Der Schneemann von Ray-chan (Ein kleiner Weihnachtszauber) ================================================================================ Kapitel 1: ----------- Es war ein kühler Wintertag. Schnee war über Nacht gefallen. Ray stöhnte auf, als sein Wecker klingelte. Er hatte zwar Urlaub, aber in zwei Wochen war Weihnachten und er hatte noch allerlei Erledigungen zu machen. Früher war er nie so spät dran... damals, als er noch glücklich war. Drei Jahre ist es mittlerweile her, als sie ihm sein Herz genommen haben. Seine Liebe, seine Leidenschaft. Seitdem trägt er nur noch Frust und Trauer in sich, lebt einfach vor sich hin. Seine Arbeit lenkt ihn ab und bringt ihn auf andere Gedanken. Aber nun hat er Urlaub, zwangsweise. Abseitstier haben sie ihn genannt. Er nahm zusätzlich zu seiner Kernzeit jede freie Schicht an, die sonst niemand haben wollte. Überstunden ohne Ende und kaum Urlaub genommen. Eigentlich der perfekte Angestellte. Nun war er aber zu Hause und wollte seine Zeit wenigstens mit etwas sinnvollem verbringen und nicht den ganzen Tag im Bett liegen. Geschenke kaufen stand zum Beispiel auf dem Plan. Geschenke für die Blade Breakers - seine einzigen Freunde, die ihm geblieben sind. Seit der Sache damals hat er sich zurückgezogen und niemandem mehr an sich heran gelassen. Dennoch standen sie immer hinter ihm und haben versucht ihn zu ermutigen. Ray quälte sich aus dem Bett, er hat die Nacht nicht gut schlafen können. Er hatte wieder einen dieser Albträume. Als ob die Realität nicht schon schlimm genug war, nein, jetzt wurde er davon auch noch im Traum heimgesucht. Sein verschlafener Blick wanderte nach draußen, es hatte wieder geschneit. 20 Zentimeter die Nacht. Ray stöhnte abermals und strich sich mit der Hand über das Gesicht. Schneeschippen musste er also auch noch. Also zog er sich warm an, machte seine Haare und nahm die Schaufel in die Hand. Hunger hatte er noch nicht, das würde beim Schneeschippen schon von alleine kommen. Der Schwarzhaarige öffnete die Tür und kniff die Augen zusammen. Es war sehr frisch und ein kühler Wind strich sein Gesicht. Er trug einen dicken Mantel, Handschuhe und eine Mütze. Eine lange dicke Hose und an den Füßen warme Stiefel. Den Schal zog er sich ins Gesicht. Dennoch fröstelte er, es war keine normale Kälte. Vielleicht würde ihm ja bei der anstehenden Arbeit warm werden, sodass er anfing seinen Eingangsbereich vor dem Haus freizuräumen. Die Kälte durchzog seinen ganzen Körper, er zitterte. Auch, nachdem er die Hälfte des Weges frei hatte, war ihm kein bisschen wärmer. So beschloss Ray seine Arbeit zu unterbrechen und sich erst mal einen heißen Kakao zu machen. Nachdem sich der Chinese sich aufgewärmt hatte zog er sich wieder Mantel und Stiefel an und machte sich erneut ans Werk. Die Kälte machte ihm zu schaffen, schnell drang sie durch seine warme Kleidung an seinen Körper. Es fühlte sich beinah so an, als ob er gar nichts an hätte. Mühselig und am ganzen Körper zitternd schaufelt er den Rest des Weges frei und ging wieder ins Warme. Er konnte es sich nicht erklären, warum ihm die Kälte so zusetzte. Ray machte sich einen weiteren heißen Kakao und etwas zu essen. Bei der Kälte verging ihm irgendwie die Lust daran, Geschenke für seine Freunde zu kaufen. Dennoch blieb ihm nicht mehr viel Zeit und die Geschäfte und