Ke+chup von Mitama (Zeichen des Mondes) ================================================================================ Kapitel 2: Zeichen des Mondes ----------------------------- Zeichen des Mondes Mitama beugte sich über das Mädchen und untersuchte sie. Vorwürfe plagten sie, da sie für einen Moment unaufmerksam gewesen war und somit dieser elende Vampir einen unschuldigen Menschen verletzten konnte. Außer dem Biss am linken Arm konnte sie keine weiteren Verletzungen finden. Mitama musste schnell Tsukai verständigen, ohne sie konnte sie nicht sagen, wie gravierend ihr Zustand war. Sie zückte ihr Handy und wählte ihre Nummer, doch ihre Freundin schien nicht erreichbar zu sein. Nie war sie erreichbar, wenn es ernst war! Mitama ärgerte sich darüber, da Tsukai ihr zwar immer Vorwürfe machte, sie ginge zu lässig mit der Vampirjagd um, aber wenn ihre Hilfe benötigt wurde, reagierte sie zu langsam. Doch es war nicht die Zeit sich darüber aufzuregen. Zunächst versuchte Mitama, die Blutung am Arm des Mädchens zu stillen. Der Vampir hatte sie sehr tief gebissen und wahrscheinlich die große Armarterie getroffen, genau konnte Mitama es nicht feststellen, da ihr im Gegensatz zu Tsukai jegliches medizinische Wissen fehlte. Eines konnte Mitama jedoch erkennen: dieser Vampirbiss war anders als die, die sie vorher gesehen hatte, da er wesentlich tiefer und präzise in die A.brachialis gesetzt wurde. Üblicherweise bissen Vampire in oberflächlich gelegene Venen, da sie mehr Blut führen als Arterien. Andauernd machte sie sich Gedanken, was sie in dieser Situation unternehmen könne, denn wenn Tsukai nicht innerhalb einer Stunde nach einem Biss erscheinen würde, würde sich das Mädchen selbst in einen Vampir verwandeln. Glücklicherweise ertönte in diesem Moment ihr Handy. „Hey Mitama! Alles in Ordnung?“ „Tsukai, du musst sofort hierher kommen! Der Vampir hat einen Menschen in den Arm gebissen. Wenn du dich nicht beeilst, wird sie sich verwandeln!“, sagte Mitama verzweifelt. „Ich habe dir doch gesagt, dass du diesen verdammten Blutsauger töten sollst!“ „Das ist jetzt nicht der richtige Zeitpunkt für Vorwürfe, die mache ich mir selbst schon zur Genüge. Komm‘ einfach!“ Tsukai ärgerte sich, dass sie um diese Uhrzeit ihrer Freundin zu Hilfe kommen musste. Sie als Hexe sollte sich eigentlich nicht in die Vampirjagd einmischen, aber sie tat es um ihrer Freundin einen Gefallen zu machen. Ihr Hass auf die Vampire trieb Tsukai an, schnell zu Mitama zu eilen. Sie hatte nicht die Zeit, großartig darauf zu achten, dass sie von Menschen gesehen wurde. Wenn ein Mensch von einem Vampir gebissen wurde, blieb ein Zeitfenster von einer Stunde, in der Tsukai die möglichen Folgen verhindern konnte. Wurde ein Vampirbiss nicht behandelt, würde der gebissene Mensch selbst zu einem Vampir werden und das galt es zu vermeiden. Tsukai sprang über die Dächer der Stadt in Richtung des Friedhofs. Allmählich verzogen sich die Wolken und der Mond konnte etwas seines Lichtes auf die Erde werfen – einzig der Friedhof erstreckte sich dunkel vor Tsukais Augen. Inständig hoffte sie, dem Vampir nicht zu begegnen, denn sie war nicht gut im Kämpfen. Ihre Stärken lagen eher darin, im Hintergrund zu arbeiten und die Verletzten mit ihrer Hexenmagie zu versorgen. Ihre Hoffnung, nicht auf den Vampir zu treffen erfüllte sich nicht, an der Grenze zwischen den Bäumen und den ersten Häuserdächern sah sie ihn. „ Alte Hexe, du kommst zu spät! Sie wird sterben!“, rief er ihr hämisch entgegen. „ Was hast du mit dem Mädchen gemacht?“ „Sie ist mir leider in die Quere gekommen, als ich deine Freundin killen wollte“, er bewegte sich rasend schnell auf Tsukai hin, schneller als sie es überhaupt wahrnehmen konnte. Vor Schreck kniff sie die Augen zu und wartete darauf, dass er sie umbrachte – doch er stoppte kurz vor ihr, sodass sie seinen tiefen Atem ihr Gesicht streifen fühlte. Tsukai öffnete die Augen und blickte ihrem Feind tief in die nach Blut durstenden Augen. „Für heute verschone ich dich noch, doch sollte ich merken, dass du dich in den Kampf zwischen Vampiren und Jägern einmischst, bist du wie deine Freundin auch bald fällig!“ Starr vor Angst brachte Tsukai kein Wort heraus. Sie wollte ihn nicht noch zusätzlich provozieren. „Ich mische mich nicht in eure Angelegenheiten ein, ich behandele nur die nichtmagischen Wesen, damit sie nicht von unserer Existenz erfahren. Das ist alles.