Entscheidungen von Schantra ================================================================================ Kapitel 2: Schulfest -------------------- Wie er hier her geraten war, wusste er nicht. Na doch. Eigentlich schon. Pünktlich um 16 Uhr hatte Jonouchi seinen Dienst angetreten und gleich die ersten Bestellungen des Abends entgegen genommen, um sie mit seinem Motorrad auszuliefern. Fast die ganze Zeit über war er unterwegs gewesen. Am Samstag, so hatte man es ihm auch angedroht, gab es immer eine Menge zu tun. Es war 22:51, als er vor dem Haus seines letzten Kunden angekommen war. Die Bestellung ging ein, als bereits Küchenschluss war. Doch jetzt sah der Lieferant weshalb sein Chef die Bestellung noch angenommen und ausgeführt hatte. Er stand vor dem Kaiba-Anwesen. Roland hatte ihm das Tor geöffnet und er betrat gerade die Stufen zum Eingang der Villa. Mit gerunzelter Stirn sah er auf die Bestellung. „Pizza Diavolo. Extra Groß. Mit Käserand. Mokuba Kaiba.“ Na das ergab doch schon mehr Sinn, auch wenn er dem Kaiba-Sproß einen solch scharfen Geschmack nicht zugetraut hätte. Noch bevor er anklopfen konnte, öffnete der jüngste des Hauses die Tür und strahlte ihn freudig überrascht an. „Katsuya. Ach stimmt, mein Bruder meinte du arbeitest da jetzt. Komm rein, ich hab das Geld im Wohnzimmer liegen lassen.“, begrüßte er ihn und eilte voraus. Der Blonde kam ihm nach und sah sich um. Immer wieder ein beeindruckender Anblick dieses überdimensionale Haus. „Ist dein Bruder auch da?“, erkundigte er sich nebenbei, als sie das Wohnzimmer betraten und seine Frage damit beantwortet wurde. Durch eine andere Tür trat gerade derjenige herein, an dem er sein Interesse bekundet hatte. „Jonouchi“, begrüßte dieser ihn mit einem kurzen Nicken und lies sich elegant auf das Sofa sinken, wo bereits etwas zu Trinken stand und das Besteck für die Pizza lag. Katsuya erwiderte den Gruß kurz und runzelte die Stirn als ihm auffiel, dass er zwei Kunden aber nur eine Pizza hatte. Letzteres wurde ihm gerade aus der Hand genommen und ihm dafür das Geld in diese gedrückt. „Willst du uns Gesellschaft leisten? Du hast doch bestimmt Feierabend“, fragte Mokuba und stellte die geschnittene Pizza auf den Tisch. Flink sammelte er die Jalapeños von einer Hälfte der Pizza herunter und verteilte sie auf der anderen. Kurz beobachtete Katsuya das und überlegte dabei ob er die Einladung annehmen sollte. Er würde gerne etwas gemütlich mit dem jungen Kaiba zusammen sitzen, aber das Problem war die Anwesenheit des großen Bruders. Statt die Einladung abzulehnen, fragte er an Seto gewannt: „Bist du pleite gegangen, dass du dir keine zwei Pizzen leisten kannst?“ Er war nicht verwundert, als er dessen Todesblick zur Antwort bekam. „Ich sehe nicht ein, dass wir uns im Übermaß von Junkfood ernähren müssen. Mokuba wollte Pizza essen und eine in dieser Größe reicht vollkommen.“ „Ich würde auch eine allein schaffen. Außerdem müsste ich dann nicht immer die Jalapeños runter suchen.“ „Seto ist also derjenige, der es scharf mag“, stellte Jonouchi fest und kassierte einen weiteren kühlen Blick des Firmenchefs. „Ich wüsste nicht was dich mein Geschmack angeht.