Gisis Allerlei von Gisi (Kleinkram ohne eigenen Platz) ================================================================================ Kapitel 1: 1 Sie spazierte an einem lauen Herbstmorgen durch den Wald --------------------------------------------------------------------- Ich ging eigentlich ziemlich planlos durch den Ort bis ich hier her kam und auf einmal wurde mir klar das nicht all unsere Entscheidungen, die wir für richtig und wichtig halten auch wirklich so großartig sind. Als ich mich an diesem Morgen wieder stundenlang schlaflos in meinem Bett gewälzt hatte, fasste ich den Entschluss etwas zu ändern. War aufgestanden, hatte mir meine Jeans und den dicken, ausgeleierten Wollpulli meines Bruders übergezogen und war losgegangen. Planlos. Ziellos. Einfach los. Der kleine Ort, indem ich endlich Karriere machen würde, mit dessen Hilfe ich bald ganz oben sein würde, schlief noch und mit ihm die Sonne. Es war erstaunlich warm für Oktober und für diese Uhrzeit und je länger ich ging desto mehr durchströmte mich scheinbar die angenehme Herbstbrise. Es war wie eine warme Berührung die einem beim Vorüber gehen einen leichten Schauer versetzte. Kaum zu beschreiben und ich hatte so etwas noch nie erlebt. Den Ort hatte ich schnell hinter mir gelassen und vor mir erstreckte sich nun ein Wald. Hätte ich ihn nicht bei Tageslicht gekannt, wäre er mir gigantisch vorgekommen. In der Dämmerung des frühen Morgens sahen die alten, knorrigen Bäume, wie bedrohliche Hünen auf mich hinab. Ob mit Spott oder Bedrohung blieb mir allerdings verborgen. Auch wenn ich immer ein sehr rationaler Mensch war, so überkam mich doch ein leichtes Frösteln beim Betreten des mir unbekannten Dunkels. Es schien mir im dämmerigen Licht und dem leichten Nebel noch stiller zu sein als in dem schlafenden Ort und jedes Geräusch, sei es das Gurren einer Taube oder das Knacken eines Astes durch ein kleines Tier, schien viel lauter, viel intensiver zu sein als sonst. Eine merkwürdige Euphorie für meine Umgebung wuchs in mir und ich ging tiefer in den Wald hinein. Ich begann die, vom Tau feuchte Erde zu riechen und hörte das Rascheln der am Boden liegenden Blätter, bei jedem meiner Schritte. Manchmal kam es mir sogar so vor als könnte ich die von der Nacht noch kalte Luft und die feuchte Erde auf meiner Zunge schmecken. All diese Eindrücke überwältigten mich und ich verlor die Zeit aus den Augen, denn sie waren mit anderen Dingen beschäftigt. Ich versuchte die Ursprünge von verschiedenen Klängen zu orten oder trat wie ein Kind in einen Blätterhaufen nur um zu beobachten wie friedlich die Blätter wieder zu Boden sanken. In der Ferne nahm ich das Plätschern von Wasser wahr und folgte diesem Geräusch, bis sich vor mir ein Atemberaubender Wasserfall erhob. Ich trat so dicht an das Brückengeländer der Holzbrücke, auf der ich stand, dass ich vereinzelte Wassertropfen auf meinem Gesicht spüren konnte. Kühle, feuchte Tropfen. Ich schloss die Augen und genoss das Gefühl der Tropfen auf meinem Gesicht und der milden Herbstbrise in den Haaren. Ich hörte so bewusst das Singen der Vögel wie noch nie zuvor und spürte sogar die ersten Sonnenstrahlen auf meiner Haut. Am liebsten hätte ich die Augen nie wieder geöffnet. „Ah guten Morgen Frau Falkner. Wie ich sehe hat auch Sie der Wasserfall in seinen Bann gezogen. Ah passen Sie gut auf, wir wollen ja nicht das ihre Arbeit unter seiner Schönheit leidet, nicht wahr?