Break the Habit von TKTsunami (break out of the system) ================================================================================ Prolog: With no-one wearing their real face ------------------------------------------- Ein Zucken durchlief den kleinen Körper. Schmerzen die er bereits seit Jahren kannte. Nur sie schienen sich inzwischen zu verändern. Das Zucken wurde zu einem stetigen Zittern, als stände der Körper unter Strom. Da wäre der natürliche Schmerz, der gewöhnte Schmerz. Der Schmerz, der ihn seit Jahren in seinem inneren begleitete, für den es keine Ursache gab. Jedenfalls war da nichts herausgefunden worden. Stimmen um ihn herum. Der Junge öffnete müde die Augen, der Schmerz war nicht zu erkennen, lediglich eine gewaltige Leere. Jetzt war da dieser äußerliche Schmerz, der gegen seinen alten Schmerz um die Vorherrschaft kämpfte. Dieser wurde ihm zugefügt, die Ursache kannte er. „Er hält eine Menge aus, vermutlich weil er schon solange diese 'natürlichen' Schmerzen hat. Wie sind seine Gehirnströme?“ Forschung. Sie forschten an ihm herum. Wofür? Wusste er nicht, sagte man ihm nicht. Warum auch? Er war doch nur ein Kind. „Im Normalbereich. Er scheint sich hieran gewöhnt zu haben.“ „Gut. Er ist für heute entlassen.“ Entlassen war für viele ein Erlösungswort. Es hieß, dass die Experimente vorerst vorbei waren. Für ihn war es lediglich ein unbedeutendes Wort. Denn von Schmerzen erlöste es ihn immer nicht. Diese Schmerzen hatten ihn hier her gebracht. Hier her in dieses Forschungsgebäude. Es hatte früh angefangen. Mit vier Jahren hatte er angefangen von Schmerzen heimgesucht zu werden. Er konnte diese Schmerzen schwer beschreiben, mal waren sie dort, mal wo Anders. Mit sechs waren seine Eltern Mal auf die Idee gekommen ihn zu einem Arzt zu bringen, vorher hatten sie es immer als Ausrede gesehen, dass er irgendwas nicht machen musste. Der Arzt hatte festgestellt, dass der Körper tatsächlich Schmerzen zu haben schien, woher dieser aber kam, hatte er nicht sagen können. Schmerzmittel hatten nicht geholfen. Ein Jahr hatten sie probiert ihm zu helfen, dann hatten sie genug und ihn an diese Forschung abgegeben, ob sie Geld bekommen hatten? Vermutlich. Aber weniger, als das was sie bekommen hätten, hätten sie dafür gesorgt, dass er ein ganz Großer wurde. Vermutlich hatten sie bereits ein neues Kind. Kinder brachten Geld. Der Staat zahlte hohe Summen an Eltern, welche den 'Erziehungstest' bestanden hatten. Es gab sogar extra Zuchtstationen und die Kinder wurden verkauft. Man testete sie bis sie ein Jahr alt wurden. Danach war ihre Zukunft bestimmt. Manche wurden an Andere Zuchtstationen weiter gegeben, andere an Forschungsabteilungen und wieder andere an diese Eltern. Sie mussten in diesem Moment zahlen, danach wurden sie vom Staat für ihre 'Bemühungen' belohnt. Kinder die außerhalb solcher Zuchtstationen geboren wurden, blieben entweder bei den Eltern, wenn diese diesen 'Erziehungstest' bestanden hatten, oder wurden in eine Station gebracht, wo sie dann beobachtet wurden. Wieso man so mit Kindern wie mit Ware handelte wusste der Junge nicht. Fakt war: Er hatte sich für seine Eltern nicht mehr gelohnt und war an diese Abteilung verkauft worden. Er hatte keine Zukunft, denn hier wurde man selten Erwachsen und wenn doch, war man bereits so am Ende, dass der Geist nicht Mal mehr fähig war vernünftig zu denken. Er wurde hochgehoben und in seinen Käfig gepackt, wie Tiere in einem Tierheim. Seine Nummer hing als kleines Papierschild an der Tür seines Käfigs: 1111111111111. 13 Mal die 1. Viele bezeichneten ihn auch einfach als 1, weil diese Nummer bereits vor langer langer Zeit gestorben war. Er war was besonderes. Enthielt seine Kennung nur ein Zahl, kein Buchstabe. Deswegen hatte man ihm eine Art Zusatzcode gegeben. Normalerweise war die vollständige Kennung immer gebrandmarkt worden, bei ihm hatte man einfach eine 'I' genommen. Die römische 1. Seinen wahren Namen vergaßen viele Kinder bereits nach wenigen Monaten, zu abgestumpft waren sie. Doch er hatte seinen nicht vergessen, hatte ihn immer lautlos vor sich hingemurmelt, sobald das Licht ausging, kurz bevor er einschlief. Denn Erinnerungen waren wichtig, richtige Namen waren richtig und solange er seinen Namen kannte, würde er auch nicht aufgeben. Er würde hier raus kommen, lebend und nicht hier verrecken wie eine Labormaus. Damit aber keiner seine Pläne, seinen Willen bemerkte, hatte er sich diesen leeren Blick angeeignet. Schon als kleines Kind sollte er diesen besessen haben, jetzt konnte er ihn gezielt einsetzen, allgemein war fähig, Gefühle vorzutäuschen, er konnte einen wütend ansehen, obwohl er nicht Mal wütend war. Zwar hatte er das noch nie angewandt, aber anhand der leicht spiegelnden Wänden in seinem Käfig, wusste er, dass er es konnte. Schritte ließen ihn aufhorchen. Der Käfig neben ihm wurde geöffnet. Seltsam, der war seit einer Woche leer gewesen. Er hörte wie dort ein Kind – was Anderes kam nicht in die Käfige – abgelegt wurde, die Tür wurde zu gemacht, ein Zettel dran gehängt und die Schritte verschwanden wieder. Die I wusste, dass sein Käfig in einem Winkel stand, der von den Kameras nicht aufgenommen wurde. Diese waren eh eher auf die Gänge ausgelegt, oder auf die Käfige von auffälligen Kindern. Deswegen konnte er sich auch erlauben, manchmal sein Bewusstsein zu zeigen. Die Anderen um ihn herum bekamen es eh nicht mehr mit. Er klopfte leise gegen die Wand zu dem Neuen rüber. Das leise Wimmern bestätigte ihm, dass dieses Kind eine Familie gehabt hatte. Forschungskinder oder Zuchtkinder zeigten solche Verhalten nämlich nicht mehr. Zwar waren Zuchtkinder nicht so abgestumpft wie Forschungskinder, aber die Käfighaltung kannten sie. Deswegen würden sie nicht wimmern. „Wo bin ich hier?“ Er schwieg. Würde er reden, konnte es gut sein, dass dieses Kind ausersehen ausplaudern würde, dass es mit seinem Nachbar geredet hatte. „Warum antwortet keiner?“ Von der Stimme her war es wohl ein Mädchen. Sie schniefte und fing an leise zu weinen. Sollte sie doch. In wenigen Monaten würde sie genauso wenig sprechen wie alle Anderen auch. Er hatte die Hoffnung aufgegeben, jemanden hier zu haben, der nicht abstumpfte, der so Intelligent war wie er selbst. Wieder war ein Tag rum. Zu Mindesten war seine 'Arbeitszeit' vorbei. Sein Körper bebte noch immer, heute waren die äußerlichen Schmerzen mehr gewesen, aber geschrien hatte er nicht. Das verbot ihn sein Stolz. Mit seinen 9 Jahren war er geistig schon viel zu erwachsen, als Andere 9-Jährige. Vielleicht lag es an der Erziehung, die er bis zu seinem siebten Lebensjahr genossen hatte, vielleicht aber hatte er einfach einen sehr erwachsenen Charakter, vielleicht hatte aber diese Zeit hier ihm alles kindliche genommen. Was davon nun zutraf konnte er nicht sagen. Vermutlich war alles daran Schuld. Im Moment führten sie ihn wieder zurück. Da aber der Fahrstuhl zu seinem 'Flur' gerade beschädigt war, mussten sie einen Umweg gehen. Treppen. Wie lange war er keine Treppen mehr gegangen? Er wusste, dass dies alles noch irgendwie zum Test gehörte. Sie überprüften jetzt, wie er mit dem Schmerz umging, ob er noch weiterlaufen konnte. Ansonsten würden sie ihn tragen, wie Andere Kinder auch. Das Halsband an seinem Hals kratzte unangenehm und wenn sie daran zogen, fiel er nach vorn, da seine Hände am Rücken zusammen gebunden worden waren. Wozu die Sicherheitsstufe? Als wenn irgendein Kind, dass schon mehr als 2 Jahre hier war, auf die Idee kommen würde versuchen das Halsband abzunehmen. Sie betraten einen Gang, der seinem sehr ähnelte, aber die Käfige waren etwas größer und es waren nur wenige besetzt. Einer der Mitarbeiter war ebenfalls da, weswegen sie stehen blieben. „Ah, Sven wie geht es dir?“ Scheinbar kannten sie sich, jedenfalls führten die Beiden nun Smalltalk. Er selber hörte nur am Rande zu, starrte erst nur den Boden an „Noch so jung und schon so willenlos.“ Die Stimme kam aus dem Käfig neben ihm. „Schnauze! Du hast nichts zu sagen.“ Sobald sich die Erwachsenen wieder unterhielten, schaute er nun aus den Augenwinkeln in den Käfig. Dort saß ein junger Mann, schwarze Haare, welche etwas über die Schultern ging. Er trug mehrere Verbände am ganzen Körper, jedenfalls fielen sie unter dem übergroßen Shirt und der Unterhose die sie alle trugen sofort auf. Gelbe Augen sahen ihm amüsiert entgegen. Nicht leer. Amüsiert und auch etwas hochnäsig. Er schätzte ihn auf 18 oder 19 Jahre. Einer der wenigen also, die dieses Alter erreichten, obwohl sie hier waren. Entweder war er doch noch recht neu hier und war von seiner Familie hergeschickt worden – was er bezweifelte, Kinder in diesem Alter waren eigentlich beinahe aus der 'Erziehung' entlassen, geformt worden, wenn er also irgendwie nicht ins Schema angepasst hätte, wäre das früher aufgefallen -, oder aber er hatte sich in den Jahren einfach nicht unterkriegen lassen. Nun doch interessiert hob er den Kopf, sah nun direkter zu ihm und er selber ließ seinen leeren Blick fallen, die beiden Vollidioten bemerkten es eh nicht, zu sehr waren sie in ihrem Gespräch vertieft. Das Schild am Eingang wies die Kennung 2B2B2B2 aus. Ein überhebliches Grinsen zierte die Lippen des Älteren, doch er schaute ihn einfach nur kalt an, doch dann lächelte er fies. Das war ja Mal interessant. Der Kerl war wirklich schon länger hier. Das sagte ihm sein Instinkt und auch die schon älteren Narben am Körper des Anderen. Außerdem war die Kennung eine recht Alte. Das Gespräch nährte sich wieder dem Ende, weswegen er wieder seine abgestumpfte Maske aufsetzte und wieder zu Boden blickte. Er bemerkte allerdings noch wie der Andere verblüfft eine Augenbraue hob. Tja, doch nicht so abgestumpft, wie er vorhin gedacht hatte, was? 2B2B2B2. Diese Kennung würde er sich merken. Nachdenklich saß er in seinem eigentlich viel zu kleinen Käfig. Seine Glieder waren bereits steif, da er nur eine einzige bequeme Sitzmöglichkeit hatte und diese hatte er nun schon seit Stunden eingenommen. Inzwischen kam er nicht mehr jeden Tag raus, dieses Labor war eher auf Kinder spezialisiert. Es gab nur wenige Labore, welche auf 'Erwachsene' spezialisiert waren und dementsprechend gab es nur wenige Experimente, wo sie ihn gebrauchen könnten. Die anderen Labore waren voll, allerdings war er bereits auf eine Warte Liste. Seit zwei Jahren, aber laut seinem Pfleger war er bereits recht weit Oben. Ob er sich darüber freuen sollte wusste er nicht. Es würde bedeuten, das er Mal was Anderes sah, dass er öfter raus kam. Aber vor allem bedeutete das, dass er womöglich jeden Tag wieder Experimente über sich ergehen lassen musste. Nicht gerade etwas, worauf er scharf war. Hier kam er eigentlich nur raus, wenn sie entweder mit ihm doch was zum experimentieren hatten, oder wenn sie sein Käfig säuberten. Auf Toilette gehen konnten sie nicht. Stattdessen mussten sie ihr 'Geschäft' in diesem winzigen Käfig erledigen. Er hatte sich angewöhnt sowas nur in eine Ecke zu tun, da er so recht wenig in Kontakt kam, an den Geruch gewöhnte man sich mit den Jahren. Dennoch versuchte er es nicht allzu oft zu machen. Lediglich vor der Säuberung. Und während sein Käfig sauber gemacht wurde, wurde auch er gesäubert. Sowas überließ man ihm nicht Mal selbst. Nein, das tat sein Pfleger. Pah, als wenn er das nicht auch alleine könnte, er war doch schon so 'ein großer Junge'. Pah, alles Idioten hier! Aber darüber dachte 2B2B2B2 eigentlich nicht nach. Viel mehr über den Jungen von Gestern. Warum er und sein Pfleger hier vorbei gekommen waren war ihm ein Rätsel. Jedoch war ihm das eigentlich auch egal. Viel mehr interessierte ihn dieser Junge. Seine goldorangenen Augen hatten so leer gewirkt und als er ihn angesehen hatte, war da so ein Stolz in ihnen gewesen und vor allem eine Mordskälte. Sein Blick war auch etwas überheblich gewesen, vor allem das finstere Lächeln. Aber dieser Blick war ihm hängen geblieben, denn es hatte so gewirkt, als hätte dieser kleine Junge ihm direkt in die Seele, ins Herz schauen können, auch in die finstersten Ecken. Als hätte wäre er selber ein offenen Buch gewesen, nackt, sodass der Knirps sofort alles über ihn erfahren hatte. Unheimlich... Aber sehr interessant! Schade, dass er weder seine Kennung kannte, noch ihn je wieder sehen würde. Er fragte sich, wie lange dieser Junge mit den silbernen langen Haaren bereits hier war. Er hatte diesen leeren Blick auf jeden Fall wie eine Maske aufgelegt, hatte die Pfleger getäuscht, er verbarg vor ihnen, dass er noch nicht abgestumpft war. Also war er auf jeden Fall nicht neu. Nein, der Kleine war mindestens ein Jahr schon hier, wenn nicht sogar länger. Umso interessanter, dass er nicht abgestumpft war. Wie er es wohl machte? Er selber hatte nie sein 'ich' verloren, weil er bereits mit seinen 13 Jahren schon recht Charakterstark gewesen war und er hatte sich den Namen seines Bruders gemerkt. Den sie umgebracht hatten mit eins ihrer Experimente. Er hatte sich geschworen nicht auch so zu sterben und auch, seinen Bruder nicht zu vergessen. Nun er hatte vieles vergessen. Er hatte seine restliche Familie vergessen, er wusste nicht einmal mehr, ob sein Bruder älter oder jünger gewesen war, er kannte nicht Mal mehr seinen eigenen Namen, nur noch den seines Bruders. „2B2B2B2. Raus mit dir.“ Sein Pfleger schloss auf, nahm seine Leine, seine Hände waren immer gefesselt, da er immer versucht hatte sich zu befreien oder seinem Pfleger was anzutun. Brav folgte er dem älteren Mann, welcher ihn durch die Labore führte. Scheinbar sollte Mal wieder an ihm experimentiert werden. Die versteiften Glieder schmerzten und es fühlte sich an, als hätte man seinen Füßen einen Gips umgelegt. Ätzend. Neugierig sah durch die Beobachtungsfenster. Da! Da war der Junge. Sein Körper war mit Kabeln versehen, nackt hatte man ihn in die Mitte des Labors gestellt. Scheinbar fügten sie ihn damit Stromschläge zu. Seine Augen waren leer und sein Körper bebte unter den Schmerzen, doch seine Lippen waren versiegelt. Tapfer blieb er stehen. Doch dann, fingen die Kabel plötzlich Feuer. Die Forscher taten nichts, obwohl der Junge in den sogenannten 'Energieflammen' stand. Sie fügten kaum Verbrennungen hinzu, waren aber extrem schmerzhaft. Diese Flammen waren sowas wie die Energiequelle. Die Energieflammen ließen sich durch einen bestimmten Stoff herstellen und wenn sie einmal brannten, erzeugten sie genug Energie um Kraftfahrzeuge, Züge, Flugzeuge und Städte zu versorgen. Strom benutzte man lediglich für kleine Geräte, da Energieflammen diese zu schnell beschädigen würden, anhand der zu großen erzeugten Energie. Außerdem konnte man Energieflammen in kleine Akkus unmöglich brennen lassen, das war nicht möglich. Jedenfalls nicht auf Dauer. Nun stand der Junge in Flammen. Das blaue, beinahe weiße Feuer brannte lichterloh. Und nun schrie auch der Kleine, ging zu Boden, kniff die Augen zusammen. Was zur Hölle testen die da bloß nur? Sowas wurde nicht Mal ihm als Strafe zugefügt! Das war kein Test, das machten die doch nur um ihre sadistischen Neigungen zu befriedigen. Er spürte, wie sein Pfleger an seiner Leine zog, doch stellte er sich dagegen, starrte fassungslos in den Raum. Die Augen des Jungen öffneten sich plötzlich. Sie waren Gelb, nicht mehr dieses Goldorange. Er hatte sie weit aufgerissen, die Pupille war kaum noch zu erkennen, dann schien von ihm was auszugehen, eine Art Druckwelle, die Scheibe zersplitterte, sodass er gezwungen war, Schutz zu suchen. Der nächstbeste Schutz war sein Pfleger, der zu spät reagierte und nicht in Deckung ging. Der Körper glitt zu Boden, als viele dieser Splitter sich in seinen Körper gedrungen waren. Kurz schaute er ihn einfach nur an, rollte sich auf den Boden, er konnte Schreie aus dem Labor hören, hörte die Alarmanlage und wie mehrere Sicherheitsleute in das Labor liefen, keiner achtete auf ihn oder seinen Pfleger, der vermutlich tot war, er regte sich nicht mehr, seine Augen starrten leblos geradeaus. Eine Scherbe bekam er zu fassen, womit er seine Fesseln ums Handgelenk durchschneiden konnte. Das er sich dabei leicht schnitt war ihm egal. Frei! Schnell rappelte er sich auf, das Adrenalin in seinem Körper ließ ihn seine Steifheit vergessen. Ein Blick ins Labor ließ ihn erschrocken auf keuchen. Rote Klingen schwebten im Raum, oder eher flogen wie wild durch diesen und durchbohrten mühelos die Schutzwesten der Sicherheitsleute. Wo die Forscher waren wusste er nicht, vermutlich waren sie die Ersten gewesen. Noch immer stand der Junge in Flammen, schrie sich die Seele aus dem Leib. Der Schwarzhaarige seufzte. Oh man, kaum zu glauben, dass er das jetzt tat. Er lief ebenfalls in das Labor, wich einer dieser roten Klingen aus. Erinnerte ihn irgendwie an diese Schwerter von diesem ganz alten Film... Wie hieß der noch Mal? War irgend so ein Klassiker aus dem Sciencefiction Genre. Ach ja, Star Wars! Erneut wich er aus, stolperte aber über einen blutenden Körper. Der Mann röchelte, spuckte Blut. Oha. Wieder rappelte er sich auf, bemerkte, dass der Raum irgendwie dunkler war. Außerdem war da irgendwas, was ihn nieder zu drücken schien. Es ließ ihn erzittern, denn da war einfach Nichts, was so ein Gefühl in ihm auslösen könnte. Die Dunkelheit verstärkte sich, obwohl die Lichter brannten. Er sah zu dem Jungen. Es schien von ihm aus zu gehen. Was war das für ein Kind? Eine Klinge raste auf ihn zu, weswegen er beiseite sprang, allerdings hatte er diese schwarze Masse, nicht bemerkt, die auf ihn zu schnellte. Dunkelheit traf ihn, es schmerzte, als würde sich was in ihm einbrennen. Seine linke Gesichtshälfte brannte höllisch und sein rechtes Auge war getroffen. Schreiend ging er zu Boden, hielt sich das Auge zu. Was war das gewesen. Die dunkle Masse schien sich auszubreiten, doch diesmal war sie nicht so aggressiv wie die vorige. Sie umgab ihn, schien seinen Schmerz etwas abzudämmen, umgarnte ihn. Diese Dunkelheit – er nannte es jetzt einfach Mal Dunkelheit, da er sonst keine Ahnung hatte wie man es nennen sollte, es war schwarz und schien eine feste Masse zu sein, die aber Eigenschaften von Rauch besaß – war gefährlich. Er stand zittrig auf, noch immer hörte er die Schreie des Jungen. Diese Dunkelheit schien seinen Schmerz nicht zu dämpfen. 