Vitamin B(lood) von Yuki-Swan ================================================================================ Kapitel 1: Von Zecken und Erdnussbutter mit Bierschinken -------------------------------------------------------- „Mireen! Hey, Mireen! Jetzt warte doch mal!“ Das bringt mich nur noch mehr in Rage, du Genie. Und erstrecht nicht zum Anhalten. Ich weiß ja nicht, was sich meine Eltern gedacht haben, mich so zu nennen, wahrscheinlich hatte meine Mutter grade irgendeinen irisch-schottischen Tick, nachdem sie von ihrem Urlaub in Aclare, irgendeinem kleinen Kaff im Nordwesten Irlands zurückgekommen ist und hat mich in ihrer Begeisterung nach der alten Bed & Breakfast-Tante benannt, bei der sie gewohnt hat... Wer weiß schon, was im Hirn meiner Alten vorgegangen ist. Jedenfalls hasse ich diesen Namen. „Mensch Ree, jetzt bleib endlich stehen!“ Wütend fahre ich herum und funkle meinen Gegenüber bitterböse an. „Jetzt hör mir mal zu, Herr 'Ich brauch meinen Freiraum'. Ich glaube wir missverstehen uns hier ein bisschen. Unter 'Freiraum' verstehe ich, dass man mal Zeit alleine mit seinen Freunden verbringt. Dagegen hab ich ja nichts. Aber wenn du mit 'Freiraum' meinst, dass du mit meiner besten Freundin vögelst und dann noch von mir verlangst, dass ich das erstens akzeptiere und zweitens beim nächsten Mal mitmach, dann kannst du mir mal gehörig den Allerwertesten lecken. Ich bin deine Freundin und nicht deine kleine Gelegenheitshure!“ Okay, ihr bekommt grade ein völlig falsches Bild von mir. Eigentlich kann ich mich mehr meines Alters entsprechend ausdrücken, gepflegter und weniger... aggressiv. Immerhin bin ich ja eigentlich 23. Aber darauf hab ich grade keinen Bock. Ich will mich einfach mal so benehmen, wie ich aussehe: Wie ein Teenie. „Ree, mach mal langsam, du übertreibst doch völlig... Und schrei mal ein bisschen leiser, hier kann uns doch jeder hören.“ „Sollen sies doch hören. Soll doch jeder hören was für eine hormongesteuerte Spermaschleuder du bist. Und jetzt hör auf mir nachzurennen, sonst werd ich richtig böse. Glaub mir, das willst du lieber nicht erleben. Das mit uns war mal, Blake. Und jetzt verpiss dich.“ Damit dreh ich mich wieder um und stolziere weiter, um einen möglichst eleganten Abgang bemüht. „Schön. Dann wars das eben, du intolerantes Miststück. Fahr doch zur Hölle!“ Bei diesen Worten durchzieht ein leichtes, ironisches Lächeln mein wutverzerrtes Gesicht. Zur Hölle fahren? Den Scheiß hab ich schon seit vier Jahren hinter mir. Damals war ich achtzehn, stand kurz vor meinem neunzehnten Geburtstag. Und dann, liebe Freunde, hab ich mal eben so aufgehört zu altern. Naja nicht einfach so aber... Kurz gesagt ich bin zu meinem größten Albtraum geworden. Kennt ihr das, wenn eure Freundinnen euch mit in einen Film schleifen, den ihr garnicht sehn wollt, weil ihr genau wisst, dass er euch definitiv ankotzen wird? Genau so gings mir damals, als sie mich in den ersten Teil von der Twilight-Reihe schleppten. Ich hab die Story gehasst. Ich meine... Das ist so ziemlich die schlechteste Mainstream-Lovestory der Welt. Und... Der Kerl glitzert. Wenn das nicht schon Zeichen genug ist. Jedenfalls hasse ich Vampire und diesen ganzen Hype um sie, der immernoch läuft. Das Dumme an der ganzen Sache: Ich bin einer davon. Also nicht von den Fangirlies, Satan bewahre. Nein. Eine lebensechte Vampirin oder Vampirina wie es ja richtig heißt. Und nein, ich glitzere nicht. Ich weiß ja nicht, ob diese Stephenie Meyer eine blühende, kranke Fantasie hat oder einfach nur aufs Übelste unterinformiert ist, aber glitzernde Vampire sind so absurd wie Erdnussbutter mit Bierschinken. Und glaubt mir, das ist wirklich widerlich. Und dass man für den Preis, dass man ne