☾ Mikadzuki von Mimiteh ================================================================================ Kapitel 40: Unerwartete Bekanntschaft ------------------------------------- Shippô wusste nicht so ganz, was er von Kyokos Bitte halten sollte. Gut, das hier mochten ihre Brüder sein, aber es waren auch die beiden ältesten Prinzen der Kitsune und Shippô spürte Unsicherheit in sich aufkommen, als der minimal jüngere der beiden ihn musterte. Fünf Jahre war es her, dass seine Eltern verstorben waren, aber davor hatte er durchaus von ihnen erfahren, was das Fürstentum bedeutete und was Rangunterschiede waren. Er musste zugeben, bei Kyoko waren diese Fragen nie aufgekommen, aber gegenüber den Prinzen, die obendrein völlig fremd waren, wusste er nicht, wie er sich verhalten sollte. Kanaye und Tadashi schienen da weniger Probleme zu haben. „Du fragst, ob dein tapferer Begleiter mit darf?“, schmunzelte Kanaye und sah seine kleine Schwester mit hochgezogenen Augenbrauen an. „Ich bezweifle stark, dass Chichi-ue etwas dagegen hat. Also, wenn er mag…“ Tadashi sah zu Shippô hinab und streckte ihm die Hand hin. Der Fuchsjunge zögerte einen Moment. Einerseits war es eine einmalige Gelegenheit, das Schloss kennenzulernen, das normale Kitsune meist nur von weitem sahen, aber andererseits – ja was eigentlich? Kurz entschlossen ergriff er die Hand des Prinzen und spürte sogleich den Ruck, als der ihn an sich zog und ebenso auf den Arm nahm, wie der ältere Prinz Kyoko hielt. Shippô ahnte, dass sie fliegen würden. Kurz beugte er sich zu Kirara hinab. „Danke fürs bringen! Auf Wiedersehen – und grüß‘ Kagome, ja?“ Kirara sah aus ihren roten Augen zu ihm auf und grollte zustimmend, ehe sie sich im Umdrehen abstieß und in die Höhe stieg. Die anderen warteten auf ihre Rückkehr. Shippô richtete sich wieder auf. „Und ich darf wirklich mit?“, fragte er sicherheitshalber nach. Tadashi lächelte. „Würde ich dich sonst tragen?“ Damit wechselten die beiden Brüder einen Blick und stießen sich dann gleichzeitig ab, um in den Himmel zu steigen. Shippô grinste unwillkürlich. Die beiden verhielten sich nicht anders, als alle anderen Kitsune, die er je getroffen hatte. Ob das nur so war, weil er Kyokos Schulkamerad war? Oder waren sie wirklich so unkompliziert? Nun, das herauszufinden, dazu würde er wohl die bestmöglichste Chance haben, wenn sie ihn ins Fuchsschloss mitnahmen. Also blickte er zu Kyoko. Das Fuchsmädchen hatte sich eng an ihren Bruder geschmiegt und war offenbar nur noch halb wach. Sie fühlt sich vollkommen in Sicherheit…, schoss es Shippô durch den Kopf, ehe auch er sich ein bisschen entspannte. „Wenn du willst, kannst du auch ruhig schlafen. Es wird eine Weile dauern, bis wir ankommen“, Tadashi schien seine Gedanken gelesen zu haben. Shippô sah ein wenig skeptisch drein, aber das Gähnen, das hartnäckig in seiner Brust aufstieg, ließ ihn die Distanz vergessen. Er lehnte den Kopf an Tadashis Schulter und war gleich darauf eingedöst, ebenso wie Kyoko inzwischen auf Kanayes Arm. Die beiden Prinzen warfen sich einen schelmischen Blick zu. „Ich bin wirklich gespannt, was die beiden alles erlebt haben…“, bemerkte Kanaye leise. Tadashi nickte etwas. „Ich auch, Onii-chan, ich auch.“ ~*~ Kirara war schnell wieder bei InuYasha und den anderen angekommen. Ohne Reiter konnte sie jede Luftströmung ausnutzen, um schneller zu sein. Geschmeidig kam sie auf dem Boden auf, blickte automatisch zu Kohaku. Gab es eine weitergehende Planung? Tatsächlich kannte der junge Taijiya sie langsam lang genug, um den Blick richtig zu deuten. „Zurück nach Musashi. Und zwar so schnell wie möglich“, erklärte er, warf aber einen fragenden Seitenblick zu InuYasha und Kagome. Die junge Miko nickte. „Ganz recht.