Fehlende Erinnerungen von Skampi835 ================================================================================ Kapitel 6: 06 - Vergessenes Wesen ---------------------------------                   Das Geräusch des Windes welcher leise durch den Raum wehte und ab und zu eine kühle Brise zu ihr trug, war das erste was sie wahrnehmen konnte. Ihre Ohren zuckten abermals, so wie sie es bereits sehr oft an diesem Tag getan hatten, während ihr Körper auf der Seite lag und sie ruhig atmete. Ihre Lieder flackerten und enthüllten die bernsteinfarbenen Augen über welchen durchsichtige, goldgelbe Nebelschleier lagen. Die kleinen Ohren bewegten sich langsam, um etwas identifizieren zu können, doch sie war nicht in der Lage die Geräusche um sich herum einzuordnen.             Die Worgen hob ihren Kopf, sie fühlte sich merkwürdig leicht als die Decke etwas von ihren Schultern herabglitt. Sie hatte keine Kleidung an, was ihr merkwürdig vorkam, doch das dichte Fell welches aus ihrer Haut wuchs bedeckte sie nahezu gänzlich. Lediglich an ein paar Stellen fehlte Fell, welches wohl herausgerissen worden musste. Sie schüttelte ihren Kopf und hob ihren Blick zu einer Decke die knapp einen Meter von ihr entfernt senkrecht aufgespannt war und wie eine Art Abtrennung sie von dem Rest abschirmte. Sie wurde aufgewirbelt als wieder der kalte Wind um sie herum blies. Ihr Nackenfell stellte sich angenehm auf um sie zu wärmen, sie verspürte keine Kälte, ebenso wie sie sich im wahrsten Sinne des Wortes topfit fühlte. Doch etwas anderes schien ihr sehr suspekt.             »Es ist ungewöhnlich, dass Ihr Euch bereits wieder völlig normal bewegen könnt.«, raunte eine Stimme von ihrem Fußende. Struana zog mit ihrer Pranke die Decke aufrecht und schlang sie sich wie einen Mantel um ihre Schultern ehe sie sich der Gestalt zu wand die gesprochen hatte. Ein Mann in einer braunen Lederrüstung mit fein gearbeiteten blauen Ornamenten saß gegen die Wand gelehnt und sah sie mit seinen grünen Augen an. Seine gebräunte, glatte Haut war so anders als es ihre war, ebenso wie seine Gesichtszüge. Die Worgen legte den Kopf etwas schief und zuckte mit den Ohren. »Ich nahm an, dass Ihr viel länger Ruhen würdet.« Der Mann erhob sich und ging einige Schritte durch den Raum. Er hockte sich zu der Worgen hinunter, die absolut keine Angst verspürte. In ihren Augen konnte man nur Verwunderung lesen und auch etwas Neugierde. »Der Nebel über Euren Augen kommt wohl von dem Ritual. Es hat sehr gut bei Euch gewirkt. Bei dem Befall den Ihr hattet, war das allerdings vielmehr ein Wunder.«, murmelte er und untersuchte sie weiterhin mit den Augen. Die Worgen fühlte sich etwas unbehaglich und zog sich etwas zurück, wobei die Decke einen Teil ihres Körpers entblößte. Verwundert sah sie mit großen Augen auf die große, verkrustete Narbe an ihrer Seite und an weitere Narben die an ihrem Körper hafteten. Sie runzelte ihre Stirn und hob verwundert ihre Klauen etwas auf, in welche sie starrte. »Was meint Ihr damit?«, fragte sie leise während ihre Gedanken versuchten einen Zusammenhang zu finden.             »Nun, Ihr habt drei Tage lang geruht und geschlafen. Es hätte böse für Euch enden können wenn der Druide und ich Euch nicht gefunden hätten.«, murmelte der Mann weiter und zog die Decke fürsorglich wieder fest um die Schultern der Worgen um ihren Körper zu bedecken.             »Was ist denn geschehen?«, fragte sie und zuckte mit ihren kleinen Ohren. Mit einem verwunderten Blick starrt sie verwirrt auf den Mann der seinerseits skeptisch die Augenbrauen zusammengezogen hatte. »Ihr wart von dem Sha befallen und dem Tod sehr nahe bevor man Euch überhaupt helfen konnte. Während Ihr befallen wart könnt Ihr Euch vermutlich an nichts erinnern.