“ „Na wenn ihr jetzt öfters bei uns bestellt, kann ich die Pizza doch gleich richtig belegen lassen. Dann kann ich zumindest Mokuba eine Freude machen. Herr Griesgrämig scheint ja eh nie zufrieden zu sein.“ Sie funkelten einander herausfordernd an und Mokuba blickte nur kopfschüttelnd zwischen ihnen hin und her. „Setz dich Katsuya . Dann können wir essen.“ „Wie?“ „An den Fragen lässt sich die Intelligenz ablesen. Um deine ist es nicht gut bestellt. Du solltest wissen wie man Platz nimmt, Jonouchi. “, entgegnete Seto auf die zugegebenermaßen wirklich falsch formulierte Frage. Der Blonde überhörte nicht den süffisanten Unterton, der ihn als Hund verspottete. Er zog sich seine Motorradweste aus und ließ diese von Roland aufhängen, bevor er sich der Anweisung fügte. Schnell stellte er fest, dass es gar nicht so unangenehm war. Mit Mokuba konnte er sich super über das anstehende Schulfest oder das neue Turnier unterhalten und kaum das dieser seine Pizza verzehrt hatte, gab es einen Nachtisch von dem auch Katsuya etwas ab bekam. Es war wirklich praktisch, dass er von seinem letzten Auftrag aus gleich Feierabend machen durfte, auch wenn er so mit Arbeitskleidung nach Hause fahren müsste. Seine Haare brauchte er als Dienstbote nicht zu gelen und die Kleidung war allgemein etwas lockerer als beim Kellnern direkt. Als er den letzten Löffel seines Vanilleeis mit Erdbeeren nahm, blickte er auf die Uhr. Es war unterdessen nach Mitternacht und Seto saß neben ihnen um ein paar Unterlagen durchzugehen. Zwar war er ganz in diesen vertieft, doch ließ Jonouchi das Gefühl nicht los, dass der andere die ganze Zeit ihr Gespräch verfolgte. Ob er öfters so die Abende mit seinem Bruder verbrachte? Körperlich aber nicht Geistig anwesend? Allerdings schien es den Jüngeren nicht zu stören, bis die strenge Seite des Größeren hervortrat. „Es ist fast eins, Mokuba. Verabschiede dich von Jonouchi und mach dich auf den Weg ins Bett.“ Der Ton war sanft aber ließ keinen Widerspruch zu. Ein abgrundtiefer Seufzer kam von dem Getadelten und er erhob sich mit Widerwillen. „Danke das du geblieben bist, Katsuya. Ich werde euch alle mal zum Essen hier einladen. Ihr habt doch jetzt keine Schule mehr.“ „Schon. Aber wir sind mit dem Schulfest beschäftigt und ich arbeite.“ „Ach, wir finden schon eine Zeit.“ Kurz blickte der Eingeladene zu Seto hinüber und bemerkte, dass diesem der Gedanke den ganzen „Kindergarten“ hier zu haben nicht gefiel. Jedoch wollte er seinem Bruder diese Art der Zerstreuung nicht nehmen. Er musste immerhin nicht dabei sein. Zumindest war das wohl seine Überzeugung. „Ah lass, Mokuba. Ich finde schon allein zur Tür. Geh ins Bett, bevor ich von deinem Bruder gelyncht werde,“ reagierte Katsuya auf die Geste des Jüngeren, der ihn zum Ausgang begleiten wollte. Unterdessen hatte er sich erhoben und wollte noch wie selbstverständlich das Geschirr zurück in die Küche räumen. Das wurde ihm jedoch augenblicklich von dem Hausmädchen abgenommen. Erst jetzt erschien es ihm unsinnig, aber vielleicht sah es auch nach guten Manieren aus. Kurz blickte er zu Seto, ob er etwas wie Anerkennung in dessen Blick sah. Aber nichts. Doch anders als erwartet, war er nicht erneut in seine Unterlagen versunken, sondern hatte sich erhoben um ihn kurz zu Verabschieden. „Macht euer gemeinsames Essen ein anderes Mal aus.