Narren von abgemeldet (Loki x OC) ================================================================================ Kapitel 3: Zuflucht ------------------- Dr. Schwarz wohnte in einer ruhigen Wohnsiedlung, allzu viel hatte er von seinem Versteck auf der Rückbank nicht gesehen, aber es war definitiv anders als New York. Die Häuser waren kleiner und es fuhren wesentlich weniger Autos auf den Straßen. Einen Anhaltspunkt in welchem Land er sich befand, hatte er allerdings immer noch nicht. Die Ärztin war in ihre Garage gefahren und im Wagen sitzen geblieben, bis das Garagentor sich geschlossen hatte. Unterwegs hatte sie keine Verfolger bemerkt und man hatte sie auch nicht angehalten, aber sie wollte scheinbar auf Nummer sicher gehen. Durch eine Verbindungstür betraten sie direkt das Haus und die Ärztin führte ihn in das Gästezimmer im Ersten Stock.   „Entschuldigen Sie die Unordnung. Wir benutzen das Zimmer nicht sehr oft.“   Auf dem Boden standen unzählige Kartons, auf dem schmalen Bett an der Wand lagen aussortierte Kleider, in einer Zimmerecke stand ein seltsames Gerät, dessen Zweck ihm unbekannt war, und auf dem Schreibtisch unter dem Dachfenster standen ein alter Computer und einige Stapel Bücher und über alles hatte sich eine dünne Staubschicht gebildet - Unordnung war eine Untertreibung. Mit einem entschuldigenden Lächeln nahm sie die Kleider vom Bett und legte sie in einen Karton. „Hier sind eine Jeans und ein Hemd von meinem Mann.“ Dr. Schwarz reichte Loki Kleidung, die sie aus einem anderen Zimmer geholt hatte. „Sie haben Glück, ich wollte sie eigentlich in die Altkleider-Sammlung geben. Ihm ist beides zu klein, aber ich glaube Ihnen könnte es passen.“ Sie ließ ihn alleine, damit er sich umziehen konnte. Die Kleidung passte Loki, das Hemd saß etwas straff, aber es war eine eindeutige Verbesserung zu dem zu großen Pyjama.   Dr. Schwarz hatte ihm auch frische Bettwäsche da gelassen. Unschlüssig betrachtete Loki das Bettlaken in seinen Händen. Das Weib hatte ihm die Bettwäsche einfach hingelegt und war dann wieder gegangen ohne das Bett zu überziehen. Er hatte noch nie ein Bett überzogen, für Gewöhnlich gab es Bedienstete, die sich darum kümmerten. Es war unwahrscheinlich, dass die Ärztin zurück kam und ihre häusliche Pflicht erledigte, also machte Loki sich daran die Mysterien der Bettwäsche zu ergründen. Wenn diese primitiven Menschen das konnten, musste er geradezu lachhaft einfach sein.   Die Nacht war bereits herein gebrochen, als er sich auf den Weg ins Erdgeschoss machte. Er hatte gehört wie die Ärztin das Badezimmer am Ende des Flurs betreten und wieder verlassen hatte, danach war er still im Haus gewesen. Es war spät und unter der Tür zu ihrem Schlafzimmer drang kein Licht, sie schlief bereits. Barfuß ging er im Dunkeln die Holztreppe herunter. Im Wohn- und Essbereich brannte noch Licht. Loki erstarrte.   „Herr Erikson?“ Dr. Schwarz hatte ihn bemerkt. Er wägte ab, ob er einfach umkehren und in das Gästezimmer zurück gehen sollte, dann riskierte er aber sie misstrauisch zu machen. Noch misstrauischer, als sie sowieso schon war. Sie hatte ihm zur Flucht verholfen und gewährte ihm Unterschlupf und war die ganze Zeit über ausgesprochen freundlich zu ihm, aber in ihren Augen konnte er Fragen sehen. Fragen, die er lieber nicht beantworten wollte. "Sie sind noch wach?", fragte sie, als er um die Ecke trat. "Setzen Sie sich doch. Können Sie nicht schlafen?" Etwas an ihr war anders.   Er zog den kleinen Block samt Stift heraus, den die Ärztin ihm gegeben hatte, und schrieb: Sie offensichtlich auch nicht? Das war etwas, das er am Schreiben hasste: es dauerte viel zu lange bis er antworten konnte und wenn er schnell schrieb, neigte seine Handschrift dazu unleserlich zu werden. In einer normalen Unterhaltung hätte er sie mit Leichtigkeit manipulieren, sie sanft mit seinen Worten einweben können und sie hätte es nicht einmal gemerkt. Sie lachte. Im Krankenhaus war sie stets höflich gewesen, aber sie hatte dabei auch Distanz gewahrt. Jetzt klang ihre Stimme warm und voll und um ihre grauen Augen bildeten sich Lachfältchen, aber er sah auch etwas in ihren Augen blitzen, das er nicht zuordnen konnte.   Woher kommt diese Veränderung?, fragte sich Loki. Ist es nur der Ortswechsel? Hatte sie ihre professionelle Maske abgelegt, als sie ihr Haus betreten hatte?   Nein, es ist etwas anderes. Ihm fiel auf, dass sie nun auch flüssiger sprach.   "Ich trinke gerne ein Glas Wein bevor ich schlafen gehe", erklärte sie und bot ihm ebenfalls ein Glas an, das er ablehnte. Sie nickte. "Das ist vermutlich auch vernünftiger, da Sie immer noch Medikamente einnehmen."   Sie ist betrunken, stellte er fest. Die dargebotene Weinflasche war so gut wie leer und sie hatte - außer sie trank ihren Wein aus Eimern - eindeutig mehr als ein Glas Wein getrunken. Es trat eine Pause in das Gespräch und Dr. Schwarz hing ihren eigenen Gedanken nach. Plötzlich fixierte sie ihn mit ihren grauen Augen und sagte: "Halten Sie mich nicht für naiv, Herr Erikson."   Loki hielt sie nicht für naiv. Er glaubte, dass diese Frau ganz genau wusste, was sie tat, und welche Folgen ihr Handeln haben könnte. Er fragte sich nur, warum? "Sie werden ins Krankenhaus eingeliefert ohne Pass oder sonstige Papiere, nachdem Sie auf einer Landstraße zehn Kilometer von der nächsten Ortschaft angefahren wurden. Da frage ich mich natürlich, wer sind Sie? Und, was hatten Sie dort draußen zu suchen? Und erzählen Sie mir nicht wieder dieses Märchen." Loki hatte erwartet, dass sie die Geschichte vom norwegischen Touristen, der von seinem Taxifahrer ausgeraubt und zurück gelassen wurde, nicht glaubte. Sie fuhr fort ohne eine Antwort abzuwarten: "Dann tauchen diese Männer auf, bis zu den Zähnen bewaffnet, und stürmen Ihr Zimmer auf der Suche nach Ihnen. Warum taten die das?" Sie nippte an ihrem Glas und Loki rätselte, ob sie eine Antwort von ihm erwartete. Sie hatte ihm in einem emotional aufwühlenden Moment geholfen, nun hatte sie Zeit gehabt wieder zur Ruhe zu kommen und darüber nachzudenken. Was, wenn diese Frau ihre Meinung änderte? Bevor er sich von einer Sterblichen an SHIELD verraten lassen würde, würde er sie töten.   "Ich frage mich, hast du das richtige getan? Gibt es nicht einen Grund, dass dieses Einsatzkommando nach deinem Patienten sucht?" Er schrieb auf seinen Block. Er wollte es erst mit der altbewährten Manipulation versuchen, bevor er zu drastischeren Schritten greifen musste. Im Krankenhaus würde sie vermisst werden und ihre Leiche würde Aufmerksamkeit auf sich ziehen und SHIELD wieder auf seine Fährte bringen. Es war nur ein zarter Streifen, aber es gab eine Möglichkeit aus dieser Sache unbehelligt und vor allem anonym heraus zu kommen.   Ich versichere Ihnen, ich werde Ihnen nichts zu leide tun. Zumindest solange sie kooperierte.   Ich kann verstehen, dass Sie sich diese Fragen stellen und ich würde Ihnen Antworten geben, wenn ich nicht befürchtete, dass ich Sie damit in noch größere Gefahr als jetzt schon brächte. Dr. Schwarz wirkte nicht überzeugt. Sie gehörte nicht zu der Sorte Frau, die Ruhe gab, nur weil es für sie gefährlich werden könnte. Immerhin hatte sie sich einem bewaffneten Einsatzkommando in den Weg gestellt und eine Flucht organisiert. Papier war wirklich kein gutes Medium...   Ich brauche Papiere und Geld. Sie würde ihm helfen an beides zu gelangen, denn sie wollte, dass er so schnell wie möglich verschwand. Und sie würde ihn nicht vorher raus schmeißen, denn sie war Ärztin mit Leib und Seele und er war immer noch ihr Patient.   "Ich muss erst Erkundigungen einholen, Ausweise kann man schließlich nicht an jeder Straßenecke kaufen. Das wird etwas dauern." Sie sagte das Letztere eher zu sich selbst.   Loki erhob sich und bedankte sich bei ihr für ihre Hilfe und, während sie die nun mehr leere Flasche und ihr Glas in die Küche brachte, ging er in die Diele und steckte einen der Briefe, die in einer Schale auf einer Kommode lagen, unter sein Hemd. Er hatte vorgehabt, die Adresse, die auf dem Brief stand in den klobigen Computer einzugeben (die Computer, die Dr. Selvig genutzt hatte, waren flacher gewesen). Doch als er die Tür zum Gästezimmer hinter sich geschlossen hatte und den Briefkopf las, blieb sein Herz für einen Moment stehen. Stuttgart, Deutschland, stand dort. Er richtete das Gesicht zur Decke und wollte schreien: Was hast du dir dabei gedacht, alter Mann, mich ausgerechnet hierher zu schicken? Machtlos und mit einem Lynchmob auf den Fersen. Du hättest mir eigenhändig den Kopf abschlagen sollen, das wäre ehrenhafter gewesen! Stumm starrte er zur Decke, dann setzte er sich auf den unbequemen Stuhl vor dem Schreibtisch und versuchte herauszufinden, wie dieser Computer zu benutzen war. Er hatte Wissenslücken zu füllen und seine nächsten Schritte zu planen. Er hatte nicht vor hier zu sterben. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)