Rhynna von YvaineLacroix (Story zu Runes of Magic) ================================================================================ Kapitel 2: Ein Entschluss und seine Umsetzung --------------------------------------------- Rhynna trat in das Halbdunkle der Schenke und blickte sich suchend um. Es dauerte einen Augenblick ehe ihre Augen sich an das schummrige Licht, welches hier drinnen herrschte, gewöhnt hatten. Doch von der Elfe, nach der sie Ausschau hielt, war keine Spur zu entdecken. War ihre Freundin etwa immer noch bei dem Treffen mit Morrok Wallinder? Sorgenvoll runzelte sie die Stirn. „Hey Ihr!“ rief der Wirt ihr zu. Fragend sah sie in seine Richtung. „Ich habe eine Nachricht für Euch. Hier seht selbst.“ Rhynna eilte zu ihm und nahm das sorgfältig zusammengefaltete Stück Pergament entgegen, welches er ihr überreichte. Gedankenverloren schob sie ihm eine Goldmünze zum Dank hin und setzte sich an einen Tisch in der Nähe, um den Brief zu lesen. Wie erwartet stammte er von Evaline. Sie schrieb, dass Rhynna sich keine Sorgen zu machen brauchte und nicht auf sie warten sollte. Sie würde mit Morrok Wallinder mitgehen, da er mit einer Aufgabe an sie herangetreten war, die jede Menge Zeit in Anspruch nehmen würde. Nachdem sie die letzte Zeile in Evalines verschnörkelter Schrift gelesen hatte, faltete sie das Pergament mit einem enttäuschten Seufzen zusammen und steckte es ordentlich weg. So wie es aussah würde ihre elfische Freundin sich ohne sie in ein Abenteuer stürzen und das versetzte ihr einen schmerzhaften Stich, war sie doch ursprünglich davon ausgegangen Evaline nach der ersten Besprechung mit diesem Wallinder auf ihrer weiteren Reise begleiten zu können. Doch nun stellte sich heraus, dass sie sich diesbezüglich geirrt hatte. Evaline brauchte ihre Hilfe dieses Mal nicht und zog es vor sich alleine um Morroks Angelegenheit zu kümmern. War es da verwunderlich, dass sie ob dieser Neuigkeit verstimmt war? Rhynna stützte ihren Kopf auf die Hände und dachte nach. Was sollte sie nun tun so ganz allein in einem fremden Land? Der Vorschlag, den Kai Kaiyinth ihr vor kurzem unterbreitet hatte, kam ihr wieder in den Sinn. Der Löwenherzgarde beizutreten wäre zwar ein sehr ungewöhnlicher Schritt für eine Priesterin, die nicht einmal die rudimentäre Technik des Schwertkampfes beherrschte, aber zumindest wäre es eine Aufgabe, die sie beschäftigen würde bis Evaline von ihrer Reise zurückkehrte. Je länger sie darüber nachdachte, desto verlockender erschien ihr die Idee. Sollte sie es wirklich tun? Schließlich hatte sie ihre Entscheidung gefällt. Sie würde Kai Kaiyinth aufsuchen und ihn bitten sie in die Reihen der Löwenherzgarde aufzunehmen. Im schlimmsten Fall stellte sich heraus, dass sie völlig ungeeignet für die Aufgaben eines Ritters war und dann könnte sie wieder ihrer Wege ziehen. Was war schon dabei? Entschlossen erhob sie sich und zog sich in das von ihr gemietete Zimmer zurück. Gleich am nächsten Morgen würde sie sich auf den Weg nach Dalanis machen. Rhynna wurde vom penetranten Krähen eines Hahns geweckt. Verschlafen fuhr sie sich mit der Hand über die Augen, gähnte einmal ausgiebig und schwang dann die Beine über den Rand ihres Bettes. Sie wusch sich das Gesicht und den Körper so gut es ging mit kaltem Wasser, welches sie aus einem irdenen Krug in eine kleine Schüssel goss. Dann band sie ihre Haare zu dem üblichen Pferdeschwanz, den sie stets trug, und kleidete