A different Future von BondingTails ================================================================================ Kapitel 10: ------------ Ich hatte immer gedacht, dass ich in diesem Moment schreien würde. Aber ich konnte es nicht. Ich konnte mich nicht bewegen. Ich konnte nicht einmal meine Augen schließen, um den Blick von Son Gokus regloser Gestalt abzuwenden. Ich war dazu verdammt, ihn anzustarren, bis all meine Kraft meinen Körper verließ und ich in Etappen, ruckartig, als wäre ich ein defekter Cyborg, auf seine Brust niedersank. Meine Augen waren trocken; keine Tränen wollten mehr kommen. Ich fühlte mich vollkommen leer. Das Einzige, was mich ausfüllte, war das dumpfe Widerhallen meines eigenen Pulses, der immer langsamer wurde, als würde auch mein Herz bald zu schlagen aufhören. Automatisch hatte sich mein Kopf auf die unverletzte Seite seiner Brust gelegt, als könnte es ihm noch Schmerzen bereiten, wenn ich die andere Seite gewählt hätte. Diese unterbewusste Entscheidung war es, die mich nun mit dem Anblick der aufgestochenen Haut dort strafte: Leid, das ich ihm zugefügt hatte. Schmerzen, die es sich auszuhalten nicht gelohnt hatte. Was war das Letzte gewesen, das er zu mir gesagt hatte? „Bitte.“ Er hatte mich um Erlösung angefleht. Und ich hatte sie ihm so lange verwehrt, hatte mich, so lange ich konnte, gesträubt, es einzusehen, dass er nur noch unnötig leiden musste. Und hatte die Chance verspielt, die wir mit den Dragonballs vielleicht gehabt hatten. Ich sah die Blutstropfen vor meinen Augen verschwimmen und wunderte mich, dass nun doch die Tränen schon wieder zurückkamen. Aber meine Augen waren trocken. Verwirrt starrte ich auf das Blut, das sich aufzulösen, sich zurückzuziehen schien. Ich blinzelte und hob den Kopf. Die Tropfen verschwanden gänzlich, die Haut schloss sich über den kleinen Einstichwunden. Zaghaft streckte ich meine Hand nach ihnen aus und berührte die zarte Haut, die an den Stellen, die bis eben noch von Blut gesäumt, zu kleinen sternförmigen Narben geworden waren. Ich schaute in Son Gokus regungsloses Gesicht und wollte hoffen. Ich wollte hoffen, dass die Medizin, die ich ihm gegeben hatte, nicht nur seine äußerliche Wunden heilte. Ich wollte nicht nur seinen fast unversehrten Körper, ich wollte wieder Leben in seinen Augen sehen. Doch sie blieben geschlossen. Plötzlich spürte ich etwas unter meinen Fingern. Es war wie ein Flattern von Schmetterlingsflügeln. Es war ein schwaches Pochen. Hoffnung presste sich in starken Wellen aus meinem Bauch nach oben in meinen Hals, wo sie mir die Luft zum Atmen nahmen. Nichts passierte. Ich presste mein Ohr gegen seine linke Brust und lauschte. Mein eigener Herzschlag war so laut in meinen Ohren, dass ich zuerst nichts anderes hören konnte, doch dann hörte und spürte ich den anderen Rhythmus. Das langsamere Pochen. Son Gokus Puls. Ich wollte es nicht glauben, bevor ich es sicher wusste. Ich wollte mich nicht der Hoffnung hingeben, bevor ich mit eigenen Augen sah, dass es Grund zur Hoffnung gab. Ich griff nach seiner Hand. Sie lag leblos und schwer in meiner. Dann legte ich erneut mein Ohr über sein Herz und lauschte, um mich noch einmal zu vergewissern, was ich eben zu hören geglaubt hatte. Doch ich hörte nichts außer meinen eigenen Puls – und ein Rauschen. Sauerstoff, der in die Lungen gezogen wurde. Ich spürte, wie sich sein Brustkorb anhob, wie