«, vermutete er und erhob sich wieder. Er ging wenige Schritte zurück durch den abgetrennten Raum und beugte sich zu etwas herab. Die Worgen ließ ihren matten Blick nachdenklich zu der Abtrennung schweifen. Die Decke wehte erneut auf und gab für kurze Zeit die Sicht auf den Rest des Raumes frei. Es musste ein kreisrundes Gebäude mit einem offenen Türrahmen sein, denn sie konnte auch aufgewirbelten Schnee sehen welcher kurz davor herumwirbelte.             »Ist Euer Name Struana?«, klang wieder die ruhige Stimme des Mannes der sich wieder zu der Worgen gedreht hatte. In seinen Händen hielt er eine Tasche. Die Worgen konnte den Geruch von abgewaschenem Blut und irgendwelchen Kräutern ausmachen. Sie sah den Mann ausdruckslos an der erwartungsvoll zu ihr herabblickte. »Ich...«, begann sie und ihr Blick wurde matt. »Ich weiß nicht.«, murmelte sie und senkte ihren Blick auf den Boden.             Der Mann runzelte seine Stirn, doch aufmunternd hockte er sich wieder zu der Worgen hinab, sodass sie ihn wieder ansehen musste. »An was könnt Ihr Euch denn noch erinnern? An etwas aus Eurem Leben? An etwas, was Ihr erlebt habt?«, fragte er weiter. Die Worgen schwieg zunächst und sie zog ihre Augenbrauen zusammen. Sie starrte auf ihre Klauen, doch scheinbar waren ihre Gedanken leer, sobald sie diese auf ihre Vergangenheit lenken wollte. »Ich... Ich habe ein paar Vorahnungen... Aber nichts sicheres...«, murmelte sie leise und matt. Als müsste sie es sich selbst erst eingestehen. Ahnungslos hob sie ihren Blick zu dem des Mannes. »Ich kann mich nur wage an etwas erinnern, an nichts das ich in Worte fassen kann.«             »Hmm...«, machte der Mann und legt die Tasche neben sich auf den Boden ehe er sich im Schneidersitz vor die Worgen setzt. Sein Rücken war dabei gerade und seine Hände in seinem Schoß gefaltet. »Auf dieser Tasche steht ein Name. 'Struana'. Diese Tasche habt Ihr zumindest bei Euch getragen als wir Euch gefunden hatten. Ihr seid vollends von dem Sha besessen gewesen.« Sein Blick ruhte auf ihr. »Ihr könnt mich übrigens Sevias nennen.«, beendete der Mann seinen Satz ruhig und lächelte schwach. Scheinbar schien er selbst mit der Situation überfordert zu sein. Er vermutete, dass entweder die komplette Übernahme des Shas dazu geführt haben musste, dass die Worgen ihr Gedächtnis verloren hatte, oder die heftigen Stöße gegen ihren Kopf. Der Fragende Blick der Worgen ruhte immer noch auf ihm. »Warum seht Ihr so anders aus als ich?«, fragte sie plötzlich. Es war ihr anzusehen, dass ihr die Frage etwas unangenehm war.             »Huh... Nicht einmal mehr das scheint Ihr zu wissen...«, murmelte Sevias und lehnte sich etwas zu Struana vor. »Nun, Ihr seid eigentlich genauso wie ich, ein Mensch. Doch Ihr seid mit dem Fluch der Worgen belegt. Ihr solltet in der Lage sein, Eure menschliche Form anzunehmen, doch ich kann Euch leider nicht sagen, wie Ihr das anstellen könnt. Dazu müsstet Ihr einen Gilneer befragen.«             »Gilneas...«, murmelte die Worgen und blinzelte einige Male. »Was?«, fragte Sevias und blinzelte ebenfalls aus seinen grünen Augen. »Gilneas. Das Wort ist mir gerade eingefallen. Was bedeutet es?«, fragte Struana nach und sah Sevias wissbegierig an. Sevias lehnte sich wieder etwas zurück. »Nun, Gilneas war früher ein Königreich. Es hat sich von Lordaeron und dem Rest der Welt abgeschottet. Doch der Fluch der Worgen ist über die Ländereien gezogen, egal wie viel sie dagegen gekämpft hatten. Irgendwann konnte die Gefahr nicht mehr gebannt werden. Gilneas, so heißt außerdem die Hauptstadt des Königreiches. Aus Erzählungen weiß ich, dass die Menschen gekämpft hatten um ihre Heimat aus den Händen der Verlassenen zurückzuerobern und auch Stellenweise damit Erfolg hatten, bis sie die Seuchen einsetzten.