sich sorgfältig an. Nachdem sie ihren Stab auf den Rücken geschnallt und überprüft hatte ob noch genügend Pfeile in ihrem Köcher waren, begab sie sich nach unten in den Schankraum, wo sie in aller Ruhe ein leichtes Frühstück zu sich nahm. Anschließend bezahlte sie das Zimmer und machte sich dann frohen Mutes auf gen Dalanis. Draußen war der Tag gerade erst hereingebrochen. Die Sonne sandte zaghaft die ersten wärmenden Strahlen durch die Baumwipfel und die Grashalme glänzten noch feucht vom nächtlichen Tau. Rhynna atmete tief die herrliche Luft in und lauschte dem leisen Rauschen des Windes und dem Gesang der Vögel, während sie den Weg voranschritt. Nachdem sie eine gute halbe Stunde gegangen war, lichtete sich der Wald und vor ihr erstreckten sich atemberaubende Wasserfälle, die tosend in einen großen in der Sonne glitzernden See stürzten. Einen Moment verharrte sie an Ort und Stelle und sog die Schönheit dieses Ortes in sich auf. Lächelnd beobachtet sie eine kleine Herde Pangos, die am Ufer des Sees im seichten Wasser standen und die zarten Schösslinge irgendwelcher Wasserpflanzen mit ihren weichen Mäulern ab rupften. Sie mochte diese friedlichen, trägen Tiere, die ihre massigen Körper recht gemächlich bewegten und durch nichts aus der Ruhe zu bringen waren. Die kleine Herde ließ sich auch dann nicht von ihrer Anwesenheit stören, als sie dicht an ihnen vorbei ging. Zur Überquerung des Sees musste Rhynna auf große natürliche Steinplatten treten, die aus dem Wasser ragten und einen Weg bis ans andere Ufer bildeten. Sichern Schrittes gelangte sie schließlich auf die andere Seite und setzte ihren Weg ins Tal hinab fort. Es war kurz vor Mittag, als sie schließlich Sternhorn durchquert hatte und etwas ratlos vor einem der gewaltigen Stadttore von Dalanis stand. Die Wachen am Tor, welche eine etwas weniger prunkvolle Version der Löwenherzgardenrüstung samt Umhang trugen, musterten sie aufmerksam durch die Visiere ihrer Helme. Zögernd näherte Rhynna sich ihnen. „Bitte verzeiht die Störung, aber ich suche jemanden. Vielleicht könntet Ihr mir behilflich sein?“ Fragend sah sie von einem zum anderen. Der Soldat rechts von ihr verließ schließlich seinen Posten und trat zu ihr. „Wenn wir können, helfen wir immer gerne. Wen sucht Ihr denn?“ Rhynna lächelte ihn erleichtert an. Sie hatte schon befürchtet auf Ablehnung zu stoßen, da sie nicht einzuschätzen vermochte welch Mienen die beiden hinter ihren Visieren zur Schau trugen. „Kai Kaiyinth, Ausbilder der Löwenherzgarde. Könnt Ihr mich zu ihm bringen?“ „Selbstverständlich. Wenn Ihr mir bitte folgen würdet.“ Und er schritt voran in die Stadt hinein. Rhynna beeilte sich ihm hinterher zu eilen. Während sie sich bemühte mit ihm Schritt zu halten, blieb genügend Zeit sich die Stadt näher anzuschauen. Nach allem was sie schon über Dalanis gehört hatte, war die Stadt ringförmig aufgebaut. Der erste Ring, den sie gerade durchquerten, beherbergte die Unterstadt. Hier lebten die einfachen Menschen und Humanoiden in schlichten, aber solide wirkenden Hütten aus Stein und Holz. Der Soldat erzählte ihr außerdem, dass die Hälfte dieses Stadtteils mittlerweile aus verlassenen Ruinen bestand, in dem sich allerlei zwielichtiges Gesindel herumtrieb. Er warnte sie ausdrücklich davor alleine bei Nacht herzukommen. Rhynna nickte und nahm sich seinen Rat zu Herzen. Ihr war als hätten die Hütten Augen und würden ihr gierig nachsehen. Sie verscheuchte