Das Leben geht weiter von Atina ================================================================================ Kapitel 1: Ankommen ------------------- Der große Raum war durch verschiedene Säulen in mehrere Abschnitte unterteilt. In der Mitte befand sich eine Tanzfläche und an den drei Seiten, die sich neben den Säulen auch durch eine Erhöhung abgrenzten, waren kleine Tische mit Stühlen, das DJ-Pult und das Buffet aufgebaut. Hannes stellte gerade die letzten Schalen mit Knabberzeug auf die Tische, als jemand den Raum betrat. „Hallo Geburtstagskind!“, sagte eine tiefe Stimme und Hannes drehte sich um. „Oliver, altes Haus! Du kommst zu spät, ich bin schon fertig mit den Vorbereitungen.“ „Warum zu spät? Da komme ich doch gerade richtig“, erwiderte Oliver grinsend und die zwei Jungs begrüßten sich mit einem kräftigen Handschlag. „Wie viele Leute kommen denn überhaupt?“ „Also, eingeladen habe ich dreißig Mann, aber es werden bestimmt zehn mehr. Anne hat mich auch schon gefragt, ob sie jemanden mitbringen kann und ich habe überhaupt nichts dagegen, wenn wir mehr werden. Je mehr Leute, umso mehr Spaß!“, sagte Hannes. Er beschäftigte sich gerade mit der Musikanlage und Oliver sah ihm zu, als die nächsten Gäste in den Raum kamen. Schon zehn Minuten später war der Raum des Jugendclubs fast voll. Hannes begrüßte alle und freute sich, dass die Party gut anfing. Die Getränkebar und das kalte Buffet wurden belagert, die meisten Tische waren besetzt und auch auf der Tanzfläche fanden sich einige Freunde von Hannes. Oliver und Hannes standen wieder an der Musikanlage, als ein junger Mann mit kurzen schwarzen Haaren auf sie zukam. „Hey Leute!“, sagte er. „Lässt du dich endlich blicken, mein lieber Daniel!“ „Tschuldigung, ich habe nur jemanden gesehen, der mir noch Geld schuldet. … Alles Gute zum Geburtstag!“ „Schon gut“, erwiderte Hannes. „Sag mal, habt ihr Anne schon gesehen? Sie wollte doch kommen.“ „Sieh mal dort rüber, sie kommt gerade durch die Tür“, antwortete Hannes. Die drei Jungs sahen zur Tür und Daniel winkte seiner Freundin. Anne sah ihn und kam herüber, ihr folgte ein braunhaariges Mädchen. „Hallo Jungs! Herzlichen Glückwunsch zum Geburtstag“, sagte sie und umarmte Hannes. Daniel bekam einen Kuss. „Na toll, Hannes wird umarmt, Daniel geküsst und ich gehe wieder einmal leer aus“, sagte Oliver und verschränkte die Arme. „Ach Oliver, komm her!“, erwiderte Anne und drückte ihm einen Kuss auf die Wange. „Schon besser!“ Sein Grinsen brachte die Freunde zum Lachen. Das Mädchen, das etwa einen Meter hinter Anne stand, wurde nun von dieser neben sich gezogen. „Das ist meine Cousine Lea, sie wohnt jetzt bei uns. Ich dachte mir, bevor sie zu Hause herumsitzt, nehme ich sie lieber mit“, erzählte Anne. „Hallo Lea! Nett dich kennen zu lernen. Ich bin Hannes und schmeiße die Party hier.“ „Ich bin Daniel, der Freund von Anne“, stellte sich der junge Mann vor. „Das Beste kommt ja bekanntlich zum Schluss! Hallo, ich bin Oliver.“ Er streckte Lea seine Hand entgegen, doch sie reagierte nicht. „Hallo“, sagte sie nur. Oliver sah in ihre Augen, sie wirkten traurig und abwesend. „Auf der anderen Seite des Raumes ist das kalte Buffet und die Getränkebar. Bedient euch ruhig und solltet ihr einen Musikwunsch haben, nennt ihn mir. Ich habe so gut wie alles da“, sagte Hannes und brach die entstandene Stille. „Okay. … Na komm, sehen wir uns erst einmal um!“ Anne griff nach Leas Hand und zog sie durch den Raum. „Komisches Mädchen, diese Lea“, sagte Oliver. „Was würdest du denn machen, wenn dir alles und jeder fremd ist? … Okay, da frage ich den Falschen!“ „Ich würde doch wenigstens etwas aufgeschlossener sein und versuchen Anschluss zu finden“, erklärte der junge Mann. Anne hatte inzwischen die Runde beendet und saß mit Lea an einem kleinen runden Tisch mit zwei Stühlen. „Lea, hab doch ein bisschen Spaß, wenn du schon einmal hier bist. Du kannst doch nicht ewig Trübsal blasen! Versuch es wenigstens“, redete Anne auf ihre Cousine ein. Diese nickte nur. In diesem Augenblick trat Daniel an den Tisch. „Kommst du tanzen? Unser Lied läuft gerade“, fragte er. Anne sah Lea an, aber sie erwiderte: „Geh ruhig! Ich komme schon alleine klar.“ „In Ordnung.“ Anne stand auf und folgte Daniel auf die Tanzfläche. Leas Blick folgte ihnen, aber in der Menge verlor sie sie aus den Augen. In dem Raum war es ziemlich dunkel. Das lag einerseits daran, dass die kleinen Fenster nur wenig Licht herein ließen und andererseits an der geringen Beleuchtung. Hannes hatte die Deckenbeleuchtung sehr schwach eingestellt, stattdessen wurde die Tanzfläche mit bunten Scheinwerfern angestrahlt. Auf den Tischen und Fensterbrettern standen weiße Kerzen, die allmählich abbrannten. Lea beobachtete die Flamme der Kerze, die auf ihrem Tisch stand, und war ganz in ihren Gedanken versunken. Oliver stand am kalten Buffet und sah zu ihr herüber, während er sich an einem Käsebrötchen zu schaffen machte. „Ich frage mich, was sie hat. Sie sieht so traurig aus“, dachte er. „Vielleicht sollte ich einmal herüber gehen und sie ein wenig aufheitern.“ Er schnappte sich zwei Gläser, goss Cola hinein und schlenderte zu Leas Tisch herüber. Oliver setzte sich und stellte die Gläser auf den Tisch, Lea sah ihn überrascht an. „Wenn man nichts trinkt, dann trocknet man innerlich aus. Sagte zumindest mein Biolehrer immer. Das würde ich bei dir gern vermeiden“, sagte Oliver und lächelte ihr zu. „Danke.“ „Anne hat dich allein gelassen, was?“ „Es ist doch nur richtig, wenn sie sich amüsiert“, erwiderte Lea und blickte zur Tanzfläche herüber. „Anne soll sich wegen mir nicht anders verhalten.“ „Das hört sich so an, als ob du gar nicht hier sein möchtest.“ Oliver nahm einen Schluck und lehnte sich zurück. „Es wäre mir lieber, wenn ich zu Hause wäre. Da hast du Recht.“ „Und das kann man nicht irgendwie ändern? Wie wäre es mit einem Tanz?“, fragte der junge Mann und sah sie herausfordernd an. „Falls du versuchen solltest mich aufzuheitern, dann lass es lieber! … Sag mal, weißt du, wo Anne wohnt?“ „Warum?“, fragte Oliver zurück. „Weil ich es für besser halte, jetzt zu gehen und ich keine Ahnung habe, wie ich nach Hause komme. Ich will Anne nicht mitschleifen. … Kannst du mir nun den Weg beschreiben oder nicht?“ „Was hältst du davon, wenn ich dich bringe?“ „Nicht sehr viel“, antwortete sie ehrlich. „Tja, dann werde ich dir nicht sagen, wo du lang musst.“ Oliver verschränkte die Arme und lehnte sich zurück. Fassungslos sah Lea ihn an. „Nun? Ja oder nein?“ „Anders komme ich wohl nicht nach Hause“, sagte Lea und stand auf. Sie ging zu Anne und sagte ihr Bescheid. „Weißt du überhaupt, wo du hinmusst?“ „Dieser Oliver meinte, er bringt mich“, antwortete Lea. Anne sah zu dem Blonden und lächelte ihm zu. „Okay.“ „Bis dann! Und viel Spaß noch”, sagte Lea und verließ zusammen mit Oliver den Raum.   Inzwischen war es Nacht geworden. Eine kühle Brise wehte einem ins Gesicht, wenn man in den sternenklaren Himmel sah. Oliver trat aus der Tür und atmete die frische Luft ein. „Das ist das Negative, wenn viele Menschen in einem Raum sind. Der Sauerstoff ist nur in geringen Mengen vorhanden, da er zu schnell verbraucht wird“, sagte er. „Komm, atme einmal tief ein!“ „Kann es sein, dass Biologie dein Lieblingsfach ist?“, fragte Lea. „Na ja, eigentlich nicht, aber es macht schon Spaß.“ Oliver legte seinen Arm um ihre Taille und zog sie in Richtung Kanal. „Kennst du den Kanal schon?“, fragte er. „Nein“, antwortete Lea und schüttelte seinen Arm ab. Sie sah ihn mit einem Blick an, der zu sagen schien: „So einer bist du also.“ „Tut mir leid“, sagte er, als hätte er ihre Gedanken lesen können. Nach wenigen Minuten hatten die beiden den Kanal erreicht. Die Grünanlagen am Ufer des Kanals waren liebevoll gestaltet und ein Wassersportzentrum hatte seinen Standort hier, es war der richtige Ort, um sich zu erholen. „Es ist wirklich schön hier“, sagte Lea beeindruckt. „Deshalb habe ich dich hergebracht.“ Oliver sah das Strahlen in Leas Augen und freute sich, dass sein Aufmunterungsversuch geglückt war. Sie verweilten für einen kurzen Augenblick, doch dann wollte Lea von einer Sekunde auf die nächste weiter. „Gehen wir? Ich will gern nach Hause.“ „Natürlich.“ Den restlichen Weg über schwiegen sie. Oliver wollte zwar immer wieder ein Thema anfangen, als er dann aber Leas traurigen und in Gedanken versunkenen Gesichtsausdruck sah, ließ er es lieber bleiben. Warum ist sie nur so traurig? „Danke, dass du mich hergebracht hast.“ „Immer wieder gern“, erwiderte Oliver, nachdem sie bei Anne angekommen waren. „Schönen Abend noch“, sagte Lea und schloss die Tür auf. „Dir auch.“ Seine letzten Worte hörte wahrscheinlich nur noch die Tür. Niedergeschlagen machte er sich auf den Rückweg, während Lea sich von innen gegen die Eingangstür lehnte und versuchte, die Tränen zu unterdrücken. Warum bin ich nur mit Anne mitgegangen? Wäre ich doch nur zuhause geblieben. Zuhause…     „Warum wolltest du denn gestern so zeitig los?“ Anne saß mit ihren Eltern und Lea am Frühstückstisch auf der Terrasse. Sie nahm einen Schluck von ihrem Orangensaft und sah ihre Cousine fragend an. „Das war einfach nichts für mich. Es hat mir keinen Spaß gemacht.“ „Du kannst mir doch nicht erzählen, dass du früher nicht auch auf Feiern gegangen bist.“ „Schon, aber…“ „Kein aber! Es ist fast ein halbes Jahr her, du musst doch mal in dein Leben zurückfinden!“, erwiderte Anne und bekam einen strafenden Blick von ihrer Mutter zugeworfen. „Ich kann doch mein Leben leben wie ich will“, sagte Lea und stand auf. „Ich habe keinen Hunger mehr.“ Damit war sie durch die große Terrassentür ins Haus verschwunden. „Anne, musste das jetzt sein?“ „Aber es ist doch wahr!“ „Du hast ja recht, aber so drastisch hättest du es ihr nicht sagen müssen. Sie braucht eben noch Zeit und es ist sicher nicht einfach“, meinte Annes Mutter. „Mhm.“   Lea ging in ihr Zimmer, zog sich ihre Joggingsachen an und verließ das Haus über die Vordertür. Sie lief mit schnellen Schritten zur Uferpromenade hinunter und begann dann zu laufen. Mit jedem Schritt fühlte sie sich besser. Warum können sie mich nicht einfach in Ruhe lassen? Verstehen sie denn nicht, dass ich nicht einfach so weitermachen kann wie früher? Ungewollte Tränen liefen über ihre Wangen, die sie mit einer schnellen Bewegung wegwischte. Sie joggte bis zum Ende der ausgebauten Uferpromenade und machte eine kurze Pause. Sie setzte sich auf einen umgefallenen Baumstamm, der am Ufer lag und sah auf den See hinaus. Die Sonne ließ das Wasser glitzern, etliche Enten schwammen vor dem Schilf am Ufer entlang. Lea genoss für einige Minuten die Stille an diesem Ort, bevor sie sich auf den Rückweg machte.     „Nächste Woche geht die Uni wieder los. Ich habe gar keine Lust auf die Vorlesungen“, meinte Hannes. „Du hast doch nie Lust auf deine Vorlesungen“, erwiderte Anne und lachte. Die beiden waren am Nachmittag mit Daniel und Oliver in der Eisdiele und genossen die letzten freien Tage. Trotz dass es erst Ende März war, gab sich die Sonne Mühe wie im Sommer und brannte auf die Erde herab. „Hast auch wieder recht.“ „Warum hast du denn deine Cousine nicht mitgebracht?“, fragte Oliver. Er hatte die ganze Zeit nur in seinem Eisbecher herumgestochert und überlegt. „Lea hatte keine Lust.“ „Schade. Abwechslung würde ihr sicher gut tun, sie schien gestern so deprimiert.“ „Das sage ich ihr auch ständig, aber sie hört ja nicht auf mich“, meinte Anne. „Warum wohnt sie denn jetzt bei euch?“, wollte Hannes wissen. „Sie fängt dieses Semester an hier zu studieren.“ „Kann man bei uns auch was im Sommersemester beginnen?“ „Das weiß ich nicht, aber sie hat die ersten drei Semester bereits und wechselt nur die Uni. An der alten Uni gab es wohl plötzlich die Vertiefungen nicht mehr, die sie belegen wollte.“ „Und was studiert sie?“, fragte Daniel. „Elektrotechnik.“ „Wahnsinn! Ein Mädchen, das drei Semester ET bestanden hat und auch noch gut aussieht“, begeisterte sich Hannes. „Ist das so selten?“, fragte Anne verwundert. „Warst du schon mal in einer ET-Vorlesung?“ „Würde ich sonst fragen?“ „Also, wenn du dir das mal anguckst, dann triffst du bei 600 Studenten vielleicht fünf Frauen und davon sind dann zwei vielleicht hübsch, werfen aber nach dem zweiten Semester den Hut. Die anderen sind schreckliche Mannsweiber, die du nicht gern anschauen magst“, erklärte Hannes. „Da ist es wirklich erstaunlich, dass Lea das durchzieht.“ „Das klingt ganz schön gemein.“ „Ist aber die Wahrheit“, erwiderte Hannes. „Ja, nur weil du sie nicht hübsch findest, heißt das ja nicht, dass sie gleich hässlich sind.“ „Schau dir einfach mal eine Vorlesung von denen an, dann wirst auch du überzeugt sein.“ „Okay, okay, wechseln wir am besten mal das Thema. Welchen Sportkurs wollen wir dieses Semester belegen?“ „Ich wollte zu Fitnessgymnastik gehen“, erklärte Anne. „Aber das ist doch auch nur Bauch-Beine-Po und damit für Frauen. Da gehe ich nicht mit.“ „Und was schlägst du vor?“ „Ich bin für Volleyball“, sagte Daniel. „Weil ich das ja auch super kann“, warf Hannes ein. „Aber deshalb gehst du ja in den Kurs!“, erwiderte Daniel. „Ja toll, ich dachte, wir wollen was zusammen machen und uns nicht in verschiedene Gruppen aufteilen je nach Können.“ „Gut, dann lasst uns doch Badminton machen. Das hat noch keiner von uns gemacht, oder?“, schlug Oliver vor. „Stimmt, Badminton ist anstrengend und man kann einen Wettbewerb daraus machen, was wiederum genau das Richtige für euch Jungs ist.“ Anne suchte mit ihrem Handy die Sportangebote auf der Uniwebsite heraus und sie einigten sich auf einen gemeinsamen Termin.     In der folgenden Woche begann das neue Semester und Lea freute sich darauf, endlich bekam sie Arbeit, mit der sie sich ablenken konnte. In den Vorlesungen wurde nach einer kurzen Einführung sofort mit dem Stoff begonnen, die Seminare sollten jedoch erst in der zweiten Semesterwoche beginnen. Am einem Abend in der zweiten Vorlesungswoche saßen alle gemeinsam am Tisch und Annes Mutter Andrea erkundigte sich nach den ersten Tagen an der Universität. „Wie gefällt es dir an der Uni hier?“, fragte sie an Lea gerichtet. „Ganz gut. Zwar muss ich immer noch mit dem Campusplan umherlaufen, aber es wird sicher nicht lange dauern, bis ich alle Gebäude kenne.“ „Und bei dir, Anne? Alles beim Alten?“ „Klar, Mama. Ist schön, die anderen wiederzusehen. Und mein Stundenplan ist jetzt im 6.Semester auch nicht mehr so vollgepackt.“ „Na Hauptsache, du nimmst das nicht auf die leichte Schulter.“ „Mensch Mama!“ „Ich möchte doch nur, dass du alles schaffst, was du dir vornimmst.“     Die nächsten Wochen vergingen und man gewöhnte sich schnell an den neuen Tagesrhythmus. Im Sommersemester war es auch viel angenehmer zeitig aufzustehen, schließlich war es draußen bereits hell, wenn der Wecker einen zur ersten Stunde aus dem Schlaf riss. Mit dem Fahrrad kam man schnell zur Uni, ohne im überfüllten Bus stehen zu müssen. Lea und Anne besuchten ihre Vorlesungen und Seminare, trafen sich jeden Mittwoch in einer gemeinsamen Freistunde in der Mensa zum Mittagessen, gingen ansonsten aber eher getrennte Wege. Während Anne an den Wochenenden etwas mit den Jungs unternahm oder manchmal auch nur mit Daniel, blieb Lea zuhause, saß in ihrem Zimmer oder ging allein spazieren. Immer wieder wurde sie von ihrer Cousine gefragt, ob sie nicht mitkommen wolle, doch Lea lehnte jedes Mal ab.     Lea verließ gerade den Hörsaal und wollte sich auf den Weg zu ihrer nächsten Vorlesung machen, als sie jemanden ihren Namen rufen hörte. „Hey! Lea!“ Sie drehte sich um und sah Annes Kumpel Oliver auf sich zukommen. „Hallo.“ „Na, wie geht’s dir?“ „Ganz gut“, antwortete sie. „Wir treffen uns am Freitag bei Anne zum Spiele-Abend. Wirst du auch da sein?“ „Ich wohne ja da.“ „Das ist mir klar, aber ich meine, spielst du mit uns zusammen?“ „Ich denke nicht.“ „Hast du schon etwas anderes vor?“ „Nein. Aber ich glaube nicht, dass dich das etwas angeht“, erwiderte Lea. „Was hast du eigentlich? Ist dein Leben so scheiße, dass du die ganze Zeit Trübsal blasen musst?“ Oliver hatte genug, er war freundlich gewesen und sie blaffte ihn nur an. Er hatte es einfach sagen müssen. Lea sah ihn zunächst schockiert an. „Du hast doch keine Ahnung!“ „Ach nein? Dann erklär es mir!“ „Lass mich bloß in Ruhe!“, erwiderte Lea und drehte sich um zum Gehen. „Ja, geh in dein dunkles Kämmerchen und wein dir die Augen aus!“, rief Oliver ihr hinterher. Ihr Bauchgefühl sagte ihr, sie solle sich umdrehen und ihm eine Ohrfeige verpassen, aber sie ignorierte diesen Impuls und ging schweigend weiter. Was glaubt er eigentlich, wer er ist? Er kennt mich nicht und glaubt mir Vorschriften machen zu können. Ich weiß selber, was am besten für mich ist. Oliver sah ihr mit gemischten Gefühlen hinterher – einerseits tat ihm leid, was er gesagt hatte, andererseits war er wütend. Was ist nur mit diesem Mädchen los? Kapitel 2: Einleben ------------------- Die nächsten Wochen vergingen ohne Vorkommnisse, es verfolgten alle ihren normalen Alltag. An einem Freitagnachmittag klopfte Anne an Leas Tür und schaute auch gleich hinein, ohne aufgefordert zu werden. „Lea, wir wollen heute Abend ein paar DVDs schauen und vorher zusammen Pizza machen. Bist du dabei?“  „Ich weiß nicht“, antwortete Lea. „Hast du was anderes vor?“ „Eigentlich nicht.“ „Also bist du dabei – keine Widerrede! Du machst immer nur was allein. Such dir doch endlich mal Freunde und geh weg. Du kannst doch nicht so ein Eigenbrötler sein!“ „Okay“, erwiderte Lea genervt von der Ansprache und verdrehte dabei die Augen. „Kommst du auch mit zum Einkaufen? Ich könnte noch eine helfende Hand gebrauchen“, fragte Anne und tat so, als hätte sie das Augenverdrehen nicht bemerkt. „Klar, ich wollte eh noch in den Buchladen.