Rache von Schangia (Warum man Affen nicht ärgern sollte) ================================================================================ Kapitel 1: Rache ist teuer -------------------------- »Und du willst das wirklich durchziehen, Kuramochi?« Miyuki lehnte sich auf seinem Stuhl nach vorne, legte einen Arm auf den Tisch und schenkte seinem Freund, der mit verschränkten Armen und dem Rücken zur Fensterfront links von ihm stand, einen skeptischen Blick. Er wusste zwar, dass der andere sich nicht umstimmen ließ, sobald er einmal etwas beschlossen hatte, aber er wollte zumindest so tun als wäre er der Vernünftigere von ihnen. Kuramochi hingegen schnaubte nur abfällig. »Natürlich! Ich musste das letztes Jahr auch über mich ergehen lassen«, erklärte er mit diesem gewissen Unterton in der Stimme, der Miyuki sagen sollte, dass er sich im Recht sah und keine weiteren Widerworte duldete. »Der Neue soll genauso leiden wie ich damals.« Fast schon gelangweilt stützte Miyuki den Kopf auf seiner Hand ab. »Das ist wirklich unglaublich reif von dir.« »Rache hat nichts mit Reife zu tun«, protestierte Kuramochi mit einer für ihn viel zu untypischen Ruhe, die sein Gegenüber für eine kurzen Moment die Augenbraue heben ließ, ehe er sich wieder fing. »Du rächst dich nicht einmal an demjenigen, der das mit dir gemacht hat.« Miyuki schüttelte tadelnd den Kopf. »Dabei solltest gerade du wissen, wie sich so etwas anfühlt. Tut dir der Neue denn gar nicht leid?« Mit einem Mal trat das gefährliche Funkeln in Kuramochis Augen zurück, verriet seinem Freund, dass die vorangegangene Ruhe nichts weiter als Täuschung gewesen war. Ein schlechter Versuch, seine wahre Natur – die eines rachsüchtigen, missbrauchenden, manchmal nachtragenden und allen voran bösen Affen mit neugewonnener Autorität als Senpai – zu verbergen, der darin ausartete, dass sich ein fast schon manisches Grinsen auf seinem Gesicht zeigte. »Das sagst du zwar, Miyuki, aber du grinst breiter als ich.« »Weil die Vorstellung von dir in so einem Aufzug eben zum Schießen ist«, konterte er gelassen, wenngleich sein schadenfrohes Grinsen noch breiter wurde. »Wie dem auch sei, viel Glück bei deinem Vorhaben.« Mit diesen Worten erhob Miyuki sich, griff nach seiner Schultasche und machte sich gemächlich auf den Weg zu den Baseballplätzen, ohne sich noch einmal umzudrehen. Auch Kuramochi schnappte sich seine Tasche und schloss zu ihm auf, schob dabei schmollend die Unterlippe vor und verpasste Miyuki einen Schlag gegen den Oberarm. »Als ob ich Glück bräuchte!« Einmal mehr schüttelte Miyuki den Kopf und warf seinem Freund einen teils amüsierten, teils mitleidigen Blick zu. »Ich weiß, wie begabt du bei kreativen Arbeiten bist. Glaub mir, du kannst alles Glück der Welt gebrauchen.« In der Tat verbrachte Kuramochi fast seine gesamten Ferien damit, unterschiedliche Methoden auszuprobieren, zu verfeinern und letzten Endes dennoch zu verwerfen. Nicht, dass er sein Training in irgendeiner Form vernachlässigt hätte, aber in seiner Freizeit saß er kaum an seiner Spielkonsole, und allein dafür hatte der neue Schüler, der sein Zimmer beziehen würde, einen kräftigen Tritt ins Kreuz verdient. Oder auch zwei, drei oder gleich zehn. Er lauschte gerne den schmerzerfüllten Schreien seiner Gegner. Und er wusste, dass sein Vorhaben jede Mühe wert war. Mit einer seltsamen Mischung aus Hass und Respekt blickte er auf den Moment zurück, der diese Rachegelüste in ihm geweckt hatte. Es war sein erster Tag gewesen, und nach der Anreise wollte er einfach nur schnell auf sein neues Zimmer, das er wie für Seidou üblich mit zwei anderen, meist älteren Schülern bewohnen würde. Er war aufgeregt gewesen, neugierig