Haven of Winds von Milu- (Shanks Tochter sucht eine Prophezeiung, die vom Ende der bestehenden Weltregierung handelt...) ================================================================================ Kapitel 1: Aussichten --------------------- Haven of Winds The Pirate Chronicles N°II   - 1 Woche zuvor - (POV Grace)     Das sanfte, umschmeichelnde Plätschern der Wellen am Bug… Der Blick bis zum Horizont, nichts außer dem azurblauen Wasser… Der Himmel, erfüllt von allen Rottönen dieser Welt, während die Sonne über den Rand blickte und sich das prächtige Farbspiel auf den Weiten des Ozeans wiederspiegelte.   Seufzend stützte ich mich mit den Ellenbogen auf der Reling ab, nahm das grüne Kopftuch in die Hände und genoss die morgendliche, salzige Briese, die einzelne Strähnen meiner honigblonden, schulterlangen Haare mit sich riss und durcheinanderwirbelte.   Ein breites, zufriedenes Lächeln zog sich nach langer Zeit wieder über meine Lippen, während ich in aller Herrgottsfrühe am Deck stand und die friedliche Atmosphäre auf mich wirken ließ.   Mein Gott. Wie lange war es her, seit dem ich meinem kleinen, allmorgendlichen Ritual hatte nachgehen können? Das Lächeln verblasste und wich einem nachdenklichen Ausdruck. Seit meinem Aufbruch, um meinen Auftrag zu erfüllen. Blair finden, beschützen und sicher zu Shanks zurückbringen.   Blair.   Langsam streifte ich mir das Kopftuch wieder über, setzte mich auf die Reling und zog meine Beine zu mir rüber, so dass sie über dem Wasser hingen.   Das rothaarige, schüchterne Mädchen mit den atemberaubenden Teufelskräften, Tochter des roten Shanks, Ziel Nummer 1 des Admirals Ao Kiji.   Das feine Lächeln kehrte auf meine Lippen zurück und meine Augen nahmen einen vorsichtigen, unsicheren, aber auch sanften Ausdruck an, während ich an meine neugewonnene Freundin und unser erstes, kleines Abenteuer zurückdachte.   Natürlich war sie nicht lange nach ihrem Aufbruch, mit dem Ziel ihren Vater zu finden, von der Marine gefangengenommen worden. Ebenso selbstverständlich hatte ich mich als vermeintliche Gefangene an Bord begeben, um sie zu befreien und meinem Auftrag zufolge sicher zu ihrem Vater zurückzubringen.   Dann war schließlich Kaoru dazugekommen. Damals nannte er sich noch Admiral Kenzo, hatte einen sündenhaft teuren Anzug getragen und die Haare aalglatt nach hinten frisiert. Ein für mich lächerlicher und ungewohnter Anblick, aber eine für ihn nötige Verkleidung, um Marine und Weltregierung zu täuschen und als einer von ihnen durchgehen zu können.   Auch von seinem Auftrag hatte ich Bescheid gewusst, selbst wenn es eher inoffiziell war und ganz sicher nicht von Shanks genehmigt worden wäre, hätte dieser von der ganzen Sache Bescheid gewusst.   Mehr über die Prophezeiung herausfinden, die der Marine als auch Weltregierung zum Verhängnis werden könnte. Um genau diesen Auftrag nun Weiterzuführen, mussten wir zu meiner Heimatinsel segeln, auf der ich zuletzt vor einigen Monaten gewesen war und überhaupt erst etwas von der Prophezeiung erfahren hatte.   Meine Begeisterung hielt sich bei diesen Aussichten in Grenzen.   Die letzten, wenigen Erinnerungen, die ich an meine Heimat hatte, waren trüb und verschwommen von all meinen vergeblichen Versuchen, sie ein für alle Mal zu vergessen. Und doch konnte ich das grelle, blendende Feuer vor meinen Augen sehen, die stechende Hitze auf meiner Haut und die Angst in meinem Inneren spüren, die ich damals vor so vielen Jahren als kleines Kind empfunden hatte, kurz bevor er mich gerettet hatte.   Leise, fast lautlose Schritte näherten sich mir, waren beinahe nicht zu vernehmen, als die Sohlen über das hölzerne Deck schlichen und den knarrenden Dielen dabei exakt auswichen, die die Anwesenheit des Neuankömmlings verraten würden.   Ben? Oder Shanks?   Ein kurzes, kaum zu vernehmendes Scharen, als die Personen einen Augenblick lang zu dicht über den Boden ging. Ein breites Grinsen zog sich über meine Lippen. „Guten Morgen, Kaoru. So früh schon wach?