“ Zehn Minuten später machten sich die beiden Mädchen auf den Weg zum Einkaufszentrum. Anne schob den Einkaufswagen und Lea, die die Einkaufsliste in der Hand hielt, legte die Waren hinein. „Wollen wir auch einen Nachtisch machen?“ „Gern. Aber weißt du etwas? Ich habe daran überhaupt nicht gedacht.“ „Wie wäre es mit einer Aprikosen-Kokos-Creme? Dafür bin ich berühmt“, meinte Lea. „Na dann.“ Sie holten die noch fehlenden Zutaten und gingen dann zu den Kassen. Während Anne den Einkaufswagen zum Parkplatz schob und die Einkäufe verstaute, lief Lea zum Buchladen, um ihre Bestellung abzuholen. „Wann startet der Abend denn?“ „Daniel und Oli wollten um halb sieben da sein. Der Plan sieht vor, dass wir zusammen die Pizza vorbereiten und wenn sie fertig ist, beim Filme schauen, essen.“ „Halb sieben, das ist ja schon in fünfzehn Minuten.“ „Da sollten wir uns also besser beeilen.“ Die beiden trafen zeitgleich mit Daniel und Oliver ein, die sogleich die Einkäufe ins Haus tragen durften. Während Anne den Pizzateig fertigte, übernahmen die Jungs das Schneiden des Gemüses und der Wurst. Lea beschäftigte sich mit dem Dessert. Sie verrührte Quark mit Joghurt und Zucker, bevor sie Kokosmilch und kleingeschnittene Aprikosen hinzugab. Zum Schluss wurden noch Kokosraspeln untergehoben. Nach einem letzten Abschmecken füllte sie die Creme in vier Gläser und verzierte sie mit aufgefächerten Aprikosenhälften und einigen Kokosraspeln. „Isst jemand irgendetwas nicht?“, fragte Daniel, der mit dem Belegen des Teiges beginnen wollte. Alle verneinten und er begann die verschiedenen Zutaten zu mischen. Wenig später wurden die zwei Bleche in den vorgeheizten Ofen geschoben und die Eieruhr gestellt.   Knapp zwei Stunden später waren beide Bleche leer und der erste Film bereits geschaut. Anne brachte die Teller in die Küche und kam mit Schüsseln voll Knabbereien zurück. „Welchen Film wollen wir jetzt schauen?“ „Tut mir leid, aber den müsst ihr ohne mich schauen. Ich werde noch ein bisschen spazieren gehen, ich muss nochmal an die frische Luft“, sagte Lea und stand vom Sofa auf. „Darf ich dich begleiten?“, wollte Oliver wissen. Lea wollte ablehnen, doch dann sah sie Annes durchdringenden Blick. „Gern.“ Die beiden machten sich auf den Weg und schlenderten in Richtung Park. Die Sonne war bereits untergegangen, aber es war noch nicht ganz dunkel. Zu Beginn des Weges schwiegen sie. „Es tut mir leid wegen neulich“, meinte Oliver nach einer Weile. „Ich habe nicht das recht dir irgendetwas vorzuschreiben.“ „Ist schon ok. Im Endeffekt hattest du ja recht. Anne sagt mir das auch die ganze Zeit und ich werde versuchen, mich zu bessern.“ Sie lächelte und sah zu Oliver hinauf. Er lächelte ebenfalls. „Wie fandest du den Film?“, fragte er. „Eigentlich ganz gut, auch wenn die Story total unrealistisch war.“ „Das haben die Schauspieler aber wieder wett gemacht.“ „Da hast du recht. Henry Kent war echt genial.“ Nun war ein Thema gefunden, das beide interessierte und das Schweigen brach. Als sie im Park waren, kam Wind auf, Lea fröstelte. „Ich habe vergessen, meine Jacke mitzunehmen“, stellte sie ernüchtert fest. „Ist dir kalt?“ „Kalt nicht unbedingt, aber es ist schon irgendwie frisch.“ „Warte kurz“, sagte Oliver und blieb stehen, um seine Strickjacke auszuziehen. „Das ist doch nicht nötig.“ „Kein Problem, ich weiß sowieso nicht, warum ich sie überhaupt angezogen habe“, erwiderte er und legte ihr die Jacke über die Schultern. „Danke.“ Ohne, dass sie es wahrnahmen, liefen zwei Personen an ihnen vorbei, die sich nach wenigen Metern noch einmal nach ihnen umdrehten. „Du hast recht, das war wirklich Oliver.“ „Ist es nicht zuckersüß, wie er sich um das Mädchen kümmert?“ Die beiden Jungs prusteten los. „Sie scheinen aber nicht zusammen zu sein“, sagte der eine nach einem weiteren Blick zurück. „Schließlich halten sie nicht Händchen und laufen auch mit etlichem Abstand nebeneinander her.“ „Das Mädel sah ja auch eigentlich ganz gut aus, die würde er eh nicht abbekommen.“ „Auch wieder wahr.“   Lea und Oliver umrundeten den großen Goldfischteich und machten sich dann auf den Rückweg. Anne und Daniel hatten in der Zwischenzeit mit einem zweiten Film angefangen, der zu viert zu ende gesehen wurde. Es folgte noch ein dritter Film zum Abschluss des Abends. Gegen Mitternacht verabschiedeten sich Oliver und Daniel. „Vielen Dank für die Jacke“, sagte Lea und reichte sie Oliver. „Kein Problem.“ Er lächelte ihr zu und verließ dann mit Daniel das Haus. Lea schloss die Haustür und sah Anne vor sich stehen. „Was hatte das mit der Jacke auf sich?“ „Nichts weiter. Mir war kalt geworden und Oliver hat sie mir überlassen“, antwortete Lea und wollte an ihrer Cousine vorbei. „Was ist denn sonst noch so auf eurem Spaziergang passiert?“ „Mensch Anne, was soll diese Fragerei? Du wolltest doch unbedingt, dass er mit mir mitkommt, nicht ich. Da war gar nichts!“ „Okay, du brauchst dich ja nicht gleich aufregen.“ „Gute Nacht!“, sagte Lea noch und lief die Treppe in den ersten Stock hinauf. Kapitel 3: Kennenlernen ----------------------- Der nächste Tag war sonnig und warm. Lea war zeitig aufgewacht und hatte ihre Aufgaben für die Uni schnell erledigt. Nach dem Mittagessen machte sie sich auf den Weg in den Park, um etwas auszuspannen und ihr neues Buch zu beginnen. Sie hatte auf der großen Wiese eine Decke ausgebreitet und lag nun lesend darauf. Auch andere waren auf die Idee gekommen, den schönen Tag im Park zu verbringen, manche picknickten mit ihrer Familie, andere waren mit Freunden da und spielten Ball oder Frisbee. Ganz in ihrer Nähe warfen sich zwei junge Männer gegenseitig einen Frisbee zu, ihre Freundin saß auf einer Decke und sah ihnen zu. „Das war ja mal nichts, Max!“, meinte das Mädchen mit der Sonnenbrille und lachte. „Musst du sagen, du traust dich ja noch nicht mal mitzumachen!“ „Na gut, du hast es so gewollt.“ Das Mädchen stand auf und ließ sich den Frisbee zuwerfen, den sie sofort fing. „Zufall.“ „Denkst du!“ Sie warf ihn wieder zurück und Max hatte Probleme ihn zu fangen. Es ging eine Weile hin und her, bis sich der dritte im Bunde einmischte. „Darf ich jetzt bitte auch wieder mitspielen?“ „Sorry Matze.“ Das Mädchen warf ihm die runde Scheibe hinüber, doch sie war zu hoch für ihn. Er lief rückwärts, um sie doch noch zu bekommen und stolperte dabei über Lea. Er kam auf dem Rücken zu liegen, die Beine auf ihrem Rücken. „Entschuldige. Ist alles in Ordnung?“ „Ja, ist noch alles dran“, meinte Lea und richtete sich auf. „Tut mir wirklich leid, ich war total auf den Frisbee fixiert, dass ich dich gar nicht wahrgenommen habe.“ „Was für ein Kompliment!“ „So war das doch gar nicht gemeint, ich wollte damit sagen, dass…“ „Ich weiß schon, wie es gemeint war“, unterbrach sie ihn und lachte. „Hier, dein Frisbee.“ Matthias stand auf, nahm den Frisbee und machte sich auf den Weg zurück. Nach einigen Metern drehte er sich noch einmal um und fragte: „Hast du vielleicht Lust mitzuspielen?“ „Danke, aber das lass ich lieber.“ „Okay, schade.“ Er ging weiter und sie spielten noch eine Weile, bis sie sich gemeinsam auf die Decke legten. „Sag mal Matze, das ist doch das Mädchen, mit dem Oliver gestern unterwegs war, oder?“ „Jetzt, wo du es sagst. Das Gesicht kam mir gleich bekannt vor“, antwortete er. „Das wäre doch die Gelegenheit, Oliver eins auszuwischen.“ „Wie meinst du das?“, wollte Leonie wissen. „Na, wenn einer von uns mit einem Mädchen ausgeht, das zu seinen Freunden gehört, dann wird es ihn übelst nerven. Und falls er selbst in sie verliebt sein sollte, so schien es irgendwie als wir sie gesehen hatten, dann können wir ihm erst recht eins reinwürgen.“ „Das ist doch jetzt nicht dein Ernst? Du willst dem armen Mädchen vorgaukeln, dass du sie magst und willst dich dabei nur an Oliver rächen?“ „Warum nicht?“, erwiderte Max. „Matze würde da sicher mitmachen.“ Beide sahen Matthias an und er nickte nur. „Ach Leute, wenn ihr das macht, dann bin ich echt sauer auf euch!“, meinte Leonie und verschränkte die Arme. „Na gut, wechseln wir das Thema…“ Lea hatte einige Male von ihrem Buch aufgesehen und die kleine Gruppe beobachtet. Es amüsierte sie, wie die Drei sich gegenseitig lautstark mit Sprüchen belegten. Als es ihr zu warm in der Sonne wurde, packte sie Buch und Wasserflasche in die Tasche. Sie schüttelte die Decke aus und legte sie sorgfältig zusammen, bevor sie sich auf den Weg machte. „Warte mal!“, rief plötzlich jemand. Lea war sich nicht sicher, ob sie gemeint war, sah sich aber um und bemerkte, dass der junge Mann von vorhin auf sie zulief. „Ich will dich nicht aufhalten, aber ich wollte mich nochmal für den Sturz entschuldigen und fragen, ob ich dich vielleicht auf einen Drink als Entschuldigung einladen kann. Heute Abend?“, fragte Matthias. „Was soll ich denn darauf antworten?“ „Wie wäre es mit ja?“ Lea sah ihn an. Er schien sehr nett zu sein und ein Drink konnte eigentlich ja nicht schaden. Anne hatte ihr schließlich erst gestern wieder Vorwürfe gemacht, dass sie sich nicht mit Freunden traf oder ausging, sondern sich immer nur in ihr Zimmer zurückzog und allein sein wollte. Begann sie doch ihr Leben wieder zu leben. „Okay.“ „Wirklich?“, fragte er und lächelte. „Ja, und jetzt sag mir lieber, wo und wann, bevor ich es mir anders überlege“, erwiderte Lea mit einem Grinsen. „Halb neun am Shining.“ „Gut, bis dann.“ „Bis dann.“ Lea lief weiter und Matthias sah ihr noch kurz hinterher, bevor er sich zu seinen Freunden umdrehte und mit einem Grinsen den Daumen hob. Max hielt ihm die Hand hin, als er bei ihnen angelangt war, und er schlug ein. Leonie schüttelte nur den Kopf. „Das ist grad echt das Letzte.“ Lea zog sich einen Rock über die Leggings und ein T-Shirt an, dann betrachtete sie sich im Spiegel. Ach, ich werde hier bleiben. Sie schlüpfte wieder in ihre Hauskleidung, warf sich auf das Bett und griff nach dem Buch, das auf dem Nachttisch lag. Sie las zwei Seiten, dann schlug sie das Buch zu. Entschlossen stand sie auf, zog sich wieder um und begann sich die Haare zu flechten. Als der Zopf fast fertig war, entschied sie sich um. Sie nahm die Frisur auseinander und zog sich erneut um. Lea setzte sich auf ihr Bett und seufzte. Was soll schon passieren? Wenn es mir nicht gefällt, geh ich einfach und wenn doch, dann auch gut. Die Hauskleidung landete auf dem Schreibtischstuhl und fünf Minuten später war der Zopf geflochten. Lea blickte noch einmal in den Spiegel, schnappte sich ihre Handtasche und verließ das Zimmer. Ihre Tante stand in der Küche. „Ich geh eine Weile weg. Wird aber nicht so spät“, sagte Lea. „Okay. Bis dann“, erwiderte die Tante, die annahm, dass ihre Nichte spazieren ging, wie so oft. Mit schnellen Schritten lief sie Richtung Stadtzentrum, durch das mehrmalige Umziehen war sie inzwischen spät dran. Mit fünf Minuten Verspätung erschien sie am Treffpunkt, der Bar Shining. Matthias wartete bereits. „Hey.“ „Hallo. Tut mir leid, dass ich zu spät bin.“ „Kein Problem. Ich freue mich, dass du gekommen bist.“ Matthias hielt ihr die Tür auf und Lea trat lächelnd ein. Die Bar war bereits gut gefüllt, doch sie fanden noch einen Zweiertisch am Fenster, an den sie sich setzten. „Okay, jetzt erst mal Klartext.“ Lea sah ihn mit großen Augen an, denn er klang wie ein Polizist beim Verhör. „Wie ist dein Name?“ „Lea“, antwortete sie schmunzelnd. „Sehr erfreut, Lea. Ich bin Matthias, oder kurz Matze.“ Sie warfen einen Blick in die Karte und als die Bedienung zu ihnen an den Tisch kam, bestellte Lea einen Pina Colada, während Matthias einen White Russian nahm. „Na dann erzähle mal, was treibst du so, wenn du dich nicht von einem völlig Fremden zum Cocktail einladen lässt?“ Lea ging nicht auf seine Bemerkung ein, sondern antwortete gleich auf die Frage. „Ich bin eine fleißige Studentin.“ „Und was studierst du so fleißig?“ „Elektrotechnik.“ „Wow!“ „Warum ist eigentlich jeder überrascht, wenn ich sage, was ich studiere?“, wollte Lea wissen. „Es ist eben kein typisches Fach für ein Mädchen.“ „Was sind denn dann typische Mädchenfächer?“ „Psychologie, Geschichte oder Soziologie.“ „Also die langweiligen.“ „Ich finde gut, dass du in dieser Hinsicht so männlich denkst.“ „Wer kann als Naturwissenschaftler schon die Geisteswissenschaftler leiden?“, erwiderte Lea. „Ganz so eng würde ich es nicht sehen. Ich studiere nämlich Wirtschaftsingenieurwesen und das ist nur zur Hälfte naturwissenschaftlich.“ „Aber du verstehst trotzdem die Gesetze der Physik, oder?“ „Ich denke schon.“ „Beim Bus fahren zum Beispiel. Man sollte die Leute erst aussteigen lassen, damit Platz für die Einsteigenden ist, denn wo ein Körper ist, kann kein zweiter sein. Aber meistens erkennt man genau daran, wer Geistes- und wer Naturwissenschaftler ist.“ „Wo ich so darüber nachdenke, du hast Recht.“ „Siehste.“ In diesem Moment brachte die Kellnerin die bestellten Getränke und sie stießen auf die gewonnene Erkenntnis an. „Wirtschaftsingenieurwesen – das klingt eigentlich auch interessant.“ „Ist es auch. Man muss zwar viel machen, ist ständig am arbeiten und rechnen und Vortrag halten, wie auch wieder in der nächsten Woche, aber es lohnt sich ja.“ „So lange man das macht, was man möchte. Ich würde nichts anderes studieren wollen. Es würde mir gar keinen Spaß machen, wenn es nicht ET wäre, ich hätte keine Motivation es durchzuziehen“, meinte Lea. „Dem kann ich nur beipflichten.“ Nachdem sie einen zweiten Drink bestellt hatte, wandte sich Matthias einem anderen Thema zu. „Warum hast du meine Einladung eigentlich angenommen?“ „Na ja, deine Anmache mit dem Frisbee war so unbeholfen, dass ich dachte, ich tue dir den Gefallen und geb dir vor deinen Freunden keinen Korb“, antwortete sie. „Das war ja eigentlich keine Anmache, sondern ein Versehen…“ Mit einem breiten Grinsen unterbrach sie ihn. „Ich weiß schon. Ich war eine ganze Weile nicht mehr aus und weil mir meine Cousine damit bereits in den Ohren liegt, habe ich gedacht, ergreife ich die Gelegenheit beim Schopf.“ „Also bin ich dir nicht unsympathisch?“ „Nein, ganz im Gegenteil.“ „Na, dann kann ich ja beruhigt sein“, sagte er und nahm einen Schluck von seinem Cuba libre. „Warum warst du denn schon so lange nicht mehr aus?“ „Was soll ich sagen? Die letzten Monate war ich nicht besonders gut drauf und dann habe ich noch die Uni gewechselt, da wollte ich wohl erst einmal das auf die Reihe bekommen“, antwortete Lea, stellte den trivialeren Grund jedoch in den Vordergrund. „Gut, dass ich mich mit Verabredungen und Party machen auskenne. Mit mir kannst du die versäumte Zeit locker wieder reinholen.“ Matthias lachte und auch Lea musste lächeln. „Vielleicht werde ich dieses Angebot annehmen.“ Es war kurz vor ein Uhr, als sie sich auf den Heimweg machten. Matthias begleitete Lea, er hatte darauf bestanden. Das Haus lag im Dunkeln, als sie an der Haustür ankamen. Sie suchte ihren Hausschlüssel heraus und schloss die Tür auf, dann drehte sie sich zu ihm herum. „Versprichst du mir, dass wir uns wiedersehen?“, fragte Matthias. Sie lächelte. Der Abend hatte ihr gefallen. „Ich verspreche es.“ „Na, dann freue ich mich darauf“, sagte er und küsste sie auf die Wange. „Schlaf gut.“ „Dir auch eine gute Nacht.“ „Und? Wie war dein Date gestern?“, wollte Max wissen. „Erfolgreich.“ „Heißt was?“ „Dass wir Nummern ausgetauscht haben und sie beim Abschied gelächelt hat.“ Matthias dachte an ihr Lächeln und seine Augen begannen unbewusst zu strahlen. „Kein Kuss? Ist ja schwach. Ich hätte mehr von dir erwartet“, erwiderte Max. „Das wäre zu viel gewesen. Sie schien sehr offen zu sein, aber irgendwie habe ich da doch eine Distanz gespürt. Wenn ich versucht hätte, sie zu küssen, dann hätte sie sich zurückgezogen.“ „Du kannst Menschen echt gut einschätzen.“ „Lernt man halt mit der Zeit…“ Matthias und Max saßen zusammen auf der Terrasse und frühstückten. Max‘ Eltern hatten bereits vor einer Stunde gefrühstückt und sich nun auf eine Radtour begeben. „Machen wir heute noch was?“ „Eigentlich muss ich was für die Uni machen“, meinte Matthias. „Eigentlich…“ „Nein, das muss ich wirklich machen.“ „Na gut, dann suche ich mir eine andere Beschäftigung.