2B2B2B2 taumelte noch etwas, doch war er schließlich an einen der Schaltpulte angekommen. Er hatte noch aus den Augenwinkeln gesehen wie ein Hebel umgelegt worden war, bevor der Kleine in Flammen gestanden hatte. Genau diesen Hebel legte er wieder um. Was folgte war Stille. Abgesehen von dieser nervigen Alarmanlage. Doch da war ein Geräusch. Ein leises Wimmern. Trotz, dass der Junge im Zentrum dieser Dunkelheit war, schritt er zu ihm. Sehen konnte er seltsamerweise trotz der Schwärze um sich herum doch. Jedenfalls in einem Umkreis von einem Meter. Sobald er am Ziel angekommen war, beugte er sich zu den Kleinen herunter, befreite ihn von diesen Kabeln. Der Körper zitterte und das Wimmern kam eindeutig von den Silberhaarigen. Die Augen waren geschlossen. Scheinbar war er kurz vor der Bewusstlosigkeit. „Es ist wieder vorbei, Kiddo.“ Die Augen öffneten sich ein Spalt. Sie hatten wieder dieses Bernsteinfarbenen Ton angenommen. Das Wimmern hörte auf, doch dann wurden die Augen leer und er schloss sie wieder. Er hatte sein Bewusstsein verloren. Und kaum war der Junge abgedriftet, verschwand diese merkwürdige Gefühle, auch dieses erdrückende Gefühl. Hatte wirklich der Knirps das Ganze hervorgerufen. „Keine Bewegung.“ Er schaute auf. Na toll. Kurze Freiheit gehabt. Gegen bewaffnete Sicherheitsmänner konnte er auch nicht viel machen. Hätte er dem Kleinen bloß nicht geholfen und hätte versucht zu flüchten. Doch ein Blick auf den Kleinen verwarf diesen Gedanken schnell. Nein, er hatte richtig gehandelt. Dieser Kleine war was Besonders. Als er seine Augen öffnete war er wieder in seinem Käfig. Sein ganzer Körper schien noch immer zu Brennen, aber es tat längst nicht mehr so weh wie vorher. Was war passiert? Er erinnerte sich noch an die Schmerzen. Und dann war da dieser Mann gewesen. Welche Kennung noch Mal? Ach ja... dieser 2B2B2B2. Und was war noch? Da war noch was. Sein Kopf dröhnte, als er versuchte sich näher zu erinnern. Murrend richtete er sich etwas auf, schaute noch etwas benommen aus seinem Käfig. Moment Mal, das war gar nicht sein Käfig. Der Flur war etwas breiter und die Käfige um ihn herum waren leer. Außerdem schien der gesamte Raum kleiner zu sein. Seine Hände waren zusammen gebunden und das obwohl er in einem Käfig saß, das machten die doch sonst nur, wen er zum Labor oder zurück in den Käfig musste. Was war hier los? Seine Finger krallten sich in das Gitter, während er seinen Kopf etwas dagegen drückte um mehr sehe zu können. Da war eine Kamera und sie war auf ihn gerichtet. Im nächsten Moment hörte er die Tür, weswegen er zurück zur Wand robbte. „Du bist also wieder wach. Bleib ruhig, oder wir werden dich betäuben.“ Das war nicht sein Pfleger. Wer war der Kerl. Er war ihm vollkommen fremd. Was zur Hölle war hier los?! „Ich würde dich am liebsten umbringen für das was du getan hast, aber du bist viel zu wertvoll.“ Der Pfleger ging wieder raus, ließ ihn verwirrt zurück, auch wenn er es nicht ganz zeigte. Zu wertvoll? Seine Fähigkeiten? Langsam senkt er den Blick, musste Tränen der Verwirrung und Wut zurück halten. Nicht weinen, das würde ihn verraten. Verdammt! Leise seufzte er, legte sich bequemer hin und schloss die Augen. Schlafen. Das war das Sinnvollste. Die Stille füllte den Raum aus, normalerweise hörte er das Atmen der Anderen, ihre Bewegungen in den Käfigen, das Rascheln der Kleidung, vielleicht auch Mal ein Wimmern von der Neuen. Durch diese ungewohnte Stille fiel ihm sein eigener Atem und sein Herzschlag auf. Bum Bum... Bum Bum... Moment Mal. Langsam öffnete er wieder seine Augen, schaute die Wand an, aber eigentlich achtete er auf was Anders. Sein Schmerz war weg. Dieser innerliche Schmerz war nicht mehr da, stattdessen nur eine Leere, eine Leere die einen eigentlich erschaudern lassen sollte, doch er hieß sie willkommen, sie fühlte sich vertraut an. Da er sich so sehr nach hinten gedrückt hatte, sah die Kamera nur recht wenig von ihm, weswegen er seine Maske gerade nicht wirklich aufsetzen musste. Stattdessen überlegte er wieder, wie er hier raus kam. Langsam schlossen sich seine Augen und driftete in die Finsternis ab, schlief ein. Doch sein Schaf wehrte nicht lange, denn sobald die Tür geöffnet wurde, schlug er die Augen auf, das Licht wurde ausgemacht und er fand sich in völliger Dunkelheit wieder. Dunkelheit... Sie hatte ihn geschützt. Aber nicht nur die Dunkelheit allein. Da war noch was Anderes gewesen... Nein, da war nichts gewesen... Erinnerungen kehrten zurück. Der Raum war dunkler geworden, Schreie hallten in seinem Kopf nach. Aber am lautesten war sein eigener. Da war nichts außer die Dunkelheit. Da war.. Nichts... Diese Leere in ihm. Das Gefühl war auch da gewesen. Wenn Dunkelheit existierte, wenn Licht existierte... warum dann nicht auch... das Nichts? Es erklärte jedenfalls, warum er diese Leere so beruhigend fand. Der Junge schloss wieder die Augen, öffnete sie wieder, diesmal lag in seinem Blick Entschlossenheit. Seine Erinnerung war wieder vollkommen da. Rote Klingen. Ätherische Klingen. Er konzentrierte sich auf dieses Gefühl was er gehabt hatte, streckte seinen Willen aus. Ja, er war inzwischen so verzweifelt weil er keinen Ausweg fand, das er auf sowas lächerliches zurückgriff. Allerdings war es nicht lächerlich. Es funktionierte. In seiner Hand war eine Klinge erschien, sie war so lang wie er selbst und somit hatte sie sich ohne Probleme in den nächsten Käfig gebohrt. Jetzt musste es schnell gehen. Er schwang die rote Klinge und sie glitt mit Leichtigkeit durch das Metall, es sah sogar etwas geschmolzen aus, was merkwürdig war, da er selber keinerlei Hitze spürte, er brauchte sie aber nicht Mal richtig umfassen. Seine Käfigtür sprang auf und er sprang ohne zu zögern hinaus. Das seine Beine ein knackendes Geräusch von sich gaben ignorierte er. Eine zweite Klinge erschien in seiner linken Hand, als dieser Pfleger rein kam, der Alarm kam aber nicht, scheinbar hatte er den Knopf dazu nicht gedrückt. Der Mann hatte eine Spritze in der Hand. „Bleib ruhig, dann geschieht dir nichts.“ „Nichts... was weißt du schon darüber!“ Der Mann war überrascht, da er selber nie ein Wort gesagt hatte, selbst als er neu gewesen war. Mit einem leisen Aufschrei lief er auf ihn los, sprang aber beiseite und schlitzte die Seite des Mannes auf. Es würde ihn nicht umbringen, hoffte er jedenfalls, wenn nicht war es auch egal und lief durch die Tür, blieb stehen und sah sich um. Da hing ein Fluchtplan wenn es brannte. Er besah sich diesen kurz genauer, dann lief er los, umging den Kameras, bis er in den Gang mit den Erwachsenen kam. Seine Atmung ging schnell und stoßweise. Da er sich kaum bewegte und sein Körper durch diese Flammen noch immer geschwächt war – von der Erschöpfung die von seinem 'Ausraster' wollte er gar nicht erst reden – war er jetzt schon total erschöpft. Langsam ging er zu 2B2B2B2. Seltsam, die Kamera leuchtete hier gar nicht. War sie aus? Er blieb vor den Käfig stehen, blickte in das gelbe Auge. Ein Verband zierte sein Gesicht, wodurch nur noch linkes Auge und der Mund zu sehen waren und die untere rechte Gesichtshälfte. War er das gewesen? „Du?“ „Wenn du mir Treue schwörst, hole ich dich hier raus.“ Er hatte inzwischen die Klingen wieder verschwinden lassen, einfach weil er sie hinter sich her schleifen musste und das hinterließ Spuren. „HAHAHA! Du bist witzig Kleiner. Dir die Treue schwören?! Wieso sollte ich das tun?“ „Weil ich der Einzige bin, der dir ein Leben bieten kann.“ Ein Leben außerhalb dieser Labore. „Und dann soll ich Treue schwören, gib's zu, du brauchst mich um hier raus zu kommen, Kiddo.“ „Nein, ich komme sogar einfacher alleine hier raus. Aber ich denke, du könntest mir von Nutzen sein, sobald ich diese Mauern hinter mich gelassen habe.“ Er beugte sich vor, seine Augen kalt und um einiges heller, während er wieder diese Klinge rief und durch das Gitter diese an sein Hals hielt. „Und nenne mich nie wieder 'Kiddo'.“, zischte er bedrohlich und mit einer etwas tieferen Stimme. „Hey hey, ist ja gut. Wie soll ich dich sonst nennen?“ „Wie du mich nennst ist mir egal, sollte mir der Name nicht gefallen wirst du es schon bemerken.“ Er zog die Klinge zurück, behielt sie aber diesmal dabei, sah ihn wieder ganz ruhig an. „Okay. Gut, ich habe ja gesehen was du kannst... Du bist interessant. Es wird sicherlich nicht langweilig an deiner Seite werden. Ich komme mit.“ „Habe ich nicht was von dir verlangt?“ Er konnte anhand des Blickes erkennen, dass er ihn wohl gerade als 'Kleiner Scheißer' oder sowas verfluchte. Jedenfalls war kurz sein dummes Idioten Grinsen aus seinem Gesicht verschwunden. Sein Blick wurde dann jedoch ernst. „Ich schwöre dir hiermit Treue, ich werde dir immer zur Seite stehen.“ „Und?“ „Tze. Du hast Ansprüche.“ „Ganz oder gar nicht.“ „Und ich schwöre hiermit deinen Befehlen folge zu leisten, sowie dein Leben mit meinem zu beschützen.“ Stille folgte, er sah ihn einfach nur an, vielleicht um zu sehen ob er ihm wirklich trauen konnte. „Gut, hast du einen Namen?“ „Hatte ich, aber ich erinnere mich nur an den meines Bruders.“ „Wie hieß der?“ „Braig.“ „Gut, gewöhne dich an deinen Namen und vergesse ihn niemals, denn er wird dich daran erinnern, dass du mir Treue geschworen hast. Von nun an, trägst du den Namen, Xigbar, verstanden?!“ Der Ältere sah ihn überrascht an. Tja, er hatte wohl nicht damit gerechnet, dass er ein 9-Jähriger so handelte und es auch noch ernst meinte. „Du bist verrückt, aber gut, ein Name, einen Herrn. Was kann da noch schief gehen?“ Der junge Mann grinste wieder. Er hob seinen Arm, schlug mit der Klinge zu und beschädigte damit das Schloss. Die Tür schwang auf und Xigbar trat heraus. „Okay, wie sieht der Fluchtplan aus?“ „Siehst du schon.“ Er ließ die Klinge verschwinden und ging wieder los. Der Schwarzhaarige folgte ihm brav und schlug jeden K.O dem sie begegneten und nach einer Weile waren sie am Ziel angekommen. Der Kontrollraum. Er war verschlossen, aber das ließ sich schnell ändern. Doch bevor er seine Klinge rufen konnte, holte Xigbar eine Karte hervor, die er einen Mitarbeiter geklaut zu haben schien. Er zog sie durch den Schlitz und tatsächlich ging die Tür auf. Der Sicherheitsmann bemerkte sie aber, sobald sie den Raum betraten und zog seine Waffe. Als er schoss rief er unterbewusst ein Schild auf und Xigbar nutzte den Moment der Überraschung, entwaffnete den Kerl und schlug auch diesen nieder. „Ist ja recht einfach, sobald man Mal draußen ist.“ „Mag sein, aber inzwischen ist ihnen bestimmt aufgefallen, dass ein paar Leute auf den Gängen liegen. Und wenn sie dann unser Fehlen bemerken, werden sie alle Sicherheitsleute auf uns hetzen.“ „Und dann?“ „Dazu wird es nicht kommen.“ Er besah sich das Kontrollsystem, drückte schließlich einen Knopf. ~Achtung, alle Käfige werden geöffnet. Achtung, alle Käfige wurden geöffnet~ Die Stimme die durch die Lautsprecher kam, ließ sie Zusammen zucken. Selbst vom Kontrollraum aus, wurde eine Warnung ausgesprochen? Die Alarmanlage schaltete sich nun an. „Los, schnell weg hier.“ Sie liefen los, blieben stehen wenn jemand zu den Fluren mit den Käfigen lief. „Weißt du überhaupt wo lang?“, flüsterte Xigbar, als sie gerade warten mussten. „Ja, ich weiß auch, dass sich alle Türen vom Ausgang verriegeln, wenn der Alarm nicht innerhalb von 10 Minuten ausgeschaltet wird.“ „Was?! Das schaffen wir nie.“ „Doch, denn wir werden wo Anders lang gehen.“ Endlich waren sie weg und er lief weiter. Nach einer Weile sahen sie ein paar Sicherheitsleute und eine Tür die sich gerade automatisch verriegelte. Sie waren also kurz vorm Ausgang. Die Kerle bemerkten sie, zückten die Gewehre und schossen. Der Silberhaarige sprang in den nächsten Gang, doch wurde er dennoch getroffen. Ein kleiner Schrei verließ seine Lippen und er stürzte zu Boden. „Scheiße!“ Xigbar hievte ihn auf sein Rücken, doch da bogen bereits die Sicherheitsleute in den Gang. Sie hatten also versagt... Drei Schüsse. Verwundert öffnete er seine Augen, die er eben verzweifelt geschlossen hatte. Die drei Männer lagen bewegungslos auf den Boden. „Ihre Schutzwesten helfen gegen Messer und Schüssen aus größerer Distanz. Aber aus kurzer Distanz haben sie auch keine Chance.“ Xigbar hatte ohne zu zögern geschossen und anscheinend auch immer getroffen. „Woher...?“ „Nun, ich habe zwar immer mit 'ner Armbrust geschossen, als ich klein war und die war auch nur mit so einem Saugpfeil, aber zielsicher war ich schon immer.“ Und das mit nur einem Auge. Damit war doch dieser dreidimensionale Blick weg, oder? „Also wo lang?“ „Gerade aus, den Gang dann wieder links. Die Tür müsste ebenfalls verriegelt sein. Da müsste aber ein Schacht sein. Wenn ich da durch komme, kann ich auf die Andere Seite und von dort die Tür entriegeln...“ Auf der Anderen Seite würden sie auch noch an ein paar Leuten vorbei und dann auch diese Tür entriegeln, aber das würden sie schaffen. Sie mussten es schaffen. Sobald Xigbar an der Tür angekommen war und den Lüftungsschacht entdeckt hatte, nahm er ihn auf seine Schultern, sodass er das Gitter abmachen konnte. Mit der Hilfe des Größeren konnte er reinkriechen. Es war eng und es würde bei der Kurve noch enger werden. Wenn er stecken blieb... Ja... das wäre dann wohl sein tot. Allerdings war er recht schmal und zum Glück recht beweglich, zwar machte sein angeschossenes Bein Probleme, aber er zog sich einfach mithilfe seiner Arme voran. Schließlich öffnete er das Gitter und schaute zum Boden. Hoch... Er konnte sich auch nirgends festhalten. Wenn er Pech hatte, würde er mit dem Kopf voran auf den Boden fallen. Daran hatte er nicht gedacht. Er drehte sich ächzend und schob seine Arme raus, packte an den Oberen metallen Rahmen, der das Gitter festgehalten hatten. Es waren nur wenige Millimeter Unterschied zur Wand hin, aber es reicht, sodass er seinen Oberkörper raus ziehen konnte. Okay, soweit so gut. Er sah zu Xigbar, welcher etwas nervös wirkte und sich auch ständig umsah. Außerdem beobachtete er ihn, sein Blick ernst und auch etwas besorgt. Er machte sich um ihn keine Sorgen. Er hatte eher die Befürchtung, dass er entweder bei Aktion falsch fiel, oder dass er ihn einfach dort stehen ließ. Aber er hielt Versprechen und er würde nicht versagen. Das war keine Option. Er drückte sich weiter hoch und dann fiel er. Gerade noch rechtzeitig drehte er sich und landete auf der Seite, auf die mit dem verletzten Bein. Schmerzen zogen durch seinen Körper, aber er war schlimmeres gewöhnt. Langsam robbte er zur Tür, zog sich an ihr hoch. Okay... Das Passwort. Irgendwer hatte das doch Mal beiläufig erzählt... Ach ja. Er gab den Code in den kleinen Monitor ein, der neben der Tür war. Diese sprang auf und der Ältere kam rein, schloss die Tür und hievte ihn wieder auf den Rücken. Ein Glück, hätte Xigbar versucht sich nun alleine durch zu schlagen hätte er selber keine Chance mehr gehabt. Jetzt war er wirklich auf ihn angewiesen. Somit lotste er ihn durch die Gänge, die er dank des Flucht- und Rettungsplans im Kopf hatte. Sie begegneten noch ein paar Leuten, die nicht mit zwei Flüchtlingen gerechnet hatten und sie überwältigten sie, bevor sie hier die Alarmanlage anschalten konnten. „Das ist sie...“ „Die Tür nach draußen?“ „Ja...“ „Sieht unscheinbar aus.“ „Hinterausgang. Benutzen nur die Raucher.“ „Woher weißt du das alles?“ „Ich höre zu.“ „Haha. Gut so. Ich hab die auch immer belauscht. Zu meinem Pech haben sie nur sinnloses beredetet. Sie waren auch nicht wichtig.“ Sie öffneten die Tür, die tatsächlich auch noch offen war - lediglich nur angelehnt gewesen - und starrten den Mann an, der dort saß und eine rauchte. „Objekte...“ Der Mann zog eine Waffe, aber er war schneller, denn seine Vorstellung reichte aus. Die ätherische Klinge tauchte einfach aus dem Nichts auf. Sie ragte ihm einfach aus der Brust und aus dem Rücken, hatte sozusagen sein Herz aufgespießt. Der Mann kippte um und die Klinge verschwand wieder. „Dich will man nicht zum Feind haben...“ „Dabei hatte ich nur kurz das Bild im Kopf gehabt...“ Er hatte nicht Mal sich stark darauf konzentrieren müssen. Er musste dringend lernen sowas nur noch bewusst einsetzen zu können. So könnte er ausversehen wen umbringen, den er gar nicht umbringen wollte. Xigbar zum Beispiel. Dieser stieg über die Leiche hinweg, ging direkt auf den Zaun zu. Die Kamera konnten sie im richtigen Augenblick umgehen. „Sorry, aber ich muss dich jetzt darüber werfen.“ „Was?“ Und schon flog er über den Zaun, wenige Millimeter weniger und er wäre direkt in den gewundenen Stacheldraht am Zaun gelandet. Hart kam er auf den Boden auf, wieder auf der verletzten Seite. Doch ihm entkam nur ein kurzes Keuchen. Es war, als hätte irgendwas seinen Sturz abgedämpft. Dann landete Xigbar neben ihm. „Wenn man weiß wie, kommt man überall drüber.