Familie von Peacer (Supernatural/Grey's Anatomy Crossover) ================================================================================ Kapitel 1: ----------- Familie Sie dachten, sie hätten alles unter Kontrolle. Das Monster, ein Unding, das hauptsächlich aus Klauen zu bestehen schien, hatten sie in die Enge getrieben, wo der Wald dichter war. Die Gewehre hielten sie bereit, genau wie die Taschenlampen, welche das Monstrum sichtlich verblendeten. Es gab keinen Ausweg. Bis auf die Flucht nach vorne. Das Monster sprang, geradewegs auf Sam zu. Zwei Schüsse ertönten und es ging zu Boden, löste sich in einer eklig brodelnden Pfütze auf, die Dean mit Abscheu betrachtete. Der abfällige Kommentar allerdings erstarb auf seinen Lippen, als Sam plötzlich schwankte und einen Augenblick später zusammenklappte. „Sam!“ Sogleich war er an seiner Seite, ließ den geübten Blick über seinen Körper wandern und sah sogleich, wie sich dessen Jacke am Bauch rot zu färben begann. Ohne zu zögern presste er seine Hände auf die Wunde, was Sam ein schmerzerfülltes Stöhnen entlockte, ihn aber nicht daran hinderte, den Blutverlust so gut er konnte zu stoppen. „Cas?“ Nichts regte sich. „Cas, verdammt, beweg' deinen Arsch hierher!“ Das zeigte Wirkung, als das altvertraute Geräusch unsichtbarer Flügelschläge hinter ihm ertönte. Ohne sich umzudrehen wusste Dean, dass Cas hinter ihm stand. Wahrscheinlich viel zu nah, so wie er ihn kannte. Aber momentan hatte er andere Sorgen, als Cas' Unverständnis für Intimsphäre. Nämlich Sam, der ihn vollblutete. „Was ist passiert?“ Cas’ Stimme war gewohnt ruhig, auch wenn Dean ihn mittlerweile gut genug kannte, um den leichten Unterton von Besorgnis herauszuhören, welcher dem Engel mit Sicherheit selbst entging. Cas hatte noch viel an seiner menschlichen Seite zu arbeiten – später. „Ein Monster ist passiert. Der Dreckskerl hat sich noch schnell ein Stück von Sam geschnappt, ehe wir ihn erlegt haben. Kannst du was tun?“ Cas hockte sich neben ihn, aber sein bedauernder Gesichtsausdruck verriet seine Antwort, ehe er sie aussprechen konnte. „Meine Kraft reicht nicht.“ Trotzdem legte er Sam eine Hand auf die Stirn, woraufhin er in Deans Armen erschlaffte. Dieser warf Cas einen beunruhigten Blick zu. Beunruhigt, nicht panisch. Er geriet nicht in Panik. Nie. „Ich habe ihm seine Schmerzen genommen“, erklärte der Engel nun und sah Dean wie üblich unverwandt in die Augen, ohne zu blinzeln. „Er braucht ein Krankenhaus.“ „Wir sind mitten im Wald.“ „Ich habe Flügel“, antworte Cas trocken, etwas ,das er sich mit Sicherheit dank seiner Zeit mit Dean angeeignet hatte. Er erlaubte sich einen kurzen Augenblick des Stolzes, ehe seine Gedanken wieder zu ihrer momentanen Situation zurückkehrten, woraufhin er etwas bekümmert zum Impala sah und herzergreifend seufzte. Es behagte ihm zwar nicht, sein Baby zurückzulassen, aber Sammy ging trotz allem noch immer vor. Weil sein Bruder Vorrang hatte. Immer. Also nickte er Cas zu. „Dann beam’ mal los.“ Cas nickte und ein Blinzeln und ein schreckliches Ziehen im Bauch, das Dean noch lange verfolgen würde, später war die Dunkelheit des Waldes auch schon der grellen Helligkeit des Krankenhauses gewichen. „Cas, du-“ Leider würde Cas nie erfahren, was Dean ihm an den Kopf werfen wollte, denn in just diesem Augenblick fiel eine junge Ärztin der Länge nach über die beiden Brüder. Cas war natürlich rechtzeitig ausgewichen. Typisch. Dean seufzte, die Ärztin hingegen sprang auf die Füße und begann sich zu entschuldigen, während sie einen Haufen Akten einzusammeln begann, die nun über den Boden verteilt lagen. „Tut mir echt leid, ich sollte wirklich nicht lesen und gleichzeitig gehen, das hat mir meine Mutter schon eingebläut, und wer hätte es gedacht, natürlich behält sie recht und...