«             »In Gilneas gab es die schönsten Rosen.«, murmelte Struana und seufzte. »Der Fluch der Worgen. Ich erinnere mich schleierhaft. Ich glaube, dass die Nachtelfen den Gilneern geholfen hatten mit einem Ritual.«             »Richtig.«, sprach Sevias und rückte näher an die Worgen heran. »Könnt Ihr Euch an noch etwas erinnern?« Struana schwieg und hob ihre Lefzen als sie auf den Boden starrte. »Wir sind mit merkwürdigen Schiffen abgereist. Große, langohrige Wesen...«, sie brach ab und schüttelte ihren Kopf. »Die Reise über das Meer, doch mehr ist nicht da.«, murmelte sie leise und hob ihren Blick wieder zu Sevias.             »Vielleicht wird das noch kommen, wenn Ihr Euch etwas mehr Zeit gebt.«, sprach Sevias merkwürdig sanft und lächelte ihr aufmunternd zu. »Das ist schon sehr viel gewesen, dafür dass Ihr vor wenigen Minuten noch nicht einmal mehr Euren Namen wusstet.« Die Worgen seufzte und schnippte mit ihren Ohren. Sie verschloss ihre Augen, ehe sie diese nach mehreren verstrichenen Atemzügen wieder öffnete. »Ich kann nicht zum Menschen werden.«, murmelte sie leise.             »Vermutlich liegt das mit Eurem Gedächtnisverlust zusammen, Struana. Ihr müsst Euch etwas Zeit geben. Eure Gestalt des Worgen ist nicht schlimm, sie wird sogar in der heutigen Zeit sehr gut von der Allianz akzeptiert.« Die Worgen verengte ihre Augen. »Allianz?«, fragte sie leise nach doch Sevias hob abwehrend seine Hand. »Eines nach dem anderen, Struana. Ich werde Euch alles erzählen, doch ich muss Euch bitten zu versuchen Euch an etwas zu erinnern, was Ihr hier in Pandaria getan habt. Wie es dazu gekommen ist.« Die Worgen verengte ihre Augen, nicht aus Misstrauen, sondern vor Zwiespalt. »Ich würde Euch gerne sagen, was Ihr hören möchtet.«, begann sie zu sprechen mit ihrer kratzigen, tiefen Stimme, die dennoch weiblich klang. »Doch ich erinnere mich an nichts. Es ist als wäre es eine Blockade.«             Sevias nickte sachte. »Ein Druide und ich haben Euch gefunden. Ihr wart wie in einem Bann. Ihr habt tobsüchtig agiert und uns ohne Kontrolle angegriffen. Ihr wart von dem Sha besessen, vermutlich da Ihr sehr viele, negativen Gefühle mit Euch herumgetragen habt. Doch ich kann mir nicht erklären wie es zu dieser drastischen Erschütterung in Euch kommen konnte, dass Ihr Euch völlig verloren habt. Nachdem der Druide - sein Name ist Gilean - und ich Euch... etwas beruhigen konnten, hat er Eure Wunden geheilt und ich habe das Reinigungsritual durchgeführt. Dadurch wurde das Sha aus Euch gebannt. Er half mir auch Euch hierher zu bringen. Wir befinden uns am Tempel des Weißen Tigers. Der Druide hat sehr viel zu Eurer Genesung beigetragen. Auch wenn er gerne bei Euch geblieben wäre, musste er fort um etwas zu erledigen. Doch letztendlich verdankt Ihr es vermutlich ihm, dass Ihr überhaupt noch am Leben seid.« Die grünen Augen des Mannes lagen auf der Gestalt von Struana die ihm aufmerksam lauschte und vermutlich versuchte alles was er ihr erzählte irgendwie einzuordnen. Dass sie von den Unmengen des Blutes welches an ihrem Fell geklebt hatte gereinigt wurde, ließ er aus. Die Priesterinnen des Tempels hatten diese Aufgabe sehr sorgfältig gemacht.             