“ Den Tag verbrachte Matthias mit den Aufgaben, die er für die Uni erledigen musste. Er rechnete einige Übungen durch, schrieb an einer Hausarbeit weiter und beendete das Projekt, das für Marketing erbracht werden musste. Am Abend saß er mit dem Laptop auf dem Schoß auf seinem Bett und surfte im Internet. Bei StudiVZ suchte er nach Lea und fand sie nach einer Weile auch. Er schickte ihr eine Freundschaftseinladung. Hoffentlich denkt sie jetzt nicht, dass ich sie stalke. Interessiert sah er sich ihr Profil an. Es gab nicht besonders viele Informationen preis, Fotoalben gab es auch nicht, nur drei Fotos, auf denen sie verlinkt war. Er bemerkte aber auch, dass das Profil seit einiger Zeit nicht mehr aktualisiert worden war. Es standen die Vorlesungen aus dem letzten Semester auf der Seite und auch die falsche Uni war noch angegeben. Lea ging nach dem Abendessen in ihr Zimmer. Sie packte ihren Rucksack, legte sich die Kleidung auf den Stuhl, die sie am nächsten Tag tragen wollte, und informierte sich dann im Internet, ob es Neuigkeiten gab. Bei den aktuellen Nachrichten des Institutes stand nur, dass die Anmeldung der Prüfungen in einer Woche begann. Als nächstes öffnete sie ihr E-Mail-Postfach. Zwei Spamnachrichten waren darin und eine, die Neuigkeiten bei StudiVZ ankündigte. Vielleicht sollte ich im Studi mal reinschauen. War schon ziemlich lange nicht mehr on. Im nächsten Moment loggte sie sich bereits ein. Auf der Startseite wurden ihr fünf neue Nachrichten, zwei Gruppeneinladungen und eine Freundschaftseinladung angezeigt. Die Nachrichten waren von Freunden und früheren Kommilitonen, die wissen wollten, wie es ihr ging. Sie las sie, antwortete aber nicht. Die Gruppen sagten ihr nicht zu, weshalb sie die Einladung ausschlug, doch die Freundschaftseinladung nahm sie mit einem Lächeln an. Der gestrige Abend hatte ihr widererwartend gefallen und sie wollte Matthias gern wiedersehen, nur zu gern hatte sie ihm dieses Versprechen gegeben. Sie sah sich das Profil von Matthias an und musste über einige Fotos lachen, er schien wirklich viel Spaß mit seinen Freunden auf Partys zu haben. Ich sollte mein Profil langsam mal aktualisieren, ich bin schließlich schon seit drei Monaten an einer anderen Uni eingeschrieben. Sie änderte die Universität, überarbeitete die Lehrveranstaltungen, erneuerte ihr Profilfoto und antwortete dann doch auf die Nachrichten ihrer Kommilitonen. Lea war gerade fertig mit der letzten Antwort, als sie bemerkte, dass sie eine neue Mitteilung erhalten hatte. Da schickt man dir eine Freundschaftseinladung und sofort wird das Profil aufgehübscht. Sie musste über die Nachricht schmunzeln und antwortete sofort. Ich hoffe, dir ist klar, dass dies ein Zufall ist. Sie drückte auf Senden und hatte zwei Minuten später eine Antwort. Ja, ja, schon klar. ^^ Sag mal, hast du ICQ? Da lässt es sich besser chatten… Sie schickte ihm ihre Nummer, verabschiedete sich aber auch für den Abend. Sie hatte sich vorgenommen noch etwas in ihrem neuen Buch zu lesen und dann zeitig schlafen zu gehen. 0362853xx. Ich wünsche dir noch einen schönen Abend. Viel Spaß die Woche in der Uni und viel Erfolg bei deinem Vortrag. Matthias las die Nachricht und lächelte. Er tippte die Nummer in die Suche beim ICQ ein und speicherte ihren Account in seiner Kontaktliste. Zufrieden mit sich und dem Tag lehnte er sich zurück. Sie hat sich an meinen Vortrag erinnert, dabei habe ich den ja nur in einem Nebensatz erwähnt. Er lächelte und klappte den Laptop zu. Kapitel 4: Triumph ------------------ „Hast du heut in der dritten zufällig frei?“ Anne und Lea fuhren mit den Fahrrädern nebeneinander her zur Universität. Es würde ein schöner Tag werden, der Sommer hielt, was er versprach. „Schon. Warum?“, wollte Lea wissen. „Es ist so, ich bin in der dritten mit Oliver zum Mittag verabredet, aber jetzt haben die Leute aus meiner Arbeitsgruppe festgelegt, dass wir uns in der Zeit treffen, um weiter an dem Vortrag zu arbeiten.“ „Und wie kann ich dir da helfen?“ „Kannst du nicht für mich zu dem Treffen mit Oliver gehen? Ich möchte ihm ungern absagen.“ „Muss das sein? Ich wollte in der Freistunde an meiner Seminararbeit arbeiten.“ „Kannst du doch trotzdem!“, erwiderte Anne. „Du isst einfach zusammen mit Oliver Mittag und das war’s.“ Lea schwieg eine Weile. „Na gut. Wo wolltet ihr euch treffen?“ „Am Eingang der Cafeteria.“ „Dafür schuldest du mir aber was.“ „Danke.“ Inzwischen waren sie auf dem Campus angekommen und ihre Wege trennten sich, da sie zu unterschiedlichen Gebäuden mussten. Lea stellte ihr Fahrrad ab und schloss es gerade ab, als einige ihrer Kommilitonen an ihr vorbeiliefen. „Morgen Lea.“ „Guten Morgen.“ Gemeinsam betraten sie das Gebäude und stiegen die Stufen zum Großen Hörsaal hinauf. „In der ersten Stunde am Montag Mathe ist ganz schön hart.“ „Ist nicht unbedingt das, was man sich wünscht, aber ihr habt wenigstens nicht gleich in der nächsten Stunde die Matheübung“, erwiderte Lea. „Das ist übel. Zwei Doppelstunden Mathe…“ „Am Anfang des Semesters dachte ich noch, es wäre eine gute Idee. Die Aufgaben ließen sich sicher leichter lösen, wenn noch alles frisch im Kopf ist. … Ich mach ja eigentlich gern Mathe, aber 180 Minuten sind doch zu viel.“ „Na ja, für nächstes Semester weißt du es besser.“ Lachend setzten sie sich in eine der mittleren Reihen und unterhielten sich über das vergangene Wochenende, bis die Vorlesung begann.     „Hallo Oliver.“ „Lea, wie schön dich zu sehen. Ich warte gerade auf Anne.“ „Wenn du so willst, dann bin ich Anne.“ „Wie habe ich das denn zu verstehen?“ „Sie hat unerwartet ein Treffen ihrer Arbeitsgruppe rein bekommen und mich gebeten, sie zu vertreten, damit du nicht allein essen musst. Ich hoffe, das ist okay für dich“, erklärte Lea. „Warum sollte es nicht okay sein? Wenn Anne mir so eine schöne Vertretung schickt, kann sie öfter Termine haben, wenn wir verabredet sind.“ Lea musste schmunzeln. „Lass uns reingehen.“ Sie betraten das Gebäude und im Foyer begutachteten sie das Essensangebot über die Monitore, die einen schnellen Überblick ermöglichten. Kurz nach elf Uhr war es noch recht leer in der Mensa, weshalb sie sich Zeit lassen konnten und nicht von ungeduldigen Kommilitonen weggedrängt wurden. „Hast du dich entschieden?“ „Ja.“ Nebeneinander liefen sie zu den Essensausgaben, auch hier war es fast leer. Lea holte sich bei den Aufläufen Grießbrei mit Sauerkirschen und folgte dann Oliver, der sich beim Wok angestellt hatte. Gemeinsam liefen sie zur Kasse und setzten sich dann in den Speisesaal, der an die Cafeteria anschloss. „Wie waren deine ersten Stunden?“ „Zwei Mal Mathe – erst Vorlesung, dann Seminar. Da weißt du, wie meine Stunden waren.“ „Aber so hast du gleich den schlimmsten Teil am Anfang der Woche weg“, erwiderte Oliver. „Man muss es einfach nur positiv sehen.“ „Stimmt.“ Oliver spießte die letzten Gemüsestücke auf seine Gabel und schob sie in seinen Mund. „Wie kann man eigentlich Grießbrei essen?“ „Der ist doch total lecker, besonders mit den Kirschen. Ich würde mir am liebsten noch eine zweite Portion holen, aber die würde ich eh nicht schaffen und das wäre schade.“ „Ich komm da einfach nicht ran. Liegt vermutlich an der Konsistenz. Was Bissfestes ist mir da wesentlich lieber.“ „Ich esse dafür keinen Spinat, keinen Spargel, kein Wildfleisch und Fisch nur sehr ungern. Wäre ja auch irgendwie doof, wenn jeder denselben Geschmack hätte“, meinte Lea. „Aber Eis magst du doch sicher.“ „Selbstverständlich.“ „Soll ich dir da eins mitbringen?“ „Das wäre großartig.“ Lea brachte die Tabletts weg, während Oliver sich in die Schlange einreihte, die vor dem Softeisautomaten wartete. Mit der süßen Erfrischung setzten sie sich auf die Stufen, die zur Terrasse der Cafeteria hinaufführten. „Mir hat der Freitagabend sehr gefallen. Vielleicht könnten wir das alle zusammen öfter machen. Die Grillsaison hat ja schon vor einer ganzen Weile begonnen. Mit einem Einweggrill im Park, das hätte doch was.“ „Klingt nett“, sagte Lea. „Ich werde es Anne mal vorschlagen.“ „Sag mal, hast du vielleicht Lust, die Woche nochmal mit mir essen zu gehen?“ „Warum nicht?“ Sie holte ihren Studienplaner aus dem Rucksack und schlug die Seite auf, auf der der Stundenplan notiert war. „Hast du Freitag in der dritten frei?“ „Ja.“ „Na, dann hätten wir ja einen Termin.“ Lea lächelte und klappte den Kalender zu. Sie hatte das Essen und die Unterhaltung genossen – warum sollte es da nicht zu einem wöchentlichen Treffen werden? Und Anne würde ihr auch keine Vorträge mehr halten.     Die Woche verging wie jede andere und am Donnerstagabend saß Lea in ihrem Zimmer und surfte im Internet, im Hintergrund lief der Fernseher. Das neue Buch ihrer Lieblingsautorin hatte sie bereits durchgelesen und wollte nun herausfinden, wann der nächste Band erscheinen sollte. Leider gab es dazu nirgendwo einen Eintrag. Seufzend gab sie die Suche auf und sah nach ihren E-Mails. Sie loggte sich gerade in ihren Account ein, als mit einem Pfeifton angegeben wurde, dass eine Nachricht im ICQ eingegangen war. Ein Lächeln erschien auf ihren Lippen.   Matze:   Na, wie geht’s? Lea:        Ganz gut. Und selbst? Matze:   soweit gut… Uni ist nervig. Lea:        warum studierst du dann? Matze:   weil es schon spaß macht und ich es auch will. Ist nur manchmal viel zu tun und das nervt Lea:        verstehe Matze:   ^^                 hast du Samstag schon was vor? Lea:        nicht wirklich Matze:   ich geh mit Leonie und Max in die Stadt, magst mitkommen? Lea:        ich weiß nicht Matze:   du hast mir versprochen, dass wir uns wiedersehen Lea:        ich weiß Matze:   also? Lea:        wollen deine freunde denn, dass ich dabei bin? Matze:   warum nicht? Lea:        sie kennen mich ja gar nicht Matze:   noch nicht Lea:        … Matze:   ich würde mich freuen, wenn du mitkommst Lea:        na gut Matze:   super Lea:        wann und wo trefft ihr euch? Matze:   wenn du magst, können wir ja vorher noch was essen gehen Lea:        man reicht dir den kleinen Finger und du willst gleich die ganze hand Matze:   wenn schon, denn schon Lea:        was schwebt dir denn vor? Matze:   der italiener in der einkaufsstraße Lea:        der soll gut sein, hat meine cousine erzählt Matze:   bist also dabei? Lea:        hmm… ja Matze:   na dann treffen wir uns um halb 8 am italiener und gehen danach mit leo und max weg Lea:        da weiß ich ja bescheid   Sie unterhielten sich noch eine Weile über die Ereignisse der Woche, dann verabschiedete Lea sich und schaltete den Laptop aus. Am nächsten Morgen hatte sie eine Übung in der ersten Stunde, zu der sie einigermaßen ausgeschlafen sein wollte. Als sie im Bett lag, musste sie lächeln. Gut, dass ich zu der Verabredung gegangen bin. Er ist so lieb, ich mag ihn. Seit langem wieder einmal glücklich, schlief sie ein.     Als Lea am Samstag kurz vor halb acht bei dem italienischen Restaurant ankam, wartete Matthias bereits. „Hey.“ „Hallo“, sagte er und umarmte sie zur Begrüßung. „Bist du eigentlich immer so pünktlich?“ „Warum sollte ich eine schöne Frau denn warten lassen?“, erwiderte er und hielt ihr die Tür auf. „Herzlich Willkommen im La Cantina!“ Der junge Mann am Empfangstresen begrüßte sie freundlich und reichte jedem eine Plastikkarte. Matthias geleitete Lea zu einem freien Tisch in der Nähe der Bar und fragte, was sie trinken wollte, bevor es sich in die Schlange vor dem Tresen einreihte. Sie sah sich in dem Restaurant um, doch ihr Blick blieb bei ihm hängen. Als er es bemerkte, zwinkerte er ihr zu und Lea griff verlegen nach der Speisekarte, die auf einen kleinen Handzettel gedruckt worden war. Auf einer Seite Vorspeisen und Pizza, auf der anderen Pasta und Nachspeisen. „Hast du dich schon entschieden?“ „Erklär mir doch bitte erst einmal, wie das hier genau funktioniert.“ „Nun, diese kleine Karte hier legst du vor, wenn du was bestellst und vor Ort wird dann der Preis deiner Bestellung darauf gespeichert. Bevor du gehst, wird dann am Eingang an der Kasse abgerechnet“, erklärte Matthias. „Interessante Variante.“ „Das Essen bekommt man auf der anderen Seite. Wenn dir die Pizzen auf der Karte nicht zusagen, kannst du auch selbst entscheiden, was drauf soll. Bei der Pasta wählst du die Nudelsorte und die Soße dazu. Hier wird alles frisch zubereitet.“ „Toll.“ Matthias entschied sich für einen grünen Salat als Vorspeise und eine Pizza Hawaii, während Lea Bruschetta und Spaghetti Bolognese wählte. „War gestern noch etwas Spannendes bei dir?“ „Nicht wirklich. Freitags habe ich ja bloß eine Stunde, aber ich habe den Tag genutzt, um meine Hausarbeit zu beenden. Ich muss sie jetzt nur noch ein zweites Mal lesen, dann die Fehler korrigieren sowie Inhaltsverzeichnis und Quellenverzeichnis anfertigen“, meinte Matthias. „Wenn du möchtest, kann ich sie Korrektur lesen. Ich bin ganz gut in Rechtschreibung und Grammatik.“ „Das wäre echt nett.“ „Klar, gern. Schick mir die Datei einfach per ICQ.“ Eine Kellnerin räumte ihre leeren Teller ab und Lea griff erneut nach der Speisekarte, um die Nachspeisen zu begutachten. „Nimmst du noch eine Nachspeise?“, fragte sie Matthias. „Eigentlich bin ich satt, aber wie sagt man so schön, Dessert geht immer.“ Er lachte. „Ich glaub, ich nehm das Erdbeereis.“ „Na, dann bin ich mal so frei und bring dir eins mit.“ Lea stand auf und Matthias wollte ihr seine Karte mitgeben, doch sie lehnte ab. „Lass mal, du hast die Getränke übernommen.“ Fünf Minuten später war sie zurück mit Erdbeereis und Schokoladenkuchen. Das Restaurant hatte sich inzwischen deutlich gefüllt und immer wieder liefen Leute an ihnen vorbei, die nach einem freien Tisch Ausschau hielten. „Und? War es die richtige Entscheidung, mit mir essen zu gehen?“ „Schon allein wegen dem tollen Essen hat es sich gelohnt“, antwortete Lea und als sie sah, dass er etwas geknickt dreinblickte, ergänzte sie: „Aber die Gesellschaft ist auch nicht zu verachten.“ „Siehste.“ Matthias grinste und nahm einen Schluck von seiner Cola. „Wir sollten langsam aufbrechen, in einer Viertelstunde sind wir mit Leo und Max verabredet.“ „Okay.“     Oliver, Hannes und Daniel saßen an einem Tisch am hinteren Ende des Pubs. Einmal im Monat veranstalteten sie einen sogenannten Männerabend und unternahmen etwas zu dritt. Oft war es Bowling oder Billard, manchmal gingen sie in die Schwimmhalle oder im Sommer ins Freibad, hin und wieder landeten sie allerdings in einer Bar, so wie heute. „Es wird Zeit, dass wir uns auch eine Freundin anschaffen“, meinte Hannes. „Ich arbeite dran“, erwiderte Oliver und musste an Lea denken. „Ach so? Wer ist denn die Auserwählte?“ „Eigentlich möchte ich darüber nicht sprechen“, wiegelte Oliver ab, schließlich mussten seine Kumpels nicht unbedingt etwas von seiner Schwärmerei für Lea erfahren. Nach ihrer Auseinandersetzung hatte sich ihr Verhältnis zwar verbessert und sie war mit ihm zum Mittag verabredet gewesen, aber das hieß ja noch nichts. Nur, dass sie sich mit Bekannten traf und sich nicht mehr deprimiert in ihrem Zimmer vergrub. „Ist das nicht Lea?“, fragte Hannes, als eine Gruppe mit mehreren Personen durch die Eingangstür kam. „Wo?“ Oliver und Daniel sahen sich um. „Bei denen, die grad reingekommen sind.“ Die beiden schauten hinüber und entdeckten Annes Cousine, die neben Matthias stand, der seinen Arm um sie gelegt hatte, und nach einem freien Tisch für alle suchte. „Woher kennt sie denn Matze?“, fragte Oliver entsetzt. „Und warum hat er seinen Arm um sie gelegt?“ „Vielleicht kennen sie sich aus der Uni.“ „Wäre es schlimm, wenn sie einen Freund hätte?“, wollte Daniel wissen. „Nein, natürlich nicht“, sagte Oliver schnell, „aber Matze ist ein Vollidiot.“ „Nur, weil du ihn nicht leiden kannst, heißt es ja noch lange nicht, dass Lea ihn nicht nett finden kann“, meinte Hannes. „Dann kennt sie ihn aber noch nicht lang genug.“ Die Drei ließen das Thema bleiben und nur Oliver sah einige Male zu dem Tisch herüber, an dem Lea und Matthias mit seinen Freunden saßen. Als er bemerkte, dass Matthias in Richtung Waschräume ging, folgte er ihm nach einigen Augenblicken. Er trat in die Toilettenräume, Matthias wusch sich gerade die Hände. „Was hast du mit Lea zu tun?“ „Guten Abend, Oliver.“ „Ich habe dich etwas gefragt.“ „Warum willst du das wissen? Stehst du etwa auf sie?“, erwiderte Matthias. „Sag mir doch einfach, was du von ihr willst.“ „Du stehst also auf sie.“ Matthias begann zu grinsen. „Ich werde sie dir wegnehmen. Ich werde ihren Körper berühren, sie küssen und mit ihr schlafen – das, was du auch gern mit ihr machen möchtest. Und dann werde ich ihr so das Herz brechen, dass sie nie wieder mit einem Mann zusammen sein will.“ Mit einem hämischen Grinsen sah er sein Gegenüber an. „Ich wünsche dir noch einen schönen Abend.“ Fassungslos starrte Oliver ihn an, während Matthias sich umdrehte und den Waschraum verließ. Oliver brauchte einige Minuten, um sich wieder zu fangen, bevor er zu seinen Freunden zurückkehrte. Er setzte sich und bemerkte, dass die Gruppe bereits zahlte und weiterziehen wollte. „Alles klar bei dir? Du siehst plötzlich so blass aus“, fragte Daniel. „Ja, alles okay.“ Kapitel 5: Eifersucht --------------------- „So, in welche Bar wollen wir jetzt?“ „Ich bin fürs Orakel“, schlug Leonie vor. „Klingt gut.“ „Deshalb bin ich ja auch dafür.“ Matthias und Lea liefen hinter den anderen und unterhielten sich, ihnen war egal, wohin die anderen wollten, sie folgten einfach. „Warst du schon mal im Orakel?“ „In den Bars bin ich noch nicht so viel herumgekommen. Bisher war ich nur einmal mit dir im Shining. Ich bin ja auch erst seit drei Monaten hier.“ „In drei Monaten hätten wir bereits alle Bars und Kneipen zwei Mal gesehen.“ „Das traue ich euch auch zu“, erwiderte Lea und lachte. „Na ja, ich gehe eben nicht so oft weg.“ „Ich mag das an dir, das macht dich irgendwie…“, er suchte nach dem richtigen Wort, „…einzigartig.“ „Ach gut, ich hatte schon Angst, dass ich langweilig bin“, erwiderte Lea, nicht ganz von seinen Worten überzeugt. „Langweilig bist du ganz und gar nicht.“ Er lächelte und ergriff ihre Hand, Lea ließ es geschehen und ein wohlig-warmes Gefühl breitete sich in ihr aus. Nach wenigen Minuten Fußweg hatten sie das Orakel erreicht und traten in die Bar, die ganz im orientalischen Stil gehalten war. „Da hinten ist noch ein freier Tisch“, sagte Leonie und lief sofort los, bevor die Gäste, die nach ihnen eingetreten waren, sich an den Tisch setzen konnten. Alles war sehr eng gestellt, sodass sie sich zwischen den anderen Gästen hindurch schlängeln mussten, trotzdem wirkte es gemütlich und einladend. „Was trinkt man denn hier am besten?“, fragte Lea, als sie einen Blick in die Getränkekarte warfen. „Am besten einen von den Hauscocktails. Ich weiß nicht, was die da Geheimes rein mixen, aber die sind echt spitze und mit diesem speziellen orientalischen Touch, den man nur hier bekommt.“ „Na, dann werde ich wohl einen davon probieren.“ Sie bestellten und bekamen nach einer kurzen Wartezeit ihre Getränke. „Weißt du was, Lea…“, meinte Leonie, nachdem sie sich eine Weile unterhalten hatten. „Was denn?