“ Ihr Geplapper verstummte schlagartig und Dean hielt die Luft an, hoffte, dass ihr nicht plötzlich klar geworden war, wie komisch ihre Anwesenheit mitten im Korridor war. Aber ihre Augen (schöne, dunkle Augen, für die sich Dean unter anderen Umständen weitaus mehr interessiert hätte) waren gebannt auf Sam gerichtet, oder viel mehr auf seine nach wie vor Blut sickernde Wunde, die Dean notdürftig bedeckt hielt. Verwundert beobachtete er, wie die junge, plappernde Frau urplötzlich in Arztmodus überging, die Akten achtlos fallen ließ und sich mit professioneller Aura neben sie kniete. „Was ist passiert?“ Sie schickte einen Pfleger los, Verbände zu holen und jemanden anzubeepen, und Dean nutzte den Augenblick der Ablenkung um Cas einen warnenden Blick zuzuwerfen, ehe dieser sich wieder verplappern konnte. Zu seinem großen Erstaunen schien der Engel sogar zu verstehen, denn er hielt die Klappe. Huh, er lernte wirklich. Also wandte er sich wieder an die Ärztin, die gerade seine Hand wegzog und ein paar Kompressen auf die Wunde presste. „Ein Arbeitsunfall“, erklärte er mit genug Panik in der Stimme, um hoffentlich weiteren Fragen Einhalt zu gebieten und knetete seine nun freien Hände, als er nicht so recht wusste, was er damit tun sollte. Leider musste er sich eingestehen, dass seine Panik nur halb gespielt war, denn Sam sah inzwischen ziemlich blass aus und hing wie ein Sack Kartoffeln in seinen Armen. Das sah die Ärztin auch und verstärkte ihre Anstrengungen erster Hilfe. „Was für ein Unfall?“ „Einer mit Krallen. Wir sind Jäger.“ Dean war richtig stolz darauf, bisher noch nicht gelogen zu haben. Das machte seine Geschichte gleich glaubwürdiger. Die Ärztin hob eine Augenbraue, während ihr Blick weiterhin auf Sam gerichtet war und nach anderen Schäden suchte. „In Seattle? Mitten in der Nacht.?“ Okay, vielleicht doch nicht so glaubwürdig. Sein Blick landete auf dem Namensschild und er beschloss, dass es Zeit für ein Ablenkungsmanöver war, also setzte er sein charmantes Lächeln auf. „Hören Sie, Doktor Grey-“ Weiter kamen sie nicht, denn in diesem Augenblick tauchten (endlich) ein paar Leute mit einem Bett und einer Trage auf, angeführt von einem energischen Arzt, der sogleich Befehle zu erteilen begann. Dessen militärische Art erinnerte Dean ein bisschen an seinen Vater. „Grey.“ Während die Helfer Sam vorsichtig ins Bett verfrachteten, mit großer Rücksichtnahme auf dessen Verletzung, auf die nun neue Kompressen von einer der Krankenschwestern gedrückt wurden, erstattete die junge Ärztin Bericht. Viel bekam Dean davon allerdings nicht mit, seine ganze Aufmerksamkeit galt Sammy, den er nur äußerst ungern hergegeben hatte, und vermutlich hielt nur Cas' Hand auf seiner Schulter ihn davon ab, sich wie ein Wilder einen Weg zu seinem kleinen Bruder zu bahnen und so die Arbeit der Ärzte zu behindern. Einzelne Worte wie „Jagdunfall“, „tiefe Wunde“ und „Tachykardie“ drangen zu ihm durch, ergaben allerdings nicht sehr viel Sinn. Erst die autoritäre Stimme des rothaarigen Arztes vermochte zu ihm durchzudringen. „Sie sind der Bruder?