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Nach seinem Tod...

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Vorwort zu diesem Kapitel:
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N°1 Annas Schmerz

N°1 Annas Schmerz
 

Es waren schon drei Monate seit dem Tod von Suoh Mikoto, dem roten König, vergangen. Die Bar 'HOMRA', einst so lebhaft und stets laut, war nun ein Ort der Trauer geworden. Ihr Leader, Anführer, König, war fort und würde nie wieder kommen. Es war alles aussichtslos, 'Homra' gab es nicht mehr. Denn wie konnte der rote Klan ohne ihren König bestehen? Alle Mitglieder der damaligen Gang hatten sich mittlerweile ein neues Leben aufgebaut. Kusanagi Izumo hielt noch immer seine Bar in stand und regelte noch einige Probleme in ihrem alten Bezirk. Auch, wenn er keine besonderen Kräfte mehr besaß, war er noch sehr stark und er wollte seine Leute, jene, die 'Homra' immer vertraut hatten, nicht einfach im Stich lassen.

Auch Yata Misaki, Kamamoto Rikio, Chitose Yo und Sutr Eric fühlten sich immer noch verantwortlich gegenüber ihren Schützlingen. Sie gingen jeden Tag auf 'Streife' und verteidigten ihr Territorium mit allem was sie hatten. Sie waren vielleicht etwas schwächer geworden, doch ihr Wille war noch da. Sie wollten beschützen, was sie, und vorallem Suoh Mikoto, sich aufgebaut hatten.

Kushina Anna war fast immer bei Kusanagi zu finden. Meistens verbrachte sie den ganzen Tag in seiner Bar. Sie war noch stiller, als je zuvor, sagte eigentlich gar nichts mehr wirklich. Ihre roten Perlen lagen unbewegt auf einem Tisch. Eine Karte von Shizume City war daneben, allerdings zusammengerollt. Anna hatte sie lange nicht mehr angerührt, dennoch hatte Kusanagi sie dort liegen gelassen. Er hoffte noch immer, dass sie ihre Trauer bald überwand und endlich wieder lebte.
 

Anna:

Meine Tage waren unglaublich langweilig und traurig geworden. Früher hatte es immer Spaß gemacht hier in der Bar zu sein, einfach nur hier zu sitzen und den anderen zuzusehen wie sie rum alberten, doch jetzt wo Mikoto....Nein! Ich konnte es immer noch nicht glauben! Er war.....Nein! Nein! Nein! Es war so schnell gekommen.

Ich wusste, dass er uns doch nur schützen wollte und Tatara rächen, aber es tat so weh! Jede Nacht weinte ich mich in den Schlaf. Und, wenn ich am Morgen aufwachte, hatte ich rote angeschwollene Augen. Ein hässliches Rot! Bei Mikoto war immer so ein wunderschönes Rot. So schön! Und jetzt würde ich es nie wieder sehen! Wieso musste er sterben? Wieso?
 

Der heutige Tag war wieder einmal furchtbar öde und schleppend. Izumo hatte vorgeschlagen, dass ich bald in eine Schule gehen sollte, aber ich hatte ihn nur emotionslos angesehen und meinen Kopf leicht geschüttelt. Ich wollte nicht in eine Schule. Dort waren andere Menschen, Kinder. Keiner von ihnen würde meinen Schmerz verstehen! Keiner könnte es nachvollziehen! Ich wollte niemanden neues kennenlernen. Es würde doch eh alles nur wieder untergehen. Izumo meinte, ich würde bestimmt viele Freunde finden in meinem Alter und, dass ich dann wie ein ganz normales Mädchen aufwachsen könnte. Aber wieso sollte ich so etwas wollen? Freunde finden, nur, um sie bald schon wieder zu verlieren? Es würde doch sicher wieder so enden, oder? Ich wollte gar nicht normal sein! Ich wollte, dass alles so war wie früher!
 

Ich saß an der Bar und aß mein Eis, welches Izumo mir gemacht hatte, weil es heute so schrecklich heiß war. Er redete immer wieder darüber, dass er mich unbedingt in einer Schule anmelden wollte. Wie süß ich doch in einer Schuluniform aussehen würde und wie viel Spaß ich dort haben würde. Dass ich ganz sicher super beliebt werden würde und viele Freunde fände. Ich versuchte ihn so gut es ging zu ignorieren.
 

Seit seinem Tod war einfach alles anders. Nichts war mehr, wie zu seiner Zeit. Wenn ich Yata-san und die anderen mal sah, dann hatten sie einen ernsten Gesichtsausdruck und, wenn sie mich ansahen, zog die Trauer über ihre Züge. Sie wussten, wie ich mich fühlte, denn sie fühlten es ebenso. 'Homra' war unser Zuhause gewesen, doch jetzt fühlte es sich einfach nicht mehr so an. Wir fühlten uns hier nicht mehr zu Hause. Eine Träne rollte über meine linke Wange, als ich in den nahezu schwarzen Nachthimmel hinaus sah. In den Sternen sah ich ihn auf uns herabblicken und die Tränen wurden mehr. *Wieso hast du uns verlassen, Mikoto, wieso nur musstest du gehen?*
 

Ich ging nun zur Schule. Ich hatte keine Freunde gefunden und wirklich beliebt war ich auch nicht. Einige Jungen fanden mich niedlich hatte ich gehört und ein paar Mädchen beneideten mich deshalb, aber keiner sprach mit mir. Ich war auch immer ruhig, meldete mich nie und machte auch keinerlei Anstalten mit irgendjemandem zu kommunizieren oder so. Insgesamt fand ich die Schule nervig und langweilig. Und diese Uniform war echt blöd. Ich wollte eines meiner Kleider tragen, eines mit viel rot, so aussehen, wie Mikoto mich immer gesehen hatte. Es hielt die Erinnerung an ihn aufrecht. Ich hatte das Gefühl, ihm so näher sein zu können, selbst nach seinem Tod. Ich fühlte mich nicht so alleine.
 

Einen Monat lang war ich jetzt in der Schule angemeldet. Nichts hatte sich geändert, es war noch immer langweilig und nervig. Ich vermisste noch immer Mikoto.

Wenn ich zur Schule ging oder auch von ihr zur Bar lief, hatte ich manchmal so ein merkwürdiges Gefühl. Es war, als ob mich jemand beobachten würde. Ich hatte Izumo und den anderen nichts davon erzählt, ich wollte sie nicht mit so einer Kleinigkeit belasten. Es war bestimmt nichts. Wahrscheinlich bildete ich es mir nur ein.
 

Am nächsten Morgen wurde mir bewusst, dass ich mich nicht geirrt hatte. Ich wurde beobachtet! Auf meinem Weg zur Schule hatten mich ein paar, in schwarz gekleidete, Männer abgefangen und in ein Auto gezogen. Es war alles so schnell geschehen, dass ich nicht einmal reagieren konnte und schon hatte ich das Bewusstsein verloren.
 

Ich wachte in einer Lagerhalle auf. Sie war sehr runtergekommen, überall lag Schrott rum. In einer Ecke standen ein paar Stühle und ein kleiner Tisch, in einer anderen waren einige Kisten. Die Fenster waren fast alle mit Holzbrettern zugemacht worden und es kam nur wenig Licht herein. Ich konnte dennoch alles im Raum genau erkennen. Außer mir war niemand hier. Ich hatte einen Knebel im Mund und meine Hände und Füße waren jeweils zusammengebunden. Ich konnte mich weder bewegen, noch einen Ton von mir geben.
 

Irgendwann kamen drei, wieder schwarz gekleidete, Männer rein und stellten sich vor mich. Einer, der in der Mitte, ging in die Knie und nahm mir den Knebel aus dem Mund, dann hielt er mein Kinn in seiner Hand. Ich starrte ihn einfach nur an, zeigte keine Emotion.

„Kushina Anna, Mitglied von 'Homra'. Du bist ja ne Süße, HA HA HA HA! Weißt du, warum du hier bist, Kleine?“ Seine Stimme war einfach nur widerlich! Und die Tatsache, dass er mich berührte, wenn auch nur am Kinn, gefiel mir kein Stück! Ich antwortete ihm nicht.

„Nein?“ Das ekelhafte Grinsen, welches eben noch auf seinen Lippen lag, verschwand nun und sein Blick wurde seltsam ernst. „Da darfst du dich wohl bei deinen 'Homra'-Leuten bedanken! Diese Idioten hören einfach nicht darauf, was ich ihnen sage und bleiben einfach hier!“ Seine Stimme wurde immer lauter. „Diese Bastarde haben nichts mehr! Sie sind alle so schwach! Was wollt ihr, 'Homra', also noch hier?! Verschwindet!“ Er ließ mein Kinn los und gab mir eine Ohrfeige. Die Wucht war so stark, dass ich zur Seite kippte. „Und du, meine Süße, bist hier, damit deine Kameraden endlich einsehen, dass sie hier nichts mehr zu suchen haben und verschwinden!“ Sein widerliches Grinsen war wieder zurück und mir stieg die Galle auf, als ich sah, dass er seinen Kollegen ein Signal gab und diese dann auf mich zukamen. Sie wirkten bedrohlich. Schon bald traf mich der erste Tritt, dann noch einer und noch einer. Alles verschwamm nach einiger Zeit. Ich spürte nur noch diesen unendlichen Schmerz.
 

Ich wippte auf und ab, hing lose in etwas warmem. Ich öffnete meine Augen einen Schlitz breit und konnte nicht glauben, was ich sah. Rot! Mikoto! Dann wurde mir wieder schwarz vor Augen.
 

Kusanagi:

Es war schon sechs Uhr Abends und noch immer keine Spur von Anna. Sie hätte schon vor einigen Stunden hier sein sollen und wir machten uns alle Sorgen. Yata und der Rest hatten sich auf die Suche nach ihr begeben, aber bis jetzt konnten sie sie noch nicht finden. Im Moment telefonierte ich meine Quellen ab, doch keiner schien etwas zu wissen. Wir waren ziemlich hilflos ohne unsere Kräfte, musste ich wieder einmal feststellen, und ohne Mikoto.
 

Gegen acht Uhr dann, wir saßen gerade zusammen in der Bar und überlegten, was wir jetzt tun sollten, wurde die Tür mit Schwung geöffnet und ein kleiner blonder Junge kam herein. Er blieb an der Tür stehen und schien diese aufzuhalten. Hinter ihm trat eine junge Frau, mit ebenso blondem Haar, ein. Sofort versteifte ich mich und einige sprangen auf. In ihren Armen trug sie eine verletzte Anna!

„Ich glaube ich habe jemanden gefunden, der zu euch gehört.“, meinte sie mit sanfter Stimme und lief zur Couch. Eric und Yo machten ihr platz und sie legte Anna darauf. Dann sah sie zu mir.

„Bring mir Verbandszeug und Desinfektionsmittel.“ Ich reagierte zögernd, brachte ihr dann aber, um was sie mich bat. Während sie die Kleine verarztete, schloss ich die Tür ab und scheuchte die anderen in ihre Räume über der Bar. Ich selbst stellte mich wieder hinter meine Bar und wartete ab. Der kleine Junge saß neben der Couch und sah gespannt zu, was die junge Frau dort tat. Wer waren sie?