“ Der rundliche Mann vor meiner Nase erinnerte mich an meine Realität. Die Stille war vorüber und die ersten großen Baumroder bahnten sich ihren Weg durch das Unterholz. Die aufgeschreckten Vögeln sangen nicht mehr sondern kreischten und flatterten um ihr Leben, sogar der Wind schien nun schärfer und um einiges kühler zu sein und die Sonne war hinter einer dicken grauen Wolke und den, noch recht dicht belaubten Baumwipfeln, verschwunden. Jetzt war ich mir nicht mehr so sicher ob die Idee mit der Parkplatzerweiterung so eine gute war und ob sie mir wirklich die Karriere verschaffte die ich haben wollte. Kapitel 2: 2 Magie der Dunkelheit --------------------------------- Was sollte er hier nur? Seufzend lehnte er sich an die Wand, die, zu seinem großen Glück, war wo sie wa:. Nicht weit von der Theke und im Blickfeld des Einganges. Was auch kommen sollte, er würde den Abend schon überstehen und es machte sie ja so glücklich. Er hatte sich das Ganze nicht antun müssen, aber was tat man nicht alles, um bestimmte Personen lächeln zu sehen. Er seufzte noch einmal und leerte sein Glas in einem Zug. Danach ließ er den Blick über die Versammelten schweifen und machte Anstalten seine Maske die Stirn hochzuschieben. „Das solltest du besser lassen. Das zerstört doch die ganze Magie der Dunkelheit.“ Eine schnippische Stimme war neben ihm aufgetaucht. Fragend blickte er sich um und fand bald ihren Ursprung. Die Person neben ihm war zierlich, er hätte sie kaum gesehen. Wer zu Teufel war so klein? Er war sich doch so sicher gewesen jeden auf dieser Party zu kennen. Wer von ihren Freunden konnte das nur sein? Die Gestalt neben ihm trug ein enges Kleid aus dunkel rotem und schwarzem Leder, welches ihrem Körper sichtbar schmeichelte und alle Rundungen perfekt in Szene setzte. Zudem ging es ihr gerade bis über den Hintern. Setzten, dachte er, konnte sie sich sicherlich nicht damit. Ihr Gesicht war von einer langen, wilden Mähne weißen Haares umringt, das mit Sicherheit eine Perücke war. In seinem Kopf arbeitete alles auf Hochtouren. „Was glotzt du denn so? Noch nie eine Frau in einem Kleid gesehen?“ Er hätte sich beinahe verschluckt und sein Gegenüber grinste frech. „Scheine wohl den Nagel auf den Kopf getroffen zu haben. Willst du was trinken?“ Er war viel zu perplex um irgendetwas zu erwidern. Wer war dieses Mädchen? Immer noch verwirrt nahm er dankbar ein Glas entgegen. „Jetzt hab ich es, du bist eine stumme Nachhut des Todes?“ Sie sah ihn musternd aus ihren mit buntem Glitzer geschminkten Augen an und er erwiderte ihren Blick fragend. „Dein Kostüm, dein Schweigen“, ergänzte sie. „Oh achso“, er war wieder zu seiner Stimme kommen, „Nein, nein. Ich bin… wenn ich ehrlich bin, ich weiß gar nicht ob ich irgendetwas bin.“ „Auch nicht schlimm“, gab sie keck zurück, „komm lass uns tanzen.“ Ohne die Antwort abzuwarten zerrte sie ihn durch die Menschenmasse hindurch auf die Tanzfläche. Jetzt sehnte er sich zu seiner Wand zurück. Tanzen. Wer hatte das nur erfunden? Dieser Person würde er gerne eigenhändig den Hals umdrehen. Als sie auf der Tanzfläche angekommen waren, stoppte der DJ gerade die Musik und kündigte einen Musikwunsch an. „So, eine kleine Tanzeinlage für alle, die aus dem alten Mittelalter zu uns gestoßen sind.“ Damit ließ er ein klassisches Musikstück erklingen, das den größten Teil der Partygäste von der Tanzfläche verscheuchte. „Hm“, machte seine kleine Begleiterin, „zu sowas will ich heute nicht tanzen. Komm mit!