weißt du‘?“, wiederholte sie seine letzten Worte von vorhin, bevor Nyasu dazwischengeplatzt war. Dabei zog sie fragend die Augenbrauen zusammen, während sie ihrem Partner unverwandt in die Augen blickte.

„Ach ja“, entgegnete dieser, als er begriff, worauf sie anspielte. Er drehte sich daraufhin ganz nach ihr um und schien für einen Augenblick verlegen zu sein, so wie er sich die Hand in den Nacken legte. Dann aber lächelte er ein schiefes Lächeln. „Es ist eigentlich nicht so wichtig, aber … Hatte ich dir eigentlich erzählt, was Ayana-san zu mir gesagt hat, weshalb die Leute hier das Blubella-Festival abhalten?“

„Nein?“ In ihrer Stimme schwang eine ungewollte Skepsis mit.

Kojiro strahlte, auf seinen Wangen schimmerte eine zarte Röte. „Naja … Sie sagen damit Danke. All jenen, die ihnen das Leben schöner machen. Indem sie tanzen.”

„Und?“, bohrte sie weiter, da sie offensichtlich nicht wusste, was er ihr damit zu sagen versuchte. Erst als sie, dank seines Schweigens, die Worte noch einmal überdachte, folgte ein leises „Oh“, da sie verstand.

„Na komm schon“, schwenkte er plötzlich um, ohne weiter auf das Thema einzugehen. Oder auf ihre unübersehbare Verlegenheit, als sie ihren Blick ruckartig von ihm abgewandt und stattdessen zur Seite gerichtet hatte, wofür sie ihm insgeheim dankbar war. „Folgen wir Nyasu, solange wir ihn noch unter den Leuten ausmachen können. Sonst müssen wir ihn schon wieder suchen.“
 

I believe that no one in this world has the answers for me
 

Keine zwei Stunden später war der Trubel endlich überstanden. Ihre großzügige Gasgeberin, Ayana, in der bunten Menschenmasse wiederzufinden, hatte sich als schwieriger herausgestellt, als erwartet. Die herzergreifende kleine Lügengeschichte von Nyasu hatte in der Tat Wirkung gezeigt und so führte sie das Trio zu dem ihnen versprochenen Gästezimmer am anderen Ende der Hausetage.

Das Glück war ihnen hold. Sie mussten in einem wirklich sehr wohlhabenden Haus gelandet sein, denn das Zimmer verfügte sogar über ein integriertes Badezimmer. Ihre Gastgeber hatten den Gästen Handtücher und Yukata zurechtgelegt, so wäre es doch nur unhöflich gewesen, dieser kleinen Einladung nicht nachzukommen, oder nicht?

Nach der erfrischenden Dusche fand sich Musashi schließlich als Zweite in das große, weiche Gästebett mit dem dezent hellblauen Bettbezug. Nyasu, der von dem noch-so-entspannenden Wasserkontakt lieber abgesehen hatte, hatte es sich bereits mittig des Bettes bequem gemacht und die Agentin konnte nur den Kopf darüber schütteln, wie viel Platz der kleine Kater einnehmen konnte.

Sie zog gerade ihre nackten Füße unter die Bettdecke, als sich auch Kojiro aus dem Badezimmer fand. Aus ihrem flüchtigen Blick auf ihn erkannte sie, dass er sich das kleinere der bereitgelegten Handtücher um die Schultern gelegt hatte. Sein Haar war noch feucht, kleine Wasserperlen glänzten in dem Licht der hohen Zimmerlampen. Und er brachte den Geruch des Duschgels mit sich, welches sie beide notgedrungen benutzt hatten. Es roch nach frischen Wiesenkräutern.

„Hast du den Föhn nicht gefunden?“, stichelte sie in seine Richtung, um eine glaubwürdige Ausrede dafür zu haben, dass sie ihn länger als nötig gemustert hatte.

