Du bist mir wichtig... von BloodyRubin (...warum merkst du es nicht?) ================================================================================ Kapitel 5: Verwirrung --------------------- Wie ein gefangener Tiger lief Daisuke in seinem Schlafzimmer hin und her. Die Tür hatte er abgeschlossen. Momentan brauchte er Zeit, um sich wieder zu beruhigen. Wie hatte es nur so weit kommen können? Bereits zum zweiten Mal hatten Hiwataris Lippen die seinen berührt. Verflucht, er hätte einfach ins Bett gehen sollen. Warum musste er sich nur überall einmischen? Dabei hatte der Blauhaarige doch gesagt, er wolle allein sein. Seufzend ließ er sich in die Kissen sinken. Hoffentlich war morgen alles vergessen… Immer noch in seine Gedanken vertieft, schlief er schließlich ein. Erst das helle Tageslicht, das durch seine Fenster fiel, weckte ihn wieder auf. Während er sich anzog, musste er erneut an den gestrigen Abend denken. Energisch schüttelte er den Kopf und marschierte schnurstracks ins Wohnzimmer, wo der andere noch tief schlafend dalag. Irgendwie war es faszinierend, Hiwatari so zu sehen. Im Schlaf wirkte er so friedlich... er schien sogar zu lächeln. Einige Haarsträhnen fielen ihm ins Gesicht und leuchteten in der aufgehenden Sonne. Für einen Moment war Daisuke regelrecht hingerissen von diesem Anblick, bevor ein Klingeln ihn wieder in die Realität zurückholte. Eilig ging er zum Telefon und hielt sich den Hörer ans Ohr. „Hallo?“ „Ich bin es, Dai-chan. Geht es dir gut?“ „Ja, einigermaßen.“ „Du klingst so merkwürdig. Ist etwas passiert?“ „Nein, alles in Ordnung.“ log er sofort und versuchte, das Zittern in seiner Stimme zu unterdrücken. Seine Mutter schien ihm das nicht zu glauben, doch sie seufzte nur. „Na schön. Hör mal, wenn du Lust hast, könntest du doch mal wieder hier vorbeikommen.“ „Ja, sicher. Aber im Moment ist es nicht so günstig. Ich habe viel um die Ohren. Am Montag schreibe ich eine Arbeit und wenn ich die nicht bestehe, falle ich durch.“ „Das verstehe ich. Ruf einfach noch mal an, wenn du Zeit hast.“ „Mach ich. Bis dann.“ „Weißt du, du hättest ihr auch einfach sagen können, was los ist.“ „Hi-Hi-Hiwatari-kun. Wie lange bist du schon wach?“ „Lange genug.“ erwiderte dieser und gähnte. „Wieso hast du nicht vorher was gesagt?“ „Wie hätte deine Mutter wohl reagiert, wenn sie meine Stimme in deiner Wohnung gehört hätte?“ Daisuke antwortete nicht, sondern knirschte nur mit den Zähnen. Schon wieder hatte der Blauhaarige ihn kalt erwischt. Innerlich leicht fluchend, ging er in die Küche und vertiefte sich in die Zeitung. Das Bild eines dunkelhaarigen Mannes fiel ihm ins Auge und interessiert las er den Namen, der darunter zu sehen war. `Junji Hiwatari, 36´. Das musste der Onkel des Älteren sein… Der Mann, der ihm so viel angetan hatte. Wie von selbst schlug er den Artikel auf und begann zu lesen. `Immer noch keine neuen Erkenntnisse im Fall des ermordeten Junji Hiwatari. Der Bankdirektor, der am 16.03. von einer Putzkraft gefunden wurde, schien keine Feinde gehabt zu haben. Weder in der Wohnung noch auf der Tatwaffe konnten verwertbare Beweise gefunden werden. Laut Aussage eines Freundes hatte das Opfer nach dem Tod seines Bruders die Vormundschaft für seinen Neffen, Satoshi Hiwatari, übernommen. Von dem mittlerweile achtzehnjährigen Jungen fehlt noch immer jede Spur. Ob er entführt wurde oder rechtzeitig fliehen konnte, ist unklar. Hinweise aus der Bevölkerung werden von der Polizeistelle entgegengenommen.