“ Er nahm ihn wieder hoch und schritt weiter, Richtung Feld. Den Wald würden sie nicht nehmen. Dort würde man sie zu Erst suchen. Das Feld hatte hohes Gras, notfalls brauchten sie sich nur ducken. „Hey Knirps.“ „Mh?“ Er öffnete wieder ihre Augen, sie waren eine Weile gegangen, gegebenenfalls Xigbar war gegangen, nun standen sie auf einen Hügel, das Labor war nur ein kleines unscheinbares Gebäude hinter ihnen. Weit weg, aber noch immer dort. Vor ihnen breitete sich eine weite Landschaft aus. Eine Straße schlängelte sich zum Horizont und man konnte schon die ersten Sonnenstrahlen erkennen. „Der Straße folgen, oder von ihr weg?“ Da er anfing zu zappeln ließ Xigbar ihn runter und er schritt zwei Schritte nach vorne. Zwar spürte er Schmerzen, aber sie waren aushaltbar. „Wir nehmen den Pfad dazwischen.“ „Okay Superior, was auch immer du damit genau meinst.“ „Superior?“ „Ich finde es passt.“ „Tze. Wenn du meinst.“ Kurz überlegte er. „Xemnas.“ „Mh?“ „Da ist mein Name. Der Name, an dem ich mich geklammert habe um ich selbst zu bleiben.“ „Xemnas?“ Xigbar grinste. „Na dann werde ich dich ab und zu Superior nennen und ab und zu Xemnas.“ „Wie du willst.“ Und damit schritten sie ihren neuen Leben entgegen. Kapitel 1: You gave me a reason to try -------------------------------------- Damals hätte man es wohl als krank empfunden, heute war es normal, Wissenschaftler waren sogar sehr angesehen, denn sie hatten eine Menge Wissen und halfen den Menschen Krankheiten zu heilen, die Technik zu revolutionieren, oder sonstige Errungenschaften. Das dabei Menschen ihre Versuchsobjekte waren interessierte keinen, immerhin waren diese Menschen nur für diesen Zweck am Leben, nur dazu waren sie geboren worden. Er strich sich seine Haare zurück und band sie in einem Zopf zusammen. Seine Schicht begann gleich. Er würde wohl erst in drei Tagen nach Hause kommen, denn da hatte er vier Tage lang keine Schicht. Solange würde er hier im Labor leben. Für die Wissenschaftler gab es einen extra Trakt, der mit puren Luxus gefüllt war, damit sie es angenehm hatten hier zu leben. Ihm war das egal, er würde sich auch mit einem Sofa zufrieden geben. Denn selbst das war besser, als die Unterbringung der Objekte, die in engen Käfigen ihr Dasein fristeten. Er zog sich seinen Kittel über und verließ die kleine Wohnung, schlenderte die Gänge entlang. Unterwegs traf er auf einen großen, schwarzhaarigen Man. Seine violett-blauen Augen schauten wachsam und das obwohl er gerade nicht im Dienst war. Ansonsten wirkte er recht wild, da er lange Haare, welche er am Hinterkopf zu einem Zopf aus Dreadlocks zusammengebunden waren, hatte. Dazu hatte er noch Koteletten und einen kräftigen Körperbau. „Morgen Professor.“ „Morgen.“ Sie gingen aneinander vorbei. Xaldin war einer der fähigsten Wachmänner und einer der wenigen die er als kompetent hielt. Er arbeitete hier schon seit 3 Jahren, hatte jedoch schon sieben Jahre wo Anders Erfahrung gesammelt. Warum er gewechselt war wusste er nicht, es interessierte ihn auch nicht. Sie konnten jeden guten Mann gebrauchen. Er selbst arbeitete seit vier Jahren hier. Es war näher zu seinem Zuhause. Der Blonde betrat nun sein eigenes Labor. Da er einer der führenden Wissenschaftler war, hatte er sein eigenes kleines Labor, für größere Forschungen konnte er jederzeit die Großen beschlagnahmen, aber meist arbeitete er lieber hier für sich allein, weitere Hände nervten einfach nur und er musste aufpassen, dass diese nicht doch irgendwas falsch machten. Am schlimmsten waren ja die Assistenten, oder gerade erst ernannte Wissenschaftler. Schrecklich. Sein Weg führte zu seinem Schreibtisch, wo er seinen Ordner ablegte den er immer mit sich herum schleppte, dann drückte er auf den Knopf der Sprechanlage, um seinen persönlichen Assistenten zu erreichen. „Bring mir 6F6606.“ „Sofort, Sir.“ Der Junge war noch grün hinter den Ohren, hatte zwar keine Skrupel – Skrupel durfte hier keiner haben, auch wenn die Objekte der selben Art wie sie selbst entsprachen – aber.. er war einfach nur einer von denen die einem versuchten in den Arsch zu kriechen und das konnte er nicht ab. Man musste selber was leisten, entweder man konnte es, oder man ließ es. Kurz darauf ging die Tür auf und der blonde Wissenschaftler blätterte einfach weiter in seinem Ordner, da er gerade noch etwas überprüfen sollte. Im Hintergrund hörte man das Klirren der Ketten des Objektes, als es an die Befestigung angekettet wurde. „Kann ich sonst noch etwas tun Professor?“ „Nein.“ Sein Assistent ging lieber schnell aus dem Labor, es war bekannt, dass Vexen lieber alleine arbeitete und keinen in seinem Privatlabor lange duldete. Nun drehte sich der Forscher um, fixierte das Kind, welches einfach nur dort stand, den Blick gesenkt. Die blaugrauen Haare waren fettig und eine lange Strähne verdeckte das rechte Auge. Ein Bild was sich ihm immer bot, wenn er den Jungen zu sich holte. Er fand es dumm, die Objekte sollten besser gehalten werden, denn damit waren die Ergebnisse bei besserer Qualität, denn Hygiene war wichtig. „Wann wurdest du zu Letzt gewaschen?“ „Vor Vier Tagen.“ Vexen seufzte und schüttelte den Kopf. Wie oft musste er es noch sagen? Er schritt zu dem Jungen, welcher einfach brav stehen blieb und darauf wartete, bis er ihn von der Kette löste. Das Halsband nahm er ihm nur bei Experimenten ab. „Na los, geh dich im Nebenzimmer waschen, so kann ich nicht arbeiten.“ Ohne eine Antwort zu geben huschte der Sechsjährige in das angrenzende Badezimmer. Er hingegen schritt wieder zum Schreibtisch und setzte sich, dabei lauschte er dem Geräusch des Wassers. 6F6606 war schnell darin geworden die kleine Wanne zu füllen und sich sauber zu machen. Sobald das Plätschern verebbt war, fing er an die Sekunden runter zu zählen, bis die nassen Haare in seinem Blickwinkel auftauchten. „Über Nacht ist es angeschwollen und hat gejuckt.“ Die Stimme war leise, aber sie klang nicht tonlos. Eher ruhig und mit einem hauch Neugierde. „Hast du gekratzt?“ „Nein.“ „Gut. Zeig her.“ Er wandte sich wieder de Kind zu, legte den Stift beiseite. Brav hob der Kleine seinen Arm. Ein Fleck, einem Insektenstich sehr ähnlich zierte den Unterarm, nur hatte die Schwellung die Größe einer Weintraube angenommen und dunkelrote kleine Punkte waren auf der geröteten Haut zu sehen. Er zog sich seinen Handschuh über und berührte vorsichtig die Beule. Das Objekt selber zuckte leicht zusammen, ein Zeichen dafür, dass es ihm weh tat. Da er jedoch keinen Laut von sich gab, war es für ihn auszuhalten, weswegen er einfach weiter abtastete, ohne etwas zu sagen. „Interessant.“ Die Druckstellen wurden nicht weiß, wie bei einer normalen Rötung sondern verfärbten sich blau, bis sie wieder ins rote wechselten. Die dunkelroten Punkte blieben. „Wie fühlte sich der Schmerz an?“ „Wie eine Klinge die einfach in das Fleisch sticht. Kein Druck, einfach nur ein Stechen.“ Er nickte und der Blauhaarige tapste zu der Liege und kletterte darauf. Er kannte die Abläufe, oder eher, er wusste genau seine eigene Körpersprache, seine Blicke zu deuten um zu wissen was er von ihm wollte. Deswegen experimentierte er sehr gern an diesem Objekt. Im Gegensatz zu den Anderen war er nicht abgestumpft und zeigte eine hohe Intelligenz. Er musste nicht versuchen die Antworten raus zu quetschen – wenn die Testobjekte überhaupt noch reagierten – oder das Objekt irgendwohin schieben. Der Kleine hatte eine natürliche wissenschaftliche Neugierde und es kam oft vor, dass er ihn über die Ergebnisse auszufragen versuchte, weil er wissen wollte, was denn passierte. Er sah sich nicht unbedingt als Objekt, sondern einfach als eigenen Versuch, lernte aus sich selbst. So kam es auch, dass er ihm freiwillig alles ungewöhnliche erzählte. Also sah er brav zu ihm, seine Augen zeigten den scharfen Verstand, während er das Skalpell nahm. Es hatte sich angefühlt, als wäre unter der Haut eine Flüssigkeit, die zur Schwellung geführt hatte, das erklärte aber nicht den stechenden Schmerz. Somit schnitt er die Stelle einfach auf. 6F6606 gab ein unterdrückten Schmerzenslaut von sich, was ihn aber nicht daran hinderte ihm zu zuschauen. Vexen verzog nicht Mal mit der Miene, obwohl es nicht gerade schön aussah was er vorfand. Violetter Schleim schien in der Beule zu sein, doch hatten sich klare 'feste' Fäden zwischen Haut und Muskel und Knochen gebildet, die scheinbar den Schmerz verursachten. Sie waren dünn und erklärten die dunkelroten Punkte auf der Haut, sowie er das bis jetzt überblicken konnte. „Ich entnehme dir das hier, allerdings gebe ich dir dasselbe Mittel am anderen Arm, um zu schauen wie es sich noch entwickelt.“ Und er entnahm es ihn, ohne ihn zu betäuben. Der Kleine wimmerte, hielt aber still. Tapfer? Nicht unbedingt, denn Objekte lernten früh sich nicht dagegen zu wehren, auch wenn man den Urinstinkt nie gänzlich abschalten konnte. Deswegen war auch der Kleine fixiert worden. Schließlich hatte er alles entfernt und nähte den Schnitt wieder zu. Die Probe brachte er zum Untersuchungstisch. Schritte verrieten ihm, dass der Kleine – ungefragt – durch das Labor schritt. Doch Vexen sagte nichts. Das tat er nämlich nur bei ihm. Andere Wissenschaftler hatten ihn auch selten als Objekt, da Vexen ihn zu oft für sich beanspruchte. Besser so, denn so konnte er kontrollieren was mit ihm angestellt wurde. „Hier.“ Er hatte bereits das Mittel und die Spritze in den Händen, hielt sie ihm entgegen. „Du weißt wie man sie füllt.“ Wieder ein Nicken und er sah zu wie der Kleine seine eigene Injektion vorbereitete. Krank würden selbst heute viele Menschen über sein Verhalten sagen. Er selber nicht. Denn er wusste, dass er Gründe für dieses Verhalten hatte. Zum einem die eigene Neugierde. „Hier.“ Vexen nahm die gefüllte Spritze an und injizierte die Flüssigkeit darin in den anderen Arm des Jungen. „Gut gemacht.“ Zum Anderem um Lob zu bekommen. Lächelnd strich er ihm kurz durchs Haar und nun lächelte auch das Kind. „Das kann ich doch schon lange.“ „Ich weiß. Trotzdem, du stellst dich besser an, als mein dämlicher Assistent.“ „Der ist dumm.“ „Ja. Holst du mir Mal ein Plättchen für das Mikroskop?“ Sofort tat der Kleine das worum er ihn bat und bekam dafür einen Keks. Vexen hatte immer eine Keksdose auf seinem Schreibtisch stehen, knabberte selber manchmal einen, aber meist waren es Leckerlis für den Kleinen. Ob er ihn mochte? Ja, mehr als die anderen Schwachmaten in diesem Labor. Gäbe es eine Möglichkeit ein Objekt zu adoptieren, würde er sich das sogar überlegen, denn auch wenn er ein Versuchsobjekt in ihm sah, so war er doch irgendwie wie ein Sohn für ihn. Und er wusste, dass er ihn auch als eine Art Vater sah. Das war krank. Ein Forscher der sein eigenes Versuchsobjekt als 'Sohn' akzeptiert hatte und ein Objekt, dass ihn als 'Vater' sah. Normalerweise waren die Kinder entweder abgestumpft, oder zeigten Angst und Aggressionen gegenüber den Wissenschaftlern. Erst hatte er vermutete, dass diese Ansichtssache des Kleinen davon kam, dass er recht 'nett' zu ihm war, trotz der ganzen Versuche die oft schmerzhaft waren, aber inzwischen wusste er einfach, dass der Kleine ihn zu Erst als Mentor gesehen hatte und nach einer Weile erst in ihm einen Vater gefunden hatte. „Zexion.“ Er hatte den schlimmsten Fehler begangen. Als wäre es nicht schon schlimm genug eine Testperson als Sohn zu akzeptieren, nein er hatte ihm auch einen Namen gegeben! „Ja?“ „Ich bin in drei Tagen für vier Tage nicht hier.“ Aus den Augenwinkeln sah er das Zucken des Kindes. Drei Tage hießen für ihn nämlich, dass er für andere Experimente bei anderen Forschern genutzt werden konnte. „Verstehe.“ Ein leiser Seufzer verließ Vexens Kehle. Es war inzwischen Mittag. Er hatte ein paar Tests gemacht und Zexion hatte ihm manchmal sogar assistiert – der Kleine war jedenfalls nützlich, zwar musste er ihm auch auf die Finger schauen, aber bis jetzt war nie etwas passiert, außer als er sein Talent damals fest gestellt hatte, seitdem mischte Zexion aber auch nicht mehr um eine bestimmte Farbe her zustellen. Im Moment las der Kleine in einem Buch. Bis vor einem halben Jahr hatte er weder lesen noch schreiben gekonnt. Das hatte er ihm in so kurzer Zeit beigebracht. Anhand des Knabberns an der Unterlippe erkannte er aber, dass der Junge gerade bei einem Wort haperte. „Zeig her.“ Also wieder eine kleine Unterrichtsstunde. „Hahaha! Ernsthaft? Gott, die neuen Bälger von Familien sind meist noch so witzig! HAHAHA!“ Ruhig nahm er sich einen weiteren Schluck seines Biers und schaute zu seinem lachenden Kollegen. Der Dritte im Bunde war kräftiger gebaut als er selbst und ein wahrer Riese. Die braunen kurzen Haare und das kantige Gesicht, sowie der ernste Blick ließ die meisten schon vor Schock stehen bleiben. Die ganzen Objekte waren von seiner Anwesenheit genauso eingeschüchtert, wie von seiner Anwesenheit. Doch Xaldin wusste, dass Lexaeus eigentlich keiner Fliege was zu Leide tat, solange er keinen Grund dafür sah. Sein Kollege kringelte sich halb vor Lachen und der Schwarzhaarige trank noch einen Schluck. „Wie gesagt, es hat nur versucht zu beißen. Danach lag es weinend in seiner Käfig.“, versuchte er seinen Kollegen zu beschwichtigen, doch der bekam sich einfach nicht mehr ein. Manchmal fragte er sich, warum er von seinen damaligen – wesentlich ruhigeren – Labor in dieses hier hatte versetzen lassen. Da waren die Kollegen alle vernünftig gewesen und hatten nie versucht Spaß zu haben. Hier dagegen schienen viele seiner Arbeitskollegen nach lustigen Storys zu suchen. Sie sollten hier aufpassen und nicht Komiker suchen. Lexaeus war einer von denen, die einfach schwiegen und ihre Arbeit taten und in ihrer Freizeit sich entweder besauften oder einem stillen Hobby nachgingen. Während er Ersteres in seiner Freizeit beging – anders hielt er diese Idioten nicht aus – versuchte der Hüne sich daran Rätsel zu lösen. Komisches Hobby. „Ich wette es wird innerhalb zwei Wochen abgestumpft sein.“ „Ich geb den bissigen Ding drei!“, mischte sich ein anderer Kollege einen Tisch weiter ein. Sie saßen in der Cafeteria, wobei sich Xaldin fragte, wie er überhaupt hergekommen war. Heute Morgen war er auf den Weg in sein Zimmer gewesen um einfach nur müde ins Bett zu fallen, aber nein, sein amüsierter Kollege hatte es irgendwie fertig gebracht ihn hier her zu schleppen. Seitdem nippte Xaldin ab und zu an seinem Bier. Es war sein drittes gerade. „Ihr habt echt nichts besseres zu tun, als dämliche Wetten abzuschließen, oder?“ „Man Xaldin! Jetzt sei kein Spielverderber. Die wenigen Wissenschaftlerin hier kann man kaum zu nen Stelldichein überzeugen, also suchen wir uns wo Anders einen Spaß und wenn es wetten sind.“ „Wir sind hier um zu arbeiten.“ „Wir arbeiten um zu leben und leben nicht um zu arbeiten. Hast du überhaupt ein Leben? Du nimmst selten Urlaub, arbeitest tagein tagaus. Du bist ein Langweiler.“ „Aber guter Saufkumpane, HAHA!“ Die beiden Trottel klopften ihm kurz auf die Schulter und lachten lauthals durch den großen, weißen sterilen Raum. Er selber stand auf, stellte seine leere Flasche auf den Tisch, nickte Lexaeus höflich zu und verließ den Raum. Diese Idioten. Sein Weg führte ihn in den Trakt, wo die Wachen untergekommen waren. Im Gegensatz zu den Forschern hatten sie nur ein Zimmer, worin zur normalen Ausstattung ein Bett, ein kleines Regal und ein Schreibtisch inklusive Stuhl gehörten. Wer es gemütlicher haben wollte, musste es eben mitbringen. Natürlich wurde alles erst kontrolliert, bevor es rein gelassen wurde. Alles war auf eine hohe Sicherheitsstufe. Desto größer das Labor, desto wichtiger die Forschungen, desto größer die Sicherheitsstufe. Dieses hier war mit eins der am besten bewachten Labore der Welt. Aber das war kein Grund gewesen hier arbeiten zu wollen. Die Bezahlung war nämlich auch nicht viel höher als das Andere. Hing nur eine Null mehr hinten dran. Er betrat sein kaum persönlich eingerichtetes Zimmer. Mit der Grundausstattung kam er gut zu Recht. Sein Blick schweifte kurz umher, er besah sich auch seine Tür genau, ehe er sie schloss und das Licht anschaltete. Erneut sah er sich um, nickte dann aber zufrieden. Hier war keiner gewesen. Müde setzte er sich auf sein Bett, schloss kurz die Augen. Dieser Tag war bis jetzt nicht erholsam gewesen. Er brauchte dringend Schlaf. Ein leises Kratzen lenkte seine Aufmerksamkeit auf das Fenster, welches nur wenige Sicherheitsmänner besaßen, da der Trakt nur an wenigen Stellen die Außenmauern betraf. Also hatte er Glück gehabt, eins mit Fenster zu erwischen. Eigentlich recht unpraktisch, denn so war er über das Fenster angreifbar. Aber für ihn war es diesmal recht wichtig. Also öffnete er das Fenster und der Rabe flog ins Zimmer, ehe er brav auf der Stuhllehne landete. Der Vogel war trainiert worden. Darauf trainiert Kameras zu erkennen und sie zu umgehen und eine bestimmte Route zu fliegen. Da er diese immer flog, waren die Kameras hier für ihn kein Problem. Xaldin strich dem Vogel kurz über den Kopf, ehe er ein paar Saatkörner aus seinem Schreibtisch holte und dem Vogel hinhielt. Der Rabe pickte die Körner vorsichtig aus seiner Hand. Er strich mit seiner freien Hand über das Gefieder und beim Hals angekommen fühlte er dann das dünne Band, inklusive den kleinen Stein, der daran befestigt war. Er lächelte und nahm diesen den Vogel ab. Die restlichen Körner legte er am Rande des Schreibtisches ab, sodass der Vogel weiter fressen konnte. Xaldin legte den Stein auf den Schreibtisch und berührte die Spitze. Sofort blinkte dieser und projizierte die Nachricht in der Luft. Projektionssteine waren normalerweise so groß wie eine Walnuss, dieser hier gerade mal so groß wie ein Apfelkern. Die Nachricht bestand lediglich aus einem Buchstaben. Mehr konnten diese kleinen Steine auch nicht projizieren. X „Es ist soweit.