“ „Na dann… auf geht’s“, fügte InuYasha mit gewohntem Tatendrang hinzu und setzte sich bereits in Bewegung. Kagome lachte nur leise vor sich hin und folgteihm. Kirara verwandelte sich in ihre kleine Form und sprang auf Kohakus Schulter, Katashi lief nebenher. So zog die dezimierte Gruppe wieder richtung Süd-Grenze. Bis zum Einbruch der Nacht war es nicht mehr lang und bis dahin wollten sie alle wieder auf neutralem Gebiet sein. ~*~ Mit einem leicht entnervten Schnaufen steckte Sesshômaru Bakusaiga wieder in seine Scheide zurück. Ungeachtet der Dämonenfetzen, die der Knochenbumerang dieser Dämonenjägerin in den Gassen des Dorfes hinterlassen hatte, ging er durch die Siedlung. Dabei suchte er jene Witterung, wegen der er hier überhaupt eingegriffen hatte. Nicht weit von ihm drängte sich eine kleine Familie zusammen, starrte aber mehr bewundert, als angstvoll zu ihm auf. Sesshômaru beachtete sie augenscheinlich nicht, aber insgeheim freute es ihn doch, dass wenigstens diese Menschen hier den Unterschied zwischen Oni und Yôkai gelernt zu haben schienen. Endlich fand er Rins Duft, folgte ihm zielstrebig. Überraschenderweise fand er Natsus Witterung direkt in der Nähe. Automatisch verlangsamte er seine Schritte. Wie hatten die beiden denn zusammengefunden? Da erklang Rins unverwechselbare, glockenklare Stimme. „Nehmt das, es wird sicher helfen!“ Sesshômaru blieb stehen. Sprach sie etwa mit Natsu? „Lass, Kind. Mir geht es gleich wieder gut“, antwortete da tatsächlich die Stimme der Raionyôkai, auch wenn sie etwas gepresst klang. War sie verletzt worden, hatte Schmerzen? Wollte Rin ihr irgendein Kraut geben? Sähe ihr ähnlich. Sesshômaru musste beinahe lächeln, als er daran zurückdachte, dass Rin und er sich ja ganz ähnlich kennengelernt hatten. „Aber das hilft sicher!“, beharrte Rin gerade und Sesshômaru konnte sich geradezu bildlich vorstellen, wie verwirrt Natsu über solcherart Verhalten sein musste. Dafür bekam er auch gleich die Bestätigung. „Nein, Mädchen. – Sag mal, du hast aber schon mitbekommen, dass ich eine Dämonin bin, oder?“ „Natürlich!“, erwiderte Rin sofort. „Und du hast keine Angst vor mir? Es waren doch Dämonen, die dein Dorf angegriffen haben!“, nun klang Natsu fast interessiert. Sesshômaru hatte inzwischen die Hütte ausgemacht, hinter der die beiden sich befinden mussten, verspürte aber noch wenig Lust, sich einzumischen. Das Gespräch amüsierte ihn. „Aber das waren doch diese Oni! Du bist eine Yôkai. Yôkai tun so etwas nicht! Außerdem hast du mich gerettet“ Natsu hat Rin gerettet? Für einen Augenblick kniff Sesshômaru die Lippen zusammen. Das wäre eigentlich seine Aufgabe gewesen. Er konnte dankbar sein, dass Natsu das zufällig übernommen hatte. „Und was sagt dir, dass ich das nicht getan habe, um dich selbst zu fressen?“, fragte die Löwendämonin gerade weiter, dann war ein erstickter Laut zu hören, ganz als halte sie die Luft an, um einen Schmerzenslaut zu unterdrücken. Was ging da vor sich? Wie schwer war Natsu verletzt? „Yôkai fressen keine Menschen, wenn ihnen eine andere Möglichkeit bleibt. – Was habt Ihr?