Dark Kingdom von teta ================================================================================ Kapitel 5: ----------- Der Kioskbesitzer sah sie erst überrascht an, als sie um diese Uhrzeit noch zwei Kaffee bestellte. Dann allerdings, mit einem Seitenblick auf den großgewachsenen Mann neben ihr, verwandelte sich sein gesicht in eine zweideutig grinsende Fratze. Das fand sie einerseits unerhört. Was glaubte er, da vor sich zu haben? Ein Pärchen, das nach einem Schäferstündchen in einem der angerenzenden Hotels noch einen gemeinsamen Kaffee trinkt? Und selbst wenn es so wäre, könnte ihm das vollkommen egal sein. Aber andereseits... Es hatte etwas für sich, als Freundin dieses attraktiven und geheimnisvollen Mannes gesehen zu werden. Optisch betrachtet gaben sie mit Sicherheit ein tolles Paar ab. Sie dachte wieder an die beiden Verliebten von heute Nachmittag, die sich gegenseitig mit Trauben gefüttert hatten. In ihrem Kopf verwandelte sich das Pärchen wie automatisch in sie und Mamoru. Sie stellte sich vor, wie er zärtlich über ihre Wange strich, sich ihr entgegenbeugte und... »Wie soll er sein?«, hörte sie eine Stimme, weit entfernt in ihren Gedanken. »Liebevoll.«, seufzte Bunny. Sie erwachte schlagartig aus ihrem Tagtraum, als sie merkte, dass sie ausgerechnet diesen Gedanken laut ausgesprochen hatte. Peinlich berührt starrte sie in das verblüffte Gesicht hinter dem Tresen und hatte den sehnlichen Wunsch, sich augenblicklich in Luft aufzulösen. »Schwarz reicht, danke.« Mamoru nahm sich seinen Becher selbst und sie konnte aus den Augenwinkeln beobachten, wie er lässig zu einem der Stehtische ging. Ihr Blick rutschte automatisch nach unten und blieb förmlich kleben an seinem Hinterteil, das in der schwarzen Jeans prachtvoll betont wurde. Ihre Beobachtung blieb nicht lange unbemerkt, wie das leichte Grinsen im Gesicht des Schwarzhaarigen zeigte, als sich ihre Blicke trafen. Bunny schaute schnell weg und kümmerte sich übertrieben detailliert um ihren Kaffee. Sie goss sorgsam Milch in das heiße Getränk und häufte Zucker auf den Löffel, den sie dann vorsichtig in den Becher rieseln ließ. Eigentlich mochte sie überhaupt keinen Kaffee. Eine große Tasse heiße Schokolade wäre ihr wesentlich lieber gewesen. Aber sie wollte ja erwachsen wirken und Erwachsenen tranken nun mal dieses scheußliche Zeug. »Willst du noch ein bisschen Kaffee in deinen Zucker?« Sie blickte zu Mamoru auf. Der hatte gerade seinen Becher an die Lippen gesetzt. Oh, wie gern würde sie in diesem Moment mit dem Becher tauschen. Halt, was hatte er gerade gefragt? Sie betrachtete ihre Hände. Himmel, wie viele Löffel Zucker hatte sie in ihren Kaffee gemacht? Die Zuckerdose war eben noch voll. Und jetzt halbleer. »Ich trinke den immer so.«, versuchte sie vollkommen normal zu klingen und rührte betont lässig in ihrem Getränk. Zumindest versuchte sie es, was sich aber schwieriger gestaltete, als erwartet. Der Boden des Bechers war mit Zucker bedeckt. Bunny schätzte die Höhe auf bestimmt 10 Zentimeter. Und warum rührte sie dann immer noch darin rum? Als sie einen Schluck ihres Kaffees, wenn man es denn noch so nennen konnte, nehmen wollte, lächelte sie ihr Gegenüber freundlich an. Der beobachtete sie eingehend, fast wie ein wissenschaftliches Projekt. Jetzt bloß nichts anmerken lassen. Du bist cool und erwachsen. Los, Bunny, du schaffst das. Sie sezte den Pappbecher an ihren Mund, schloss die Augen, ließ das Gebräu ihre Kehle hinunter laufen. Und spuckte alles wieder aus. Zum Glück neben sich und nicht direkt vor Mamorus Füße. »Ihgitt!«, sie schnappte sich einen großen Stapel Servietten vom Tisch und schrubbte damit ihre Zunge ab. Sie musste einen herrlichen Anblick bieten. Doch Mamoru blieb vollkommen ruhig. Entweder er hatte eine wahnsinnige Selbstbeherrschung, obwohl er innerlich wahrscheinlich bereits auf dem Boden kugelte vor Lachen. Oder er war einfach nur so nett, sie nicht auszulachen. Der Kioskbesitzer hatte da weniger Hemmungen, was ihm einen bösen Blick von Bunny einbrachte. »Tut mir leid.«, seufzte sie in seine Richtung, während sie versuchte, ihre verwuschelten Haare wieder einigermaßen zu richten. Mamoru zuckte mit den Schultern. Oh Gott, es war noch viel schlimmer. Er hatte nicht gelacht oder sich peinlich berührt weggedreht, weil ihm ihr Auftritt scheinbar schlichtweg egal war. Sie war ihm egal. Wenn es etwas gab, was mehr weh tat, als dumme Sprüche auf ihre Kosten oder offene Ablehnung, dann war es Ignoranz. Egal wie sehr man sich anstrengte und was man sagte oder tat. Wenn es dem Gegenüber egal war, spürte man regelrecht, wie einem der Boden unter den Füßen weggezogen wurde. »Bist du immer so theatralisch?