“ Der Schwarzhaarige lächelte leicht. Endlich. Ruhig kraulte er durch das weiche Haar, während Zexion in seinen Arm, in einer Decke eingekuschelt, lag. Er würde heute Abend abreisen, ab da an gab es keinen mehr, der den Junge beschützen würde. Auch wenn er an ihm experimentierte, so suchte er sich meist nur Dinge aus, die ihm nicht das Leben kosten konnten. Doch darauf nahmen die Anderen keine Rücksicht. Jedes Mal wenn er 'Urlaub' hatte, hatte er Angst um das kleine Wunderkind. „Hey, Zexion, aufwachen.“ Verschlafen öffnete der fast Siebenjährige seine Augen, sah verschlafen zu ihm hoch. Kein Wunder. Der heutige Tag war schmerzhaft und erschöpfend für den Kleinen gewesen. Die Schwellung hatte den gesamten Arm innerhalb von zwei Tagen eingenommen und er hatte es für besser empfunden den 'Pilz' – jedenfalls wirkte es wie einer – zu entfernen. Dabei hatte er jedoch einiges festgestellt. Die roten Punkte waren mehr auf den Stellen vertreten, an die das Licht öfter ran kam. Nun war der gesamte linke Arm von ihm mit einem Verband umwickelt. Er hätte den Arm betäuben können, aber das hätte das Ergebnis verfälscht, denn auch dieses Stück war für ihn eine wertvolle Probe. „Ist es soweit?“ Der Blonde nickte nur und der Kleine schlüpfte aus der Decke. Etwas was er immer widerwillig tat, eine Decke bedeutete für ihn Schutz. Gut erinnerte sich noch an das erste Mal als Zexion eine Decke bekommen hatte. Eigentlich war es ein großes Handtuch gewesen. Vor einem Jahr hatte er den Jungen zum ersten Mal als Testobjekt bekommen. Da er aber sehr verdreckt gewesen war, hatte er ihn waschen müssen. Als er ihm dann das Handtuch gegeben hatte - was um einiges größer als 6F6606 gewesen war -, hatte der Junge sich darin sofort eingewickelt und wie eine verpuppte Raupe gewirkt. Vexen war es damals schwer gefallen den Kleinen da raus zu bekommen, denn trotz der miserablen Verfassung hatte der Junge einen starken Griff gehabt. Also hatte er Kekse und Milch vor ihm hingestellt. Das lebhafte Verhalten hatte ihn interessiert. Zexion war nie in einer Familie gewesen, zwar in einer geboren, aber hatte recht jung seine Eltern verloren. Durch den Schock war er wohl durch den Intelligenztest gefallen und hier gelandet. Rein theoretisch hätte er gar keinen so starken Überlebenswillen entwickeln können. Doch der Kleine hatte seinen Willen behalten und es einigermaßen verborgen gehalten. Das Handtuch war dann so etwas wie ein Reiz gewesen und das Erste gewesen, dass ihm Schutz geboten hatte. Zwei Tage lang hatten sie im Labor verbracht, bis der Junge dann doch schnell die Kekse geschnappt und sich wieder ins Handtuch verwickelt hatte. Es war eine Geduldsprobe gewesen, bis der Kleine sich hervorgetraut hatte. Nach ein paar Monaten hatte er dann das Talent bemerkt. Er hatte in diesen paar Monaten eher den Jungen als Forschung angesehen und ja. Irgendwann hatte Zexion es geschafft Blau und Gelb zu vermischen. Seitdem sagte er gerne 'Boom', wenn er beschreiben wollte, dass etwas explodierte. Die Wache war damals etwas überrascht gewesen, als Vexen mit dem Jungen im Arm aus dem verrauchten Labor raus gekommen war. Doch hatte Xaldin ihn einfach wortlos tun und machen lassen was er wollte und hatte den Vorfall auch nie gemeldet. Wahrscheinlich weil es ihm scheiß egal war, was sie für Experimente machten, solange die Forscher nicht Hilfe schrien oder etwas nicht im Griff zu haben schien. Danach hatte er angefangen dem Kleinen was bei zu bringen. Innerlich riss er sich zusammen, als er den Blauhaarigen dabei beobachtete wie er sich von ihm entfernte. Jedes Mal wenn er nach Hause fuhr. Aber er konnte auch nicht hier bleiben. Er hatte Menschen, die auf ihn warteten. Zexion hatte inzwischen die Kette an sein Halsband befestigt und sich an der Wand zusammen gekauert, was ihn dazu veranlasste die Decke wieder ordentlich zu verstauen und seinen Assistenten zu rufen, der den Jungen in seinen Käfig bringen würde. Eine starke Erschütterung ließen die empfindlichen Gerätschaften erzittern, der Boden bebte. Kurz hörte es auf, doch dann folgte die weitere Erschütterung, Dreck rieselte von der Decke. Verwundert sah Vexen auf. Was war hier los? Da die Alarmanlage keinen Ton von sich gab, musste dies ein Experiment sein und kein Angriff. Aber was würde denn die Anlage erbeben lassen? Verwirrt schritt er zu dem Objekt hin, welches sich nur noch mehr an die Wand gedrückt hatte. Die Tür ging auf. „Profes -!“ Hitze kam auf und die Druckwelle ließ die Gerätschaften auf seinem Tisch durch die Luft fliegen, auf dem Boden gingen zu Bruch und verschiedene Flüssigkeiten verteilten sich auf den Fließen. Doch Vexen sah dies nur aus seinem Augenwinkeln, da sein Blick eher auf den am Boden liegenden Körper gerichtet war, der von der Explosion im Flur erwischt worden war. Der Rücken blutete stark und schien verbrannt. Explosion im Flur?! Wieso war die verdammte Alarmanlage nicht an!? Schnell löste er die Kette vom Halsband. „Die Decke!“, zischte er und Zexion rappelte sich zitternd auf. Vexen vertraute da jetzt Mal seiner Flinkheit. Tatsächlich war der Kleine bereits in der Decke eingewickelt neben ihm, als er gerade seinen Ordner schnappte. „Professor... Hilfe..“, hörte er leise. Grüne kalte Augen fixierten den Verletzten. Dem war nicht mehr zu helfen, jedenfalls nicht hier und auf den Weg nach draußen – Vexen zweifelte nicht eine Sekunde daran, dass diese Anlage bald ein Haufen Schutt war – wäre der Kerl nur im Weg. Also drückte er Zexion seinen Ordner in die Hand, hob den Kleinen hoch und schritt nach draußen. Überblick verschaffen. Die Explosion hatte die Decke noch nicht zum Einstürzen gebracht, aber sie würde es jeden Moment tun. Er lief also eiligst an den verbrannten Körper der toten Wache vorbei. Nur wenige Sekunden später krachte hinter ihm die Decke ein, und er hörte die Explosion, welche durch die vermischten Flüssigkeiten entstanden war. „Vexen...“ „Shh“ Das Beben machte es ihm nicht einfach voran zu kommen, denn er hatte Mühe das Gleichgewicht zu halten. Der Boden bekam Risse. Der Blonde beeilte sich, gab sich nicht die Mühe noch zu seinem Zimmer zu wollen. Er hatte alles wichtige bei sich, seinen Ordner, seine Karte, sein Handy, seine Autoschlüssel und Zexion. Jeder würde sich wohl fragen, warum er einem Objekt hier raus half, aber im Moment war das egal. Später würde er schon eine plausible Erklärung abliefern. Jetzt war erst einmal wichtig hier heil raus zu kommen. Das hier war eindeutig ein geplanter Angriff. Solche hatte es schon öfter, auf kleinere Labore, gegeben. Dies hier war ein Staatslabor, man hatte also nicht damit gerechnet, dass diese Organisation die eben jene kleine Labore in Schutt und Asche legte, eins dieser Größe angreifen und damit auch noch durch kommen würde. Wo waren eigentlich die Wachen? Er hatte nur wenige Lebende gesehen, die irgendwohin gerannt waren, aber irgendwie hatte auch keiner von ihnen wirklich eine Ahnung gehabt wohin genau. ~Achtung, alle Käfige werden geöffnet. Achtung, alle Käfige wurden geöffnet~ Was? Wieso die Objekte befreien? Die meisten kannten nicht Mal den Ausgang aus den Laboren! Scharf bremste er ab, als er die Person bemerkte, die gerade den Gang entlang gebogen kam. Da diese Wache nicht wie die Anderen um die Ecke rasten, sondern eher schlenderte, konnte er einen Zusammenstoß gerade so vermeiden. „Xaldin?“ Der Schwarzhaarige schaute aus kalten Augen zu ihm. An seiner Kleidung klebte Blut und er hatte zwei Lanzen in seinen Händen, diese waren ebenfalls mit Blut befleckt. „Ah Professor. Der Ausgang zu dem Sie laufen ist bereits verschüttet.“ Wie immer war seine Stimme ruhig. Machte ihm das Ganze gar nichts aus? „Du gehörst zu ihnen, nicht wahr?“ „Laufen Sie zum Wachtrakt. Mein Zimmer ist das Letzte im Gang und da es im Erdgeschoss liegt und ein Fenster hat... Alle offiziellen Ausgänge sind in fünf Minuten unpassierbar.“ Was sollte das?! Warum sagte er das? Der zitternde Körper innerhalb der Decke überredete ihn dann jedoch, Xaldin zu glauben und er machte sich auf den Weg. Nach ein paar Minuten erreichte er nach Luft schnappend die erste Tür, die raus aus den Laboren führte. Er war es nicht gewöhnt so zu laufen, geschweige denn an Explosionen vorbei zu hasten. Ein kleiner Trümmer hatte seinen Arm aufgeschlitzt. Aber es war nichts Ernstes. Zexion dachte wieder Mal mit und nahm die Karte, zog sie durch den Schlitz. Schnell nannte er die Kennung, da der Junge einfach mehr Armfreiheit hatte. Der Code war natürlich der Richtige und die Tür öffnete sich. Kaum war er wieder ein paar Meter weiter gerannt, explodierte die Wand neben der Tür. Als Vexen kurz zurück sah, bemerkte er, dass dadurch der Rahmen verschoben war und die Tür somit offen. Ein Versuch damit jeder entkommen konnte? Doch dann konzentrierte er sich lieber auf den Weg, kurz erblickte er sogar eine installierte Bombe. Sie war klein und erinnerte an einem Käfer, der an einer Wand klebte. Diese Bomben sollten 'Rebellen' eigentlich nicht zur Ausstattung haben. Plötzlich riss eine Druckwelle ihn von den Füßen und er krachte unsanft auf den Boden, drehte sich aber um Zexion zu schützen. Vexen schrie auf, als einer der Wandsplitter seine Schulter aufschlitzte. Als die Hitze etwas verebbte sah er auf den Gang wo er eben noch hinlaufen wollte. Verschüttet! Dennoch wollte er nicht aufgeben, also stand er auf, verzog kurz das Gesicht. „Vexen!“ „Alles Gut.“ Er bemerkte aus den Augenwinkeln eine Person. Ein großer Mann schritt an ihm vorbei. Seine Kleidung zeugte davon, dass er einer der Wachmänner vorbei. Er konnte ihn als Lexaeus identifizieren, ein Mann weniger Worte. Er ließ lieber Taten sprechen und das tat er, indem er einfach ein paar Trümmer beiseite räumte. Eine Nische zeigte sich, sie war gerade Mal so groß, das er sich da durch zwängen könnte. Also ließ er Zexion runter und ihn zu erst durch krabbeln. Dann sah er noch einmal zu den Hünen, der ihn ruhig ansah. Auch an ihm klebte Blut, aber es schien eher sein Eigenes zu sein. „Danke.“ Vielleicht würde er ihn nämlich nie wieder sehen. Wer wusste schon, ob der großgewachsene Mann noch raus kommen würde. Er zwängte sich also durch, wo auf der anderen Seite der Blauhaarige geduldig wartete, wobei seine Haare durch den Staub eher grau wirkten. „Alles okay?“ Ein Nicken und er hob den Kleinen mit seinen nicht verletzten Arm hoch. Gut,0 dem Kleinen schien noch nichts passiert zu sein, wenn man die Tatsache ignorierte, was er heute mit ihm experimentiert hatte. Sie kamen schließlich in Xaldins Zimmer an. Die Tür war nur angelehnt. Es war nur die Grundausstattung, nichts persönliches. Zexion öffnete mit ihm gemeinsam das Fenster und er ließ ihn auch zu erst durch schlüpfen, ehe er selber raus sprang. Okay, draußen waren sie schon Mal, aber wenn er sich hier so umsah, standen die Chancen schlecht auch vom Gelände runter zu kommen. Auch hier hatte es Explosionen gegeben. Er bemerkte die zierliche Hand die sich an seine klammerte. Es erinnerte ihn daran, dass da draußen jemand auf ihn wartete und dass er jetzt sogar die Chance hatte Zexion hier raus zu bekommen. Aber konnte er den Jungen ein Leben geben? Vermutlich nicht. Er war gebrandmarkt. Dennoch, ein Versuch war es wert. „VEXEN! VEXEN!“ Die kindliche Stimme erregte seine Aufmerksamkeit. Langsam schritt er über den schwarzen Boden und über die Trümmer, die hier überall herumlagen. Nach einer Weile hatte er die Lärmquelle ausfindig gemacht. Sie hatten überlebt. Jedenfalls einer davon. Langsam schritt er auf den Jungen zu. Wie seine genaue Kennung war wusste er nicht, irgendwas mit 6 oder so, aber war jetzt eh egal. Der Wissenschaftler lag auf dem Boden, Blut hatte seinen weißen Kittel durchtränkt, die eine Seite sah auch leicht angebrannt aus. Die Kleidung hatte sich sogar leicht in die Haut gebrannt. Das Versuchsobjekt kniete neben ihm schüttelte vorsichtig daran und wimmerte inzwischen nur noch seinen Namen. Er bemerkte, dass Vexen noch atmete, schwach, aber immerhin. Xaldin lächelte kurz, doch dann kniete er sich daneben. „Was ist passiert?“ „Boom.“ Klasse Beschreibung. Seufzend hob er den Blonden hoch, nickte dem Jungen zu, welcher auch brav, misstrauisch und ängstlich folgte. Faszinierend, einem Peiniger nicht von der Seite weichen, aber vor einer Wache schiss haben, dabei taten sie nichts, außer blöd in der Gegend rum stehen und Entflohene – was nie vorkam – einfangen. Mehr bekamen Testpersonen nicht mit. Er schritt mit ihnen nach draußen, zum Feld hin, wo ein Hubschrauber stand. Die Kennung wies es als ein Hubschrauber der 'Serendrim' aus. Eine Organisation die ins Leben gerufen war um eigentlich sowas zu verhindern und die zerstörten Labore untersuchte. Natürlich war ein Trupp – die Vorhut bestand meist nur aus wenigen – bereits hier gewesen und natürlich auch ein Hubschrauber mit dieser Kennung und natürlich waren diese längst beseitigt. Dies hier diente gerade der Tarnung. „Ah, sie haben also doch überlebt. Du hattest Recht, Dude.“ „Klappe. Wo ist die V?“ „Bereits hier. Na los, bring sie rein. Bald kommt der Haupttrupp und ich will bis dahin weg sein.“ Xaldin nickte, übergab Vexen den kleineren Mann, dessen lange schwarzen Haare zu einem Zopf gebunden waren. Über sein rechten Auge war eine Augenklappe. Nun hob er den Jungen samt Decke hoch und setzte ihn im Hubschrauber ab. Dann kletterte er selbst rein, nickte Lexaeus zu, welcher bereits auf seinen Platz saß. Er selber zwang den Kleinen dazu sich ebenfalls vernünftig hinzusetzen und sich anzuschnallen. Der Kleine wehrte sich heftig, da er unbedingt zu den Blonden wollte. Komischer Junge. „Dude, jetzt beeil dich.“ „Ja ja. Wie hast du den so schnell gesichert?“ „Übung.“ Er seufzte, schob die Tür zu und setzte sich neben den Piloten, der ihn so drängte. Der Einäugige blickte kurz zu ihm, ehe er die Motoren startete und abhob. Eigentlich war erst abgemacht gewesen, dass Lexaeus und er 'Überlebende' spielten, aber die Pläne hatten sich kurzzeitig geändert. Die Nr. I brauchte sie woanders und es würde nach einer Weile eh auffallen, dass alle Labore indem er Dienst hatte nach einer Weile in die Luft gesprengt wurden. Reichte schon das Vorletzte, in dem er gearbeitet hatte. Langsam entspannte er sich doch, schloss die Augen und lehnte sich zurück. Der Mann neben ihm wusste wie man das Ding flog, in der Hinsicht vertraute er ihm. „Xigbar, hast du ihm bereits Bescheid gegeben.?“ „Mitnichten. Hatte noch keine Zeit zu.“ „Du bist der größte Vollidiot.“ „Ich habe es Lexaeus machen lassen.“ „Du bist trotzdem der größte Vollidiot.“ „Haha!“ Xaldin verdrehte innerlich die Augen, sah noch einmal bissig zu der II und schaute dann doch aus dem Fenster. Die Mission war gut verlaufen und sie hatten sogar zwei potentielle neue Mitglieder. Die Frage war nur, ob er sich nicht doch noch in Vexen täuschte. Der Mann hatte eine Frau und einen Sohn und er würde sicherlich zu ihnen wollen. Nun wie auch immer. Erst Mal mussten sie sicher nach Hause kommen. Und das konnte noch einige Stunden dauern. „Er muss verarztet werden.“, kam es nach einer Weile von Lexaeus. „Keiner von uns kennt sich nicht so wirklich mit solchen Verletzungen aus. Entweder hält er bis zum Quartier aus, oder er verreckt. Je nachdem.“ „Der Kleine könnte es.“, mischte er sich in dem Gespräch der Zwei ein. „Was?“ „Soweit ich weiß, hat Vexen ihn etwas beigebracht, vielleicht auch etwas in Medizin. Lexaeus, du sitzt näher dran, frag ihn.“ Da sie über das Headset redeten und der Junge keins hatte dauerte es etwas, bis Lexaeus ihm klar machen konnte, was sie von ihm wollten. Das Kind nickte zaghaft und etwas unsicher und Lexaeus ließ ihn von seinem Sitz aufstehen. Solange Xigbar den Hubschrauber einigermaßen gerade hielt, müsste es funktionieren. An sich konnte der Kleine nur eine grobe Behandlung machen, aber so standen die Chancen jedenfalls etwas höher. Am Ziel angekommen warte die Nr. I bereits. Silberne Haare blitzten unter der Kapuze hervor und Xaldin hatte selbst jetzt noch das Gefühl diese orangegoldenen Augen sehen zu können, obwohl die Kapuze nur wenig Preis gab. Inzwischen trugen sie alle – Vexen und den Jungen aus gelassen – dieselbe Kleidung. Schwarze Ledermäntel, mit aus silbernen Ornamenten versehender Ketten und die Kapuzen verdeckten nun all ihre Gesichter. „Einer von ihnen ist halbtot, Superior.“, kommentierte die II, als Lexaeus den Wissenschaftler vorsichtig aus dem Hubschrauber trug. Der 'Superior' nickte nur verstehend und begleitete den Schwer verletzten. Von ihnen hatte er am meisten Ahnung von Medizin. Er selber schnappte sich den Jungen und ging gemeinsam mit Xigbar tiefer ins Innere der unterirdischen Anlage. Sie mussten unterirdisch leben, schlicht und ergreifend, weil sie offiziell nicht lebten, zu Mindestens was die I und die II betrat. Nun würde es auch ihn und Lexaeus betreffen. Der Junge zappelte, aber er war das gewöhnt, kleine zappelnde Menschen zu tragen. Sie setzten den Kleinen in ein Zimmer ab. „Sobald es dem Forscher wieder besser geht, kannst du zu ihm, Kiddo.