Einkaufsstraßen waren sowieso überfüllt. Er seufzte und trank seine Schokolade aus. Mit dem Auto zu fahren wäre wohl reiner Selbstmord und so beschloss er die U-Bahn zu nehmen. Wiedererwarten war es sehr voll. Unterwegs in der Bahn und in den Läden und Straßen. Um diese Jahreszeit waren alle im Weihnachtsstress. Aber im Gegensatz zu Ray würden all diese Leute wohl den Weihnachtsabend nicht alleine verbringen. Ein trauriger Schleier legte sich über ihn. Er war noch immer nicht drüber hinweg. Aber wie auch? Offiziell wurde es nie beendet. Zerrissen wurden sie. - Ja, das wäre wohl die richtige Bezeichnung. Der Schwarzhaarige kämpfte sich durch die Massen und suchte nach Geschenken für seine Freunde. Nachdem er sich durch etliche Kaufhäuser und lange Schlangen gequält hatte fuhr er mit vollen Tüten wieder nach Hause. Es war bereits früher Abend und es fing wieder an zu schneien. Ray hatte das Gefühl je näher er zum Haus kam desto stärker wurde der Schneefall. Zum Glück war es zu diesem Zeitpunkt nicht windig aber er war froh, als er die Haustür erreicht hatte. Eine eigenartige Kälte durchdrang ihn wie schon zuvor beim Schneeschippen. Augenblicklich zitterte er am ganzen Körper und kramte beinah verzweifelt nach seinem Schlüssel. Als er ihn endlich gefunden hatte schloss er eilig die Tür auf und verschwand im warmen Inneren. Seine Einkaufstüten im Flur stehen lassend streifte er sich die Sachen ab und verschwand im Bad. In der warmen Wanne würde es ihm bald wieder gut gehen. Der Schwarzhaarige ließ das Wasser ein und gab etwas Schaumbad hinzu. Nachdem die Wanne vollgelaufen war legte er sich hinein und entspannte. Eine sehr lange Zeit verbrachte er dort. Die Zeit total außer Acht gelassen habend wanderten seine Gedanken immer wieder zum selben Thema. Zu ihm. Zu Kai. Ein leises seufzen entwich Rays Lippen. Immer und immer wieder ging er dieselben Szenarien in Gedanken durch - warum er ihm genommen wurde und wo er sich nun befand. Aber nie kam er zu einem Ergebnis. Warum quälte er sich überhaupt noch so? Er sollte einfach versuchen, darüber hinweg zu kommen. Dann würde es ihm viel besser gehen. Aber so einfach war das ganze leider nicht und irgendwo in ihm schimmerte immer noch ein kleines bisschen Hoffnung, dass Kai irgendwann wieder zu ihm zurückkehren würde. Das Wasser hatte seine Wärme mittlerweile verloren und Ray stieg aus der Wanne. Er trocknete sich ab und machte sich bettfertig. Er beschloss noch etwas zu lesen und machte den Kamin an. Danach bereitete er sich noch eine Kleinheit zu essen zu und kuschelte sich mit einer warmen Decke in den Sessel vor den Kamin. Er blickte nach draußen, es schneite immer noch. Da stand für den morgigen Tag wohl wieder viel Arbeit an. Ray schlief in der Nacht sehr unruhig. Wieder hatte er Albträume. Diese Sache ließ ihm einfach keine Ruhe. Erschöpft öffnete er die Augen und sah zum Fenster. Ein Lichtstrahl traf genau sein Gesicht. Der Chinese hievte sich aus dem Bett und ging zum Fenster. Sein Blick wanderte über die weiße Schneedecke. Es hatte schon wieder geschneit. Ein leises Seufzen glitt über seine Lippen. Da es noch früh war verschloss er den Vorhang und beschloss sich noch mal hinzulegen. Diesmal konnte er besser schlafen und wurde etwas später durch ein seltsames Klopfen und Kratzen wach. Ray begab sich aus dem Bett und