und hatte vielleicht ein kleines Bisschen Angst gehabt, auch wenn er das damals niemals zugegeben hätte. Doch als er die Tür geöffnet hatte, war da nur die blutverschmierte Fratze seines Senpai gewesen, die ihn fast zu Tode erschreckt hätte. Und das – so fand zumindest Kuramochi – schrie nach Rache, selbst wenn er sich nicht mehr an der Person rächen konnte, die ihm das angetan hatte. In der ersten Ferienwoche standen Nachforschungen an. Kuramochi hatte bisher nicht gewusst, aus wie vielen unterschiedlichen Materialien man Masken herstellen konnte, geschweige denn wie viele lokale Läden und Onlineshops Zubehör und anderen nützlichen Krimskrams verkauften. Um sich selbst – und ganz besonders Miyuki – etwas zu beweisen, wollte er es zunächst mit einer Maske aus Silikon versuchen. Das war zwar die teuerste, aber auch die beeindruckendste Möglichkeit. Dieser gute Vorsatz hielt genau 43 Minuten und 17 Sekunden. Das war die Zeit, die Kuramochi brauchte, um aus seinem Zimmer in den Laden seiner Wahl in der Innenstadt zu kommen. Alles, was er kaufen wollte, war flüssiges Silikon, doch der Verkäufer machte ihm schnell klar, dass das nicht reichen würde. Er benötigte weiterhin Gips, Zement, filigrane Werkzeuge, um die Maske weiter zu formen, Kunsthaar und weitere Materialien, deren Namen er sich nicht hatte merken können. Er konnte sich nicht mehr daran erinnern, welchem Last-Minute-Geistesblitz er es zu verdanken hatte, aber irgendwie war es ihm gelungen, sich so geschickt (oder vielleicht auch unbeholfen und mitleidserregend) aus der Affäre zu ziehen, dass er tatsächlich nur das Fläschchen mit Flüssigsilikon kaufen und sich dann direkt auf den Heimweg machen konnte. Selbstverständlich hätte er sich auch eine bereits fertige Maske kaufen können. Das wäre günstiger gewesen, und auf seiner Suche hatte Kuramochi einige brauchbare Masken gefunden. Aber zum Einen verbot ihm das sein Stolz – Miyuki würde ihn bis zum Ende ihres dritten Jahres dafür auslachen, und so sehr er ihm auch manchmal das Grinsen vom Gesicht schlagen wollte, bewusstlos prügeln wollte er seinen besten Freund nun wirklich nicht –, und zum Anderen hatte er erst ernsthaft darüber nachgedacht, als er schon auf dem Weg zurück zur Schule war. So saß Kuramochi also am gleichen Abend vorm Spiegel seiner Kleiderschranktür und betrachtete das Fläschchen in seinen Händen. Die Gebrauchsanweisung hatte er zusammen mit der Verpackung irgendwo in den Untiefen seines Zimmers verloren, aber das war halb so wild. Er war ohnehin ein Macher, der die Gebrauchsanweisungen erst dann zur Hilfe nahm, wenn er vollkommen versagte. Und wie wahrscheinlich war es schon, dass er sich von ein bisschen Silikon aus der Bahn werfen ließ? Keine drei Minuten später lief er schreiend durch den Flur ins Badezimmer, die Hände, Haare, Ohren und das Gesicht komplett verklebt mit Silikon. Er wagte nicht, sein linkes Auge zu öffnen, weil er nicht wusste, ob Silikon blind machen konnte, und so rannte er gegen den Türrahmen. Wie es so weit kommen konnte, wusste Kuramochi nicht. Aber er wusste, dass er das Wort ›Silikon‹ nie wieder hören wollte – wenn er das denn noch konnte, nachdem er sich das Zeug aus den Ohren gekratzt hatte. In seinem zweiten Anlauf wollte er versuchen, sich Narben zu schminken. Richtig grässliche, tiefe, realistische Narben, und nach einem etwas längeren Aufenthalt auf Youtube hatte er ein leicht verständliches Tutorial gefunden, von dem er Gebrauch machen wollte. Nur leider stellte sich heraus, dass der Vorgang in der Praxis alles andere als leicht verständlich war. Sich die teure Tinktur zu besorgen, mit der er den Narbeneffekt erzeugen wollte, war nicht das