Rhynna von YvaineLacroix (Story zu Runes of Magic) ================================================================================ Kapitel 6: Morgensterns Prophezeihung ------------------------------------- Rhynnas Herz raste und ihre Gedanken überschlugen sich. Sie starrte den Fremden mit großen Augen an und hörte kaum was er sagte. Dafür war sie einfach zu überrascht. Sie fühlte sich jäh in vergangene Zeiten zurückversetzt, als sie mit Monchie, Pen, Baumgard und den anderen von einem Abenteuer ins nächste gestolpert war. Tausend Erinnerungen überfluteten sie, kleine Episoden längst verstrichener Erlebnisse blitzten vor ihrem inneren Auge auf, lösten sich im Sekundentakt gegenseitig ab. Und da war er. Der geheimnisvolle Fremde. In Zeiten großer Not war er ihr stets als Vision im Traum erschienen, hatte ihr neuen Mut gespendet und einen Ausweg aus der jeweiligen Misere aufgezeigt. Ohne ihn stünde sie nun nicht hier. Das sie ihn jemals kennenlernen würde, hatte sie nicht erwartet. Zu sehr hatte sie sich an ihn als körperloses Wesen gewöhnt, welches nur in ihren Gedanken zu existieren schien. Doch nun stand er leibhaftig vor ihr. Sie versuchte sich zu beruhigen und verscheuchte eilig alle Gedanken an die Vergangenheit. Dann konzentrierte sie sich auf das Gespräch. „Ihr solltet nicht überstürzt handeln, guter Freund,“ meinte der mysteriöse Fremde gerade zu Mitternacht. „Lasst Euch nicht von Euren Vorurteilen leiten, sondern macht Euch ein eigenes Bild von ihr und ihren Fähigkeiten.“ Moment einmal, er sprach über sie! Rhynna stutzte und hörte gebannt zu. „Ich habe ein Strahlen gesehen, welches in der aufkommenden Dunkelheit zu erlischen drohte. Doch es erlosch nicht, gleich wie sehr es auch flackern mochte. Ich denke sie ist dieses Strahlen.“ Die Blicke der drei Männer wanderten augenblicklich zu Rhynna, deren Wangen sofort von einer feinen Röte überzogen wurden. Ser John sah recht verwundert aus, in Mitternachts Augen spiegelte sich Neugierde und der Fremde hatte ein wissendes Funkeln im Blick. Ihr war sehr unbehaglich zumute unter der immensen Intensität dieser Blicke. Ein Strahlen in der Dunkelheit... Und er glaubte, dass könnte sie sein? Sie hegte da so ihre Zweifel. Schließlich räusperte Ser John sich vernehmlich. „Nun, ich denke, dann gehen wir jetzt besser, werter Mitternacht, damit Ihr Euch mit Eurem... Freund austauschen könnt. Offenbar gibt es eine Menge zu erzählen und da wollen wir gewiss nicht stören. Habt Dank, dass Ihr Euch so rasch der Angelegenheit habt annehmen können.“ Mitternacht neigte leicht den Kopf. „Jederzeit wieder, Herr Hauptmann. Ihr wisst, dass Ihr und Eure Kunstwerke gern gesehene Gäste in meinem Hause sind. Allerdings würden mein Freund und ich gerne noch mit unserer Priesterin hier ein paar Worte wechseln, wenn Ihr gestattet.“ Ser John hob irritiert eine Augenbraue ob dieser Bitte, Rhynna jedoch kam es sehr gelegen. Sie brannte darauf zu erfahren wer dieser Fremde war und was er genau mit seinen Worten sagen wollte. „Selbstverständlich gestatte ich es,“ sagte der Hauptmann schließlich. Er wandte sich an Rhynna. „Trefft mich in der Kaserne, wenn Ihr hier fertig seid, damit wir das weitere Vorgehen in dieser Angelegenheit besprechen können.“ Sie nickte. „Natürlich.“ Er brummte zufrieden, ehe er sich umdrehte und das Bestattungsinstitut verließ. Kaum war er zur Tür hinaus, fragte Rhynna: „Wer bei Ayvenas seid Ihr?“ Der Blick ihrer grünen Augen fixierte den Fremden voller Neugierde und ungeduldig wartete sie auf seine Antwort. Im Übrigen sah er noch genauso aus wie in ihren Visionen: Das Gesicht verdeckt von einer fein gearbeiteten weißen Maske, die langen silberblonden Haare zurück gebunden, stand er in seiner hellgrauen Robe da und musterte sie mit einem kleinen amüsierten Lächeln. „Ihr habt mich also erkannt. Das ist gut. Ihr könnt mich Morgenstern nennen, wenn Ihr mögt, denn unter diesem Namen kennt man mich hier.