er tief einatmete und aufwachte, wie seine Hand in meiner sich regte und wieder zum Leben erwachte. Er schlug die Augen auf und ich konnte ihn nur ansehen, konnte nicht genug davon bekommen, diese Lebendigkeit in seinen Augen zu sehen. Meine Hand drückte seine, so sanft ich das gerade konnte, und die andere fuhr seinen Oberkörper entlang, über seine Wangen, über sein Kinn, über seinen Hals, als müsste ich alles spüren, um zu glauben, dass es da und dass es noch heil war. „Vegeta“, sagte er schwach und versuchte ein Lächeln. Nun flossen die Tränen wieder; es waren Tränen der Erleichterung. Ich warf mich an seinen Hals und weinte. Mein Körper zitterte von all dem Stress, von all den Herzstillständen, die ich in den letzten Minuten erlebt hatte. Er legte seinen Arm um meinen Rücken und fuhr mit einer Hand erschöpft durch meine Haare. „Du hast es geschafft. Ich wusste, dass du es irgendwie schaffen würdest.“ Ich hatte nichts darauf erwidern können. Ich war noch nicht bereit gewesen, ihm zu erklären, was passiert war. Ich war noch zu sehr beschäftigt damit zu begreifen, dass der Albtraum endlich vorbei war. „Wir müssen gehen“, sagte er jedoch irgendwann, als er mich sanft von sich schob, und ein neuer Albtraum begann. „Wohin?“, wollte ich wissen und hatte Angst, weil ich nicht verstand, was er meinte. Wollte er aus dem Raum von Geist und Zeit? Zurück in die Realität? Zurück zu seiner Familie? Natürlich. Er war geheilt. Nichts hielt ihn mehr hier. Nicht, wenn seine Gefühle nur ein Vorwand gewesen waren. Ein Vorwand, der ihm das Leben gerettet hatte. „Die Androiden sind auf der Erde“, erklärte er und schaute mich mit durchdringendem Blick an. „Wir müssen den anderen helfen.“ Ich schüttelte schwach den Kopf. Nein. Ich wollte nicht gehen. Ich wollte nicht aus diesem Paradies, das auf Erden nicht zu finden sein würde. Außerhalb dieser Wände würde alles anders sein. Es würde kein gemeinsames Schlafzimmer mehr für uns geben. Keine Zweisamkeit. Und keinen Grund, mich bei sich zu haben. Wie er es gesagt hatte: Es war egoistisch gewesen, was er getan hatte. Denn es würde mir das Herz brechen. Und er wusste das. Er musste es mittlerweile wissen. Er musste es ahnen, dass ich ohne seine Nähe nicht mehr leben wollte. „Du wirst niemandem helfen außer dir selbst“, befahl ich ihm und drückte seine Oberarme in die Matratze. „Du wirst dich nicht von der Stelle rühren, bis du wieder Bäume ausreißen kannst.“ Dieses Argument war auch meinerseits nur ein Vorwand. „Wie soll ich das testen, wenn es hier keine Bäume gibt?“, fragte er mit einem schwachen Lächeln zurück. „Aber im Ernst. Wir müssen den anderen helfen. Ich habe Magische Bohnen dabei. Und ich habe einen Mordshunger.“ Sofort wieder alarmiert von der Schwäche, die aus seiner Stimme sprach, meinte ich: „Warum hast du das nicht gleich gesagt? Ich hätte dir längst welche gegeben. Wo sind sie?“ Ich ließ von seinen Armen ab, richtete mich bereits halb auf. „In der Schublade dort“, sagte er mit geschlossenen Augen und zeigte auf den Nachttisch neben dem noch immer ungenutzten zweiten Bett. Sofort sprang ich auf und holte den kleinen Beutel, brachte ihn zu ihm und holte eine von der Handvoll Bohnen heraus. „Hier“, sagte ich und schob sie zwischen seine Lippen. Am liebsten hätte ich ihm alle gegeben, aber ich wusste, dass eine ausreichte und ich wollte auch nicht, dass er vor Energie sprühte und glaubte, er könnte jeden Gegner besiegen. Er knabberte an der Bohne und schlang sie dann gierig herunter. „Hier“, sagte ich noch einmal und reichte ihm noch eine Flasche Wasser, um sie hinunterzuspülen. „Danke“, sagte er, als er sich aufgerichtet, ein paar Schlucke getrunken und die Flasche wieder abgesetzt hatte. „Und jetzt du.