Problem. Seine Eltern genossen sein neues, kurzlebiges Hobby zwar mit Vorsicht, erachteten es aber nicht für notwendig, einzugreifen. Ihr Sohn würde schon wissen, wofür er sein Geld ausgeben wollte. Das Problem lag darin, dass Kuramochi nicht wusste, wann er aufhören musste. Das hatte er noch nie gewusst und dabei schon so manche Grenze überschritten, aber das war einer der raren Momente, in denen er sich damit selbst schadete. Die Tinktur erzielte den Narbeneffekt, indem sie dafür sorgte, dass sich die Haut zusammenzog. Man trug sie etwa zwanzig bis dreißig mal auf, je nachdem, wie tief man die Narbe gerne hätte, und nutzte dann (unnötig teures) Make-up, um das ganze noch realistischer aussehen zu lassen. Wie er es schaffte, eine Grenze zu überschreiten? Weil er dachte, es wäre eine gute – und vor allem zeitsparende – Idee, das gesamte Gesicht mit der Tinktur zu bearbeiten und nicht damit gerechnet hatte, dass es sich anfühlen würde, als würde man ihm die Haut abreißen. Letzten Endes beschloss Kuramochi also, einfach bei Kunstblut zu bleiben. Das hatte sein Senpai damals auch benutzt, und den ausreichenden Effekt würde es auf jeden Fall erzielen. Sein einziger Fehler bestand vermutlich darin, dass er versucht hatte, sein Kunstblut selbst herzustellen. Oder darin, dass er damit nicht gewartet hatte, bis seine Mutter außer Haus war. Sie betrat die Küche nämlich genau in dem Moment, in dem seine Mischung aus Mehl, Gelatine, Lebensmittelfarbe, verschiedenen Fruchtsirupen und anderen Zutaten, die er aus mindestens zehn verschiedenen Rezepten zusammengetragen hatte, überkochte und sich unter lautem Zischen auf den Kochplatten verteilte. »Youichi, warum?« Er hatte seine Mutter noch nie so verzweifelt und zugleich wütend erlebt. »Meinetwegen kannst du dich die Ferien über in deinem Zimmer einschließen und versuchen, Dämonen zu beschwören! Aber halt dich in Zukunft bloß von der Küche fern!« Daraufhin hatte er den Rest der Ferien Hausarrest bekommen und durfte nur zum Training raus. Die Küche durfte er drei Tage lang nicht betreten, und sehr zu seinem Erstaunen fand er noch eine Woche später Reste seines misslungenen Kunstblutes in den Haaren, obwohl er jeden Tag duschte. Um sich bereits vollkommen fertiges, zur Anwendung bereites Kunstblut zu kaufen, ging das letzte Bisschen Geld drauf, das Kuramochi im gesamten letzten Schuljahr angespart hatte. Er hatte es auch nur kaufen dürfen, nachdem er das gesamte Haus geputzt hatte. Die Spuren seiner Experimente waren zwar bereits von seiner Mutter beseitigt worden, aber sie bestand darauf, dass auch er ein wenig arbeitete. Das gehörte jedoch zu den Dingen, über die er eisern schweigen würde, und zwar bis an sein Lebensende. Wenn Miyuki ihn also fragen würde, warum er sich für Kunstblut entschieden hatte – und das würde er tun, dieses kleine, arrogante, schadenfrohe Arschgesicht von einem besten Freund –, würde er antworten, dass er es von Anfang an hatte nutzen wollen und dass es ganz bestimmt nicht daran lag, dass er für andere Methoden zu unbegabt war. Das war auch die Antwort, die er Masuko gab, nachdem sie beide ihr Zimmer bezogen und ihre Koffer ausgepackt hatten, und der andere skeptisch die Augenbraue hochgezogen hatte, als er das Kunstblut entdeckt hatte. Es würde noch einige Tage dauern, bis die neuen Schüler ankamen, und so hatte Kuramochi genug Zeit, seinen Senpai in seinen Plan einzuweihen. Masuko zeigte sich zwar nicht begeistert, konnte aber ohnehin nicht mehr protestieren. Da er in ihrem letzten Spiel vor der Ankunft der Neuen gepatzt und der Coach ihm als Konsequenz den Platz als Starter entzogen hatte, war er dazu übergegangen zu schweigen, bis er