“, bestimmte er und nickte Katsuya kurz zu. „Einen schönen Feierabend“, damit ging er durch die Tür des Wohnzimmers und die große Treppe hinauf. Mokuba folgte ihm, nachdem er sich von ihrem Besuch verabschiedet hatte. Dieser zog sich seine Weste über und ging, geleitet von Roland, hinaus. Bei seinem Blick zurück auf das Anwesen hätte er schwören könnten, das der Firmenchef ihn durch ein Fenster beobachtete. Er grinste kurz und bestieg seine Maschine mit dem Gedanken, dass es wohl eines ihrer friedlichsten Zusammentreffen gewesen war. Seto lag sehr viel an seinem Bruder und in dessen Nähe begann er keine Streiterei mit Katsuya, der einer von Mokubas Freunden war. Ein leichtes Bedauern schwang bei diesem Gedanken mit und der Motorradfahrer überlegte kurz, warum. Ihm fielen seine Überlegungen bezüglich des Brünetten mit den eisblauen Augen wieder ein und er fühlte die aufgestellte These bestätigt. Er würde die Streitgespräche vermissen und sich einen neuen Katalysator suchen müssen, der sein Temperament in der Richtung verkraften konnte. Wie sagte Yuugis Großvater so gerne: „Man weiß etwas erst zu schätzen, wenn es nicht mehr da ist.“ Aber, dass es dabei auch um solchen Nonsens gehen könnte, war ihm nicht bewusst gewesen. Er setzte den Helm auf, startete den Motor und fuhr gen Heimat. „Vielleicht ist es kein Nonsens“, überlegte er. Immerhin hatten ihn diese Konflikte mit Kaiba erst zu dem angespornt, was er bis jetzt erreicht hatte. Kurz blitzte noch ein anderer Punkt bei diesen Überlegungen in seinen Gedanken auf, doch diesen hatte er so flink wieder verdrängt, dass er ihn gar nicht einordnen konnte. Erst als er nach einer weiteren Stunde in seinem Bett lag, gelang es ihm, auf dieses Bild zurückzugreifen und es seiner Bedeutung zuzuweisen. Dass er dabei leicht rot um die Nase wurde, lag mehr an dem Gefühl sich selbst ertappt zu haben, als an der Befürchtung, dass ein anderer dieses Bild hätte sehen können. „Verdammt Katsuya“, tadelte er sich selbst und musste sich doch eingestehen, dass er nicht zum ersten Mal bei diesem Gedanken hängen blieb. Das Bild, welches er vor seinem inneren Auge sah, war Seto Kaiba am Schulpool. Es war der Anblick aus ihrem letzten Schwimmwettkampf und zugleich ihrer letzten gemeinsamen Sportstunde, kurz nachdem Seto aus dem Wasser geglitten war. Katsuya hatte dessen überlegendes Grinsen so sehr angespornt, dass er seine Bestzeit toppte und nur mit einer hundertstel Sekunde Kaiba unterlag. Er hatte sich dermaßen darüber und über die Kommentare des Siegers aufgeregt, dass es ihm erst jetzt in einem ganz anderen Licht erschien. Zwar war ihm dessen gut gebauter Körper schon zuvor aufgefallen und er hatte dessen Attraktivität noch nie bestritten, aber es war erstmals ein leicht prickelndes Gefühl dabei. Vielleicht auch nicht zum ersten Mal? In seinem Kopf schürte sich ein Gedanke, den er gar nicht erst versuchte abzustreiten. Warum sollte er sich auch selbst belügen. Er fand Seto attraktiv und würde diesen hübschen Anblick wahrscheinlich ebenso vermissen wie ihre Streitereien. Wie hatte Otogi es betitelt, als sie einst auf das Thema der Sexualität zu sprechen kam: „Ich bin nicht versaut. Ich bin moralisch flexibel.