Beyond the waves von Bambusbesen (Gaara X Deidara) ================================================================================ Kapitel 3: Schock ----------------- Gaara war müde. Die halbe Nacht hatte er sich auf seinem Futon herum gewälzt und gegrübelt. Zu einem nennenswerten Ergebnis war er jedoch nicht gekommen. Das einzige, was er inzwischen sagen konnte war, dass Deidara ihn nicht abstieß und das Interesse an ihm nach wie vor in ihm glühte. Welcher Art sein Interesse war, konnte er jedoch nicht mit Sicherheit sagen. Warum Deidara ihn geküsst hatte, fragte er sich immer noch. Aber diese Grübelei führte zu nichts Sinnvollem im Moment. Zu viel Unsicherheit tobte in seinem Inneren. Vielleicht war es einfach am besten, er wartete ab, wie der Ningyo sich ihm gegenüber verhielt und dann entschied er sich, wohin auch immer ihn das führen würde. Der Rotschopf zog das Boot an den Strand und breitete seine Decke im Schatten der Felsen aus, wie am Tag zuvor. Gaara legte sich auf den Bauch und bettete seinen Kopf auf den Unterarmen. Gedankenverloren schweifte sein Blick über das Meer. Eine genaue Uhrzeit machten sie nie aus. Deidara kannte eine Uhr wahrscheinlich nicht einmal. Gab es in dessen Welt überhaupt so etwas wie Zeit? Im Meer war es eigentlich immer dunkel, wo es nicht gerade so flach war wie zwischen den Riffen hier, dass die Sonnenstrahlen noch bis zum Grund gelangten. Deidara müsste eigentlich über eine gute Nachtsicht verfügen, wenn man das so nennen konnte. Wo er wohl lebte? Und in welchen Tiefen des Meeres er sich aufhielt? Lebten Ningyo in Höhlen oder waren sie auch in der Lage, eine Art Häuser zu bauen wie die Menschen? Hatten sie überhaupt eine Behausung in dieser Art oder ähnelten sie den anderen Meeresbewohnern und suchten sich irgendwo eine geschützte Stelle zum Ruhen. Der Gürtel, den Deidara um der Hüfte trug, bestand aus geflochtenen Meerespflanzen. Und sein Messer daran musste wohl ein geschliffener Zahn von irgendeinem Meerestier sein. Wenn er das bedachte, war die Kultur der Ningyo auf alle Fälle eine ganz andere. Es würde ihn nicht wundern, wenn sie mit der Natur lebten, in ihr, und nicht gegen sie wie die Menschen, die ihre Städte erbauten und einfach vernichteten, was ihnen im Weg war. Es war nicht unbedingt gut, was die Menschheit tat, vielen war das auch klar. Aber niemand wollte auf die Annehmlichkeiten dieses Lebens verzichten. Gaara konnte sich selbst kaum vorstellen, in einer Welt zu leben, in der es keine Elektrizität gab… …Eine Hand strich durch sein Haar. Leise brummte Gaara. Ein angenehm nebliges Gefühl umklammerte ihn und wollte ihn noch nicht frei lassen. „Gaara…?“ Die tiefe Stimme zerrte ihn nun doch recht zügig in den Wachzustand. War er eingeschlafen? Müde rieb der Rotschopf über seine Augen und stemmte sich dann auf seine Unterarme. Neben ihm saß Deidara und schaute besorgt auf ihn herab. Sofort machte sich das Kribbeln in ihm breit, welches er gestern so intensiv verspürt hatte. Ganz ruhig, dachte Gaara sich. Es war nur ein kleiner Kuss. Langsam setzte er sich ganz auf. „Bin wohl eingeschlafen“, murmelte er. Es war ein Reflex zu sprechen, obwohl der andere ihn vermutlich nicht so recht verstand, aber bei Deidara war es gewissermaßen ähnlich. Irgendwas fragte er ihn. Aber nur an der Besorgnis in seinen Augen konnte er erkennen, was er wohl wissen wollte. „Alles in Ordnung“, erklärte er und deutete ein Lächeln an. Es gab nichts, worum der Ningyo sich Sorgen machen musste. Unweigerlich durchzog ein Schauer ihn, weil Deidaras Blick ihn so intensiv musterte. Auch näherte er sich ihm erneut. Nur wenige Zentimeter trennten sie noch. Wollte der Blonde ihn etwa wieder küssen? Sein