“   Ohne mich umwenden zu müssen hörte ich ihn einen Augenblick lang verharren, als er in seinen Schritten innehielt, bevor er schließlich seine Bemühungen sein ließ und sich neben mich, mit dem Rücken in Richtung Sonnenaufgang, an die Reling lehnte. Leise seufzend setzte er  zum Reden an, verstummte jedoch, und als ich mich mit fragendem Gesichtsausdruck zu ihm umwandte, war seine Stirn gerunzelt und der wachsame Blick auf die Kajüten gerichtet.   „Was beschäftigt dich?“, fragte ich leise ohne zu überlegen und schellte mich in Gedanken selbst dafür. Ein raues, emotionsloses Lachen, bevor er zum Reden ansetzte.   „Du meinst abgesehen davon, dass wir aller Wahrscheinlichkeit nach in einen Krieg ziehen werden - versuch es gar nicht erst zu leugnen, Grace -, Blair die Marine am Hals hat und du Ben und mir die ganze Zeit über verschwiegen hast, dass du Bricta aus der Prophezeiung bist? Ach warte, Ben wusste ja Bescheid!“   Mit geröteten Wangen mied ich seinen Blick und verweigerte eine Antwort, die sowieso überflüssig gewesen wäre. Nachdem er seinem Frust Platz gemacht hatte, wandte er sich endlich um, stützte sich mit den Ellenbogen auf dem Holz auf und betrachtete mit sanftem Blick die emporsteigende Sonne.   Vorsichtig blickte ich mich zu ihm um. Hellblonde, verwuschelte Haare umschmeichelten sein Gesicht, die schmalen Lippen verzogen sich zu einem Lächeln und die wachsamen, eisblauen Augen musterten mich sanft. „Gefällt dir was du siehst, Gracy?“, fragte er mit amüsierter Stimme, aus der das Lachen fast schon rauszuhören war.   „Gott, du bist so ein Arsch!“, murmelte ich verlegen und wandte mich peinlich berührt ab, während er in schallendes Gelächter ausbrach und mir die Schulter tätschelte. „Nimm’s nicht so schwer, es sind schon viele Frauen schwach geworden…“, neckte er mich weiter, bevor ich ihm einen kraftvollen Schlag auf den Oberarm verpasste und sein Lachen  abrupt verstummte.   Überrascht blickte ich wieder zu ihm, nur um seine gefurchte Stirn unter dem blonden Schopf und den sorgenvollen Blick in seinen Augen zu sehen. Schnell musterte ich ihm gleich den Horizont, verengte die Augen dabei, um mehr erkennen zu können. Nichts… bis mir die weißen Segel, fast nicht zu erkennen, auffielen.   „Die Marine“, keuchte ich entsetzt und stand, mich immer noch auf der Reling befindend, auf. Der Wind war in den letzten Minuten stärker geworden, gab nicht nur uns, sondern auch ihnen mehr Geschwindigkeit. Einige Minuten lang verharrten wir so, unsere Feinde beobachtend, die jedoch trotz der guten Wetterlage an diesem Morgen nicht näher zu kommen schienen. Seufzend entspannte sich Kaoru wieder etwas, ließ die Schultern sinken und wandte sich schließlich mir zu. Langsam tat ich es ihm gleich, trat von der Reling auf’s Deck, konnte aber nicht umhin, immer wieder einen Blick zurück zu werfen. „Wir sollten zum Frühstück“, sagte er mit leiser Stimme, als befürchtete er, mich aus meinen Gedanken zu reißen. Mit gerunzelter Stirn entgegnete ich ihm: „Sicher? Zuerst sollten wir viell-“ Schnell hob er einen Arm und zeigte mit ausgestrecktem Arm ins Krähennest, das ich in meiner Aufregung gar nicht bedacht hatte. „Vergiss nicht, wir sind nicht die Einzigen draussen. Ich bin mir sicher, dass Shanks bereits davon erfahren hat.“ Mit geröteten Wangen nickte ich zustimmend, war es mir doch etwas peinlich, dass ich eine so einfache Sicherheitsvorkehrung auf dem Schiff nach meinem Abenteuer vergessen hatte.   Nickend stimmte ich seinem vorherigen Vorschlag zu. „In Ordnung, gehen wir also was essen.“           Natürlich kam alles wieder etwas anders, als wir es uns vorgenommen hatten. Anstatt eines schönen Frühstücks wurden wir von einem nervösen Ben mitten im Gang abgefangen und in einen Nebenraum geführt, der bis auf einen runden Tisch mit mehreren Stühlen leer war. Zu meiner großen Überraschung saß Blair bereits an eben jenen Tisch, spielte nervös mit ihren Fingern unter der Tischplatte und warf immer wieder verstohlene Blicke zu Shanks, der an einer Wand lehnte und uns mit ausdruckslosem Gesicht musterte. Oha, schlechtes Zeichen.   „Worum genau ging es in deinem Auftrag, Kaoru?“, fragte er mit eisiger Stimme und musterte weiter seine Tochter, die zunehmend nervöser auf ihrem Stuhl herumrückte. Armes Ding, fuhr es mir durch den Kopf, mit dieser unangenehmen Seite ihres Vaters hatte sie bisher nicht Bekanntschaft machen dürfen. Der blonde, junge Pirat neben mir warf einen fragenden, verständnislosen Blick zu Ben, der die Tür hinter sich geschlossen hatte und mit verschränkten Armen von einem zum anderen blickte. „Ja, Ben hat mir davon erzählt!“, beantwortete Shanks die unausgesprochene Frage und stieß sich von der Wand ab.   „Mich in die Marine einschleusen, Informationen sammeln und etwas… über die Prophezeiung herausfinden“, antwortete Kaoru schließlich und blickte seinem Gegenüber tapfer in die Augen. „Seit wann wisst ihr von dieser Prophezeiung?“, fragte Shanks weiter, sah dieses Mal mich forsch an und erwartete eine Antwort, die ich ihm auch umgehend gab. „Kaoru und ich waren vor ein paar Monaten für einen kleineren Auftrag unterwegs und haben dann auf dem Rückweg auf Majikku die Prophezeiung… entdeckt“, meine Stimme wankte ein wenig und ich hoffte inständig, dass Shanks mich nicht darauf ansprechen würde. Die Umstände, wie wir die Prophezeiung gefunden hatten, waren mir noch immer ganz schön unangenehm.   „Allerdings war uns bereits die Marine auf den Fersen. Ao Kiji. Bevor wir die Prophezeiung mitnehmen oder jegliche Hinweise darauf vernichten konnten, mussten wir fliehen. So hat er davon erfahren“, fuhr Kaoru weiter fort, setzte sich mit an den Tisch. Ben tat es ihm gleich. Ich blieb weiterhin stehen, musterte den besorgten Ausdruck auf Shanks Gesicht. Schnell fragte er in die Runde: „Wie genau lautet die Prophezeiung? Könnte sie uns durch das Mitwissen der Marine gefährlich werden?“   Dieses Mal war es seine Tochter, die nach langem Schweigen das Wort ergriff und das rezitierte, was Kaoru und ich ihr vor wenigen Tagen offenbart hatten: „Es dreht sich um die sogenannte Prophezeiung von Mana, besser gesagt um einen Teil davon. Der Rest ist vermutlich noch auf Grace’s Heimatinsel, wurde dort vor ein paar hundert Jahren gemacht und vor der Weltregierung versteckt. Der uns bekannte Teil lautet so.   Und Bricta, eine Flammengeborene, Schwester Auelos, die Gabe der Teufelskunst in sich bergend, wird am Tage der Sonnenfinsternis aus der Erde steigen, sich der Welt zu erkennen geben und im tosenden Wirbel, beherbergt von Oibelus, den Herrschenden die Macht entreißen.   In liebevoller Gefahr aufgenommen, wand sie sich unter des Kaisers schützender Hand, ehe sein Blut es zu hüten galt. Ewige Erinnerung, das in Klarheit gefasste, goldene Emblem.“   Schneller als irgendjemand von uns hätte reagieren können, wandte Shanks seinen Kopf zu mir, der Blick überrascht, ehrfürchtig, bevor er nach wenigen Augenblicken die Stirn furchte und er feststellend nachhackte: „Bist du Bricta, Grace?“   Meine Augen weiteten sich, mein Atem stockte und über seine wahnsinnige Kombinationsgabe verblüfft, brachte ich ein knappes Nicken hervor. Kaoru sprach aus, was mir im selben Moment durch den Kopf ging. „Warum haben wir ihn eigentlich nicht gleich eingeweiht und uns stattdessen monatelang damit rumgeärgert, während er es in zwei Sekunden kapiert?“   Seufzend ignorierte Shanks ihn gekonnt, blickte einen Moment lang auf die Kerze vor sich. „Nun gut… Wo befinden sich also Auelos und Oibelus?“   Schweigen, bevor Ben das Wort ergriff. „Keine Ahnung. Dafür brauchen wir den Rest der Prophezeiung.“ Gleichzeitig eine Andeutung darauf machend, was der Vize als nächsten Schritt bevorzugen würde, musterte er seinen Captain, wich dessen fragenden Blick nicht aus und nickte zustimmend.   „Dann ist es beschlossen. Machen wir uns auf nach Majikku.“ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)