“ Für seine Freunde war es nichts neues, dass Otogi nicht nur dem weiblichen Geschlecht zugetan war und somit hatte auch Jonouchi zugegeben, dem ganzen nicht abgeneigt zu sein. „Ich denk mir, in der heutigen Zeit kann man gar nicht flexibel genug sein.“, waren seine Worte zu dem Thema gewesen. Trotzdem hatte er sich bis jetzt immer eher zu Frauen hingezogen gefühlt. Seine erste Liebe war eine Krankenschwester gewesen und sein großer Schwarm war Mai Kujaku. Während er darüber nachdachte, sah er diese starken Frauen vor sich und er lächelte selig. Wenn er nicht in diesem Moment eingeschlafen wäre, hätte er sich bestimmt noch etwas mehr an diesen Gedanken erfreut. So flocht sich das Ganze nur in seine Träume ein. Am nächsten Tag traf er sich mit Miho und Kusame um den Hindernisparcours zu planen. Sie waren sich schnell einig und Katsuya wollte versuchen ein paar Hologramme mit einzubauen, um das ganze auffälliger zu gestalten. „Wie willst du das machen?“, fragte ihn Miho. „Ich werde meine alte Duell-Disc etwas umfunktionieren.“, gab er nur als Antwort und von da an war es seine Freizeitbeschäftigung die Erfindung von Kaiba entsprechend seiner Vorstellungen zu manipulieren. Neben Arbeit und Basteleien traf er sich mit seinen Freunden und besprach mit ihnen gemeinsam die Planung des Schulfestes. Da Honda im Organisations-Team war, konnte er alles an die entsprechenden Leute weiterleiten. So rückte das Schulfest immer näher und sie bemerkten, wie viel noch zu tun war. Zwei Tage vor den Festivitäten war der gesamte Abschlussjahrgang in den Vorbereitungen versunken. Sie bauten Buden auf, verkabelten alles was Strom brauchte, schafften das Feuerwerk heran, wiesen das externe Sicherheitspersonal ein, klärten die letzten Sachen mit den Lehrern, verstauten die Preise, backten Kuchen, bereiteten Reisbällchen und andere Leckerein vor, luden Familienmitglieder ein und verteilten an alle Schüler eine Stempelkarte. Auf dieser musste jeder von allen Ständen und Aktivitäten einen Stempel einsammeln, um an einer Tombola teilnehmen zu können. Die Idee war von Jonouchi gekommen und von allen begeistert entgegengenommen worden. Gemeinsam standen sie vor Sonnenaufgang am Eingangstor der Schule und betrachteten ihr Werk. „Na dann. Auf gutes Gelingen!“, rief Honda und sie stimmten mit ein, bevor sie auf ihre Positionen gingen. Kurzerhand wurde die Lichterketten angeschaltet und sogleich änderte sich die ganze Atmosphäre. Jonouchi war sich sicher, dass sie gute Chancen beim Komitee hatten. Das es zum großen Teil auch Kaibas Verdienst war, würde er diesem bestimmt nicht auf die Nase binden. Gespannt ließ er sich auf seinem Platz nieder. Er fragte sich schon die ganze Zeit, wer den Parcours bestehen würde. Nach einigen Stunden war der Schulhof gerappelt voll und alle Buden und Attraktionen waren gut besucht. Das Theaterstück von Anzu und ihrer Gruppe wurde mit Applaus gefeiert und viele Schüler bissen sich an Katsuyas Aufgaben die Zähne aus. „Jetzt will ich es auch mal versuchen!“, rief eine bekannte Stimme und ein kleiner Junge mit schwarzen langen Haaren kam angerannt. „Das sieht echt schwer und spannend aus, Katsuya “, begrüßte Mokuba ihn und der andere lächelte. „Und das ist es auch. Versuch dein Glück, Mokuba.