“ Zaghaft lächelte sie ihn an. „Schön Euch nach all dieser Zeit endlich einen Namen geben zu können,“ sagte sie dann. „Ich weiß nicht was ich ohne Eure Hilfe getan hätte. Wenn Ihr nicht gewesen wärt, dann...“ Mit einer beschwörenden Geste seiner Hände unterbrach Morgenstern sie. „Bitte, dankt mir nicht. Ich fürchte es war nicht ganz uneigennützig, dass ich Euch bei Euren früheren Abenteuern mental beistand.“ Verwirrt runzelte sie die Stirn. „Wie meint Ihr das?“ Nun mischte Mitternacht sich ein. „Er will damit sagen, dass Er Euch geholfen hat, weil er damals schon wusste welch wichtige Rolle Ihr für noch kommende Ereignisse spielen werdet.“ Morgenstern lächelte. „So ist es. Euch ist großes vorher bestimmt, Rhynna, da bin ich mir sicher. Vertraut auf Euch und Eure Fähigkeiten, dann werdet Ihr die immer mächtig werdende Dunkelheit besiegen.“ Ihr Blick war voller Zweifel, als sie sich bemühte in den Tiefen seiner Augen zu lesen, welche im Schatten der Maske leicht verborgen waren. Ungläubig schüttelte sie den Kopf. „Was macht Euch so sicher? Woher nehmt Ihr diese Gewissheit? Ich bin nur eine gewöhnliche Priesterin, auf der Flucht vor ihrer Vergangenheit. Da ist absolut nichts Heroisches an mir. Ihr müsst Euch irren!“ „Auch wenn Ihr es nicht glauben könnt, so ist es doch nicht weniger wahr. Habt mehr Vertrauen in Euch. Ihr werdet es eines Tages verstehen und sehen, dass ich die Wahrheit spreche.“ Rhynna wollte ihm erneut widersprechen, doch dazu kam sie nicht. Erneut vernahm sie eine Stimme, die ihr nur zu gut bekannt war. „Hallo? Ist da wer?“ Dieser melodische, glockenhelle Klang... Rhynna kannte nur eine Person, die sich so lieblich anhörte, wenn sie sprach. Als dann auch noch ein Kopf mit langen schwarzen Haaren, geschmückt von einem Kranz aus Blättern und Blüten hinter dem Vorhang hervorlugte, gab es nicht mehr den geringsten Zweifel. Mit einem freudigen Aufschrei stürzte Rhynna zu der hochgewachsenen Elfe, die zum Vorschein kam. „Evaline!“ rief sie. Über die ebenen Gesichtszüge der schönen Elfe huschte ein überraschter Ausdruck ehe ein helles Lächeln diesen verdrängte. „Rhynna! Was machst du denn hier?“ Lachend lagen sich die beiden Freundinnen in den Armen, die Umgebung um sich herum völlig vergessend. Zu groß war die Freude über ihr unerwartetes Wiedersehen. Rhynna schmunzelte. „Dasselbe könnte ich dich fragen. Ich dachte du hilfst diesem Morrok Wallinder bei seinem Problem?“ „Das tut sie auch,“ ertönte da auf einmal eine tiefe Stimme von hinten. Erschrocken löste sich Rhynna aus der Umarmung und blickte hoch in das halb im Schatten einer Kapuze liegende Gesicht eines großen Mannes. Er war breitschultrig und recht kräftig gebaut ohne jedoch stämmig zu wirken. Seine Kleidung war schlicht und pragmatisch. Das einzig ungewöhnliche an ihm war das weiße Fell, welches wie ein Umhang über seinen Rücken fiel. „Ah, Morrok Wallinder, mein Freund!“ begrüßte Mitternacht den neuen Gast lächelnd. „Habt Ihr alles mitgebracht worum ich Euch gebeten habe?“ In seinen Augen stand wieder dieses beinahe wahnsinnige Funkeln, welches Rhynna einen Schauer über den Rücken jagte. „Euer Assistent hat es bereits in Empfang genommen.“ Morroks Stimme war ruhig, fast monoton und er beobachtete Rhynna die ganze Zeit, während er sprach. Wortlos erwiderte sie seinen Blick. Er hatte irgendetwas sehr Merkwürdiges an sich, doch sie konnte nicht genau benennen was es war, das ihn so anders wirken ließ. Mitternacht rieb sich erfreut die Hände. „Ausgezeichnet! Ihr erstaunt mich immer wieder aufs Neue, werter Freund!“ Ein listiges Lächeln erschien um seine Mundwinkel. „Konntet Ihr mir denn auch die andere Ingredienz beschaffen?