“ Sie schien ihn zunächst beschwichtigt zu haben, denn er drehte ihr den Rücken zu und sprangt auf die Dächer. Immer noch zitterten ihre Knie. Langsam versuchte sie sich gedanklich wieder zu sammeln. Blitzartig fiel ihr ein, dass er wahrscheinlich nicht das übliche Gift benutzt hatte, da er wohl die Absicht hatte, Mitama zu töten. Vampire können verschiedene Gifte benutzen, je nachdem, wer ihr Opfer war: wollten sie Blut saugen, nahmen sie ein betäubendes, damit die Opfer nicht vor Schmerzen aufschrien; mit diesem Gift konnte sie auch Menschen in Halbvampire verwandeln, soweit sie ihnen noch etwas Blut im Körper ließen, das kam jedoch sehr selten vor, da durstige Vampire, wenn sie einmal Blut geleckt hatte, meistens die Menschen töten. Vampirjäger waren gegen dieses Gift immun, sodass Vampire noch eine andere Art an Gift nutzen konnten, mit dem sie jeden Gegner nur mit wenig und kurzem Kontakt töten konnten. Das bedeutete, dass das Mädchen ernsthaft in Lebensgefahr schwebte! Es kam ihr vor, wie ein halbe Ewigkeit bis sie Mitama erreichte. „Da bist du endlich!“ „Wo hat er sie gebissen?“ Mitama deutete auf die tiefe Bissstelle. „Warum wirkst du so unruhig?“ „Ich habe unterwegs noch jemanden getroffen, den ich nicht sehen wollte. War allerdings ganz aufschlussreich.“ „Was meinst du mit ‚aufschlussreich‘?“ „Er hat nicht das normale Gift, das man zum Beißen von Menschen benutzt, verwendet. Er wollte dich töten und hat wahrscheinlich sie für dich gehalten und ein sehr starkes Gift zum Töten von Vampirjägern genommen. Scheinbar war er danach so sehr geschwächt, dass er eine direkte Konfrontation mit dir nicht überstanden hätte“, erklärte Tsukai während sie alle Utensilien für die Entgiftung vorbereitete. „Kannst du sie retten?“, fragte Mitama verzweifelt. Zunächst zögerte Tsukai, dann schaute sie Mitama in die traurigen Augen und sagte: „Ich weiß es noch nicht.“ „Gib‘ dein Bestes, ich werde in der Zwischenzeit darauf achten, dass die anderen Jugendlichen uns nicht entdecken.“ Nach genauen Betrachten der Wunde und des Zustandes des Mädchens, musste Tsukai feststellen, dass sie sie nicht mehr in einen Menschen verwandeln konnte, dafür war das Gift schon zu lange in ihrem Körper. Sie konnte nur noch versuchen, den Schaden so gering wie möglich zu halten. Tsukai träufelte eine klare Flüssigkeit auf den Biss und seine Umgebung und legte danach ein saugfähiges Papier darauf. Rasch färbte sich das ganze Blatt violett. Je länger es darauf lag, desto dunkler wurde es. Währenddessen sprach Tsukai einige Zaubersprüche um das Gift weiter aus dem Körper zu treiben. Dabei fing das Menschenmädchen an, sich stark zu winden und zu zucken. Sie schien intensive Schmerzen zu verspüren. Tsukai würde sie später mit einem Zauber belegen müssen, damit sie sich nicht mehr an die Behandlung und die damit verbundenen Schmerzen zu erinnern würde. Wild und ohne Orientierung stürmte Sohon durch das dunkle Geländer, dicht gefolgt von Yasai, die sie vorher aufgesammelt hatte. Sie hatten den Schrei gehört und waren sich sicher, dass Mi etwas zugestoßen war. Unterwegs trafen sie auf Hisu, die sichtlich verstört und hysterisch war; das hatte allerdings bei ihr nicht viel zu bedeuten, denn sie war eigentlich immer so… „Wo ist Mi?“, fragte Yasai, doch Hisu brachte keine verständlichen Töne von sich. „Das bringt nichts. Sie steht unter Schock. Lass‘ uns weiter gehen.“ Sohon und Yasai setzten schon an, ihren Weg fortzusetzen, als Hisu doch einige Töne hervorstieß:„N-ni-nicht gehen! Lasst mich nicht alleine“ „Dann komm‘ mit, allerdings nur, wenn du still bist und nicht nörgelst“, sagte Sohon energisch. Eigentlich war es ihr nicht recht, dass sie diese Nervensäge mitschleppen mussten. Sie liefen eine gefühlte Ewigkeit über den Friedhof. Sohon hatte ein komisches Gefühl dabei, als befänden sie sich in einer Endlosschleife ohne Ausgang. Eigentlich wollte sie Mi finden, aber es war zu schwer, sich in der nächtlichen Stille zu orientieren. Mi würde schon längst am Ausgang auf uns warten. Sohon war geneigt, die Suche abzubrechen, denn ihre Beine wurden immer müder vom vielen laufen. Hisu und Yasai ging es nicht anders. „Das hat keinen Sinn, wenn wir durch die Dunkelheit stolpern. Mi ist wahrscheinlich längst nicht mehr hier“ Erleichtert über diese Aussage stimmten, Yasai und Hisu Sohon zu. Die Mädchen machten sich auf den Weg zum Ausgang und hofften, dass sich alles in Wohlgefallen auflösen würde. Mitama freute sich, als sie feststellte, dass die Jugendlichen allmählich den Friedhof verließen. Lange hätte sie die Labyrinthzauber nicht aufrecht erhalten können, durch die die Menschen quasi im Kreis liefen. Dadurch konnte sie sie von Tsukai, sich und dem Mädchen fernhalten, sodass sie unentdeckt bleiben. „Hast du es bald geschafft, Tsukai?“ „Kannst du auch etwas anderes fragen?