“ Aus Rins zuvor überzeugtem Tonfall sprach nun Besorgnis, die sich auch in ihrer Miene wiederfand. Sesshômaru konnte es gerade noch sehen, weil er eben um die Hütte trat, hinter der die beiden waren, dann zog Natsu seine Aufmerksamkeit auf sich. Halb saß, halb lag sie, Ashai-Ha in seiner Scheide, sie selbst sichtbar kaum verletzt. Nur an ihrer Hüfte war eine kleine Bisswunde zu erkennen, die sich aber bereits wieder schloss. Dennoch schien sie tatsächlich Schmerzen zu haben. Ohne sich bemerkbar zu machen, witterte Sesshômaru, versuchte so herauszufinden, was vor sich ging. Und da fiel ihm etwas auf. Natsus Witterung, die er inzwischen so gut kannte, hatte sich minimal verändert. In diesem Moment aber, als die Löwendämonin erneut die Kiefer aufeinander biss, verflog dieser Funke und machte für einen Atemzug einem Hauch von Tod Platz. Sesshômaru zuckte fast zusammen, als Tenseiga an seiner Hüfte heftig zu pulsieren begann. Natsu war noch sehr lebendig, Rin ebenfalls, was wollte das Schwert? „Was habt Ihr?“, wiederholte Rin gerade, als dem Inuyôkai ein Licht aufging. Beinahe wäre ihm der Atem gestockt. Das darf nicht wahr sein… „Rin! Lass es. Du kannst ihr nicht helfen“, mischte er sich scheinbar emotionslos ein. Die großen Augen des jungen Mädchens flogen zu ihm, begannen zu strahlen. Aber sie schluckte ihre euphorische Begrüßung herunter, als sie merkte, dass sein Blick auf Natsu ruhte, die fast furchtsam zu ihm aufsah. Wortlos ließ er sich neben ihr auf ein Knie sinken, zog das Erbe seines Vaters ein kleines Stück aus dessen Scheide. Augenblicklich dunkelte sich die Umgebung etwas ab, während das Schwert noch nachdrücklicher zu pulsieren begann. Dann konnte er auch die Unterweltwesen sehen. Und alle versammelten sie sich auf Natsus Mitte. Hatte er also die richtigen Schlüsse gezogen. Er zog das Schwert komplett und führte es in einem flachen Schwung über Natsus Körper. Für einen Wimpernschlag war die theoretisch geschlagene Wunde in gleißendes Licht getaucht, automatisch riss Natsu vor Schreck die Augen auf. Noch ehe sie das aber so richtig registriert hatte, stand der Daiyôkai bereits wieder, steckte Tenseiga weg. Sein Gesicht hätte aus Stein gemeißelt sein können, während er erneut witterte. Ja, da war der Funke wieder. Er unterdrückte ein erleichtertes Aufatmen und entspannte seine Züge wieder, bis er gewohnt emotionslos dreinblickte. „Sesshômaru-sama?“, wandte sich Rin da plötzlich an ihn. Er sah sie an. „Sesshômaru-sama, gehört sie zu Euch?“ Er nickte knapp. „Habt Ihr sie gerettet?“, wollte sie weiter wissen. Sesshômaru sah wieder zu Natsu hinab, die der Situation offenbar nicht ganz folgen konnte. „Ja. Sie beide“, erwiderte er dann scheinbar ruhig. Seine Wortwahl schien Rin zu denken zu geben, denn sie verstummte eine Weile, ehe ihre Miene sich aufhellte. „Ist das wahr, Sesshômaru-sama? Ihr werdet Vater?“ Ihre direkte Frage überraschte ihn dann doch. Nun, ihr Einfühlungsvermögen und vorallem ihre gradlinige Art hatten sie ja schon immer geprägt. „Ja“, gab er deswegen zurück, ohne das Menschenmädchen eines Blickes zu würdigen. Stattdessen sah er weiter Natsu an, musterte ihre verwirrte, nachdenkliche und teilweise fast verzweifelte Miene. Wir müssen ein ernstes Wörtchen miteinander reden! ~*~ Staub wirbelte auf, als Kôga stehen blieb. Der Wirbelsturm um ihn herum legte sich nur langsam, aber er konnte sich mit dem Orientieren Zeit lassen. Bis Ginta und Hakkaku ihn eingeholt hatten, würde es noch dauern. Er witterte. Weit war es nicht mehr bis zum InuSchloss. Hier vermischten sich bereits die Gerüche der anderen fürstlichen Abordnungen, die momentan alle in dieser Gegend waren. Kôga grinste. Er in seiner abgelegenen Bergregion hatte vergleichsweise wenige Probleme mit den Menschen, selbst seit er auch dem fürstlichen Rudel die Jagd auf ebenjene verboten hatte. Aber ein bisschen mehr Geduld hätte er