“, versuchte Xigbar ihn zu beschwichtigen und schloss die Tür. „Gut und nun -“ Weiter kam er nicht, da wurde er bereits gegen die Wand gepresst und spürte eine vorwitzige Zunge in seinem Mund. Typisch Xigbar. Immer ohne zu bitten. Natürlich ließ er sich das nicht gefallen und drängte die Zunge etwas zurück, blöd war nur, dass der Mann mit dem goldgelben Auge sehr wohl wusste, wie er weiterhin die Führung behalten konnte. Doch dann lösten sie den Kuss und Xigbar ließ auch brav von ihm ab. „Ungeduldig wie eh und je.“ „Ich wollt nur Klar stellen, was wir nach Feierabend tun werden.“ „An einer Wand stehen und rum knutschen?“ „Nein Dude, du weißt genau was ich meine.“ Xigbar grinste, inzwischen hatten sie die Kapuzen abgenommen, weswegen er das Grinsen sah, nun er hätte es auch anhand des Tonfalls wissen können. „Wir sollten zu der I.“ „Du bist so Pflichtbewusst.“ „Wärst du bei deiner Familie geblieben, hätte das Militär dir gut getan.“ „Pah!“ Sie kannten sich schon seit Kindertagen, jedoch war sein Freund irgendwann plötzlich weg gewesen. Er war da 13 Jahre alt gewesen. Man hatte ihm gesagt, dass er zu viel Scheiße gebaut hatte und in ein Erziehungslager gekommen wäre. Xaldin hatte von Anfang an daran gezweifelt und dann als er angefangen hatte als Wache zu arbeiten, hatte er erfahren, dass diese Erziehungslager eine andere Beschreibung für 'Versuchsobjekt im Forschungslabor' war. In seltenen Fällen auch gleich die Entsorgungsstation. Dann vor fast 10 Jahren war Xigbar plötzlich in seiner Wohnung aufgetaucht. Bis heute wusste er nicht, wie sein ehemaliger Sandkastenfreund da rein gekommen war. Allerdings hatte er sich mit einen anderen Namen vorgestellt und ihn gebeten ihn auch nur so zu nennen, da er sich an diesen Namen gewöhnt hatte. Am Anfang war er misstrauisch gewesen, denn auch wenn die Redewendung – und vor allem dieser Sarkasmus – gleich waren und er ihm ähnelte, so hätte es auch wer Anderes sein können, der einfach behauptete über die Jahre vieles vergessen zu haben. Allerdings hatte er ihn dann doch überzeugt und das, indem er Braig erwähnt hatte und erklärte wieso er jetzt Xigbar hieß. Anscheinend waren die Erinnerung etwas zurück gekehrt, denn er hatte sich etwas mehr an Braig erinnert und auch an ihn, Xaldin. Das war auch der Grund gewesen, weswegen er ihn aufgesucht hatte. Zwar hatte die II mit seiner Vergangenheit abgeschlossen, aber sie hatten Verbündete gesucht und gebraucht und als er sich an ihn hatte erinnern können war er aufgebrochen. Das Schicksal seines Freundes hatte Xaldin dann schließlich dazu gebracht auf die Seite des Superiors zu kommen. Somit hatte er mit 21 Jahren sich einer Rebellion angeschlossen, die er kaum gekannt hatte. Inzwischen wusste er, dass wenn er es nicht getan hätte, Xigbar ihn hätte töten müssen. Gut, dass er zugestimmt hatte, denn abgesehen davon dass er am leben war, es hatte gewisse Vorzüge hier zu sein. Der Mann vor ihm war eines von ihnen, auch wenn die II sich oft wie der größte Trottel benahm. Sie öffneten eine Tür, wo sie auf die restlichen Drei trafen. Der Anführer war noch immer mit den Verarzten beschäftigt und die V saß auf einem Sofa, löste so ein komisches Rätsel. „Joh Superior, was geht?“ Eine rote Klinge sauste an Xigbar vorbei, doch der war gekonnt ausgewichen. Xaldin aber verstand die Warnung und zog seinen 'festen' Freund aufs Sofa. So saßen sie still da, bis die I fertig war. Sie alle hatten wieder ihre Kapuzen übergezogen und warteten nun. Nach einer Weile rührte sich der Wissenschaftler, ein Zeichen, dass der Superior gute Arbeit geleistet hatte. Dieser stand nun auch wieder von seinem Sessel auf und nährte sich den Blonden, welcher ihn auch gleich fixierte. „Wo bin ich und was willst du?“ Oh nicht die berühmte 'Wer' Frage. „Wo du bist, ist erst einmal nicht von Wichtigkeit. Ich habe dir einen Vorschlag zu unterbreiten.“ Die tiefe Stimme lief Xaldin immer noch kalt den Rücken runter. Es lag nicht daran, dass sie schrecklich klang, nein man hörte eigentlich gerne dieser Stimme zu, nur war da diese endgültige Gefühlskälte, die einen nur deutlich machte, dass dieser Mann gefährlich war. Allein durch seine Stimme und Tonlage erkannte man die Macht die er hatte, die in ihm schlummerte. Ihr Anführer war nicht nur intelligent, sondern auch wehrhaft und kampferfahren. „Und der wäre?“ „Du weißt wer wir sind?“ „Ich nehme scharf an, dass ihr zu denen gehört, die für die Sprengung meines Arbeitsplatzes verantwortlich sind.“ „In der Tat. Und wir machen dir den Vorschlag uns bei zu treten.“ Es folgte eine kurze Stille, die dann aber durch das kranke Lachen Vexens durchbrochen wurde. Gruselig. Er hatte definitiv eine Lache, die man im Kopf hatte, wenn man an 'irrer Wissenschaftler' dachte. „Warum sollte ich das tun?“ „Wir wissen, dass du ein Kind, welches als Testobjekt fungierte, als Sohn ansiehst, ihm sogar einen Namen gegeben hast. Wie du dir sicher denken kannst, sind wir mit dem heutigen System nicht einverstanden und wollen daran etwas ändern.“ „Gut, ich höre mir gerne eure Ansichten eines neuen Systems an, aber erst wenn ich weiß, wie es dem kleinen geht.“ „Nr. V hol ihn.“ Der Hüne stand auf und schritt raus. Sie schwiegen bis das Kind in den Raum gelaufen kam. „Vexen!“ Der Blonde musterte den kleinen, nickte dann zufrieden und der Junge krabbelte auf das Feldbett, auf dem sein 'Vater' saß. Lexaeus hingegen setzte sich wieder zu ihnen. „Gut, erzähl.“ „Kennst du die Geschichte, wie das System entstanden ist?“ „Die Menschen haben in der Erziehung versagt und dieses System diente ursprünglich dazu, die Erziehungstest einzuführen.“ „Allerdings. Jedoch waren nur noch weniger dazu geneigt Kinder zu bekommen, wenn sie dann noch ihre Zeit an einen Test verschwenden mussten. Somit wurden die Zuchtstation ins Leben gerufen und Kinder zu erziehen brachte Geld ein. Jedoch wollte man nur intelligenten Kinder die Chance geben, aber was passiert mit den Übrigen? Da sich keiner um diese Kinder sorgte, konnte man sie auch ab sofort als Versuchstiere anerkennen. Das heutige System bildete sich. Jedoch gibt es immer wieder 'Objekte', die ihren Willen behalten oder gar einen entwickeln. Der Kleine ist ein gutes Beispiel.“ Vexen drückte den Jungen beschützend an sich, auch wenn es ihn zu Schmerzen schien. „Es gelang sogar einigen die Flucht.“ „Was?“ „Natürlich verschwieg der Staat es und sorgte im Geheimen dafür, dass diese Kinder gesucht werden und notfalls auch getötet werden, denn schlicht und ergreifend wissen wenige normale Bürger von den Forschungslaboren. Außerdem fürchtet man sich vor dem, was diese Kinder anrichten konnten.“ „Ich nehme an, sie haben überlebt.“ „Allerdings. Unser Ziel ist es, das System zu durchbrechen und jedem Menschen wieder zu ermöglichen ein Leben führen zu dürfen, sowie es ihnen beliebt. Gleichzeitig wollen wir jedoch die Familienstruktur stark einbauen und es ihnen ermöglichen Karriere und Familie zu vereinbaren. Wer ist schon ein Genie unter vielen Genies? Das Leben damals hat auch geklappt, auch wenn es dort Fehler gab, die man hätte ändern können.“ „Warum hat man es dann nicht getan?“ „Weil dieses System um einiges einfacher und unkomplizierter ist. Die Menschen sind leicht vom Staat zu kontrollieren und die Zucht- oder Forschungskinder haben keine Möglichkeit sich ins normale Leben einzugliedern, ihre Markierung macht es unmöglich. Du weißt selbst, dass viele Talente unter den Objekten schlummern, du weißt selbst, dass dieses System nicht Menschenwürdig ist.“ „Ich bin Wissenschaftler.“ „Und dennoch beschützt du dieses Objekt.“ Xaldin beobachtete Vexens Miene genau. Er schien sich nicht ganz sicher. „Ich habe keine Skrupel Menschen zu verletzen, vor allen Forschern oder Wachen nicht. Wir werden darauf erzogen, natürlich haben wir keine Skrupel. Du hast kein Problem damit Forschung an einen Menschen zu betreiben, ich kein Problem damit eine Einrichtung mit vielen Menschen drin in die Luft zu jagen. Die meisten Objekte sind stumpf und haben kein Lebenswillen,. Der Tod ist ihre einzige Chance, denn in Freiheit kämen sie nicht mehr zu Recht. Kinder wie er jedoch, haben die Möglichkeit, sich noch anzupassen.“ „Sind wir die Einzigen?“ „Ja. Es gab sonst keinen, der es würdig war.“ „Würdig?“ „Wir schauen uns alles erst genau an und entscheiden, ob wir jemand finden, der sich uns anschließen könnte. Denn noch kann keiner wirklich Leben. Und bis jetzt bist du der Einzige Forscher, der einen gewissen Zweifel an das System hatte. Du solltest jedoch wissen, dass wir misstrauisch sein werden.“ „Wie viele seid ihr?“ „Vier.“ Die grünen Augen weiteten sich und Xigbar gab einen leisen amüsierten Laut von sich, sodass er ihm den Ellbogen in die Rippen rammte. „Mit Vier Personen schafft ihr es so eine Einrichtung zu sprengen?“ „Drei. Ich habe lediglich nur geplant. Viele Kinder schaffen es nicht. Um genau zu sein haben es aktuell 20 aufs Außengelände geschafft, aber nur Zwei sind ganz entkommen.“ „Und diese Zwei sind hier in diesem Raum.“ „Die anderen Beiden sind Wachen, die jedoch genug davon hatten.“ „Ihr wollt also, dass ich mit euch irgendwas in die Luft sprenge und dann?“ „Nein, als Wissenschaftler habt ihr andere Aufgaben.“ „Ihr?“ „Der Junge ist genauso eingeladen und da er dich schon grob im Hubschrauber versorgt hat, scheint er der Aufgabe gewachsen zu sein.“ „Die wäre?“ „Forschung und medizinische Versorgung.“ „Ihr ermöglicht Zexion also... ein Leben?“ „Soweit man ein Leben im Untergrund Leben nennen kann, ja. Sollten wir erfolgreich sein, wird er wie jeder Andere leben können, nach seinen Wünschen.“ Zexion, so hatte er ihn also genannt. Er hatte heraus gefunden, dass Vexen den Kleinen als Sohn sah und dass er einen Namen hatte, aber nie welchen. Der Forscher schaute den Jungen nachdenklich an, dieser wiederum er fragend, aber er schien begriffen zu haben um was es ging. „Wir lassen euch Zeit das Angebot zu überdenken.“ Und dies war das Zeichen, dass sie alle aus dem Raum gingen. Die II schritt eiligst den Gang runter, er würde lauschen, was die Zwei sagen würden. „Meinst du er wird zusagen?“ „Ja. Wer nachdenkt ist auch zu überzeugen. Macht seine Familie ausfindig, ich vermute er wird sie entweder bei sich haben wollen, oder sie jedenfalls in Sicherheit wissen.“ „Sofort.“ „Was ist mit deiner Familie?“ „Wenn ich nein sage, werden sie mich töten.“ „Weil er gesagt hat, er hat davor keine Skrupel?“ „Eine unausgesprochene Warnung. Außerdem wissen wir jetzt eine Menge.“ „Und jetzt?“ Er schwieg etwas, streichelte den Kleinen liebevoll durchs Haar. Er hatte gehofft nach Hause zu kommen, aber am Ende war er hier. Hier jedoch, konnte Zexion mehr sein als ein Forschungsobjekt. Aber was war mit seiner Familie?“ „Vielleicht können sie auch hier her? Ich würde Nathan gerne mal kennen lernen. Und Nathalie.“ „Du wusstest woran ich denke?“ „Der Blick.“ Er seufzte, legte die Decke um sie beide und legte sich wieder hin. Seine Seite schmerzte. Das würde vermutlich Spuren hinterlassen. Da sein Gesicht aber nicht so brannte wie seine Seite die ab der Schulter bis zu seinem Fuß noch immer zu brennen schien, vermutete er, dass sein Gesicht also kaum betroffen war. „Ich werde fragen was mit ihnen ist. Anderseits, wir leben versteckt. Sie haben ein... normales Leben.“ Und das wollte er ihnen nicht nehmen. Ob er ihnen schreibe konnte, dass alles in Ordnung war? Nein, zu gefährlich. Da sie kein Limit bekommen hatten, ließ er sich das Ganze wirklich gründlich durch den Kopf gehen. Eigentlich war es dumm zu überlegen, stellte er nach ein paar Stunden fest. Denn eine Wahl hatte er nicht wirklich. Entweder er machte mit und überlebte, oder er sagte nein und starb. Aber wollte er gegen das System kämpfen? Nachdenklich sah er auf den Jungen in seinen Arm, welcher inzwischen eingeschlafen war und lächelte. Ja, auch wenn er die Forschung liebte – und menschliche Testobjekte lieferten mitunter die besten Ergebnisse – so war er doch ein Mensch und er würde auch nicht so leben wollen, wie seine Versuchsobjekte. Mit diesen Gedanken schlief er erst einmal ein. Allerdings rüttelte jemand nach ein paar Stunden schon an ihm und er schlug die Augen auf, sah direkt in das hellblaue Auge des Kleinen. „Sie sind da.“ Also richtete er sich auf, sah zu dem Anführer. Man erkannte ihn einfach, trotz dass man ihre Gesichter nicht sah. Die Ausstrahlung, die Haltung. „Ich stimme zu. Aber eins will ich noch wissen.“ „Deine Familie?“ Diese kalte emotionslose Stimme, die eine gewisse Autorität ausstrahlte war beängstigend. Aber noch beängstigender war die Tatsache, dass er gleich durchschaut wurde. Er nickte einfach, was gab es da noch zu sagen? „Wir könnten sie herbringen und offiziell für die Welt sterben lassen. Du hast einen Namen und man würde es als eine Art 'Rachetat' ansehen oder so. Oder aber du vergisst sie und sie glauben wie jeder auch, dass ihr Tod seid. Bei Letzteren können wir jedoch nicht für ihre Sicherheit garantieren.“ „Was erwartet sie hier?“ „Ein Leben an deiner Seite. Soweit ich weiß, hast du mit deiner Frau über Zexion bereits gesprochen.“ „Ja...“ Die wussten zu viel. „Entscheide dich. Hier leben, oder doch im tristen Grau der Allgemeinheit. Weißt du was mit Familien passiert, wo einer der Elternteile verstirbt?“ Oh ja, das wusste er. Das Kind wurde weggenommen, denn alleine das Kind erziehen und gleichzeitig einen Job ausführen konnte man nicht bewältigen und ohne Job hatte man nicht zu existieren und landete auf der Straße. Nathalie würde lieber sterben, als Nathan herzugeben. Daran hatte er auch gedacht. „Bringt sie bitte her.“ Der Anführer nickte. Die Stimmung schien sich etwas zu verändern. Während der geheimnisvolle Man raus ging, trat der Hüne neben sie und offenbarte sein Gesicht. „Lexaeus?“ Er hatte also vom Plan gewusst und hatte ihnen deswegen geholfen? Nun hätte er sich denken können, die Größe und der Körperbau gab es bestimmt nicht oft. Er blickte zu den Einen, den er als Xaldin identifiziert hatte. Tatsächlich war das dieser auch, da auch er sich nun offen zeigte. Der Letzte schritt auf ihn zu. Er war vermutlich ein Forschungsobjekt. Die Anderen hatten als Wachen gearbeitet, stammten damit aus einer Familie. Das Gesicht was er zu sehen bekam war davon gekennzeichnet. Eine große Narbe zierte die linke Wange. Sein rechtes Auge war durch eine Augenklappe verdeckt. Die schwarzen glatten Haare waren zu einem Zopf zusammen gebunden. Die goldgelben Augen funkelten amüsiert und das Grinsen... nun es wirkte hämisch, böse. „Gut. Ich, oder wir, werden euch kurz ein paar Sachen erklären. Der Superior, also der Boss, wird sich euch erst einmal nicht offen zeigen. Die meiste Zeit sieht man ihn eh nicht. Wir sind in Nummern unterteilt. Der Superior ist die Nr. I, ich bin die Nr. II, der Typ neben mir die Nr. III und unser Riese ist die V.“ „V?“ „Die Nr. I hat zwar nicht gelogen, aber viele Menschen sind auf unserer Seite, folglich folgen sie uns auch, wenn wir ihnen die Chance geben würden. Der Boss scharrt ganz bestimmte Menschen um sich, die sozusagen wichtig in seinen Plan sind. Die sogenannten XIII. Wir stehen jedoch am Anfang, warum erfährst du irgendwann, vielleicht. Jede Nummer hat einen bestimmten Bereich, eine bestimmte Aufgabe. Lexaeus kam für die Nr. IV nicht infrage, aber für den Rang der V. Du hingegen, Vexen, trägst ab sofort die Nr. IV. Was den Kleinen angeht, so wird der Superior ihn noch einschätzen müssen. Aber er erwähnte bereits, dass er vielleicht für die Nr. VI geeignet wäre. Welche Aufgabenverteilung welche Nummer hat, weiß nur der Boss.“ Die Nummern? Moment, wenn Lexaeus und Xaldin Wachen waren... dann war der Boss also ein Versuchsobjekt gewesen. Vermutlich hatte er deswegen einen kleinen Zahlentick bekommen. Wie auch immer. Daran würde er sich halt gewöhnen müssen. „Wie lautet dein Name?“ Nach dem Chef würde er jetzt einfach Mal nicht fragen. „Oh, mein Name ist Xigbar.“ Kapitel 2: Because I only need your name ---------------------------------------- „Mein Name ist Lea. L-E-A. Got it memorized?“ Er grinste den Jungen in den Käfig vor sich fröhlich an. Dieser musterte ihn, doch sein Blick war leer. Aber er war nicht dumm. Auch wenn die Augen leer waren, so war er der Einzige hier, der ihn überhaupt registriert hatte. Seine Haaren waren blau und kurz, die Augen Türkisblau. Er mochte ihn auf Anhieb, obwohl sie nicht unterschiedlicher sein konnten. Aber das war Lea egal, er hatte sich fest vorgenommen nicht zu sterben, denn in den Erinnerungen würde er weiter leben, solange ihn keiner vergaß. Und deswegen sollten alle ihn nicht vergessen, damit er leben konnte. Leben. Was war falsch daran? Leben zu wollen? Lea wusste es nicht, aber er entschied sich, dass es ihn nicht daran hindern konnte, glücklich zu sein. Auch das hier nicht. Forschungszentrum, Forschungsobjekt. Der Käfig in welchem er steckte war klein, seine Kleidung bestand aus einer kurzen Hose und einem großen T-Shirt. Sein Gegenüber hatte dasselbe an. Sie waren für diese Leute nur Nummern, Objekte mit denen man alles machen konnte. Pff, er würde ihnen zeigen, dass er keine Nummer war, er war Lea und das würde er bleiben. Lea würde nicht sterben. Das hatte er sich versprochen. Sich selbst und seinem Bruder. Wie es ihm wohl ging, so ohne ihn? „Hey, wie heißt du? Was magst du so? Also ich mag ja voll gerne Meersalzeis essen. Kennst du das? Ich glaube nämlich nicht, dass wir das hier bekommen. Aber den Sonnenuntergang kennst du doch, oder? Da sieht der Himmel aus, als würde er brennen, voll cool sag ich dir. Das hast du doch auch Mal gesehen, oder?