“ Tsukai war deutlich genervt von der ganzen Situation, da sie immer mehr merkte, dass sie den Kampf gegen das Gift verlieren würde. Es war eine schwierige Entscheidung, die ihr von ihrer Freundin aufgebürdet wurde: Würde sie den Dingen ihren Lauf lassen, würde das Mädchen sterben und sich nicht in einen Vampir verwandeln – ein Vampir weniger, gegen den sie kämpfen mussten. Tsukai war von sich selbst überrascht, dass sie sich dafür entschied, das Menschenmädchen leben zu lassen, auch wenn sie vielleicht in Zukunft ihr Feind werden würde, da man nie wusste, wie blutdurstig junge Vampire waren. Zusätzlich zu den sonstigen Zauber wandte sie einen Spruch an, von dem sie bisher nur gelesen hatte, daher war der Ausgang ungewiss, aber vielleicht die einzige Chance, die dem Mädchen blieb. Während sie die Zauberformel ausführte, fiel ihr zum ersten Mal die verblüffende Ähnlichkeit zwischen Mitama und dem Mädchen auf. Auf dem Oberarm, wo die Bisswunde war, erschien ein jadegrün leuchtendes Zeichen, das eine Mondsichel darstellte, in der ein V stand. Nachdem Tsukai ihre Arbeit verrichtet hatte, legte sie das noch ohnmächtige Mädchen sanft zu Boden. Keuchend stieß sie die Worte aus: „Ich habe es geschafft. Sie lebt.“ Mitama stürmte vor Erleichterung auf ihre Freundin zu und umarmte sie. „Danke, du weißt nicht, wie viel es mir bedeutet!“ „Freu‘ dich nicht zu früh.“ „Was meinst du?“ „Sie wird nie mehr ein Mensch sein, das ist dir hoffentlich bewusst. Es kann sein, dass sie bald unsere Feindin ist“, Tsukai rang etwas nach Luft „Sie ist ein Halbvampir geworden. Ich habe versucht, vorerst die Verwandlung zu verhindern, doch nach und nach wird ihr menschlicher Körper verfallen und sie braucht Blut zum Überleben. Ich kann dir nur noch nicht sagen, wann es sein wird, nur dass es so kommen wird.“ Die rothaarige Hexe merkte, dass ihre Ansprache gar nicht bei Mitama angekommen war. Sie schien komplett geblendet davon zu sein, dass sie noch lebte. Tsukai wollte noch einmal ansetzten, doch sie glaubte, dass sie nicht durchdringen würde. Sie kannte ihre Freundin zu gut, sodass sie wusste, dass sie noch wochenlang von Selbstvorwürfen geplagt sein würde. „Lass‘ uns nach Hause gehen. Ich bin müde.“ Von Finsternis und kühler Schwere umhüllt, sank sie immer mehr in die Tiefe. Sie wusste nicht, wie lange sie sich in diesem Zustand befand. Ihren Körper konnte sie bis in die letzte Zelle fühlen, jedoch schlug ihr Herz nicht mehr und kein Muskel wollte sich rühren. Eigentlich hatte sie sich den Tod schmerzvoll vorgestellt, doch sie war erleichtert, dass ihre Erwartung nicht erfüllt wurde. Doch die Tatsache, dass sie sich mit ihren Vorstellungen und Gedanken auseinander setzten konnte, verblüffte sie. War sie vielleicht doch nicht tot? Wie könnte sie sich gegen die umgebende Dunkelheit wehren? Hing sie vielleicht in einer Art Koma? Verzweiflung machte sich in ihre breit, da sie nicht wusste, wie sie sich aus diesem Zustand befreien konnte. Sie versuchte sich daran zu erinnern, wie sie dazu gekommen war. Allmählich drangen sich Bilder aus ihrem Leben in ihr Bewusstsein, jedoch keine, die sie in Verbindung mit ihrem jetzigen Zustand bringen konnte. Da war dieser blasse Mann… eine hübsche sportliche junge Frau… der Friedhof… ein Schmerz im linken Arm… Es war noch sehr wirr und vage, doch sie hatte das Gefühl, dass das tiefe Schwarz nicht mehr so intensiv war. ‚Hey, wach auf, du hast genug geschlafen!‘ Mi wusste nicht, ob eine fremde Stimme zu ihr gesprochen hatte, oder ob sie nun schon vor lauter Einsamkeit akustische Halluzinationen erlitt. Verschwinde aus meinen Kopf. ‚Mach die Augen auf, 16 Stunden Schlaf sind selbst für einen Menschen zu viel!‘ Die Stimme war unnachgiebig und versuchte es immer wieder. Auch wenn Mi von ihr genervt war, musste sie feststellen, dass sich ihr Körper nicht mehr so schwer anfühlte und alles um sie herum langsam aufklärte – bis sie sogar die Augen öffnete. Jedoch musste sie gleich wieder die Augen zusammenkneifen, da sie geblendet war von der Intensität des Lichtes. „Da bist du, Dornröschen!“, eine rothaarige junge Frau beugte sich in ihr Gesichtsfeld. Während Mi sich langsam aufrappeln wollte, nur mit halbgeöffneten Augen, da ihr immer noch das grelle Licht in den Augen schmerzte, fragte sie: „Wo bin ich? Wer bist du?“ Als Mi sich mit ihrem linken Arm aufstützen wollte, schoss ein brennender Schmerz durch ihren Körper, sodass sie sich gleich wieder in das Bett fallen ließ. Blitzartig fielen ihr die Ereignisse ein, durch die sie bewusstlos geworden war. „Au! Mein Arm tut wahnsinnig weh, was ist das?“, sie rieb sich den Arm und schaute die Rothaarige an. „Du wurdest gestern von einem Vampir gebissen“, sagte eine junge Frau, die sich in die Tür des Zimmers stellte. Mi erkannte, dass es die hübsche Frau war, die den angeblichen Vampir vertrieben hatte. „Vampir? Es gibt also doch solche Wesen…“, Mi murmelte es vor sich hin. Sie war noch deutlich benommen „Und was seid ihr?“ Die rothaarige Frau begann zu erklären: „ Ich heiße Tsukai und bin eine Hexe“ „Das ist nicht nur auf ihre Fähigkeiten bezogen“, sagte die Frau im Türrahmen mit einem verschmitzten Lächeln. „Du bist gleich dran“, Tsukai schien leicht verärgert vom Einwand ihrer Freundin zu sein, setzte allerdings gleich wieder an: „ und die Nervensäge da ist Mitama, eine Vampirjägerin. Gemeinsam bekämpfen wir Vampire in dieser Gegend. Allerdings gelingt es uns mal besser und mal schlechter, weswegen du angegriffen wurdest.