N°2 Das Schicksal tut, was es will/Die Unbekannte und ihr Leben

N°2 Das Schicksal tut, was es will/Die Unbekannte und ihr Leben
 

Unbekannt:

Ich war gerade mit meinem kleinen Bruder, Henry, unterwegs. Wir waren in einer neuen Stadt angekommen, Shizume City. Seit dem Tod unserer Eltern, vor zwei Jahren, waren wir zusammen auf Reisen gegangen. Ich konnte nicht Daheim bleiben, alles dort erinnerte mich an unsere glückliche Familie und Henry wurde Tag für Tag unruhiger. Außerdem wollten sie uns in ein Heim stecken! Sie meinten, dass sie Henry bestimmt an eine neue Familie vermitteln konnten, aber bei mir, da würde es wohl anders aussehen. Ich hatte sofort gehandelt und war, mit Henry an der Hand, abgehauen. Sie wollten uns trennen! Niemals hätten unsere Eltern das gewollt! Doch ich wusste auch, dass wir keine weiteren Verwandten hatten, zu denen wir gehen konnten.
 

Wir lebten in Japan. Unser Vater war Amerikaner gewesen und hatte unsere Mutter, Japanerin, kennengelernt, als er begonnen hatte hier zu studieren. Es war Liebe auf dem ersten Blick gewesen, hatten sie mir immer vorgeschwärmt. Unsere Mutter hatte keine Familienmitglieder außer uns gehabt, ihre Eltern waren schon vor langer Zeit verstorben, und die restlichen Verwandten von Vaters Seite lebten in Amerika und wollte nichts mit uns zu tun haben. Sie hatten Vater praktisch aus der Familie ausgeschlossen, nur, weil er in Japan bleiben und dort seine eigene Familie gründen wollte. Es war traurig, aber, wenn diese Menschen so dachten, dann wollte ich beim besten Willen auch nichts mehr mit ihnen zu tun haben!
 

Henry war gerade erst 8 Jahre alt geworden, ich selbst war 18. Zuerst hatten wir noch große Probleme, da uns die Polizei gesucht hatte, aber sie hatten nach einem halben Jahr wieder aufgegeben. Danach hatte ich zwar immer noch Schwierigkeiten genug Geld für uns beide zu verdienen, doch wenigstens musste ich mich nicht mehr so stark verstecken. Wir waren immer weiter gewandert, von Stadt zu Stadt. Ich wusste gar nicht genau, wohin wir gingen, aber irgendwie fühlte sich die Richtung perfekt an.
 

Dann, vor ungefähr vier bis fünf Monaten, geschah etwas Verrücktes. Es war Nacht und ich war auf dem Weg zu unserem momentanen Zuhause, Henry wartete dort auf mich, da hörte ich einen Schrei. Ohne groß nachzudenken lief ich ihm nach und fand ein paar dubiose Kerle, die gerade dabei waren eine schutzlose Frau zu bedrängen. Ich hatte ein bisschen Erfahrung in Selbstverteidigung, also entschloss ich mich ihr zu helfen. Die Polizei war sowieso außer Frage, niemals würde ich sie um Hilfe bitten!

Ich lief auf die vier Personen zu und rief:

„Hey, ihr da! Was macht ihr hier? Einfach eine wehrlose Frau angreifen! Verschwindet!“ Sie drehten sich erschrocken um, entspannten sich aber sofort wieder, als sie mich sahen. *Na toll*, dachte ich mir.

„Was denn? Willst DU uns etwa aufhalten? HA HA HA HA, dass ich nicht lache! Aber du kannst natürlich liebend gerne mitmachen, Zuckerschnecke! HE HE HE HE!“ Ich verzog das Gesicht.

Zwei von den Typen kamen auf mich zu und ich machte mich Kampfbereit. Ich war mir sicher, dass das hier nicht gut ausgehen konnte, aber jetzt konnte ich nicht mehr zurück! Beide griffen mich zur gleichen Zeit an. Zunächst wich ich immer wieder aus, dann schlug ich dem einen mit der Faust ins Gesicht und musste feststellen, dass ich mehr Kraft besaß, als erwartet! Ein Knacken war zu vernehmen und seine Nase hatte sich merkwürdig verschoben. Mit der Wucht meines Schlags flog er zurück und schlug mit dem Kopf gegen die Mauer hinter ihm. Er rutschte bewusstlos daran herunter.

Der andere Kerl sah mich erstaunt an und rannte dann wieder wütend auf mich zu. Ich wollte wieder zuschlagen, als mich ein Schrei unterbrach. Ich wich im letzten Moment noch aus und sah zu der Frau und dem anderen Mann. Er hatte ein Messer raus geholt und hielt es der Frau an den Hals. Herausfordernd sah er mich an. Ich bewegte mich nicht.

„So, Süße, jetzt hörst du mir mal genau zu. Du bleibst jetzt ganz ruhig und tust genau das, was ich dir sage, sonst stirbt die Kleine hier! Hast du das verstanden?“ Ich nickte leicht, ich hatte keine Wahl.

„Gut, dann sei jetzt ein braves Mädchen und wehr dich nicht! HE HE HE HE!“ Seine kranke Lache hallte durch die Nacht. Ekelhaft! Ich tat, was er wollte und ließ mich von dem anderen Kerl festhalten. Irgendetwas musste ich doch tun können! Irgendetwas! Meine Wut und der Wille, uns aus dieser Situation zu befreien, wurde immer größer, bis der Kerl, der mich gepackt hatte, auf einmal aufschrie.

Ich sah rot und mir wurde unglaublich warm. Mein Kopf tat für einen kurzen Moment so weh, dass ich das Gefühl hatte, dass er gleich platzen würde. Doch so schnell wie es kam, war es auch schon wieder verschwunden. Überall sah ich nur rot! Ich drehte mich zu dem mittlerweile kreischenden Mann um und auch er war rot, er brannte! Und es fühlte sich richtig an! Ich blickte auf meine rechte Hand, sie war nicht ein bisschen verbrannt oder angekokelt, obwohl eine rosarote Flamme daran herum tänzelte. Ich war nicht erschrocken, irgendwie nur erstaunt und fasziniert.

Mein Kopf ruckte zu dem Mann, der immer noch die fremde Frau bedrohte. Ein böses Grinsen schlich sich auf meine Lippen. Wie sagte man so schön, 'Rache ist süß'! Er wich zurück, desto näher ich kam.

„Bleib stehen, Schlampe! Ich töte sie, hörst du, ich töte sie! Also bleib verdammt noch mal stehen!?“ Er war außer sich, total verängstigt. Jetzt würde er zurückbekommen, was er getan hatte. Bestimmt hatte er das auch schon mit anderen Frauen gemacht! Er bekam bloß, was er verdient hatte.

Bevor er reagieren konnte stand ich direkt vor ihm und hielt seine Hand fest, die, in der er das Messer hatte. Die Flammen gingen auf ihn über und verbannten auch ihn. Er schrie auf, wich zurück und rannte, wie von einer Wespe gestochen, los. Der hatte seine Lektion gelernt! Sein Kumpel, der, den ich K.O. geschlagen hatte, war auch wieder bei Bewusstsein und hatte sich aufgerappelt. Verwirrt sah er sich um, bemerkte mich mit meiner roten Aura und verschwand so schnell er konnte. Der, eben noch brennende, dritte Mann lief ihm, schreiend wie ein Mädchen, hinterher.

Meine Flammen erloschen und ich wandte mich an die Frau. Sie wich ängstlich zurück.

„Keine Angst, ich will dir nur helfen. Bist du okay? Irgendwo verletzt?“ Sie schüttelte ängstlich den Kopf und bedankte sich leise bei mir, dann lief sie eilig davon. Ich hatte sie wohl ein bisschen erschreckt, wie? Naja, ich hätte wohl ebenso reagiert, wenn mir so etwas passiert wäre.
 

Seit diesem Erlebnis konnte ich diese rosaroten Flammen je nach belieben heraufbeschwören. Henry hatte sie auch schon gesehen und, ohne, dass ich etwas machen konnte, einfach angefasst. Zuerst war ich zurück gezuckt, wollte ihn nicht verletzen, doch als er keinen Schrei oder ähnliches von sich gab, sah ich zu ihm. Er war vollkommen in Ordnung, keine Verbrennungen oder so! Seine rechte Hand zuckte zu seinem Bauch, auf der rechten Seite. Gespannt hob ich sein Shirt ein wenig an und wich dann erschrocken zurück. Er hatte ein Tattoo! Ein Tattoo? Es war eine Flamme. Ich hatte keine Ahnung, was das zu bedeuten hatte, aber ich wollte es herausfinden.
 

Meine Nachforschungen brachten uns nach Shizume City. Ich hatte von den Königen gehört. Sie besaßen die Kraft des Schwertes von Demacles oder so und so wie es aussah, hatte ich jetzt die Kraft des roten Königs, oder in meinem Fall, der roten Königin. Vor mir war ein Klan namens 'Homra' der rote Klan gewesen, ihr Anführer war Suoh Mikoto. Er war anscheinend verstorben, also hatte ich diese Kraft praktisch von ihm geerbt, auch wenn wir jetzt nicht verwandt waren. Merkwürdig. Ich fand es sehr seltsam und beschloss deshalb mal die Bar 'HOMRA' aufzusuchen. Laut einiger Einwohner hielten sich dort noch ein paar der ehemaligen Klanmitglieder auf. Ich war gespannt.
 

Mit Henry lief ich durch die Straßen, es war schon abends, ungefähr sieben Uhr und es war auch schon dunkel. Wir waren jedoch gerade nicht auf dem Weg zur Bar, sondern zu einem Lagerhaus. Kurz zuvor hatte ich ein Gespräch von zwei Geschäftsmännern mitbekommen. Sie hatten von der Entführung eines 'Homra'-Mitgliedes gesprochen. Ein junges Mädchen, wenn ich es richtig verstanden hatte. Diese Information konnte ich nicht ignorieren!

Ich hatte die beiden Männer in eine Gasse gelockt und sie dann ausgefragt. Ich hatte eine Geheimwaffe, Henry. Er war ein ganz besonderes Kind. Er war normalerweise immer aufgeweckt und verspielt, aber für seine 8 Jahre konnte er auch ziemlich ernst werden! Er hatte eine besondere Kraft, er brachte Menschen dazu die Wahrheit zu sagen. Egal was er fragte, er würde immer eine wahre Antwort bekommen! Aktiviert wurde diese Gabe anscheinend durch diese eine Berührung, als meine Flammen mich umgeben hatten.
 

Am Ende hatten Henry und ich erfahren, wo sich ihre Komplizen aufhielten, und wir machten uns sofort auf den Weg dorthin. Es war ein hässliches Lagerhaus. Es bröckelte überall und sah baufällig aus. Trotzdem gingen wir hinein. Ich konnte ein ersticktes Wimmern hören und wie jemand auf etwas oder jemanden einprügelte. Henry blieb am Eingang der Halle stehen und ich lief zu den drei Männern in schwarz und dem kleinen Mädchen in der Schuluniform.

„Hey! Seit ihr verrückt!? Wie könnt ihr einem kleinen Mädchen so etwas antun?!“, schrie ich sie an und beschwor meine Aura herauf.
 