den anderen Fürsten dann doch zutrauen mögen. Nun, falsch gedacht. Sie waren wohl wirklich genervt. Hinter sich hörte er seine beiden Begleiter heranhecheln. Bis auf den Boten, den er vorausgeschickt hatte, hatte er nur die beiden mitgenommen, diese Konstellation hatte sich lange bewährt und außerdem brauchte er für den kleinen Anstandsbesuch nicht mehr Leute. Nicht umsonst hatte er sich sehr viel Zeit gelassen, anzutanzen. Im Zweifelsfall tauchte Sesshômaru sowieso erst auf, wenn alle ihn schon seit Tagen erwarteten. Wenn er eine Charaktereigenschaft des Hundefürsten inzwischen zu Genüge kannte, dann war es dessen Freiheitsliebe. Sesshômaru ließ sich nicht gerne etwas vorschreiben, wenn es eine Ausweichmöglichkeit gab, dann nicht einmal vom Protokoll. Inzwischen hatten Ginta und Hakkaku zu ihm aufgeschlossen. „Hey, Kôga, geht das auch langsamer?“, beschwerte Ginta sich in altbekannter Manier. Kôga gab seine belustigte Miene nicht auf. „Ihr könntet auch einfach mal schneller werden“, konterte er leichthin, verzichtete aber auf den Wirbelsturm, als er sich wieder in Bewegung setzte. Es gäbe kein gutes Bild ab, wären die beiden Kilometer hinter ihm und vollkommen abgehetzt, wenn sie am Schloss eintrafen. Nein, da schaltete er lieber einen Gang zurück. ~*~ „Aufwachen, kleiner Kerl“ Blinzelnd erwachte Shippô, als er sich abgesetzt fühlte. Für einen Moment konnte er sich nicht orientieren. Wessen Stimme war das gewesen? Dann fiel es ihm schlagartig wieder ein: Tadashi! Der Fuchsprinz. Er richtete sich so ruckartig auf, dass er beinahe vornüber gekippt wäre. „Vorsicht!“ Ein Lachen lag in Tadashis Stimme, als er Shippô gerade noch davon abhielt, von den Zinnen eines Turmes zu stürzen auf denen er ihn abgesetzt hatte. „Shippô!“ Kyokos Stimme von der Seite klang etwas indigniert. „‘Tschuldige. Bin noch nicht ganz wach…“, murmelte Shippô zerknirscht. „Das merke ich“, konterte Kyoko trocken wie immer. Dann streckte sie den Arm aus und zeigte um sich. „Schau! Mein Zuhause!“ Der Fuchsjunge ließ den Blick schweifen und die Müdigkeit verflog augenblicklich. Wie groß das hier alles war! Allein der Schlosshof war sicher mindestens halb so groß wie Kaedes ganzes Dorf. Die massiven Gebäude waren aus rotem Stein und die Dächer mit etwas gedeckt, das erst wie rötliches Stroh wirkte. Auf den zweiten Blick erkannte Shippô, dass es sich um Haare handelte. Haare von Fuchsdämonen. Instinktiv zuckte er zusammen, in Gedenken an die Ermordnung seiner Eltern. Kyoko verzog das Gesicht. „Keine Angst, Shippô. Diese Haare haben ihre ehemaligen Besitzer freiwillig gegeben. Teilweise sind sogar welche von den Fürstenfamilien dabei“, beruhigte sie ihn, konnte sie sich doch denken, was ihn so hatte zusammenschrecken lassen. Shippô glaubte ihr und entspannte sich wieder. Verlegen senkte er den Blick. Wie konnte er dem Kitsune-Fürsten nur unterstellen, ebenso wie die Donnerbrüder zu sein? Kyoko setzte an, ihren Brüdern den Sachverhalt zu erklären, aber Kanaye winkte ab. „Schon gut, wir wissen Bescheid. Shippôs Eltern stehen in den Akten, wie jedes andere Opfer dieser dämonischen Pelzjäger auch“, sagte er nur, ehe er Kyoko von den Zinnen herunterhob. „Nimm Shippô mit zu Akeno, ihre Zofe wird euch vernünftige Sachen geben und euch dann zu Chichi-ue bringen. Wir bereiten ihn derweil auf den… Besuch vor“, forderte Tadashi sie auf, während er auch Shippô auf die Turmplattform hinab setzte. Dabei lag ein spitzbübisches Grinsen auf seinen Zügen. Wieder einmal schoss es Shippô durch den Kopf, wie wenig klischeehaft prinzengerecht beide sich