lebendige Discokugel spielt, gefahrlos in die Sonne kann ist auch reinstes Wunschdenken. Zumindest für die meisten von uns. Unter anderem auch für mich. Ich bin eine Vampirina, aber nicht so eine gewöhnliche, langweilige. Die normalen Vampire hören einfach auf zu altern, nuckeln jeden Tag brav ihre ein bis zwei Menschen aus und machen ansonsten alles ganz normal. Sind normale Menschen ohne irgendwelche Fähigkeiten, vegetieren einfach bis in alle Ewigkeit vor sich hin. Mal abgesehen davon, dass sie eben wirklich noch normal leben können, soll heißen mit Sonne und allem. Die pflanzen sich auch noch ganz traditionell mit Bissen fort und so. Und dann gibts noch Vampire wie mich. Das mit dem Infizieren geht da unter Umständen auch etwas... anders. Aber dazu später. Kurz gesagt: Von den Fähigkeiten sind wir den Menschen weit überlegen. Auch die besonderen Vampire spalten sich nochmal in verschiedene Gruppen, die sich alle durch unterschiedliche Fähigkeiten und deren Ausprägung unterscheiden. Ein paar sind jedoch bei allen gleich: Kraft, Geschwindigkeit, extrem geschärfte Sinne und Charme. Darüber hat sich die Twilight-Tante wohl informiert, auch wenn sie die hohe Regenerationsfähigkeit durch Unverwundbarkeit ersetzt hat. Ich für meinen Teil bin eine Rheoli. Das ist Walisisch. Ein komischer Tick von den ganz hohen Tieren. Die ersten unserer Art haben wohl irgendwo in Wales gelebt und deswegen werden einfach alle speziellen Vampirarten nach ihren spezifischen Eigenschaften auf Walisisch benannt. Sehr kreativ, muss man schon sagen... Rheoli bedeutet jedenfalls so etwas wie 'Kontrolle' und drückt einfach gesagt aus, dass wir uns umgebende Lebewesen mit unseren Gedanken manipulieren und kontrollieren können. Sei es nun, sie dazu zu bringen, das zu tun, was wir wollen oder ihnen vollkommen neue Erinnerungen und Gedanken einzupflanzen. Das ist aber nicht so cool und erstrecht nicht so einfach, wie es sich anhört... Immerhin ist das menschliche Gehirn das verrückteste Gewirr, das es auf der Welt gibt. Wenn man es aber erstmal draufhat, sollte man das ganze lieber nicht unterschätzen. Von uns Rheoli gibt es auch nicht viele, da die Infektionschancen etwa bei 15 % liegen, wenn man... Naja wie gesagt, zur Methode komm ich später noch. Wir sind also ein eher kleiner und schwacher Stamm. Und der Haken an der ganzen Kontrolle-Sache: Bei direkter Sonneneinstrahlung ist man nach etwa drei Minuten ein Häufchen Asche. Schatten geht klar, ist aber schon ein bisschen schmerzhaft... Dämmerungen sind in Ordnung und die beste Zeit ist nunmal nachts, was aber heutzutage ja kaum noch zu bewerkstelligen ist in der modernen Gesellschaft. Immerhin schlafen die meisten nachts und nen vernünftigen Job bekommt man da auch nicht. Und die Highschool findet auch nicht nachts statt. Zumindest hab ich noch keine gefunden. Das heißt für mich: Immer schön im Schatten halten und die Zähne zusammenbeißen. Immerhin muss man als Mädchen meines 'Alters' ja schön brav die Schulbank drücken. Was meine Eltern darüber denken, dass ich immernoch an der Highschool bin, obwohl ich ja mittlerweile 23 sein müsste? Nun, wenn sie was davon wüssten, wären sie wahrscheinlich recht enttäuscht. Aber mal ehrlich, wie soll ich denn bitte bei meinen Eltern bleiben? Irgendwann würde ja wohl auffallen, dass ich immernoch aussehe, als wäre ich ein frisch gebackener Senior. Unter anderem auch deshalb hasse ich es, eine Vampirina zu sein. Nach ein paar Jahren muss man sämtliche Kontakte abbrechen. Und da meine Eltern mich das nicht einfach so hätten machen lassen, musste ich zu drastischeren Mitteln greifen. Kurz gesagt: Ich bin gestorben. Also für sie. Es war eigentlich ganz leicht. Spazieren gehen, unvorsichtig