´ Nachdenklich ließ Daisuke die Zeitung sinken. Er war mit der Situation etwas überfordert. Was, wenn man den anderen hier fand? Ach, unmöglich. Außer ihnen beiden wusste schließlich keiner, dass es Hiwatari selbst gewesen war, der seinen Onkel umgebracht hatte. Trotzdem… Hastig klappte er die Zeitung zusammen, als der Blauhaarige ebenfalls in die Küche kam. „Niwa, wegen gestern… dir ist klar, dass das nicht beabsichtigt war, oder?“ „Natürlich. Es war ein Unfall, mehr nicht.“ „Gut. Und noch was. Es tut mir leid, dass ich dich so angeschrien habe.“ „Ist schon gut. Ich hätte dich einfach in Ruhe lassen sollen.“ Kurz breitete sich Schweigen aus, bevor Hiwatari zum Kühlschrank ging und zwei Dosen Limonade hinausfischte. „Er sieht nicht wie ein Schläger aus, nicht wahr?“ „Was?“ „Ich rede von meinem Onkel. Er ist in der Zeitung abgebildet, oder?“ „Aber… woher…ich meine, wie…?“ „Man kann in dir lesen wie in einem offenen Buch.“ Seufzend machte der Ältere den Kühlschrank zu und setzte sich zu ihm. „Es gab mal eine Zeit, da habe ich ihn sogar bewundert. Er war immer so selbstsicher, so direkt. Niemals hätte ich gedacht, dass er zu solchen Taten fähig ist. Als er mich das erste Mal schlug, bin ich aus allen Wolken gefallen. Erst dachte ich noch, es wäre nur ein Ausrutscher gewesen, doch es wurde immer schlimmer. Irgendwann hatte ich mich daran gewöhnt, dass er mir die Schuld am Tod meines Vaters gab.“ Kurz nippte er an seinem Getränk, bevor er fortfuhr. „Später habe ich herausgefunden, dass mein Onkel meinen Vater sehr verehrt hat. Man könnte sagen, dass er sein einziger Lebensinhalt war. Ein seltsamer Gedanke. Immer hat er nur von ihm gesprochen, fast als würde er mehr für ihn empfinden als reine brüderliche Liebe. Später hat mein Onkel angefangen zu trinken, was ihn vollständig wahnsinnig machte. Auch an dem Abend, als er starb, war er betrunken.“ Hiwataris Stimme wurde leiser und seine Augen hatten jede Emotion verloren. „Er wollte mich brechen, doch ich habe mich geweigert, ihm diesen Gefallen zu tun. Als er begann, mich zu würgen, war ich ganz ruhig. Ich hatte sowieso mit meinem Leben abgeschlossen. Woher hätte ich auch ahnen können, dass er nicht vorhatte, mich zu töten? Stattdessen hat er… hat er…“ Wieder brach er ab, heftig zitterte sein Körper. „Du musst es mir nicht noch einmal erzählen.“ versuchte Daisuke ihn zu beruhigen, bevor er mit Schrecken die Tränen bemerkte, die über das Gesicht des Blauhaarigen flossen. Wieder ein ungewohntes Bild. Zwar hatte er den anderen schon einmal weinen sehen, aber das war fast vier Jahre her. Er hatte es ganz vergessen. „Als er mich vergewaltigt hat, ist alles in mir gestorben. In dem Moment, in dem ich ihm das Messer in den Rücken stieß, war ich wie in Trance. Nein, er hat nie wie jemand ausgesehen, der zu so etwas fähig ist, aber das war er… das war er…“ Hilflos musste Daisuke dabei zusehen, wie Hiwatari sein Gesicht in seinen Armen verbarg und seiner Trauer freien Lauf ließ. Gerne hätte er den anderen getröstet, doch wagte er es nicht, ihn zu berühren. Still saß er da, wusste nicht, was er tun sollte. Wenn nur Dark oder Riku jetzt hier wären. Sie hätten bestimmt einen Ausweg gefunden. Aber er war alleine und sein Kopf wie leergefegt. Vielleicht sollte er gehen und abwarten, bis alles vorbei war. Ja, das wäre wohl das Beste. Doch als er aufstehen wollte, packte der Blauhaarige ihn am Handgelenk. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)