“ Der Blick, mit dem er Dean bedachte, war berechnend. Als dieser nickte, bedeutete er ihm, ihnen und Sammy zu folgen, und gemeinsam eilten sie durch die verworrenen Gänge des Krankenhauses. Cas wich dabei nicht von seiner Seite. Dean war erleichtert über die Bewegung, die ihm viel besser tat, als nur untätig herumzusitzen, und erfolgreich von den sich rasch rot färbenden Verbänden seines Bruders ablenkte. „Grey, sie werden assistieren. Und beepen sie Bailey an.“ Der Arzt erteilte noch ein paar weitere Befehle, und die Leute machten sich eilig an die Arbeit, nahmen Blutproben, legten Katheters, informierten jeden, der gebraucht wurde. Dann wandte er sich an Dean, der mittlerweile ebenso blass war wie sein Bruder, und der harten Professionalität machte ein Ausdruck von Verständnis Platz. „Wir werden alles tun, um Ihrem Bruder zu helfen.“ Obwohl – oder vielleicht gerade weil - es kein Versprechen war, das falsche Hoffnungen wecken könnte, fühlte sich Dean augenblicklich besser. Der Ton des Arztes erweckte Vertrauen, ließ Dean glauben, dass dieser keinen Unfug redete, dass er ihm Glauben schenken konnte. Also nahm er einen tiefen Atemzug und nickte. Der Arzt nickte ebenfalls, wohl zufrieden, dass er zu ihm durchdringen konnte. „Hat Ihr Bruder bereits Transfusionen erhalten? Oder Transplantate?“ Dean verdrängte das Schuldgefühl, das ihm beim Gedanken an Sams andere Krankenhausbesuche überkam, und verbiss sich einen Kommentar über Dämonenblut nur mit äußerster Mühe. Jetzt war wirklich nicht die Zeit dafür. „Transfusionen ja, Transplantate nein.“ Der Arzt machte einer Krankenschwester ein Zeichen, die augenblicklich davon eilte, ehe er mit seiner Befragung fortfuhr. „Hat er irgendwelche Allergien, Krankheiten? Nimmt Medikamente?“ Dean schüttelte den Kopf. Wäre ihre Arbeit nicht, hätte Sam wohl nie das Innere einer Krankenhauses gesehen. Er war immer kerngesund gewesen. „Wir tun unser Möglichstes.“ Dean nickte instinktiv, noch immer in Gedanken versunken, und der Arzt verschwand hinter einer Tür, auf der in großen Buchstaben „Eintritt verboten“ stand. Nicht, dass das Dean hätte aufhalten können, aber eine Krankenschwester war zurückgeblieben, die ihm nun sanft eine Hand auf den Arm legte und ihn weg bugsierte. Wäre er nicht zu beschäftigt damit gewesen, die Tür anzustarren, hinter der sich Sam verbarg, wäre ihm vielleicht aufgefallen, dass sie sogar ziemlich hübsch war. So aber war gingen ihm nur die Worte des Arztes immer wieder durch den Kopf und er stellte ziemlich nüchtern fest, dass diese kein Versprechen enthielten. Plötzlich war ihm kalt. „Ich bringe Sie in den Wartesaal. Wir halten Sie auf dem Laufenden.“ Er löste sich allerdings erst aus seiner Erstarrung, als er eine vertraute, warme Hand auf seiner Schulter fühlte, welche die hartnäckige Kälte etwas vertrieb, und in die nicht blinzelnden, blauen Augen von Cas sah. Seufzend ließ er sich von den beiden wegführen. Cas beobachtete, wie Dean unermüdlich auf und ab spazierte und jedes Mal, wenn er sich dem Gang, der zum OP führte, näherte, einen langen Blick gönnte. Hoffnungsvoll war dieser schon lange nicht mehr, er schien mittlerweile einfach zur Gewohnheit geworden zu sein. Wenn die Operation allerdings noch länger andauerte, würde er verzweifeln, das konnte sogar Cas ihm mühelos ansehen. Währenddessen saß der Engel seelenruhig und stocksteif auf einem der vielen, blauen Plastiksitze, und nur seine Augen bewegten sich, als sie Deans auf und ab verfolgten. Das mulmige, neuartige Gefühl in seiner Brust hatte er gelernt als Besorgnis zu identifizieren, etwas, das er immer öfter in der Gegenwart der