Dark Kingdom von teta ================================================================================ Kapitel 9: ----------- Wie sollte sie ihn vergessen können? Was war das überhaupt für ein Schwachsinn? Erst entführte er sie halb, nur um ihr mitzuteilen, dass sie sich nie wieder sehen dürften. Und warum dürfte sie ihn nicht wiedersehen? Weil es gefährlich war? Bisher hatte sie sich in die gefährlichen Situationen selber reingeritten, dank ihrer Tollpatschigkeit. Er war nur so gnädig und hatte sie beide Male daraus befreit. Sie seufzte. Niemals wiedersehen. Das war relativ einfach in einer so großen Stadt. Dass sie ihn letztens entdeckt hat, war nur Zufall. Normalerweise konnte man nicht damit rechnen, jemanden in Tokio ein zweites Mal zu treffen. »Hey, wieso ist mein Lieblingsgast so schlecht drauf?« Die bekannte Stimme eines jungen Mannes ließ sie aus ihren Gedanken aufschrecken. »Motoki.«, sie lächelte freundlich. Der jugendliche Kellner war fast so etwas wie ein guter Freund. Verbrachte sie doch die letzten Jahre fast ihre gesamte Freizeit in dem kleinen Café mit der angrenzenden Spielhalle. »Darf ich dir mal eine Frage stellen?«, Bunny musterte ihn unbemerkt. Er war schon ziemlich süß mit seinem blonden Wuschelkopf und dem jungenhaften Grinsen. »Ich bin ganz Ohr.«, er stellte sein leeres Tablett auf Bunnys Tisch und setzte sich ihr gegenüber. Scheinbar war gerade eh wenig zu tun. Aber das war eben Motoki. Freundlich, lieb und offen. Theoretisch würde er mit seiner gutgelaunten Art wunderbar zu ihr passen. Bunny legte den Kopf schief, hörte tief in sich hinein. Konnte es sein? Hatte sie jahrelang einen hübschen jungen Mann vor sich und war einfach nur blind gewesen? Sie hielt die Luft an, wartete auf erste Anzeichen, während sie ihm tief in seine strahlend blauen Augen schaute. Es war ein anderes Blau als das von Mamoru. Das hier glich dem Himmel an einem strahlend schönen Sommertag. Nett, aber überhaupt nicht geheimnisvoll. Mist. Es hätte ja zu schön sein können. Sie hätte Mamoru wesentlich leichter vergessen können, wenn sie sich mit einem anderen ablenken könnte. Motoki starrte sie fragend an. Stimmt, sie wollte ihn ja was fragen. Er musste sie für vollkommen Banane halten, dass sie ihm gegenüber saß und nur blöd angaffte. Sie räusperte sich: »Warum sind Männer so verdammt kompliziert?« Der blonde Mann blickte sie überrascht an, lächelte dann aber in seiner gewohnt charmanten Art und sagte: »Na, ihr Frauen seid auch nicht gerade leicht zu durchschauen.« »Vielleicht passen Männer und Frauen einfach nicht zusammen.«, Bunny stupste mit ihrem Finger einen Krümel von der polierten Tischplatte. »So darfst du nicht denken.«, sagte Motoki freundlich, holte einen gelben Lappen unter seiner Schürze hervor und wischte damit über die Stelle, an der Bunny gerade noch ihre Hand hatte. Was hatte es nur immer mit dieser Poliererei auf sich? »Manchmal ist es doch viel spannender, wenn es kompliziert ist. Wenn alles passt, kommt irgendwann Langeweile auf.« »Ja, wahrscheinlich.«, Bunny schaute nachdenklich aus dem Fenster. Ab und zu war Langeweile nichts Schlechtes. Langeweile bedeutete Ruhe und Erholung. Diese Worte konnte sie allerdings kein Stück mit Mamoru in Einklang bringen. Er war einfach zu mysteriös. Und jetzt weg. Vielleicht war seine Aufforderung ihn zu vergessen einfach nur ein nett umschriebenes "Ich will nichts von dir". Das hätte sie wenigstens verstanden. Ihr Blick fiel auf ein schwarzes Auto. Irgendeine große Limousine mit auffälligem Emblem auf der Motorhaube. Auf alle Fälle sehr teuer. Was wollte ein so reicher Fahrer in einer Gegend wie dieser hier? Das schien sich wohl auch Motoki zu fragen, war er doch ihrem Blick gefolgt und starrte nun ebenso interessiert auf die Szenarie. Die hintere Tür öffnete sich. Jemand stieg aus. Bunny konnte gerade noch einen erschrockenen Aufschrei unterdrücken. Der Mann, der aus dem teuren schwarzen Auto steig, sie kannte ihn. Was heißt kennen? Sie war ihm schon einmal begegnet, gezwungenermaßen. Es war derselbe Mann, der letzte Woche im Restaurant saß. Gegenüber von Mamoru. »Diamond.