die Straße überqueren und direkt in ein 'unbemerktes' Auto rennen. Recht schmerzhaft, ne Menge Blut und gebrochen Knochen aber dank meiner Hyperregeneration war das schnell wieder in Ordnung. Vitalfunktionen hab ich sowieso nichtmehr, ich wurde also als klinisch tot angesehen und das wars. Ein bisschen tat es schon weh, meine Eltern bei meiner Beerdigung weinen zu hören... Und meinen damaligen Freund. Ihn würde ich wohl am meisten vermissen... Während ich so durch die Straßen stapfe, verfliegt meine Wut und machte meinen Verlustgefühlen Platz. Eine einzelne Träne rollt aus meinem Augenwinkel heraus über meine Wange und tropft dann von meinem Kinn in meinen Ausschnitt. Wenigstens das Stückchen Menschlichkeit habe ich mir noch bewahrt... Jayden war so viel besser als dieses Stück Scheiße Blake. Aber ich konnte es ihm nicht erzählen. Die anderen Rheoli oder eher alle anderen Vampire hätten mich in der Luft zerissen. Und das meine ich wörtlich. Er hätte es mir wohl sowieso nicht geglaubt... Ich hab es ja selber nicht glauben wollen, als ich damals neben Carter aufgewacht bin, er mich mit spitzen Zähnen angegrinst hat und mir sagte, ich sei jetzt eine von ihnen. Die Verwandlung tut eigentlich garnicht weh. Im Gegenteil, es ist, als würde man schlafen, was meistens in etwa ein bis zwei Tage dauert. Es war mitten in der Nacht, der Mond schien sanft durch die Fenster in Carters Zimmer auf die schneeweißen Bettlaken und tauchte die ganze groteske Szenerie in ein silbriges Licht. Ich lag auf dem Rücken, sanft zugedeckt mit einer dünnen, ebenso weißen Decke, wie eine eben erst aufgebahrte Leiche, als ich die Augen als frisch gebackene Vampirina aufschlug. Neben mir an der Bettkante saß Carter. Ich blickte mich um, während mir jedes Detail übermäßg genau ins Auge sprang, die einzelnen Wollfäden der Decke, jede Reflektion des Mondlichts in Carters Augen und der kleine Tropfen Blut, der langsam von seinem Mundwinkel aus in Richtung Kinn wanderte. „Was... wo...“ „Willkommen im Stamm, Mireen.“ Sein Lächeln war noch immer so sanft und beruhigend, wie das letzte Mal, als ich es gesehen hatte, doch seine Worte ergaben für meine Ohren keinen Sinn. „Stamm? Was...“ Seufzend strich er sich eine seiner dunkelbraunen, beinahe schwarzen Haarsträhnen aus dem Gesicht und sah mich ein wenig ungeduldig an. „Du erinnerst dich, was vor zwei Tagen passiert ist?“ Vor zwei Tagen? Was redete der da? Den Abend zuvor war ich mit Carter ausgegangen, nachdem ich einen heftigen Streit mir Jayden hatte. Wir waren in irgendeinem Club, in den er mich irgendwie reingeschleust hatte und... Ich hatte ordentlich getrunken und dann... Mit einem Ruck saß ich ihm Bett. Ich hatte mit Carter geschlafen. Ich hatte mich einfach von ihm abfüllen und dann durchvögeln lassen, aus lauter Frust über den Streit mit Jayden. Ich wusste noch, dass mir ganz schwummrig vom Alkohol war, Carter mich mit zu sich nach Hause genommen und sich dort ein bisschen um mich gekümmert hatte... Und dann, als er grade seinen treudoofen Dackelblick aufgesetzt hatte, hatte ich ihn einfach geküsst. Ich meine... welche achtzehnjährige, hormongesteuerte Frau kann schon schmachtenden, schokobraunen Augen widerstehen? Vorallem unter Alkoholeinfluss... Auch wenn es, im Nachhinein zugegeben, echt verdammt gut war... Was mein schlechtes Gewissen nicht sonderlich beruhigte. Kurz darauf war ich dann in Carters Armen eingeschlafen... Aber das war erst gestern und nich vor zwei Tagen. Oder... „Wie lange hab ich geschlafen, Carter?“ „Seit du nach dem Sex eingeschlafen bist. Und jetzt... bist du soweit.“ Moment mal, ich hatte zwei volle Tage geschlafen? „Was meinst du mit 'Ich bin soweit'?'“ „Naja, du bist eben soweit. Deine Verwandlung ist vollendet. Du bist jetzt eine echte Vampirina.