versuchte die Geräusche zu lokalisieren. Es schien so, als würden sie aus der Wand kommen. Er suchte den Boden und die Wände nach Spuren ab, weil er befürchtete, ungewollte Hausgäste wie Mäuse oder Kakerlaken zu haben. Als er jedoch nicht fündig wurde und die Geräusche aufhörten bereitete er sich Frühstück vor. Gedankenverloren aß er sein Brötchen und starrte ausdruckslos aus dem Fenster. Zwei kleine Dohlen saßen auf dem Fenstersims und knabberten gemeinsam an einem Stückchen Brot. Glücklich sahen sie aus. Er lächelte. Eine Weile sah er ihnen noch zu, wie sie das Brot aßen, bis auf einmal ein Rabe angesaust kam und laut kreischte. Die Dohlen versuchten sich und das Brot zu verteidigen, vergeblich. Der Rabe riss eine Dohle mit sich und verschwand wieder so schnell er gekommen war. Ray starrte fassungslos auf die andere Dohle, die laut tschilpend noch immer auf dem Sims saß. Für einen Augenblick wirkte es so, als würde sie nachdenken und verschwand dann in die Richtung, in die der Rabe abgehauen war. Ray sah noch eine Weile zu der Stelle, wo die Dohle gesessen hat. Sein Blick war leer und ausdruckslos wie zuvor. Er versuchte sich irgendwie zu sammeln. Etwas Arbeit stand noch an. Also stand er auf und zog sich warm an. Schal, Stiefel, Handschuhe, Mütze, Mantel. Er nahm die Schaufel und ging nach draußen. Ein leichter Wind zog ihm durchs Gesicht. Im Schnee waren Spuren der Vögel zu sehen. Es wirkte alles so friedlich. Er fing an den Weg freizuräumen und anstatt das ihm durch die Arbeit warm wurde, spürte er wieder diese eigenartige Kälte durch die Kleidung. Bei jeder seiner Bewegungen durchzog die Kälte mehr und mehr seine Knochen. Dennoch wollte er fertig werden und seine Arbeit nicht unterbrechen. Es zerrte stark an seinen Kräften, er zitterte am ganzen Körper. Die kühle Luft schnitt ihm in die Atemwege. Mit großer Mühe hievte er die letzte Schaufel vom Weg auf den Schneeberg. Er zitterte nun so sehr, dass er kaum noch laufen konnte. Ray verstand nicht, warum ihm die Kälte so zu schaffen machte. Er schleppte sich langsam wieder ins Haus und schloss die Tür hinter sich. Er sank auf den Boden und schloss die Augen. Es dauerte eine Weile, bis Ray wieder wach wurde. Er wurde wie schon am Vormittag durch seltsame Geräusche geweckt. Sein Blick fiel auf die Uhr, es war bereits später Nachmittag. Er versuchte sich aufzurichten, ihm tat alles weh. Der Schwarzhaarige befreite sich aus den warmen Sachen, die er immer noch trug und schleppte sich ins Badezimmer. Ein heißes Bad zur Entspannung schien nun genau das richtige zu sein. Er ließ das Wasser ein und wurde wieder auf die Geräusche aufmerksam. Ray verfolgte sie ins andere Zimmer, dann waren sie auf einmal weg. Er würde einen Kammerjäger nach den Feiertagen rufen, eher hatte das keinen Sinn. Schulterzuckend ging er zurück ins Bad und legte sich in die Wanne. Nachdem der Schwarzhaarige sich etwas entspannt hatte beschloss er sich für den Rest des Abends wieder in den Sessel vor den Kamin zu kuscheln. Sich mit einem guten Buch ablenken und die Seele baumeln lassen. Er machte sich einen Tee und nahm ein paar Plätzchen aus dem Schrank. Danach feuerte er den Kamin an und setzte sich mit einer Decke davor in den Sessel. Tee und Plätzchen auf einem kleinen Tischchen daneben. Sein Blick schweifte zum Fenster, draußen schneite