Die Worgen ließ ihren Blick über Sevias schweifen. Vieles aus ihrer frühen Vergangenheit, zum Beispiel die Erinnerungen an Gilneas waren wieder da. Sogar einige Orte erschienen schemenhaft und als schwache Erinnerungen vor ihrem geistigen Auge. Doch was sollte sie nun machen? Sie kannte diese Welt in der sie lebte kaum. Sie fühlte sich einerseits hilflos, da sie mit den ganzen Informationen nichts anfangen konnte, und andererseits fühlte sie sich als würde sie einer Herausforderung gegenüber stehen. Einer Herausforderung der sie gewachsen sein würde. Sie war merkwürdig zuversichtlich wenn sie an ihre derzeitige Lage dachte. Immer noch erschienen ihr die Geschehnisse ihrer jüngsten Vergangenheit wie ein undurchdringbarer Schatten. Ein Rätsel. Doch sie wusste nicht genau ob sie dieses Rätsel überhaupt lösen wollte.             Der Mann erhob sich und ging wieder zurück zu der Ecke. Er hob von dem Boden etwas auf und legte es vor der Worgen auf den Boden. Sie starrt darauf und entfaltet die Kleidungsstücke. Es war eine einfache, braune Stoffhose und eine rote Stoffbluse. »Das sollte fürs erste seinen Dienst tun.«, sprach der Mann und lächelte ihr zu. »Danke.«, entkam es Struana, doch ihr Blick wurde etwas traurig. »Ich weiß nur nicht, was ich nun als nächstes machen soll.«, murmelte sie und ließ ihren Blick auf die Kleidung in ihren Pranken wieder sinken.             »Nun, wenn Ihr nicht wisst, was Ihr als nächstes tun sollt, könnt Ihr auch eine Zeit lang mit mir Reisen. Ich werde versuchen Euch Eure Fragen zu beantworten, so gut ich kann. Ich kann versuchen Euch zu helfen wieder zu Euch selbst zu finden, doch ich kann Euch nicht versprechen, erfolgreich zu sein. Ich kann mein bestes geben um Euch zu zeigen, wie Ihr in der Welt zurechtkommt, doch dies ist nur ein Angebot.«, sprach Sevias und der Blick der Worgen hob sich wieder zu dem Gesicht des Mannes. Sie hob ihre Lefzen, doch ihr Gesichtsausdruck war entspannt. »Es wäre für das erste das Vernünftigste, oder?«, murmelte sie und nickte. »Ich werde versuchen Euch nicht zur Last zu fallen.«             Sevias winkte ab. »Ich glaube nicht, dass Ihr das schaffen werdet.«, murmelte er schmunzelnd. »Ich wurde darin gelehrt geduldig zu sein.«             »Was wird demnach unser erstes Ziel sein?«, fragte Struana, nachdem sie Sevias dankbar zugenickt hatte. Sevias kratzte sich am Kopf, wodurch seine blonden, kurzgeschnittenen Haare kurz in Bewegung gerieten. »Nun, unser erstes Ziel ist der Schrein der Sieben Sterne hier in Pandaria. Er liegt nicht weit von hier entfernt. Dort muss ich noch etwas erledigen.« Struana sah wieder etwas verständnislos drein, bis Sevias lächelnd hinzufügte. »Pandaria ist dieser Kontinent auf dem wir und derzeitig befinden. Der Schrein der Sieben Sterne ist sozusagen eine Hauptstadt, ein Sammelpunkt für die Pandaren, das Volk von Pandaria und auch die Mitglieder der Allianz.«             Struana sah Sevias einige Sekunden lang Stumm an, ehe sie leise fragte. »Entschudligt, Ihr habt die Allianz zuvor schon erwähnt. Wer ist das?«             Sevias seufzte leise, doch lächelte er sanft dabei. »Das wird ein langer Abend.«, murmelte er scherzhaft, doch beantwortete ruhig Struanas Frage.                   Die gelben Augen des graumähnigen Worgen funkelten in der frühabendlichen Sonne, die über den Bergketten hing und in wenigen Momenten untergehen müsste. »Das Sha ist aus diesem Grund nicht zu unterschätzen. Die Gefahr die von ihm ausgeht, sollte gebannt werden solange man noch die Möglichkeit dazu hat. Die Auswirkungen dessen was die jüngsten Beobachtungen bestätigten ist nur ein Bruchteil dessen, was uns noch bevorstehen kann. Es bleibt abzuwarten wie fatal die Ausbreitung des Shas sein wird, wenn erst einmal die Kriegstreiber der Horde und der Allianz Pandaria betreten haben.