Herz schlug schneller in seiner Brust. Ihm war, als könne er sein Blut rauschen hören. Deidara war ihm so nah und das Azurblau seines sichtbaren Auges nahm ihn schon wieder gefangen. Eine verräterische Wärme streifte seine Wangen. Oh bitte nicht auch noch das. Wieso musste sein Körper so heftig auf Deidaras Nähe reagieren? Noch berührte er ihn überhaupt nicht und er wurde schon rot? Dem Ningyo war diese Tatsache nicht verborgen geblieben. Er hob seine Hand und strich mit den kühlen Fingerspitzen über seine rechte Wange. Da war er wieder, dieser neugierige Blick. So ungewohnt die Berührung war, sie fühlte sich angenehm an. Was auch immer das hier zwischen ihnen war… werden sollte, es konnte wohl nicht verkehrt sein, wenn es sich gut anfühlte. Dieses Mal überrumpelte Deidara ihn nicht derartig, als sich ihre Lippen berührten, hatte Gaara sich mehr oder weniger darauf eingestellt, dass die Finger an seiner Wange nicht das Einzige bleiben würden. Und irgendwo in ihm war da auch die Neugier, mehr von diesem Neuartigen zu kosten. Vorsichtig bewegte er seine Lippen gegen die des Blonden. Die leichte Reibung löste ein wohliges Prickeln aus. Eher unbewusst senkten sich seine Lider. Deidaras Hand stahl sich in seinen Nacken und verharrte dort. Noch zögerlich ging Gaaras eigene Hand auf Wanderschaft. Seine Fingerspitzen tasteten den Arm des Ningyo entlang hinauf zu seiner Schulter. Kühl und glatt schmiegte sich die feuchte Haut an seine Finger. Nasses Haar geriet in seinen Weg, welches er behutsam über die Schulter nach hinten strich. Schließlich gelangte Gaaras Hand an ihr vorläufiges Ziel, Deidaras Nacken. Sich von seinem Instinkt leiten lassend, strichen seine Fingerkuppen leicht über die Haut. Selbst im Nacken war sie eher kühl. Aber wohl auch nicht verwunderlich, war der Körper des Ningyo an ein Leben im Wasser angepasst und dort herrschten andere Temperaturen als an Land. Ein gelöstes Seufzen drang an Gaaras Ohren. Anscheinend hatte er eine empfindsame Stelle gefunden. Demnach führte er das sanfte Streicheln weiter. Er gewann langsam etwas an Sicherheit bei dieser neuen Art von Körperkontakt, was wohl auch daran lag, dass Deidara es hierbei beließ und ihre Küsse nicht zu intensivieren gedachte. Schließlich lösten sich die Lippen des Ninygo von seinen. Sobald sich Gaaras Lider hoben, erfasste ihn ein Schauer, weil das azurblaue Auge ihn bereits wieder zu verschlingen drohte. Deidara grinste schelmisch. Typisch. Ein kurzes Lächeln schlich auf Gaaras Lippen. Während der Blonde sich nun komplett von ihm löste und sich neugierig einfach den Furoshiki griff, um ihn aufzuknoten und sich den Inhalt anzusehen, genoss Gaara noch ein wenig das angenehm warme Prickeln in seinem Inneren. Ein wenig weggetreten fühlte er sich, aber auf eine wohltuende Art. Unbewusst glitt seine Zungenspitze über seine Lippen. Er schmeckte Salz. Ein weiteres Lächeln zeigte sich. Ein wenig gruselig empfand der Rotschopf es schon, dass sich seine Mundwinkel so selbstständig zu machen schienen. Wie gut, dass Deidara mit den mitgebrachten Reisbällchen beschäftigt war. Er zupfte an der Frischhaltefolie herum und wickelte die Speise ein wenig umständlich aus. Doch er aß nicht gleich, sondern zog an der Folie. In diesem Moment erinnerte ihn Deidara an ein kleines Kind, welches seine Umgebung entdeckte. Nun, es war wohl nicht verwunderlich, dass der Ningyo etwas Fremdes erkunden wollte. Aber er verlor auch rasch das Interesse an der Folie und hielt ihm das Reisbällchen hin. „Danke“, sagte Gaara und nahm es ihm ab. Das zweite Reisbällchen befreite Deidara schon schneller von seiner Verpackung. Dann schaute er ihn jedoch fragend an. Ein wenig überrascht erwiderte er den Blick. Deidara hatte keine Hemmungen, einfach an seine Sachen zu gehen, aber nun wartete er auf sein Erlaubnis, ob er essen durfte. „Iss ruhig.