“ Tsukai blickte verlegen zur Seite. „Warum erzählst du mir das?“, fragte Mi. „Was Tsukai dir versucht zu erklären, ist, dass wir es nicht vermeiden konnten, dass Unschuldige mit in unsere Streitigkeit involviert wurden. Durch den Biss ist Gift des Vampirs in deinen Körper gelangt, sodass du dich nach und nach selbst in einen Vampir verwandelst. Normalerweise bleibt uns eine Stunde nach dem Biss Zeit um die Verwandlung rückgängig zu machen. Allerdings hat dieser Vampir ein besonderes Gift benutzt, mit dem er eigentlich mich töten wollte. Scheinbar hat er dich mit mir verwechselt, da du zufällig auch auf dem Friedhof warst.“ Traurigkeit und Reue schlich sich in Mitamas Blick. „Es tut mir leid.“ „Ich und ein Vampir? Was für ein Zeug raucht ihr? So etwas wie Hexen und Vampire gibt es nicht!“, empört stand Mi auf. Unfassbar, was diese beiden Frauen mir erzählen wollen! „Nennst du auch diese Wunde und den Schmerz nicht real?“, Tsukai griff fest an die Stelle des Einbisses, sodass Mi unter Schmerzen zu Boden ging. „Du solltest es dir erst zu Ende anhören, bevor du dir ein Urteil bildest!“ „Tsukai, war das wirklich nötig?“, ermahnte Mitama die aufbrausende Hexe, bevor sie fortschritt: „Um noch etwas hinzuzufügen, wir sind uns noch nicht sicher, ob und wann du dich in einen Vampir verwandeln wirst. Zurzeit bist du noch ein Mensch, sollte sich dein Körper irgendwie verändern oder er sich anders anfühlen, dann sagt uns Bescheid.“ „Was wird es für Folgen für mein normales Leben haben? Kann ich nach draußen ins Sonnenlicht? Woran merke ich, dass ich mich verwandle?“ „Zunächst wird es noch keine Auswirkungen haben. Wir wissen es selbst noch nicht, wie schnell du dich verwandelst und was ein Reiz dazu sein könnte. Du solltest auf jeden Fall dein Leben so normal wie möglich fortführen und keiner Person in deinem Umfeld davon erzählen. Wir als magische Wesen sind auch dazu verpflichtet die Menschen zu schützen, sodass sie nichts von unserer Existenz erfahren. Würden die Menschen etwas davon Wissen, würden Massenpaniken daraus resultieren. Daher bitte ich dich, alles, was du von uns gehört hast, geheim zu halten“, erklärte Mitama. „Ich mache mich dann mal langsam auf den Weg, meine Eltern und Freunde machen sich garantiert Sorgen, dass ich bis jetzt verschollen war.“ „Wir haben dich gestern nach Hause gebracht und du bist auch zur Schule gegangen – zumindest dein Doppelgänger…“, leise sprach Tsukai ihre Worte. „Wie habt ihr das gemacht?“ Nach dem Englischunterricht gingen Sohon und Yasai mit Mi in die Pause. „Mi, du bist heute so schweigsam und hast so glubschige Augen“, sagte Sohon forsch. „Buarg, ich bin noch erschöpft von der langen Nacht, buarg.“ „Ist dir eigentlich bewusst, dass wir uns gestern riesige Sorgen gemacht haben? Du hättest ruhig vor dem Friedhof warten können“, vorwurfsvoll sprach Sohon ihre Gedanken aus. „Buarg, ich war erschöpft und wollte nach Hause, buarg.“ Sohon wandte sich zu Yasai und flüsterte ihr in ihr Ohr: „Findest du nicht auch, dass Mi sich seltsam verhält?“ „Sie hatte etwas wenig Schlaf, das legt sich wieder“, versuchte Yasai hoffnungsvoll zu erwidern. In dem Moment als Yasais und Sohons Blicke zu Mi wanderten, flog eine Fliege vorbei und aus dem Mund ihrer Freundin schnellte ein lange rote Zunge hervor, die nach dem Insekt schnappte. „Ok, es liegt nicht nur am Schlaf…“ „Ihr habt einen Frosch als Doppelgänger für mich genommen?“, rief Mi entsetzt aus. „Findest du nicht, dass du gewisse Ähnlichkeiten mit diesem Amphibium hast?“, scherzte Tsukai. „Nein, wir hatten nur kein anderes Tier zur Hand.“ „Schöpfen meine Freunde dann keinen Verdacht?“, fragte Mi erstaunt. „Hm.. hängt von der ausführenden Hexe ab. Ihre Fähigkeiten sind auf jeden Fall noch ausbaufähig…“, stellte Mitama fest. „Du hast bald einen Feind mehr, wenn du so weiter machst!“, kommentierte Tsukai die Aussage ihrer Freundin leicht angesäuert. Mitama belächelte dies nur. „Wir haben auch gestern deine Freunde mit einem Zauber belegt, sodass sie uns nicht finden konnten. Durch den Zauber entstand ein räumliches Labyrinth, durch das deine Freunde umhergeirrt sind. Sollten sie seltsame Anmerkungen machen, versuche es ihnen rational darzustellen, dass es nicht sein könne.“ „Ja, ich habe verstanden“, sagte Mi beiläufig, als sie sich bereit machte, zu gehen. Mi stand schon fast in der Wohnungstür, als Mitama noch schnell etwas einwarf: „Mi, bevor du gehst, möchte ich dir sagen, dass du jeder Zeit zu uns kommen kannst, wenn dich etwas bedrückt.