Nach einer einseitigen Prügelei, meinerseits, ging ich zu dem Mädchen. Sie war verletzt, überall Kratzer und blaue Flecken. Außerdem war sie gefesselt. Schnell machte ich sie los und hievte sie in meine Arme. Ich war nicht besonders stark und hatte so meine Schwierigkeiten sie vernünftig zu halten, doch irgendwie schaffte ich es. Mit der Weißhaarigen in den Armen lief ich dann zur Tür hinaus. Erst dort angekommen erlosch meine Flamme ganz. Henry sah uns verwundert an, sagte aber nichts, folgte uns einfach. Ich wusste bereits vor diesem Vorfall, wo sich die Bar 'HOMRA' befand, also machten wir uns auf in dessen Richtung.
 

Henry lief ein Stück vor, um mir die Eingangstür zur Bar zu öffnen. Ich ging hinein. Einige von ihnen sprangen auf, andere stockten in ihrer Bewegung.

„Ich glaube ich habe jemanden gefunden, der zu euch gehört.“, meinte ich mit sanfter Stimme und lief zur Couch. Ein blonder Junge mit Kapuze und ein Kerl mit kurzen hellbraunen Haaren machten mir platz und ich legte das Mädchen darauf. Dann sah ich zu dem großen blonden Kerl mit der Brille. Er schien hier der zu sein, der das Sagen hatte.

„Bring mir Verbandszeug und Desinfektionsmittel.“ Der Mann brauchte einen kurzen Moment, brachte mir aber schon bald die gewünschten Sachen. Henry saß gespannt neben mir, die anderen hatte der Blonde aus dem Raum geschmissen.

N°3 HOMRA (Rote Königin?)

N°3 HOMRA (Rote Königin?)
 

Unbekannt:

„Ihr seid 'Homra', der ehemalige rote Klan, richtig?“, fragte ich, nachdem ich die Kleine, ihr Name war Anna, verarztet hatte. Der blonde Mann hinter dem Bartresen sah verdutzt auf.

„Ja, das ist richtig. Mein Name ist übrigens Kusanagi Izumo. Und Sie sind?“

„Ah, Verzeihung, ich bin Minamoto Alice und das hier ist mein kleiner Bruder,-“

„Minamoto Henry!“, unterbrach er mich sogleich. Ich warf ihm einen tadelnden Blick zu und er kratzte sich verlegen am Hinterkopf.

„Gomen, Nee-san.“

„Wieso fragst du nach 'Homra'? Wir sind nicht mehr der rote Klan.“ Er wirkte traurig, dann stimmte es wohl echt, dass ihr Leader verstorben war. Dann war ich wohl tatsächlich die neue rote Königin.

Statt ihm zu antworten hob ich meine rechte Hand und ließ eine Flamme entstehen. Seine Augen wurden groß.

„Was zum-Wer zum-Diese Kraft ist....Du bist die neue rote Königin!“

„Jap, die bin ich. Aber ich weiß nur ganz wenig über darüber! Kannst du mir vielleicht erklären, was das alles bedeutet und so? Deshalb bin ich eigentlich auch hier. Die süße Anna hier habe ich durch Zufall gefunden.“ Ich lächelte ihn freundlich an. Er nickte und begann zu erzählen.
 

Yata:

Wir hatten den ganzen Nachmittag und teilweise sogar Abend mit der Suche nach Anna verbracht und dann kommt da einfach so ein Mädchen mit ihr in den Armen in die Bar spaziert und meinte, dass sie wohl jemanden gefunden hätte, der zu uns gehörte! Wir hatten keine Ahnung wer sie war und eigentlich sollten wir vorsichtig sein, aber Kusanagi-san hatte uns einfach aus der Bar geworfen! Er wollte, dass dieses Mädchen Ruhe hatte, während sie Anna verarztete. Ich betone nochmal: Wir kannten sie NICHT! Wer wusste schon, was sie vor hatte? Vielleicht war das ja nur ein Trick und in Wirklichkeit hatte SIE Anna so zugerichtet? Aber sie war nur ein Mädchen? Arrrgh. Das war verwirrend! Sie war ein Mädchen, Mädchen taten so was eigentlich nicht, aber sie war trotzdem verdächtig! Das merkwürdigste an ihr war aber, dass sie einen kleinen Jungen bei sich hatte. Der war nicht älter, als Anna, ganz sicher! Ich fragte mich wirklich wer sie war, nicht, dass ich Interesse an ihr hätte, aber wir mussten ja sicher gehen, dass sie wirklich keine Bedrohung war, auch, wenn sie nur ein Mädchen war!
 

Antworten bekamen wir jedoch erst am nächsten Morgen. Ich saß mit Kamamoto und den anderen in der Bar und aß brav mein Frühstück, da kam der kleine Junge von gestern hereingestürmt und schrie immer wieder 'Essen, Essen, Essen'. Hinter ihm kam auch das fremde Mädchen herein. Ich stockte und verschluckte mich an meinem Essen. Hustend suchte ich mein Glas Wasser. Kamamoto gab es mir und ich nahm schnell einige Schlucke, dann atmete ich erstmal durch. Mein Blick wanderte wieder zu dem Mädchen und die Röte schoss mir ins Gesicht, sofort waren meine Augen wieder auf mein Essen gerichtet. Die hatte ja kaum was an! So was gehörte sich doch nicht für ein Mädchen!

„Z-z-z-zieh dir g-ge-gefälligst w-was a-a-an, Mädchen!“, rief ich, sah aber immer noch weg. Ich spürte mehrere Blicke auf mir.

„Eeh, aber sie hat doch was an!“, kam es von meiner rechten Seite, der kleine Junge hatte gesprochen.

„Wa-was ver-ver-vernünfti-tiges!“, rief ich wieder. Da hörte ich auf einmal ein glockenhelles Lachen und mein Kopf ruckte hoch. Sie lachte. Sie lachte! Lachte sie mich gerade aus?

„H-hey, was gi-gibt e-es denn d-d-da zu lachen?!“ Ich sprang auf und sah sie wütend an, wendete meinen Blick aber wieder ab, als sie mir direkt in die Augen schaute.

„Entschuldige bitte, ich wusste nicht, dass ihr hier auf eine hochgeschlossene Kleidung für Frauen besteht!“, meinte sie dann freundlich und drehte sich zum Gehen.

„Ach was, dass is nur Chihuahua, der so denkt. Weißt du, der is immer ein bisschen schüchtern, wenn weibliche Wesen in der Nähe sind, deshalb stottert er auch so.“, meinte Eric und ich wollte ihm eine Kopfnuss dafür geben, aber Kamamoto hielt mich zurück.

„Das stimmt ja gar nicht! Und nenn mich nicht so!“ Jetzt lachten sie alle los.
 

Alice:

Also, diese 'Homra'-Leute waren echt nett und witzig. Besonders Yata-san war knuffig! So schüchtern, einfach knuffig! Henry verstand sich mit allen gut. Ich war froh, dass Kusanagi-san uns gestern noch, nach der langen Geschichte über die Könige und so weiter, angeboten hatte in einem der freien Räume über der Bar zu schlafen. Wir hatten hier noch kein Hotelzimmer oder ähnliches, also passte das perfekt.

Nach dem Frühstück hatten sich alle vorgestellt und Yata-san hatte einen riesen Aufstand um seinen Vornamen, Misaki, gemacht. Ich sagte ja schon, knuffig! Als ich gestern so mit dem Barbesitzer geredet hatte, hatte ich beschlossen, wenn die anderen mich akzeptierten, hier zu bleiben und 'Homra' neu aufzubauen. Der Blonde hatte mir auch von der Lage ihres Bezirks erzählt, dass sie ihre Schützlinge nicht mehr beschützen konnten, da sie keine Kraft mehr hatten. Und mein Entschluss fühlte sich einfach richtig an. Insgesamt hatte ich das Gefühl, angekommen zu sein. Als hätte mich irgendetwas genau hier her geleitet.

„Und was machst du hier, Alice-chan?“ Ich sah zu Chitose-san. Er war echt ein Flirt, selbst diese Frage wirkte wie ein erneuter Flirtversuch!

„Also, was das angeht, da muss ich euch wohl was gestehen.“ Ich kratzte mich verlegen am Hinterkopf. „Ähm, also, wisst ihr, ich würde gerne 'Homra', den roten Klan wieder ins Leben rufen. Ich, als eure neue rote Königin.“ Ich sah jeden einmal in die Augen. Alle, außer Kusanagi-san, hatten in ihrem Tun innegehalten und starrten mich entgeistert an.

„Was?!“, schrien sie.
 

Am Ende hatten sie mich doch akzeptiert, auch, wenn Yata-san sich etwas schwer getan hatte und ich ihm anscheinend noch immer nicht ganz geheuer war. Jetzt musste nur noch Anna wieder gesund werden. Im Moment schlief sie noch, aber sie würde bestimmt bald aufwachen, hoffte ich zumindest...
 

Und ich hatte Recht behalten, die Kleine wachte noch am selben Abend auf. Leider wirkte sie etwas enttäuscht, als sie erfuhr, dass ich es war, die sie gerettet und hier her getragen hatte. Sie hatte anscheinend jemand anderes erwartet.
 

Anna:

Etwas warmes, helles kitzelte meine Nase. Ich versuchte meine Augen zu öffnen, aber sie fielen mir immer wieder zu. Sie fühlten sich so unglaublich schwer und müde an. Nach ein paar weiteren Versuchen gelang es mir dann doch und ich konnte meine Umgebung sehen. Ich lag in meinem Bett, in meinem Raum. Alleine. Dann fiel mir wieder ein, was geschehen war und was ich meinte gesehen zu haben. Mikoto! So schnell ich konnte und unter Schmerzen, ich hatte überall Verbände, stand ich auf und lief runter zur Bar. Als ich durch die Tür trat wurde ich von Izumo willkommen geheißen und direkt gefragt, ob es mir gut ging. Ich hatte, trotz der Schmerzen, genickt und nun saß ich an der Bar und aß mein 'Frühstück'. Es war schon Mittag.

Die Atmosphäre wirkte viel freundlicher und gar nicht mehr so dolle bedrückt wie sonst. Mikoto war bestimmt zurück! Wieso sonst war es plötzlich so anders?

Da wurde die Tür zur Bar geöffnet und ein blonder Junge, bestimmt jünger als ich, und eine blonde Frau traten ein. Sie sah zu mir und strahlte mich an. Ich sah einfach nur rot. Ihre Augen waren rot. Das rot was ich gesehen hatte? Ich war verwirrt.

„Hallo! Du bist ja endlich wach, Anna-chan! Das ist ja schön! Ich bin Minamoto Alice und das hier ist mein kleiner Bruder, Henry. Freut mich, dich kennenzulernen!“ Sie hielt mir ihre Hand hin. Ich sah sie an, dann zu dem Jungen, der mich auch anstrahlte und hibbelig auf und ab hüpfte, dann zu Izumo. Er nickte mir aufmunternd zu und meinte dann:

„Sie war es, die dich gerettet und hergebracht hat, Anna-chan. Sie hat dich sogar verarztet!“ Mein Blick wurde betrübt, es war nicht Mikoto gewesen. Nicht Mikoto! Er war tot!

„Hey, alles okay?“, fragte die Blondine mich. Ich nickte. Sie hatte ihre Hand wieder sinken lassen.