“ Immerhin hatte er extra mehr eingepackt. Unterstützend nickte Gaara und biss von seinem Reisbällchen ab. Deidara grinste erfreut und tat es ihm nach. Die folgenden Tage verliefen ähnlich. Gaara hielt sich praktisch die meiste Zeit auf der kleinen Inselgruppe bei Deidara auf. Er brachte immer eine kleine Zwischenmahlzeit mit, plante aber etwas mehr ein, da der Blonde ausnahmslos alles probieren wollte. Und sie schwammen gemeinsam. Nun ja, Deidara schwamm, denn im Vergleich zu ihm bewegte sich der Ningyo deutlich geschickter im Wasser. Durch seine Taucherbrille konnte er den Blonden unter Wasser beobachten und war immer wieder aufs Neue von der Schönheit dieses Wesens fasziniert. Kraft und Eleganz schienen sich in ihm zu vereinen. Außerdem mochte Gaara den Anblick des langen Haares sehr, wie es Deidara einem goldenen Schweif gleich anhing. Eigentlich hatte der Rotschopf angenommen, er kenne die Riffe ihrer Bucht, doch der Ningyo zeigte ihm Stellen und Korallen, die ihm zuvor nie aufgefallen waren. Um wenigstens die Illusion zu erwecken, er könne mit Deidara mithalten, hatte er sich Flossen besorgt. Der Ningyo war nach wie vor schneller als Gaara, aber er fühlte sich nicht mehr ganz so langsam und unfähig im Wasser. Die kleinen intimen Gesten führten sie fort. Gaara genoss die sanften Küsse und das gegenseitige Streicheln, was man wohl auch schon als Erkunden des jeweils anderen Körpers bezeichnen konnte. Weitere Gedanken, was daraus am Ende werden sollte, machte er sich nicht, wollte es nicht mehr. Was er mit Deidara machte, fühlte sich gut an und er wurde auch sicherer in ihrem Tun allgemein. Solche Berührungen mit einem anderen Menschen zu teilen, konnte der Rotschopf sich dagegen nicht vorstellen. Mit Deidara erschien es ihm natürlich, als müsse das so sein. Unruhig wanderte der Blick der jadefarbenen Augen über die Wellen. Deidara ließ sich sehr viel Zeit heute. Mittag war vermutlich schon längst vorbei und noch immer war von dem Ningyo keine Spur. Leise Sorge waberte in seinem Inneren. Ob irgendwas passiert war? Gaara hoffte nicht, denn er könnte nicht nach dem Blonden suchen im Meer. Wieder einmal fragte er sich, wie dessen Leben überhaupt aussah. Was aß er normalerweise, wo schlief er? Gab es Dörfer oder Städte so wie bei den Menschen? Gingen Ningyo auch einer geregelten Arbeit nach? Hatten sie Schulen oder etwas, was man als solche bezeichnen konnte? Wie alt Deidara war, interessierte ihn auch, aber er wusste nicht, wie er ihm seine Frage begreiflich machen könnte. Ein goldener Schimmer im flachen Wasser holte ihn in die Gegenwart zurück. Gaara stand auf und überwand die wenigen Schritte zum Wasser. Die ersten Wellen umspülten seine Füße. Der Schimmer bewegte sich nicht mehr. Hatte er sich vorher bewegt? Aufgrund der Wellen war er sich nicht sicher. Der Rotschopf ging tiefer ins Wasser. Nun konnte er verzerrt Deidaras Körper unter der Wasseroberfläche ausmachen. Aber er trieb reglos dahin wie ein Stück Holz. Angst fraß sich wie ein verzehrendes Loch in ihn. Eilig watete er tiefer ins Meer. Als er Deidara erreichte, leckten die kleinen Wellen an seiner Brust. Gaara drehte ihn um und griff unter seinen Armen hindurch, verschränkte seine Hände vor dessen Oberkörper. Jegliche Spannung fehlte dem Körper des Blonden, während er ihn ins flache Wasser zog. Erst im feuchten Sand legte er ihn ab. Deidara war schwer. Oder er selbst einfach zu schwach. Tief atmete er durch, um sich zu beruhigen. Dann kniete er sich neben den Ningyo und betrachtete ihn eingehend. Das sichtbare Auge verbarg sich hinter dem Lid. Mehrere Verletzungen und Prellungen bedeckten seinen Körper. Träge sickerte Blut aus den offenen Wunden. Sie waren noch relativ frisch. Was war nur geschehen? Gaara tastete am Hals des Blonden nach Puls. Leicht spürte er das Pulsieren unter seinen Fingern. Der Ningyo lebte. „Deidara?