diesen absurden Gedanken schnell wieder und eilte schaudernd weiter. Die vereinzelt hin und her huschenden Ratten ignorierte sie einfach, genau wie den Unrat, der sich hier und da auftürmte. Schließlich passierten sie ein weiteres bewachtes Tor und gelangten in das Zentralviertel von Dalanis, welches sich im zweiten sichelförmigen Ring befand. An diesem Ort lebten die etwas wohlhabenderen Bürger der Stadt, vor allem Händler und Handwerker hatten hier ihre Geschäfte und Stände, an denen sie ihre Waren feilboten. Neben einem weiteren Tor, welches schließlich in den innersten Bereich der Stadt führte und in seinem Zentrum den Palast beherbergte, der über allem anderen thronte, stand ein großes Gebäude aus Stein. Rhynna wusste beinahe sofort, dass es sich hierbei nur um die Kaserne der Löwenherzgarde handeln konnte, denn schon weitem hörte man das Klirren aufeinander prallender Klingen und die Schreie kämpfender Männer. Der Soldat führte sie in den Innenhof der Kaserne. Ein paar Schritte von ihnen entfernt stand Kai Kaiyinth und feuerte einen Mann an, der im Kampf mit einem bulligen Rhino verstrickt war. Fasziniert sah sie zu wie der Mann den wuchtigen Schlägen der Axt beinahe spielend auswich und seinerseits mit dem Schwert angriff. Er focht energisch, aber mit großem Geschick und schon bald musste sich der Rhino brummend geschlagen geben. „Das habt Ihr sehr gut gemacht, Nigula. Eure Fortschritte in der kurzen Zeit, die verstrichen ist seit Ihr bei uns seid, sind bemerkenswert,“ lobte Kai und klopfte dem jüngeren Mann anerkennend auf die Schulter. „Ser Kai. Ich werde alles tun was nötig ist, um der Ehre der Löwenherzgarde keine Schande zu bereiten,“ erwiderte Nigula und verneigte sich dann ehe er sich zurückzog um noch ein wenig an einer Stoffpuppe zu trainieren. Rhynna schmunzelte ob dieses Ehrgeizes, erinnerte es sie doch an sie selbst in jüngeren Jahren als sie gerade frisch eine Anwärterin Narfas' geworden war und die heilenden Künste der Magie zu erlernen begann. Sie bedankte sich bei dem Soldaten, der sie hergebracht hatte und ging dann zu Kai, der versonnen Nigula beim Training beobachtete und noch nicht mitbekommen hatte, dass sie da war. Sie räusperte sich vernehmlich, woraufhin er sich ihr zuwandte. Sein Gesicht drückte Erstaunen aus, als er sie erkannte, welches sich jedoch recht schnell in Freude verwandelte. „Rhynna! Ihr seid tatsächlich gekommen! Ich muss ehrlich sagen, ich hatte so meine Zweifel ob Ihr überhaupt noch einen Gedanken an mich und mein Anliegen verschwenden würdet.“ Er lächelte sie schief an. „Umso mehr freut es mich natürlich, dass Ihr nun hier seid. Rhynna lachte. „Nun wie es aussieht, Ser Kai, verfügt Ihr über ein vortreffliches Talent andere von Euren Ideen zu überzeugen. Ich habe lange über Euer Angebot nachgedacht und denke, dass es nicht schaden kann, wenn ich mich zumindest einmal als Ritter erprobe. Wenn Ihr der Meinung seid, ich kann das schaffen, warum sollte ich es dann nicht zumindest versuchen?“ Er blickte sie forschend an, so als wollte er herausfinden wie ernst es ihr mit ihren Worten war. „Und was ist mit Euren Verpflichtungen Eurer Freundin gegenüber?“ hakte er dann vorsichtig nach. Rhynna winkte ab. „Seid unbesorgt, die haben sich fürs Erste erledigt. Ich stehe Euch ganz zur Verfügung und freue mich schon darauf von Euch unterwiesen zu werden.