“ „Ich mag dich. Ich glaube, wir könnten echt gute Freundinnen werden. Immer nur mit den beiden hier“, mit dem Kopf nickte sie in die Richtung von Max und Matthias, „halte ich es echt nicht aus. Da geht es ständig nur um Jungssachen.“ „Warum auch nicht“, sagte Lea lachend und sah Matthias mit einem vielsagenden Blick an. Leonie war beschwipst. Da das Orakel bereits ihre dritte Anlaufstelle war, ließen sie den Abend hier ausklingen. Für die anderen Gäste und die Partygänger, die sie auf dem Heimweg trafen, war der Abend noch lange nicht vorbei. „Ich weiß gar nicht, wann ich das letzte Mal so spät noch wach war.“ „Hat es dir gefallen?“ „Ja, deine Freunde sind echt lustig.“ „Ich habe dir ja gesagt, dass du mit mir viel Spaß haben wirst.“     „So Matze, jetzt mal Klartext.“ „Wie, Klartext?“ „Wie geht es mit unserem Plan voran?“ „Ach so…“, meinte Matthias. „Ich denke, es läuft ganz gut.“ „Ganz gut? Hast du sie schon geküsst?“ „Nein. Wann denn auch? Wir waren gestern schließlich zu viert unterwegs.“ „Ein Grund, aber kein Hindernis“, erwiderte Max. „Du hast gut Reden. … Aber ich hatte gestern eine nette Unterhaltung mit Oliver.“ „Wie das?“ Matthias berichtete von dem Zusammentreffen in den Waschräumen des Irish Pub und versuchte Olivers schockierten Blick nachzuahmen, was Max zum Lachen brachte. „Das Gesicht hätte ich so gern mit einer Kamera festgehalten. Und so wie er reagiert hat, ist er wirklich in sie verschossen. Das wird so ein Spaß!“, meinte Matthias, musste aber im selben Moment an Leas Lachen denken, was seines einfrieren ließ. „Wie sehen denn deine nächsten Schritte aus? Ich meine, jetzt steht das dritte Date an und laut den Amerikanern heißt das eigentlich Sex.“ „Ach, die Amis…“ „Ich wollte es ja nur mal anmerken.“ „Aber Lea ist anders. Sie hat erzählt, dass sie schon lange nicht mehr aus war und in den drei Monaten, die sie bereits hier wohnt, war sie noch in keiner Bar. Entweder steht sie einfach nicht aufs Weggehen oder irgendetwas ist passiert, das ihr die Lust daran verdorben hat. Vielleicht ein Exfreund oder so“, mutmaßte Matthias. „Also, mir kam sie gestern ganz normal vor.“ „Jedenfalls weiß ich noch nicht, wie das nächste Date aussehen soll. Wird sich aus der Situation heraus ergeben, wir chatten die Woche sicher mal.“ „Okay. Ich finde es cool, dass du das durchziehst.“ „Mhm.“     Matze:   Wollen wir uns morgen treffen? Lea:        Gern. Matze:   Das Wetter soll ja nicht so besonders werden. Wie wär’s mit Kino? Lea:        war schon lang nicht mehr im kino Matze:   gut… da wäre das ja geklärt                 die meisten filme fangen 20 uhr an Lea:        also 19.45 vorm kino? Matze:   jap   Lea sah nach ihrem Mails, dann loggte sie sich bei StudiVZ ein. Sie wollte wissen, ob es etwas Neues gab. In den letzten Wochen ging sie jeden Tag online, immer in der Hoffnung, dass Matthias ihr geschrieben hatte. Jetzt chattete sie zwar mit ihm, aber es war schon zur Gewohnheit geworden.   Lea:        hast du deine hausarbeit schon abgegeben? Matze:   mach ich morgen, da ist sprechstunde bei denen Lea:        bist zufrieden mit dir? Matze:   eigentlich schon, bin sogar drei wochen vor abgabe fertig Lea:        ich fand sie auch gut, hab als laie alles verstanden und so sollte es ja sein Matze:   danke nochmal fürs lesen Lea:        kein problem   Matthias saß auf seinem Bett, den Laptop auf dem Schoß. Sein Kopfkissen diente ihm als Rückenlehne. Während er Lea schrieb, überlegte er, wie der nächste Abend ablaufen würde. Sie würden ins Kino gehen, danach vielleicht noch etwas trinken. Sollte er sie zu sich bitten oder sie lieber heim begleiten und dort auf mehr hoffen? Oder sollte er es weiterhin ruhig angehen lassen? Er mochte Lea, sprach gern mit ihr über alle möglichen Themen, doch da war ja noch der Plan. Max war sein bester Freund seit der Grundschule, konnte er ihn enttäuschen? Nicht wegen einer Frau. Oder?   Matze:   wollen wir uns morgen vielleicht zum mittag treffen? Lea:        tut mir leid, da bin ich schon verabredet Matze:   schade Lea:      meine cousine meinte ja, dass ich mehr mit freunden unternehmen soll und so, da geh ich jetzt immer freitags mit einem ihrer kumpels essen Matze:   na dann    ist hoffentlich trotzdem nett Lea:        passt schon                 vielleicht finden wir einen anderen termin, hab montags in der dritten frei Matze:   na das muss dann doch schicksal sein, ich auch ^^ Lea:        ^^ Matze:   dann ist also Montag offiziell unser gemeinsamer mensatag Lea:        klingt gut     Lea wartete bereits vor der Mensa, als Oliver zur verabredeten Zeit dort eintraf. „Hallo.“ „Hey“, sagte Lea und gemeinsam betraten sie das Gebäude. „Weißt du schon, was du nimmst?“, fragte Oliver, nachdem sie eine Weile vor der Anzeige das Angebot betrachtet hatten. „Ich nehm Essen 2.“ „Okay, ich werde mir ‘ne Pizza holen. Wir treffen uns dann im Saal 3?“ „Jap.“ Die beiden trennten sich und stellten sich in die entsprechenden Schlangen, um sich das Mittagessen zu holen. In der Mensa war es voll und laut, es war ein einziges Gewusel. Menschen mit vollen Tabletts, Menschen, die in langen Schlangen standen, Menschen, die sich an den anderen vorbeidrängelten, da sie ihnen zu langsam waren. Lea beobachtete ihre Umgebung, während sie an der Ausgabe auf das Essen wartete. Nach wenigen Minuten konnte sie einen Teller mit gefüllten Kartoffeltaschen entgegen nehmen und zur Kasse laufen. Oliver saß bereits an dem Tisch, an dem sie auch letzten Freitag gesessen hatten. „Lea, bitte triff dich nicht mehr mit Matze“, sagte Oliver, als sie mit dem Essen fast fertig waren. „Woher weißt du, dass ich mich mit Matthias treffe?“ „Am Samstag habe ich euch im Irish Pub gesehen. Bitte triff dich nicht mehr mit ihm.“ „Warum? Ich finde ihn nett.“ „Das ist er aber nicht!“, erwiderte Oliver. „Woher willst du das wissen?“ „Ich kenne ihn. Er ist total der Machotyp, hatte unzählige Freundinnen und wenn er ihnen überdrüssig war, hat er sie abserviert. Ich will nicht, dass das mit dir auch passiert.“ „Das glaube ich dir nicht. Matze ist nicht so.“ „Lea, ich bitte dich. Lass es sein.“ „Nein! Und jetzt lass mich bitte damit in Ruhe.“ Sie stand auf, nahm das Tablett und lief zur Geschirrrückgabe. Oliver sah ihr hinterher und verzog den Mund. Warum glaubte sie ihm nicht?   Lea saß in der Vorlesung Technische Mechanik und ärgerte sich über Oliver. Warum will Oliver mir Matze ausreden? Ich verstehe es nicht. Matze ist doch die ganze Zeit um mich bemüht, er ist freundlich und zuvorkommend. Ganz und gar nicht wie ein Macho. Sie würde sich davon nicht beeindrucken lassen und sich weiterhin mit Matthias treffen. „Die Wirkung einer Kraft ist von drei Bestimmungsgrößen abhängig: Angriffspunkt, Größe und Richtung. Die durch Angriffspunkt und Richtung definierte Gerade wird als Wirkungslinie bezeichnet.“ Sie begann sich wieder auf die Vorlesung zu konzentrieren und machte sich Notizen in ihrem Skript. Als der Professor die Stunde beendete, packte Lea ihre Sachen zusammen und lief die Stufen zur Tür hinunter. „Hey Lea!“ Sie drehte sich um und sah zwei Kommilitonen auf sich zukommen. „Hey.“ „Wir wollten nur wissen, wann wir uns nochmal wegen dem Projekt treffen wollen. Das muss ja in drei Wochen abgegeben werden.“ „Treffen wir uns doch am Montag in der Freistunde zwischen ET und dem TM-Seminar.“ „Ja, hört sich gut an.“ „Gut, bis Montag dann.“ „Schönes Wochenende!“ „Dir auch.“ Kapitel 6: Schock ----------------- „Lea?“, rief Anne ins obere Stockwerk hinauf. „Ja?“ Die Gerufene erschien auf der Treppe. „Kannst du mir vielleicht bei den Matheaufgaben helfen?“ „Wenn’s schnell geht.“ Der Küchentisch lag voller Zettel, mittendrin das Tafelwerk und der Taschenrechner. „Du solltest dir mal etwas Ordnung angewöhnen“, meinte Lea. „Mhm.“ „Was ist denn das Problem?“ „Hier, diese Aufgabe.“ Anne reichte ihr einen der Zettel und Lea begann sich die Aufgabe durchzulesen. „Das ist etwas tricky, aber machbar.“ „Kriegen wir das in einer halben Stunde hin? Ich wollte damit fertig sein, bevor Daniel kommt.“ „Ich bin in zwanzig Minuten in der Stadt verabredet. Machen wir das doch morgen Vormittag, okay?“ „Okay. – Wohin gehst du denn?“ „Ins Kino und dann vielleicht noch in eine Bar.“ „Und mit wem?“ „Kennst du nicht.“ Damit war Lea aus der Küche und wieder die Treppe hinauf, um ihre Tasche zu holen. „Warte!“, rief Anne und lief ihrer Cousine hinterher. „Soll das heißen, du hast ein Date?“ „Kann man so sagen.“ „Und wie?“ „Ich habe ihn neulich im Park kennen gelernt und er hat mich am Abend zu einem Drink eingeladen.“ „Das ist doch super. Meinst du, es könnte was Ernstes sein?“, fragte Anne. „Mal sehen…“ Lea lächelte. „Ich muss jetzt los.“ „Na klar. Viel Spaß!“     Matthias wartete bereits vor dem Kino. Er lehnte an einem Pfeiler, hatte die Arme verschränkt. Als er Lea auf sich zukommen sah, lief er ihr mit einem Lächeln auf den Lippen entgegen. „Hey.“ „Hallo.“ Sie umarmten sich zur Begrüßung. „Wie war dein Tag?“ „Ganz okay. TM war interessant“, sagte Lea. „TM?“ „Technische Mechanik.“ „Und das war interessant?“, fragte er ungläubig. „Ja. … Wie war denn dein Tag?“ „Ausgefüllt mit Stunden zählen.“ Sie sah ihn fragend an. „Bis ich dich endlich wiedersehe.“ „Charmeur.“ „Man tut, was man kann.“ Er grinste. „Haben wir uns eigentlich schon auf einen Film geeinigt?“ „Ich bin für den Henry-Kent-Film.“ „Den hätte ich auch vorgeschlagen. Du stehst auf Action?“ „Manchmal. Ich mag halt Henry Kent“, antwortete Lea. „Na gut. Gehen wir rein.“ Sie betraten das Gebäude und gingen zur Kasse. Sie stellten sich in die Schlange und kauften die Karten, die sie günstiger bekamen, da sie ihren Studentenausweis vorlegten. „Hast du Lust auf Popcorn?“ Lea sah ihn mit einem strahlenden Lächeln an. „Okay, du hast Lust auf Popcorn.“ Er kaufte es und gemeinsam gingen sie in den Kinosaal. „Wo sitzen wir?“ Lea sah auf die Karten. „Reihe 14, Sitze 16 und 17.“ Sie fanden ihre Plätze und unterhielten sich weiter, bis der Film begann. „Ich war doch heute meine Hausarbeit abgeben und die wollten sie mir doch fast nicht abnehmen.“ „Warum das denn?“ „In dem Büro war niemand informiert. Erst wollten sie mich ans Prüfungsamt weiterleiten, doch vorher haben sie sicherheitshalber noch einmal beim Professor angerufen und der hat gesagt, dass sie die Arbeiten entgegen nehmen müssen.“ „Vermutlich hat der Prof nicht damit gerechnet, dass so zeitig bereits welche abgegeben werden und wollte seinen Assistenten erst kurz vorher bescheid sagen“, überlegte Lea. „Kann schon sein.“ Das Licht wurde gedimmt und der Vorhang aufgezogen, die ersten Werbefilme und Trailer für demnächst anlaufende Filme flimmerten über die Leinwand. Nach der Werbung für Eis ging das Licht erneut an und ein Mitarbeiter des Kinos trat mit einer kleinen Eisbox in den Saal, um noch die ein oder andere Leckerei an den Mann zu bringen. Als er wieder gegangen war, ging das Licht aus und die Leinwand wurde wieder angestrahlt – der Hauptfilm begann.   „Hast du Lust, noch etwas trinken zu gehen?“ „Ich denke schon“, antwortete Lea und lächelte Matthias an. Er griff nach ihrer Hand und sie schlenderten die Straße entlang. Obwohl es Freitag war, war nicht viel los. Ab und zu fuhren Autos vorbei oder Radfahrer, auf der anderen Straßenseite liefen ebenfalls einige Fußgänger. Lea und Matthias standen an der Ampel und warteten, bis es grün wurde, als zwei Autos ineinander fuhren. Es ging alles ganz schnell, innerhalb von Sekunden. Der Rechtsabbieger hatte einen grünen Pfeil und gedacht, dass er es noch vor dem heranfahrenden Auto schaffte. Es konnte nicht mehr gebremst oder ausgewichen werden. Es knallte laut und scheppernd fielen Metall- und Kunststoffteile zu Boden. „Oh mein Gott!“ Matthias überquerte die Straße und rannte zu den Autos. Der Fahrer des einen Wagens stieg bereits aus. „Geht es Ihnen gut?“, fragte Matthias und sah zu dem anderen Wagen herüber. „Ja, bin nur etwas durchgeschüttelt.“ Sie liefen gemeinsam zu dem zweiten Auto und versuchten die Fahrertür zu öffnen. Der Fahrer lag bewusstlos über dem Lenkrad. „Die Tür hat sich verzogen. Ich versuche es an der Beifahrertür. Rufen Sie einen Notarzt!“ Der Mann holte sein Handy aus dem Handschuhfach und wählte den Notruf. Matthias hatte sich inzwischen den Fahrer des anderen Wagens angesehen, er hatte einen normalen Puls, war aber bewusstlos. „Der Notarzt wird gleich hier sein“, sagte der Mann und sah durch die Beifahrertür zu Matthias. „Lea.“ Matthias sah sich nach ihr um und sah, dass sie noch immer an der Ampel war. „Bleiben Sie bitte bei ihm. Ich geh kurz zu meiner Freundin rüber.“ Mit schnellen Schritten lief er zu Lea, die zusammengesunken am Boden saß, das Gesicht hinter den Händen versteckt, schluchzend. „Lea? Was ist los?“ Er nahm sie in den Arm. „Sie sind tot“, schluchzte sie. „Den beiden Fahrern geht es soweit gut, der Notarzt ist aber gleich hier.“ „Sie sind tot. Ich will nicht, dass sie tot sind.“ „Lea. Wer ist tot?“ Sie lehnte sich an ihn, immer mehr Tränen liefen über ihre Wangen. „Lea, wer ist tot?“ „Meine Eltern…“ Matthias drückte sie fest an sich, streichelte sanft über ihren Kopf. Von weitem hörte man die Sirenen des Krankenwagens. Zeitgleich mit dem Notarzt kam die Polizei an. „Lea, komm, setz dich dort rüber auf die Bank. Ich werde der Polizei kurz schildern, was passiert ist. Aber ich bin gleich wieder da“, sagte Matthias. Er brachte Lea zu der Bank und lief dann zu den Beamten, die sich mit dem unversehrten Fahrer unterhielten. Er sprach für einige Minuten mit ihnen und kam dann zurück zu Lea. „Komm mit, Kleine, ich bring dich nach Hause.“ Er half ihr auf und sie entfernten sich vom Unfallort. Matthias hielt ihre Hand, immer wieder blieben sie stehen und er nahm sie in den Arm, um sie in ihren wiederkehrenden Tränenausbrüchen zu beruhigen. Nach etwa einer halben Stunde standen die beiden vor der Haustür. „Kommst du mit rein?“ „Wenn du das möchtest.“ Lea nickte. Sie kramte ihren Schlüssel aus der Handtasche hervor und wollte aufschließen, doch der Schlüssel fiel ihr aus der Hand. Matthias hob ihn auf und öffnete die Tür damit. Sie traten in den Flur, ohne das Licht einzuschalten. Leas Tante und Onkel waren bereits schlafen gegangen, Anne übernachtete bei Daniel, das Haus lag im Dunkeln. Zwei Minuten später standen die beiden in Leas Zimmer. Sie zog ihre Strickjacke aus und legte sich auf das Bett. Matthias war sich unsicher, ob er sich zu ihr legen sollte, doch dann tat er es einfach. „Möchtest du darüber reden?“ Sie lehnte ihren Kopf an seinen, brachte jedoch kein Wort heraus. Er streichelte sanft ihre Wange, strich damit die Tränen weg. Langsam beruhigte sie sich, sie fühlte sich geborgen in seiner Nähe.     Als Lea am Morgen aufwachte, schien das helle Sonnenlicht bereits durch die Spalten ihrer halbgeschlossenen Jalousien. Der Platz im Bett neben ihr war leer. „Matze?“, fragte sie in das Zimmer und setzte sich auf. Doch er war nicht da, stattdessen entdeckte sie auf dem Nachttisch einen Zettel.     Es tut mir leid, dass du ohne mich aufwachen musst, aber ich hielt es für besser zu gehen. Ich rufe dich nachher an.                              Matze     Lea las den Zettel und legte ihn zurück auf den Nachttisch. Seufzend ließ sie sich in ihr Kissen sinken und dachte an den letzten Abend. So war er ganz sicher nicht geplant gewesen. Wie hatte sie nur so die Fassung verlieren können? Nach einem Blick auf die Uhr stellte sie fest, dass es Zeit zum Aufstehen wurde. Ihre Tante und ihr Onkel hatten bestimmt schon gefrühstückt. Wann Matthias wohl gegangen war? Sie hatte tief und fest geschlafen. Zwar wusste sie nicht, wie er es geschafft hatte, aber sie hatte sich in seiner Gegenwart besser gefühlt. Er gab ihr ein Gefühl von Sicherheit.   Nach dem Frühstück kam Anne nach Hause und Lea setzte sich mit ihr zusammen, um die Mathematikaufgabe zu besprechen. Gegen elf Uhr klingelte ihr Handy. „Entschuldige, ich muss da kurz rangehen“, sagte Lea und verließ die Küche. „Hey.“ „Hey Lea. Alles okay bei dir?“ „Ja. Ich… es tut mir leid. Ich weiß nicht, wie ich so die Fassung verlieren konnte.“ „Du brauchst dich doch nicht zu entschuldigen. Ich kann das verstehen. Du wurdest durch den Unfall an den Tod deiner Eltern erinnert.“ „Danke, dass du für mich da warst.“ „Das war doch selbstverständlich. … Ich wusste nicht, wie deine Verwandten zu fremden Übernachtungsgästen stehen, nur deshalb bin ich gegangen.“ „Ich glaube nicht, dass sie etwas dagegen gehabt hätten, Annes Freund übernachtet hier auch. Aber ich weiß, was du meinst.“ „Anderes Thema: Leonie hat vorgeschlagen, dass wir heute ins Freibad gehen. Hast du Lust mitzukommen?“ „Ich weiß nicht. Ich mach mit Anne Mathe und sie meinte grad, dass Oliver zum Mittag vorbeikommt und seine Aufgaben mitbringt.“ „Ach komm, Mathe kann man jeden Tag machen. Heute ist so schönes Wetter, das müssen wir doch nutzen“, erwiderte Matthias. Lea seufzte. „Na gut.“ „Super. Wir treffen uns um halb zwei am Eingang des Freibads.“ „Gut. Bis dann.“ „Bis dann.“ Kapitel 7: Tränen ----------------- Anne, Lea und Oliver hatten gemeinsam Mittag gekocht und dann an den Mathematikaufgaben gearbeitet. Zwar saßen sie in unterschiedlichen Vorlesungen, doch die Aufgaben waren ähnlich und in der Gruppe war es leichter, Probleme zu lösen. „So, gibt es noch irgendeine dringende Frage?“, wollte Lea wissen. „Ich würde mich jetzt sonst nämlich auf den Weg machen.“ „Wo willst du denn hin?“, fragte Anne. „Ins Freibad mit Matze und seinen Freunden.“ „Lea, bleib doch hier“, sagte Oliver. „Fängst du schon wieder damit an? Ich habe dir gesagt, du sollst mich damit in Ruhe lassen. Ich mag ihn und damit basta!