“ Ihm das goldblonde Haar aus dem Gesicht streichend, legte er das linke Auge frei. Leicht schlug er gegen seine Wange. „Deidara?“ Gaaras Stimme war dieses Mal lauter, bestimmter. Aber Deidara rührte sich nicht. Eigentlich müsste er zu einem Arzt. Vielleicht hatte er innere Verletzungen. Aber das ging nicht. Gaara konnte den Ningyo unmöglich zu einem Arzt bringen oder einen in die Bucht rufen. Sie würden ihm Deidara wegnehmen, ihn einsperren und ihren Wissenschaftlern zum Fraß vorwerfen. Nein! Der Rotschopf musste sich selbst um ihn kümmern. Hoffentlich reichten seine erbärmlichen Kenntnisse dafür aus. Temari übte ab und an für ihr Studium an ihren jüngeren Brüdern. Ein bisschen was davon war in seinem Gedächtnis geblieben. Doch zuerst brauchte er Utensilien. Und dazu musste er an Land zurück. Aber er konnte Deidara nicht einfach so liegen lassen. Wenn eine höhere Welle kam, würde sie den Blonden vielleicht wieder ins Meer zurückspülen. Bisher hatte er den Ningyo nur ein oder zweimal komplett außerhalb vom Wasser gesehen. Deidara fiel es schwer, sich an Land zu bewegen, war seine Schwanzflosse hier nutzlos. Für ihn war nachvollziehbar, dass er sich lieber zumindest halb im Wasser aufhielt. Gaara wollte dieses Risiko jedoch nicht eingehen, weswegen er erneut seine Arme um Deidaras Oberkörper legte und ihn weiter auf den Strand zog, bis er sich sicher war, dass bis hierhin kein Wasser gelangen konnte. Und der Felsen bot dem Blonden ein wenig Schatten. Wie leicht ein Ningyo einen Sonnenbrand bekam, wusste er nicht, aber er wollte es nicht austesten. Eine Sache musste er noch überprüfen, bevor er sich auf den Weg machte. Er hielt seine Finger dicht unter Deidaras Nase. Warmer Atem streifte über seine Haut. Der Ningyo atmete an Land also tatsächlich durch die Nase. Dass er erstickte wie ein Fisch auf dem Trockenen, war demzufolge auszuschließen. Eilig stemmte Gaara sich hoch und schob das Boot ins Wasser. Gaaras Arme taten vom Rudern weh. Er hatte sich beeilt und seine Muskeln rächten sich nun für die Überbeanspruchung. Doch er ignorierte die Schmerzen in seinen Armen. Sobald sein Boot wieder sicher auf dem Sand weilte, nahm er den Erste-Hilfe-Kasten und eine der Wasserflaschen aus dem Inneren und lief zu dem Ningyo. Augenscheinlich war dieser immer noch bewusstlos. Das Blut hatte inzwischen mahnende Spuren auf die helle Haut gezeichnet. Gaara wurde flau im Magen. Hoffentlich konnte er ihm helfen. Der Rotschopf kniete sich neben ihn und öffnete den Kasten. Ein Tuch wurde mit etwas Wasser getränkt. Behutsam wischte er das bereits halb eingetrocknete Blut vom Körper. Anschließend desinfizierte er die offenen Wunden. Bei manchen reichte etwas Mull, das er mit hautfreundlichem Tape befestigte, aber bei den Schrammen an seinen Armen und Händen hielt er Verbände für angebrachter. Jedoch eröffnete sich ein Problem. Wie sollte er den Verband um den Unterarm wickeln, wenn dort eine Flosse war? Vorsichtig tastete er die Flosse ab. Sie ließ sich an den Körper legen. Ein Verbinden könnte also funktionieren, wenn er den Verband nicht zu fest anlegte. Gerade griff er nach einem weiteren frischen Verband, als die Flosse schrumpfte. Gaara hielt inne und blinzelte. Nein, seine Augen spielten ihm keinen Streich. Die Flosse an Deidaras Arm verlor an Größe und schien sich in seinen Körper zurück zu