“ Er lachte schallend. „Nun wenn das so ist, dann folgt mir. Wir werden sehen, dass wir Euch entsprechend kleiden und die Aufnahmezeremonie für Rekruten durchführen.“ Gemeinsam betraten sie das Innere der Kaserne und begaben sich zur Aservatenkammer, in der nicht nur jede Menge Waffen lagerten, sondern auch die verschiedensten Rüstungen in unterschiedlichen Ausfertigungen. Doch keine wollte Rhynna passen. Sie waren alle bei weitem zu groß und klobig für ihre kleine, zierliche Gestalt. Ratlos blickte Kai sie an. Rhynna überlegte kurz und meinte dann. „Grämt Euch nicht. Ich denke es ist ohnehin besser, wenn Ihr mich nicht in solch eine unförmige Rüstung steckt. Ich bin nicht dafür geschaffen so etwas zu tragen. Reicht es nicht aus, wenn ich zum Zeichen meiner Dienste für die Löwenherzgarde den Umhang trage?“ Und sie griff nach einem der herrlich gearbeiteten blauen Umhänge und drapierte ihn sich gekonnt um ihre Schultern. Mit zwei großen goldenen Broschen, auf denen das Wappen der sich gegenüberstehenden Löwen abgebildet war, befestigte sie das lange Stück Stoff, damit es nicht mehr verrutschen konnte. Anschließend gürtete sie sich ihre Halterung für Bogen und Stab über den Umhang, so dass sie wieder leichten Zugang zu ihren Waffen hatte. Dann drehte sie sich einmal um ihre eigene Achse, so dass der Umhang leicht um ihre Beine schwang. „Und? Was meint Ihr?“ Stirn runzelnd musterte Kai ihre Erscheinung. „Das dürfte wohl gehen.“ gab er dann widerstrebend zu. „Jetzt brauchen wir nur noch ein Schwert für Euch.“ Ehe er sich jedoch daran machen konnte eine geeignete Klinge für sie heraus zu suchen, hielt Rhynna ihn zurück. „Glaubt mir, wenn ich Euch sage, dass ich und Schwerter nicht miteinander harmonieren. Der Schwertkampf liegt mir nicht, aber ich habe eine andere Idee, wie ich mich auch im Nahkampf beweisen kann, ohne auf mein magisches Potenzial zurückgreifen zu müssen.“ Kais Augenbraue schnellte in die Höhe. „Ach? Und die wäre?“ Rhynna musste bei dem skeptischen Blick, mit dem er sie bedachte, unwillkürlich schmunzeln. „Habt Ihr schon einmal jemanden gesehen, der des Stabkampfes mächtig war?“ wollte sie dann wissen. „Ich bin mir nicht sicher, aber ich kann es mir vorstellen. Ihr wollt Euren Zweihandstab zum Kämpfen nutzen, nicht wahr? Aber habt Ihr denn gar keine Angst, dass er dabei zu Schaden kommen könnte?“ Sie schüttelte den Kopf. „Nein, denn das kann nicht geschehen. Die dem Stab innewohnende magische Energie schützt ihn größtenteils vor Beschädigungen. Und wie ich mit meinem Stab umgehen muss, weiß ich nur zu gut. Ich bin sehr geschickt im Stabkampf. Die Kenntnisse darüber habe ich bereits während meiner Priesterausbildung erworben und bin mir sicher, dass ich sie unter Eurer erfahrenen Anleitung noch weiter verfeinern kann.“ Er rieb sich über das stoppelige Kinn und dachte über ihre Worte nach. „Nun,“ meinte er nach einer Weile „Ich könnte mir vorstellen, dass sich die grundlegenden Techniken nicht allzu großartig unterscheiden und man gewiss damit arbeiten kann. Wir können es später einmal versuchen, dann sehen wir ob es klappt.“ „Gerne.“ „Gut. Dann müssen wir nur noch die offizielle Einweihungszeremonie abhalten. Das machen wir im großen Saal. Folgt mir bitte.“ Rhynna eilte ihm beschwingt nach. Es war alles noch etwas unwirklich, doch schon bald würde sie einer der wohl ungewöhnlichsten Ritter sein, welche die Löwenherzgarde je hatte. Und irgendwie freute sie sich schon darauf. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)