Shinadan Band I von TheGreenArrow (Dunkle Omen) ================================================================================ Prolog: Sher Kol'Dan -------------------- Der Himmel strahlte so blau, wie er es schon  lange nicht mehr getan hatte. Der perfekte Tag zum Klettern, dachte Sabin, als er am Fuße von Sher Kol’Dan, dem „Berg der Gefahren“, ankam. Was soll mir bei diesem Wetter schon passieren? Diese ganzen Mythen sind doch alles nur Erfindungen! Direkt vor ihm erstreckte sich der größte und höchste Berg von ganz Shinadan. Wäre der Himmel an diesem wunderschönen Tag, an dem sich die Sonne in ihrer vollen Pracht zeigte, nicht vollkommen wolkenlos gewesen, hätten eben diese Wolken die Spitze des Berges komplett verschleiert. Doch nun hatte Sabin freien Blick bis zum Berggipfel, der sich in rund 3000 Metern Höhe in das Wolkendach bohrte. Es war ein angenehm warmer Tag, die Sonne konnte direkt auf den Boden strahlen, aber dennoch war es nicht so brütend heiß, wie man es bei dieser Wolkenlosigkeit hätte vermuten können. Vor Sabin verliefen die ersten Ausläufer des Berges, den er heute erklimmen wollte. Kleine Steine und bis zu einem Meter große Felsen sammelten sich hier, aber trotzdem war es momentan noch äußerst einfach voranzukommen. Ein provisorischer Weg, der vor langer Zeit, als es noch Bergführer gab, angelegt wurde, leitete ihn bis zur ersten Steigung, welche er noch ohne größere Probleme überwinden konnte. Er war ein geübter Kletterer. Seit seiner Kindheit war Sabin Heavensent seinem Bruder Lancer Heavensent, dem König des westlichen Landes, oder Shinadan, im Klettern stets überlegen gewesen, und bis heute hatte sich daran nicht das Geringste geändert. Deshalb hatte er die erste Felswand mit ein paar geschickten Griffen und Sprüngen einfach und schnell hinter sich gebracht. In einiger Entfernung konnte er die Ruine eines Hauses erkennen. Als er dort eintraf, stellte er fest, dass es, wie er bereits vermutet hatte, eine alte Bergführerhütte gewesen war. Doch genau wie von den Bergführern selbst, war auch von dieser Hütte nichts mehr übrig, zumindest fast nichts. Einzig das Fundament und das eingestürzte Dach zeugten noch davon, dass dieses Gebäude überhaupt einmal existiert hatte. Schlagartig kam die Erinnerung an die Mythen, die man sich über diesen Berg erzählte, zurück in Sabins Gedächtnis, jedoch verdrängte er diese sofort wieder. Bevor er seine Reise zur Spitze des Berges fortsetzte, schaute er sich das ihn umgebende Terrain etwas genauer an. Im Laufe der Zeit waren viel Steine und einiges an Geröll auf dem Weg gelandet, so dass man ihn nur noch schwer erkennen konnte – Sabin störte dies jedoch nicht, er verließ sich sowieso lieber auf sein Gefühl und seine Auffassungsgabe. Vegetation gab es bereits hier am Beginn des Berges kaum noch; nur vereinzelte Sträucher und ein paar Gräser schienen wie winzige grüne Punkte in einem Meer aus grauem Fels und Stein unterzugehen. Er folgte den Überresten des Pfades mit seinem Blick und erkannte nach ungefähr zweihundert Metern eine Art Treppe, die von Menschenhand in den Berg gemeißelt worden war. Dies war sein nächstes Ziel, also machte er sich direkt auf den Weg. Dort angekommen begann er sofort den Aufstieg auf dieser provisorischen Treppe, denn er hatte noch einiges an Weg vor sich und er war schon immer ehrgeizig gewesen, was das Erfüllen von selbst gesteckten Zielen anbelangte. Die Sonne wanderte am Himmel entlang, während er sich den Weg zum Gipfel bahnte. Nach gut einer Stunde gelangte er an das Ende der Treppe. Sabin hatte bereits beim Aufstieg bemerkt, wie immer wieder kleine Steine den Berg hinab rollten. Ein paar Mal hatte er sogar einen Schritt zur Seite machen müssen, um nicht getroffen zu werden. Doch erst jetzt erkannte er die Quelle der fallenden Steine: Knapp dreißig Meter über ihm lösten sich ab und zu Teile der hier durch Wasser porös gewordenen Felswand, fielen auf eine Art Plateau und von dort aus den Berg herab.     Sabin sah einen behelfsmäßigen Weg, der ihn weit um den Berg führen und dadurch einiges an Zeit kosten würde. Er entschied sich gegen diesen Umweg und beschloss stattdessen seiner Kletterleidenschaft nachzu-gehen und den Berg bis zum Plateau von Hand zu er-klimmen, wobei er sich voll darüber im Klaren war, dass er stets auf die herunter fallenden Steine achten musste, da diese ihm äußerst schnell zum Verhängnis werden konnten. Er legte seine Schultertasche ab und entnahm ihr 2 Handschuhe aus Gersonleder, einem besonders wider-standsfähigem Material, die er sich extra für diesen Ausflug hatte anfertigen lassen. Nachdem er sie angezo-gen hatte, überprüfte er noch einmal ihren Sitz, hängte sich seine Tasche wieder um und begann den Aufstieg. Stück um Stück rang er dem Berg einen Meter nach dem anderen ab, immer auf der Suche nach der nächsten Stelle, an der er sich hochziehen konnte. Bisher hatte er mit den Steinen noch Glück gehabt; erst einmal kam ihm einer entgegen, der