“ Doch der Junge sah nur weg. Da hatte er wohl eine harte Nuss zu knacken. Aber er würde ihm schon zeigen, dass er es wert war. Wert war, dass man ihm zuhörte, ihn beachtete und ihn nicht vergaß. „Wie lange bist du schon hier?“ Stille. Nun für heute würde er ihn in Ruhe lassen. Also lehnte er sich an die glatte Wand hinter sich und schloss die Augen. Leise fing er an eine Melodie zu summen, eine Melodie die ihn schon sein gesamtes Leben begleitete. Sie war ruhig und erinnerte ihn an eine verträumte Wärme. Da alle anderen in diesem Gang schwiegen hörten sie alle diese Melodie, doch das war ihm egal. Vielleicht spendete sie ihnen genauso Wärme wie ihm? Seine Mutter hatte es komponiert und somit kam es ihm vor, als wäre ihm seine Mutter ganz Nah. Dann war sie gestorben. Vor zwei Jahren. Man hatte ihn und sein Bruder von seinem Vater weggebracht, nach einem halben Jahr, weil man erst eine Familie finden musste, die Zwei Kinder aufnahmen, da sie beide diesen komischen Test bestanden hatten. Er hatte sich gefreut in eine neue Familie zu kommen, da sein Vater wie ausgewechselt gewesen war. Statt mit ihnen gemeinsam Liedern zu lauschen oder um sie zu kämpfen hatte er ihnen die Schuld gegeben, zu viel Alkohol getrunken und sie verprügelt. Er hatte sich immer zwischen seinem Vater und seinem Bruder gestellt. Aber gänzlich schützen hatte er ihn nie gekonnt. Ob seine Mutter deswegen traurig war? Er hatte sich mit Reno geschworen immer zu lächeln, nicht zu weinen. Denn ihre Mum hätte nicht gewollt dass sie traurig waren. Also summte er immer, immer wenn er nicht weiter wusste, sich aufmuntern wollte. Vielleicht munterte es auch den Jungen vor ihm auf. Ja vielleicht. Er verstummte, sobald diese Tür wieder auf ging. Ein Mann kam zu ihm, sah ihn an. Der Rothaarige schaute zurück, legte den Kopf schief. „Was gibt’s?“ Der Mann lächelte nur kurz, öffnete die Tür und zog ihn raus. An sein Halsband was er trug wurde eine Leine angelegt und seine Hände wurden am Rücken gefesselt. „Hey! Ihr tut so als wäre ich ein Schwerverbrecher! Ich wäre auch freiwillig mitgekommen.“ „Sei still, du hast nichts zu sagen.“ „Ich hab eine Menge zu sagen!“ Der erste Schlag. Ah, wie bei seinem Vater, das steckte er weg. Er bemerkte, wie die Augen des anderen Jungen noch eine Spur leerer wurden. Verwirrt sah er ihn an. „Siehst du das? So wirst du in wenigen Monaten auch sein.“ Damit wurde er einfach mitgezogen. Was meinte er? Er würde nicht so... eine leere Hülle sein! Er war Jemand, kein Niemand! Der Weg führte durch triste Gänge, die den Neunjährigen nicht behagten. Alles wirkte lieblos und steril, wie Krankenhäuser. Er hasste Krankenhäuser. Hasste sie seit er Sieben war und erst Recht jetzt. Dann gelangten sie in einen Raum, wo mehrere Menschen standen. Er sah Glut in einen Ofen und Metallstäbe die dort drinnen waren. Er selber wurde in so ein seltsames Gestell gesperrt, worin er sich kaum bewegen konnte. Sie verengten es noch etwas, sodass die Stäbe seine Bewegungen verhinderten. Es gab sogar extra Stäbe, in den seine Arme eingepfercht waren. „Was soll das?!“, zischte er nun doch wütend. Er fühlte sich wie ein Tier. Nun er war ein Forschungsobjekt, nicht Mal mehr ein Subjekt. Er war für diese Leute nur ein Gegenstand. Einer der Männer, er trug keinen Kittel wie die Meisten hier, sondern Feuerfeste Kleidung - jedenfalls sah es so aus – und eben jener holte die Metallstäbe aus dem Ofen hervor. Sie waren einander geklemmt und die Zahlen und Buchstaben glühten orange. Leas Augen weiteten sich. Was hatten die damit vor? Als der Mann auf ihn zukam verstand er und versuchte aus dem Gestell zu entkommen, doch natürlich klappte es nicht. Was dann folgte war heißer Schmerz. Er schrie entsetzt auf, zitterte. Sobald sich die Zahlen und Buchstaben eingebrannt hatten, tauchte man die glühenden Eisen ins kalte Wasser, während seine Wunde desinfiziert wurde. Es brannte höllisch. Der Schmerz betäubte ihn halb und somit merkte er nicht einmal wirklich, dass er wieder raus gelassen wurde. Sie zogen an der Leine und er stolperte halb nach vorne, doch fing er sich. Weg, er musste hier weg! Zu Reno, seinem Bruder. Ohne zu zögern biss er in seine eigene Leine und rannte los. Der Pfleger war überrascht und konnte ihn nicht halten. Jedoch war im Gang ein weiterer Mann, der ihn einfach abfing. Ein Sicherheitsmann, dass verriet die Kleidung. Er packte ihn in einem geübten Griff. „LASS MICH LOS! BASTARD! LASS MICH!!!“ Doch alles zappeln und schreien brachte nichts. Mitgefühl hatte hier keiner. Warum sollte man auch etwas für ein Objekt fühlen? „BASTARDE!“, brüllte er und versuchte zu beißen. Aufgeben? Niemals! Leider war die Kleidung zu dick um ihn wirklich weh zu tun. Mistkerl! Warum trug er auch sowas?! Der Mann schaute zu den Anderen, ignorierte das zappelnde Kind, was er über seine Schulter geworfen hatte. „Wir sind fertig, er kann in seinen Käfig. Zweiter Stock, Gang H.“ Auf den gesamten Weg hin schmetterte er den Mann wüste Beleidigungen an den Kopf, was damit endete, dass er ihn achtlos in sein Käfig warf und Lea sich damit den Kopf stieß. „Au! Ey du verdammte Wichser!“ Doch da war der Mann schon weg und die Tür schloss sich. „Dieser... Warts ab, irgendwann bin ich bewaffnet und du wirst schlafen!“, murrte er und versuchte sich irgendwie aufzurichten, nur mit gefesselten Händen am Rücken ging das nicht. Seine Markierung brannte noch immer. Die gesamte linke Seite schmerzte. Jedenfalls was die Hüfte anging. Das würde er ihnen noch alles zurück zahlen. Was er ihnen zurück zahlen musste, war innerhalb weniger Monate so viel, dass er sich schon eine Liste wünschte. Aber da er sich immer noch nicht aufgegeben hatte, hätte ihm ein Zettel und Stift eh nichts genutzt, da seine Hände inzwischen so gut wie immer gefesselt waren. Müde schloss er seine Augen. Vier Monate war er jetzt schon hier. Vier Monate in den er jede Lücke zu nutzen versuchte. Die Männer misstrauten ihm und er wusste, sie wunderten sich, warum er noch nicht aufgegeben hatte. Vermutlich stumpften hier viele sehr schnell ab. Er nicht. Er hatte Gründe zum Kämpfen und vor allem sorgte er dadurch, dass er unsterblich wurde, denn vergessen würden die ihn nicht. Einen der Forscher hatte er sogar unter einem Regal begraben, als er ihn dagegen gestoßen hatte. Der hatte immer noch blaue Flecken. Trotz seiner Müdigkeit kicherte er vor sich hin, ehe er sie wieder öffnete. Noch hatte er nicht alles für heute erledigt. „Ich hab heute den Blödmann getroffen, den ich unter dem Regal begraben habe. Hab ich dir vorgestern ja erzählt. Der humpelt immer noch. Hihi. Hat der auch verdient. Ich glaube jetzt hasst er mich. Ich ihn auch. Die überlegen sich wohl schon, wie sie mich loswerden wollen. Nun sollen sie Mal versuchen, ich bin zäh.“ „Warum...“ Lea stoppte in seinem Redeschwall und schaute verdattert zu den Blauhaarigen, welcher seinen Kopf hob und ihn anblickte. Die Augen wachsam, aber immer noch leer. „Warum?“ „Warum... redest du so viel?“ „Na wenn mir keiner antwortet...“ „Wieso redest du immer mit mir?“ Die Stimme war leise und kratzig. Kein Wunder, er hatte den Jungen nie reden hören, also oft benutzen tat er seine Stimmbänder nicht. „Im Gegensatz zu den Anderen scheinst du noch geistig hier zu sein und wir sind genau Gegenüber. Wie heißt du?“ Doch der Blauhaarige schwieg wieder. Och nö. Er hatte doch gerade erst mit dem Sprechen angefangen. „7G7777A177. Wieso geben die uns so lange Zahlen? Kann sich doch keiner merken. Ich weiß ich hab ein paar Mal Acht drinnen, eine Dreizehn und eine Sieben, sowie den Buchstaben H. Hey H kommt nach G, genau wie die Acht nach der Sieben, witzig, ne?“ Keine Antwort. Lea seufzte. „Du hast kein Namen, nicht wahr?“ Ein Nicken. „Weißt du noch meinen Namen?“ Der Blauhaarige blickte wieder zu ihm, nickte dann wieder. „Nicken kann jeder. Woher soll ich wissen, dass du mich nicht anlügst?“, versuchte er aus ihm ein Wort hervorzulocken und wenn es nur sein eigener Name war. Er wollte noch Mal diese Stimme hören. „Lea.“ Die grünen Augen strahlten und er nickte freudig. Juhu! Gesprochen! Win für ihn! Und er hatte sich wirklich seinen Namen gemerkt! „Du brauchst auch einen Namen. Mhmh... Äh...“ Nachdenklich blickte er ihn, während sein Gegenüber den Kopf schief legte. Die Augen wirkten etwas neugieriger und wacher. Nicht mehr ganz so leer. „Wie wäre es mit Isa?“ „Isa?“ „Jap. Ich finde, das klingt gut.“ Und hatte irgendeine Bedeutung, die ihm aber entfallen war. Uff, wie war der denn? Egal. „Isa... Mhmh, wenn du meinst.“ „Okay. Jetzt hast du einen Namen, jetzt musst du auch öfter mit mir reden.“ „Du nervst.“ „Du bist herzlos.“ Isa hob eine Augenbraue, musste dann aber etwas lächeln, vermutlich lag es daran, dass Lea ihn geschockt und sehr getroffen anguckte. Als er das Lächeln von Isa sah, lachte er leise. „Gefühle stehen dir.“ „Du bist Schuld.“ „Haha!“ Sie schwiegen wieder, aber diesmal war es ein angenehmes Schweigen, fand Lea. Denn jetzt wusste er, dass sein Reden für Isa eine Bedeutung gehabt hätte, sonst hätte er ihm ja nicht zugehört. Und da er ihm zugehört hatte... Ob sein Reden für Isa eine Art Abwechslung darstellte? Vermutlich. In den Vier Monaten hatte er kaum mit jemanden gesprochen, jedenfalls auf eine freundliche Basis. Und es machte ihn glücklich zu wissen, dass seine Worte jemanden erreicht hatten und vielleicht würde Isa ja jetzt tatsächlich sich öfter mit ihm unterhalten. „Du Lea?“ „Mh?“ „Du stammst aus einer Familie, nicht wahr?“ „Ja. Aber meine Mutter starb und wir wurden von einem anderen Paar adoptiert.“ „Wir?“ Von Reno hatte er bis jetzt nichts erzählt. Eigentlich hatte er nur irgendwelche belanglose Sachen erzählt, nichts wirklich über sich selbst, abgesehen von seinem Alltag hier. „Ich hab noch einen jüngeren Zwillingsbruder.“ „Ist er auch hier?“ „Nein, er ist wohl noch dort. Hoffe ich.“ „Ist es schön? Eine Familie?“ Die Worte kamen zögernd und vorsichtig, ja sogar etwas schüchtern. „Kommt drauf an. Bevor meine Mutter starb war es schön, voller Licht und Wärme, da meine Eltern uns wirklich geliebt hatten. Unsere Pflegefamilie wollte einfach nur, dass wir Regeln beachten und funktionieren. Wir sollten gute Noten nach Hause bringen und wenn wir gut waren, dann waren sie auch recht umgänglich. Aber Liebe, Wärme gab es da nicht. Ich glaube mit Familie ist das immer ein Glücksspiel.“ „Hört sich dennoch... gut an.“ Ups. Ja stimmt, seine letzte Familie war besser als das hier. Da hatte Isa Recht und er beschwerte sich. Oh je. „Bist du immer hier gewesen?“ „Seit ich mich erinnern kann... Aber ich komme wie fast jeder hier aus einer Zuchtstation.“ „Find ich grausam.“ „Mh?“ „Zuchtstation. Jeder verdient es, sein Leben selbst entscheiden zu können, zu entscheiden ob man Kinder will. Das ganze System ist scheiße. Jeder sollte das Recht haben, so zu leben, dass er nichts bereut... sollte er dann Mal sterben, wird er nichts bereuen müssen, oder?“ Isa zog seine Beine auf diese Worte nur mehr an sich, seine Augen fixierten seine Knie. Er wirkte bedrückt. Anscheinend waren seine Worte nicht gut gewählt, musste er vorsichtiger sein? „Gibt es Dinge die du bereust?“ „Nein.“ Der Ton war abweisend und seine Augen wurden kälter. Lea setzte sich auf um ihn besser anzuschauen, schwieg jedoch. Morgen würde es vielleicht besser verlaufen. Seufzend ließ er sich zur Seite fallen, ignorierte den Schmerz der sich in seinem Kopf ausbreitete, als er gegen die Wand damit knallte. Sein Nachbar – oder Nachbarin, gesehen hatte er das Kind nie – schien es nicht zu stören. „Ich will mein Meersalzeis. Und den Sonnenuntergang. Jedenfalls Fenster könnten die sich erlauben.“ Kein Kommentar. Ja wirklich morgen. Mit diesen Gedanken versuchte er sich etwas bequemer hinzulegen, was bei der Größe des Käfigs nicht ganz klappte. Er musste seine Beine anwinkeln und sie gegen die Wand pressen, da er sonst nicht wirklich gerade liegen konnte. Wieder summte er leise vor sich hin. Das hatte er sich angewöhnt. Immer zum Einschlafen. Er summte solange, bis er schlief. An irgendwas musste man ja klammern. Er hatte recht schnell bemerkt, dass diese Experimente einen vergessen ließen. Das Licht vergessen ließen. Die Schmerzen die häufig entstanden, die Injektionen... All das ließ ein irgendwann taub werden. Als er bemerkte, dass langsam das Gesicht seiner Mutter verschwamm hatte er angefangen immer zu summen und dabei die Gesichter seiner Familie aufzurufen. Immer wieder und dazu ihre Namen. Jeden Tag zählte er die verschiedensten Dinge auf und erinnerte sich. Einfach damit er nicht vergaß. Wenn er nicht wollte, dass man ihn vergaß, dann durfte er auch keinen von diesen Menschen vergessen. Ein plötzlicher Schmerz ließ ihn zusammen zucken und er fing an kurz zu röcheln. Er kugelte sich zusammen, kniff die Augen fest zusammen. Verdammt. Aufhören! Seine Atmung wurde flacher und er hatte das Gefühl nur noch schwer Luft zu bekommen. Es war als würde seine Lunge einfach ignorieren, dass er versuchte einzuatmen und sie presste sich einfach zusammen. „Lea? … Lea!“ „G-geht schon...“ Der Schmerz verebbte tatsächlich langsam und seine Lunge füllte sich wieder mit Luft. „Das müssen die Experimente sein.“ „Nein, das war nur...“ Er wagte es nicht zu Isa zu schauen, der ihn wohl skeptisch ansah. „Hör auf zu träumen Lea. An den Folgen der Versuche sterben wir alle letztendlich. Wann jemand von so einem tödlichen Experiment getroffen wird, weiß keiner, aber irgendwann trifft es jeden.“ „Nein, das ist nicht...“ „Hör auf!“ Überrascht sah er nun doch auf, blickte in die wütenden Augen des Anderen. Isa zitterte und hatte seine Hand gegen das Gitter des Käfigs geschlagen, krallte sich jetzt daran fest. Die Augenfarbe hatte sich geändert. Sie waren gelb. „Isa... deine Augen...“ Der Junge zuckte zurück, schloss seine Seelenspiegel und zog die Beine wieder heran, ehe er seine Arme herum legte und seinen Kopf auf seinen Knie abstützte. Als er die Augen wieder öffnete waren sie wieder in diesem Türkisblau. „Mach mich nicht wütend. Du nervst.“ Der Rothaarige senkte seinen Blick, seufzte und fing wieder leise an zu summen. „Ich sagte du nervst!“ Doch jetzt war er es, der Isa ignorierte, der einfach vor sich hinsummte und lächelte.Er fing an sich hin und her zu wiegen, passend zum Takt. Isa redete wirklich wenig. Das lag aber auch daran, weil es gefährlich war zu zeigen, dass man ein Bewusstsein hatte. Lea lebte gefährlich. Ein sicheres Zeichen war ja bereits, dass er seit Wochen diese Schmerzen zu haben schien. Immer wieder fing er an nach Luft zu schnappen und verkrampfte sich am ganzen Körper. Aber er tat das mit einem Lachen ab. Allgemein war ihm der Junge ein Rätsel. Wie konnte man in solch einer Situation lachen? Er hatte so eine wundervolle Familie gehabt und sie verloren. Er würde sie nie wieder sehen und dennoch lachte er fröhlich, summte immer diese dumme Melodie vor sich hin – eigentlich mochte er es, wenn Lea summte, aber das würde er nie zugeben – und er versuchte vor allem ihn andauernd in ein Gespräch zu verwickeln. Blöd war, dass der Rothaarige, dessen Haare etwas von einem brennenden Igel hatten, es sogar hinbekam. Aber irgendwie... bereute er es nicht einmal. Jetzt hatte er sogar einen Namen von ihm bekommen. Isa. Ein Lächeln schlich sich auf die Lippen des Blauhaarigen. Irgendwie war dieser Lea ganz Anders als die Anderen. Er hatte schon ein paar kennen gelernt, die aus einer Familie stammten. Am Anfang waren sie alle gleich: Verwirrt, etwas aufmüpfig, oder total verängstigt. Doch nach den ersten Wochen fingen sie an ab zu stumpfen. Lea dagegen schien immer mehr quasseln zu wollen und freute sich über fast jedes Wort seinerseits. Komischer Junge. Vielleicht lag es daran, dass er viel von seiner ersten Familie mitgenommen hatte. Die Liebe seiner Eltern, die Wärme und... dieses Licht. Gegenüber den Rest wirkte der Rotschopf wie ein strahlendes kleines, aber recht unruhiges Licht, in der Dunkelheit. Und seltsamerweise hatte das Licht ihn auserkoren, für ihn zu leuchten. Isa schüttelte heftig den Kopf. Pah! Lea und für ihn leuchten. Aber, jedenfalls schien Lea mit ihm teilen zu wollen. Lebensfreude nannte er das. „Jeder verdient es, sein Leben selbst entscheiden zu können. Jeder sollte das Recht haben, so zu leben, dass er nichts bereut.