Daraufhin legte Kojiro fragend den Kopf schief, tastete kurz nach seinen Haarspitzen, ehe er lachte. „Doch, schon. Aber … gib mir einfach noch fünf Minuten.“

„Licht aus, nya“, grummelte Nyasu im Halbschlaf – wohl nur um den beiden Freunden zu verstehen zu geben, dass sie leise sein sollten – und rollte sich auf dem Bauch zusammen. Ein leises Schmatzen folgte, schon schnarchte der Kater wieder vor sich hin.

„Du machst das“, flüsterte Musashi zu ihrem Partner und nickte dabei in Richtung Lichtschalter nahe der Tür, woraufhin dieser sich auch schon in Bewegung setzte.

„Na klar.“

 

Nur fünf Minuten später war es ruhig. Musashi zweifelte zwar, dass Kojiros Haare bereits trocken genug für das Bett waren, doch er hatte Wort gehalten. Nun hatte auch er sich auf die andere Bettseite eingefunden und nach einem kurzen Rascheln hatte anscheinend jeder seine Schlafposition gefunden.

Tick. Tick. Tick. – Irgendwo im Zimmer war das leise Ticken einer Uhr zu hören. Eigentlich hätte Nyasus lautes Schmatzen und Schnarchen das Geräusch übertonen müssen, doch in Musashis Ohren klang es lauter wider als die vertrauten Schlafgeräusche des Katers. Es erschwerte ihr das Einschlafen erheblich.

Und weiterhin tick, tick, tick.

Sie drehte sich schließlich auf den Rücken und blickte auf zur Zimmerdecke. Wenn sie wüsste, wo sich dieser Störenfried genau befand, würde sie aufstehen und ihn gegen die nächste Wand schmettern. Auch wenn der Gedanke, jetzt noch einmal aufzustehen, wenig attraktiv auf sie wirkte.

Tick. Tick. Tick. – Irgendein Lied an diesem Abend hatte genauso angefangen. Und geendet, wenn sie sich recht erinnerte. Aber so genau wusste sie es nicht mehr.

Tick. Tick. Tick. – Ob es wohl helfen würde, die Schläge mitzuzählen? Damit würde sie zwei Fliegen mit einer Klappe schlagen, denn es gab noch einen Grund, wieso sie nicht einschlafen konnte. Ja, dieses nervige Geticke war eigentlich nur ihr kleinstes Problem.

Wenn sie den Tag so Revue passieren ließ, dann stapelten sich ihr eine Menge Fragen auf. Sie wusste, dass es ihr schlecht gegangen war. Sehr schlecht. Sie wusste auch noch, weswegen das gewesen war. Aber es wirkte auf einmal so theoretisch. Es fehlten die Details. Seltsam.

Umso mehr Details waren ihr von den letzten Stunden geblieben. Fünf lächerliche Minuten schienen der Dreh- und Angelpunkt des gesamten Abends gewesen zu sein. Es war alles noch da; die Musik, das Kitzeln des Windes, der Nachthimmel, das Gefühl von absoluter Freiheit und Unbefangenheit … die grünen Augen, welche sie unentwegt angesehen hatten.

Es war seltsam, nicht wahr? Irgendetwas war merkwürdig an diesen Erinnerungen, die noch so frisch waren und sie fürchten ließen, wieder nicht schlafen zu können. Das wäre unvorteilhaft, äußerst unvorteilhaft für sie alle. Aber ironischerweise stimmte es sie nicht ärgerlich. Wirklich seltsam.

Was war das gewesen? Irgendetwas war da zwischen Kojiro und ihr gewesen, das sie nicht zu benennen wusste. Es fühlte sich so greifbar an, was auch immer es war, aber zugleich entzog es sich ihr, sobald sie glaubte, der Antwort nahe zu sein. Was war da zwischen ihnen passiert? Oder bildete sie sich nur etwas ein, was gar nicht vorhanden war?