es mal wieder. Ray rollte mit den Augen. Da hatte er mal Urlaub und verbachte die meiste Zeit damit die Wege vom Schnee zu befreien. Zudem schien ein kleiner Sturm aufzuziehen. Ein leiser Seufzer entwich seinen Lippen und er schlug sein Buch auf. Es war bereits spät am Abend als Ray beschloss ins Bett zu gehen. Seine Augen fielen ihm schon beim Lesen zu und mühselig begab er sich aus dem Sessel. Er machte sich bettfertig und kuschelte sich in sein Kissen. Seine Gedanken wanderten zu den zwei Dohlen vom Vormittag. Was mag wohl mit dem einen Vögelchen geschehen sein, welches vom Raben angegriffen wurde? Es stimmte ihn irgendwie traurig darüber nachzudenken. Unruhig drehte er sich im Bett hin und her und versuchte einzuschlafen. Sein Schlaf hielt leider nicht lange an, denn er schreckte auf einmal hoch. Wieder hörte er diese seltsamen Geräusche in der Wand und diesmal konnte er sie auch lokalisieren. Sie waren direkt neben ihm. Jedoch verstummten sie schlagartig, als er das Licht anknipste. Ray fuhr sich mit der Hand durch die Haare und beschloss sich noch etwas vor den Fernseher zu setzen. An Schlaf war jetzt erst mal nicht mehr zu denken. Er blickte kurz nach draußen, es schneite immer noch und wie es aussah, würde es auch noch die ganze Nacht weiter schneien. Er kuschelte sich in den Sessel und schaltete den TV an. Ziellos zappte er durch die Kanäle, um diese Uhrzeit kam nichts Interessantes mehr. Nachdem er einige Zeit vor dem Fernseher gesessen hatte ging er wieder ins Bett und versuchte noch etwas zu schlafen. Die Geräusche waren bisher nicht wieder aufgetaucht. Der Rest der Nacht verlief ruhig, dennoch konnte er nicht richtig zur Ruhe kommen. Wieder hatte er einen dieser Träume. Wann würde das endlich aufhören? Den Rest der Nacht mehr oder weniger gut hinter sich gebracht wurde er morgens wach. Ray drehte sich um und versuchte noch mal einzuschlafen, vergeblich. Er gähnte laut und rieb sich seine Augen. Dann stand der Schwarzhaarige auf und machte sich Frühstück, er könnte sich ja später noch mal hinlegen. Auf den Weg in die Küche fiel sein Blick auf die weiße Pracht vor dem Haus. Es schneite immer noch, allerdings nicht mehr so stark. Dennoch war von seiner Arbeit vom Vortag mal wieder nichts zu sehen. Nachdem Ray gegessen hatte zog er sich wieder die dicken Sachen an, nahm seine Schaufel und ging vor die Tür. Der Schnee sah sanft und weich aus. Eine milde Brise strich ihm um die Nase. Aus irgendeinem Grund verspürte er den Drang den Schnee nicht einfach so wegzuräumen - irgendetwas in ihm bewegte ihn dazu, einen Schneemann zu bauen. Der Chinese hatte den letzten Schneemann in Kindertagen gebaut und kam sich alleine bei dem Gedanken schon albern vor. Dennoch stellte er seine Schaufel beiseite und fing an eine Kugel zu formen. Diesmal durchzog ihn die Kälte nicht so extrem wie die letzten Male. Ray spürte sie zwar immer noch, aber es ließ sich zu diesem Zeitpunkt noch aushalten. Während die erste Kugel immer größer und größer wurde, wurde ihm trotzdem kein bisschen warm dabei. Es hielt sich eher konstant auf einem Level. Nachdem die Kugel seiner Meinung nach groß genug war begann Ray damit die zweite zu formen. Nach und nach nahm auch sie eine annehmliche Größe an. Er achtete aber darauf, dass sie etwas kleiner war, als die erste. Der Chinese hievte sie