„Sie ist die neue rote Königin, Anna-chan, und sie wird 'Homra' wieder aufbauen!“, hörte ich Izumo sagen. Meine Augen weiteten sich für kurze Zeit, wurden jedoch schnell wieder normal und mein Gesicht ausdruckslos, wie eh und je. Wie konnte er sich darüber nur so freuen? Mikoto war immer noch tot!

N°4 Anna & Alice & Yata = Spannungen liegen in der Luft

N°4 Anna & Alice & Yata = Spannungen liegen in der Luft
 

Alice:

Ich war traurig. Ich dachte, ich hätte endlich meinen perfekten Platz im Leben gefunden, doch ich spürte, dass es noch nicht ganz richtig war. Henry hatte sich gut bei 'Homra' eingelebt und ging mittlerweile zur Schule. Anna war auch wieder vollkommen gesund. Immer in ihrer Nähe nahm ich allerdings eine bedrückte Aura war. Sie mochte mich nicht, ich war mir sicher. Nicht nur, dass sie sehr enttäuscht gewesen war, als sie von ihrer Retterin erfahren hatte, nein, auch jetzt noch mied sie mich oft. Ich wurde ignoriert und möglichst nie beachtet, da konnte ich tun, was ich wollte.

Henry hatte auch schon versucht zu ihr durchzudringen, aber auch er schaffte es nicht. Trotzdem gab er einfach nicht auf und dafür bewunderte ich ihn sehr. Ich schaute es mir bei ihm ab und gab ebenfalls nicht auf. Ich wollte Anna helfen. Sie war immer so unglaublich ruhig und redete mit niemandem. Außerdem hatte Kusanagi-san mir erzählt, wie sie damals zu Mikoto stand. Sie war ihm überall hin gefolgt, hatte ihn anscheinend sehr gemocht. Es war eine tiefe Verbindung. Es musste schwer für sie gewesen sein, als er starb. Ich konnte es ihr nachfühlen. Auch ich war am Boden zerstört gewesen nach dem Tod meiner Eltern. Neben meinem kleinen Bruder waren sie die wichtigsten Menschen in meinem Leben. Nicht einmal meine Freunde von früher konnten sich zwischen uns drängen. Ich vermisste sie sehr und wünschte, dass alles wieder so wäre, wie damals. Und doch wusste ich, das man die Zeit nunmal nicht zurückdrehen konnte.
 

Kusanagi:

Irgendwie war es merkwürdig. Seitdem Alice hier war, hatte sich einiges geändert. Es war kaum zu beschreiben. Es war nicht wie früher, aber ähnlich. Wir waren nicht mehr alleine, nicht mehr hilflos. 'Homra' war zurück!
 

Anna zeigte eine starke Abneigung gegenüber Alice, wie ich leider feststellen musste. Sie hatte es auch bemerkt und versuchte es zu ändern. Leider bis jetzt ohne Erfolg. Anna war stiller, als sonst, sagte nichts mehr. In der Schule schien es ihr auch nicht besser zu gehen. Ich hatte gehofft, dass sie dort wahre Freunde, die in ihrem Alter waren, fand, aber mein Plan ging wohl nicht auf. Ich zog an meiner Zigarette. Ich wusste nicht mehr, was ich noch tun sollte. Gab es denn keine Möglichkeit sie aus ihrer Qual zu befreien?
 

Anna:

Sie nervten, allesamt. Die Schule, diese Fremde, ihr Bruder und sogar 'Homra'! Immer wieder redeten sie auf mich ein. Konnten sie denn nicht sehen, dass ich einfach in Ruhe gelassen werden wollte? Dass ich doch nur bei Mikoto sein wollte? Hatten sie ihn schon vergessen?! Nein! Das durften sie nicht! Es war doch Mikoto, unser König! Diese Fremde würde ihn niemals ersetzen können!?
 

Sie gaben einfach nicht auf. Jeden Tag kam dieser blonde Junge zu mir und wollte mit mir spielen. Genau wie heute.

„Anna-chan! Anna-chan! Guck mal, was ich bekommen habe!“, meinte er fröhlich und kam auf mich zu. Ich ignorierte ihn, sah nicht einmal zu ihm hin.

„Das ist ein Brettspiel! Nee-san meint, dass das total viel Spaß macht! Spielst du mit mir?“ Noch immer sah ich nur auf meine Schuhe.

„Anna-chan?“ Seine Stimme war ein bisschen traurig, enttäuscht. Aber das war mir egal! Er sollte einfach verschwinden! Zusammen mit seiner blöden Schwester! Mikoto war der einzige rote König!

„Henry, ich glaube, sie möchte gerade nicht mit dir spielen. Komm her, ich zeig dir wie das Spiel funktioniert! Vielleicht spielt Anna-chan ja ein andermal mit dir.“ Jetzt sah ich doch auf. Verrückt. Gerade die Person, die ich nicht hier haben wollte, half mir. Ich sah ihr in die Augen und sah es, das Mitgefühl. Ohne es zu wollen, fühlte ich mich von ihr verstanden. Es war, als wüsste sie genau, wie ich mich im Moment fühlte. Wieso war sie es? Gerade sie, die mich verstand?
 

Alice:

Ich versuchte der Weißhaarigen zu vermitteln, dass ich ihren Schmerz nachempfand und hoffte, dass sie sich mir bald öffnen würde. Es würde niemals besser werden, wenn sie nicht darüber sprach. Ich musste es schließlich am besten wissen!
 

Es hatte sich sehr schnell herum gesprochen, dass der rote Klan wieder aktiv war. Wir hatten es geschafft unseren Bezirk wieder vollkommen unter unsere Kontrolle zu bringen. Es waren sogar einige der ehemaligen 'Homra'-Mitglieder zurückgekommen um sich uns anzuschließen. Außerdem hatten wir zwei ganz neue Rekruten in unserer Gruppe aufgenommen.

Yata-san und die anderen waren oft draußen und schlugen auch gerne mal zu. Von Kusanagi-san hatte ich erfahren, dass der rote Klan, als der brutalste und rüpelhafteste unter allen Klans bekannt war. Anfangs war ich mir nicht so sicher, ob ich das wirklich wollte, doch als ich ein paar mal mit den Jungs unterwegs war und mitbekam wie sie drauf waren, konnte ich es ihnen nicht mehr übel nehmen. Sie verprügelten nicht einfach wahllos irgendwelche Menschen, sondern sie beschützten ihr Gebiet, ihre Leute. Unschuldige ließen sie in Ruhe. Im Grunde genommen waren sie einfach ein paar nette Kerle, die missverstanden wurden. Sie zeigten halt mehr was sie fühlten, als das sie es sagten. So konnten sie sich halt am besten ausdrücken.
 

Ich spürte häufig, wie Blicke auf mir lagen. Wenn ich mich in die Richtung drehte, in der ich diese vermutete, sah ich meist einen peinlich berührten Yata-san. Er hatte dann immer einen leichten Rotschimmer auf den Wangen und sah angestrengt von mir weg. Hin und wieder blinzelte er dann wieder zu mir, um zu schauen, ob ich immer noch zu ihm sah. Wenn ja, dann waren seine Augen sofort wieder woanders.

Manchmal kam mir dies so lustig vor, dass ich kichern musste. Einmal hatte ich aus Versehen sogar laut losgelacht! Da lagen dann alle Blicke plötzlich auf mir und ich selbst war es, der die Röte ins Gesicht schoss. Es war aber auch einfach zu knuffig, wie er sich zierte! Es waren doch nur Blicke, aber er reagierte wie ein Schulmädchen, welches zum ersten mal verliebt war. Ich fand es süß, traute mich allerdings nicht so recht mich ihm zu nähern. Also blieb ich dabei, ihn hin und wieder ein bisschen damit zu ärgern. Hoffentlich würde er bald nicht mehr so misstrauisch mir gegenüber sein.
 

Yata:

Ich war absolut überfragt! Ich verstand mich selbst nicht mehr! Am Anfang hatte ich es darauf geschoben, dass ich dieses Mädchen, Alice, nur so viel beobachtete, weil ich ihr nicht ganz traute, doch mittlerweile war ich mir da nicht mehr so sicher. Immer, wenn ich mich am Abend Schlafen legte, dachte ich an sie. Immer, wenn ich auf der Straße ein Mädchen mit langen blonden Haaren sah, dachte ich, es wäre sie. Immer, wenn jemand etwas sagte, was sich auch nur annähernd wie 'Alice' anhörte, versuchte ich genaueres zu verstehen. Es könnte ja über sie sein! Immer, wenn ich sie wahrhaftig vor mir sah, fühlte sich mein Bauch merkwürdig leicht an und mein Herz machte einen Aussetzer, bevor es zu rasen begann. Was war nur mit mir los?
 

Um diese seltsamen Gedanken aus meinem Kopf zu vertreiben, schnappte ich mir mein Skateboard und lief zur Tür hinaus. Bevor ich jedoch in das Tageslicht hinaustreten konnte, wurde ich am Handgelenk gepackt und zurückgezogen. Aus Reflex schwang ich zur Seite und wollte mich losreißen, da bemerkte ich, WER mich da festhielt. Die Blondine stand vor mir und hielt mein Handgelenk fest umklammert. Mit einem freundlichen Lächeln sah sie mich an, während sich meine Augen weiteten und ich wie erstarrt da stand.

„Ist er jetzt kaputt?“, fragte der kleine Junge von der Couch her.

„Henry! Erzähl doch nicht so einen Quatsch!“, meinte das Mädchen vor mir und wandte sich dann wieder an mich. „Yata-san, kann ich mitkommen? Ich muss noch ein paar Lebensmittel besorgen und da könnte ich jemanden zum Tragen gebrauchen.“ Ich wollte etwas sagen, ihre Bitte abschlagen, aber ihr Blick war so....keine Ahnung! Ich wusste nur, dass ich nicht nein sagen konnte, es ging einfach nicht! Also nickte ich stumm. Sie lachte erfreut auf.

„Arigatou, Yata-san!“ Sie neigte ihren Kopf leicht vor und deutete damit eine Verbeugung an. Ich nickte nur wieder, brachte noch immer kein Wort heraus.

Sie hatte mein Handgelenk nicht losgelassen, stattdessen war sie losgelaufen und zog mich nun hinter sich her. Ich dachte, sie wollte mit mir gehen und nicht andersherum? Das kam mir komisch vor. Sie war irgendwie anders, als sonst. Einfach komisch! Was war hier los?
 

Kusanagi:

Alice hatte mich letztens gefragt, was Anna gerne mochte. Ich hatte ihr gesagt, eigentlich alles, was rot war und sie hatte sofort ein breites Lächeln auf den Lippen. Ich konnte mir schon denken wieso. Es war mittlerweile später Herbst, bald fing der Winter an und Weihnachten rückte näher und näher. Und ich war sehr gespannt, was sie schönes für Anna kaufen würde. Vielleicht etwas, was unsere kleine Puppe etwas auftauen ließ oder zumindest ein wenig Freude schenkte! Ich hoffte es inständig und drückte Alice die Daumen, als sie sich mit einem verdatterten Yata aufmachte. Auch er würde sich ihr hoffentlich bald öffnen, er könnte ein wenig Liebe vertragen und ich konnte schließlich ihre Blicke sehen, die sie sich gegenseitig zuwarfen. Ich stellte das letzte Glas, welches ich gerade abgetrocknet hatte, ab und zog eine Zigarette aus meiner Tasche hervor. Diese zündete ich an und nahm einen kräftigen Zug. Ein Lächeln legte sich auf meine Gesichtszüge. Es würde noch sehr interessant werden mit unserer neuen Königin!