“ Auf ihrem Weg nach Hause beschäftigten Mitamas Worte das junge Mädchen. Sie konnte es nicht begreifen, was sie soeben erfahren hatte. Sie hoffte, dass das Erlebte sich als Traum auflösen würde. Auch in den Tagen danach, beschäftigte sich Mi mit dieser Nacht. Sie fühlte sich leer und durfte bei keinem Menschen sich aussprechen. Mitamas Worte hallten immer wieder in ihren Ohren. Ihr alltägliches Leben kam ihr seltsam entfernt vor. Ihre Gedanken spielten sich nicht in der Realität ab, sie fühlte sich so, als sei ihr mit dem Biss ihr Leben entzogen. Durch ihre gedankliche Abwesenheit distanzierte sie sich ungewollt auch von Yasai und Sohon. „Mi“, während einer Pause zwischen den Unterrichtsstunden starrte Mi zum Fenster raus bis Sohon sie aus ihrer Gedankenwelt zog „was ist mit dir? Du siehst in den letzten Tagen so aus, als seist du wo anders.“ „Sohon“, Tränen schossen in Mi´s Augen. „Du bist so schweigsam geworden. Muss ich mir Sorgen um dich machen?“ „Ich würde es dir gerne sagen, aber ich darf es nicht“, die Traurigkeit nahm Mi die Stimme. „Du musst auch nicht reden, wenn du nicht kannst“, fest umschlang Sohon ihre Freundin und flüsterte ihr ins Ohr: „Ich bin jeder Zeit bereit, wenn du reden willst!“ Die Umarmung von Sohon riss Mi wieder ein Stück näher in ihr Leben. Sie war dankbar, dass sie so eine verständnisvolle Freundin hatte. Als Mi zu Hause war, setzte sie sich auf die Fensterbank ihres Zimmers. Sie mochte diese Stelle sehr, besonders um nachzudenken. Da es nach Westen ausgerichtet war, konnte sie langsam verfolgen, wie sich die Sonne über der Stadt senkte und den Himmel in warme Töne färbte. Mi genoss es, wie die letzten Sonnenstrahlen ihre Haut kitzelten. Für einen Moment vergaß sie Zeit und Raum und hoffte, dass dieser Augenblick der Wärme noch länger bestehe. Ihre Augen schlossen sich, sie hatte keine Ahnung, wie lange sie sie geschlossen hatte. Plötzlich erklang der Klingelton ihres Handys. Sie fuhr auf und sprang von der Fensterbank runter um auf ihr Telefon zu sehen. Sie traute ihren Augen nicht, als sie auf den Bildschirm blickte: Asahi, ihr Schwarm hatte ihr geschrieben! Hey Mi! Treffen uns im Stadtpark um den schönen Sommerabend zu genießen. Würde mich freuen, wenn du kommst. Mis Herz überschlug sich. Sie war sowohl davon überrascht, dass er sie angeschrieben hatte, als auch dass er sie sehen wollte. Während sie sich freute, überlegte sie, was sie schreiben sollte. Nachdem sie ihm geantwortet hatte, überlegte sie, was sie anziehen sollte. Sie hatte keine Ahnung, warum er ihr gerade heute geschrieben hatte, aber sie hatte keine Zeit, darüber nachzudenken. Sie schnappte sich ein Top mit fliederfarbigen Tönen und einer dunklen enganliegende Jeans. Sie wollte, dass ihre dezenten weiblichen Rundungen etwas besser zur Geltung kamen, deswegen wählte sie so ihre Kleidung. Mi sagte ihrer Mutter Bescheid, dass sie sich noch mit Freunden traf, und verließ das Haus. Mittlerweile war die Sonne nicht mehr sichtbar, nur noch der angenehm getönte Himmel warf sich spätsommerlich über die Stadt. Fröhlich und aufgeregt zugleich lief sie zügig in Richtung Stadtpark. An Tsukais Zimmertür klopfte es. „Herrein!“ Mitama schritt in das Zimmer ihrer Freundin. „Ich breche gleich auf“, sagte Mitama. „Du wirkst immer noch sehr erschöpft, willst du wirklich heute dir die Nacht um die Ohren schlagen?“, stellte Tsukai besorgt fest. „Es gibt ansonsten keinen, der es kann“, Mitama hatte einen melancholischen Blick in ihren Augen. „Hast du schon etwas über das Mondzeichen herausfinden können?“ „Die Recherche erweist sich als sehr mühsam. Es gibt in meinen alten Wälzern so gut wie nichts darüber zu finden“, beklagte Tsukai sich leicht müde. „Das hätte ich nicht erwartet, dass es dir so sehr zu schaffen macht. Aber setzte mich bitte sofort in Kenntnis, wenn du fündig geworden bist. Ich gehe nun auf Vampirjagd.“ Während Mitama schon fast aus dem Zimmer war, sagte Tsukai: „Mitama, bitte sei vorsichtig. Er hat es schon einmal versucht, dich umzubringen und in deiner jetzigen mental angeschlagenen Situation bist du ein leichtes Opfer.“ Es kam selten vor, dass Tsukai so sorgenvolle Worte aussprach, das hieß, dass es ihr wirklich Kummer bereitete, Mitama in diesem Zustand zu sehen. Dessen war sich Mitama auch bewusst. „Kein Grund zur Besorgnis, ich bringe ihn zur Strecke. Schon alleine wegen Mi muss ich es schaffen“, die junge Vampirjägerin war erstaunt, wie zuversichtlich sie klingen konnte, jedoch versuchte sie nichts als ihre eigene Unsicherheit zu überspielen. Sie wollte nicht, dass Tsukai auch noch an ihr zweifelte. In ihrer ganzen Zeit als Vampirjägerin war sie noch nie mit einer ähnlichen Situation konfrontiert worden; sie hatte zum ersten Mal so etwas wie Ehrfurcht und die Befürchtung, dass ihr Gegner ihr deutlich überlegen war, zumindest kräftemäßig. Mitama zog sich um, nahm sich ihre seidigen Haare zu einem strengen Pferdeschwanz zusammen und überprüfte ihr Equipment. Sie