«, fragte er. Bunny starrte ihn fragend an. »Du solltest für deine Nummern Eintritt verlangen.«, er zeigte mit dem Finger auf das Chaos an Servietten, dass um sie herum lag. »Dir scheinen sie ja nicht besonders zu gefallen.«, rutschte Bunny heraus, während sie die einzelnen Papierfetzen einsammelte. Schon wieder zuckte er mit den Schultern. Was hatte er nur mit dieser geste? War ihm schlichtweg alles egal oder hatte er ein krankhaftes Nervenleiden, dass ihn dazu veranlasste, ständig seinen Rücken mit der Bewegung zu entlasten? »Ich finde es nur merkwürdig, dass sich jemand in deinem Alter noch so benimmt.« Bunny drehte sich angesäuert zu ihm um. Sie hatte vor Wut die Servietten in ihren Fäusten zusammengeknüllt. »Kann ja nicht jeder so obercool rüberkommen wie du. Und was soll das eigentlich mit dem ständigen Schultergezucke? Findest du das lässig, wenn jeder denkt, dir ist alles so furchtbar egal?«, sie piekte ihn mit dem Zeigefinger in die Schulter. Es sollte keine böse Geste sein, sie wollte ihm auch nicht weh tun oder so. Aber wenn man irgendwas gegen sie sagte, was ihr missfiel, wurde tief in ihr drinnen ein übellauniges moserndes Monster geweckt, das erst Ruhe gab, wenn alle Beschimpfungen endlich draussen waren. Mamoru schien das nicht zu wissen, woher auch. Als sie ihn zum zweiten Mal pieksen wollte, ergriff er ihr Handgelenk. »Deine Schimpftiraden könnten bei den falschen Leute gefährlich enden.«, sagte er. Bunny wusste im ersten Moment gar nicht, was sie sagen sollte. Sie stand vor ihm, so nah, dass sie seinen Atem auf ihrem Gesicht spürte. »Und du gehörst auch zu den falschen Leuten?«, fragte sie schließlich flüsternd. Sie wagte nicht, sich zu bewegen. »Möglicherweise.«, war seine knappe Antwort. Sein ernster Blick bereitete ihr Unbehagen. Es war nicht so, dass seine Nähe ihr Angst machte, aber da war wieder dieses Dunkel in seinen Augen. Dieser schwarze Schatten, der sie zu verschlingen drohte. »Willst du mir auch den Arm brechen?« Mamoru verstand die Anspielung und ließ ihr Handgelenk beinahe zu schnell los. Sie rieb die lädierte Stelle, die sich bereits rötlich verfärbte. Ehe sie sich ihren Unterarm noch genauer ansehen konnte, ergriff Mamoru ihn bereits wieder, diesmal sanfter. Mit seinen Fingern strich er vorsichtig über die Rötung. Bunny hielt den Atem an. Diese zarte Berührung schickte eine wahre Welle aus Glücksgefühlen durch ihren Körper und sie spürte, wie sie eine Gänsehaut bekam. Hoffentlich bemerkte er es nicht. »Dieser Typ hatte es verdient.«, erklärte er und strich mit seinem Dauemen über ihr Handgelenk. Sie wusste, dass er die Aktion gestern Abend meinte, aber sie konnte sich kaum auf seine Worte konzentrieren. Zu sehr genoss sie, wie er sie anfasste. »Es ist ekelhaft, eine Frau gegen ihren Willen...« Er stockte und Bunny sah wieder zu ihm auf. »Entschuldige.«, sagte er sanft. Meinte er damit, dass er ihr weh getan hatte oder seine Worte gerade eben? »Ist ok.«, flüsterte sie wieder und zwang sich, ihm nicht zu lange in die Augen zu sehen. Wer weiß, was sonst noch mit ihrem Körper passiert wäre. Ihr Blick fiel auf seinen Hals. Und besonders auf eine kleine dunkle Stelle daran. Was war das? Es sah aus wie eine Zeichnung, eine Art Muster. Ja, ein Tattoo, eindeutig. Am Ende seines Halses konnte man so etwas wie eine verschnörkelte schwarze Spitze sehen, die unter dem Kragen seines Hemdes verschwand. Wie groß war wohl die Tättowierung. Und was stellte sie dar? Sie versuchte sich vorzustellen, wie Mamoru wohl ohne sein Hemd aussah. Breite Schultern, eine muskulöse Brust und ein durchtrainierter Bauch. Er lies ihre Hand los, was sie aus ihrer Fantasie riss. Sorgsam richtete er seinen Kragen, das Tattoo war so nicht mehr zu erkennen. Hatte er ihren Blick bemerkt? »Danke für den Kaffee.«, sagte er plötzlich. »Du willst schon gehen?«, sie versuchte, nicht allzu verzweifelt zu klingen. »Es ist spät.«, seine Stimme klang wieder hart. Wo war die Wärme von eben hin? Hatte sie es etwa schon wieder geschafft, innerhalb von Sekunden durch ihre Blödheit alles kaputt zu machen? »Du solltest nach Hause.«, er holte etwas aus seiner Hosentasche. »Hier. Für ein Taxi.« Bunny betrachtete die beiden großen Scheine in ihrer Handfläche. Sie waren warm. Wie lange trug er die wohl schon mit sich herum? »Aber das ist doch viel zuviel.«, sie sah auf. Und stockte. Wo war er hin? Wie konnte er so schnell verschwinden? Und vor allem, ohne dass sie es mitbekommen hatte. Stirnrunzelnd blickte sie sich um, aber es änderte nichts an der Tatsache, dass er sich schon wieder einfach in Luft aufgelöst hatte. »Wie macht er das immer?«, fragte sie leise, mehr zu sich selbst. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)