auf die erste und gab Acht, das keine Kugel kaputt ging. Dann stopfte er Schnee an die Kante und formte die Kugeln noch etwas. Nachdem der Schwarzhaarige fertig war begann er damit noch eine dritte Kugel zu formen. Diese sollte den Kopf darstellen, also wurde sie wiederum etwas kleiner als die anderen beiden. Nach vollendeter Tat setzte er sie oben drauf und rieb wie schon zuvor Schnee in den Zwischenraum. Ray ging einen Schritt zurück und betrachtete sein Werk. Er schüttelte ungläubig den Kopf und konnte es nicht so recht glauben, was er da getan hatte. Aber irgendwie fühlte es sich gut an und ein kleines bisschen stolz war er auch. Er suchte ein paar kleine Steine zusammen und gab dem Schneemann ein Gesicht. Dieser lächelte ihn an. Zufrieden nahm Ray seine Schaufel und begann den Rest des Weges freizuräumen, den er nicht schon durch den Bau des Schneemanns vom Schnee befreit hatte. Ihm wurde sogar ein kleines bisschen warm, die Kälte setzte ihm nicht mehr so zu. Der Schwarzhaarige beendete seine Arbeit und ging wieder ins Haus. Spät am Abend, als er vor dem Kamin saß, einen heißen Tee schlürfte und ein gutes Buch las wurde seine Aufmerksamkeit durch irgendetwas nach draußen gelenkt. Vor dem Fenster stand der Schneemann, welcher durch die Beleuchtung am Eingang angestrahlt und gut sichtbar war. Wie er diesen betrachtete hatte er das Gefühl, dass dieser irgendwie traurig aussah. Die Schatten, die die Steine warfen, welche seinen Mund bildeten, ließen ihn noch bedrückter aussehen. Aber vielleicht waren sie auch einfach nur verrutscht. Zudem sah es so aus, als ob er zittern würde - Ray rieb sich ungläubig die Augen. Dieser Effekt schien wohl durch den Wind ausgelöst worden zu sein. Es schneite, aber lange nicht so extrem, wie die letzten Tage. Es waren eher einzelne Flocken, die ihren Weg nach unten auf den Boden suchten. Der Chinese wandte sich wieder seinem Buch zu und nahm einen Schluck Tee. Lange konnte er sich allerdings nicht konzentrieren, denn wieder musste er nach draußen blicken. Als ob ihn innerlich irgendetwas dazu drang. Eine leichte Windböe strich den Schneemann und wieder dachte Ray, dass dieser zittern würde. Er stand auf und ging zum Fenster, betrachtete ihn von nahem. Nichts. Mit runzelnder Stirn starrte er den Schneemann an. Er sah auf die Uhr. Es war bereits nach 23 Uhr, aber irgendwie zog es ihn noch mal nach draußen. Zu ihm, den Schneemann. Als ob er selber seinen Körper gar nicht mehr steuern würde zog er sich die dicken Sachen an, nahm noch einen weiteren Schal und ging vor die Tür. Der Wind strich sein Gesicht, Ray fröstelte etwas. Eilig ging er zum Schneemann, er wollte schnell wieder ins Haus. Der Chinese strich ihm beinah liebevoll über den Kopf und legte ihm dann den Schal um. Er wickelte ihn so gut es ging zwischen Kopf und Rumpf und betrachtete sein Werk. Irgendetwas fehlte. Er griff an seine Mütze die er trug und zog sie sich herunter. Dann setzte er sie dem Schneemann auf. Ein kleines Lächeln glitt über Rays Lippen, als er die Mütze ausrichtete. Ihm war bewusst wie kindisch es war dem Schneemann etwas anzuziehen, aber irgendwie fühlte er sich mit diesem verbunden und konnte nicht anders. Er richtete die Steine für den Mund noch einmal neu aus und ging dann zufrieden nickend wieder ins Haus und beschloss ins Bett zu gehen. Ray