„Musashi?“

Schock! – Für einen Moment dachte sie, ihr Herz wäre stehen geblieben vor Schreck. Im Nächsten erschien es ihr lachhaft, da Kojiro so leise geflüstert hatte, dass sie es im Halbschlaf ganz bestimmt überhört hätte.

„Bist du noch wach?“

‚Es wäre vielleicht klug, sich schlafend zu stellen‘, ging es ihr noch durch den Kopf.

Ihr leises „Mhm“ machte diesen Gedanken sofort zunichte. Zu spät.

„Morgen suchen wir wieder nach den Knirpsen und Pikachu, oder?“

„Hast du etwa eine bessere Idee?“ Sie hatte es eigentlich gar nicht so vorwurfsvoll klingen lassen wollen, wie sie es wohl gerade getan hatte. Blöde Angewohnheit.

„Naja … ich dachte nur, weil das Blubella-Festival …“

Kojiro verstummte, doch sie wusste, worauf er anspielte: Er würde lieber noch ein wenig bleiben und dem Festival beiwohnen. Verständlich, immerhin gönnten sie sich ja sonst nichts, wenn sie immerzu dem Knirps auf den Fersen blieben. Irgendwo konnte sie ihren Freund in dieser Hinsicht verstehen.

Dennoch sagte sie nichts.

Neben ihr raschelte es. Sie spürte, wie die Matratze unter ihr leicht wankte, als sich Kojiro auf die andere Seite drehte. Wenn sie richtig vermutete, lag er nun mit dem Gesicht zu ihr – und schaute sie an.

„Was?“, verlangte sie zu erfahren, als er nach dreißig Uhrenticks noch immer kein Wort gesagt hatte. Trotz ihres Flüsterns klang ihre Stimme abwehrend.

Kojiro neben ihr lächelte. Sie sah es nicht, sie hörte es aus seinen Worten heraus. „Hattest du heute Spaß?“

Und wieder spürte sie die Hitze in ihren Wangen.

Tick. Tick. Tick. – „… Ja.“
 

Still I hope that someone has heard
 

„Lass uns auch morgen wieder unser Bestes geben“, hörte sie Kojiro neben ihr sagen, was sie dazu bewegte, doch noch einmal zu ihm zu sehen. Tatsächlich hatte sie mit ihrer Vermutung recht gehabt: Er hatte sich in ihre Richtung gedreht, die Augen geöffnet und sah sie an. Auf seinem Gesicht lag sein typisches, aufrichtiges Lächeln.

Sie erwiderte es. „Mhm.“

„Als Team Rocket steigen wir auf in die Galaxie“, sprach er leise die letzte Zeile ihres gemeinsamen Mottos, welche normalerweise ihr Part war, und streckte dabei seinen rechten Arm unter seinem Kopf in ihre Richtung in die Höhe.

„Zu dem Weißen Loch, ein weißes Morgen wartet auf uns“, schloss sie mit seinen Zeilen an, wobei sie ebenfalls die Hand nach ihm ausstreckte und sich ihre Finger ineinander verschlossen.

„So irgendwie, nya“, brummelte auch Nyasu seinen üblichen Part, drehte sich auf den Rücken und streckte die Pfote ihren haltenden Händen entgegen. Nur für kurz, bis sie wieder aufs Bett zurücksank und er sein wohliges Schlafschmatzen fortsetzte.
 

Oh, you and me

Another revolutionary heavenly romance

Waiting for the last waltz

And so it seems

We won’t find the solution

Confusion leads the dance
 

Sie hatten kein weiteres Wort mehr gesagt, aber das brauchten sie auch nicht. Es hatte anschließend nicht mehr lang gedauert, bis Kojiro eingeschlafen war. Nun konnte Musashi ihren Partner in aller Ruhe betrachten, wie dieser im tiefen Schlummer lag.