ihn dann aber um gut einen Meter verfehlt hatte. Langsam aber sicher näherte er sich dem Absatz, auf dem er eine weitere Treppe erspäht hatte. Gerade hatte er seine Hand auf das Plateau gelegt und wollte den letzten Teil der Felswand hinter sich bringen, um seine Reise auf der Treppe fortzusetzen, als der Stein, auf dem er seinen rechten Fuß platziert hatte, wegbrach und hunderte von Metern in die Tiefe stürzte, wobei er immer wieder hämmernde Geräusche verlauten ließ. Völlig überrascht von dieser absolut unerwarteten Situation rutschte Sabin auch noch mit dem linken Fuß weg und baumelte nun hoch über dem Teil des Berges, den er schon fast überquert hatte, wobei er sich nur mit seiner rechten Hand an den Absatz klammerte, auf den er nun um Alles in der Welt gelangen wollte. Er hatte nicht viel Zeit sich einen Plan zurechtzulegen, denn er begann bereits langsam wegzurutschen. Zunächst versuchte er sich etwas mehr Halt zu verschaffen und unterstützte seine rechte Hand, indem er auch mit der linken nach dem rettenden Absatz griff. Hektisch sah er sich um, bis er links von sich in gut zwei Meter Entfernung einen riesigen Felsen aus dem Berg ragen sah. Langsam begann Sabin von links nach rechts zu schwingen, dann zunehmend schneller, bis er schließlich seine Füße fest gegen den Felsen rammen konnte und somit sich selbst zwischen diesem und dem Plateau mit aller Kraft einspannte. Durch diesen neuen Halt hatte er wieder einige Zeit bekommen, um sein weiteres Handeln gut zu durchdenken, denn jeder Fehler würde in seiner jetzigen Position höchstwahrscheinlich im Tod enden. Vorsichtig begann er seine Hände stückchenweise nach links zu versetzen, stets darauf erpicht die momentan lebenswichtige Spannung zu erhalten. Desweiteren versuchte er seine Füße ebenfalls so nahe wie möglich an die Kante des Felsens zu bringen, um den finalen Sprung zu einfach wie möglich zu gestalten; wobei ihm in dieser Situation selbst ein Kampf gegen 5 Gersons einfacher erschien. Als er nun endlich seine Füße in die gewünschte Position gebracht hatte, nahm er all seinen Mut zu-sammen und begann in einer einzigen schnellen Bewegung seine Füße auf die Oberseite des Felsen zu stellen, während er mit seinen Händen, so schnell er konnte, die Position seiner Füße zu erreichen versuchte. War er mit seiner Armbewegung nicht schnell genug, wäre er im Moment, in dem er den Felsen betrat, zu schräg gestanden und möglicherweise hinabgestürzt, doch sein Timing war perfekt und so kam er mit rasendem Herzen und Schweiß auf der Stirn auf dem Felsen hockend zur Ruhe. Sabin stieß einen lauten Keucher der Erleichterung aus, doch seine Freude war nur von kurzer Dauer. Gerade noch rechtzeitig bemerkte er den fünfzig Zentimeter großen Stein, der direkt auf ihn zuraste. Ein lautes Knirschen war zu hören, als der Stein Sabins Kopf nur knapp verfehlte und lautstark den Felsen unter dessen Füßen traf, um dann seinen Weg ins Tal fortzusetzen. Sabin hatte es im letzten Moment noch geschafft ein paar Zentimeter zur Seite zu kriechen, um dem Geschoss zu entgehen. Sein Gefühl sagte ihm, dass die Gefahr noch nicht gebannt war, und er sollte Recht behalten, denn der Felsen, auf dem er sich immer noch befand, war durch den Stein, der ihn getroffen hatte, stark mitgenommen, und begann deshalb zu knirschen und plötzlich aus dem Berg zu brechen. Geistesgegenwärtig sprang Sabin von dem bereits hinab fallenden Felsen auf den Vorsprung und krabbelte nach der Landung zunächst so weit wie möglich vom Abhang weg, bis er sich schließlich mit dem Rücken an die Bergwand drückte. In völliger Anspannung dort sitzend, hörte er gebannt und geschockt dem ohrenbetäubenden Krachen des Felsens zu, das dieser von sich gab, weil er während seines Sturzes immer wieder gegen den Berg prallte und dabei lautstark zersplitterte. Nachdem es endlich einigermaßen ruhig um Sabin geworden war und er wieder ein paar klare Gedanken fassen konnte, um das eben Erlebte zu verarbeiten, schossen ihm plötzlich wieder die Mythen, die sich um diesen Berg rankten, durch den Kopf. Und wenn sie doch stimmen? Zweifel durchflogen ihn. Sollte er vielleicht umkehren? Kommt gar nicht in Frage! Ein Heavensent gibt niemals auf und ich schon gar nicht! Zum Teufel mit diesen Altweibergeschichten! Trotz dieser kleinen Ansprach an sich selbst blieb er noch einen Moment an seinem scheinbar sicheren Platz sitzen. Nachdem er eine Zeitlang verschnauft hatte, griff Sabin in seine Tasche und nahm eine Wasserflasche heraus. Er öffnete sie hastig und gönnte sich einen kräftigen Schluck ihres kühlen Inhalts. Als er bereit war, den Aufstieg fortzusetzen, verschloss er die Flasche, packte sie wieder ein und ließ seinen Blick über das weite Grasland schweifen, das sich über das Tal vor dem Berg erstreckte. In diesem Moment der völligen Ruhe und Unaufmerksamkeit traf ihn ein Stein so hart am Kopf, dass er bereits im Fallen ohnmächtig wurde. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)