N°5 Wendepunkt

N°5 Wendepunkt
 

Yata:

Ich fühlte mich echt verarscht, als wir vor einem Klamottenladen für Mädchen stehen blieben. Schon im Schaufenster sah man viele Kleider, Röcke und massig andere Sachen mit Rüschchen, Schleifen und was nicht noch alles. Da war so viel pink!

„W-was zur Hölle machen w-wir hier?! I-ich dachte w-wir ge-gehen zum Supermarkt!“

„Eh? Ah, gomen!“ Sie machte eine entschuldigende Geste. „Aber ich konnte es in der Bar nicht so offen sagen. Ich wollte deine Hilfe haben, wenn ich ein Weihnachtsgeschenk für Anna-chan aussuche!“

„Und wieso ich bitteschön?!“ Ernsthaft, da hätte sie Kusanagi-san oder so mitnehmen sollen, aber doch nicht mich! Das war Mädchenkram und damit wollte ich nichts zu tun haben!

„Na, ich dachte, dann könnten wir uns gleich mal etwas besser kennenlernen!“ Ein schelmisches Lächeln lag auf ihren Lippen. Die Röte stieg mir ins Gesicht. Sie wollte mich näher kennenlernen?! Was war sie denn für ein Mädchen? Sie sollte schüchtern, ruhig und zurückhaltend sein! Stattdessen sagte sie das einfach so offen! Aaaaargh. Das war ja nicht zum aushalten! „Und außerdem möchte ich die Sache mit dem Geburtstag von Anna-chan wieder gut machen...“, murmelte sie noch leise hinterher. Ich erinnerte mich nur allzu gut daran: Wir hatten eine kleine Feier für Anna organisiert, um sie ein bisschen aufzumuntern. Leider hatten wir uns da verplant und es ging vollkommen in die Hose. Anna hatte jedem von uns einen eiskalten Blick zugeworfen und war dann einfach aus der Bar gerannt. Kusanagi-san fand sie zum Glück später irgendwo in der Stadt. Danach hatte sie nur noch geschmollt und uns alle fast eine ganze Woche vollkommen ignoriert!
 

Alice:

Ich hatte es wieder einmal geschafft! Yata-san war knallrot im Gesicht und schien in Gedanken versunken. Nachdem ich den letzten Teil allerdings gemurmelt hatte, hatte ich es natürlich wieder versaut. Also sollte ich es lieber schnell überspielen, bevor das hier ein Trauerspiel wurde!

„Yata-san! Komm schon, wir sollten langsam mal reingehen!“, meinte ich deshalb. Er zuckte zusammen und nickte dann leicht. Ich lächelte ihn glücklich an und lief vor. Er kam bedröppelt hinterher.
 

„Yata-san, was hältst du von dem hier?“, fragte ich jetzt bestimmt schon zum 20. mal. Wir waren mittlerweile schon in 5 verschiedenen Geschäften für Kinderbekleidung. Ich wusste nicht genau, was ich Anna-chan kaufen sollte. Nur rot sollte es auf jeden Fall sein! Sie trug oft Lolita-Kleider, daher suchte ich ähnliches.

„Keine Ahnung! Ich bin doch kein Mädchen!“, motzte er mich an. Er sagte zwar, dass er kein Mädchen war, dafür war er aber eine ganz schöne Zicke! Trotzdem knuffig!

„Du kennst sie doch so gut, da solltest du mir doch sagen können, ob sie so etwas mag oder nicht, richtig? Bitte, Yata-san, bitte, bitte!“ Ich sah ihn mit einem Schmollmund an und bettelte förmlich. Mein bester Hundeblick kam hier zum Einsatz!

„H-hör au-auf s-s-so zu gu-gucken! I-ist ja schon gu-gut, ich he-helfe d-dir ja!“ Ihm war das wieder mal so unglaublich peinlich! Ich grinste, als ich den bekannten Rotschimmer in seinem Gesicht sah. Er verschränkte trotzig die Arme vor der Brust und schaute beschämt zur Seite.

Ich kicherte und verschaffte mir damit seine volle Aufmerksamkeit. Noch einmal hielt ich das Kleid hoch und fragte:

„Also, was hältst du von diesem Kleid hier?“
 

Am Ende hatten wir ein wunderschönes rot-schwarzes Lolita-Kleid gefunden. Dazu hatte ich auch noch den passenden Kopfschmuck ausgesucht. Dieses Mal würde es nicht so schlecht laufen, wie das letzte Mal! Und Yata-san war auch endlich etwas aufgetaut! Er stotterte fast gar nicht mehr, wenn er mit mir sprach. Ich war so froh!
 

Anna:

Mein Geburtstag war vorbeigegangen und ich hatte ihn versucht zu ignorieren. Ich wollte diesen Tag einfach nicht feiern, wie könnte ich auch! Nach diesen Erlebnissen...

Dummerweise hatten die Anderen anders gedacht und trotzdem eine Feier für mich organisiert! Ich war echt sauer, als ich das bemerkt hatte! Die Bar war voller Geburtstagsschmuck und die 'Homra'-Mitglieder standen an den Seiten und wünschten mir im Chor einen 'Herzlichen Glückwunsch'! Ich bin sofort weggelaufen, nachdem ich jeden von ihnen böse angeschaut hatte! Ich bin lange durch die etlichen Straßen der Stadt gerannt, ohne Pause. Irgendwann konnte ich nicht mehr und setzte mich einfach in eine dunkle Gasse und weinte. Keiner würde mich hier sehen, hier finden, hatte ich gedacht. Dennoch kam kurz darauf Izumo um die Ecke und brachte mich wieder zurück.

Ich hatte sie lange ignoriert, das hatten sie verdient! Wie konnten sie an eine glückliche Feier denken, an diesem Tag!? Dachten sie nicht mehr an Mikoto?!?
 

Bald war auch noch Weihnachten, hatte Izumo gesagt. Ich hätte es beinahe vergessen. Natürlich war mir aufgefallen, dass es kälter wurde, aber seit seinem Tod war mir ständig kalt, also fiel mir das nicht wirklich auf. Weihnachten. Ohne Mikoto! Ich mochte es mir gar nicht vorstellen! Wir würden hier feiern, meinte Izumo, mit Weihnachtsbaum und Geschenken und einfach Allem, was dazu gehörte. Ich wollte nicht! Nicht ohne Mikoto!
 

Kusanagi:

Es war eine Woche vor den Weihnachtsferien und ich stand, wie immer, hinter meinem Bartresen und wusch gerade ein paar Gläser ab. Danach müsste ich noch abtrocknen und den Tresen ein wenig polieren. Die Pflege war wichtig! Ich wollte das gute Stück ja nicht verkommen lassen, hatte sie mir schließlich direkt aus England importieren lassen!

Die Eingangstür öffnete sich und sowohl Anna, als auch Henry traten herein. Zusammen. Ich starrte sie an, versuchte zu verstehen, was sie dazu getrieben hatte hier gemeinsam durch die Tür zu kommen. Das hatte ich zuvor noch ganz anders mitbekommen! Da hatte Anna ihn einfach ignoriert, war schneller gelaufen und kam dadurch früher und alleine heim. Beim genauen Ansehen der Beiden, stellte ich einiges zur gleichen Zeit fest: Anna's Schleife, welche zur Schuluniform gehörte, hing locker auf Höhe ihres Bauches, ihre Bluse steckte nicht im Bund ihres Rockes und ihre Haare waren ein großes Chaos. Henry hingegen hatte nicht nur eine lockere Krawatte, ein ungemachtes Hemd und verwuschelte Haare, sondern auch ein blaues Auge! Ich löste meine Starre und sprach zu ihnen:

„Hallo ihr beiden!“ Sie sahen zu mir hoch. „Wer von euch möchte mir denn jetzt erzählen, was euch passiert ist?“ Anna biss sich auf die Unterlippe und sah aus, als stünde sie den Tränen nahe, während Henry einen wütenden Gesichtsausdruck bekam und seine Hände zu Fäusten ballte. Was war nur geschehen?
 

Henry:

Es war ein normaler Schultag. Ich hatte normalen Unterricht, normale Pausen, normale Gespräche mit meinen neuen Freunden. Als die Schule dann jedoch aus war und ich, wie immer, auf den Schulhof kam, hörte ich eine laute Stimme. Es hörte sich an, wie einer meiner besten Freunde und gleichzeitig Klassenkamerad, also lief ich auf die Quelle der Geräusche zu, um mal nachzuschauen. Die Stimme wurde immer lauter und ich konnte ein bisschen was verstehen. „Dummes Mädchen!“ „Nervig!“ „Unnormal!“ „Verschwinde!“ Ich war geschockt. Warum redete mein Freund so einen Schwachsinn? Und mit WEM redete er da überhaupt, nein, eher schimpfte?

Ich lief um die Ecke und blieb wie angewurzelt stehen. Mein, geglaubter, bester Freund hielt Anna-chan fest! In seiner Hand hatte er den Kragen von Anna-chan's Bluse. Diese war zerknittert und verschoben. Ihre Schleife war lose und ihre Haare sahen unordentlich aus. Ich wurde wütend und stürmte auf Kai, meinen nun ehemaligen besten Freund, zu und riss seine Hand von Anna-chan's Bluse weg. Als er seinen Kopf zu mir drehte, schlug ich ihm mit der Faust ins Gesicht. Er torkelte ein bisschen zurück, fing sich aber schnell wieder und tat das Gleiche bei mir. Leider traf er mich am rechten Auge und ich fiel glatt auf den Boden durch die Wucht. Der war ganz schön stark!

„Was machst du, du Idiot!“, schrie Kai mich wütend an.

„Das sollte ich dich fragen! Was machst du mit Anna-chan?!“, erwiderte ich ebenso wütend.

„Was? Du kennst diese Verrückte? Anna-CHAN? Hätte ich gewusst, dass du mit so einem merkwürdigen Mädchen befreundet bist, dann würde ich gar nichts mit dir zu tun haben! Dann hätte ich dich gar nicht erst in meine Gruppe aufgenommen!“

„Was? Du bist doch total bescheuert! Anna-chan ist nicht merkwürdig! Sie ist richtig toll!“

„Toll? Du bist so ein Idiot! Dann bleib doch bei deiner Anna-CHAN! Ich bin nicht mehr dein Freund!“ Nachdem er das gesagt hatte, verschwand er um die Ecke und ich konzentrierte mich endlich wieder auf Anna-chan. Sie stand ängstlich an die Wand gelehnt da und weinte leise. Sie zitterte und ihre Augen waren geweitet, der Kopf leicht gesenkt. Ich rappelte mich auf und stellte mich vor sie.

„Anna-chan? Es ist alles wieder gut, der tut dir nichts mehr!“ Sie sah auf mit tränenden Augen. Ich wusste nicht, was ich machen sollte, ich war doch erst 10 Jahre alt! Ich legte einfach meine Hände auf ihre Schultern und versuchte sie so zu trösten.

Mit der Zeit wurde ihr Schluchzen tatsächlich weniger und auch das Zittern hörte langsam auf.

„I-ich bi-bin toll?“ Hatte sie gerade gesprochen?!

„Eh?“ Sie schaute mir in die Augen.