«             Gilean nahm einen tiefen Atemzug in dem sein ernster Blick über Veoran, Dlatego und Emiress schweifte. »Wir können das Sha nicht einschätzen, sondern nur Vermutungen aufstellen. Aber die Tatsache, dass Konsequenzen folgen werden, bleibt. In welchem Ausmaß diese auftreten werden, ist abzuwarten.«             Die gelben Augen des Worgen fassten Veoran nun direkt ins Auge, der nach wenigen Minuten des Vortrags den der Druide präsentierte eine sehr nachdenkliche Miene aufgesetzt hatte. Der Worgen dankte in seinen Gedanken der Hexenmeisterin Marcina, die ihm die Fakten und Tatsachen über das Sha geliefert hatte. Er musste nach wie vor über ihre unübertreffbare Affinität zu diesem Thema staunen. Gilean sah zu Ryfang, Weramor und Holora, die allesamt ernste Mienen aufgesetzt hatten während sie lauschten. Ihre Blicke hingen allesamt gespannt auf den Paladin und ab und an auch auf Ace und Fogon die etwas Abseits auf dem Boden saßen. Der Nachtelf der eine Pelzrobe trug grummelte etwas in seinen Schnauzbart hinein, wo hingegen Ace zustimmend nickte. Was die beiden betuschelten, konnte er nicht sagen.             Die Unruhe, die über Ryfang, Weramor und Holora lag war deutlich zu spüren und auch Gilean selbst glaubte dass ihm an manchen Stellen seines eigenen Vortrags das Fell zu Berge gestanden hatte. Vermutlich waren sie alle vier so gespannt auf das Urteil von Veoran, weil sie die Auswirkungen des Shas im Tempel der Jadeschlange den sie vor einem Tag betreten hatten mit einen Augen gesehen hatten. Sie waren alle fest entschlossen, etwas gegen die Ausbreitung zu unternehmen.             Die untere Terrasse des Schreins der Sieben Sterne war für gewöhnlich kein besonders ruhiger Ort in dem man eine Versammlung abhalten konnte. Doch es war ein Ort des Schreins dem am wenigsten Aufmerksamkeit geschenkt wurde. Die meisten gingen an der unteren Terrasse vorbei direkt die beiden Wendeltreppen nach oben. So konnten sie zwar einige Wortfetzen erhaschen, aber nie mehr. Und anscheinend war für die anwesenden Pandaren das was sie hier zu diskutieren hatten für sie nicht wirklich von Bedeutung oder - und das vermutete Gilean viel mehr - sie wussten es bereits. Lediglich ab und zu stoppte ein besonders neugieriger Angehöriger der Allianz und lauschte für einige Sekunden bis ihnen jedoch wieder einfiel, was sie eigentlich vorgehabt hatten.             Dlatego murrte Emiress etwas zu während sich Veoran erhob. Sein fester Blick ruhte auf Gilean als er vortrat. »Auf welche Beweise stützt sich Euer Bericht, Gilean?«, fragte der Paladin ruhig. Der Worgen hielt dem durchbohrenden Blick des Mannes stand und straffte seine Schultern ohne dabei eingebildet oder überheblich zu wirken. Gilean hatte diese Eigenschaft an sich, dass man seine Gedanken nicht wie ein offenes Buch lesen konnte wenn man ihn einfach nur ansah. Nicht viele konnten sagen, was er gerade dachte. Der Worgen wog seine Worte sorgfältig ab ehe er einen tiefen Atemzug nahm um zu antworten. »Eine Freundin untersuchte seitdem sie hier in Pandaria ist das Sha. Sie ist sehr sorgfältig mit ihren Studien und aufmerksam was diese Thematik angeht. Außerdem...