“, forderte er ihn auf und gab ihm den Zettel auf welchem er die Lösungsworte eintragen musste, die er für eine bewältigte Aufgabe bekam. Sofort stürmte der Junge zum ersten Hindernis, währen Jonouchi auffiel das auch der ältere Kaiba-Bruder die Festivität mit seiner Anwesenheit beehrte. Während alle vom Abschlussjahr die Schuluniform als Art Arbeitskleidung trugen, hatte Seto sich über diesen Gemeinschaftssinn hinfort gesetzt und trug sein wahrscheinlich liebstes Outfit mit dem weißen Mantel. Der Blonde musterte ihn kurz und fragte sich, ob der Firmenchef in letzter Zeit zu wenig Schlaf bekam. Er schien müde und ausgezehrt. „Hey Kaiba. Geht es dir gut?“, fragte er, als der andere ihm gegenüber stand. Als er daraufhin mit einem amüsierten, kalten Blick bedacht wurde, bereute er seine Sorge gleich wieder. Um diesen Kaiba sollte man sich wirklich keine Sorgen machen. Das war schon immer vergebene Liebesmüh gewesen. Gleich würde sicher eine typische Antwort kommen, wie das er ganz gut auf sich selbst achten könne und kein solches Mitgefühl brauchte. Bingo. Jonouchi wurde nicht enttäuscht. „Ich wüsste nicht was dir den Anlass zu einer solchen Frage gegeben hat. Es bedarf keiner Aufmerksamkeiten von dir.“ Das letzte Wort sagte er in einem Ton, der den Herabgewürdigten sofort das Blut in den Adern zum kochen brachte. „Ich habe eben gute Manieren, die ich selbst einem arroganten Eisklotz gegenüber anwende. Was suchst du überhaupt hier?“, zeterte er los und lies seinen Blick an dem Brünetten hinab wandern. „Du scheinst keine Zeit für das hier eingeplant zu haben.“ „Scharf beobachtet, Köter. Ich begleite nur Mokuba bis ich meinen Terminen nachkomme. Bei mir geht die Arbeit dem Vergnügen vor.“ „Na zumindest bist du ein besserer Bruder als Klassenkamerad.“, entgegnete er und blickte kurz auf Mokuba, der gerade über einem Puzzle brütete. Die Augen des Parcourleiters blitzten kurz. „Willst du nicht auch dein Glück versuchen, Kaiba?“, fragte er hinterlistig. „Für solchen Kinderkram brauch ich weder Glück noch werde ich dafür irgendetwas anderes bemühen.“ „Feige?“ „Keineswegs.“ Der Firmenchef sah auf den Zettel für die Lösungsworte, den der jüngere ihm hinhielt und er zog skeptisch eine Augenbraue hoch. Er konnte nicht umhin, dass ihm der Gedanke gefiel etwas Zerstreuung bei diesem Spiel zu finden. Aber er hatte schon beim zusehen fast alle Rätsel gelöst und die anderen Aufgaben wären auch viel zu einfach für ihn. Trotzdem konnte er nicht umhin, dass es ihn reizte den Blonden von seiner Meinung abzubringen. Er verschränkte die Arme vor der Brust und ließ seinen Blick zu Mokuba wandern, der langsam immer weiter kam. „Etwas derartiges zu tun, erfordert keinen Mut, Jonouchi“, gab er von sich um nicht das letzte Wort an den Straßenköter zu verlieren. Er war müde und geschafft von den harten Verhandlungen, die er in letzter Zeit führen musste. Da die meisten mit europäischen Geschäftsleuten stattfanden, dauerten die Gespräche oft bis tief in die Nacht. Rechnete er die Stunden der letzten zwei Wochen zusammen, kam er wohl auf kaum mehr als zwanzig, die er mit Schlafen verbracht hatte. Bei dem Gedanken unterdrückte er ein herzhaftes Gähnen und straffte seine Schultern. „Hier“, kam es von dem Blonden, der ihn scheinbar immer noch nicht aus den Augen gelassen und eigentlich etwas anderes hatte sagen wollen. „Ist nur mein schwarzer Tee. Aber drüben am Kuchenstand gibt es auch Kaffee.