«, flüsterte sie, biss sich aber auf die Unterlippe, als sie Motokis fragenden Blick entdeckte. Was machte er hier? Und dann noch in so einem Aufzug? Mit seinem maßgeschneiderten weißen Anzug passte er in diese Gegend wie ein Elefant an den Nordpol. Und fiel auch dementsprechend auf. Die vordere Tür öffnete sich ebenfalls. Ein schwarzer Schopf kam zum Vorschein. Bunnys Herzschlag setzte aus. Und setzte wieder en, als sie erkannte, dass der Fahrer nicht Mamoru war. Er sah ihm ähnlich, ja. Aber sein Verhalten war ganz anders, sein Gang, seine Bewegungen. Alles wirkte kalt und arrogant. Der Schwarzhaarige mit der dunkelblauen Jacke schaute sich um, als wollte er sich absichern. Wovor denn? Dass sie niemand gesehen hat? Recht unwahrscheinlich bei so einem Auftritt. Ihre Blicke trafen sich. Bunny hielt die Luft an. Es wirkte, als starre er sie direkt an. Konnte er sie sehen? Ihr wurde heiß und kalt zugleich. Nach einer gefühlten Ewigkeit verschwanden Diamond und sein gruseliger Begleiter in einem Haus genau gegenüber. »Merkwürdige Typen, oder?« Bunny drehte langsam ihren Kopf zu Motoki und nickte schweigend. Was musste das für ein Anblick gewesen sein? Er stutzte und kratzte sich grinsend den Kopf: »Du wolltest einen Schokoladenshake, oder?« Sie erwachte endlich aus ihrer Lethargie. Schokolade schien das Zauberwort gewesen zu sein. »Ja.«, lächelte sie freundlich. »Da bist du ja! Ich hab überall nach dir gesucht.«, Naru sezte sich schwer atmend auf den Stuhl, den eben noch Motoki besetzt hatte. »Ich hab dich überall gesucht. An dein Handy gehst du ja auch nicht.«, beschwerte sie sich, keuchte dabei noch immer, als hätte sie gerade einen Marathon hinter sich. »Alles ok?«, fragte Bunny ihre Freundin besorgt. »Ja ja.«, sie winkte ab. »Halt dich fest. Ich hab uns Karten für diesen neuen Club besorgt, der erst vor kurzem aufgemacht hat.« »Eine Disko?«, das war nun überhaupt nicht das, was Bunny lag. Sie hatte eh kein Talent zum Tanzen und dunkle laute Räume waren ebenso wenig eine Leidenschaft von ihr. »Nicht nur irgendeine Disko. Das ist der angesagte Laden in der Stadt.«, erklärte Naru voller Leidenschaft. »Meine Mutter kennt einen der Türsteher und hat uns VIP-Pässe besorgt.« »Und?«, Bunny war es ziemlich egal, ob man ihr das Desinteresse ansah. »Warum gehst du nicht mit Umino?« Naru blinzelte überrascht, fasste sich aber schnell wieder: »Weil ich mit meiner besten Freundin gehen will. Komm schon, das lenkt dich von deinem Liebeskummer ab.« »Ich hab keinen Liebeskummer.«, um den zu bekommen müsste man schließlich erst einmal verliebt sein. Und das war sie nun mal überhaupt nicht. Sie dachte lediglich ein bisschen nach. »Komm schon, Bunny.«, Naru ergriff ihren Arm und legte ihren flehendsten Blick auf. »Du musst mal wieder unter Leute und besonders unter Jungs.« »Ich bin doch unter Leuten.«, protestierte sie und hob gestikulierend den freien Arm. »Das ist eine Spielhalle. Ausser ein paar Nerds und dem süßen Kellner gibt es hier gar gix.« Bunny zuckte entschuldigend mit den Schultern. Hey, warum musste sie sich überhaupt rechtfertigen? Sie war gerne hier. Und sie unterhielt sich auch gern mit Motoki. Und vielleicht würde da ja eines Tages mehr draus. »Also?«, Naru betrachtete sie eindringlich. »Willst du deiner besten Freundin wirklich was abschlagen?« Bunny gab nach. Sie wusste, dass ihre Freundin sie sonst ewig genervt hätte. Darin war sie eine Meisterin und sogar besser als sie selbst. Naja, möglicherweise tat ihr ein bisschen Ablenkung gut. Auch wenn sie keine Diskos mochte. Oder laute Musik. Oder viele Menschen. Sie seufzte. Das konnte ja nur ein guter Abend werden. Erneut schaute sie aus dem Fenster. Der schwarze Wagen war verschwunden. Es sah alles aus wie vorher, als wäre nie etwas gewesen. Und doch wurde Bunny dieses mulmige Gefühl einfach nicht los. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)