“, erwiderte Lea. Sie raffte ihre Übungszettel zusammen und verließ die Küche. Einige Minuten später lief sie mit einem Rucksack auf dem Rücken an der Küchentür vorbei. Sie sah zwar kurz zu Oliver und Anne herüber, sagte aber nichts, sondern lief ohne ein Wort weiter. „Was hast du eigentlich gegen Matthias? Ich bin froh, dass Lea ihn gefunden hat. Er holt sie wieder zurück ins Leben. Lea hat wieder Spaß, geht weg, sie lacht endlich wieder“, sagte Anne. „Matze hat mir gesagt, dass er nur mit Lea ausgeht, um mir eins auszuwischen. Er will, dass sie sich in ihn verliebt und dann serviert er sie ab!“ „Ach komm, das kann doch nicht dein Ernst sein“, erwiderte Anne. „Wir haben uns letztens getroffen und ich habe ihn gefragt, was er von Lea will. Da hat er es mir erzählt.“ „Aber warum sollte er es dir sagen?“ „Damit ich versuche, Lea von ihm fernzuhalten. Ich mache mich damit aber nur lächerlich. Nicht einmal du glaubst mir!“ „Mhm. … Vielleicht ist genau das sein Ziel“, überlegte Anne. „Du willst sie davon abhalten, mit ihm auszugehen und treibst sie damit nur noch mehr in seine Arme.“ „Sag ich ja!“ „Wenn es stimmt, dann wäre es echt hart. Wenn er Lea ohne Grund abservieren sollte, dann wird sie sicher wieder total aus der Bahn geworfen und findet nicht mehr ins Leben zurück.“     „Da bist du ja.“ „Bin ich etwa zu spät?“, fragte Lea. „Nein, aber am Telefon hat es sich so angehört, als ob du dir nicht sicher wärst, ob du mitkommst.“ Matthias umarmte sie zur Begrüßung. „Ich freu mich, dass du hier bist.“ „Ich freu mich auch.“ Bereits zwei Minuten später trafen Leonie und Max am Treffpunkt ein. Sie gingen zum Eingang und betraten dann das Freibadgelände. Es gab eine Poollandschaft mit Schwimmerbecken und Kinderpool, eine Liegewiese schloss sich an, die in den Sandstrand überging. Am Strand fand man ein Volleyballfeld. „Wollen wir uns an den Strand legen?“ „Ich bin dafür!“, sagte Leonie sofort und lief voraus. Nun mussten die anderen folgen, egal ob sie wollten oder nicht. Der Strand war noch ziemlich leer. Die Familien, die im Freibad waren, hatten sich auf der Liegewiese in der Nähe des Kinderbeckens niedergelassen. Die Vier breiteten ihre Decken aus und stellten die Taschen ab. „Ich dachte, wir sind zum Baden hier?“, fragte Max, als Leonie sich hinlegte. „Geht ruhig. Ich sonne mich erst einmal etwas.“ Max und Matthias sahen sich verschwörerisch an und im nächsten Moment hatten sie Leonie gepackt und schleppten sie zum See herunter. „Nein! Lasst mich los! Matze!“ Doch alles Schreien half nichts, sie landete nach mehrmaligem Schwungholen laut kreischend im See. Lea war hinter den Jungs hergelaufen, wusste nicht so recht, ob sie die Aktion lustig finden sollte oder nicht. Max und Matthias hatten sich direkt mit Leonie in die Fluten geworfen, doch Lea stand nur bis zu den Knien im Wasser. „Na los, komm rein! Das Wasser ist herrlich“, sagte Matthias und warf eine Hand voll Wasser in ihre Richtung. Langsam lief Lea weiter in den See hinein, während Max und Leonie bereits weiter hinaus schwammen. Matthias stand auf und ging auf Lea zu. „Bitte mach mich nicht nass, ich will mich ganz langsam daran gewöhnen“, sagte Lea und sah ihn bittend an. „Ich würde dir doch nie etwas Böses tun“, sagte er und stand auf einmal vor ihr. Er nahm ihre Hände in seine und ganz langsam ging er rückwärts. Sie ließ sich von ihm führen und sah ihn dabei die ganze Zeit an. Seine blauen Augen strahlten förmlich, während sie sie ansahen. Als Matthias das Wasser bis zum Bauchnabel reichte, ließ er sich nach hinten fallen und beide versanken im See. Lea spürte die Wärme seines Körpers, als er sie an sich zog und versuchte, wieder auf die Füße zu kommen. Es kam ihr vor wie eine Ewigkeit, die sie eng aneinander geschmiegt waren. Er tauchte aus dem Wasser auf und zog sie ebenfalls hinauf. Mit dem Grinsen, das er fast immer auf den Lippen hatte, sah er sie an und strich ihr die nassen Haare aus dem Gesicht. „Matze!“ „Bin schon unterwegs!“, rief er zurück. Matthias schloss für einen Moment die Augen und atmete tief ein. „Dann muss ich wohl zum Wettschwimmen. Das haben wir vorhin ausgemacht“, erklärte er Lea und schwamm dann in die Richtung seiner Freunde. Lea sah ihm erst kurz hinterher und folgte ihm dann. Eine halbe Stunde blieben sie noch im Wasser, schwammen um die Wette, planschten, tauchten. Dann wateten sie langsam zurück an den Strand. Lea griff nach ihrem Handtuch und warf es um ihren Körper. Matthias legte sich ein Handtuch um die Schultern, griff nach der Wasserflasche in seinem Rucksack. „Und wehe ihr stört mich bei meinem Sonnenbad!“, drohte Leonie den Jungs an. Die sahen sich mit einem vielsagenden Blick an, setzten sich ihrerseits aber ebenfalls auf die Decken. „Und was machen wir jetzt, wenn wir Leo nicht ärgern dürfen?“, überlegte Max. „Wie wäre es denn mit Rommé? Ich habe Karten dabei.“ Lea zog einen Stapel Karten aus einem kleinen Fach ihres Rucksacks und hielt ihn in die Luft. „Da bin ich dabei.“ Die Drei setzten sich in eine Art Kreis und Lea begann die Karten auszuteilen. Leonie blieb auf ihrem Handtuch liegen, mit Kopfhörern in den Ohren der Musik ihres mp3-Players lauschend.   Nach fast einer Stunde Spielen gaben Lea und Matthias sich geschlagen, Max hatte fast jedes Spiel gewonnen. „Ich bin für eine weitere Runde schwimmen.“ „Dieses Mal im Pool? Ich hätte Lust auf die Rutsche.“ „Na dann.“ „Wollen wir Leonie fragen, ob sie mitkommt?“, fragte Lea, als die beiden bereits aufgestanden waren. „Wir dürfen sie doch nicht stören.“ „Wenn ihr meint…“ „Na komm“, sagte Matthias und griff nach ihrer Hand. Mit schnellen Schritten liefen sie zu den Schwimmbecken hinüber und sprangen mit Anlauf hinein, während sich Max in die Schlange vor der Rutsche einreihte.   „Die beiden kommen sich langsam näher, was?“, meinte Max, als er und Leonie am späten Nachmittag am Kiosk etwas zu essen holten. „Ja, leider. Ich finde es total ätzend von Matze, dass er ihr weh tun will. Lea ist so nett und ihr wollt ihr so etwas antun.“ „Sie wird es schon verkraften. Und wäre sie nicht mit Oliver befreundet, dann wäre sie davon gekommen.“ „Du bist ein Idiot!“ Sie bestellten ihr Essen und warteten an einem der kleinen Tische, während es zubereitet wurde. „Ich werde es ihr sagen, wenn ihr es nicht tut.“ „Leo, jetzt sei doch kein Spaßverderber!“ „Unter Spaß verstehe ich aber etwas anderes. Wenn sie es bis zum nächsten Wochenende nicht weiß, werde ich es ihr sagen.“ „Vier Mal Pommes!“, rief der Kioskbesitzer und die beiden holten die Bestellung ab. Während sie es sich auf den Decken am Strand schmecken ließen, zogen dunkle Wolken am Horizont auf. „Wir sollten nach dem Essen aufbrechen, bevor es zu regnen anfängt“, meinte Leonie und schob die letzten Pommes in den Mund. Lea brachte den Müll weg, bevor sie wie die anderen ihr Handtuch zusammenlegte und ihre Kleidung überzog. Zusammen machten sie sich auf den Weg zum Ausgang. „Ich werde Lea noch nach Hause bringen“, sagte Matthias. „Okay. Wir sehen uns ja…“ „Bis dann.“ Max und Leonie liefen zur Bushaltestelle, Matthias und Lea in die entgegengesetzte Richtung. „Es wäre doch nicht nötig gewesen, dass du mich begleitest“, sagte Lea. „Doch, das war nötig. Ich kann dich doch nicht alleine laufen lassen.“ „Aber herkommen durfte ich allein, ja?“ „Stimmt auch wieder…“ Der Himmel wurde immer dunkler und als sie die Hälfte des Weges hinter sich hatten, öffneten sich die Schleusen. Ein heftiger Regenschauer rauschte auf sie hernieder. Die beiden begannen zu rennen. Auf der Straße bildeten sich bereits Pfützen. „Komm, wir stellen uns unter!“, meinte Matthias, als sie an einer Bushaltestelle vorbei kamen. „So einen Schauer habe ich, glaub ich, noch nie erlebt“, sagte Lea und wischte sich das Wasser von der Stirn. „Es gibt immer ein erstes Mal.“ Er grinste. Lea sah ihn an, sah sein nasses Haar, das an seiner Stirn zu kleben schien, sah seine hellen Augen, die zu strahlen schienen, und lächelte sanft. Matthias trat auf sie zu, schlang seine Arme um sie und Lea wünschte sich nichts mehr, als einfach nur von ihm gehalten zu werden. „Hey“, sagte er liebevoll und wollte sie küssen. Doch Lea wandte sich ab. „Es tut mir leid“, sie stockte, „aber ich kann das noch nicht.“ Sie wünschte sich, von ihm gehalten und geküsst zu werden, jedoch war die Angst, ihn zu verlieren, größer. Tränen traten ihr in die Augen. „Lea, du brauchst doch nicht weinen, nicht deshalb. Es ist doch alles in Ordnung.“ Er sah sie mit einem verständnisvollen Blick an. „Was meinst du, vergessen wir das Ganze?“ Er lächelte. „Sieht nicht so aus, als ob es bald aufhören würde zu regnen. Und da wir eh schon klitschnass sind, schlage ich vor, wir gehen einfach weiter. Ja?“ „Ja“, antwortete Lea. Von einer Sekunde auf die andere hatte er die Situation gewandelt. Sie zogen ihre Schuhe aus und liefen durch die vielen Pfützen, die ihren Weg säumten. Das Wasser spritzte in alle Richtungen und sie kamen sich so vor, als wären sie wieder Kinder. Ganz unbeschwert und voller Lebensfreude. Eine Viertelstunde später traten sie durch die Gartenpforte. „Lea, mein Gott, ihr seid ja ganz nass!“ Ihre Tante hatte die beiden vom Küchenfenster aus gesehen und war zur Tür gegangen. „Kommt bloß schnell rein!“ „Wir waren gerade auf dem Heimweg, als der Regen uns überraschte“, meinte Lea. Als sie bemerkte, dass ihre Tante Matthias ansah, stellte sie ihn ihr vor. „Tante Andrea, das ist Matthias.“ Er reichte ihr die Hand. „Sehr angenehm.“ „Jetzt aber Schluss mit dem Smalltalk. Ihr müsst sofort raus aus den nassen Klamotten. Ich werde dir Sachen von meinem Mann bringen, hier unten ist das Gästebad. Da kannst du duschen. Ich werde sofort ein Handtuch für dich holen.“ Sie verschwand hinter der Tür. „Das ist meine Tante, die Sorge in Person.“ „Ist doch nett so bemuttert zu werden und eine heiße Dusche ist jetzt genau das Richtige“, antwortete Matthias. Als Lea nach dem Duschen zurück ins Erdgeschoss kam, saß Matthias in der Küche und war dabei, eine Gurke zu raspeln. „Hat sie dich zum Arbeiten verpflichtet?“ „Ich habe meine Hilfe angeboten, nachdem ich zum Abendessen eingeladen wurde“, erwiderte Matthias, der in der Kleidung von Leas Onkel ziemlich verloren aussah. „Na dann… Was soll ich machen?“ Ohne sich von ihrer Arbeit abzuwenden, teilte die Tante ihr Aufgaben zu. Als der Tisch gedeckt und alles vorbereitet war, kam Anne in die Küche. „Ich wollte gerade fragen kommen, wann es Essen gibt. Aber das hat sich ja bereits erledigt“, meinte sie und grinste. „Hab gar nicht mitbekommen, dass du wieder da bist. Wie war’s im Freibad?“ „Lustig. Wir waren schwimmen, rutschen…“ „Haben Volleyball und Karten gespielt“, ergänzte Matthias. „Dann bist du also Matze.“ „Jap.“   Nach dem Abendessen verabschiedete Matthias sich. Lea hatte ihm angeboten, ihn mit dem Auto nach Hause zu bringen, doch er hatte abgelehnt. Er wollte lieber laufen, jetzt wo der Regen vorbei war. „Es war ein schöner Tag“, sagte er, als die beiden allein an der Haustür standen. „Ja, das fand ich auch.“ „Na dann, hab noch einen schönen Abend.“ „Du auch.“ „Bis dann“, damit machte er sich auf den Weg zum Gartentor. Keine Umarmung, kein Händeschütteln, nichts. Sie hob kurz die Hand zum Gruß, sagte fast nicht hörbar „Auf Wiedersehen!“. Als Matthias außer Sichtweite war, schloss Lea die Tür und blieb noch einen Moment im dunklen Flur stehen. Sie hatte es vermasselt, er würde sie nie wiedersehen wollen. Welches andere Mädchen würde ihn zurückweisen? Keins. „Das ist nicht nötig, ich werde laufen.“ Er war doch nur aus Höflichkeit noch zum Essen geblieben. Energisch wischte Lea sich die Tränen weg, die sich in ihren Augen zu sammeln begannen, und ging wieder in die Küche, um beim Abräumen zu helfen. Vielleicht war es ja besser so, dachte sie und trotzdem weinte sie sich am Abend in den Schlaf. Kapitel 8: Eingeständnis ------------------------ Matthias lag auf seinem Bett. Im Zimmer war es dunkel, nur das Laternenlicht fiel durch das Fenster. Nach einer Weile zog er sein Handy aus der Hosentasche, suchte im Telefonbuch nach einer Nummer und wählte diese. „Hallo.“ „Hi Leo. Tut mir leid, dass ich so spät noch störe.“ „Was ist denn los? Ist was passiert? „Nein, es ist nichts passiert… oder vielleicht doch“, meinte er nachdenklich. „Rück schon raus mit der Sprache!“ „Ich glaube, ich bin dabei mich in Lea zu verlieben.“ Am anderen Ende der Leitung herrschte Schweigen. „Leo, bist du noch dran?“ „Ja, ich… ich bin nur etwas sprachlos. Versteh mich nicht falsch, ich finde das toll, es ist nur so… so überraschend, das aus deinem Mund zu hören.“ „Ich weiß, aber… ich fühle mich ihr so nah wie noch niemanden zuvor. Ich möchte sie küssen, sie umarmen und am liebsten nicht mehr loslassen.“ Seine Stimme war erfüllt von Glücksgefühl. „Und was hindert dich daran?“ „Lea selbst.“ „Das verstehe ich nicht. Ich hatte heute das Gefühl, dass sie dich sehr mag und war noch sauer darüber, weil du mit Max ja diesen blöden Plan verfolgtest“, meinte Leonie. „Ich glaube auch, dass sie mich mag, aber ich denke, sie hat Angst.“ „Wovor denn?“ „Sie hat Angst davor, sich emotional an jemanden zu binden, weil sie diese Person verlieren könnte.“ „Wie kommst du darauf?“ Ihre Stimme klang verständnislos. „Weil es mir genauso geht“, antwortete Matthias und dachte an die vielen Kurzzeitbeziehungen, der er hinter sich hatte. „Erzähl es bitte nicht weiter, aber Lea hat vor einigen Monaten ihre Eltern bei einem Autounfall verloren.“ Matthias berichtete Leonie von dem Vorfall nach dem Kinobesuch. „Wie soll ich damit umgehen?“ „Mhm. … Zeig ihr, dass du ihr vertraust und dass sie dir vertrauen kann. Erzähl ihr von deinen Eltern.“ „Du hast wahrscheinlich recht. Dann wird sie wissen, dass ich sie verstehen kann. … Danke Leo.“ „Kein Problem, dafür sind Freunde doch da“, erwiderte sie. „Trotzdem.“ Sie verabschiedeten sich und Matthias legte auf. Er ließ den Arm neben seinen Körper sinken und seufzte. Die Schatten an seiner Zimmerwand veränderten sich immerzu, es war Wind aufgekommen. Er dachte an Lea, an die Verabredungen mit ihr und genoss noch einmal jeden Moment, den er mit ihr erlebt hatte. Er dachte auch über die Vergangenheit nach, über seine Eltern, über die vielen Mädchen, die er im Arm gehalten hatte, mit denen er geschlafen hatte und die ihm nichts bedeutet hatten. Und er dachte an die Zukunft, er malte sie in den schönsten Farben und wünschte sich, dass sie real werden würde. Als die Uhr anzeigte, dass es halb zwei war, griff Matthias erneut nach seinem Handy und tippte eine SMS. Kurzmitteilung gesendet zeigte der Bildschirm an, woraufhin er das Mobiltelefon auf den Nachtschrank legte. Er zog sich bis auf die Unterwäsche aus und legte sich dann schlafen. Ein Lächeln lag auf seinen Lippen.     Die Nacht wurde langsam vom neuen Tag verdrängt, als Lea aufwachte. Sie lag eine Weile wach, konnte allerdings nicht mehr einschlafen, weshalb sie aufstand, um ins Bad zu gehen. Sie fühlte sich schrecklich und so sah auch ihr Spiegelbild aus. Nachdem sie sich die Haare zusammengebunden hatte, warf sie sich kaltes Wasser ins Gesicht und fühlte sich danach etwas besser. Zehn Minuten später hatte Lea das Bett gemacht und sich ihr Sportzeug übergezogen. Leise ging sie ins Erdgeschoss und verließ das Haus. Die Morgenluft war kühl. Sie lief zur Uferpromenade herunter und begann zu laufen. Die kalte Luft schmerzte in ihrer Lunge, aber mit jedem Schritt, den sie tat, fühlte sie sich freier. Der körperliche Schmerz übertönte den Schmerz, den sie empfand, weil sie Matthias verloren hatte. Auf dem Rückweg holte sie beim Bäcker um die Ecke frische Brötchen und deckte nach dem Duschen den Frühstückstisch auf der Terrasse. Inzwischen war die Sonne weiter den Himmel hinaufgeklettert und überflutete die Terrasse mit ihrem hellen Licht. „Guten Morgen, Lea.“ „Morgen, Tante Andrea.“ „Das ist ja lieb von dir, dass du Frühstück gemacht hast.“ „Gern.“ Die Familie frühstückte gemeinsam, tauschte sich über die Pläne für den Tag aus. Anne wollte zu Daniel, ihre Eltern hatten sich mit einem befreundeten Paar zu einer Wanderung verabredet. Lea sagte etwas von Aufgaben für die Uni, doch stattdessen verkroch sie sich in ihrem Zimmer, als alle weg waren. Sie ließ die Jalousie hinunter, dunkelte den Raum damit komplett ab. Sie wollte die Freude, die die Sonnenstrahlen mitbrachten, nicht an sich heranlassen. Viele Gedanken gingen durch ihren Kopf, am Ende kam sie zu dem Schluss, dass es irgendwie weitergehen musste. Es war ein kurzes Intermezzo, ganz schön, aber nun ist es vorbei. Warum hinterher trauern? Mit Anne und ihren Freunden konnte sie sicher auch Spaß haben. Aber es würde nicht dasselbe sein.     „Kannst du mir mal die Nummern von den Jungs geben? Ich finde es irgendwie doof, dass ich gar keine Möglichkeit habe, sie zu erreichen“, sagte Lea. Anne und sie saßen am Abend im Wohnzimmer und sahen fern. „Klar, ich denke nicht, dass sie etwas dagegen haben.“ „Danke, ich werde schnell mein Handy holen.“ Sie stand auf und lief in die erste Etage. In ihrem Zimmer sah sie sich nach ihrem Handy um, doch es lag weder auf dem Schreibtisch noch auf dem Nachtschrank. Lea überlegte, wann sie es das letzte Mal gesehen hatte und nach einer Weile fiel ihr ein, dass es noch in der Tasche sein musste, die sie im Freibad dabei hatte. Sie nahm die Tasche aus dem Schrank, öffnete die kleine Seitentasche und wurde fündig. 1 neue Kurzmitteilung zeigte das Display an. Lea öffnete die SMS und las. Ich hätte dich heute gern geküsst, aber ich kann warten und ich werde so lange warten, bis du bereit dafür bist. Ich glaube, du bist das richtige Mädchen für mich. Ich hab dich lieb. Matze Ungläubig las sie die Nachricht erneut, dann noch ein drittes und viertes Mal. Ein Lächeln zeigte sich auf ihren Lippen, Tränen traten in ihre Augen. Ich glaube, du bist das richtige Mädchen für mich. Sie konnte es nicht fassen. Dabei hatte sie doch gedacht, sie hätte ihn verloren. „Lea?