öffnete die Balkontür ihres Zimmers und begann von der Balustrade aus auf das Dach des Nachbarhauses zu springen. Heute bist du fällig! Tsukai schaute aus dem Fenster und sah ihrer Freundin zu, wie sie sehr schnell in den abendlichen Himmel verschwand. Eigentlich war sie sehr erschöpft und frustriert, dass sie nach stundenlangem Studium ihrer Büchersammlung aus den alten Zeiten noch nichts Nützliches gefunden hatte. Sie war sehr ambivalent gestimmt. Am liebsten würde sie es nun für den Tag gut sein lassen, jedoch dachte sie an Mitama, die sich trotz mehrerer erfolgloser Versuche, diesen Vampir zu vernichten, nach wie vor anstrengte. Daher wollte sie sich nicht geschlagen geben, auch wenn sie wenig optimistisch gesinnt war, es noch zu einem Ergebnis zu bringen. Sie beschloss, eine Pause einzulegen, öffnete das Fenster, um frische Luft in den Raum zu bringen und ging in die Küche um sich einen Kaffee zu kochen. Während der Kaffee zog, betrachtete sie die Tasse, die sie zuvor aus dem Küchenschrank entnommen hatte. Die Tasse war ein Erbstück ihrer Ziehmutter. Das alte Porzellan war von Blättern und Ästen des Lindera- Lorbeer verziert. Sie bewunderte die filigran gemalten Verschnörkelungen – bis ein Geistesblitz sie traf. Genau, das war es! Der Lorbeer… Ihre Gedanken rasten. Sie hatte den ganzen Tag die falschen Denkansätze verfolgt. Es war für sie unbegreiflich, wie sie all die Zeit nicht darauf gekommen war: der Vampir hatte zuvor den falscher Lorbeer der Daphne gegessen, sodass er die Zusammensetzung seines Vampirgiftes potenzieren konnte. Diese antike Pflanze war äußerst selten und eigentlich war Tsukai davon ausgegangen, dass sie schon längst ausgestorben sei. Dabei handelte es sich um ein Gewächs, das nur bei Vollmond rot blüht und ähnliche Blätter wie Lorbeer hat, daher auch der Name. Dem Mythos zufolge geht alles zugrunde, das mit den giftigen Blüten in Berührung kommt – außer Vollvampire. Vampire werden nach deren Konsum lediglich in den folgenden Tagen kraftlos, jedoch regenerieren sie sich schnell. Tsukai suchte in ihrer großen Büchersammlung nach einem Band über botanische Alchemie. Glücklicherweise hatte sie es schnell gefunden. Da die Hexe es seit Jahrzehnten nicht mehr benutzt hatte, war es stark eingestaubt. Den gröbsten Dreck wischte sie mit ihrer Handfläche weg und setzte sich danach mit dem schweren Werk an ihren Schreibtisch. Als sie es aufschlug, erblickte sofort den hexametrischen Text, der in einer Hexengeheimschrift verfasst war. Tsukai war etwas aus der Übung, was diese Schrift betraf, da sie eigentlich nur in der alten Zeit des Pentarchie- Milleniums verwendet wurde. Vorsichtig blätterte Tsukai die Seiten um, denn das Papier war hauchdünn und leicht marode geworden. Tsukai war immer aufs Neue von den schönen verzierten Illustrationen und der ornamentähnlichen Schrift. Bald wurde sie auch fündig. Auf der Gegenseite des Textes war eine Zeichnung der Blüte des falschen Lorbeers zu sehen. Sie begann den langen Text zu lesen, jedoch kam sie nur beschwerlich voran. Die Hexe seufzte, das würde eine lange Nacht für sie werden. Vers für Vers ging sie den Text durch und überlegte, ob sich dahinter ein Hinweis auf das Mondzeichen versteckte. Sie hatte erst eine Seite geschafft und schlug um, als auf dieser genau das Zeichen erschien, das sich auf Mis Arm abgezeichnet hatte erschien. Tsukai war überwältigt und hoffte nun aufschlussreiche Informationen zu erhalten. Nach den ersten Zeilen schaute sie geschockt auf, stand auf und hetzte zum nächsten Kalender um zu sehen, welche Mondphase heute sei. VOLLMOND!!! Sie musste schnellsten Mi und Mitama warnen und ihnen mitteilen, was sie erfahren hatte. Sie musste nun Ruhe bewahren und beschloss, bevor sie sich auf den Weg zu Mi machte, den Text erst zu Ende zu lesen, denn vielleicht gab es ein Mittel, mit dem man die Verwandlung rückgängig machen konnte. Mitama versuchte währenddessen eine Spur des Vampirs aufzunehmen, jedoch erfolglos. Sie hatte schon einige Orte abgesucht, an denen sich diese Kreaturen gern aufhielten. Vielleicht war es noch zu früh, denn die Sonne hatte sich erst vor nicht allzu langer Zeit über die Stadt gesenkt. Mi lief zügigen Schrittes in Richtung Park. Dafür, dass die Sonne sich schon verabschiedet hatte, war es erstaunlich hell. Sie schaute zum Himmel und entdeckte die volle Mondkugel sich über der Stadt erheben. Plötzlich fuhr ihr ein stechender Schmerz durch die Brust, sodass sie sich etwas zusammenkrümmte. Kurz darauf folgte ein erneuter Stich, noch intensiver, auf den sie sich zu Boden warf. Sie spürte jeden Herzschlag und wie es immer langsamer wurde, bis es gar nicht mehr schlug. Sie rang nach Luft, doch es strömte nichts in ihre Lungen. Panische Angst stieg in ihr auf. Das gleiche Gefühl wie vor einigen Tagen schlich sich bei ihr ein, doch glaubte