machte sich bettfertig und legte sich hin. Seine Gedanken drehten sich um den Schneemann. Dieses Mal hatte er keine Probleme damit einzuschlafen. Am nächsten Tag wurde er gegen Mittag wach. Ungläubig starrte er auf seine Uhr. Er hatte durchgeschlafen. Keine Albträume, keine komischen Geräusche. Der Schwarzhaarige kratzte sich am Kopf und stand auf. Er ging in die Küche und warf vorher noch einen Blick auf den Schneemann. Dieser war noch genauso, wie er ihn in der Nacht zurückgelassen hatte. Mit Mütze und Schal sah er direkt viel freudiger aus. Auch Ray stimmte es fröhlich obwohl er es sich nicht erklären konnte, warum es so war. Gedankenverloren bemerkte er gar nicht, dass der Schneefall nachgelassen hatte. Nachdem er sich gestärkt und angezogen hatte ging er nach draußen, um den Weg freizuräumen. Er staunte nicht schlecht, er hatte mit viel mehr Schnee wie in den letzten Tagen gerechnet. Der Chinese begann mit der Arbeit und mit der Aussicht darauf, dass er schnell fertig sein würde, machte es ihm sogar ein kleines bisschen Spaß. Es schien auch nicht mehr so kalt zu sein. Zumindest spürte er die Kälte nicht mehr so extrem und ihm wurde sogar etwas warm bei der Arbeit. Im Anschluss, als Ray fertig war, ging er noch mal zu dem Schneemann, welcher ihn anlächelte. So schien es jedenfalls. Der Schwarzhaarige wirkte fröhlich, so war es seit besagtem Tag nicht mehr. Er empfand es auch nicht mehr kindisch, was er getan hatte. Er freute sich darüber. Ihm ging es wirklich etwas besser, seitdem der Schneemann dort stand. Am allermeisten war er aber froh darüber, dass er die Nacht so gut schlafen konnte und nicht wieder einen dieser Träume hatte. Ray stapfte zurück ins Haus und machte sich einen Tee. Danach kuschelte er sich vor den Kamin und schaltete den Fernseher ein. Sein Blick fiel zwischendurch immer wieder auf den Schneemann, er konnte nicht anders. Abends, bevor der Chinese ins Bett wollte, ging er noch mal nach draußen. Er kniete sich vor den Schneemann und betrachtete ihn. Anmutig stand dieser vor ihm, er sah zufrieden und sorgenfrei aus. Dann fing Ray auf einmal an zu reden. Es kam einfach so aus ihm heraus, all seine Sorgen und Ängste. Ein paar vereinzelte Tränen kullerten seine Wangen herunter. Er schämte sich nicht dafür, dass er mit einem Schneemann sprach. Im Gegenteil. Es war >sein< Schneemann und er fühlte sich einfach nur befreit. Wärme durchströmte seinen Körper. Ray fühlte sich auf einmal wohl und geborgen. Seine Tränen versiegten und er wünschte dem Schneemann eine gute Nacht. Danach ging der Schwarzhaarige zurück ins Haus, schenkte dem Schneemann vorher noch einen letzten Blick. Die nächsten Tage verliefen ähnlich. Ray konnte endlich wieder gut schlafen, keine Albträume und keine seltsamen Geräusche, die ihn aus dem Schlaf schrecken ließen. Der starke Schneefall hatte nachgelassen, es schneite nur noch vereinzelnd und dann auch nicht sehr lange. Immer, wenn Ray draußen war, spürte er die Kälte kaum. Ihm wurde sogar zunehmend wärmer, je länger er sich draußen aufhielt. In diesen Tagen verspürte Ray endlich wieder Glück und Lebensfreude - zumindest bis zum Morgen des 24. Dezembers. Als er aufwachte und den Kalender erblickte war seine gute Laune wie weggeblasen. Heute war der Tag, an dem alle Menschen fröhlich sein sollten. Aber er war alleine. Mal