“ „Eine... eine WAS bitte?“ „Eine Vampirina.“ Noch immer ruhig und vollkommen gelassen lächelte mich Carter an. Was ich von mir nicht gerade behaupten kann. Ich war gerade richtig sauer. „Erst füllst du mich ab, legst mich dann besoffen flach und jetzt willst du mich auch noch verarschen? Sag mal hast du sie noch alle?“ Ich schrie ihn schon halb an, doch davon ließ sich dieser Mistsack nicht beeindrucken. „Wenn du mir nicht glaubst, dann probier doch mal morgen früh, in der Sonne spazieren zu gehen. Ach, und ist dir noch garnicht dieses unangenehme Gefühl in der Kehle aufgefallen? Die meisten verlieren erstmal den Verstand, nachdem ich sie gewandelt habe.“ Unangenehmes Gefühl? Wollte der mich jetzt endgültig... Doch ich kam nicht dazu, den Gedanken zuende zu denken, denn im nächsten Moment fühlte es sich so an, als würde mein gesamter Hals in Flammen stehen. Der Schmerz zog sich die Speiseröhre bis in meine Magengegend hinunter und war wirklich kaum auszuhalten. Ein gequältes Stöhnen rutschte mir über die Lippen, bevor ich meine Hände an meinen Hals legte und ihn abtastete. Mit aufgerissenen Augen blickte ich zu Carter, der mich nur amüsiert ansah und den Kopf schüttelte. „Diese Küken sind doch alle gleich. Eben erst geschlüpft und schon überfordert.“ „Was... ist das...“ Meine Stimme war lediglich nurnoch ein Krächzen. „Das, mein Kleines, ist Durst.“ Durst? Ich hatte schon öfter Durst und SO hatte sich das wirklich noch nie angefühlt. „Nicht nach Wasser, Dummkopf.“ Mein Gegenüber tätschelte mir lachend den Kopf und sah mich dann mit amüsiert blitzenden Augen an. „Nach Blut.“ Na klar. Blut. Ich war also zu einer glitzernden Zecke geworden, was? Mein Lachen ging jedoch in einem Keuchen unter. Und in diesem Moment fiel mein Blick erneut auf den Bluttropfen, der mittlerweile halb geronnen an Carters Kinn hing. Ein süßlicher Duft wehte zu mir herüber, gemischt mit einem Hauch Eisen... Komischerweise roch es sogar ausgesprochen... gut. Und es kam von diesem kleinen Ding... Bevor ich wusste, was mein Körper da überhaupt machte, griffen meine Hände nach Carters Schultern, zogen ihn mit einem Ruck zu mir und erlaubten es mir, den kleinen Tropfen von seinem Kinn abzulecken. Sobald das Blut meine Zunge berührte, flammte es in meiner Kehle auf. Beinahe entwich mir ein Schrei. Der Schmerz wurde noch schlimmer, als rebelliere er dagegen, dass es das schon gewesen sein sollte. Und wirklich, es war köstlich. Und ich wollte mehr. Viel mehr... Das brachte ich auch durch ein kaum hörbares Röcheln zum Ausdruck, was der Ältere wohl sofort verstand und nur breit grinste. „Wenn das so ist, Kleines... Lass uns auf die Jagd gehen.“ Mit diesen Worten zog er mich vom Bett, beförderte mich in seine Arme und sprang mit einem großen Satz vom Balkon. Noch bevor ich vor Angst schreien konnte, waren wir auch schon unten. Carter setzte mich auf den Boden, hielt mich aber noch am Handgelenk fest, was wohl keine dumme Idee war. Ich roch es. Überall. Überall in meinem Umfeld pulsierte das, was ich eben gekostet hatte. Und ich wollte es. Wollte alles. Hätte Carter mich nicht festgehalten wäre ich wohl einfach losgestürmt und hätte wie wild Menschen ausgesaugt, ein Blutbad veranstaltet, das alle Sawteile zusammengerechnet noch überboten hätte. Stattdessen zerrte er mich mit sich, hob mich wieder in seine Arme und begann, zu rennen. In einem atemberaubenden Tempo bewegten wir uns durch die Stadt, bis wir in einer kleinen Seitengasse ankamen. Hier setzte er mich wieder ab und nickte in Richtung des Obdachlosen, der in einer Ecke kauerte. Dann zog er durch seine Nase dessen Geruch ein, schauderte kurz und sah dann zu mir. Ich zögerte, doch