sie, dass es nun endgültig zu Ende mit ihr sei. Die Dunkelheit zog sie wieder in sich und sie konnte keinen Widerstand leisten. Erneut machte sich Mitama in Richtung des Stadtparks auf, auch wenn sie dort schon nach Vampiren gesucht hatte, jedoch nichts gefunden hatte. Wie aus dem Nichts entstand eine starke unbekannte Aura. Es musste die eines Vampirs sein, doch Mitama war sich nicht sicher, denn es kam ihr komischerweise auch sehr vertraut vor. Sie änderte ihr Ziel um es sich anzuschauen. Allmählich merkte sie, dass sie nicht die einzige war, die davon angezogen wurde. Aus der plötzlichen Dunkelheit erwacht sie blitzartig. Mi wusste nicht, wie lange sie schon dort auf dem Boden gelegen hatte. Ihre Umgebung kam ihr nicht mehr so finster vor, dafür dass es bereits Nacht war. Langsam erhob sie sich und rieb sich den Bodendreck von der Kleidung. Sie hatte keine Ahnung, was mit ihr passiert war. Sie schaute an sich herab und konnte nichts Seltsames an sich feststellen. Sie atmete tief ein und genoss den intensiven Geruch der umliegenden Pflanzen. „Mi, da bist du!“, eine bekannte Stimme ertönte hinter ihr. Aus der Dunkelheit erschien Mitama, die wild auf sie zustürmte. „Ist alles in Ordnung mit dir? Wie fühlst du dich?“ „Gut, was sollte sein?“, eigentlich ging Mi davon aus, jedoch sah sie Mitamas irritierten Blick. „Warum bist du hier?“ „Du bist dir dessen nicht bewusst?“, Mitama hielt einen Moment ein und überlegte, wie sie es sagen konnte. „Du hast dich in eine Vampirin verwandelt.“ „Aber ich fühle mich nicht anders als sonst, nur dass ich zusammengebrochen bin…“ „So verwandeln sich Menschen in Halbvampire. Ich habe leider keine Zeit dir alles ausführlich zu erklären, denn nicht nur ich wurde von deiner Energie angezogen.“ Kaum hatte Mitama ihre Worte ausgesprochen, erschien der Vampir, der Mi gebissen hatte. „So trifft man sich wieder“, sagte er „Wirst du sie heute besser beschützen können, Mitama?“ er neigte seinen Kopf seitlich und schritt auf die beiden Frauen zu. „Ignoriere sie, ich bin dein Gegner!“, Mitama stellte sich beschützend vor Mi. „Und du solltest jetzt gehen, Mi. Ich will nicht, dass er dich noch mehr verletzt.“ „Och, wie rührend! Glaubst du ernsthaft, dass du sie beschützen kannst? Ihr werdet beide durch die Hände Fumeiros sterben – und zwar heute Nacht!“ „Ich kämpfe mit dir, ich bin schließlich jetzt ein Vampir!“, sprach Mi trotzig aus, worauf sie einen unverständnisvollen Blick von Mitama zugeworfen bekam. „Ihr werdet so oder so sterben, zu zweit könnt ihr mich nicht besiegen!“ „Aber zu dritt!!!“, eine weitere Gestalt sprang von einem hohen Baum in das helle Gegenlicht des Mondes, sodass Mitama und Mi nicht erkennen konnten, wer nun auftauchte. „Ketchup-Attacke!!!“, es war Tsukai, die in Richtung des Vampirs sprang. In ihrer Hand hatte sie eine Ketchupflasche und sie war gerade dabei, den Inhalt auf Fumeiro zu entleeren, jedoch entwich dieser. „Netter Versuch, aber nicht gut genug für mich!“ „Na warte, das nächste Mal treffe ich!“ „Tsukai, was machst du mit dem Ketchup?“, fragte Mitama, die vollkommen überrascht war, dass ihre Freundin sich in den Kampf aktiv einmischte und das auch noch mit einer skurrilen Methode. „Ich habe herausgefunden, dass Vampire Ketchup nicht mögen. Die Zusammenhänge erkläre ich euch, wenn wir hier fertig sind“, nachdem die Hexe ausgesprochen hatte, setzte sie zu einem neuen Angriff an, doch war sie deutlich langsamer als ihr Gegenüber. „Das wird mir zu doof mit euch“, Fumeiro machte einen großen Satz nach hinten und floh. „Du Feigling, komm zurück!!“, Tsukai war richtig in Rage geraten und wollte ihm eigentlich hinter her stürmen, doch Mitama unterbrach sie: „Nein, das ist eine Falle! Er ist heute nicht alleine gekommen und wartet nur darauf, dass wir ihm folgen.“ „Was? Ich dachte, er sei ein Einzelgänger“, das Entsetzen machte sich auf Tsukais Gesicht breit. „Mis Verwandlung hat nicht nur uns und Fumeiro angelockt, sondern noch mehr Vampire, die ich noch nicht kenne.“ „Wie viele sind es?“ „Wir sind auf jeden Fall deutlich unterlegen. Wir sollten uns zurückziehen und einen Plan aufstellen.“ „Och nö, ich war gerade so gut in Fahrt…“, stellte Tsukai enttäuscht fest. „Du wirst demnächst eine neue Gelegenheit dazu finden. Wenn wir uns jetzt nicht beeilen, sind wir gleich umzingelt“, Mitama versuchte ihre Freundin zu beschwichtigen „Ich muss zu einer Stelle mit vielen Bäumen.