“ Nun schleifte sie ihn zurück zu seiner geliebten Wand, an die er sich auch direkt lehnte. Wo war eigentlich seine wirkliche Begleitung abgeblieben? Er reckte den Hals um in den Menschenmassen seinen kleinen Rauscheengel zu finden. Sein Blick wanderte erst ganz zum Schluss zur Tanzfläche, wo er sie erblickte. Darauf hätte er natürlich auch eher kommen können, dass sie sich nicht von klassischer Musik vertreiben ließ. Sie sah so süß und hinreißend aus in ihrem weißen Kleid. Sie hatte ihr langes, blondes Haar in ein wahres Lockenmeer verwandelt und bei jedem ihrer Schritte wippten die eingedrehten Strähnen auf und ab. Er hätte sie den ganzen Abend beobachten können. „Hey, ignorierst du mich?“, da war sie wieder, diese schnippische Stimme, und er hatte sie fast vergessen gehabt. „Nein, wie könnte ich“, gab er trocken zurück und wandte sich ihr zu, sie grinste immer noch schelmisch. Den ganzen Abend wich sie nicht von seiner Seite und er hatte das ungute Gefühl, dass sie genau wusste wer er war und genau wusste, dass er sie nicht erkannte. Das war schlimmer als jedes Black out oder jeder Hangover. Wer war dieses Mädchen und wusste ihre Mutter wie sie hier aussah? Er wusste schon lange nicht mehr wie spät es eigentlich war und sein quirliges Gegenüber zu fragen, war ihm zu gefährlich. Sie hatte ihre Aufmerksamkeit nämlich gerade eben von ihm abgewandt. Es war der perfekte Zeitpunkt um zu verschwinden, seinen kleinen Engel zu suchen und von Dannen zu ziehen. Er hatte den Gedanken noch nicht ganz zu Ende gedacht, da sah er seine Begleitung kichernd auf der Mädchentoilette verschwinden. Gut, dann wartete er eben noch ein wenig. Die Zeit wollte und wollte nicht vergehen und er hatte das Gefühl seine Begleitung verbrachte eine halbe Ewigkeit auf dem stillen Örtchen. Immerhin hatte er es geschafft vor dem kleinen Quälgeist zu fliehen. Als dann sein Rauscheengel durch die Tür schritt nahm er sie am Arm und zog sie mit sich. „W… hey warte. Wo willst du hin?“, fauchte sie ihn an und blieb stehen, „du willst doch nicht schon gehen?“ „Ich… ähm“, stotterte er. Er bemerkte, dass sein Plan Lücken hatte. „Doch, eigentlich schon“, gestand er kleinlaut. „Das ist wohl meine Schuld“, die schnippische Stimme hatte an schnippischem Unterton verloren und wie Schuppen von den Augen fielen, erkannte er auf einmal den kleinen Quälgeist. Es war ihre beste Freundin, wie hatte er die nicht erkennen können? Seine Begleitung sah verwirrt von ihm zu ihrer Freundin. „Kann mir einer erklären was du damit meinst?“, fragte sie verwirrt. „Nein“, antwortete er schnell, „ist schon gut. Amüsier dich ruhig noch ein bisschen.“ Damit ließ er sie los und sie verschwand kopfschüttelnd in der Masse. Er starrte sein Gegenüber erneut verwirrt an. Wer hätte auch schon ahnen können das jemand, der sonst kurzes, schwarzes Haar und eine dicke Brille trägt, Pullover am liebsten mag, wenn sie von den Ohren bis in die Kniekehlen gingen und nur etwas sagt, wenn man sie direkt anspricht, von heute auf morgen in einen Nerv tötenden Quälgeist verwandeln kann? Er war der letzte der mit so etwas gerechnet hätte. Bei den Lichtverhältnissen und den Klamotten konnte ihm das aber ja auch niemand Übel nehmen. Das war schlicht und einfach die Magie der Dunkelheit, genau wie sie gesagt hatte. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)