seinen Platz zurückerobert hatte. Eine etwas extreme Methode, aber bei genauerer Betrachtung war kein Spieler an Seidou normal, und anders hätte Kuramochi es auch nicht gewollt. Als nun also der Nachmittag kam, an dem die neuen Schüler anreisen und in ihre Zimmer eingeteilt werden würde, war er Feuer und Flamme. Einen Abend zuvor hatten sie bereits das neue Namensschild bekommen, dass sie neben der Tür anbringen sollten, und Kuramochi hatte sogar für einen kurzen Moment Mitleid mit diesem Sawamura Eijun empfunden, der wohl sein Kouhai werden würde. Aber wirklich nur kurz. Dann war er in manisches Gackern verfallen und hatte erst Ruhe gegeben, als Masuko ihn nach dem dritten Anlauf endlich mit einem Schuh hatte abwerfen können. Jetzt, eine halbe Stunde vor der geplanten Ankunft des Neuen, war er deutlich ruhiger, auch wenn man ihm die Schadenfreude immer noch ansah. Während er durchs Zimmer tigerte und alles bereit stellte, warf er einen beiläufigen Blick auf den Zettel, den sein Freund hochhielt. ›Bist du sicher, dass das so eine gute Idee ist?‹ Kuramochi grinste frech, schnappte sich das Fläschchen mit dem Kunstblut und setzte sich vor einen kleinen Spiegel. »Klar bin ich sicher! Außerdem muss ich ihm doch direkt klarmachen, nach welchen Regeln hier gespielt wird.« Vorsichtig – er hatte aus all den missglückten Experimenten gelernt, auch wenn er das selbst niemals für möglich gehalten hatte – drehte er die Verschlusskappe ab und begann, ein wenig von dem Blut auf sein Gesicht aufzutragen. »Willst du dem Neuen denn gar nichts mit auf den Weg geben, Masuko-san?« Geduldig wartete Kuramochi, bis der andere das Papier beschrieben hatte und es für ihn hochhielt: ›Solange er meinen Pudding nicht isst, werden er und ich gute Freunde werden.‹ Erst stutzte er, doch es dauerte nicht lange, bis er in schallendes Gelächter ausbrach. Ihr vorheriger Zimmergenosse hatte die Angewohnheit gehabt, Masuko selbst dann seinen geliebten Pudding wegzuessen, wenn dieser unübersehbar seinen Namen darauf geschrieben hatte. Ehrlich gesagt bezweifelte Kuramochi, dass der Neue da anders sein würde, also warf er dem anderen nur einen verständnisvollen Blick zu, ehe er sich wieder seinem Gesicht widmete. Sobald das Blut getrocknet und er mit dem Ergebnis zufrieden war, griff er nach seiner Taschenlampe, hielt sie sich unters Gesicht und probte vor Masuko, welchen Gesichtsausdruck er am Ende machen wollte. Sie waren sich schnell einig, dass nach hinten gerollte Augen und ein leeres Gaffen am besten aussahen, also schaute Kuramochi flüchtig auf die Uhr, grinste breit und positionierte sich direkt vor ihrer Zimmertür, damit der Neue fast in ihn hineinrannte, wenn er das Zimmer betreten wollte. »Yosh, noch fünf Minuten! Dann wollen wir mal sehen, wie sich unser neuer Kouhai so macht!« Damit schaltete er das Licht aus, denn – seien wir ehrlich – die Taschenlampe erzielte einen viel besseren Effekt, wenn es im Zimmer dunkel war. Kuramochi wusste nicht, wie lange er in der Dunkelheit gestanden und darauf gewartet hatte, dass der Neue auftauchte. Er wusste nur, dass ihm vor etwa zehn Minuten die Beine eingeschlafen waren und das Kunstblut auf seinem Gesicht unangenehm zu jucken begonnen hatte. Irgendwo im hinteren Teil des Zimmers stampfte Masuko zweimal mit dem Fuß auf den Boden, um auf sich aufmerksam zu machen. Missmutig schaltete Kuramochi das Licht ein, fluchte leise und kniff hastig die Augen zusammen, damit die plötzliche Helligkeit ihn nicht noch weiter blendete. Er brauchte vier Anläufe, um den Text auf dem Zettel zu lesen, den Masuko ihm hochhielt. ›Du stehst jetzt seit einer halben Stunde vor der Tür und wartest.