Er sah so friedlich aus. Seine Atmung ging stetig und seine Gesichtszüge waren entspannt. Die Sänfte auf seinem Gesicht war geblieben. Es hatte etwas Beruhigendes.

Wieder war viel passiert. Wieder hatten sie viel gemeinsam erlebt. Und wieder sah sich Musashi daran erinnert, dass sie sich glücklich schätzen konnte, Kojiro an ihrer Seite zu haben. Sie vergaß dies gern in der täglichen Aufregung ihres turbulenten Lebens bei Team Rocket, das nicht immer einfach war. Aber es war lebenswert.

Wenn es anders wäre, wie wäre es dann wohl? Wie sähe das Morgen aus?

‚Morgen…‘ – Ein Lächeln umspielte ihre Lippen.

War das nicht eigentlich egal? Sie hatte Kojiro bei sich, Nyasu, und ihre Pokémon. Was brauchte sie im Augenblick mehr, um sich aufs Morgen zu freuen?

Morgen.

Morgen wollte sie wieder mit ihnen zusammen lachen. Morgen wollte sie wieder mit ihnen zusammen nach den Knirpsen suchen. Morgen wollte sie wieder mit ihnen zusammen ihr Bestes geben und nach vorn schauen.

Und vor allem wollte sie den morgigen Tag mit einem Lächeln begrüßen. Kojiro, Nyasu, und auch ihr selbst zuliebe.

Ja, morgen würde ein wundervoller Tag werden. Ganz bestimmt.

 

Vorsichtig hob sie ihre freie Hand. Nur zaghaft strich sie ihrem Freund ein paar der blauen Haarsträhnen aus dem Gesicht, ehe sie über seine Wange fuhr. Hauchzart, nur mit den Fingerspitzen. – Er bemerkte es nicht.

Sie lächelte.

Ihr war warm. Wohlig warm.
 

 

„Danke, Kojiro.“
 

We’re waiting for the last waltz


 



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Kommentare zu dieser Fanfic (5)

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Von: abgemeldet
2014-06-03T19:36:05+00:00 03.06.2014 21:36
Das Geschehen der Geschichte hast du perfekt an die Song-Lyrics angepasst.
Ich musste Schmunzeln, als das TRio als allererstes zum Buffet marschiert ist. Das ist so typisch :D.
Es war eine willkommende Abwechslung das TRio mit festlicher Bekleidung auf einen edlen Ball gehen zu sehen. Ich habe ihnen das richtig gegönnt.
Es war einfach niedlich, wie sich Kojiro um die angeschlagene Musashi gekümmert hat. Die Gute hatte das auch echt gebraucht.
Du hast so viele kleine, tolle Dinge und Details in deine FF eingebaut, dass ich gar nicht weiß, wo ich zuerst anfangen soll.
Die Balkon-Szene war einfach schön. <3 Hach der Walzer von beiden. Diese ganzen Details und Feinheiten. Dieser Moment. Er war traumhaft schön und hat mein Rocketshippy-Fanherz höher schlagen lassen. <3 Diese ganz Magie des Tanzes hast du einfach perfekt in Worten eingefangen. Du hast ihren Walzer und die ganze Stimmung so lebhaft beschrieben, dass ich das Gefühl hatte live dabei zu sein.
Ich habe mich sehr über die Pokemon Movie 8 Referenz ("Schloss Cameran") gefreut. Ein kleines, feines verstecktes Detail :D. Ich muss dir wirklich sagen, dass es beeindruckend und beachtenswert ist an was du alles denkst. Das zeigt mir als Leser, wie viel Mühe du dir gibst mit deinen Werken und das du dir deine Gedanken um die Charaktere machst.
Ich fands besonders süß als Musashi fragte "„Gehört das etwa mit dazu?“", nachdem Kojiro ihr den Stirnenkuss gab. Als Nyasu dann dazwischen kam tat es dem Geschehen überhaupt keinen Abbruch. Nyasu war einfach putzig, wie er von seinem Geniestreich erzählte. Das war ein schöner Übergang.
Die Szene mit dem original Motto. Was soll ich sagen, es war so Team Rocket. So toll. Ich habe mich sehr gefreut.
All diese Dinge und Details die Musashi aufgefallen sind, als sie mit Kojiro tanzte.
All diese Details bei den Beschreibungen, dem Geschehen, der Tanzszene. Vielleicht liegt es nur an mir gerade, aber sie klangen so liebevoll. Als hättest du dein ganzes Herz hineingelegt, deine ganze Liebe für die drei.
Das Ende ist einfach wunderschön. Da wird mir gleich ganz wohlig warm.
Das hier ist auf jedenfall eine wunderschöne Rocketshippy-Fanfic, die ich jedem nur ans Herzen legen kann.
<3
Antwort von:  Shizana
26.06.2014 11:45
Ich bewundere immer wieder dein Auge und deine Liebe fürs Detail. Genau diese Art Leser ist es, die mich immer wieder nach solchen kleinen, versteckten Dingen suchen lassen, die ich für sie einflechten kann. Es macht richtig Spaß. ^.^