“ Die drei Frauen liefen schnell zum Rand des Stadtparks zu einer Ansammlung von Bäumen. Mi verstand nichts, und hoffte, dass Mitama und Tsukai eine gute Strategie hatten. Sie traute sich in diesem Moment nicht, auch nur einen Mucks von sich zu geben, da sie bemerkte, dass Mitama sich sichtbar konzentrierte während sie einen Baum berührte. Eine seltsame befremdlich und zugleich warme Aura umschloss die jungen Frauen, Mi konnte nicht so ganz begreifen, was gerade um sie geschah. Ein Ausruf Mitamas holte Mi wieder aus ihrer Unaufmerksamkeit in die Situation zurück. Ihr gegenüber sah sie geisterhafte Gestalten, die äußerlich starke Ähnlichkeiten zu den drei Frauen hatten. „Das sind Gosei Tamashi, Seelendoppelgänger von uns“, setzte Tsukai an „Mitama hat sie aus den Seelenpartikeln aus unserer Umgebung geformt, die jedes Lebewesen umgeben. Vor allem Pflanzen häufen eine große Menge von diesen Teilchen an, sodass es hier schneller geht als an Lichtungen und ist bei weitem nicht so energieaufwändig.“ „Und diese Wesen sollen die Vampire ablenken?“ „Zumindest für ein Weile, bis wir außer Reichweite sind. Sie haben eine ähnliche Aura wie wir, sodass die Vampire davon ausgehen werden, wir seien es. Jedoch werden sie es schnell bemerken, dass es keine Lebewesen sind und sie erst recht nicht aus Blut und Fleisch bestehen“, ergriff Mitama das Wort. „Doch wenn wir uns nicht beeilen, war dein kleiner Zaubertrick für die Katz‘!“, ungeduldig drängte Tsukai ihre Freundin. „Moment, ich muss erst unsere Auren überdecken!“, die Vampirjägerin ging erneut in sich, jedoch spürte Mi dieses Mal nichts. „Los, lasst uns gehen! Ich gehe voraus, dann kommt Mi und dann du Tsukai.“ „Ich hatte schon so einen Ahnung, dass du das sagen würdest… Warum muss ich immer das Schlusslicht sein?“, maulte Tsukai, doch ihre Angst war deutlich erkennbar, sodass sie sich in Bewegung setzte. Mitama und ihr Gefolge hetzten in übermenschlicher Geschwindigkeit zwischen den Bäumen und dem Gestrüpp durch. Dabei bemerkte Mi, dass die Nacht scheinbar nicht so dunkel sein musste, da sie ungewöhnlicher Weise jegliche Strukturen und Tücken des Bodens erfassen konnte. Mi wurde etwas nervös, da sie das Gefühl hatte, schneller als Mitama sein zu können und ihr bald in die Füße laufen würde. Daher versuchte sie sich etwas zu bremsen. Allmählich lichteten sich die Pflanzen und sie erreichten ein Tor des Stadtparks, sodass sie bald in der Stadt sein würden, inmitten der Lichter der Geschäfte und Häuser – die die Vampire so sehr hassten, da ihre Andersartigkeit dort auffiel und sie nicht versteckt agieren konnten. Sobald Mitama die ersten Geschäftsreihen erreicht hatte verlangsamten sich ihre Bewegungen bis sie zum Stillstand kam. Mi und Tsukai taten es ihr gleich. Die jungen Frauen hielten vor einem Modegeschäft an, das einige Spiegel im Schaufenster hatte. Mi entdeckte gleich die Spiegelbilder ihrer Gefährtinnen, jedoch nicht ihr Eigenes! Es stimmt also, was man über Vampire sagt, dass sie ihr Ebenbild nicht im Spiegel sehen können! „Puh! D-da-das w-wird hoff-hoffentlich n-nicht zu unserer allabendlichen Besch-Beschäftigung!“, erst als Tsukai wieder etwas von sich gab, merkte Mi, dass Mitama und Tsukai deutlich erschöpft und außer Puste waren – ganz im Gegensatz zu ihr. Tsukai lag fast keuchend und um Luft ringend auf dem Boden, während Mitama noch gebeugt stehen konnte. „Nun kannst du dir vorstellen, was ich jeden Abend durchmache!“, sagte Mitama mit beschleunigter Atmung. „Wi-hie hä- ä-ätzend…“ „Für heute lassen wir es gut sein“, brachte Mitama leicht gequält heraus. „Wir bringen Mi noch nach Hause.“ „Seh‘ ich auch so…“, presste Tsukai aus ihrem Kehlkopf. „Und wie geht es weiter?“, fragte Mi. „Ich habe mich verwandelt, so kann ich nicht unter Menschen gehen und meine Abwesenheit wird auffallen…“, leichte Tränen kullerten über Mis Wangen. „Stimmt, deswegen bin ich auch gekommen!“, plötzlich richtete Tsukai sich wieder auf. „was ich euch zeigen wollte ist, dass du dich mit Ketchup zurückverwandelst, zumindest zeitweise! Ich habe auch ein Flasche mitgebracht. Ein Schluck wird wahrscheinlich reichen.“ „Purer Ketchup? Das ist ja ekelig..“ „Tut mir leid, Pommes waren heute aus. Die Einzelheiten dazu werde ich dir demnächst erklären, heute Abend sind wir alle nicht mehr in der Verfassung für lange Vorträge“, Tsukai schien sich wieder erholt zu haben, sodass sie dies keck auch ihren Mitstreiterinnen zur Kenntnis gab. Darauf nahm Mi einen Schluck und einen Moment später verspürte sie einen starken Schlag von innen gegen ihr Brustbein, bei dem ihr übel wurde und sie sich vor Schmerzen krümmen musste. Doch es hielt nicht lange an, sodass sie sich wieder aufrichten konnte und sofort im Spiegel des Schaufensters ihre Spiegelung erblickte. Fasziniert von ihrem Ebenbild fragte sie Tsukai: „Was muss ich tun, dass ich mich nicht mehr verwandle?“ „Puhh, erstmal nicht den Vollmond anschauen, allerdings sagt sich das so einfach… Du kannst morgen gern bei uns vorbeikommen und ich erkläre dir alles, doch jetzt bin ich zu erschöpft…“ „Es ist unfassbar, was für ein Phlegma du hast“, stellte Mitama fest. „Ist schon ok, war auch für mich heute sehr viel. Bringt mich bitte nach Hause.“ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)