wieder. Nicht mal der Gedanke an den Schneemann konnte ihn aufheitern. Den schönsten Tag des Jahres würde er ohne jemand anderen verbringen müssen. Ihm war zum heulen zu mute. Er stand auf und ging in die Küche, unterwegs fiel sein Blick auf den Schneemann. Er schenkte ihm ein kurzes gequältes Lächeln und ließ den Kopf hängen. Irgendwie war es doch kindisch gewesen, sich an einem Schneemann aufzuhängen. Ray machte sich was zu essen und fuhr danach zu Tyson, Max und Kenny und brachte ihnen ihre Geschenke. Wenigstens sie sollten sich heute Abend über eine kleine Aufmerksamkeit freuen. Natürlich hatten sie auch ein Geschenk für ihn selbst, aber er wertete es nicht so hoch. Sie hätten ihm auch gar nichts schenken brauchen. Das einzige was sein Herz begehrte, konnte ihm niemand geben. Sie versuchten ihn etwas aufzumuntern und redeten ihm gut zu, aber Ray wollte davon nichts wissen. Lange blieb er auch nicht bei seinen Freunden, er konnte dessen gute Laune nicht verkraften. Es fing wieder leicht an zu schneien, als er nach Hause kam. Er beseitigte das bisschen Schnee, was über Nacht gefallen war und betrachtete noch ein Mal den Schneemann. Ray klopfte Mütze und Schal ab, damit der lose Schnee herunter fiel und ging dann ins Haus. Drinnen zog er alle Vorhänge zu, machte sich Schnittchen und Tee und feuerte den Kamin an. Danach hockte er sich in seinen Sessel, kuschelte sich in eine Decke und schaltete den Fernseher ein. Irgendwie musste er eingeschlafen sein, denn auf einmal schrag er hoch. Irgendetwas hatte er draußen gehört. Ray sah auf die Uhr, es war bereits nach 20 Uhr. Wahrscheinlich würden jetzt alle anderen gerade fröhlich zusammen sitzen. Er überlegte, ob er ins Bett gehen sollte, als es auf einmal an der Tür klopfte. Der Chinese runzelte die Stirn. Waren das etwa Tyson und Co.? Natürlich hatten sie sich schon am Nachmittag getroffen, aber möglicherweise hatte er einen zu bemitleidenswerten Eindruck hinterlassen. Und nun waren sie auf die Idee gekommen das Weihnachtsfest mit ihm verbringen zu müssen, um ihn aufzumuntern. Aber warum haben seine Freunde dann nicht vorhin schon etwas gesagt? Oder hatte er sich das alles nur eingebildet? Er lauschte. Es klopfte ein weiteres Mal. Spätestens jetzt war Ray klar, dass es nicht seine Freunde sein konnten, denn Tyson und Max würden wie wild kreischen, wenn er sie so lange warten ließ. Er stand auf und ging zur Tür, öffnete diese. Er traute seinen Augen kaum. Vor ihm stand Kai. Dieser war durchgefroren und hatte überall Schnee an seinen Sachen. Der Schwarzhaarige war starr und konnte sich nicht rühren. "Ich habe mich daran erinnert, was mir wirklich wichtig ist", kam es über die Lippen Kais. In Rays Augen sammelten sich Tränen. Er konnte nicht glauben, dass er hier war. Nach all der langen und qualvollen Zeit. Er fiel dem Blaugrauhaarigen um den Hals, welcher eiskalt war. Ray bat ihn zitternd und unter Tränen hinein und verschloss die Tür. Er verfrachtete Kai in den Sessel vor den Kamin, gab ihm trockene Kleidung. Erst jetzt fiel ihm auf, dass Kai seine Mütze und seinen Schal trug. Ray wickelte ihn in die Decke ein und ging in die Küche, um ihm etwas zu essen und trinken zu holen. Dabei blickte er aus dem Fenster. Der Schneemann war verschwunden. Fortsetzung folgt… Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)