“, sagte er und Seto war erstaunt, dass der Kleinere ihn richtig einschätzte. Nicht nur das ihm aufgefallen war, wie müde er schien, sondern auch dass er ihn für einen Kaffeetrinker statt Teeliebhaber hielt. Ganz abgesehen von seinem Erstaunen über dessen Frechheit eine seiner Erfindungen für diesen Kinderkram geschickt umzubauen, räumte er seinen Manieren Platz ein und sagte: „Danke“, um einen Schluck zu nehmen. Wenn er wollte dass das Tein wirkte, sollte er wohl Zucker untermischen. Widerwillig ließ er sich etwas von dem süßen Stoff geben und rührte es mit einem Plastikstäbchen ein. Das Lächeln welches er gerade von dem Blonden erntete lies ihn kurz in seiner Bewegung innehalten und erneut eine Augenbraue hochziehen. „Ich bin erfreut, dass du doch was nettes sagen kannst. Auch wenn es nur ein Danke ist“, sagte Katsuya und zwinkerte ihm frech zu, bevor er einem Mitschüler den Zettel für den Hindernisparcours gab. Er erklärte diesem kurz das Vorgehen und wünschte ihm viel Glück und Spaß. Das gab Kaiba die Möglichkeit über seine Verwirrung zu sinnieren. Ihm ging es gerade um einiges Besser. Seine Müdigkeit schien schon weniger schlimm und das lag nicht nur an dem zu stark gesüßten Tee, den er mit kleinen Schlucken herunter zwang. Die Streiterei, wenn man es denn noch so nennen konnte, war mehr als belebend. Ihm kamen sogar wieder neue Ideen, die er in den Verhandlungen heute Abend einbringen konnte. Sein Kopf schien seine Kreativität zurück zu gewinnen und die Symptome des Schlafmangels in die hinterste Ecke zu verbannen. Ihm war schon Mal aufgefallen, das die sinnfreien Gespräche mit Jonouchi sehr förderlich für seine Motivation waren. War er bei diesem in Rage geraten, so hatte er den Energieschub für Wichtigeres nutzen können. Dafür hätte der Straßenköter fast noch ein Danke verdient. Er würde aber nie laut zugeben, dass ihm die Wortgefechte gut taten und er sie wohl vermissen würde. Vermissen? Das war nun aber mehr als übertrieben, tadelte er sich selbst und würgte den letzten Schluck aus dem Plastikbecher herunter, bevor er ihn in einer Mülltüte entsorgte. „Sag meinem Bruder, dass ich mir einen Kaffee holen gehe!“, befahl er dem Blonden und verschwand in die zuvor empfohlene Richtung. Er spürte den Blick des Anderen und war verwundert, dass kein bissiger Kommentar von diesem kam. Sah er denn wirklich so fertig aus, dass der Köter auf ihn Rücksicht nahm?Jonouchi sah dem übermüdeten reichen Sack hinterher und runzelte die Stirn. „Mokuba“, sprach er den Jungen an, der gerade erfolgreich zum Ausgangspunkt zurückkehrte. „Wie viel Schlaf hat dein Bruder in letzter Zeit bekommen?“ Mokuba blickte zu seinem Bruder und sah besorgt drein. „Nicht viel. Wenn es hoch kommt drei Stunden in der Nacht. Ich wollte eigentlich, dass er zu Hause bleibt und etwas Schlaf nachholt, aber er meinte nur, dass er es mir versprochen habe und er deshalb mitkommen würde.“„Hat er so viel um die Ohren?“„Und wie. Durch die Expansion ins Ausland hat er sich viel zu viel aufgehalst. Er steht in Verhandlungen mit europäischen Maklern, um Grund und Boden für einen neuen Themenpark zu kaufen. Das scheint sich sehr hin zu ziehen und er muss die Prüfungsergebnisse abwarten, bevor er nach Frankreich fliegen kann. So muss er immer auf Videokonferenzen zurückgreifen.