“ Diese Worte hatten in ihm irgendwas ausgelöst. Den Wunsch zu leben? Selber Entscheidungen zu treffen? Gab es irgendwas was er machen wollte? Ja gab es. Er wollte dieses Meersalzeis probieren, von dem Lea so schwärmte, die Sonne sehen, sowohl den Sonnenaufgang, als auch am Tag und den Sonnenuntergang. Er wollte den Mond sehen, die Sterne. Ob er Lea mal Fragen sollte, wie sowas aussah und wirkte? Er kannte nur diesen Käfig, die Mauern der Gänge und davon eigentlich auch nur wenige, da er eigentlich nur zu Waschtrakt musste, oder zu den Laboren. Schon immer hatte er den Erwachsenen zu gehört und sie hatten Dinge erzählt die ihn neugierig gemacht hatten. Vielleicht war dieses zuhören daran Schuld, dass er nie ganz abgestumpft gewesen war und bis heute irgendwie durchgehalten hatte. Lea verstärkte sein 'Ich' einfach nur. Er weckte Gefühle in ihm, die er nicht kannte. Und er fürchtete den Tag, an dem Lea einfach erstickte, oder gar nicht mehr zurück kam. Inzwischen konnte er diesen Idioten einfach leiden. Und das obwohl er jetzt sieben Monate hier war. Drei Monate war es jetzt her, dass er das erste Mal mit ihm gesprochen hatte. Zwar sprach er immer noch recht selten, aber es war mehr als die vorigen Jahre. Es war manchmal etwas seltsam, da Lea ihn ab und zu verbessern musste, wenn er etwas falsch aussprach. Kein Wunder wann redete er denn Mal? Allerdings hatte der Andere das Talent ab und an ihn zur Weißglut zu treiben. Die Sache mit dem 'Ich komm hier noch lebend raus' zum Beispiel. Hier kam kein Experiment lebend raus. Schritte ließen ihn leicht zusammen zucken. Es begann. Der Pfleger hatte Handschuhe an, die sehr dick waren und er hatte Mühe die Leine anzulegen. Kein Wunder. Ab und zu biss Isa. Nicht aus Protest, sondern einfach wenn er eine gewisse Beißlaune hatte. Die Forscher hatten dies mit ihm angestellt. Zwar war er wohl schon von Geburt an recht bissfreudig gewesen, aber dank ihrer Experimente mit ihm, war dies nur gestiegen. Schließlich wurden seine Hände gefesselt - eine Prozedur die er über sich ergehen ließ – und dann führte man ihn zu dem heutigen Labor. Irgendwo konnte er Lea hören, als sie durch die Gänge gingen, vermutlich wehrte er sich wieder, oder hatte versucht weg zu laufen. Er verkniff sich ein Seufzen. Warum ließ Lea nicht einfach Mal davon ab? Sie würden ihn wirklich noch entsorgen. Verdammt! Er wollte doch nicht, dass Lea weg war. Aber im Moment sollte er sich lieber Sorgen um sich selbst machen. Durch Lea war er lebendiger und es fiel ihm etwas schwerer seine Gefühle tief in sich zu vergraben, vor allen Dingen diese Wut. Diese Wut die sich immer mehr in ihm aufstaute. Diese innerliche Wut hatte ihn eigentlich schon immer begleitete, aber langsam hatte er das Gefühl es würde jeden Moment überlaufen. Im Moment sammelte er sogar recht viel Wut an, allein schon dann, wenn er diesen zitternden, verkrampften zierlichen Körper sah, der sich in seinem Käfig hin und her wand und nicht einsah, dass es Nachwirkung von Experimenten waren. Es machte ihn wütend zu sehen, wie Leas 'Attacken' immer länger dauerten und er sich immer langsamer davon erholte. Vor allem weil er sich selbst dabei so hilflos vorkam, da er ihm nicht helfen konnte. Außer ihm zu raten es endlich sein zu lassen und aufzugeben. Und schon wieder dachte er an ihn, dabei sollte er sich jetzt um sich selbst kümmern, da sie nun im Labor angekommen waren. Er wurde an Geräten angeschlossen, allerdings nicht durch Kabel. Soweit er wusste funkten diese Sender an seinem Körper die Informationen zu diesen Geräten. Vor allem seine Gehirnströme sollten beobachtet werden. Er konzentrierte sich darauf ruhig zu atmen und dachte an ein paar entspannte Gesprächsfetzen, die diese Wut in ihm dämpften. Jetzt wütend zu werden und es zu zeigen... keine Ahnung was dann passierte, denn immer wenn sie es Mal geschafft hatten, hatte er ein Blackout und er war verletzt, fühlte sich entkräftet. Aber ihm war aufgefallen, dass seine Sinne um einiges empfindlicher als sonst waren und er immer eine gewisse Zeit brauchte, damit sie sich wieder beruhigten. „Alles im normalen Bereich.“ „Bringt ihn in den Kasten.“ Der Kasten war ein Viereck aus Panzerglas, welches bis zur Decke ging. Ein Glas konnte man verschieben und es diente zur Tür. Sie schoben ihn dort herein, schlossen die Tür und er bereitete sich innerlich darauf vor noch mehr die Ruhe zu bewahren. In diesem Kasten passierten merkwürdige Dinge. Sie betätigten immer einen Knopf, er spürte wie eine Macht durch seinen Körper ging und gleichzeitig auch seine starke Wut. Dann folgte meist ein Blackout, da es ihm schwer fiel nicht nachzugeben. Ruhig schaute er sich sein kaum zu sehendes Spiegelbild in dem Glas an. Er sah echt schäbig aus, nicht so gepflegt wie Lea am Anfang, oder wie die Leute, die hier angestellt waren. Er war unnatürlich blass, seine Haaren waren stumpf und lagen absolut nicht, er war dreckig, knochig und seine Augen wirkten matt und glanzlos. Aus den Augenwinkeln bemerkte er, wie einer der Wissenschaftler einen Knopf betätigte und sofort fühlte er wieder diese seltsame Macht in sich, die versuchte ihn glauben zu lassen, alles kurz und klein schlagen zu können. Isa zwang sich zur Ruhe, sagte gedanklich immer wieder ruhig zu bleiben. Er wollte nicht auf den Boden liegen, blutend, erschöpft und diese gelben Augen im Spiegelbild sehen. Es dauerte etwas, bis die Macht verebbte. „Heute wieder nichts, obwohl die Gehirnströme etwas angestiegen sind.“ Man führte in raus, nahm ihm noch ein paar Proben und führte ihn zurück in den Käfig. Isa war erschöpft, aber nicht völlig kraftlos. Kaum war sein Pfleger weg, schaute er zu Lea, welcher einfach nur regungslos in seinem Käfig lag. Er war doch nicht etwa? „Lea?“, flüsterte er vorsichtig. Als jener den Kopf leicht anhob und lächelte, fiel ihm ein Stein vom Herzen. „Man, lieg nicht so tot in deinem Käfig!“ „Warst du etwa in Sorge?“, grinste der Rotschopf nur und er spürte wie wieder Wut in ihm hochkam. Wieso nahm er denn nichts ernst?! „Weiß nicht... Vielleicht wollte ich einfach nur wissen, ob ich endlich deine Stimme los geworden bin.“ „Das war jetzt echt gemein Isa.“ „Aber dein tot stellen nicht, oder was?!“ „Ich hab mich nicht tot gestellt, ich war nur... müde und hab mich ausgeruht.“ Isa schnaubte einfach nur und lehnte sich zurück. Natürlich war Lea müde. Man hatte ihn heute ja wieder durch die Flure gehört. Sein Gegenüber seufzte, legte sich etwas bequemer hin und summte wieder. Er unterbrach ihn nicht, die Melodie stimmte ihn ruhig. Glück für Lea also. Denn gereizt war er auf jeden Fall. Plötzlich verstummte er jedoch, verkrampfte sich erneut und fing an nach Luft zu schnappen. Auch Isa verkrampfte sich, aber nur aus Angst. Er bemerkte ein Husten seitens seines Freundes. Zwar hatte er sich noch versucht weg zudrehen, aber sein Körper gehorchte ihm bei solchen Anfällen recht selten und so konnte Lea nicht verbergen, dass er Blut spuckte. Soweit er wusste, war das kein gutes Zeichen. Auch nicht dieser rasselnde Atem. Allgemein schätzte er die Verfassung des Anderen als nicht allzu gut ein. Aber jedenfalls hörte es nach ein paar Minuten auf. Das Blutspucken war zwar Neu, aber die Dauer hielt sich in Grenzen. Er hatte es schon Mal länger gehabt. „Oh Man. Das nervt. Na ja. Bäh. Voll ekliger Geschmack im Mund. Jetzt will ich erst Recht Meersalzeis haben. Das ist das erste was ich draußen machen werde.“ „Lass es.“ „Was?“ „Zu tun, als würde man hier raus kommen.“ „Wo ein Wille ist, ist auch ein Weg mein Freund.“ „Schon klar. Was willst du schon machen, mit gefesselten Händen?“ „Ich komme hier raus Isa. Ich muss Dinge erledigen, ich muss Reno suchen. Ich hab keine Lust mein Leben hier zu versauern. Das ist mein Leben und ich entscheide was ich bis zum Schluss tue, denke, fühle. Deswegen wehre ich mich auch. Deswegen lache ich auch. Einfach damit meine Zeit hier nicht allzu verschwendet ist. Will ja nichts bereuen.“ „VERDAMMT!“ Er haute seine Hand gegen das Gitter, verkrallte sich darin und schaute Lea aus wütenden Augen an. „Jetzt hör endlich auf damit! Lea! Du tust so, als hätten wir ein Leben, wir haben keins. Wir haben keine Zukunft. Also wozu irgendwas mit der Zeit machen wollen?“ „Schon wieder gelb.“ „Das interessiert jetzt nicht!“ Hier beobachtet ihn keiner, hier würde ihm keiner etwas tun und Lea hatte doch Mal gesagt, dass er ruhig Mal seine Gefühle raus lassen sollte. Also gab er sich dieser Wut hin, mit den Gedanken es an Lea auszulassen. Eine leichte Bewegung ließ ihn erleichtert aufatmen. Sein Körper schmerzte, die Kratzer brannten, aber das war nicht so schlimm, wie seine Anfälle. Das hier war aushaltbar, irgendwie. „Uh...“ „Hey Isa, wie geht es dir?“ Der Andere öffnete seine Augen, welche noch immer so stechend gelb waren. Aber es war nicht so schlimm wie vorhin, als er völlig ausgerastet war. Das war echt gruselig gewesen. Er hatte auf nichts mehr reagiert, war einfach nur wütend gewesen. Fast wie im Blutrausch, wie ein Berserker. „Lea? Oh Gott Lea!“ Isa setzte sich auf, was Lea nur stöhnen ließ, da er ihn halb mitgerissen hatte. Sie hatten auf den Boden gelegen, wobei Lea etwas über Isa gelehnt gewesen war. „Lea! Oh Gott, wer war das? Moment...“ Isa sah an sich selbst herunter, doch er nahm schnell Isas Hände. „Alles gut. Sind nur ein paar Kratzer und -“ „Ich war das... Ich hab dir das angetan... Oh Gott.“ „Isa. Isa! Sieh mich an! Hey!“ Der Blauhaarige war jedoch völlig neben der Spur, weswegen Lea ihn etwas schütteln musste. Dumm nur, dass seine Verletzungen dabei nur noch mehr schmerzten. Aber er erreichte was er wollte, Isa blickte zu ihm. Also lächelte er ihn warm an und umarmte ihn einfach. Dieser verkrampfte sich, kein Wunder, er war nie jemals umarmt worden. „Keine Ahnung was du da gemacht hast, aber hey, wir sind aus unseren Käfigen gekommen.“ „Was?“ „Ja du warst auf einmal so wütend und hast einfach das Gitter aus den Angeln gerissen und hast dasselbe bei meinen gemacht und mich raus gezogen.“ „Und dich danach verletzt. Hab ich dich gebissen?“ Lea zuckte zurück und hielt sich seine Hand auf die Halsbeuge, die Isa skeptisch betrachtete. „Äh ja... Gekratzt, gebissen, geschlagen und getreten und nein, du hattest keine Waffe. Sind nur oberflächliche Verletzung und...“ Oha, jetzt bewegte er sich doch zu viel. Langsam wurde alles etwas schummrig. Der Blutverlust zeigte sich wohl langsam. Außerdem schmerzte noch immer seine eine Schulter so doll. „Lea?“ „Alles gut... bin nur... müde und.. alles dreht sich. Uff.“ Er war einfach nach vorne gekippt, direkt auf seinen Freund, welcher vorsichtig und zögerlich seine Arme um ihn legte. Nur leider entdeckte er jetzt sein größtes Problem. „Lea, deine Schulter...“ „Na ja... Glaubst du unser Tun blieb unentdeckt? Hier kam einer der Sicherheitsmänner rein und als er dich so gesehen hat, hat er versucht dich zu erschießen, da bin ich dazwischen gegangen. Du bist voll wütend auf ihn los gegangen und der war voll feige und ist weggelaufen. Murmelte was von Verstärkung. Ich hab die Tür mit allen möglichen Zeugs was hier noch rumstand voll gestellt.“ Deswegen auch das Hämmern an der Tür, da die Leute versuchten rein zu kommen. „Das ist... eine Schussverletzung?!“ „Ja...“ Verdammt, langsam kam da ein vertrauter Schmerz hoch. Er fühlte wie sein Körper sich verkrampfte und seine Organe nachließen. Seine Lunge presste sich zusammen und sein Herz schlug seltsam, jedenfalls fühlte es sich so an. Unwillkürlich krallte er sich in Isas Oberteil und er fing an verzweifelt nach Luft zu schnappen. Es fiel ihm schwer dagegen anzukommen und vor allem ruhig zu bleiben. Nicht jetzt. Nein, das durfte er nicht zulassen. „Lea!“ Er spürte wie Isa ihn instinktiv näher an sich zog, zitterte. Vermutlich weil er sich hilflos fühlte, da er immer roch nicht wusste was er tun sollte. Zum ersten Mal weinte Lea, jedenfalls fühlte er die Tränen. Es tat ihm einfach nur Leid. Es tat ihm Leid Isa da rein gezogen zu haben, sodass dieser nun Angst um ihn hatte. Das er wegen ihm diesen Aussetzer hatte. Seit den Tod seiner Mutter hatte er selten geweint, seit er hier war kein einziges Mal. Nur halb ersticken und Weinen war keine gute Kombination, da er nur noch weniger Luft bekam, also versuchte er sich zu beruhigen. Dank den akuten Luftmangel bekam er jedoch nur Panik. Nein! Nicht hier und nicht jetzt! Bitte! Er bemerkte eine Hand die vorsichtig über seinen Rücken strich und dann hörte er eine leise Melodie. Isa summte leise. Und zwar genau die Melodie, die er immer summte. Lea schloss die Augen, konzentrierte sich darauf und tatsächlich verebbte nach einer Weile das Gefühl, dass sein Körper jeden Moment versagte, stattdessen spürte er wieder seine äußerlichen Verletzungen. „Isa... Wir müssen hier raus.“ Der Andere verstummte, streichelte ihn jedoch weiterhin. Dann bemerkte er, wie Isa ihn gegen einen der Käfige legte und aufstand. Verwundert öffnete er wieder seine Augen und beobachtete den Anderen dabei, wie er sich genauer umschaute, das Rütteln an der Tür ignorierend. „Meinst du wir kommen da hoch?“ Lea folgte seinem Blick und entdeckte ein Gitter in der Wand. Ein Lüftungsschacht. Die Frage war nur, ob der Schacht enger wurde und wie weit sie da rein passten. Aber einen anderen Ausgang gab es nicht. „Vielleicht. Aber wir sollten was mitnehmen.“ „Mh?“ „Ein... Seil... oder so...“ Es drehte sich wieder alles. Er hörte ein Seufzen und kurz darauf wurde ihm einfach sein T-Shirt ausgezogen. Isas Hände waren kälter als sein eigener Körper, aber diese Kälte empfand er gerade als sehr angenehm. Da ihm halb die Augen zu fielen, konzentrierte er sich mehr aufs Fühlen. „Wir schauen nach, sobald ich dich verarztet habe. Gut, dass hier so ein Koffer mit Verbänden liegt.“ „Das nennt man Erste-Hilfe Koffer.“ „Auch gut.“ Seltsamerweise konnte Isa das sogar ganz gut. Wenn man bedachte, dass er das zum ersten Mal machte. Vermutlich hatte er sich seine eigenen Verbände am Körper gut angesehen und machte das jetzt so gut es ging nach. „So, fertig.“ Lea öffnete seine Augen, war halb am dösen gewesen. Ein etwas lauteres Poltern an der Tür ließ beide hin sehen. Langsam gaben die zwei Stühle und diese komische Platte die im Raum gestanden hatte nach, obwohl er extra so hingestellt hatte, dass es stabil war. Also stand er auf, richtete es etwas, damit sie noch ein bisschen Zeit hatten. Jede Sekunde war wertvoll. „Zwei Leinen. Mehr haben wir nicht.“ „Besser als gar nichts.“ Isa nickte und schritt zur Wand hin, jedoch war Lea noch nicht gewillt da hoch zu klettern. Er fing stattdessen an, an den Türen der Anderen zu werkeln. „Was machst du?“ „Wäre blöd, wenn wir sie hier lassen.“ Er schaute das Mädchen an, die ihn ansah, ihre Augen wirkten leblos, jedoch nahm sie sehr wohl war, was er da tat. Er hörte ein Seufzen und nun half ihm Isa dabei die Käfige zu öffnen. Nur die Oberen Käfige bekamen sie nicht hin. Die mittleren gelangen gerade Mal so, da sie sich da noch irgendwie hoch angeln konnten. „Sorry.“, murmelte er wegen den Oberen. Da sein Freund jetzt jedoch drängte und die Anderen nur planlos im Raum standen, schritt er nun endlich auch zur Wand. „Halt deine Hände so. Genau.“ Sie machten Räuberleiter und er schaffte es das Gitter zu lösen, ehe er sich rauf zog. Vorher hatte er eine Leine an sein Fuß gebunden und da er etwas voran krabbelte, konnte Isa dies nun nutzen um selber rauf zu klettern. Zwar wäre Lea beinahe wieder raus gerutscht, aber irgendwie hatten sie es dann doch geschafft. Der Lüftungsschach war eng, wären sie etwas größer und breiter hätten sie nicht rein gepasst. Würde es also enger werden, hätten sie ein Problem. „Du weißt schon, dass wir sie jetzt doch zurück lassen.“ „Sie haben Leinen in ihren Käfigen gehabt. Wenn sie sich zusammentun wie wir, haben sie auch eine Chance.“ „Ich bezweifle es.“ Lea auch, aber er fühlte sich besser dabei, sie jedenfalls raus gelassen zu haben. Außerdem waren so die Wärter beschäftigt. Klang hart, aber er hätte nicht dafür sorgen können alle hier raus zu schaffen. Mit Isa könnte es jedoch noch klappen, da dieser mitdachte und da er angeschlagen war... Aber alle? Nun das war vermutlich wirklich unmöglich. Sie krochen weiter und hatten Glück. Es wurde nicht enger, eher etwas breiter. Jedoch bemerkten sie schnell, dass sie nach einiger Zeit darauf gekommen waren, dass sie im Lüftungsschacht waren, da sie viele Gitter bewachten, oder besser abriegelten. Sie wollten ihnen vermutlich die Fluchtwege abschneiden. Nach einer Weile blieb er einfach liegen und Isa robbte gegen ihn. „Au! Lea, warum bleibst du stehen?“, kam es auch schon beschwerend von Isa, doch Lea bat ihn einfach nur um Ruhe. Sie schwiegen und dann krabbelte Lea weiter, bis er sich sicher war, sich etwas aufrichten zu können. Er stieß mit dem Hinterkopf zwar gegen die Decke, aber halb über ihm, ging der Lüftungsschacht nach Oben. Oben war es auch etwas hell. Vermutlich ging es da Oben waagerecht noch etwas weiter und dann war da vielleicht ein Ausgang. „Willst du da hoch?“ „Nun... vielleicht sollten wir uns doch was Anderes suchen. Aber da Oben scheint es ganz nach draußen zu gehen. Soweit ich weiß hat das Labor drei Stockwerke, so wie zwei Unterirdische und wir befanden uns im Zweiten. Wenn wir da hoch kommen...“ „Sind wir im dritten.“ „Ganz nach Oben...“ „Lea, wie willst du ein Stockwerk überspringen?“ Gute Frage. Vielleicht verlief da Oben auch noch ein Lüftungsschacht und von dort aus könnten sie vielleicht. Jedoch war die Frage wie sie in den dritten kamen. Selbst mit Räuberleiter würde es scher werden. Viel Zeit zum Nachdenken blieb ihm jedoch nicht. Er bemerkte wie das Atmen schwerer fiel. Es roch etwas seltsam. „Verdammt... Rauch!“ „Was zum?“ „Die wollen uns raus haben. Dann nutzt man Rauch. Ausräuchern nennt man das.“ Lea hielt sich die Hand vor Nase und Mund, zeigte Isa dasselbe zu tun. Dennoch husteten sie weiter. Der Rauch würde nach Oben ziehen, allerdings rechneten die nicht, dass sie nach Oben klettern würden. „Isa, Räuberleiter.“ Der Blauhaarige schien zwar skeptisch und da sie kaum etwas sahen war es etwas schwer sich abzustimmen, aber nach einer Weile hatte er es sogar auf Isa Schultern geschafft. Aber auch mit Strecken schaffte er es nicht und die Schmerzen wurden nur wieder schlimmer. „Isa, ich versuch Mal zu springen, könnte unangenehm für dich werden.“ „Ich hab dir Schlimmeres angetan.