dann tat ich es ihm gleich. Wieder drang mir dieser wundervoll süßliche Geruch an die Nase, der diesmal jedoch von Dreck, Schweiß und besonders Alkohol überlagert wurde. Das verfälschte diesen wundervollen Geruch vollkommen... Ich rümpfte die Nase. Carter lachte erst leise, dann seufzte er und ging auf den alten Mann zu, packte ihn am Kragen und zog ihn hoch. Er fing an zu schreien und um sich zu schlagen, doch selbst, als er Carter in den Arm biss, ließ dieser nicht los. Stattdessen fixierte er den Mann kurz, woraufhin dieser einfach in sich zusammenklappte. Als er bewegungslos in Carters Griff hing, packte mein Begleiter seinen Kopf mit der freien Hand und riss ihn zur Seite. Mir entwich ein entsetzter Aufschrei, als er seine Zähne dann in die verdreckte Haut seines Opfers grub und begann, heftig daran zu saugen. Wo zum Teufel war ich hier hineingeraten? Irgendeine kranke Okkultismusgruppe, die wirklich daran glaubte, dass sie Vampire waren? Ging dieser ganze Vampir-Hype schon so weit oder was? Und das Gruseligste an der ganzen Sache: Ich hatte das Bedürfnis, es ihm gleichzutun. Erneut schlug mir der süßliche Geruch entgegen, intensiver als vorher und nur noch ein wenig von dem stechenden Geruchs des Alkohol beeinträchigt. Wieder verstärkte sich der Schmerz in meiner Kehle, machte mich beinahe wahnsinnig. Und wieder handelte mein Körper von selbst. Mit einem Satz stand ich neben Carter, knurrte ihn an wie ein Tier und versuchte, ihm den Körper zu entreißen. Der jedoch verbiss sich noch fester in sein Opfer und dachte nicht daran, es mir zu überlassen. Wütend fauchte ich in seine Richtung. Doch dann stieg mir ein ganz anderer Duft in die Nase. Noch viel süßer als der des Penners. Süß, frisch und... saftig. Ja, so konnte man es ausdrücken. Saftig. Schneller, als ich für möglich gehalten hätte, rannte ich zur Ecke, die die Einmündung in unsere Seitenstraße bildete und blickte nach draußen. Ein Mädchen, vielleicht zwei oder drei Jahre jünger als ich lief direkt vor mir vorbei. Der Geruch schien von ihr zu kommen... Nein, er kam ganz sicher von ihr. Und ich konnte nichtmehr an mir halten. Ich packte die Kleine an der Schulter und riss sie, noch bevor sie reagieren konnte, zu mir in die Seitengasse, wo ich ihr erstmal den Mund zuhielt. Dann zog ich, wie Carter vorhin bei dem Obdachlosen, ihren Kopf zur Seite, blickte in ihre geschockten, angsterfüllten Augen, während sie verzweifelt versuchte, sich zu wehren. Doch das störte mich nicht. Aus irgendeinem Grund war ich viel stärker als sie. Als wäre es das natürlichste der Welt, drückte ich ihren schmalen Körper gegen die Wand und versenkte dann meine Zähne in ihrem Hals. Warm und süß sprudelte das in meinen Mund, was ich vorhin so kurz kosten durfte. Ich musste ein lustvolles Stöhnen unterdrücken, als der Geschmack meinen Mund durchspülte. Es war das wohl Köstlichste, was ich je getrunken hatte. Doch ich durfte keinen Tropfen verschwenden. Schnell begann ich, an der Wunde zu saugen, um zu verhindern, dass sie sich wieder schloss, saugte jeden Tropfen Blut aus dem Mädchen, den ich bekommen konnte. Es war wie ein Rausch, als hätte ich mir eine volle Dröhnung feinstes Kokain reingezogen. Nicht, dass ich das schonmal gemacht hätte aber man hörte so seine... Geschichten. Die Welt um mich herum verblasste, während ich wie eine Zecke am Hals der Kleinen hing und nach und nach ihr Blut aussaugte. Es gab nurnoch ihre weiche Haut an meinen Lippen und das warme, süße Blut, das durch meinen Mund meinen Rachen hinunterlief und dem Brennen ein wenig Milderung verschaffte. Ich konnte nicht aufhören. Wollte nicht aufhören. Nie wieder. Mit jedem weiteren Saugen wurden ihre Bewegungen schwächer, sie zuckte nurnoch