“ „Ich brauche keine“, wehrte ich ab. „Und du wirst heute nicht kämpfen.“ „Doch, Vegeta“, sagte er und setzte sich komplett auf. „So ungern ich auch von hier weg will, die Erde ist in Gefahr. Ich kann sie nicht im Stich lassen.“ „Aber du hast gesagt, dass die Androiden viel zu stark sind. Du hast nicht trainiert. Du hast keinen einzigen Tag trainiert. Und egal wie viele Magische Bohnen du isst, dein Zustand ist nicht annähernd so, wie er sein sollte. Du bist fast gestorben, Son Goku.“ „Ich liebe es, wenn du das sagst“, meinte er lächelnd und ich fragte mich einen Augenblick lang, ob er wirklich nur seinen Namen meinte oder den ganzen Satz. Er legte eine Hand an meine Wange und küsste mich flüchtig, wollte dann aufstehen und gehen. Ich hielt ihn zurück. „Wenn du jetzt gehst, werde ich das nie wieder sagen.“ Ich wusste, dass diese Drohung lächerlich war, aber noch war mir nichts anderes eingefallen, um ihn aufzuhalten. „Oh doch“, grinste er selbstsicher. „Das wirst du.“ Meine Wangen röteten sich ganz leicht, als ich begriff, was er meinte. Und dann starrte ich ihn hoffnungsvoll an. Bedeutete das, dass er auch außerhalb des Raumes von Geist und Zeit vorhatte, ein Bett mit mir zu teilen? Sein Grinsen wurde daraufhin immer breiter, und obwohl er hätte gehen können, weil ich ihn nicht mehr zurückhielt, lehnte er sich zu mir nach vorne und küsste mich, intensiver als zuvor. Er hatte eine Hand an meinem Hinterkopf, fuhr mit der anderen meinen Rücken hinab und entlockte mir ein Seufzen, als seine Hand den Ansatz meines Schwanzes streifte. Und mit einem Schlag wurde mir klar, was er gerade tat: Er verabschiedete sich, falls er den Kampf gegen die Androiden nicht überleben sollte. Ich brach den Kuss sofort und schaute ihm in die Augen. Er begriff, dass ich ihn durchschaut hatte, seufzte und stand auf, zog sich seine Kleider über, die schon eine Ewigkeit um das Bett verteilt lagen und stellte sich dann ungeduldig wartend vor mich. „Bitte, nimm eine Magische Bohne und lass uns gehen“, bat er mich. „Ich brauche dich.“ Ich starrte ihn an. Nur für den Kampf? Als Backup? Als Notfallplan? „Ohne dich habe ich keine Chance.“ Ich konnte mich nicht mehr rühren. „Wir können nicht noch mehr Zeit verstreichen lassen. Wer weiß, was da draußen gerade passiert.“ Ich blickte stur nach unten. „Ich möchte es einfach nicht verantworten müssen, was auch immer Schreckliches geschehen wird.“ „Es ist nicht alles immer deine Schuld. Du bist nicht für die ganze Welt verantwortlich, Son Goku!“, versuchte ich ihm einzureden, doch ich wusste – und ich sah es in seinem Blick –, dass es keinen Sinn hatte. Er wusste, alle verließen sich auf ihn. Für ihn lag die Welt in seinen Händen. Und ich wusste, für mich war alles, was ich wollte, diese Welt zu sein. Er sagte nichts zu meinem Kommentar. Er konnte sehen, dass ich es eingesehen hatte. Ich hatte keine Argumente mehr. Ich musste mich ihm fügen. Ich hatte nicht einmal die Wahl, hier zu bleiben und auf seine Rückkehr zu hoffen. Die Zeit verging hier so langsam, dass ich vor Einsamkeit