“ „Kann man ihm irgendwie helfen?“, fragte Katsuya ehrlich besorgt und wurde daraufhin mit einem freudigen Lächeln seitens Mokuba belohnt. „Ich denke das könntest du wirklich. Bring uns Morgen einfach wieder eine leckere Pizza. Diesmal zwei. Für mich Salami.“„Ich arbeite Morgen gar nicht“, sagte er abwehrend, musste aber trotzdem grinsen. „Um so besser. Dann kannst du schon früher kommen. Und bring die anderen mit, und euch auch Pizza. Ich lade euch ein.“„Was hast du vor, Mokuba?“„Wir können Seto nicht bei den Verhandlungen helfen, aber wir können ihm die Organisation des Turniers erleichtern. Ich denke, zusammen mit euch, kann ich das schaffen und er braucht sich darum keine Gedanken mehr zu machen.“ „Das klingt nach einem Plan. Ich bin dann Morgen gegen sechs mit den anderen bei dir, ok?“ „Geht klar“, sagte Mokuba unbeschwert und verabschiedete sich von Katsuya um seinem Bruder nachzueilen und sich ein Kuchenstück zu kaufen. Nach Jonouchis Auffassung würde der morgige Tag sehr seltsam werden. Erst die Prüfungsergebnisse einsehen, ihm lief ein eiskalter Schauder über den Rücken und dann Mister Ich-schaff-alles-alleine unter die Arme greifen. Schnell zückte er sein Handy und schrieb in der Gruppe seiner Freunde, was sie erwartete und ob sie helfen würden. Von allen kam sofort ein „Ja“ zurück. Obwohl Seto nie wirklich freundschaftlich mit ihnen umgegangen war, so sahen sie ihn als Freund an und würden alles tun um ihm zu helfen. Vor allem Yuugi schrieb sofort ein paar nützliche Tipps in die Gruppe, die sie Morgen umsetzen konnten. Sie fügten Mokuba hinzu und schon ergab sich wieder einer ihrer Schlachtpläne. „Vielen Dank“, schrieb der kleine Bruder des millionenschweren Firmenbesitzers zum x-ten Mal und Katsuya grinste. Irgendwie freute er sich darüber Seto unter die Arme greifen zu können. Er hoffte nur, dass dieser die Hilfe auch zulassen würde. Als das Feuerwerk begann, saßen die Freunde zusammen und sahen in den Himmel. „Echt klasse“, kam es von Anzu und es folgten einige Ah's und Oh's. „Dem Komitee scheint es auch zu gefallen“, warf Otogi ein und ihre Blicke huschten zu den drei Außenstehenden. „Ich glaube echt, dass wir eine Chance haben“, verkündete Bakura optimistisch. „Dann werde ich nächstes Jahr auf jeden Fall wieder zum Schulfest kommen“ „Ich auch“, stimmten die anderen Jonouchi zu und kurz legte sich eine traurige Stimmung über sie alle. Vielleicht waren dies ihre letzten Tage in dieser Konstellation. „Versprecht mir, dass ihr mir auf jeden Brief und jede Postkarte antworten werdet.“, sagte Anzu und hielt ihnen ihre Hand hin.„Versprochen“, erhielt sie als Antwort. „Und auch auf jede E-Mail.“ „Versprochen.“ Sie legten ihre Hände übereinander, wie sie es schon so oft getan hatten. Auch wenn sie nun getrennte Wege gingen, würden sie auf diesen nie ohne die anderen einherschreiten. Sie lösten ihre Hände voneinander, als das Feuerwerk beendet war und kümmerten sich um die Abbauarbeiten. Diese waren viel schneller erledigt, als die Aufbauarbeiten hatten vermuten lassen. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)