«, begann er sogleich ohne jemanden die Frage stellen zu lassen wer genau diese Freundin denn war. Niemand musste wissen wer Marcina war oder woher er sie kannte. »Das jüngste Ereignis in dem ein Angehöriger der Allianz selbst, von dem Sha komplett übernommen wurde und sich selbst vergaß hatte sich vor zwei Tagen nicht weit vom Tempel des Weißen Tigers ereignet. Euer Bekannter und ich konnten die Worgen nur mit Mühen wieder zur Besinnung bringen und das Sha aus ihr reinigen. Ihr könnt Sevias zu diesem Thema gerne befragen. Wenn Euch dies immer noch nicht genügen sollte, dann schlage ich vor, dass Ihr in den Jadewald reist. Das Schlangenherz und der Tempel der Jadeschlange werden nie wieder zu ihrer ehemaligen Anmut finden, aber wenn ihr diese Gebiete mit dem Rest des Jadewaldes vergleicht, werdet Ihr sofort erkennen welche Macht das Sha ausüben kann.«             Der Paladin sah nachdenklich in Gileans gelbe Augen. Er sah so aus als wollte er etwas erwidern. Doch Gilean wusste nur zu gut dass er nichts gegen seine Aussagen hätte argumentieren können. Der Worgen hatte weder die Befehlsgewalt des Gildenmeisters angezweifelt noch hatte er ihm einen Befehl gegeben oder hatte unhöflich gesprochen. Der Hexenmeister hob seinen Kopf, doch man konnte nur die feinen, grünen Teufelsenergieschwaden erkennen die aus dem Dunkel hervor glühten welche stetig vor seinen Augen schwebten. »Es ist nicht nur der Tempel der Jadeschlange, der von dem Sha befallen wurde.«, erklärte er nüchtern, als würde er von etwas ziemlich belanglosem sprechen.             Gilean zuckte mit seinen spitzen Ohren und hob seinen Blick zu Ace während Veoran über seine Schulter zurückblickte. »Der Tempel des Roten Kranichs in der Krasarangwildnis wird ebenfalls von einem Bruchteil des Shas heimgesucht. Verzweiflung, soweit ich das richtig beurteilen kann.« Der Hexenmeister drehte daraufhin seinen Kopf zur Seite und hob seinen Blick. Fogon sah ebenfalls in die Richtung und Gilean bemerkte dass auch die Blicke von Holora, Ryfang und Weramor auf den Neuankömmling lagen der gerade durch die Terrasse des Schreins ging. Sie saßen am äußersten, weswegen sie als erstes ihren Blick zu ihm erhoben hatten. Veoran wand sich ebenfalls um und seine Gesichtszüge wurden nachdenklich.             Sevias ging leichtfüßig und gleichzeitig mit einem schnellen Schritt durch die Terasse und hielt am äußeren Ende inne. Dlatego erhob sich daraufhin sogleich und ging seinem Freund entgegen. »Da seid Ihr ja wieder Sevias. Erzählt was Ihr zu berichten habt.«, raunte er dunkel. Doch seine Stimme war weniger von Zwietracht geprägt, sondern vielmehr von Sorge. Der junge Mann nickte Dlatego zu und hob seinen Blick zu Veoran und Gilean. Die Manifestation des Shas des Zorns verpestet die Region der Kun-Lai Gipfel. Einzelne Dörfer wurden verseucht, ebenso wie ihre Bewohner. Sogar die Pandaren selbst, die ein harmonisches Leben pflegen. Nicht einmal sie sind vor dem Geflüster des Shas des Zorns sicher. Diese Manifestation des Zorns ist besonders groß und ich denke dass es auf die häufigen Konflikte zwischen der Horde und der Allianz zurückzuführen ist. Wer seine Gedanken nicht unter Kontrolle hat, wird die Stimmen hören die in der Luft um den Kun-Lai wehen.«             Der Blick des Schurkens wurde ernst während der Mönch seinen Bericht beendete. Dlatego schluckte und suchte mit seinem gesunden Auge ein Anzeichen auf den Gesichtszügen des jungen Mönches die ihm verrieten, dass Sevias übertrieb. Doch nach mehreren Sekunden der Stille musste der Schurke einsehen, dass die Ausbreitung des Shas bereits jetzt sehr weit vorrangeschritten war. Veoran rührte sich nicht, er wirkte etwas abwesend, woraus Gilean schloss, dass der Paladin über strategisch kluge Züge nachdachte. Der Worgen wartete noch einige Sekunden, ehe sich die aufgekommene Stille zu lange ziehen konnte. »Wird die Mondsucht handeln, oder werden wir unsere Hände in den Schoß legen und abwarten, bis das Sha nicht mehr bezwungen werden kann?