ziehen. Erschrocken weiteten sich seine Augen. Es war nicht nur die Flosse, der gesamte Körper des Ningyo schien sich zu verändern. Alle Flossen schrumpften so wie die erste. Es blieb nur makellose Haut zurück. Auch die fächerförmigen Ohren wichen ganz normalen Ohren eines Menschen. Die wohl größte Wandlung geschah allerdings mit der Schwanzflosse. Die Schuppen zogen sich scheinbar unter die Haut zurück. Die riesige Flosse bildete sich zurück. Diese Transformation erweckte in Gaara den Eindruck, als sähe er die Entwicklung des Körpers in umgekehrter Reihenfolge. Nur, dass sich nun der Fischleib teilte. Gaara starrte den völlig menschlichen Körper noch einige Herzschläge an, bis er begriff, was passiert war. Der Ningyo besaß offensichtlich eine zweite Gestalt. Splitternackt lag er nun vor ihm, mit Beinen, ohne Flossen und Schwimmhäuten. Unglücklicherweise begannen seine Wangen zu glühen. Und er hatte nichts dabei, was er ihm anziehen könnte. Gaara ermahnte sich, auf das Wesentliche zu achten. Deidaras Verletzungen hatten Vorrang. Er riss seinen Blick von Deidaras Mitte los und betrachtete dessen Beine. Zumindest diese wirkten unverletzt. Die Schuppen hielten vermutlich einiges ab. Der Rotschopf verband nun den Unterarm, wobei die Wandlung ihn unterbrochen hatte. Ob Deidara davon wusste? Wie war die Transformation ausgelöst worden? Und warum gab es das überhaupt? Wäre er inzwischen nicht schon an wundersame Dinge in der Welt gewöhnt – an Deidara -, hätte er jetzt den nächsten Schock erlitten. Diese Veränderung hatte magisch gewirkt, als sei sie nicht von dieser Welt. Aber Magie… gab es doch gar nicht. Gaara seufzte. Vielleicht sollte er sich einfach keine Gedanken mehr darum machen, was es in der Welt gab und was nicht. Hatte Deidaras Existenz ihm denn nicht schon bewiesen, dass die Menschheit lange nicht alles über ihren Planeten wusste? Nachdem er auch den letzten Verband angelegt hatte, holte Gaara die Decke zu dem Ningyo rüber, auf der er zuvor gesessen hatte, und legte sie über seine Beine und Unterleib, damit er nicht komplett nackt war. Neben sich legte er den Furoshiki ab und setzte sich zu Deidara. Mit dem Rücken lehnte er sich gegen den Felsen hinter sich. Seine Augen richteten sich wieder auf das Gesicht des Blonden. Sanft schob er seine Finger in die goldblonden Haare. Inzwischen waren die Strähnen fast trocken. Nachdenklich strich er durch selbige hindurch. Bisher war Deidara immer irgendwie nass oder zumindest noch feucht gewesen vom Wasser. Sehr lange hatte er sich auch nie außerhalb des Meeres aufgehalten. Folgte die Transformation, wenn sein Körper trocken war? In Gaaras Überlegungen ergab das am meisten Sinn. Vielleicht eine Art Schutzmechanismus? Ein leises Stöhnen richtete seine Aufmerksamkeit wieder auf die momentane Situation. Deidaras Lider flatterten. „Deidara?“ Langsam öffneten sich dessen Augen und er sah zu ihm auf. Ein müdes Lächeln huschte über seine Lippen. Zum ersten Mal sah er den Ningyo lächeln. Bisher kannte er nur dessen Grinsen. Aber es ließ ihn sanfter erscheinen. Gaaras Finger strichen weiter durch das Haar. „Wie geht’s?“, fragte er leise. Der Rotschopf hoffte einfach, dass Deidara irgendwie begriff, was er wollte. Dem fragenden Glanz in den azurblauen Augen nach zu schließen wohl eher nicht. Mühsam stemmte der Ningyo sich in eine sitzende Position und erstarrte. Gaara folgte Deidaras Blick zuerst auf dessen Hände und Arme, dann schlug er die Decke zurück. Der Schock war dem Ningyo sehr gut anzusehen. In diesem Moment wurde Gaara klar, dass der Blonde nichts von dieser Gestalt gewusst hatte. Er öffnete den Mund, schien etwas sagen zu wollen, und schloss ihn dann wieder. Er zog die Beine