- Als hättest du dein ganzes Herz hineingelegt, deine ganze Liebe für die drei.
//// Ähm, ja ... Das, ähm, stimmt schon so. In dieser FF liegt tatsächlich meine gesamte Liebe für das TRio, fürs Rocketshipping sowie für den Song. Es ist eine geballte Ladung an Emotionen, die ich möglichst niveauvoll versucht habe, in einer Handlung wiederzugeben. *hust* Ertappt ...

Es freut mich, dass dir die FF so gut gefallen hat. -^^-
Vielen lieben Dank. Ii kanji! ♥
Von:  So-Chan
2013-04-12T12:55:04+00:00 12.04.2013 14:55
Ich bin hin und weg von dieser FF auch wenn ich jetzt erst den Prolog gelsen habe weiß ich jetzt schon das mir das nächste Kapitel auch gefallen wird.

Besonders gut hat mir gefallen, alls du beschriben hast wie das fest zu stande gekommen ist. Mann kan sich die ganzen Blubella so schön vorstellen wie sie zwischen den gazen menschen umher tanzen, ich stell mir dabei wunderschöne Ballkleider vor und da zwischen die pokemon *.*
Du weist einfach wie du alles beschreiben musst das jemand wie ich so ins schwermen kommt.

Schade finde ich, das Musashi so traurig ist, das ziht einen mit runter, doch das die anderne beiden versuchen sie aufzumuntern find ich so herz aller liebst. Ich muss unbedingt weiter lesen.

Sonora Re-✖✐✖
Antwort von:  Shizana
12.04.2013 17:58
Ich danke dir vielmals für dein Feedback. Schön, dass dich der Prolog gleich überzeugen konnte. Hoffentlich wird dir der Hauptteil ebenfalls gefallen. :)
Ich freue mich über eine kurze Rückmeldung diesbezüglich.

Liebe Grüße
Shizana
Von:  Chibi_TR
2013-03-25T15:53:32+00:00 25.03.2013 16:53
Juhu, endlich ist die komplette FF on! Wie hab ich darauf gewartet! *,*

Habe sie mir direkt ausgedruckt und beim Lesen die ganze Zeit "Last Waltz" gehört. Hehe. Jetzt werde ich in Zukunft immer breit grinsen müssen, wenn ich den Song höre. <3

Wie fange ich denn nun am Besten an? Ich bin so schlecht im Kommis schreiben.

Also, im Moment habe ich nur ein Wort im Kopf: Sensationell! *.* Wirklich! Ich bin immer wieder begeistert davon, wie originalgetreu du unser TRio darstellst. Man hat wirklich IMMER den Anime vor Augen und nimmt dir jedes Wort ab.