„D-du hast e-eben gesagt, da-dass i-ich t-toll bin, o-oder?“

„Ah! Ja, das stimmt!“ Ich grinste sie nun breit an. „Du bist doch auch toll!“ Ihr Blick war seltsam. Sie hob ihre Hände und wischte sich die Tränen weg, dann nahm sie meine Hand und sagte:

„Komm!“
 

Anna:

Henry hatte Izumo alles erzählt. Er hatte mich gerettet! Dieser fiese Junge in der Schule war richtig mies! Nach der Schule hatte er mich einfach weggezehrt und dann so blöd festgehalten! Als er mich dann auch noch anschrie, beleidigte und sogar ein bisschen schüttelte, bekam ich richtig große Angst und musste mir die Tränen verkneifen. Zum Glück kam dann aber Henry und half mir. Ich musste letzten Endes trotzdem weinen. Ich war so überwältigt, als Henry mich dann auch noch 'toll' genannt hatte! So ein Gefühl hatte ich noch nie erlebt...Es war ganz neu, so schön!

Ich kannte an dieser Schule und eigentlich von jedem, der in meinem Alter war, nur Ignoranz und abschätzende Blicke, aber er sagte, dass ich 'toll' war!

Ich freute mich irgendwie so stark darüber, dass ich ganz vergaß, wie ich mich die ganze Zeit über verhalten hatte. Stattdessen tat ich etwas, was ich zuvor noch nie getan hatte: Ich nahm ihn bei der Hand und zog ihn mit mir zurück nach Hause, zur Bar. Kurz bevor wir allerdings die Tür öffneten ließ ich ihn wieder los, weil es mir dann irgendwie peinlich wurde.
 

Alice:

Ich war heute erst am Abend wieder Daheim, also in der Bar. Dort angekommen, fand ich eine absolut abstrakte Situation vor. Henry saß auf der Couch und spielte das Brettspiel, welches ich ihm vor einiger Zeit geschenkt hatte, und neben ihm saß Anna-chan und spielte mit! Ich blieb erst einmal stehen und sah, mit einem sanften Lächeln auf den Lippen, zu den Beiden. Sie spielten zusammen! Anna-chan spielte mit! War sie endlich etwas aufgetaut?

Am Tresen angekommen erzählte Kusanagi-san mir, was geschehen war. Es war zwar ein nicht gerade schönes Erlebnis, aber wenigstens verstanden sie sich nun endlich! Ich freute mich sehr! Auch wenn ich für einen kurzen Moment daran denken musste, ob ich diesem frechen Jungen noch mal eine ordentliche Lektion erteilen sollte...Aber das hatte Henry ja schon erledigt!

N°6 Ausbruch

N°6 Ausbruch
 

Anna:

In dieser letzten Woche vor den Weihnachtsferien hatte sich einiges geändert. Zumindest bei mir. Und Henry. In der Schule waren Henry und ich fast immer zusammen, in den Pausen und immer, wenn wir irgendwie die Zeit fanden uns zu treffen. Wir liefen morgens zusammen zur Schule, Henry brachte mich sogar zu meinem Klassenzimmer und nach dem Unterricht gingen wir jetzt immer gemeinsam nach Hause. Ich wurde nicht mehr geärgert oder so. Stattdessen ignorierten die anderen Schüler mich einfach nur noch und Henry jetzt leider auch. Aber er meinte, solche Freunde, die mich ärgerten, die brauche er nicht. Er ist doch viel netter, als ich zu Anfang dachte und auch gar nicht so nervig!
 

Yata:

Bald war Weihnachten und ich hatte echt keinen Bock auf den ganzen Mist. Kusanagi-san wollte unbedingt alles für die Kinder, und besonders Anna-chan, schmücken. Sie war mittlerweile etwas aufgeschlossener. Wie ich gehört hatte, dank des kleinen Jungen, Henry. Ich freute mich für sie, aber ich selbst war immer noch etwas unsicher. Ich war mir im Moment einfach wegen nichts mehr sicher! Ständig hatte ich Bilder von diesem nervigen Mädchen im Kopf! Ihre Stimme sprach in meinen Gedanken und hörte einfach nicht auf zu reden! Aber das Schlimmste dabei war:
 

Ich mochte es!

Ich wollte mehr davon!

In echt!

Real!
 

Und da kam mir dieser wage Verdacht:
 

Mochte ich sie? Mochte ich Alice?
 

Es fühlte sich momentan eher an, als wäre ich krank...Das schrecklichste Gefühl war die Sehnsucht! Wenn ich nachts nicht schlafen konnte schnappte ich mir mein Skateboard und fuhr ein paar Runden durch die Stadt. Ich konnte dieses Verlangen, einfach in ihr Zimmer zu gehen und IRGENDETWAS zu tun ansonsten nicht mehr unterdrücken! Ich wollte bei ihr sein, immer! Und ich konnte mich nur noch so schwer zurückhalten, sodass es manchmal sogar wehtat!
 

Ich mochte Alice wohl wirklich, wie? Sehr sogar, anscheinend...Argh! Das war doch zum verzweifeln! Und noch eine Nacht allein mit meinem Board in der leuchtenden Stadt, Shizume City.
 

Ich war gerade erst ein paar Straßen von der Bar entfernt, da nahm ich Geräusche, wahrscheinlich von einer Prügelei, war. Schnell machte ich einen Schlenker und bog in die Gasse, aus der das Geräusch kam. Es war schließlich HOMRA-Gebiet!

Auf mittlerer Höhe sah ich schon vom Anfang der engen Straße etwas blaues aufleuchten. Der blaue Klan? Nachts? In unserem Gebiet? Als ich näher kam bemerkte ich, dass es sich nur um eine einzige Person handelte, die da eine Gruppe Gangster vermöbelte. Beim genaueren Betrachten stellte ich fest, dass es der blöde Affe war! Ich überlegte nicht lange, sondern stürzte sofort auf ihn zu.
 

„Saruuuuuuuuuu!“ Er drehte sich mit einem gelangweilten Blick um und wehrte meinen Angriff mit Leichtigkeit und einer schnellen Bewegung ab. Ein kurzer Schlagabtausch folgte, bis wir zur gleichen Zeit ein Stückchen zurückwichen. Der Affe rückte seine Brille zurecht und starrte mich dann mit einem irren Blick, wie eh und je, an.

„Mi~sa~ki~!“, sagte er, während er widerlich vor sich hin grinste! Ich wollte wieder angreifen, doch eine Stimme hinter mir hielt mich auf.
 

„Yata Misaki! Stop!“ Ich hielt sofort in meiner Bewegung inne und schaute entsetzt in die Leere der Luft vor mir, den blöden Affen vergaß ich. Die Stimme war bedrohlich! So bedrohlich, wie ich sie dieser Person niemals zugetraut hätte! Ich konnte mich förmlich nicht bewegen und mir lief ein kalter Schauer den Rücken runter.
 

Kusanagi:

Schon seit einiger Zeit, seitdem unsere neue Königin bei uns wohnte, hatte ich das merkwürdige Verhalten von Yata festgestellt, doch jetzt wurde es langsam nervig! Fast jede Nacht verschwand der Junge und kam erst am frühen Morgen wieder! Schlafen tat er dann meist den ganzen Vormittag und manchmal auch gleich den Mittag durch! Und er war noch viel gereizter, als je zuvor! Immer gab es Ärger! Nur zwei Sekunden lang ließ ich ihn aus den Augen und schon drohte mein Bartresen einen Kratzer zu bekommen! Wenn das so weiter ging, dann würde ich bald durchdrehen!
 

Alice:

An einem Abend, die Anderen waren schon alle in ihren Zimmern, wollte Kusanagi-san mit mir sprechen. Ich war gespannt worum es ging! Vielleicht um Weihnachten?

„Alice, es geht um Yata.“ Er machte eine kurze Pause. „Vielleicht ist es dir ja auch schon aufgefallen. Er benimmt sich in letzter Zeit anders, als normalerweise.“ Er sah mir direkt in die Augen. Also wohl doch kein schönes entspanntes Gespräch über Weihnachten...Menno! Naja, aber Yata-san war ja auch kein schlechtes Thema! Ich grinste ihn breit an, natürlich hatte ich auch etwas bemerkt, wusste allerdings nicht so genau, ob das vielleicht sein normales Verhalten war, so lange kannte ich ihn schließlich auch noch nicht.

„Seine nächtlichen Ausflüge? Die schnellen Wutausbrüche? Meinst du das? Ich hab mich schon gefragt, wie ihr das normalerweise mit ihm aushaltet, hehe.“

„Und die schüchternen Blicke zu dir?“ Jetzt wurde mein Gesichtsausdruck ernst. Ja, auch das hatte ich schon lange bemerkt.

„Und meine eigenen Blicke zu ihm?“ Kusanagi-san sah mich überrascht an.

„Du bist dir also bewusst, dass er dich mag und du magst ihn anscheinend auch und trotzdem unternimmst du nichts? Es wird langsam ein bisschen stressig, dieses Verhalten...“, den letzten Satz murmelte er leise in seinen nicht vorhanden Bart und sah leicht zur Seite.

„Jap!“, meinte ich dazu nur. Ich konnte mir schon denken, was er sich jetzt dachte. Dass ich verantwortungslos war, mich nicht kümmerte, Yata und seine Gefühle ignorierte und einfach nichts tat.

„Kusanagi-san, nein, Izumo, ich kann nicht alles für ihn übernehmen. Ich möchte dafür sorgen, dass er den ersten Schritt macht und nicht andersherum. Ich möchte ihm damit ein bisschen mehr Stärke schenken, die Stärke seine Schwächen zu überwinden! Glaub mir, bald hat das hier alles ein Ende, wart's nur ab!“ Jetzt grinste ich wieder. Kusanagi-san sah mich nur verdattert an und steckte sich dann eine Zigarette an, nur um einen kräftigen, beruhigenden Zug zu nehmen. Danach pustete er den weiß-gräulichen Rauch in die klare Luft vor sich.

„Du bist wirklich interessant, besonders. Ich weiß nur leider nicht, ob mich das erfreuen oder beunruhigen soll...“ Ich klopfte ihm einmal aufmunternd auf die Schulter und machte mich dann auf den Weg in mein Zimmer. Endlich schlafen gehen!
 

Irgendwann spät in der Nacht wurde ich durch ein durchdringendes Gefühl geweckt. Es war wie ein Alarm, ein Wecker. Ich war sofort hellwach, konnte eine starke Aura spüren. Woher kam sie? Ich konzentrierte mich mehr und konnte auch die Aura von Yata-san fühlen. Die beiden Auren kamen sich näher! Schnell schnappte ich mir was zum anziehen und sprang dann aus meinem Fenster. Wenn Yata-san in Gefahr war, dann musste ich ihm helfen!
 

Ich bog in eine kleine Nebenstraße ein, von dort kam definitiv das starke Gefühl von Yata-san's und der unbekannten Aura. Vor mir sah ich etwas blau leuchtendes, nein, einen jungen Mann, der blau gekleidet war. Er trug ein Schwert bei sich und grinste psychopathisch zu Yata-san, der direkt vor mir stand, mit dem Rücken zu mir. Gerade wollte er wieder zu einem neuen Angriff ansetzen, da rief ich dazwischen:

„Yata Misaki! Stop!“ Er blieb stehen und bewegte sich kein Stück.
 