“, rief Anne fragend in den ersten Stock. „Komme schon!“, antwortete sie, wischte sich über die Augen und ging zurück ins Wohnzimmer.   „Kann ich dich mal was fragen?“, wollte Lea wissen, als der Film für eine Werbepause unterbrochen wurde. „Na klar.“ „Also, na ja, es ist etwas kompliziert. Du weißt ja, dass ich mich in letzter Zeit mit Matze treffe.“ „Ja.“ „Als wir gestern vom Freibad zurückkamen, da… da wollte er mich küssen.“ „Aber?“, fragte Anne. „Ich wollte es nicht, na ja, eigentlich wollte ich es schon, aber ich hatte Angst.“ „Wovor denn?“ „Wie kann ich mit ihm zusammen sein, wenn ich ständig Angst habe, dass ich ihn verlieren könnte?“ „Aber so ist das nun mal in der Liebe, man kann sich nie sicher sein. Man öffnet sich einer Person und gleichzeitig kann diese Person dir am meisten wehtun.“ „Ich dachte, ich hätte ihn vergrault, weil… na ja bisher noch überhaupt nichts gelaufen ist, aber er hat mir diese wunderbare SMS geschrieben.“ Lea zeigte ihrer Cousine die Nachricht. „Wie soll ich jetzt darauf reagieren? Soll ich ihm etwas antworten? Wir sind morgen zum Mittag verabredet und ich habe keine Ahnung, wie ich mich verhalten soll.“ „Schreib ihm nicht – auf so eine Nachricht gibt es keine passende Antwort. Es würde alles nur kitschig klingen. Und was das Mittagessen angeht, du gehst hin und bist so wie immer. Sprich ihn nicht auf die Nachricht an. Mach so weiter wie bisher und wenn du soweit bist, dich auf ihn einzulassen, dann wird er es merken.“ „Okay, klingt eigentlich ganz gut. Danke.“ „Und du bist dir auch sicher, dass er es ernst mit dir meint?“ „Ja, warum auch nicht?“ „Vielleicht ist ja doch etwas an dem dran, was Oliver erzählt.“ „Fängst du jetzt auch damit an?“ „Nein, aber warum sollte sich Oliver so etwas ausdenken? Ich kenne ihn schon ewig und er hat noch nie gelogen“, erwiderte Anne. Lea ließ sich seufzend auf die Couch fallen. „Ich weiß es doch auch nicht.“ „Er sagt, er hätte Matze im Irish Pub getroffen. Matze hat ihm erzählt, dass er wusste, dass ihr zwei euch kennt und er nur mit dir zusammen sein will, um Oliver eins auszuwischen. Wenn du dich in ihn verliebt hättest, würde er dich abservieren.“ „Das klingt alles so unwahrscheinlich. Ich meine, es würde sich doch überhaupt nicht lohnen so viel Zeit da rein zu stecken, besonders da es mit mir nicht gerade einfach ist. Matze hat sich so liebevoll um mich gekümmert, als ich diesen Zusammenbruch hatte.“ „Was für einen Zusammenbruch?“, fragte Anne sofort besorgt. „Ach stimmt, du weißt ja gar nichts davon. … Als wir Freitag in der Stadt waren, haben wir einen Unfall beobachtet und ich bin irgendwie ausgetickt. Es hat mich zu sehr an meine… an meine Eltern erinnert, ich konnte nicht mehr aufhören zu weinen und er hat mich getröstet. Mir ging es besser in seiner Nähe. … Das hätte er doch nicht tun müssen, wenn es nur ein Spiel für ihn wäre, oder?“ „Mhm, wer weiß. Versprich mir bitte, dass du vorsichtig sein wirst.“ „Na klar“, ihre Stimme klang überzeugt, aber sie wusste, dass es bereits zu spät war. Dass sie ihn bereits jetzt in ihr Herz geschlossen hatte. Kapitel 9: Herzklopfen ---------------------- Der Doktorand beendete die Matheübung und Lea packte hastig ihre Sachen zusammen. Sie wollte so schnell wie möglich zur Mensa, sie wollte Matthias wiedersehen. Mein Herz schlägt verdammt schnell. Warum bin ich so aufgeregt? Wie soll ich mich nur verhalten? Ich kann nicht so sein wie immer. Mein Herz schlägt so schnell, das merkt er garantiert. Sie betrat die Cafeteria und sah sich um, doch Matthias war nicht zu sehen, weshalb sie sich an einen freien Vierertisch setzte. Es vergingen einige Minuten, die sie ungeduldig auf ihrem Stuhl herumrutschte, doch er tauchte nicht auf. Lea atmete einmal tief durch, um die Anspannung los zu werden und lehnte sich dann zu ihrem Rucksack hinunter, um die Wasserflasche herauszuholen. Als sie sich wieder aufsetzte, saß Matthias ihr plötzlich gegenüber. Sie zuckte zusammen. „Du kannst mich doch nicht so erschrecken!“ „Wie du siehst, kann ich es doch“, erwiderte Matthias und begann zu grinsen. „Geht es dir gut?“ „Ja... ja, mir geht es gut. Warum fragst du?“, wollte Lea wissen und ihre Wangen röteten sich. „Ich hatte ein bisschen Angst, dass du dich am Samstag erkältet haben könntest. Leo und Max sind nämlich auch in den Regen gekommen und beide haben sich dadurch erkältet.“ „Oh nein. Bestell ihnen gute Besserung von mir.“ „Mach ich“, sagte er und schmunzelte. „Wollen wir uns etwas zu essen holen?“ „Okay.“ Sie sah ihn an, senkte dann aber verlegen den Kopf und lächelte. Beide standen auf und liefen zu den Essensausgaben einen Raum weiter. „Ist alles in Ordnung mit dir?“, fragte Matthias. „Ähm ja, warum?“  „Du lächelst die ganze Zeit, schaust mich aber nicht direkt an. Was ist los?“ „Ich...“, sie seufzte, „danke für deine SMS.“ Matthias blieb stehen und griff nach ihrem Handgelenk. „Warte mal.“ Überrascht sah Lea ihn an, ein Glitzern lag in seinen Augen. „Ich habe das alles ernst gemeint. Glaubst du mir das?“ „Ja. Ja, ich glaube dir. Und es tut mir leid, dass ich so schwierig bin.“ „Dir braucht überhaupt nichts leid zu tun. Okay?“ „Okay.“ „Gut, dann lass uns jetzt essen gehen.“     Lea bereitete das Praktikum für die nächste Woche vor, als ihr Handy klingelte. Sie griff nach dem Telefon und lächelte, als sie Matthias‘ Nummer auf dem Display sah. „Hallo.“ „Hey Lea.“ „Na, was gibt’s?“ „Max schmeißt heute Abend eine Gartenparty und ich wollte fragen, ob du Lust hast, mit mir hinzugehen.“ „Gern.“ Lea sagte sofort zu, hatte sie es doch satt sich von Oliver anhören zu müssen, Matthias wäre nicht gut für sie, er wäre ein schlechter Mensch. Jedes Mal, wenn sie sich sahen, fing er damit an und für diesen Abend war bei Anne DVD gucken mit den Jungs geplant. „Das freut mich. Soll ich dich abholen?“ „Du kannst mir auch den Weg beschreiben“, meinte sie. „Okay, ich hole dich einfach ab. Um sieben bin ich bei dir.“ „Wie du meinst.“ „Gut, ich freue mich auf heute Abend.“ „Ich mich auch. Bis dann.“ „Tschüss.“     Matthias hatte das Auto vor dem Haus an der Straße geparkt und ging zur Gartenpforte, als er auf Oliver traf. „Was machst du denn hier?“, fragte er, die Aggressivität in seiner Stimme war nicht zu überhören. „Ich hole Lea zu einem Date ab“, erwiderte Matthias lässig und klingelte. Fast im selben Moment wurde die Tür geöffnet. „Ich hab dich schon erwartet“, sagte Lea mit freudiger Stimme, sie bemerkte Oliver zu spät. „Hey Lea.“ „Hallo Oliver“, sagte sie. „Anne ist in der Küche.“ „Okay.“ Er trat in den Flur, während sie mit Matthias zum Auto lief. Er sah ihnen hinterher, bevor er die Tür schloss und zu Anne in die Küche ging. „Hey Anne.“ „Oli, ich dachte, Lea wird abgeholt, deshalb bin ich nicht zur Tür.“ „Sie wurde auch abgeholt, ich war nur zufällig zur gleichen Zeit da.“ „Du klingst nicht sonderlich begeistert“, meinte Anne. „Ich bin ja auch auf Matze getroffen.“ „Falls es dich beruhigt, ich habe noch einmal mit Lea über die Sache gesprochen und sie meinte, sie ist vorsichtig. Ich meine, sie gehen ja bloß aus. Was soll da schon groß passieren?“ „Sie wird sich in ihn verlieben. Er hat irgendwas an sich, das die Mädchen in seinen Bann zieht. Sie kann ihm nicht entkommen.“ „Jetzt werde hier bloß nicht dramatisch.“     „Das ist ja ein schönes Haus“, sagte Lea bewundernd. Matthias hatte den Wagen in der Auffahrt geparkt und lief nun mit Lea an der Querseite des Hauses entlang zum hinteren Teil des Grundstückes. Auf der Terrasse stand ein langer Tisch, an den mehrere Stühle gereiht waren. Zum Garten hin war die Terrasse durch ein Holzgitter abgegrenzt, an dem Wein rankte und eine Lichterkette für die späteren Stunden angebracht worden war. „Hey Leo! Schön, dich zu sehen.“ Matthias umarmte seine beste Freundin und begrüßte die anderen Gäste. Lea tat es ihm nach und stellte sich dabei vor. Die Namen der vielen Fremden würde sie sich jedoch nicht so schnell merken können. Max stand am Grill und kümmerte sich um das Fleisch und die Bratwürste. Auch Grillkäse, Gemüsesticks und Folienkartoffeln waren im Angebot. „Wenn ich dich ablösen soll, sag bescheid“, bot Matthias an. „Passt schon, aber danke. … Wo die Getränke stehen, weißt du ja. Bedien dich ruhig und bring mir ein Bier mit.“ „Was möchtest du trinken, Lea?“ „Erst einmal nichts, danke.“ „Okay.“  Matthias lief zum anderen Ende der Terrasse, wo in einer großen Metallwanne jede Menge Getränkeflaschen in Eiswasser lagen. „Ihr habt hier wirklich ein kleines Paradies hinter eurem Haus.“ „Ich sitze auch gern auf der Terrasse, aber es ist doch etliches an Arbeit, die man hineinstecken muss.“ „Kümmerst du dich denn um den Garten?“ Max musste lachen. „Eigentlich nur, wenn ich zum Rasen mähen verdonnert werde, aber meine Eltern jammern immer über die viele Arbeit.“ „Hier, dein Bier“, Matthias reichte seinem Freund die Flasche und legte seinen Arm um Lea. „Danke.“ Max sah seinen Freund mit einem Schmunzeln an – der Plan wurde langsam Realität. „Woher kennst du eigentlich so viele Leute? Ich hätte Probleme, zehn für eine Party zusammen zu bekommen.“ „Na ja, einige kenne ich noch aus der Schule, andere aus der Uni und den dritten Teil vom Sport“, antwortete Max. „Aha. Welchen Sport machst du denn?“ „Ich spiele Fußball. Matze hat früher auch gespielt, aber dann wollte er sich auf die Uni konzentrieren“, den letzten Teil des Satzes setzte Max mit den Fingern angedeutet in Anführungsstriche. „Das ist nicht fair! Ich mache wirklich was für die Uni!“, empörte Matthias sich sofort. „Ja, genau. Deshalb bist du auch immer mit uns in der Stadt unterwegs.“ „Aber sieh es mal so: Hätte ich Fußball nicht aufgegeben, könnte ich dafür keine Zeit erübrigen.“ Kapitel 10: Wahrheit -------------------- „Wollen wir uns an den Strand setzen?“ „Gern.“ „Dann komm, holen wir uns eine Decke und setzen uns runter.“ Matthias nahm ihre Hand und lief zum Haus. Über die Terrassentür gelangten sie ins Wohnzimmer und dann in den Flur. „Dürfen wir hier so einfach rein?“ „Klar, ich wohne hier.“ „Ich dachte, Max wohnt hier.“ „Das stimmt ja auch.“ „Ich bin verwirrt.“ Aus einem Schrank im Flur nahm Matthias eine Decke und lief wieder zurück ins Wohnzimmer. „Ich erkläre es dir, wenn wir am Strand sind.“ Sie liefen durch den Garten, die Stufen hinab und traten in den Sand. Matthias breitete die Decke aus. Sie zogen die Schuhe aus und setzten sich. „Der Sand ist schön warm. Es fühlt sich gut an“, meinte Lea. „Ich mag das Gefühl auch.“ Er öffnete die Sektflasche, die er auf dem Weg zum Strand vom Tisch genommen hatte, und der Korken flog einige Meter durch die Luft. „Der erste Schluck gehört dir!“, sagte Matthias und reichte ihr die Flasche. „Sehr freundlich von dir.“ Sie nahm einen großen Schluck und gab ihm die Flasche dann zurück. Schweigend saßen sie eine Weile nebeneinander, beobachteten das Farbenspiel des Himmels. Lea hätte ihn gern gefragt, warum er bei Max lebte, jedoch wollte sie nicht zu neugierig wirken. Er würde es ihr erzählen, wenn er es wollte. „Warum warst du vorhin eigentlich so überrascht, als du Oliver gesehen hast?“ „Ich hatte einfach nicht mit ihm gerechnet. … Und um ehrlich zu sein, ich war überrascht, dass ihr nebeneinander standet und er dir nicht an die Gurgel gegangen ist.“ „Warum sollte er das tun?“, fragte Matthias, obwohl er die Antwort besser kannte als Lea. „Aus einem mir unbekannten Grund kann er dich nicht leiden und versucht mir ständig einzureden, dass du schlecht für mich bist.“ „Und bin ich schlecht für dich?“ „Bisher zumindest nicht“, antwortete sie und lachte. „Hast du eine Idee, warum Oliver das macht?“ „Ich habe echt keinen Plan. Er ist eigentlich ein netter Kerl und obwohl wir zu Beginn Schwierigkeiten miteinander hatten, kommen wir jetzt ganz gut miteinander klar. Ich dachte, wir könnten Freunde werden.“ „Hast du schon mal daran gedacht, dass er vielleicht mehr als ein Freund sein will?“ „Du meinst, er ist in mich verliebt?“ „Er glaubt vielleicht, wenn ich nicht wäre, hätte er eine Chance bei dir und will deshalb, dass du dich von mir fernhältst.“ „Glaubst du das echt? Ich kann mir das irgendwie nicht vorstellen…“ „Was? Dass jemand in dich verliebt ist?“ „Wie sind wir nochmal auf das Thema gekommen?“ „Ist es dir etwa peinlich, darüber zu sprechen, dass du einfach nur toll bist und sich jeder in dich verlieben würde?“ Sie atmete tief ein und hoffte, dass sich ihre Wangen nicht rot eingefärbt hatten. „Ja, das ist mir peinlich.“ „Na gut, dann Themenwechsel.“ Er reichte ihr die Sektflasche. „Worüber möchtest du reden?“ „Wie wäre es, wenn du mir etwas über dich erzählst? Ich meine, ich weiß, was du studierst, inzwischen auch wo du wohnst, dass du gern feiern gehst, total charmant und lustig bist, aber sonst… sonst weiß ich nicht besonders viel über dich.“ „Und du bist dir sicher, dass du mehr über mich wissen willst?“ „Nun, ich denke schon. Du kennst mein Geheimnis, ich möchte gern deins kennen.“ Sie winkelte ihre Beine an, lehnte sich darüber und blickte zu ihm auf. „Nun gut, … mein Vater ist bei einem Arbeitsunfall ums Leben gekommen, als ich 13 Jahre alt war. Meine Mutter erkrankte aus der Trauer heraus und verstarb daran kurze Zeit später. Ich bin also genauso eine Vollwaise wie du, nur eben schon etwas länger.“ „Warum hast du mir das nicht schon eher erzählt?“ „Ich weiß nicht. Nur meine engsten Freunde wissen es und vermutlich wollte ich erst herausfinden, ob ich dir vertrauen kann.“ „Das kann ich verstehen. Ich wollte auch nicht, dass die Leute davon wissen. Anne und ihre Familie sind die einzigen neben dir. Nicht einmal Annes Freunde wissen es und mit ihnen unternehme ich inzwischen öfter etwas“, meinte Lea und legte sich auf den Rücken. „Ich wollte es einfach nicht.“ „Weil keine anderen Verwandten in der Nähe wohnen und das Jugendamt mich nicht aus der gewohnten Umgebung und der Schule nehmen wollte, haben sie sich auf einen Kompromiss eingelassen. Ich durfte bei meinem besten Freund Max wohnen. Und das tue ich jetzt schon zehn Jahre lang.“ Er ließ sich zurückfallen und sah in den Himmel. Inzwischen war es Nacht geworden, doch der Himmel wurde von unendlich vielen Sternen erhellt. „Die Sterne sehen wunderschön aus.“ „Ich finde es faszinierend, welche Gefühle leblose Gesteinsbrocken in den Menschen hervorrufen“, meinte Lea. „Man, man, man, ich versuche hier romantisch zu sein und du machst die ganze Stimmung kaputt.“ „Entschuldige. – Die Sterne sehen wirklich wunderschön aus.“ Sie drehte ihren Kopf zur Seite und sah in sein lächelndes Gesicht. „Lachst du eigentlich immer?“ „Das liegt daran, dass du mich nur siehst, wenn du bei mir bist und wenn du bei mir bist, bin ich eben glücklich und muss lachen“, erklärte er ihr. Während er sprach, begann Leas Gesicht immer mehr zu strahlen und sie spürte, dass sich Tränen in ihren Augen bildeten. Sie richtete sich auf, um sie unauffällig wegzuwischen. „Hey.“ Matthias saß plötzlich neben ihr und sah sie mit seinem liebevollen Blick an. Sein Gesicht war ganz nah an ihrem, sie konnte seinen warmen Atem spüren. Und dann berührten seine Lippen die ihren.   „Du siehst müde aus.“ „Mhm.“ Leas Kopf ruhte auf seinem Oberkörper. „Soll ich dich in mein Bett bringen? Ich schlaf dann auf der Couch.“ „Ich muss nach Hause“, antwortete sie verschlafen. „Bleib doch einfach hier, du kannst ja nicht mal mehr die Augen aufmachen.“ „Mhm.“ „Na dann, komm her.“ Er half ihr beim Aufrichten und hob sie dann hoch. Sie schlang ihre Arme um seinen Hals und lehnte ihren Kopf an seine Schulter. Langsam lief Matthias durch den Sand, stieg die Stufen zum Garten hinauf und trug Lea an den wenigen verbliebenen Partygästen vorbei ins Haus. In seinem Zimmer legte er sie behutsam auf das Bett, zog ihr die Strickjacke aus und deckte sie zu. „Schlaf gut, Kleine.“ Matthias ging zur Tür und schloss sie leise hinter sich. Er holte die Schuhe, die Decke und die leere Flasche vom Strand und setzte sich zu den anderen auf die Terrasse. „War Lea betrunken?“ „Nein, einfach nur müde. Da habe ich sie kurzerhand ins Bett gebracht“, antwortete Matthias und als Max ihn mit einem vielsagenden Blick ansah, fügte er hinzu: „Und ich werde brav auf der Couch schlafen.“     „Wo bleibt denn Lea nur? Es ist bereits zwei Uhr.“ „Lass ihr doch den Spaß, sie hatte so viele schwere Monate. Und wenn du auf Party gehst, dann bist du auch nicht um Mitternacht zuhause“, meinte Anne. „Aber sie ist mit Matze unterwegs! Wer weiß, was er alles mit ihr anstellt.“ „Ich bitte dich. So wie du dich hier anstellst, könnte man fast denken, du bist in sie verliebt.“ Oliver schwieg, schließlich hatten sie genau ins Schwarze getroffen. „Du bist doch nicht wirklich…?“ „Und wenn schon!“ „Ganz ruhig. Du musst dich ja nicht gleich aufregen.“ „Warum hasst du Matthias eigentlich so?“, wollte Hannes wissen. Oliver richtete sich auf und sah seine Freunde an. „Vor ungefähr drei Jahren war er mit meiner Schwester zusammen. Sie hatte sich unsterblich in ihn verliebt, aber nach einem Monat machte er mit ihr Schluss. Ohne jeden Grund. Er hat sie so sehr verletzt, es hat zwei Jahre gedauert, bis sie wieder jemandem Vertrauen schenken konnte. … Ich habe mehrmals versucht, mit ihm darüber zu reden. Vergeblich. Wir sind im Streit auseinander.“ „Und du willst nicht, dass Lea das Gleiche passiert?“, fragte Daniel. „Richtig. Matze hat mir gesagt, dass er will, dass sie sich in ihn verliebt und dann serviert er sie ab. – Weißt du noch, als wir im Pub waren und die beiden mit seinen Freunden reinkamen?