verhielten. Er konnte ja nicht ahnen, dass das nur so war, solange die Familie unter sich war. Aber das würde er noch früh genug erfahren. Jetzt schnappte sich Kyoko ersteinmal seine Hand und zog ihn mit sich, durch die Bodenluke auf eine Treppe und den Turm spiralförmig hinab, bis Shippô schon fast schwindelig wurde. Unten angekommen(*,) ließ sie ihn los und lief bereits weiter. Er schüttelte den Kopf, um wieder klar sehen zu können, ehe er ihr auf dem Fuße folgte. Sie betraten einen ebenerdigen Flügel des Schlosses, der Shippô zum Staunen brachte. An den Wänden, zwischen den Schiebetüren hingen dicke, edle Wandteppiche und der Boden war mit so ebenmäßigen Dielen ausgelegt, dass er Shippô beinahe zu Schade zum drauf-gehen vorkam. Als er zögerte, zog Kyoko ihn wieder unbarmherzig vorwärts. Schließlich erreichten sie eine Schiebetür, auf der mit feinen Stichen ein Sonnenaufgang aufgestickt war. Shippô blieb keine Zeit, die filigrane Arbeit zu bewundern, denn kaum hatte Kyoko geklopft, wurden sie herein gebeten. Der Fuchsjunge riss die Augen noch weiter auf, als sie eh‘ schon waren. So also sah das Gemach einer Prinzessin aus! Unglaublich! Das Zimmer, in dem sie standen, war etwa so groß, wie Kaedes ganze Hütte. In einer Ecke erkannte er die Schlafstatt, etwas erhöht liegend; ein schwerer, rotorangener Vorhang an einem Gestänge zeigte, dass sie vor Blicken geschützt werden konnte. In der Mitte des Raumes, mit dem Rücken zu ihnen, saß eine Gestalt im sonnengelben Kimono an einem Schreibpult. Erst jetzt wandte sie sich um – und ihr entgleisten sämtliche Gesichtszüge, der Schreibpinsel fiel ihr aus der Hand und hinterließ dunkle Flecken auf dem Boden, wo er entlangkullerte. „Kyoko-chan!“ Blitzschnell war Akeno bei ihrer Schwester und nahm sie in den Arm. „Ein Glück, dass du wieder da bist. Du glaubst gar nicht, was wir uns für Sorgen gemacht haben!“ Kyoko lachte hell. „Oh doch, Kanaye hat es mir ausführlich erzählt, was ihr alles auf euch genommen habt!“, entgegnete sie und befreite sich aus dem Griff ihrer Schwester. Die nahm den Widerspruch gelassen, schlug dann die Hände vor dem Mund zusammen, ganz als wäre ihr erst jetzt aufgefallen, wie abgerissen Kyoko wirkte. Sie hob den Kopf. „Aya!“ Sofort kam eine Dienerin heran, die ganz offensichtlich kein Kitsune war. Shippô tippte spontan auf eine Risu-Yôkai, wenn er sich die tiefroten Haare und die huschenden Bewegungen ansah. „Ihr wünscht, Herrin?“ „Aya, sorge dafür, dass Kyoko-hime ein Bad und neue Kleider bekommt. Sobald der Fürst weiß, dass sie zurück ist, wird er sie sehen wollen und dann soll sie vernünftig gekleidet sein!“ Obwohl Akeno sehr formal sprach, klang ihre Stimme locker und freundlich. Die Dienerin lächelte, nickte und bat Kyoko mit einem stummen Blick, ihr zu folgen. Kyoko ging ihr hinterher und ließ Shippô bei ihrer Schwester. Akeno warf dem jungen Kitsune einen freundlichen Blick zu. „Du musst Shippô sein – schau mich nicht an wie ein verschrecktes Eichhörnchen. Du bist ja schlimmer als Aya“ Damit bestätigte sie Shippôs Verdacht, dass die Dienerin eine Eichhorndämonin war. Sie erhob sich. „Na komm, wir schauen mal, das wir einen Diener finden, der dir ein Bad verschafft. Ich glaube, du hast es genauso nötig, wie meine Schwester!“, schmunzelte sie dann und gab Shippô einen Wink mit der Hand, ehe sie die Schiebetür aufschob und auf den Flur schlüpfte. Der junge Kitsune, der sich in dem hochherrschaftlichen Gemäuer gelinde gesagt fehl am Platz fühlte, beeilte sich, ihr zu folgen. 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