«             Veoran wand sich zu ihm um und sah ihm mit zusammengezogenen Augenbrauen entgegen. Doch Gilean sah nur nüchtern zurück. Diese offene Herausforderung wollte er nicht anstacheln, jedoch war sie in dieser Situation notwendig. Zu viele Gedanken konnten die Sicht auf das wesentliche verschleiern. Doch der Blick des Paladins entspannte sich langsam und wurde wieder nachdenklich ehe er sprach: »Die Mondsucht wird handeln. Wir wissen nicht wie weit es sich ausbreiten kann. Außerdem sind wir nur Gäste auf diesem Kontinenten. Doch bereits jetzt kämpfen wir an mehreren Fronten und ich vermag nicht einschätzen zu können an welcher wir zuerst zuschlagen sollten.« Gilean hob seine Lefzen und seine gelben Augen lagen weise auf Veoran. »Ihr habt die Mondsucht in der Vergangenheit immer gut geführt, Veoran. Ich bin zuversichtlich, dass sich daran nichts geändert hat. Wenn Ihr meine Hilfe der Informationen betreffend, taktische erste Züge oder diplomatischen Regelungen hier in Pandaria in Anspruch nehmen möchtet, werde ich Euch mit Freuden unterstützen.« Gilean bemerkt wie er sich selbst entspannte und ebenfalls Ryfang, Weramor und Holora. Sie waren an dieser Versammlung wohl am angespanntesten gewesen. Der Paladin nickte. »Ich nehme Euer Angebot an. Jedoch möchte ich mich mit diesem Kontinenten in den kommenden Tagen etwas vertraut machen.« Sein Blick ruhte auf Emiress und Dlatego. »Werdet ihr mich begleiten?«, fragte er ruhig.             Die Priesterin neigte ihren Kopf und auch Dlatego nickte ohne zu zögern. »Natürlich. Jedes Wissen kann in diesem Konflikt wertvoll sein.«, erwiderte er. Veoran hob seinen Kopf und ließ seinen Blick über die Mitglieder der Gilde schweifen. »Die Versammlung ist somit beendet. Wir werden wieder zueinander finden. Haltet Euch in der nächsten Woche bereit Informationen für unser nächstes Vorgehen zu erhalten. Die Mondsucht wird handeln.« Mit diesen Worten warf er Emiress und Dlatego einen Blick zu, ihm zu folgen. Er ging an Sevias und den restlichen Mitgliedern der Mondsucht vorbei hinaus aus der unteren Terrasse des Schreins und stieg mit ihnen die Wendeltreppe nach oben. Die anderen erhoben sich ebenfalls. Fogon wandelte sich in seine Katzengestalt und preschte ohne weitere Worte davon, während Ace ebenfalls die Wendeltreppe nach oben stieg. Holora, Weramor und Ryfang tuschelten leise miteinander während Gilean auf Sevias zuging.             Sein ernster Blick ruhte auf dem blonden Mann der ihm mit einem Lächeln auf den Lippen begrüßte. »Ihr seid zur rechten Zeit gekommen um Euren Bericht abzuliefern.«, murrte der Worgen während er den Mönch musterte. »Natürlich. Die Neuformation der Mondsucht wollte ich mir nicht entgehen lassen.«, entgegnete Sevias und lächelte ruhig.             »Was ist aus der Gilneerin geworden?«, begann Gilean etwas zögernd und verengte seine Augen leicht. »Hat sie überlebt?« Er wäre gerne bei ihr geblieben, immerhin war sie eine Angehörige seines Volkes. Gilneer gab es nicht mehr sehr viele und es bedrückte den Worgen, dass gerade sie von dem Sha so sehr betroffen worden war. Sevias nickte und deutete hinter sich. Gilean hob seinen Blick und erkannte nach mehreren Sekunden die Worgen. Sie trug ein rotes Hemd und eine braune Hose während ihr Blick ruhelos in ihrer Umgebung umherwanderte. Sie machte einen sehr nachdenklichen Eindruck. Gilean konnte keine Spur von Unruhe erkennen.             »Sie hat ihr Gedächtnis verloren.«, begann Sevias und Gilean senkte seinen Blick wieder zu ihm hinunter. »Sie hat entschlossen fürs erste mit mir zusammen zu reisen um mehr über sich selbst zu erfahren und über diesen Kontinenten.