Ich liebe zudem die Atmosphäre, die diese Geschichte ausstrahlt. Der Ball, das Blubella-Festival, der Balkon, die kühle Nachtluft... Man fühlt sich mittendrin. Und auch die Szene, in der es beinahe zum Streit zwischen Musashi und Kojiro kommt. Als Kojiro Musashi vorwirft, sie würde davonlaufen. Die Stimmung kommt klasse rüber und man kann sich so gut in die Charaktere einfühlen!

Dann noch der "Höhepunkt" im Tanz. Mein Gott, war das mitreißend! Wie Kojiro den führenden Part übernimmt und Musashi sich im vollkommen hingibt und sich führen lässt. Und diese Verwirrung, die damit einhergeht. Das stellst du so wunderbar glaubwürdig dar. Genau so würde Musashi reagieren.

Ich hatte richtige Gänsehaut an der Stelle! <3

Und gerade, wenn es interessant wird, muss Nyasu natürlich auftauchen! :D Super, perfektes Timing! Ich liebe solche Unterbrechungen. *g* Aber Mauzi gehört nunmal dazu! Auch schön, dass Mauzi noch etwas im Schilde führt. Und die Blubella stehlen will. Man darf ja schließlich nicht vergessen, dass sie immernoch Team Rocket sind! Aber schön, dass sie dann doch noch davon abgesehen haben. Geht halt nichts über einen warmen Platz zum Schlafen.

Und das Ende gefällt mir auch richtig gut. <3 Schön, dass Musashi sich bedankt. Auch wenn Kojiro es nicht mitbekommt. Man kann die Harmonie förmlich spüren.

Als Fazit bleibt zu sagen, dass du meine Erwartungen nicht enttäuscht hast! Im Gegenteil! Das war eine richtig schöne, herzerwärmende FF, die ich sicherlich noch öfter lesen werde. <3

Ich würde ja nun auch gerne noch konstruktive Kritik üben und Verbesserungsvorschläge machen. Es gibt nur ein Problem. Ich habe wirklich keine Kritikpunkte gefunden. Wirklich nicht. Ich habe echt versucht, etwas zu finden (da du ja Wert auf konstruktive Kritik legst), aber hier gibt es in meinen Augen nichts zu kritisieren. Höchstens, dass die FF ruhig noch hätte länger sein können. *g* Tut mir Leid. v__v

Ich freue mich schon auf weiteren Stoff von dir! ;)

Chibi ^.^
Antwort von:  Shizana
25.03.2013 19:46
Ähm, ja... Ich bin noch ein wenig in Verlegenheit, weil ich nicht genau weiß, was ich sagen soll. Bei so viel Lob... Es freut mich wirklich immer wieder, wenn meine Geschichten so begeistern und überzeugen können. Vielleicht klingt es kitschig, aber es macht mich tatsächlich immer noch verlegen. Ich meine, kann man "sensationell" eigentlich noch toppen? ^//^

> Ich hatte richtige Gänsehaut an der Stelle! <3
Das zu lesen, hat mein Herz höher schlagen lassen. Aww, wie süß! <3

> [...] die ich sicherlich noch öfter lesen werde. <3
Eines der schönsten Komplimente, die man einem Autor machen kann. Danke. Hoffentlich wird dich die FF auch beim zweiten und dritten Mal noch so fesseln und begeistern können. -^^-

> Höchstens, dass die FF ruhig noch hätte länger sein können. *g*
Ernsthaft, ihr schafft mich. x__x'


Habe auf jeden Fall vielen herzlichen Dank für dein Feedback. Ich bin ein sehr glückliches Shizana, aye.
Ii kanji! ♥
Von:  Chibi_TR
2013-03-22T18:39:59+00:00 22.03.2013 19:39
Mehr, mehr, mehr!!!!
Ist zwar bis jetzt "nur" der Prolog, aber ich liebe deine FF jetzt schon! Es ist so toll, wie du es jedes mal wieder schaffst, das TRio und die ganze Pokemonwelt so realistisch darzustellen. Man hat immer das Gefühl, sich wirklich im Anime zu befinden. In einer richtig GUTEN Version des Animes. ;) Viele neigen ja dazu, OOC zu werden und die Charaktere total abschweifen zu lassen. Dies ist bei dir aber gar nicht der Fall. Man nimmt dir jede einzelne Zeile ab und hat sofort ein klares Bild der Szene im Kopf.