“, kam es trocken von den Anderen, was Lea dann doch etwas lachen ließ, bevor er einfach absprang. Tatsächlich bekam er eine Kante zu fassen. Er baumelte noch etwas, aber dann zog er sich hoch. Hier war tatsächlich noch ein anderer Lüftungsschacht. „Wirf Mal die Zweite hoch.“ Mit Zweite war die Leine gemeint. Da der Rauch nach Oben zog und man anscheinend nur das zweite Stockwerk damit füllte, war in diesem Schacht indem er sich befand nur wenig Rauch und er atmete gleich um einiges besser. „Jetzt.“ Isa warf mit einem schlimmen Husten, was Lea nur darin bekräftigte, sich zu beeilen. Tatsächlich konnte er die Leine greifen, ohne sie zu sehen. Er verband beide Leinen und befestigte eine davon an sein Handgelenk. Dann warf er sie wieder runter. „Versuch hoch zu kommen.“ „Krabbel erst Mal etwas mehr rein, ich zieh dich sonst... runter.“ Wieder ein Husten. Lea krabbelte also weiter rein und schließlich spürte er das Ziehen an der Leine. Er stemmte sich so gut es ging dagegen, bis Isa hochgeklettert war. „Geht's?“ „Ja. Komm weiter.“ Doch nach einer Weile konnte er nicht mehr. Langsam streikte sein Körper und er blieb erschöpft liegen. Es wurde nichts gesagt, scheinbar ahnte sein Freund also schon, dass er nicht mehr konnte und gab ihm die Möglichkeit sich kurz auszuruhen. Normalerweise würde er ihm ja einfach sagen, er solle ohne ihn weiter, aber da Isa sich nicht an ihm vorbei quetschen konnte... Schluss damit, er musste zu Reno. Aufgeben war keine Option. Für Reno und für Isa. Der hatte doch keine Ahnung wie man sich da draußen verhielt. Also robbte der inzwischen 10-Jährige weiter, gefolgt von dem Anderen. Sie ließen sich Zeit, denn anhand der Ausgänge bemerkten sie, dass es im dritten Stock ruhiger war. Scheinbar vermutete man sie immer noch im zweiten Stock. Das Atmen fiel ihm nur langsam wieder schwerer. Fuck! Nicht noch eine Attacke. Normalerweise hatte er höchstens eine am Tag, meistens hatte er durchschnittlich drei davon in der Woche. Heute hatte er bereits zwei gehabt. Musste wohl am Stress liegen. „Lea, alles in Ordnung?“ „J-ja...“ Nein war es nicht, aber er durfte jetzt nicht nach lassen und er wollte ihn nicht beunruhigen. Doch es zwang ihn dazu wieder eine Pause einzulegen. Verdammt! „Wieder?“ „Entschuldige...“ „Nicht wegen der Pause. Ich meine, hast du wieder Verkrampfung?“ „Anzeichen...“, gab er dann doch ehrlich zu, zum Lügen fehlte ihm gerade einfach die Kraft. „Die Nachwirkung von Versuchen sind manchmal tödlich Lea...“ „Das ist keine Nachwirkung, das kommt nicht davon.“ „Schon klar. Jetzt streitest du es schon wieder ab.“ Isa klang wieder etwas gereizt und genervt. Lea konnte langsam nicht mehr und er vergrub sein Gesicht in seinen Händen, spürte wieder die Tränen in seinen Augen. „Nein! Ich... Isa ich sterbe.“ „Haben sie das gesagt? Wussten sie, dass du die Nachwirkung -“ „Es ist keine Nachwirkung! Deswegen bin ich hier gelandet. Ich bin sterbenskrank, Isa.“ Er war so froh nicht den Blick des Anderen sehen zu müssen, so froh, dass dieser nicht sah, dass er stumm weinte. Zum zweiten Mal heute. Heute war ein echt komischer Tag. „Ich hab am Ende meines achten Lebensjahres immer wieder Schmerzen gehabt und mein ganzer Körper hat sich zusammen gezogen. Man brachte mich zu einem Arzt, der erst nicht wusste was mir fehlte. Man gab mir Schmerzmittel. Dann ging es etwas. Aber ich hatte es immer noch, also kam ich nach einem Halben Jahr ins Krankenhaus und da wurde es festgestellt. Eine Krankheit, die meinen Körper dazu zwingt sich immer wieder zu verkrampfen. Meine Organe ziehen sich zusammen und mein ganzer Körper schmerzt. Lange macht mein Körper das nicht mit. Man hat mir zwei Jahre gegeben. Das Schmerzmittel wurde höher dosiert. Man sagte mir, es unterdrücke die Schmerzen, aber es würde die Anfälle nur schwer unterdrücken können. Reno weiß davon nichts. Jedenfalls hab ich ihm nichts davon gesagt... Tja und dann landete ich hier. Arztkosten und meine kurze Lebenspanne lohnen sich wohl nicht. Das wird nur teuer. Der Staat will gesunde und kluge Kinder. Haha. Ich... ich hab mir geschworen so zu leben, dass ich nichts bereuen muss. Das war bevor ich herkam. Ich will leben Isa. Und zwar solange wie ich kann. Und halt wie ich möchte. Deswegen...“ Seine Stimme versagte langsam und er schluchzte dann doch etwas auf. Die ganzen Bilder kamen in ihm hoch. Als der Arzt ihn aufgeklärt hatte. Die enttäuschten Gesichter seiner Eltern und der besorgte blick von Reno, weswegen er geschwiegen hatte. Zwei Wochen hatte er noch da gelebt. Dann war er abgeholt worden. „Lea...“ „Es tut mir Leid....“ „Was tut dir Leid?“ „Dich da rein gezogen zu haben.“ „Du hast mir erst einen Lebenswillen gegeben Lea. Ich verspreche dir, wir bleiben zusammen, egal was passiert. Ich bin bis zum Schluss bei dir.“ Er bemerkte eine Hand an seinem Bein, mehr konnte Isa nicht erreichen. Aber diese kleine Geste beruhigte ihn ungemein. „Danke Isa.“ „Ich muss dir danken. So und jetzt weiter. Wir müssen Reno finden.“ Er wischte sich die Tränen weg und nickte, bevor er weiter voran kroch. Sie würden hier raus kommen und er hatte ja noch ein Jahr. Nein, er hatte solange wie er durchhielt und er würde durch halten. Er würde leben. Niemals sterben. Nach einer Weile entdeckten sie wieder ein Gitter und er krabbelte voran. Isa blieb bei der Abzweigung, da sie rückwärts sich nur im Weg waren. „Was ist da?“ „Hier ist eine Treppe die rauf geht. Und eine Tür. Allerdings sind wir hinter der Tür, also bei der Treppe.“ „Meinst du sie führt aufs Dach?“ Eine Tür in den Fluren bedeute meist ein neuer Abschnitt. Er hatte nur eine bisher gesehen. Soweit er wusste war das Zentrum des Forschungszentrum die Labore und die Gänge mit den Objekten. Danach kam eine Tür, die besonders abgesichert war, wo man nur mit Code oder Karte durch kam. Das war dann sozusagen der Wohnkomplex für Wachen und Forscher. Und diese Tür sah aus wie eben solche Türen. Er öffnete das Gitter. „Komm, schauen wir uns hier um.“ Es war recht schwer heil unten aufzukommen. Das bemerkte er, als er den Kopf raus streckte. Lea verzog das Gesicht, blickte zur Tür, dort ging gerade keiner vorbei. Eine Kamera hing nicht weit von ihm, aber sie waren außerhalb des Winkels, da sie lediglich die Tür im Sichtfeld hatte. Er kroch kurz etwas zurück, löste die Leine an seinem Handgelenk und warf sie etwas weiter nach hinten. Isa verstand und band ihr provisorisches Seil an seinem Fußgelenk fest. Erneut robbte er wieder nach vorne und glitt langsam aus dem Schacht. Da Isa hinten fest hielt, konnte er sich mit den Händen auffangen, bevor er auf den Boden lag. Nun streckte auch der Blauhaarige seinen Kopf raus. „Oh man, Licht.“ „Na komm, ich fang dich auf.“ „Schon klar, Lea.“ Ein schelmisches Grinsen legte sich auf seinen Lippen, aber Isa krabbelte dann auch raus. Was folgte war ein leises Poltern und ein zischendes Geräusch, da Lea einen Schmerzensschrei unterdrückte „Alles okay?“ Stumm nickte er und die Beiden gingen langsam die Treppe rauf. Die Tür war zum Glück nicht abgeschlossen und sie kamen tatsächlich auf dem Dach raus. Lea blinzelte. Es war zwar bewölkt, aber dennoch durchbrach die Sonne ab und zu die Wolkendecke und es war heller als im Gang eben. Es tat gut wieder den Himmel zu sehen. „Wow!“ „Du hast echt noch nie den Himmel gesehen, oder?“ „Nein. Sind das Wolken?“ „Jap. Und das Licht was ab und zu durchbricht ist die Sonne. Das sehen wir uns später an, lass uns schauen wie wir hier weg kommen.“ Gesagt, getan. Sie hatten Glück und es standen ein paar Bäume auf dem Gelände. Sie waren zwar irgendwie keine Prachtexemplare, aber daran konnten sie herunter klettern. Isa fiel zum Glück eine Überwachungskamera auf, sodass sie nicht von ihr erfasst wurden. Gerade huschten sie an einer Wand entlang, als Lea langsam wieder schlapp machte. Ihm fiel das Laufen schwer und sein Körper fühlte sich total matt an. „Isa... warte...“ Angesprochener blieb stehen, stützte ihn sogleich, als er das Zittern wahr nahm. Er war gerade wirklich nur eine Belastung. Verdammt! Isa schritt weiter, zog ihn halb mit. Er selber konnte kaum noch was sehen, hing eher, statt selbst zu laufen. Im Moment wollte sein Körper nicht wie er wollte. „Lea, diese... Fahrzeuge, meinst du wir können uns da rein schleusen?“ „Uh... Wie sehen die den aus?“ „Die haben hinten so ein Kasten aus einer Plane...“ „Mini-LKW? Ui... Was ist denn drin?“ Es dauerte etwas, bis Isa eine Antwort geben konnte, da er erst einmal vorsichtig hinschleichen musste. Vorher hatte er den Rotschopf an einer Wand hinter ein paar Kisten abgesetzt, damit er schneller voran kam. Jede Sekunde seiner Abwesenheit machte Lea Angst und es kam ihm wie Stunden vor. Er blinzelte, versuchte jedenfalls seine Sicht etwas schärfer werden zu lassen. „Da sind Holzkisten drinnen. Meinst du es klappt?“ Ja, ob das klappte? Darüber musste er nachdenken. Die Anlage war bewacht und von einen Zaum umgeben. Das hatten sie auf dem Dach gesehen. Der Zaun war hoch und Oben mit Maschendraht versehen. Das konnten sie vergessen und der einzige Ausgang war das große Tor wo andauernd Wachen standen und selbst die Autos schienen noch einmal überprüft zu werden. Kameras waren auch am Tor. „Keine Ahnung, aber eine andere Option haben wir nicht. Wir könnten versuchen uns hinter ein paar Kisten zu verstecken...“ „Gut.“ Isa zog ihn wieder hoch, wartet ein paar Minuten und dann zog er ihn zur nächsten Deckung mit. „Habt ihr gehört?“ „Was denn?“ „Drinnen ist ein kleiner Ausbruch gewesen. Die Objekte haben sich im Lüftungsschacht versteckt. Sind bis jetzt noch nicht raus gekommen.“ „Vermutlich stecken geblieben?“ „Man schickt jetzt Spionagekameras rein. Diese mobilen.“ „Wir sollten hier auch etwas genauer sein.“ „Wir arbeiten immer genau mein Freund. Man weiß nie, ob diese Organisation nicht einen Angriff auf dieses Labor plant.“ Angriff? Organisation? Klang interessant. Die Sicherheitsmänner schritten an ihrem Versteck vorbei, jedenfalls entfernten sich die Schritte. Kurz warteten sie, ehe es weiterging. Beim Laster angekommen, half Isa ihm hoch und schlüpfte dann selbst herein. Gemeinsam schoben sie die Kisten unauffällig etwas zu Recht. Isa war hierbei seine Augen, da er wirklich nur grobe Umrisse erkannte. Sein Körper verkrampfte sich wieder etwas. „Lass gut sein. Ich glaube in diese kleine Lücke zwischen Wand und Kiste könne wir uns quetschen und für die sieht es von Vorne noch genauso aus wie vorher.“ Hoffentlich. Noch eine Gelegenheit bekamen sie bestimmt nicht. Dank Isa fand er die Lücke und quetschte sich rein. Wären sie nicht so zierlich und klein, hätten sie mehr Platz benötigt. Dennoch war es kaum möglich eine bequeme Position zu finden. Er bemerkte, wie ein Arm sich um ihn legte, was die Bewegungsfreiheit nur noch mehr eindämmte, aber es war ein Halt den er jetzt brauchte. Es war zwar kein richtiger Anfall gerade, aber dennoch fiel ihm das Atmen schwer. Der Wagen fuhr los, sobald der Fahrer vorne eingestiegen war. Deutlich spürte er Isas Anspannung, erst recht, als der Wagen wieder hielt und sich Stimmen und Schritte nährten. Die Plane wurde zurück geschoben. „Bereits überprüft?“ Er unterdrückte sich nach Luft zu japsen, da es ihm doch immer schwerer fiel, stattdessen hielt er einfach die Luft an. Ein Geräusch und sie wären geliefert. „Ja, vor zwanzig Minuten und ja ich war das. Steht alles wie vorhin auch und in den Kisten ist drin was rein soll.“ Die Plane wurde zurück geschoben und sein Freund entspannte sich etwas. „Fahr los.“, rief die erste Stimme zum Fahrer und tatsächlich bewegte sich ihr Fluchtfahrzeug weiter. Sofort japste Lea nach Luft. Er spürte wie Isa sich gegen die Kisten stemmte und sie etwas weiter von sich drückte, damit sie mehr Platz hatten. Kaum war dieser Platz da, wurde er auch schon zu ihm gezogen. „Ganz ruhig Lea. Wir sind draußen und wir kommen auch hier heil raus. Schlaf etwas.“ Schlaf. Ja das war gut... Er schaffte es kaum den Rotschopf zu wecken. Lea schlief viel zu fest. Isa fluchte leise. Aber er hatte den Schlaf auch dringend nötig gehabt. Jedenfalls atmete er ruhig und war nicht verkrampft. Dennoch, mussten sie langsam aussteigen. Sie fuhren schon ca. zwei Stunden und er wollte nicht aussteigen, wenn sie am Ziel des Fahrers waren. Die Wahrscheinlichkeit, dass sie dann da entdeckt wurden war zu groß. Im Moment waren sie in einem Wald und die Straße war wohl etwas holprig, weswegen sie nicht allzu schnell unterwegs waren. Also jetzt oder nie. Entschlossen packte er seinen Freund und zog ihn zur Plane, die er etwas beiseite schob und dann einfach raus sprang. Er unterdrückte einen Schmerzensschrei, hielt Lea den Mund zu, der dadurch nun doch aufgewacht war. Autsch! Das hatte mehr wehgetan, als er gedacht hatte. Der Laster tuckerte fröhlich weiter und er rappelte sich schnell auf. Er konnte gleich wegen den Schmerz liegen bleiben. Jetzt hieß es weg von der Straße. „Isa?“ Die grünen Flammen des Anderen schauten ihn verwirrt an, weswegen er einfach zu den Bäumen rüber nickte. Somit rappelte sich auch Lea auf, wenn nicht ganz so schnell wie er und sie huschten schnell in den Schutz der Bäume und Büsche. Da Lea noch etwas taumelte, nahm er seine Hand, zog ihn mit. „Das nennt man Wald, oder?“ „Jap. Die Bäume sehen besser aus, als die vorigen, nicht wahr?“ „Ja.“ Sie wussten nicht wohin und wie es jetzt weiter ging. Jedenfalls er. Ohne Lea wäre er aufgeschmissen. Dieser schlug auch vor, erst Mal einen sicheren Platz zum Ausruhen zu suchen. Diesen sicheren Platz fanden sie auch. Es war eine kleine verlassene Höhle. Allerdings konnte beide nicht ahnen, dass sie gar nicht so verlassen war... Nach ein paar Stunden des Ausruhens hörten sie plötzlich Schritte. Sofort waren beide alarmiert und verkrochen sich tiefer in die kleine Höhle. Isa schossen die wildesten Gedanken durch den Kopf. Hatte man ihnen einen Chip eingepflanzt der sie ortete? Nein, dann hätte man sie doch längst gefunden gehabt, oder? Oder fand der nur einen, wenn man nicht in Bewegung war? Ein Mann betrat die Höhle, seine Haare silbern und lang, seine Haut war dunkler als ihre, wirkte etwas exotisch. Er schien trotz der Haarfarbe recht jung zu sein. Anfang 20 vielleicht. Leider entdeckte er sie sofort. Die bernsteinfarbenen Augen verschmälerten sich, was Isa nur noch unruhiger werden ließ. Dieser Mann war gefährlich. Diese Augen schienen tief in ihnen hineinsehen zu können. Das gefiel ihm ganz und gar nicht. Doch dann änderte sich die Haltung des Fremden. Er seufzte. „Hier habt es also aus einem Forschungszentrum geschafft?“ Sie schwiegen, auch wenn Lea wohl was auf der Zunge lag. Er war froh, dass der Andere sich zurück hielt. „Ich glaube nicht, dass sie euch ausgesetzt haben. Also gut. Kommt mit. Hier draußen überlebt ihr nicht lange.“ Der Mann schritt weiter, bis er am Ende der Höhle stand und an einer Wurzel zog. Eine versteckte Tür öffnete sich. Fragend schaute er zu ihnen. „Oder wollt ihr wieder eingesammelt werden? Am Anfang wird es vielleicht gut gehen, aber ihr seid gekennzeichnet. Ein normales Leben könnt ihr nicht führen.“ „Wer bist du und was willst du von uns?“ „Ich bin nur jemand, der findet, dass man solchen Widerstand wie ihr ihn habt nicht verschwenden sollte. Bis jetzt haben es nur zwei Objekte aus einem Labor geschafft.“ „Das klärt nicht meine Frage.“, zischte er leise, doch Leas Hand beruhigte ihn etwas. Ob seine Augen gelb geworden waren? Der Mann zeigte keinerlei Gefühlsregung, aber warum sollte Lea dann seine Hand gedrückt haben? „Also gut. Mein Name ist Xemnas. Ich bin der Anführer einer Truppe die gegen das System ist. Das liegt daran, dass ich wie ihr ebenfalls mal ein Versuchsobjekt war.“ Er?! Schon klar! So naiv war er jetzt auch nicht, dass er DAS glaubte! „Beweis?“ Der Silberhaarige sah ihn an, wieder dieser Blick. Dann zog er sein Hemd etwas hoch. Eine römische eingebrannte 1 war dort auf der Haut zu sehen. „Sowas wird nicht verwendet.“ „Man hat es bei mir getan, weil ich keinerlei Buchstaben in der Kennung hatte und dreizehn Mal die Eins hatte. Und jetzt Mal ehrlich, glaubst du, du kennst alle Kennungen?“ Daraufhin schwieg er. Der Mann hatte Recht. „Isa...“ Er blickte zu Lea, dieser schien nachdenklich und schließlich seufzte Isa. Hatten sie eine andere Wahl? „Isa?“ „Den Namen hab ich ihn gegeben, da er nie einen hatte.“ „Du stammst aus einer Familie?“ „Ursprünglich. Mein Name ist Lea. L-E-A. Got it memorized?“ Der Mann nickte und sie folgten ihm. Es war dumm und naiv. Aber sie hatten schnell kapiert, dass er Recht hatte. Ihre Kennzeichnung hinderte sie daran ein normales Leben zu führen. Xemnas brachte sie in ein unterirdisches riesiges Komplex. Schnell war klar, dass sie bei diesen Rebellen gelandet waren, von denen sie gehört hatten. „Xemnas? Was erwartest du von uns?“ „Ich muss erst wissen wozu ihr fähig seid um irgendwelche Erwartungen zu haben. Ihr seid einfach die Zweiten die es geschafft haben da raus zu kommen, ohne fremde Hilfe. Ich weiß wie es ist da draußen zu sein und zu versuchen zu überleben.“ „Ihr seid gegen das System.“, stellte Lea fest und Xemnas nickte nur wieder. „Was sind eure Ziele?“ „Die Gewohnheiten dieser Welt zu brechen und etwas Neues, besseres aufzubauen. Wollt ihr das auch?“ Sie sahen sich an und als Lea lächelte wusste Isa, dass es wirklich gut war für etwas Besseres zu kämpfen. Für Reno und damit sowas nicht auch mit anderen passieren würde. „Können wir helfen?“ „In der Tat. Aber wie ihr helfen werdet, das ist euch überlassen.“ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)