“ „Ja.“ „Ich bin ihm auf die Toilette gefolgt und wollte wissen, was er von Lea will. Er hat mich mit einem eiskalten Blick angesehen und es mir gesagt. Lea ist ihm egal, er will nur mich treffen.“ „Das ist ja unfassbar.“     „Wie läuft es denn mit Lea? Bist du schon weiter gekommen?“, wollte Max wissen, als die letzten Gäste gegangen waren und sie mit dem Aufräumen begonnen hatten. „Als wir unten am Strand saßen, haben wir uns geküsst.“ „Wurde ja auch mal Zeit. Ihr hattet schließlich schon etliche Dates.“ „Na ja, weißt du, Lea ist etwas ganz besonderes“, erwiderte Matthias. Ein Lächeln erschien auf seinen Lippen, von dem nur Leonie hätte ahnen können, was es bedeutete. „Sie hat in letzter Zeit viel durchgemacht, ich wollte sie nicht drängen.“ „Du wirst schon wissen, was zu tun ist. Und jetzt seid ihr ja auch einen Schritt weiter.“ Matthias brummte nur zustimmend und begann die leeren Flaschen einzusammeln. Eine Viertelstunde später sahen die Terrasse und der Garten einigermaßen ansehnlich aus und die beiden gingen ins Haus. „Schlaf gut.“ „Du auch. Bis morgen“, sagte Max und verschwand die Treppe hinauf. Matthias ging in das kleinere Badezimmer im Erdgeschoss und putzte sich die Zähne, bevor er noch einmal in sein Zimmer ging, um sich das zweite Kopfkissen von seinem Bett zu holen. Nur der schwache Schein der Straßenlaterne, der durch das Fenster in das Zimmer fiel, erhellte den Raum. Matthias‘ Augen hatten sich noch nicht an die Dunkelheit gewöhnt, weshalb er mit dem Fuß gegen seinen Schreibtischstuhl stieß und diesen damit krachend gegen den Schreibtisch schob. „Mist…“ „Matthias?“ „Lea, tut mir leid, ich wollte dich nicht wecken. Ich wollte mir nur kurz mein zweites Kissen holen.“ Lea hatte sich aufgesetzt, als er an das Bett herantrat. „Schlaf doch einfach hier“, sagte sie und zog ihn im gleichen Augenblick zu sich hinunter. Bevor er fragen konnte, ob sie das auch wirklich wollte, hatten sich ihre Lippen auf die seinen gelegt. Eng umschlungen schliefen sie einige Zeit später ein. Kapitel 11: Träume ------------------ Lea hatte gerade das Haus betreten, als ihre Tante auch schon im Flur stand und sie streng ansah. „Wo kommst du denn jetzt her?“ „Von meinem Freund“, antwortete sie mit leiser Stimme. „Ich habe mir Sorgen gemacht!“, setzte ihre Tante an, unterbrach sich dann aber selbst. „Wie von deinem Freund?“ „Ich habe bei Matthias übernachtet, wir sind jetzt zusammen.“ Nun konnte sie ihre Freude nicht mehr verbergen und strahlte über das ganze Gesicht. „Ist das wahr? Komm her und lass dich drücken!“ „Andrea, du zerdrückst mich noch.“ „Ich freue mich doch aber so für dich“, erwiderte die Tante. „Aber wenn du dich noch mehr freust, dann wird Matthias gar nichts mehr von mir haben.“ Andrea ließ ihre Nichte wieder los und sagte: „Na los, geh dich umziehen, es gibt gleich Mittagessen.“ Mit einem zufriedenen Lächeln sah sie ihr hinterher. Endlich hat sie ihr Leben wiedergefunden.   „Lea.“ „Wenn du mir auch eine Standpauke halten willst, das hat deine Mutter schon übernommen“, sagte sie und ging in ihr Zimmer, wohin Anne ihr folgte. „Du hast bei Matze übernachtet?“ „Ja. – Wie war denn dein Abend? Hattet ihr Spaß?“ „Schon. Bis Oliver von seiner Schwester erzählt hat.“ „Was ist denn mit seiner Schwester?“, fragte Lea, während sie aus dem Schrank Shirt und Hose nahm. „Sie war vor drei Jahren mit Matze zusammen und wurde nach wenigen Wochen ohne jeden Grund von ihm abserviert.“ „Sie war eben nicht die Richtige für ihn.“ „Und du bist jetzt die Richtige?“ „Ich denke schon, wir sind einfach auf einer Wellenlänge.“ „Und wenn nicht? Was machst du, wenn er mit dir Schluss macht?“ „Was soll das eigentlich? Wir sind gerade erst zusammen gekommen und du willst gleich wieder, dass wir uns trennen. Gönnst du mir mein Glück nicht? Du hast mir doch die ganze Zeit in den Ohren damit gelegen, dass ich wieder leben soll. Und nichts anderes tue ich!“     Am Freitag ging Lea wie gewohnt zum Eingang der Mensa und wartete auf Oliver. Als dieser nach zwanzig Minuten immer noch nicht am Treffpunkt erschienen war, wählte sie seine Handynummer. „Sag mal, wo bist du denn?“ „In der Bibliothek.“ „Und was ist mit unserer Verabredung?“ „Ich war mir nicht sicher, ob wir uns weiterhin treffen.“ „Na und ob! Schwing deinen Hintern jetzt hier rüber, ich warte in der Cafeteria auf dich“, sagte Lea und legte auf. Nicht ganz zehn Minuten später lief Oliver mit schnellen Schritten auf ihren Tisch zu. Lea saß mit verschränkten Armen auf der gepolsterten Bank und sah ihn böse an. „Es tut mir leid, ich dachte, dir liegt nichts mehr an den Treffen mit mir.“ „Ach Oliver. Es ist ja nicht so, dass ich dich nicht mag, ich kann es nur nicht leiden, dass du Matze die ganze Zeit so schlecht machst.“ „Aber…“ „Kein aber! Ich muss meine Erfahrungen schließlich selbst machen. … Können wir uns darauf einigen, dass wir dieses Thema aus unserem Unterhaltungsrepertoire streichen?“, fragte sie und sah ihn erwartungsvoll an. „Können wir.“ „Super, dann können wir uns auch endlich etwas zu essen holen, mein Magen knurrt nämlich schon.“ Lea stand auf, schob sich durch die Lücke zwischen ihrem Tisch und dem Nachbartisch und umarmte Oliver. „Ich würde dich ungern als Freund verlieren wollen.“ Wehmütig sah er ihr hinterher, bevor er ihr folgte. Er würde sich damit abfinden müssen, dass sie ihn nur als Freund, aber nie als Partner sehen würde. Aber solange er in ihrer Nähe sein durfte, war es erträglicher.     Die nächsten Wochen vergingen, alles ging seinen Lauf. Lea versuchte Matthias so oft wie möglich zu sehen. Wenn es nicht machbar war, telefonierten sie miteinander. An einem Freitag saßen Lea, Anne und Annes Eltern gemeinsam beim Kaffee trinken. Andrea hatte einen Kuchen gebacken. „Was habt ihr dieses Wochenende vor, Mädels?“ „Die Jungs und ich wollten morgen zum Bowling gehen. Ach Lea, willst du mitkommen?“ „Nein, tut mir leid. Ich übernachte dieses Wochenende bei Matze.“ „Schade.“ „ Am Sonntagabend bin ich wieder zurück“, meinte Lea an ihre Tante gewandt. „In Ordnung. Ich wünsche dir viel Spaß“, sagte Andrea und küsste ihre Nichte auf die Stirn. „Danke.“ Es ist so schön, dass sie endlich wieder glücklich ist.     „Kommst du mit Leo und mir ins Kino und dann auf einen Drink ins Orakel?“ „Nein, ich habe mich heute Abend mit Lea verabredet.“ „Mensch Matze, seit zwei Wochen bist du fast jeden Abend mit ihr zusammen oder telefonierst mit ihr. Was ist mit dir los?“ „Ich möchte einfach nur Zeit mit ihr verbringen.“ „Zeit mit ihr verbringen? Du möchtest Zeit mit ihr verbringen? Möchtest?“ „Hast du etwas dagegen?“, erwiderte Matthias. „Hast du schon mit ihr geschlafen?“ „Ich glaube nicht, dass dich das etwas angeht.“ „Das heißt also nicht. Sie ist sicher der Typ, der erst mit jemanden schläft, wenn sie etwas für ihn empfindet. Du hast es demnach noch nicht geschafft, dass sie sich in dich verliebt. ... Und ich dachte, du hast es drauf. Verbring doch Zeit mit ihr!“ Wütend verließ Max das Wohnzimmer und  dann das Haus. Von wegen bester Freund! Lässt er mich wegen einem Mädchen sitzen.     Lea und Matthias kochten am Abend gemeinsam und machten es sich auf der Couch vor dem Fernseher gemütlich. „Wo ist eigentlich Max?“ „Er ist mit Leo ins Kino gegangen. Er war ziemlich sauer, dass ich nicht mit wollte“, antwortete Matthias. „Du hättest mir doch absagen können.“ „Ich hätte dir absagen können? Niemals! ... Maximal hätte ich dich gefragt, ob du mitkommst. Aber nie und nimmer hätte ich dir abgesagt.“ „Okay“, sagte sie lächelnd und küsste ihn. Eine ganze Weile lagen sie schweigend nebeneinander, bis Lea ihm eine Frage stellte, die ihr durch den Kopf ging, die ihr Anne und Oliver eingeredet hatten. „Und du meinst es auch wirklich ernst mit mir?“ „Na klar.“ „Und du wirst mich in zwei Wochen nicht schon wieder satt haben?“ „Wie könnte ich? … Aber warum denkst du, dass es so sein könnte?“ „Na ja, jemand hat da ein paar Andeutungen gemacht, aber es ist egal. Solange du mir sagst, dass du es wirklich ernst meinst, ist alles gut.“ „Ich glaube, ich weiß, wo das herkommt. … Ich hatte viele Freundinnen, zu viele, wenn man es genau nimmt. Wahrscheinlich wollte ich über den Verlust meiner Eltern hinwegkommen, mir auf andere Art und Weise Liebe holen, aber die große Liebe war nie dabei. Es hat für ein paar Tage oder Wochen gereicht, doch dann fühlte ich mich wieder leer. Ich konnte mich ihnen nicht anvertrauen.“ Er hielt kurz inne, sah ihr tief in die Augen. „Wenn du so willst, hatte ich bisher noch keine einzige Beziehung, höchstens Affären, wobei das auch kein schönes Wort ist. Aber bei dir, bei dir bin ich mir sicher. Du bist die Richtige für mich, du hörst mir zu, du verstehst mich. Ich bin glücklich mit dir, so glücklich wie schon lange nicht mehr.“ Lea musste lächeln. „Ich bin auch glücklich mit dir.“ „Max und Leonie waren meine Familie, aber ich habe das Gefühl, dass ich sie jetzt nicht mehr brauche. Wenn du bei mir bist, dann ist alles gut. Wir haben uns und das ist alles, was ich brauche.“ „Sag so etwas nicht, Freunde sind wichtig und gerade die beiden. Sie würden durchs Feuer gehen für dich“, warf Lea ein und war verwirrt, als Matthias begann zu grinsen. „Was denn jetzt?“ „Das mit dem Feuer hat mich nur eben an etwas erinnert – sie sind nämlich wirklich schon durchs Feuer gegangen und Max hat dabei seine Lieblingshose angekokelt.“ „Nein“, sagte sie ungläubig. „Doch. Das war so: …“   Sie lagen die halbe Nacht nebeneinander und erzählten sich Geschichten aus der Vergangenheit - lustige, traurige, aufregende – und dann malten sie sich die Zukunft aus. Wie es in einem Jahr wäre, wie es wird, wenn sie mit der Uni fertig sind und wie ihr Haus aussehen sollte. Lea lag in seinen Armen und genoss seine Wärme, genoss seine zarten Finger, die über ihre Haut streichelten. „Ich weiß, wir kennen uns noch nicht so lange, aber trotzdem habe ich das Gefühl, als würden wir uns schon ewig kennen. Weißt du, ich … ich glaube, ich liebe dich und ich habe Angst davor.“ „Lea…“ „Ich will dich nicht wieder verlieren. Versprich mir, dass du immer bei mir bleibst.“ „Lea, ich kann dir das nicht versprechen.“ Sie schloss die Augen und wandte ihr Gesicht von ihm ab. „Ich kann dir das nicht versprechen, weil ich nicht weiß, wie die Zukunft aussieht. Ich möchte, dass sie so aussieht, wie wir sie uns vorstellen und ich möchte, dass wir immer zusammen sind, aber versprechen kann ich es nicht. Ich kann dir nur versprechen, dass ich mein Möglichstes dafür tun werde.“ Er zog sie an sich und drückte ihr einen Kuss auf die Stirn. In ihren Augen schimmerten die Tränen, doch auf ihren Lippen lag ein Lächeln. „Ich liebe dich.“     „Ich würde gern jeden Tag neben dir aufwachen“, sagte Lea und kuschelte sich an ihn. „Lass uns zusammenziehen. Wir suchen uns eine kleine Wohnung in Uninähe. Was sagst du dazu?“ Er sah in ihre strahlenden Augen. „Ja.“ Gleich am Nachmittag sahen sie sich die Anzeigen in der Zeitung an und suchten im Internet nach Wohnungen. Es sollte eine Zwei-Raum-Wohnung sein, die eine gute Verkehrsanbindung hatte und in der Nähe der Uni lag. Drei Anzeigen hörten sich vielversprechend an, doch als sie anriefen, waren die Wohnungen bereits vergeben. Jedoch gab es unter den Internetannoncen einige, die ihnen ebenfalls zusagten. Kapitel 12: Entzauberung ------------------------ „Wollen wir heut Abend ins Irish Pub gehen?“, fragte Max und wühlte im Kühlschrank nach etwas Essbarem, das ihm zusagte. „Eigentlich habe ich Lea versprochen, dass wir zuhause bleiben und diesen Film gucken. Wie hieß er doch gleich?“ Matthias hatte zwei Gläser aus dem Schrank geholt und griff nach einer Wasserflasche. „Was soll denn der Scheiß? Du hast überhaupt keine Zeit mehr für mich oder Leo. Jetzt heißt es immer nur Lea hier und Lea da. Was ist denn aus dem Plan geworden?“ „Was für ein Plan?“ Lea war auf dem Weg zum Badezimmer an der Küche vorbeigekommen. Als sie ihren Namen hörte, war sie stehen geblieben. Nun stand sie in der Tür, sah erst Max an, dann Matthias. „Was für ein Plan?“, wiederholte sie ihre Frage. Matthias schüttelte den Kopf, doch Max antwortete. „Wir wussten, dass du mit Oliver befreundet bist und deshalb hat Matze dich angesprochen. Wir wollten, dass du dich in ihn verliebst. Dann hätte er dich abserviert. Wir hätten dich verletzt und damit auch Oliver.“ „Dann ist es also wahr gewesen…“ „Lea“, Matthias trat auf sie zu, „so hat es vielleicht angefangen, aber…“ „Fass mich nicht an!“, sagte sie, als er ihre Hand nehmen wollte. „Lea, ich liebe dich.“ „Ja, klar.“ Ihre Worte klangen abfällig. „Lea…“, setzte er an, doch sie hatte die Küche bereits verlassen. Bevor er ihr nachlief, sah er Max wütend an. „Vollidiot!“ Lea war zurück in Matthias‘ Zimmer gegangen, nahm ihre Umhängetasche vom Sessel und lief in den Flur, wo Matthias sie abfing. „Bitte, lass uns darüber reden.“ „Es ist doch alles gesagt“, meinte Lea und zog ihre Turnschuhe an. „Herzlichen Glückwunsch, ihr habt euer Ziel erreicht!“ Lautstark fiel die Haustür ins Schloss und er blieb allein im Flur zurück.     „Lea, du bist schon zurück? Ich dachte, du wolltest den Abend mit Matze verbringen.“ Anne war ihrer Cousine auf der Treppe entgegengekommen. „Eigentlich schon, aber Max wollte mal wieder was mit ihm unternehmen und da ich diesen Liebesfilm gucken wollte, hab ich gesagt, ich geh nach Hause“, erklärte Lea. Sie war überrascht, wie fest ihre Stimme klang. „Daniel macht heute auch was mit den beiden anderen. Da können wir ja auch zusammen fern sehen.“ „Mal sehen, vielleicht mach ich nebenbei noch etwas für die Uni.“ „Wie du willst.“ Lea lief die Treppe weiter hinauf und verschwand dann in ihrem Zimmer. Sie lehnte sich mit dem Rücken gegen die Tür und ließ die Tasche auf den Boden sinken. Sie atmete tief ein, als ihr Handy plötzlich klingelte. Mehr reflexartig als bewusst ging sie in die Knie und suchte das Telefon in ihrer Tasche. Sie fand es und sah Matthias‘ Namen auf dem Display – sie drückte den Anruf weg. Sie konnte und wollte nicht mit ihm sprechen, weshalb sie das Handy kurzerhand ausschaltete.     „Sie hat mich weggedrückt und jetzt geht nur noch die Mailbox ran.“ „Warum willst du noch mit ihr sprechen? Es ist doch genau das passiert, was wir wollten. Sie hat sich in dich verliebt und du hast ihr das Herz gebrochen“, meinte Max. „Du willst es nicht verstehen, oder? Ich liebe sie! Sie ist die Richtige für mich. Wir wollten zusammen ziehen.“ „Nur weil ihre Eltern auch tot sind, ist sie gleich die Richtige?“ „Es geht doch nicht nur darum. Ich kann mit ihr lachen, mit ihr meine Probleme teilen, sie versteht mich und ich verstehe sie. Wir sind einfach eins.“ „Na ja, jetzt nicht mehr.“ „Willst du dich über mich lustig machen? Das ist doch alles deine Schuld! … Ich gehe zu ihr.“ Matthias wollte die Küche verlassen, doch Max hielt ihn zurück. „Warte. Das hat jetzt eh keinen Sinn. Sie will nicht mit dir sprechen. Lass sie erst einmal in Ruhe und geh in ein oder zwei Tagen zu ihr, wenn sie sich beruhigt hat.“ „Aber…“, er seufzte, „vielleicht hast du recht.“ Er sah so geknickt aus, dass Max ein schlechtes Gewissen bekam. „Es tut mir leid, Matze. Ich wusste nicht, dass es dir so ernst ist. Du hast ja auch nichts gesagt.“ „Ich hätte es dir schon längst erzählen sollen, aber ich wollte dich irgendwie auch nicht enttäuschen. Du bist wie ein Bruder für mich.“ „Wie hättest du mich denn enttäuschen sollen?“ „Du warst so begeistert von diesem bescheuerten Plan. Wie hätte ich dir sagen sollen, dass ich für mich schon entschieden hatte, ihn nicht weiter zu verfolgen.“ „Mach dir keine Sorgen, wir werden sie zurückholen. Sie kann doch gar nicht ohne dich. Ich mach das wieder gut“, sagte Max und umarmte ihn. „Es tut mir leid.“     Lea lag auf ihrem Bett und starrte an die Zimmerdecke. Es war bereits dunkel, doch sie hatte das Licht nicht angeschaltet. Sie wusste nicht, wie lange sie hier schon so lag, es war ihr auch egal. Wie konnte er mich so täuschen? Ich dachte, seine Gefühle wären echt. Er hat mich so nah an sich herangelassen. Ich dachte, ich dürfte tiefer blicken als seine Freunde. War das nur seine Masche? Erzählte er allen Mädchen, die er herumkriegen wollte, von seinen Ex-Freundinnen, die ja doch nur kurze Affären waren, und beteuerte, dass er es jetzt ernst meinte? Ihr schwirrten jede Menge Gedanken durch den Kopf. Sie hatte ihn nicht an sich heranlassen wollen, doch es tat zu sehr weh, ihn nicht in ihrer Nähe zu haben. Nun hatte er ihr das Herz gebrochen. Es verletzte und tat weh und doch konnte sie nicht weinen.     „Hey Matze. Was ist los?“ „Leo, ich hab Scheiße gebaut.“ „Was ist passiert?“, fragte sie sofort besorgt. „Ich hab Lea verloren.“ „Wie meinst du das?“ „Ich habe Max nie erzählt, dass ich sie liebe, dass unser Plan nicht mehr existiert. Er hat ihr davon erzählt, er hat ihr gesagt, dass ich nur mit ihr spiele.“ „Nein…“ „Doch. … Sie ist gegangen, sie wollte mir nicht zuhören. Sie geht nicht an ihr Telefon. Was soll ich jetzt nur machen?“ „Oh Matze, was soll ich dir sagen?“ „Was ich machen soll...“ „Ich weiß aber nicht, was du machen sollst. ... Was hat sie denn gesagt?“ „Sie hat mir gratuliert, weil unser Plan aufgegangen ist. Das heißt, dass ich ihr das Herz gebrochen habe, wo ich das doch gar nicht mehr wollte.“ „Und was hat Max gesagt?“ „Er fand es lustig.“ „Was?“, warf Leonie ein. „Na ja, am Anfang. Dann habe ich ihm erklärt, dass ich Lea wirklich liebe und er hat sich entschuldigt“, erklärte Matthias. „Okay, gut, ich hätte ihn sonst einen Kopf kleiner gemacht.“ „Danke Leo.