“ Morrok nickte knapp. Evaline verzog das Gesicht und holte behutsam ein bauchiges Gefäß aus ihrer Tasche. In der öligen Flüssigkeit schwamm eine tote Ratte wie Rhynna angeekelt feststellte. Die Elfe überreichte Mitternacht eilig das Gefäß mit seinem makabren Inhalt. Verzückt starrte der Leichenbestatter den leblosen Körper der Ratte an und fuhr mit seinen Fingerspitzen beinahe schon liebkosend über das Glas. „Welch Perfektion,“ murmelte er gebannt. Ohne seine neueste Errungenschaft aus den Augen zu lassen, bedeutete er Morrok ihm zu folgen. Die beiden verschwanden durch eine Tür nach hinten. Morgenstern, der alles still beobachtet hatte, räusperte sich und meinte dann zu den beiden Frauen. „Ihr müsst mich nun leider auch entschuldigen. Ich habe noch zu tun. Doch ich bin mir sicher, dass wir uns schon recht bald wiedersehen werden.“ Er verneigte sich leicht vor ihnen, ehe er Rhynna noch einen wissenden Blick zuwarf. „Denkt darüber nach was ich Euch gesagt habe.“ Rhynna nickte ihm zu. „Das werde ich,“ versprach sie. Mit einem zufriedenen Lächeln drehte er sich um und verließ das Bestattungsinstitut. Kaum war die Tür hinter ihm ins Schloss gefallen, wandte Evaline sich an ihre Freundin. „Rhynna, ich weiß zwar nicht wie du das angestellt hast, aber du scheinst ein weiteres Mal teil eines gewaltigen Abenteuers zu sein.“ Die violetten Augen der Elfe fixierten sie mit einem schelmischen Funkeln. „Wie machst du das nur immer?“ Verdutzt betrachtete Rhynna ihre Freundin. Glaubte diese wirklich, dass sie in ein umfassendes Abenteuer verstrickt war? Dabei war es doch die Elfe, die mit Morrok Wallinder, einem mehr als mysteriösen Mann, durch die Gegend zog! Sie schüttelte den Kopf. „Du irrst dich, Evaline. Ich gehe nur meiner Arbeit als Mitglied der Löwenherzgarde nach. Das ist alles. Wenn hier jemand drauf und dran ist ein Abenteuer zu erleben, dann wohl eher du. Ich meine, in Öl ertränkte Ratten, ich bitte dich!“ Gekonnt ignorierte die Elfe diesen Einwurf. „Ach? Und dieser sonderbare Mann mit der Maske? Er hat dir eine Botschaft mit auf den Weg gegeben oder täusche ich mich da?“ Prüfend mustere Evaline ihre Freundin. Rhynna rang unter ihrem durchdringenden Blick nervös die Hände. „Ja, schon. Und dennoch glaube ich, dass das nichts weiter zu bedeuten hat. Er muss sich irren.“ „Blödsinn!“ schnaubte die Elfe wenig damenhaft. „Er sah mir nicht so aus wie jemand, der umher läuft und einem Dinge weismachen will, die nicht der Wahrheit entsprechen.“ „Wenn du meinst,“ murmelte Rhynna, immer noch nicht bereit, das alles so hinzunehmen, was Morgenstern ihr gesagt hatte. Es war einfach zu absurd. Schwungvoll warf Evaline ihre langen Haare zurück. „Ja, das meine ich. Oh, ich wusste schon immer, dass dir Großes beschieden sein wird!“ Rhynnas Wangen färbten sich rot. „Jetzt fang du nicht auch damit an.“ „Dann eben nicht.“ Evaline zog einen kleinen Schmollmund, was Rhynna zum Lachen brachte. Zufrieden damit, dass es ihr gelungen war die Freundin zu erheitern, setzte sie die Unterhaltung fort. „Jetzt musst du mir aber erzählen, wie es kommt, dass du bei der Löwenherzgarde bist. Ich dachte da können nur Ritter hin?“ Und so erzählte Rhynna ihr alles von Anfang an und auch Evaline berichtet von den Geschehnissen, die sich seit ihrem letzten Treffen ereignet hatten. Als Mitternacht und Morrok von hinten zurückkamen und Morrok verdeutlichte, dass sie nun weiter mussten, verabschiedeten sich die beiden Freundinnen voneinander und versprachen sich, sich bald wieder zu treffen. Nachdem sie auch Mitternacht Lebewohl gesagt hatte, begab Rhynna sich direkt zu John Hoffman, um das weitere Vorgehen mit ihm zu besprechen. Hosted by Animexx e.V. 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