halbherzig in meinem Griff, während ich mit jedem Schluck, den ich tat immer kräftiger wurde und nach und nach auch das Brennen in meinem Hals nachließ. Als ich merkte, dass der Blutstrom langsam dünner wurde und das Mädchen vollkommen regungslos in meinen Armen hing, saugte ich noch zwei oder dreimal verzweifelt an der Bissstelle, in der Hoffnung, noch ein paar Tropfen Blut zu ergattern und ließ dann, als nichtsmehr kam, frustriert die leere Hülle auf den Boden fallen. Schräg hinter mir hörte ich ein leises Kichern. Fauchend fuhr ich herum und kauerte mich in Bereitschaftsstellung auf den Boden, bereit anzugreifen oder abzuhauen. Doch mir gegenüber stand nur Carter, lässig an eine Mauer gelehnt und grinste mich breit an. In dem Moment fiel mir auf, was ich hier eigentlich machte und nahm schnell Haltung an. Dann drehte ich mich vorsichtig um. Als mein Blick auf den leblosen, bleichen Körper fiel, der da am Boden lag, drehte sich mir der Magen um. Hatte ich das gerade getan? Hatte ich das gerade wirklich getan? Das konnte nicht sein... Ich... Ich hatte einen Menschen getötet, weil ich sein Blut trinken wollte... War das ein böser Traum? Ein schlechter Scherz? Eine Show mit versteckter Kamera? Ich konnte doch unmöglich gerade einen Menschen umgebracht haben... Aber das Gluckern in meinem Magen, der metallische Blutgeschmack in meinem Mund und das feine Rinnsal, das gerade mein Kinn hinablief, sprachen für sich. Mir war schlecht. Schnell beugte ich mich vornüber, um nicht meine Kleider vollzukotzen, doch es kam nichts. „Gutes Mädchen. Es wäre eine Schande gewesen, hättest du das wieder ausgespuckt. Jungfrauenblut ist nunmal das beste überhaupt. Ich bin überrascht, dass du das schon unterscheiden konntest. Scheinst eine gute Nase zu haben.“ Wieder fuhr ich herum und starrte Carter an. Das konnte er nicht ernst meinen. Er nahm das einfach so locker? Als wäre nichts passiert? Verstört von mir selbst und dem Mann mir gegenüber drehte ich um und rannte. Ich hatte keine Ahnung, wohin, wahrscheinlich wollte ich irgendwie vor mir selbst flüchten. Doch das gelang mir nicht so ganz... Letztendlich fand ich mich vor der Tür meines Elternhauses wieder. Schnell schloss ich auf und schlich nach oben in mein Zimmer. Ohne einen Laut. Und viel schneller, als ich dachte, dass es möglich wäre. Und es war so laut um mich herum... Drei Zimmer weiter hörte ich meinen Dad schnarchen und meine Mom im Schlaf seufzen. Bei geschlossenen Türen. Als lägen sie neben mir. Ein kurzer Blick auf meinen Wecker verriet mir, dass es kurz vor halb vier Uhr morgens war. Die Vögel begannen, in absurder Lautstärke zu zwitschern, ich hörte ein Auto an unserem Haus vorbeifahren, das Radio schallte in meine Ohren, als säße ich auf dem Beifahrersitz. Und die Nacht kam mir bei weitem nichtmehr so dunkel vor wie sonst. Beinahe schon wie am Tag, genauso hell, genauso voller Licht... Nur die Farben wirkten blasser. Als läge alles unter einer grau getönten Klarsichtfolie. Weitere Geräusche prasselten auf mich ein. Ich hielt das nichtmehr aus... Verzweifelt ließ ich mich in eine Zimmerecke sinken, zog die Knie an und hielt mir die Ohren zu. Nicht, dass das viel gebracht hätte. ~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~ Eigentlich bin ich ja echt nicht so der Fan von diesem Vampir-Hype. Aber es gibt auch echt gute Bücher in dem Genre. Und ich hatte irgendwie Lust auch mal sowas zu schreiben weil mich die unendlichen Möglichkeiten faszinieren... Außerdem brauchte ich mal ne Auszeit von meiner Main Story, weil ich da einfach nicht weiterkomme. Und das frustriert. Hier also eine kleine Blutsaugerstory. :D Hochachtungsvoll, eure Yuki Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)