an, bewegte sie dabei als seien sie eins, wie er es von der Flosse gewohnt war. Zittrig tasteten die Finger über die Knie und die Unterschenkel bis zu den Zehen hinab. Ruckartig zuckten seine Hände hinauf und befühlten seine menschlichen Ohren. Brüchige Worte schwappten über seine Lippen. Deidara sah ihn wieder an und die wilde Mischung aus Unverständnis, Fassungslosigkeit, Angst uns Unglauben versetzte ihm einen leisen Stich. Es bereitete ihm Sorge, den Blonden in einem solchen Zustand zu sehen. Und er verstand nicht einmal, was er sagte. Wie sollte er den Ningyo nur beruhigen? …seine Theorie! Gaara griff nach der Wasserflasche und zog behutsam Deidaras unverletztes Handgelenk zu sich. Er kippte etwas von dem Wasser über seine Hand und den Unterarm. Tatsächlich funktionierte es. Die Schwimmhäute zwischen seinen Fingern bildeten sich wieder aus und die Flosse stieß durch die Haut. Ein Blick in Deidaras Gesicht offenbarte ihm Anspannung. Seine Augen zuckten leicht als habe er leichte Schmerzen. Die Transformation schien wohl nicht sonderlich angenehm abzulaufen. Beruhigend strich Gaara durch das Haar und dann über seine Wange. Deidaras Haut fühlte sich jetzt auch weicher an, wie die Haut eines Menschen. Das war wirklich erstaunlich. Allerdings sollte er sich um den Blonden kümmern, über den Rest konnte er sich später Gedanken machen. „Alles in Ordnung“, hauchte er und deutete auf das Meer. „Du kannst dich bestimmt wieder zurück verwandeln.“ Deidara verstand kein Wort von dem, was er sagte. Aber er machte Anstalten, zum Wasser zu robben. Oh nein, nicht mit den Verletzungen! Der Ningyo war gerade erst aufgewacht. Da sollte er sich noch etwas ausruhen. Gaara hielt Deidara an der Schulter zurück. Verwirrt sah dieser ihn an. Zuerst zog der Rotschopf jedoch wieder die Decke über dessen Unterleib. Es machte ihn nervös, wenn Deidara hier derartig unbedeckt saß. Gaara rutschte näher hinter ihn und zog ihn sanft an sich, sodass der Blonde seinen Kopf an seine Brust lehnen konnte. Langsam schien er sich auch wieder zu beruhigen. Seine Hände zitterten nicht mehr. Dafür zupfte er nun an dem Verband. Gaara legte seine Hand über die Finger und unterband das Zupfen, damit er nicht noch den Verband lockerte. Erneut ein fragender Blick. „Lass den erst mal dran“, murmelte er. Zumindest gab der Blonde nach und betrachtete den Verband nur noch. Etwas Nahrung war sicher auch nicht verkehrt. Also hielt er ihm die halb leere Wasserflasche hin. „Trink“, forderte er ihn leise auf. Deidara griff nach der Flasche und kam seiner Bitte nach. Das beruhigte nun ihn selbst langsam. Die Flasche nahm er dem Ningyo anschließend wieder ab und öffnete den Furoshiki. Gaara hob den Deckel von der Bentôbox und holte vorsichtig ein Taiyaki[2] heraus. Es war vielleicht nicht das Gesündeste, aber die Schokoladenfüllung enthielt Zucker und für Deidaras Kreislauf war das wohl nicht das Schlechteste. Der Blonde betrachtete die Süßigkeit und sah dann zu ihm hoch. „Taiyaki“, erklärte Gaara. „Ist süß.“ Mit ‚süß‘ konnte Deidara inzwischen ja etwas anfangen. Neugierig biss dieser von dem Taiyaki ab. Anscheinend war er recht leicht mit angenehmen Dingen abzulenken, denn er konzentrierte sich nun komplett auf das Taiyaki in seinen Händen. Erleichtert seufzte Gaara. Deidara schien es den Umständen entsprechend gut zu gehen. Das war wohl Glück im Unglück. Was den Blonden so zugerichtet hatte? Er wollte ihn gern fragen, was passiert war. Aber an diese Hürde würde er sich wagen, wenn es Deidara etwas besser ging. ____________________________________________________ [2]Taiyaki: http://www.nekobento.com/?page=taiyaki Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)