sterben würde, und ich könnte es nicht ertragen, ihn so geschwächt ziehen zu lassen. Ich wollte ihn beschützen. Deshalb stand ich auf, zog mir nun ebenfalls meinen Kampfanzug an und ging zu ihm. Ich legte meine Hand an seine Wange, schaute in seine Augen und suchte nach Worten, die meine Angst ausdrücken konnten, ihn heute doch noch zu verlieren, nachdem ich geglaubt hatte, ihn – vor wenigen Minuten erst – schon einmal sterben gesehen zu haben. Er hob seinen Arm und ich sah, dass er eine Magische Bohne zwischen den Fingern hielt. Er schob sie mir zwischen die Lippen und wartete, bis ich sie, widerwillig und in Zeitlupe, zerkaut und hinuntergeschuckt hatte. „Danke“, sagte er dann und küsste mich. Er wusste, dass es keiner weiteren Diskussion bedarf, schließlich hatte ich bereits eingelenkt, indem ich mich bereit zum Aufbruch gemacht hatte. Dennoch überlegte ich noch, ob ich stark genug war, ihn zurückzuhalten. „Lass uns gehen.“ Er ging voraus, trat vor die massive Eingangstür und wartete dort auf mich. Ich zögerte meine Ankunft so lange heraus, wie ich nur konnte. Drei Meter von ihm entfernt blieb ich stehen. „Ich will dich nicht sterben sehen müssen. Nicht noch einmal.“ „Ich habe dich auch schon sterben sehen“, ließ er mich wissen und die Erinnerung an den Kampf mit Freezer und den Schmerz des Loches in meinem Herz war wieder sehr präsent. Er legte seine Hand an die Türklinke. „Son Goku.“ Er wandte sich überrascht zu mir um, als hätte er diesen Namen noch nie gehört. Ich selbst schaute mich jedoch auch verwirrt um, denn ich war es nicht gewesen, der ihn ausgesprochen hatte. Es war eine Stimme in meinem Kopf gewesen. „Son Goku, kannst du mich hören?“ „Ja, Meister Kaio“, antwortete Son Goku und trat unwillkürlich einen Schritt nach vorne, zurück in den Raum hinein. „Der Kampf ist vorbei!“, platzte Meister Kaio mit der guten Nachricht heraus. „Piccolo ist mit Kami fusioniert und hat die Androiden C19 und C20 besiegt. Und Trunks hat es geschafft, Dr. Gero zu töten, bevor er C16, C17 und C18 aktiviert hat. Wir sind gerettet!“ Son Goku schaute mich überrascht und mit aufleuchtenden Augen an. „Wirklich?“, fragte er hoffnungsvoll an Meister Kaio gerichtet. „Ja, ist das nicht wundervoll?“, kam es von der Stimme in meinem Kopf zurück. „Das ist fantastisch“, sagte Son Goku langsam und seine Augen fuhren wild in meinem Gesicht hin und her, als suchten sie dort nach meiner Reaktion. Erleichterung war vorerst meine einzige Reaktion. „Es geht also allen gut“, fasste Meister Kaio zusammen. „Euch beiden hoffentlich auch.“ „Bestens“, antwortete er lächelnd. „Danke, Meister Kaio.“ „Ich melde mich wieder, wenn irgendetwas sein sollte. Bis bald“, verabschiedete er sich und Son Goku kam auf mich zu. Er schloss seine Arme um mich, küsste mich und presste mich dabei so sehr an sich, dass mir die Luft wegblieb. Ich war es nicht mehr gewohnt, dass er so stark war. Er war zwar untrainiert, doch seine Kräfte waren zurück. Meine eigenen Hände fuhren verzweifelt vor Freude durch seine Haare, über Hals und Wangen. Es dauerte eine ganze Weile, bis auch nur einer von uns von dem anderen für ein paar Sekunden ablassen konnte. Das war der Moment, in dem Son Goku sagte: „Jetzt zeige ich dir noch einmal, wie ich dich dazu bringe, meinen Namen zu sagen.“ Er grinste diabolisch. „So oft ich will.“ Happy End Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)