‹ Darauf schnaubte er nur wütend. »Was kann ich denn dafür, wenn dieser Schwachkopf sich verspätet?« Er wollte weiter protestieren, doch Masuko schrieb schon eifrig weiter. Vermutlich hatte er in der letzten halben Stunde genug Zeit gehabt, sich eine lange Predigt darüber zurechtzulegen, warum man seine Position als Senpai nicht ausnutzen sollte. In der Tat schrieb Masuko ganze drei Blätter voll, die Kuramochi nur mit großem Widerwillen las. ›Anstatt dich mit solchen Streichen aufzuhalten, solltest du dich besser auf die nächsten Trainingsmatches konzentrieren. Außerdem—‹ Weiter las er nicht. Draußen hatte er etwas gehört, dass verdächtig nach Schritten klang. Die Mischung aus Aufregung und Vorfreude kehrte in seine Magengegend zurück, als er das Grinsen nicht davon abhalten konnte, sich auf seinem Gesicht auszubreiten. »Pssht! Er ist da!« Sawamura Eijun wusste, dass dieser Moment alles verändern würde. Und nachdem er sein altes Team, seine Freunde zurückgelassen hatte, um an dieser Schule der Starpitcher des Baseballteams zu werden, war es seiner Ansicht nach das Mindeste, dass ihm vor lauter Freude und Angst und Begeisterung fast das Frühstück wieder hochkam. Das war nur ein Grund, aus dem seine Hand seit gut fünf Minuten einige Zentimeter über der Türklinke verweilte, ohne dass er die Tür wirklich öffnete. Er würde mit älteren Schülern zusammenwohnen, würde die Möglichkeit haben, von ihren Erfahrungen zu lernen und sich mit ihnen zu verbessern. Was für großartige Persönlichkeiten sich wohl hinter dieser Tür verbargen? Sawamura atmete tief durch. Wenn er nicht bald den Mut aufbrauchte, die Tür zu öffnen, würde er es nie erfahren. Er straffte den Rücken, griff fest nach der Klinke und drückte sie hinunter— —nur um in die blutverschmierte, gespenstisch beleuchtete Fratze eines Jungen in seinem Alter zu blicken. Mit einem viel zu panischen Schrei stolperte er zurück, konnte sich nicht mehr auf den Beinen halten und landete ziemlich unsanft auf seinem Hintern. Kuramochi fiel ebenfalls fast zu Boden, allerdings musste er sich vor lauter Lachen die Seite halten und sich am Türrahmen abstützen. Dieser Moment hatte wirklich all seine Erwartungen übertroffen, die sich in den letzten Wochen angesammelt hatten. Er gluckste immer noch unkontrolliert, als er sich den verschreckten Jungen vor sich genauer ansah. Sawamura lag genauso geschockt und verstört am Boden wie er selbst vor einem Jahr, aber Kuramochi war sich ziemlich sicher, dass er den Mund damals schneller wieder hatte schließen können. Der Kleine starrte ihn mit einer gesunden Portion Furcht in den Augen an, und er würde lügen, wenn er behaupten würde, dass er darauf nicht hingearbeitet hatte. Kouhai sollten Respekt und auch ein wenig Angst vor ihren Senpai haben, das hatte man ihm in seinem ersten Jahr hier beigebracht. Mit einem breiten Grinsen im Gesicht ging er auf Sawamura zu, wischte sich mit dem Arm ein wenig Blut ab, denn allmählich fühlte es sich so an, als ob sich das Zeug in seine Haut fressen würde. Er bemühte sich, nicht allzu furchteinflößend zu wirken. Trotz all des Respekts sollten die Älteren ihre Schützlinge unterstützen – auch das war eine neue Pflicht, die er als frischgebackener Senpai erfüllen musste. Kuramochi zwang sich also zu einem Lächeln, das sich immer noch viel zu sehr nach einem Grinsen anfühlte, hielt Sawamura die Hand vors verdutzte Gesicht und begrüßte ihn mit den gleichen Worten, die sein Senpai damals an ihn gerichtet hatte, nachdem er sich das Kunstblut vom Gesicht gewischt und ihm die Hand gereicht hatte, um ihm aufzuhelfen. »Willkommen in Seidous Baseballclub, Kleiner!« Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)