Langsam kam ich ihm näher, bis ich letzten Endes neben ihm zum Stehen kam und zu ihm schaute. Er blinzelte nicht mal! Dann sah ich zu dem blauen Kerl, der vor uns stand und interessiert zwischen Yata-san und mir hin und her blickte.
 

„Mi~sa~ki~! Hast du etwa eine Freundin gefunden~~? He~he~he~“, säuselte der merkwürdige Typ vor sich hin.
 

Ich legte meinen Kopf schief und war es diesmal, die zwischen Yata-san und dem anderen jungen Mann hin und her sah. Kannten sie sich? Anstatt jedoch auf die Frage zu antworten, wandte ich mich an den Braunhaarigen neben mir.

„Yata-san? Wer ist das? Und warum hast du mit ihm gekämpft?“ Neugierig wartete ich auf seine Antwort. Leider bekam ich keine...
 

Fushimi:

Da spielte ich gerade so schön mit Misaki, da kommt so ein kleines Mädchen um die Ecke und unterbricht uns! Und dabei wurde Misaki gerade erst so richtig angeheizt! Sie hatte es versaut! Meine Wut wurde immer stärker. Ich spürte die Lust sie zu verletzen. Sie von Misaki wegzureißen und in ihre Einzelteile zu zerlegen. Zerschneiden? Ihr einfach unglaubliche Schmerzen zuzufügen! Dann würde Misaki nur noch auf mich sehen!

Trotzdem hielt ich mich noch etwas zurück und schaute zwischen den Beiden hin und her. Eine Idee, mit der ich Misaki ärgern könnte, kam mir.

„Mi~sa~ki~! Hast du etwa eine Freundin gefunden~~? He~he~he~“

Doch dieses dumme Mädchen musste mich ja einfach ignorieren und mit Misaki fröhlich drauf los reden! Es reichte! Er sollte nur auf mich achten! Nur zu mir sehen! Nur gegen mich kämpfen!
 

Mit meinem üblichen sadistischen Grinsen und der Mordlust, oft in mir aufkeimte, zog ich mein Schwert, mein Subaru.
 

»Fushimi: Battou!«
 

Dann stürmte ich auf sie zu. Zu meiner Überraschung reagierte dieses Mädchen sehr schnell und wich gekonnt zur Seite aus. Zugleich griff sie nach meinem Arm, mit dem ich mein Subaru hielt, und drehte ihn mir schmerzhaft um. Zusätzlich ging ein Ruck durch die Muskeln in meiner Schulter und ein starker Schmerz durchzuckte meinen kompletten Arm und meine Schulter. Mein Subaru fiel zu Boden. Ich wand mich aus ihrem doch recht festem Griff und wich ein Stück zurück. Ich rieb mir den verletzten Arm, er war bestimmt ausgekugelt! Dieses blonde Mädchen war viel stärker, als sie aussah!

Ich holte zwei Wurfmesser hervor und warf sie nach ihr. Dieses Mal wich sie nicht aus, sondern wehrte die Messer ab. Mit einer roten Aura! Aber...Mikoto war tot!? Wie machte sie das? Gab es einen neuen roten König? Oder war sie vielleicht...? Aber das konnte nicht sein! Dann müssten wir davon wissen!
 

Wer zur Hölle war sie?!
 

Yata:

Ich konnte es nicht glauben! Sie hatte gegen Saru gekämpft, als wäre es nichts! Nie hätte ich erwartet, dass sie so stark war! Sie war doch nur ein Mädchen! Sie faszinierte mich, stellte ich fest, ich konnte meinen Blick nicht von ihr abwenden. Ich wusste, dass Saru noch da war, aber ich schenkte ihm keine Beachtung. Meine volle Konzentration lag auf dem blonden Mädchen, welches so unglaublich war, dass selbst ich zugeben musste, dass ich sie irgendwie mochte. Ja, jetzt wurde mir alles klar! Ich mochte sie! Hundertprozentig und ohne Zweifel! Da konnte ich mir nichts vormachen!
 

Alice:

Ich wartete nach dem Abwehren der Wurfmesser ab, ob er es noch einmal versuchte. Ich hatte ihm den rechten Arm ausgekugelt. Dieser hing nun schlapp herunter. Dennoch zeigte er keinerlei Schmerz. Nachdem er die Messer geworfen hatte, legte er wieder seine linke Hand auf seine rechte Schulter und sah wütend und fragend zu mir.
 

„Wer bist du? Wieso hast du eine rote Aura?“ Ich warf ihm einen scharfen Blick zu.

„Bist du nicht von Scepter 4, dem blauen Klan?“ Sein fragender Gesichtsausdruck wechselte zu einem überraschten. „Solltest du es dann nicht schon längst wissen?“

Er schnalzte mit der Zunge und sah genervt zu mir. Sagen tat er nichts.

„Mein Name ist Minamoto Alice und ich bin die neue Königin des roten Klans!“

Stille. Ein starker Luftzug fuhr durch die Gasse.

„Willst du weiter gegen mich kämpfen?“ Ich sah ihn herausfordernd an. „Und verlieren?“

Wieder schnalzte er mit der Zunge und schenkte mir einen abwertenden Blick. Kurz glaubte ich er wollte es doch riskieren, als er näher kam, doch er hob nur sein Schwert vom Boden auf und steckte es mit der linken Hand in die Scheide. Dann drehte er sich um und ging.
 

„So ein unfreundlicher Kerl! Keine Manieren! Hmpf!“ Ich verschränkte die Arme vor der Brust, drehte mich ebenfalls um und lief los, allerdings in die entgegengesetzte Richtung. Ich hörte keine Schritte hinter mir, also sah ich zurück und fand Yata-san immer noch wie erstarrt dastehen.

„Yata-san? Kommst du? Ich glaube du musst mir noch ein bisschen was erklären!“

Von meiner Stimme anscheinend aus seiner Starre aufgeweckt regte er sich wieder und kam schnellen Schrittes auf mich zu, sein Skateboard unter seinen Arm geklemmt.
 

Auf dem Weg zurück zur Bar erklärte er mir die Umstände. Wer der junge Mann war, Fushimi Saruhiko, ehemaliges Mitglied von Homra, wie er zu ihm stand, ehemaliger bester Freund, mittlerweile Todfeind, und wie es zu dem Kampf gekommen war. Gespannt hörte ich mir an, was er mir zu sagen hatte, doch eine Frage blieb noch offen.
 

„Wieso bist du überhaupt mitten in der Nacht rausgegangen?“ Er stockte, blieb stehen und rührte sich nicht. Seine Augen waren geweitet und seine Pupillen wanderten von einer Seite zur anderen. Natürlich hatte ich da schon meine Vermutung, aber ich wollte die genaue Begründung von ihm hören. Ich hatte Kusanagi-san schließlich versprochen etwas zu ändern.

„Ähm, also, ähm, i-ich...ähm...k-konnte nicht schlafen! Und da dachte ich-“

„Ein Rundgang alleine würde dich müde machen? Das glaubst du doch selbst nicht! Warum warst du wirklich hier draußen? Hast du es darauf angelegt Fushimi zu treffen? Wolltest du ihn hinter meinem Rücken angreifen? Weißt du eigentlich wie gefährlich das ist?! Ich habe mir Sorgen gemacht! Da hätte sonst was passieren können!? Und du erzählst mir hier so einen Quatsch!“ Zum Ende hin wurde meine Stimme immer lauter und lauter, bis ich schrie. Geschockt starrte er mich aus seinen großen braunen Augen an. Meine Anspielung auf Fushimi-san sollte ihn dazu bringen endlich mal offen zu sagen, was er dachte. Wirklich ernst meinte ich das natürlich nicht, außer das mit den Sorgen, die hatte ich mir tatsächlich gemacht. Irgendwie konzentrierte er sich aber nur auf den Teil mit den Sorgen...
 

„D-du hast dir um mich Sorgen gemacht?“

„Was?“ Fast hätte ich den ungläubigen Unterton in seiner Frage überhört.

„Du warst um mich besorgt?“

„Natürlich!“, sagte ich mit fester Entschlossenheit in der Stimme.

„I-ich konnte wirklich nicht schlafen und bin rausgegangen um frische Luft zu schnappen und meinen Kopf frei zu kriegen...“ Ich schaute ihn entschuldigend an, wollte aber noch mehr hören.

„Okay, aber du bist doch in der letzten Zeit schon öfter nachts rausgeschlichen...Also...Ich habe dich ein paar Mal gehört...“

„Ähm...“

„Und du hast eben gesagt, dass du deinen Kopf frei kriegen wolltest. Was ist denn los? Du kannst immer mit mir reden, weißt du?“ Seine Wangen fingen an zu glühen und er sah beschämt zu Boden.

„Yata-san?“ Ich streckte meine Hand nach seiner Schulter aus, doch er wich zurück und gestikulierte wild herum, fasste sich verzweifelt an den Kopf und wirkte insgesamt sehr merkwürdig, irgendwie verwirrt und durcheinander.
 

„Aaaargh! Verdammt nochmal! Gerade DU fragst mich DAS? DU bist doch Schuld!? DU bist plötzlich aufgetaucht, EINFACH SO, und DU bist einfach ÜBERALL! Egal, wo ich hinsehe, ich sehe NUR DICH!? Ich dreh durch! Aaaargh! So ein Mist!“ Er redete noch weiter davon, dass es meine Schuld war und so weiter. Ich hörte zu und war völlig durch den Wind.

ICH war Schuld? ICH war in seinem Kopf? ICH ließ ihm keine Ruhe? Dann war die Sache wohl viel ernster, als gedacht!
 

„Yata-san!“ Er machte einfach weiter. „Yata-san!“ Immer noch keine Reaktion. „Misaki!“ Ruckartig drehte er sich zu mir und starrte mich wütend an.

„Nenn mich nicht so!“, kam es wie aus der Pistole geschossen aus seinem Mund.

„Willst du mir vielleicht etwas mitteilen?“ Er schluckte und warf mir einen nervösen Blick zu.

N°7 Scepter 4

N°7 Scepter 4
 

Alice:

Eine richtige Antwort bekam ich von Yata-san nicht. Er hatte eine lange Zeit nichts gesagt, er war wohl noch nicht so weit, also hatte ich ihn aus dieser peinlichen Situation befreit und wir hatten uns beide zurück in unsere Zimmer über der Bar begeben. Ohne ein weiteres Wort hatten sich unsere Wege getrennt.
 

In meinem Raum lehnte ich mich, nachdem ich das Fenster wieder geschlossen hatte, an die Wand daneben und schaute verträumt lächelnd in die Luft. Fast hatte er sich getraut. Vor Aufregung flatterte mir noch immer der Bauch. Nur noch ein bisschen länger und... die Wärme bahnte sich ihren Weg in meine Wangen und ich schloss die Augen für einen Moment. *Bitte trau dich, Misaki!*
 

Yata:

Sofort als ich durch das Fenster meinen Raum betreten hatte, wurde ich extrem rot, ich konnte die Wärme in meinen Wangen spüren! Und mein Körper kribbelte. Ich hatte ihr fast gestanden, was ich für sie empfand! Einfach so! Aber wieso fragte sie mich auch solche Sachen?! Es wirkte so wissend... Wusste sie etwas? Panik stieg in mir auf. Hatte sie mich schon durchschaut? Nein! Das konnte nicht sein. So offensichtlich konnten meine Gefühle doch gar nicht sein, oder?
 