“ „Wir überlegen uns etwas. Sie wird erfahren, dass du sie wirklich liebst und zu dir zurückkommen. Da bin ich mir ganz sicher.“ Kapitel 13: Zusammenbruch ------------------------- Die neue Woche begann und Lea zog sich wieder zurück wie in den ersten Wochen des Semesters. Sie ging zu ihren Vorlesungen und Seminaren, powerte sich beim Sport aus, zog sich aber ansonsten in ihr Zimmer zurück. Ihre Familie nahm ihr verändertes Verhalten zwar wahr, schob es allerdings auf die bald anstehenden Prüfungen und den Lernstress. Abend für Abend lag sie in ihrem Bett und überlegte, wie es nun für sie weitergehen sollte. Matthias hatte unzählige Male versucht, sie anzurufen, doch sie drückte den Anruf immer weg oder schaltete das Handy ganz aus. Auch in ihrem Mailpostfach sammelten sich die Nachrichten von ihm, sie wurden einfach ignoriert. Lea kam zu dem Schluss, dass sie es nicht an sich herankommen lassen wollte, dass sie einfach weiter machte wie immer, nur dass Matthias in ihrem Leben nicht mehr vorkam.   „Anne, wollen wir heute vielleicht etwas zusammen unternehmen?“ „Klar, gern. An was denkst du denn? Doppeldate?“ „Nein, kein Date. Nur wir zwei und die Jungs. Ich weiß gar nicht, was gerade im Kino läuft, aber eventuell kommt ja ein guter Film. Oder wir gehen in eine Bar.“ „Wenn wir zuhause sind, können wir das Kinoprogramm ja mal checken und dann bei den Jungs anfragen.“ „Cool“, meinte Lea. Die beiden hatten sich zufällig auf dem Campus getroffen und sich gemeinsam auf den Heimweg gemacht. Zuhause angekommen, begann Lea das Mittagessen zuzubereiten, während Anne ihren Laptop in die Küche holte und auf der Internetseite des Kinos die Filme aufrief, die zurzeit liefen. „Irgendwie reißt mich keiner der Filme vom Hocker“, meinte Lea, nachdem Anne ihr die Auswahl vorgelesen hatte. „Stimmt schon.“ „Ich habe im Kühlschrank Grillfleisch gesehen – wenn wir uns mit einem Einweggrill in den Park setzen? Das wird sicher lustig.“ „Das ist klasse. Ich rufe gleich bei den Jungs durch“, erwiderte Anne und wählte die Nummer ihres Freundes. Zehn Minuten später war alles geklärt. 18 Uhr wollten sie sich auf der Liegewiese im Park treffen, Hannes war verantwortlich für den Grill und die Kohle, Oliver sollte die Getränke mitbringen und Daniel sorgte für Bratwürste, Salat und Soßen. Die beiden Mädchen übernahmen das Fleisch und Knabberzeug sowie Musik und Pappgeschirr. Zwanzig vor sechs klingelte es an der Haustür. Lea war gerade dabei die mitzunehmenden Sachen in einem Korb zu verstauen, während Anne noch beim Anziehen war. „Ich geh schon“, rief Lea und trat in den Flur, um im nächsten Augenblick Daniel die Tür zu öffnen. „Hey.“ „Hallo Lea. Alles bereit für heute Abend?“ „An sich schon, nur Anne ist noch nicht soweit, aber das kennst du ja sicherlich schon“, antwortete Lea und beide mussten grinsen. Fünf Minuten später waren alle bereit und sie machten sich auf den kurzen Weg zum Park. Lea trug den Korb und Anne hatte zwei Decken unter dem Arm. Es waren bereits andere auf die Idee gekommen, zu grillen, und so suchten sie sich zwischen den verschiedenen Gruppen einen schönen Platz aus. Die Decke wurde ausgebreitet, der Korb darauf abgestellt. „Jetzt müssen wir nur noch auf den Grillmeister warten.“ Kaum hatte Daniel es gesagt, da kamen zwei Gestalten auf einem Fahrrad mit Anhänger auf sie zu. Noch bevor das Fahrrad zum Stehen kam, sprang Oliver vom Gepäckträger. „Hey Leute“, begrüßte er sie und rieb sich seinen geschundenen Hintern. „Macht echt keinen Spaß mit dem Gepäckträger.“ Auf dem Anhänger stand der kleine Grill aus Hannes‘ Garten, eine Tüte mit Holzkohle, ein Kasten Bier und eine Kiste mit alkoholfreien Getränken. Alles wurde abgeladen und die Jungs beschäftigten sich sofort mit dem Grill, während Anne und Lea sich auf die Decken legten und die warme Abendsonne genossen. „Wer auch immer diese Idee hatte, sie war einfach klasse. Es ist doch total entspannend hier und das Essen schmeckt an der frischen Luft auch gleich viel besser“, meinte Hannes, als jeder einen vollen Teller vor sich hatte. „Das du immer so übertreiben musst.“ „Ich übertreibe doch nicht! Es schmeckt nun mal super.“ „Ja, aber das liegt ja am Essen und nicht an der frischen Luft, die ehrlich gesagt gar nicht so frisch, sondern eher mit Rauchschwaden von den vielen Grills angefüllt ist“, erwiderte Daniel. Während die beiden weiter diskutierten, genossen die anderen Drei den Kartoffelsalat und die Bratwürste, die zuerst auf den Grill gelegt worden waren. „Wie sieht es bei euch mit den Prüfungen aus?“ „Frag lieber nicht. Ich habe in den nächsten zwei Wochen 5 Klausuren und noch nicht wirklich viel gemacht“, jammerte Hannes. „Und dann sitzt du hier mit uns?“, fragte Anne entsetzt. „So jung kommen wir nie wieder zusammen, die Prüfungen könnte ich nächstes Semester nochmal schreiben.“ „Oh man, was für eine Einstellung.“     „Ich muss mir mal kurz die Beine vertreten“, meinte Lea, als sich die Liegewiese schon sehr geleert hatte. „Ich bin gleich wieder da.“ „Warte, ich komme mit.“ Auch Oliver stand auf und gemeinsam liefen sie in Richtung See. Nach ihrem Streitgespräch hatte sich ihre Beziehung im Laufe der Wochen verbessert und war nur durch Olivers ständiges Heruntermachen von Matthias gestört gewesen. Doch auch diesen Punkt haben sie überwunden und Lea hatte einen guten Freund in Oliver gefunden, mit dem sie über vieles reden konnte. „Wie kommt es eigentlich, dass du heute etwas mit uns unternimmst? Sonst sind die Wochenenden ja immer anderweitig verplant gewesen.“ „Ich bin nicht mehr mit Matthias zusammen.“ Mit diesen Worten hatte Oliver überhaupt nicht gerechnet und war erstaunt darüber. „Aber… ich verstehe das nicht.“ Lea war stehen geblieben und sah ihn an. „Du hattest Recht, du hattest die ganze Zeit über Recht.“ Tränen traten ihr in die Augen und ließen ihre Stimme verschwimmen. „Er hat nur mit mir gespielt, er hat mich nicht geliebt.“ Oliver trat zu ihr und nahm sie in den Arm. „Ich wollte, ich hätte nicht Recht behalten.“ „Warum liebt er mich denn nicht? Warum kann er mich nicht lieben, so wie ich ihn liebe? Ich kann… ich will doch nicht ohne ihn sein.“ Er drückte sie noch fester an sich, streichelte mit der Hand sanft über ihren Kopf. Er wollte etwas sagen, sie trösten, doch egal, was er gesagt hätte, es hätte sie nicht getröstet. Nichts konnte sie in diesem Moment trösten.     Oliver drückte auf die Klingel und die Zeit, bis die Tür von Matthias geöffnet wurde, kam ihm wie eine Ewigkeit vor. „Was willst du denn hier?“ „Am liebsten würde ich dir eine reinhauen.“ „Dann tu es doch einfach…“ Verwirrt sah Oliver sein Gegenüber an – damit hatte er nicht gerechnet. „Wie konntest du Lea das nur antun? Du konntest sie doch kennenlernen, du musst doch gemerkt haben wie liebenswert sie ist!“ „Und deshalb liebe ich sie ja auch!“ „Und warum hast du dann Schluss gemacht?“ Olivers Wut war in Unverständnis umgeschlagen, er wollte es nur noch verstehen. „Hab ich doch gar nicht! Max hat ihr von unserem Plan erzählt, der für mich seit Ewigkeiten nicht mehr existent war. Ich liebe sie, aber sie glaubt mir nicht mehr, weil du ihr die ganzen Geschichten erzählt hast.“ „Sie leidet. Du kannst dir gar nicht vorstellen wie sehr. Sie will es keinem zeigen, aber man sieht es ihr trotzdem an. Sie will dich aus ihrem Leben ausschließen und hofft, dass es ihr dadurch besser gehen wird, aber ich glaube, du bist der Einzige, der sie retten kann.“ „Nur lässt sie mich nicht an sich heran…“ „Ich sage das nur ungern, aber wenn du Lea wirklich liebst, dann musst du dir etwas einfallen lassen, um sie zurückzugewinnen. Aus einem unerfindlichen Grund hat sie in dir ihren Seelenverwandten gefunden. … Wir beide sind keine Freunde und werden nie welche werden, aber dieses Mal musst du auf meinen Rat hören. Hilf ihr!“ „Ich werde es versuchen.“ Matthias schloss die Haustür, nachdem Oliver gegangen war. Als sie beinahe lautlos zufiel, brach seine errichtete Fassade in sich zusammen. Tränen liefen über sein Gesicht. Wie konnte ich ihr nur so weh tun? Wie konnte ich es nur zulassen, dass sie so leidet? Auf einmal spürte er einen Stich in Herznähe, ein weiterer folgte, dann hörten die Stiche gar nicht mehr auf. „Matze, wer war das an der Tür?“ Max trat in den Flur und sah seinen besten Freund zusammengekrümmt auf dem Boden liegen. „Matze!“ Er kniete sich neben ihn. „Was ist los mit dir?“ Er sah das schmerzverzerrte Gesicht und griff sofort nach seinem Handy, um einen Notarzt zu rufen. Kapitel 14: Heilung ------------------- „Leonie, was machst du denn hier?“ „Matthias ist krank. Er ist schon seit einer Woche im Krankenhaus, aber die Ärzte wissen nicht, was ihm fehlt. … Bitte besuch ihn. Er will dich sehen.“ Ihr Herz sagte ihr, sie soll alles stehen und liegen lassen, zu ihm gehen, doch ihr Kopf hielt sie zurück. „Was soll ich bei ihm? Er hat doch nur mit mir gespielt.“ „Lea, als ich von dem Plan der Jungs gehört habe, war ich total sauer auf sie. Doch ich habe gemerkt, dass es Matthias ernst mit dir meint. Weißt du noch, als wir im Freibad waren?“ Lea nickte. „Am Abend hat er mich angerufen und mir erzählt, dass er mehr für dich empfindet, dass dieser Plan hinfällig ist. Seine Zuneigung zu dir ist noch stärker geworden mit der Zeit. Er liebt dich! … Und du liebst ihn doch auch.“ Lea sah Leonie mit einem leeren Blick an und schwieg. Es fühlte sich an wie eine Ewigkeit, bis sie „Ich komme mit“, sagte.   Leonie brachte Lea zu dem Krankenzimmer, in dem Matthias lag, ließ sie aber allein hineingehen. Die Jalousien waren zugezogen, nur das Notlicht war angeschaltet. Neben dem Bett standen mehrere Apparaturen, die blinkten und die Medikamentenzufuhr regulierten. Matthias lag in dem Bett und schlief. Lea trat zu ihm, er war ganz blass und abgemagert. Sie betrachtete ihn und Tränen traten in ihre Augen. Matthias war immer voller Lebensfreude. Und jetzt? Sie nahm seine Hand in ihre, drückte sie sanft und streichelte darüber. „Matthias…“ Leise zog sie sich einen Stuhl an das Bett und setzte sich. Eine Stunde verging, eine weitere ebenfalls. Am Abend betrat eine Schwester das Zimmer. Sie kontrollierte die Einstellungen und nahm das Tablett mit dem Abendessen mit, es war nichts angerührt worden. „Die Besuchszeit ist bereits vorbei, ich muss Sie bitten zu gehen.“ „Bitte. Kann ich nicht hierbleiben?“ Lea sah sie mit ihren tränenverschwommenen Augen an und die Schwester hatte Mitleid mit ihr. „Na gut, ausnahmsweise.“ „Danke.“ Als sie zwei Stunden später erneut nach dem Patienten sah, saß Lea noch in der gleichen Position. Sie hielt seine Hand und betrachtete ihn. Beim nächsten Kontrollgang lag sie jedoch mit dem Oberkörper auf dem Bett und schlief, sie hielt noch immer seine Hand. Die Schwester holte eine Decke aus dem Schrank und legte sie um Lea.     „Guten Morgen, Matthias!“, begrüßte die Schwester ihn am nächsten Morgen. Sie trug das Tablett mit dem Frühstück. „Du siehst heute…“ Er legte den Zeigefinger auf die Lippen und sie ging in den Flüsterton über. „… ja schon viel besser aus.“ „Weil Lea bei mir ist“, sagte er mit einem Lächeln. Das erste, das die Schwester überhaupt auf seinen Lippen sah. „Sie ist gestern Nachmittag hergekommen und hat bis spät in die Nacht hier gesessen, deine Hand hält sie ja immer noch.“ Die Krankenschwester stellte das Tablett auf den kleinen Tisch, den man sich auch über das Bett ziehen konnte, doch Matthias trank nur etwas von dem Tee. Sanft streichelte er über Leas weiches, braunes Haar, es fühlte sich genauso an wie immer. „Meine Süße...“ Als die Krankenschwester die Tür hinter sich schloss, begann Lea sich zu regen. Sie öffnete langsam die Augen und musste sich erst einen Moment orientieren, bevor sie wusste, wo sie war. „Matze, du bist wach!“, ruckartig richtete sie sich auf. „Ja, und ich bin sehr froh, dass du hier bist.“ Er zog sie an sich und drückte sie. Sanft hauchte er ihr einen Kuss auf die Stirn. Im selben Moment öffnete sich die Zimmertür und eine Schar Ärzte betrat den Raum. „Guten Morgen, Matthias!“ „Guten Morgen, Doktor.“ „Okay, ich geh mich kurz frisch machen und mir einen Kaffee holen. Bis gleich“, sagte Lea und verließ den Raum, damit die Visite durchgeführt werden konnte.   „Es tut mir alles so schrecklich leid. Ich weiß selbst nicht, wie ich so dumm sein konnte. … Ja, es hat als böses Spiel angefangen, aber als ich dich kennenlernte, da verliebte ich mich in dich - von Minute zu Minute mehr. Ich konnte es dir nicht erzählen, ich hatte Angst, du verlässt mich, wenn du es erfährst und ganz unberechtigt war diese Annahme ja nicht.“ Er hielt kurz inne. „Max konnte ich es aber auch nicht erzählen, er ist wie ein Bruder für mich und ich wollte ihn nicht enttäuschen. Wenn wir zusammen gezogen wären, hätte er schon mitbekommen, dass es mir ernst ist. … Und so kam eins zum anderen.“ Er seufzte, doch Lea, die sich an ihn gekuschelt hatte, streichelte sanft seine Wange. „Solange du wieder gesund wirst, ist alles vergessen und vergeben. Ich habe mir solche Sorgen gemacht. Es tut mir leid, dass ich deine und Max‘ Anrufe ignoriert habe, ich wäre doch sonst schon viel früher hier gewesen.“       „Deine Werte haben sich wieder normalisiert. Ich habe wirklich keine Ahnung, was die Ursache für deinen Zusammenbruch in der letzten Woche war“, sagte der Arzt. „Wir haben ja alle möglichen Tests gemacht, aber nichts gefunden.“ „Kann man denn auch an einem gebrochenen Herzen erkranken?“ „Es gibt verschiedenste Herzerkrankungen, aber ich kenne keinen Fall, bei dem die Werte aus Liebeskummer heraus so schlecht waren. Jedoch sagte die Schwester, dass es dir wieder besser geht, seit dieses Mädchen dich besuchen kommt.“ „Anscheinend bin ich der erste Liebeskummerpatient mit so starken Symptomen“, witzelte Matthias. „Wissen Sie, meine Mutter verstarb nach dem Tod meines Vaters sehr schnell. Sie wollte nicht ohne ihn leben. Vielleicht ist es mir genauso ergangen. Der Gedanke, Lea nie wieder zu sehen oder im Arm halten zu können, ließ mich verzweifeln und mein Körper hat es gezeigt.“ „Interessante Theorie. Wir werden dich noch zwei Nächte hierbehalten, um zu sehen, ob du wirklich wieder okay bist, dann kannst du nach Hause.“ „Danke.“     „Der Junge aus der 403 hat eine interessante Theorie über seine Krankheit.“ Lea war auf dem Weg zu Matthias am Schwesternzimmer vorbeigekommen, doch als sie Matthias‘ Zimmernummer hörte, blieb sie stehen. „Er meinte, es war ihm durch seinen Liebeskummer so schlecht gegangen. Wenn er nicht bei ihr sein konnte, so wollte er gar nicht mehr sein. Bei seinen Eltern war es wohl ähnlich“, berichtete die Schwester. „Seit dieses Mädchen ihn besuchen kommt, bessert sich sein Zustand von Stunde zu Stunde.“ Ein Lächeln schlich sich auf Leas Gesicht und sie setzte ihren Weg fort. Seine Eltern symbolisieren für ihn die wahre Liebe. Wenn er sich seine Krankheit so erklärt, dann liebt er mich wirklich. Mit schnellen Schritten erreichte sie das Krankenzimmer. Matthias stand gerade am Fenster und öffnete es, als sie eintrat. „Hey…“ Doch bevor er weitersprechen konnte, umarmte Lea ihn stürmisch und hielt ihn ganz fest. „Ich liebe dich!“ „Ich liebe dich auch, mein Schatz“, sagte Matthias und schlang seine Arme um sie.     „Kann mir bitte jemand die Kiste abnehmen? Sie rutscht mir gleich weg“, rief Lea und Matthias nahm sie ihr ab. „Danke.“ „Wo soll sie denn hin?“ „Ins Schlafzimmer.“ Er durchquerte den kleinen Flur und trat in den Raum, der als Schlafzimmer dienen sollte. Unter dem Fenster standen bereits drei Umzugskartons. „Wir sollten langsam anfangen, das Bett aufzubauen“, meinte Matthias und umarmte Lea, die ihm gefolgt war. „Sonst müssen wir heute Nacht auf dem Fußboden schlafen und das muss ja nicht sein.“ „Solange du bei mir bist, ist mir egal, wo ich schlafen muss.“ Sie lächelte und er zog sie noch näher an sich heran, um sie zu küssen. „Hey! Ihr knutscht hier rum und wir müssen uns mit euren Kisten abschleppen, oder wie?“ Max war mit einer weiteren Umzugskiste in den Raum getreten. „Sind schon fertig“, erwiderte Matthias und grinste. Die Drei liefen die Stufen hinunter, um die letzten Kisten aus dem Transporter zu holen. Anne und Leonie kamen ihnen bereits entgegen. Als alle Kartons in der Wohnung waren, begannen Max, Matthias, Leonie und Anne die Möbel aufzubauen, während Lea in der Küche bereits die Schränke einräumte und Pizza für das Abendessen bestellte. Etwa zwei Stunden später sah es fast wohnlich aus. Die Schränke waren aufgebaut, auch das Bett und die Schreibtische. „Es ist echt toll, dass ihr uns geholfen habt. Danke!“ Matthias hob sein Glas und sie stießen auf den erfolgreichen Umzug an.   Als ihre Freunde gegangen waren, ließen sich die beiden erschöpft auf das Bett fallen.    „Ich bin nie bei Max ausgezogen, weil ich Angst hatte, dann alleine zu sein. Sie waren, sie sind wie meine Familie und ich wollte mich nicht einsam fühlen.“ „So habe ich mich auch gefühlt. Ich habe gedacht, wenn ich bei Anne wohne, wird diese Leere verschwinden, aber es war nicht so. Ich habe mich nur noch elender gefühlt, als ich die Lebensfreude sah und habe mich mehr und mehr zurückgezogen… bis ich dich traf.“ „Aber jetzt werden wir beide nie wieder einsam sein, denn wir haben uns.“ Matthias lächelte und streichelte sanft ihr Gesicht, an seiner rechten Hand steckte ein einfacher, silberner Ring, genau wie an Leas Hand. „Nun fängt unser gemeinsames Leben erst an.“ Er zog ihren Körper an den seinen, als wäre sie ganz leicht, und küsste sie. Sie genoss seine Küsse, erwiderte sie in der gleichen Leidenschaft, spürte seine Hände auf ihrem Körper und gab sich ihm voll und ganz hin. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)