Brüder verspürte. Genau wie die ihm immer vertrauter werdende Hilflosigkeit, die ihn seitdem er von seiner Quelle im Himmel abgekapselt worden war und einen Großteil seiner bis dato selbstverständlichen Fähigkeiten eingebüßt hatte, immer mehr verfolgte. Früher hätte er seine Heilkräfte, so wenig wie er sie nutze, sicherlich nicht mal vermisst, aber mittlerweile wurde ihm der Verlust immer öfter schmerzlich bewusst. Er war genauso hilflos wie Dean, und daher konnte er dessen Frust erstaunlich gut erahnen. Er wusste nur nicht, wie er ihm oder seinem Bruder behilflich sein konnte. Es musste sehr frustrierend sein, als Mensch zu leben. So langsam verstand er, warum diese trotz mangelnder Resultate das Beten nie aufgaben. Ein bisschen übernatürliche Hilfe käme jetzt genau richtig. Oder gute Nachrichten. Sein Wunsch wurde erhört, als die junge Frau, die ihnen als erstes wortwörtlich über den Weg gelaufen war, zielsicher auf Dean zumarschierte. Wenn er sich nicht vollkommen irrte, sah sie recht zufrieden aus, was bei den meisten Menschen seiner Erfahrung nach nur Gutes bedeuten konnte. Er erhob sich und trat dazu, mehr als moralische Unterstützung für Dean als um die Prognose zu hören. Er mochte sich dauernd über Cas' mangelnde soziale Kompetenz beschweren, aber dieser wusste trotzdem, wie sehr er litt, wenn es um seinen Bruder ging. Und er hatte die Menschen lange genug beobachtet um zu wissen, was für taktile Wesen diese waren und wie sie Trost in der Nähe anderer fanden. „Ihr Bruder hat die Operation gut überstanden“, erklärte die Ärztin gerade und man konnte sehen, wie die Anspannung urplötzlich aus Dean wich. Die restlichen Erklärungen wollte er schon gar nicht mehr hören, als er die junge Frau ungeduldig dazu aufforderte, ihn zu seinem Bruder zu bringen. Zum Glück schien sie ihm das nicht übel zu nehmen und brachte sie ohne lange zu protestieren zu Sam, der allein in einem Zimmer lag und an einer piepsenden Maschine hing. Blass wie er war, mit den vielen Kabeln und in die dicke Decke gewickelt, sah er furchtbar jung aus. „Er wird bald aufwachen. Falls Sie irgendetwas brauchen, einfach den Knopf hier drücken.“ Damit verabschiedete sich die Ärztin und Dean zog einen Stuhl an das Bett heran, in den er sich schwer fallen ließ. Cas war froh, dass er sich endlich dazu entschlossen hatte, sich hinzusetzen anstatt weiter hin und her zu laufen. Allerdings fühlte er sich nun doch etwas Fehl am Platz. Jetzt, da Dean seinen Bruder wieder hatte, wurde seine Unterstützung nicht mehr wirklich gebraucht. Er blieb zögerlich in der Tür stehen und gerade, als er beschlossen hatte, die Winchesters alleine zu lassen, sprach Dean, ohne seine Augen von Sam abzuwenden. „Hör auf, die Tür zu blockieren und beweg' deinen Hintern herein.“ Er winkte in die Richtung eines zweiten Stuhls, und Cas setzte sich gehorsam neben Dean. Lange wurden sie allerdings nicht in Ruhe gelassen, als ein müde aussehender Krankenpfleger den Kopf zur Tür hereinsteckte. „Entschuldigung, aber nur Familie darf hier rein.“ Cas machte schon Anstalten sich zu erheben, als Dean ihm entschieden eine Hand auf die Schulter legte. „Wir sind Familie.“ Er sagte das mit solcher Überzeugung, dass der Krankenpfleger das ohne weiteres akzeptierte. Ein neuartiges, angenehmes Gefühl stieg in Cas' Brust auf, als Dean seine Schulter kurz drückte, und entlockte ihm ein schmales Lächeln. Familie. So musste sich das Glücklichsein anfühlen. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)