Alice:

Erst in den frühen Morgenstunden schlief ich ein. Die restliche Nacht, seit unseres kleinen Ausfluges, hatte ich wach gelegen, konnte einfach nicht schlafen. Meine Gedanken fanden keine Ruhe. Immer wieder musste ich an das 'fast-Geständnis' von Yata-san denken. Eigentlich war ich immer sehr gefasst und ruhig, aber hierbei herrschte das pure Chaos in meinem Kopf. Konzentration konnte ich wohl im Moment vergessen...
 

Kusanagi:

Der nächste Morgen war sehr merkwürdig. Normalerweise war Alice, nach mir, stets die erste in der Bar. Wach und munter. Heute war etwas anders. Keine Spur von ihr. Ich machte mich auf zu ihrem Zimmer und klopfte, es kam keine Antwort. Trotzdem linste ich einmal kurz hinein und entdeckte eine tief und fest schlummernde junge Blondine. Ein friedliches Lächeln lag auf ihren Lippen. Ich beschloss sie weiter schlafen zu lassen und weckte erst mal die Kleinen, damit sie sich für die Schule fertig machen konnten.
 

Ungefähr eine Stunde nachdem die Kinder losgegangen waren und alle Bewohner der oberen Etage, bis auf unsere Königin und Yata, aufgestanden waren, klingelte das helle Glöckchen an der Eingangstür. Überrascht sah ich in das ernste Gesicht einer wunderschönen blonden Frau. Ihre kalten Augen wanderten interessiert und vielleicht sogar suchend durch den Raum.

„Awashima-chan! Was führt dich denn zu so einer Stunde in meine Bar?“ Ich lächelte ihr schmeichelnd entgegen. Hatte Scepter 4 herausgefunden, dass wir eine neue Königin hatten? Wäre nur logisch, schließlich war sie nun schon einige Zeit bei uns! Ich hatte schon lange mit einem Besuch der Blauen gerechnet. Dass gerade Awashima-chan zu uns kam war natürlich eine freudiges Ereignis für mich. Man sah die hübsche Frau mit der Position des Leutnants schließlich nicht alle Tage einfach so in die Bar Homras spazieren.

Die Augen der Blondine blitzten auf.

„Ihr habt eure Aura zurück, habe ich gehört. Wo finde ich eure Königin?“ Ich schob meine Brille ein Stück hoch und lächelte sie weiter an. Sie wusste es also tatsächlich! Nicht nur, dass jemand neues die Aura hatte, sondern speziell, dass es diesmal kein König, sondern eine Königin war.

„Sie ist gerade leider beschäftigt, Awashima-chan. Vielleicht solltest du später nochmal wiederkommen.“, erwiderte ich freundlich und zog einmal kräftig an meiner Zigarette.

„Willst du, dass Munakata-san höchstpersönlich bei euch vorbeischaut?“, meinte sie kalt, drohend. Ich wollte ihr eine Antwort darauf geben, doch eine sanfte und dennoch feste Stimme unterbrach mich.
 

„Bin schon da! Was gibt’s?“ Die jungen Damen wechselten ernste Blicke. Beide waren bildhübsch und beide wirkten sie auf den ersten Blick absolut harmlos. Nur wenn man sie genau beobachtete bemerkte man, dass sie weitaus gefährlicher waren, als der erste Eindruck einem sagte.

„Minamoto Alice?“ Die Stimme von Awashima-chan war um ein paar Grad gesunken, sie war nun eiskalt.

„Hai.“, antwortete meine Königin ernst, doch sanfter, wärmer.

„Neue rote Königin und Anführerin des roten Klans, 'Homra'?“

„Sôdesuyo.“ (So ist es.)

„Mein Name ist Awashima Seri, Leutnant von Scepter 4. Munakata Reisi, Captain des blauen Klans, wünscht eine sachliche Unterredung mit Euch, Minamoto-san.“ Der Blick der Scepter 4 wurde noch durchdringender und drohender.

„Sôka?“ (Ist das so?) Alice's ernster Gesichtsausdruck wurde nun auch düster und auf eine gewisse Art und Weise noch ernster, als zuvor. Die Atmosphäre in meiner Bar wurde kühler und ernster und ich fühlte mich reichlich unwohl zwischen den beiden zu stehen, wusste ich doch nur allzu gut, wozu sie im Stande waren. Ich erwartete zwar keine körperliche Auseinandersetzung, dennoch sorgte ich mich langsam etwas um meinen wunderschönen Bartresen, welcher eine Abgrenzung der zwei Fronten bildete. „Ich aber nicht mit ihm. Einer eurer Männer hat gestern ein Mitglied meines Klans angegriffen. Wieso sollte ich mich auf eine Unterredung einlassen?“ Nun war die Stimme meiner Königin nicht mehr sanft oder warm, stattdessen ähnelte der der anderen Blondine, eiskalt und ernst. Moment, Angriff auf jemanden aus unserem Klan?

„Was? Wer wurde angegriffen?“, fragte ich dazwischen. Die junge Frau sah zu mir.

„Yata-san.“ Das hätte ich mir ja beinahe denken können. Ich fasste mir an die Stirn und schüttelte leicht den Kopf. Immer nur Ärger... Ein Seufzer entfuhr mir.

„Kann ich kurz mit dir unter vier Augen sprechen, Alice?“ Sie zögerte nicht, nickte sofort.

„Natürlich! Einen Moment bitte, Awashima-san.“ Ihr Ton war eindeutig etwas sehr stark unterkühlt. Was war gestern geschehen?
 

Awashima:

Eines morgens, ich beriet mich gerade mit dem Captain, trat Fushimi-kun ein, ohne anzuklopfen. Sein rechter Arm lag in einer Schlinge. Ich warf ihm einen überraschten Blick zu und sah dann zu Munakata-san. Wie kam es zu solch einer Verletzung, gerade bei Fushimi-kun?

„Fushimi-kun, was führt dich zu mir?“ Der junge Mann schnalzte mit der Zunge und schaute genervt zur Seite, ehe sein Blick wieder zu Munakata-san wanderte.

„Ich habe Neuigkeiten über 'Homra'. Ihre rote Aura ist zurück.“, meinte er genervt. Munakata lächelte ihm freundlich entgegen und stützte sein Kinn auf seine ineinander gefalteten Hände.

„Und woher weißt du das so genau, Fushimi-kun?“ In den Augen des Schwarzhaarigen blitzte Wut auf.

„Ich bin in der letzten Nacht bei meinem Wachgang auf ihre neue Königin getroffen. Ihr Name ist Minamoto Alice.“ Eine Königin also? Das war was neues. Hoffentlich war sie nicht so ein verlorener Fall wie der vorherige rote König, Suoh Mikoto!

„Und ist diese Frau auch der Grund für deine Verletzung?“ Fushimi-kun schnalzte erneut mit der Zunge und wandte seinen Blick gelangweilt dem Fenster zu, ließ ihn aber nach wenigen Sekunden wieder zum Captain zurückkehren.

„Ja.“, gab er letzten Endes zu.

„Ich verstehe. Du kannst jetzt gehen, Fushimi-kun!“ Der junge Mann schaute noch einmal kurz zu dem Älteren, blieb jedoch still und verschwand aus dem Raum, wie befohlen. Kaum war die Tür ins Schloss gefallen wendete sich Munakata an mich.

„Awashima-kun!“

„Hai!“

„Ich wünsche ein Treffen mit der neuen und ersten roten Königin!“

„Hai!“
 

Als ich die Blondine zu Gesicht bekam, war ich sehr überrascht. Sie war viel jünger und sah insgesamt sehr viel stärker aus, als ich erwartet hatte. Die Atmosphäre zwischen uns war ernst und angespannt, meine Überraschung brachte ich nicht zum Ausdruck. Ich hatte einen Befehl zu befolgen.
 

Dieses Mädchen war einerseits höflich, doch andererseits war ich mir nicht sicher, ob sie allzu intelligent war. Sie lehnte das freundliche Angebot zu einem Gespräch mit dem Captain sofort ab! Ihre Begründung? Fushimi-kun's idiotisches Zusammentreffen mit seinem Ex-Kameraden Yatagarasu. Sollte nicht gerade dies der beste Grund sein, um sich mit dem Anführer des blauen Klans zu unterhalten? Was für eine Närrin! Sie war wohl doch dem letzten Anführer des roten Klans zu ähnlich.
 

Kusanagi:

„Was ist, Kusanagi-san?“

„Ich denke es wäre besser, wenn du ihr zustimmen und dich mit dem Captain des blauen Klans treffen würdest.“ Ihre von Ernst erfüllten Augen blitzten mit einer intensiven Wut auf und ich wäre beinahe zurückgewichen. Sie hatte eine sehr starke Aura und eine einschüchternde Persönlichkeit. Sie machte Mikoto's Erbe alle Ehre! Dann sah ich jedoch die Einsicht in ihrem Blick und sie seufzte.

„Entschuldige bitte, Kusanagi-san, ich bin einfach ein bisschen übermüdet. Natürlich werde ich zustimmen, ich will 'Homra' schließlich nicht unnötig in Gefahr bringen. Ich muss mich nur vorher noch etwas beruhigen. Der Vorfall gestern macht mich noch immer wütend und so möchte ich dem König des blauen Klans natürlich nicht gegenübertreten.“ Zum Ende ihrer Worte hin grinste sie wieder verspielt und die ernste und kalte Aura um sie war verschwunden.

„Gut. Aber eine Frage hätte ich da noch. Auch wenn es mich wahrscheinlich nichts angeht, aber was ist in der letzten Nacht passiert?“ Ihr Ausdruck wurde undefinierbar. Ich erkannte Wut, aber auch etwas anderes. Sorge? Angst? Unsicherheit? Ich wusste es nicht, aber dieser Blick gab mir das Gefühl, als hätte ich diese Frage noch etwas für mich behalten sollen.

„Das ist unwichtig, im Moment. Kümmere dich nicht darum, das ist meine Aufgabe.“ Damit wandte sie sich von mir ab und ging zurück in den vorderen Bereich der Bar.


Nachwort zu diesem Kapitel:
Ich hoffe meine neue FF gefällt euch^^ Komplett anzeigen
Nachwort zu diesem Kapitel:
2. Pitel^^
Nicht vergessen, eure Meinung interessiert mich ;) Komplett anzeigen

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Kommentare zu dieser Fanfic (1)

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Von:  KillerKeks
2014-04-09T19:07:38+00:00 09.04.2014 21:07
Hallo
Deine ff gefällt mir echt gut.
Ich mag anna und mikoto am liebsten aus k.
Anna ist soooooo süß.
Schreibe bitte schnell weiter.

Lg
chantal
Antwort von:  lulumint
11.04.2014 20:51
Danke für deinen lieben Kommentar :D :D :D
Ja, Anna finde ich auch total süß! Sie wird auch weiterhin eine größere Rolle spielen, auch wenn das Hauptpairing am Ende YataXOC ist, ein bisschen AnnaXOC (mehr Freundschaft) ist definitiv auch noch dabei ;)
Nächstes Pitel dauert noch etwas länger -.- Hab so viele FFs an denen ich gerade schreibe ^^'
Aber ich gebe mein Bestes! :D :D

LG


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