«             Gilean schnaubte. »Sie hat ihr Gedächtnis verloren?«, fragte er und grunzte als er sich daran zurückerinnerte wie schwer sie letztendlich verletzt gewesen war, ehe er mit der Heilung und Sevias mit dem Ritual beginnen konnte. Sevias nickte. »Sie kann sich manchmal an wage Umrisse aus ihrer Vergangenheit erinnern, aber es ist so gut wie nichts. Ich kann nur hoffen, dass es mit der Zeit mehr werden wird, aber ich kann es nicht mit vollkommener Sicherheit sagen.«             Der Mönch drehte sich zu der Worgen um die irgendetwas auf dem Boden betrachtete, ehe sie sich vorbeugte und es aufhob, was Gilean nicht erkennen konnte. Der nichtssagende Blick von Gilean lag auf der Worgen. »Durch das Ritual wird sie nie mehr von dem Sha oder anderweitigen psychischen Einflüssen befallen werden, da ihr Körper vollständig geläutert wurde. Es ist unnormal dass dieser Effekt auftritt, doch ich vermute dass es daher kommt, dass sie auch komplett von den Einflüssen des Shas verschlungen worden ist. Möglicherweise sind es Nachwirkungen des Rituals oder ich habe bei diesem Ritual einen... Fehler gemacht. Ich bin mir nicht sicher warum oder wieso, vielleicht wird sich diese Frage auch irgendwann klären.« Gilean sah weiterhin zu der Worgen die keine Notiz von dem Schrein oder dessen Bewohner nahm. Als würde sie diese überhaupt nicht beachten stand sie demonstrativ mit dem Rücken zum Schrein der Sieben Sterne. »Ich werde aufbrechen.«, sagte Sevias und Gilean senkte seinen Blick zu ihm hinunter.             »Gewiss. Sichere Pfade, Sevias.« Der Mönch verbeugte sich förmlich und sah Gilean in die gelben Augen. »Danke. Euch wünsche ich viel Glück bei Eurem Unterfangen mit dem Sha und der Mondsucht.« Der junge Mann wand sich daraufhin ab und schritt leise auf die Worgen zu die vor dem Schrein wartete. Sie wand sich ihm zu und nickte kurz, ehe sie sich mit Sevias umwand und beide langsam davongingen. Gilean konnte nicht anders als an diese merkwürdige Worgen zu denken. Wäre sie nicht gewesen hätte ihm unter Umständen ein wichtiger Beweis gefehlt um Veoran zu überzeugen die Mondsucht wieder zu formieren. Möglicherweise war es genau dieses Opfer welches gebracht werden musste, damit die Steine ins Rollen gekommen waren. Nach wie vor geisterte ihm die Frage durch den Kopf, was diese Worgen wohl erlebt haben musste damit sie so sehr von dem Sha befallen worden war. Nun hatte sie ihr Gedächtnis verloren. Möglicherweise war es besser so, doch er vermochte dies nicht zu beurteilen.             Der Blick das Worgen glitt zu Weramor und Ryfang. Sie lachten laut auf während hingegen Holora anfing in einem herrischen Redeschwall jegliche Argumente zu unterbuttern. Gilean hob seine Lefzen. Ohne sie hätte er ebenfalls nicht die Beweise liefern können. Er war stolz treue Freunde zu haben die ihm sogar durch die Hölle selbst folgen würden. Der Ausflug in den Tempel der Jadeschlange hatte die Vier nur noch mehr zusammengeschweißt. Angenehm erleichtert seufzte Gilean und dankte in Gedanken allen Mitgliedern der Mondsucht die zu dieser Versammlung erschienen waren und auch etwas dazu beitragen konnten. Doch die Erleichterung in seiner Brust würde nicht von langer Dauer sein. Ein Gefühl der Anspannung umschlang sein Herz und schnürte seine Lungen zusammen. Er öffnete seine Augen und starrte auf die Decke der oberen Terrasse des Schreins, die sich direkt über ihm befand. »Die Zeit wird uns zeigen, was uns bevorsteht.«, murmelte er leise vor sich hin. Niemand hatte seine Worte vernommen. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)