Ich bin richtig gespannt darauf, wie es weitergeht! <3
Von: abgemeldet
2013-03-21T12:23:51+00:00 21.03.2013 13:23
Mondo *___*
Und Nyasu voll no nya, so wie es sich gehört ;).

>„Oh, schaut! Da gibt es einen Stand mit Fleischbällchen“, rief Kojiro auf einmal aus
Ich musste gleich an Dangos denken, da das TRio so etwas ja auch schon gegessen hatte (Und Wikipedia sagt folgendes dazu: Das Wort Dango kann sich aber auch auf andere kugelförmige Speisen wie zum Beispiel Fleischbällchen oder ähnliches beziehen.).
Also wollten sie sich Dango kaufen? :)

>„Egal, ich nehm‘ welche“, griente dann Nyasu
Ich musste eben nachschlagen, weil ich noch nie vorher "griente" gehört habe. Ist das wirklich ein richtiges Wort für grinsen?

Die Idee mit dem Blubella-Festival und die Hintergrundgeschichte dazu finde ich toll. :)
Ich dachte eigentlich das sei ein öffentliches, festliches Event, aber wenn ich das richtig verstanden habe ist das ein richtiger Ball mit allem drum und dran und edlen Kleidern?

>Nun mussten sie nur noch Musashi von dieser Sache überzeugen.
Da bin ich gespannt drauf. Mit der guten ist ja echt nix anzufangen.

Wie immer macht dein kleiner Prolog Lust auf mehr und ist eine schöne Einführung zum kommenden Geschehen ;).
Antwort von:  Shizana
22.03.2013 06:51
> Also wollten sie sich Dango kaufen? :)
Aye, so kann man das auch sagen. Da aber kaum einer weiß, was "Dango" sind, bin ich lieber bei "Fleischbällchen" geblieben. :)

> Ich musste eben nachschlagen, weil ich noch nie vorher "griente" gehört habe. Ist das wirklich ein richtiges Wort für grinsen?
Aye, ist es. Es ist allerdings nicht sehr geläufig und wird eher selten verwendet. Ursprünglich stammt es wohl aus dem Norddeutschen, vielleicht ist es in unserer Ecke deswegen wenig bekannt. Ich wollte aber nicht dauernd "grinsen" nehmen. x.x' Nur wenn's jetzt häufiger hinterfragt wird, nya, dann muss ich's wohl.

> Die Idee mit dem Blubella-Festival und die Hintergrundgeschichte dazu finde ich toll. :)
Yay, danke. -^^-

> Ich dachte eigentlich das sei ein öffentliches, festliches Event, aber wenn ich das richtig verstanden habe ist das ein richtiger Ball mit allem drum und dran und edlen Kleidern?
Dein erster Gedanke war schon richtig. Es ist ein öffentliches Stadtfest, wird aber mit dem Ball traditionell eingeleitet - quasi "eröffnet".

> Wie immer macht dein kleiner Prolog Lust auf mehr und ist eine schöne Einführung zum kommenden Geschehen ;).
Das freut mich sehr. Der eigentliche OS wird dann heute hochgeladen, da ich gestern kein Internet hatte. Mal sehen, ob der ebenfalls überzeugen kann. x3


Vielen lieben Dank für dein Feedback. Damit hatte ich wirklich nicht gerechnet. Und schon einmal viel Spaß mit diesem kleinen OS. ;D


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