Shinri von Yumiko_Youku ================================================================================ Kapitel 9: Vergangenheit ------------------------ 9. Kapitel – Vergangenheit Shinri dröhnte der Schädel, als sie allmählich zu sich kam. Es dauerte eine Weile, bis sich ihr Blickfeld klärte und sie einen klaren Gedanken fassen konnte. Sie blinzelte irritiert. Wo war sie? Langsam richtete sie sich auf und sah sich um. Sie stellte fest, sie befand sich in einer Art Zelle. Es gab kein Fenster und statt einer Tür waren Gitterstäbe in die Wand eingelassen. Zudem war sie an den Händen gefesselt und würde somit nicht bändigen können. Sie sah auf, als jemand zu ihr trat. Es war der Leutnant und öffnete ihre Zellentür. „Mitkommen.“, befahl er knapp. Seine Stimme erlaubte keinen Widerspruch. Shinri atmete tief durch und gehorchte. Ihr blieb auch kaum eine andere Wahl. Also folgte sie dem Mann, welcher sie in einen anderen Raum brachte. Als sie Tür geräuschvoll hinter ihr zu fiel, erkannte Shinri, wer nun vor ihr stand: Amon. Der Leutnant stieß sie vorwärts, sodass sie stolperte und in die Knie ging. Betont langsam drehte sich Amon zu ihr um und sah auf sie herab. Seine gesamte Erscheinung strahlte eine gewisse Autorität und Dominanz aus und auch seine Stimme zeugte von Überlegenheit: „Aya...“ „Amon...“, antwortete das Mädchen tonlos und hob den Blick. „Ich habe dir zu viele Freiheiten gegeben und das hast du schamlos ausgenutzt.“ „Ich habe getan, was ich für richtig hielt.“, meinte Shinri. „Du hast dich auf die Seite der Bändiger geschlagen. Das ist unverzeihlich.“, sagte Amon und trat einen Schritt näher, packte ihr Kinn und zwang das Mädchen ihm in die Augen zu schauen, „Du schuldest mir deinen Respekt!Ich habe dir ein zweites Leben gegeben. Alles was du besitzt. Dein neues Leben... Deinen neuen Namen... Und ich kann es dir das alles genauso gut wieder nehmen.“ Shinri´s Herzschlag beschleunigte sich, ohne dass sie etwas dagegen tun konnte, aber sie versuchte sich ihre Furcht nicht anmerken zu lassen. „Aber ich werde es nicht tun.“ Er lies von ihr ab und nickte dem Leutnant zu, welcher zu dem Mädchen trat und es auf die Beine zog. „Ich werde dir eine zweite Chance geben.“, erklärte der Mann mit der Maske, „Vertue sie nicht.“ Shinri erwiderte seinen Blick trotzig. Dann wandte sich Amon an den Leutnant. „Lassen wir ihr Zeit zum Nachdenken. Einige Tage Kerker werden genau richtig dafür sein.“ Der Leutnant nickte und stieß Shinri Richtung Tür, um sie zurück in ihre Zelle zu bringen. „Vergiss nicht, was du mir schuldest.“, war das letzte, was das Mädchen hörte, ehe die Tür hinter ihr ins Schloss fiel. Nicht gerade sanft, wurde Shinri von dem Leutnant zurück in ihre Zelle gestoßen, doch ihre wunden Knie waren sicherlich ihr geringstes Problem. Eine Flucht stand außer Frage. Sie war gefesselt und konnte nicht bändigen und es war klar, dass ihr niemand helfen würde. Aber sie würde sich ganz bestimmt nicht hinsetzten und weinen. Das war unproduktiv und würde ihr nicht helfen. In keiner Weise. Also hockte sie sich hin, lehnte sie sich mit ihrem Rücken gegen die Wand und schloss die Augen, um in Ruhe nach denken zu können. Es war bereits einige Jahre her. Sie war eine Waise gewesen, hatte kein Zuhause, keine Familie keine wahren Freunde und keine Zuflucht gehabt. Irgendwie hatte sie sich durch geschlagen und es geschafft zu überleben. Wie war ihr bis heute ein Rätsel. Eines Tages hatte sie dann ein Mann gefunden. Sie hatte, völlig übermüdet und ausgehungert gegen eine Wand einer Seitengasse gelehnt, auf dem Boden gehockt. Der Mann hatte sich zu ihr herunter gebeugt, sie lange betrachtet und dann gefragt: „Willst du mir nicht helfen, eine gerechte Welt zu erschaffen in der alle in völliger Gleichheit leben?“ Sie hatte sie Stirn gerunzelt und ihn fragend angesehen. Warum er zu ihr kam, hatte sie gefragt. Er weiss, dass sie stark war und eine Änderung der Welt herbeiführen konnte und willkommen heißen würde, hatte er geantwortet. Sie sei dazu bestimmt ihm bei seinem Traum zu helfen. Sie hatte interessiert aufgeschaut und ihn ins Gesicht gesehen. Wer er sei, hatte sie ihn gefragt. Der Mann hatte unbestimmt gelächelt. Amon, war seine Antwort gewesen. Und er wollte die Welt verändern, sodass alle in völliger Gleichheit und Harmonie leben könnten. Er hatte von den Ungerechtigkeiten, die in der Welt herrschten erzählt, von denen auch sie einige erfahren hatte und seine Vision von der Zukunft preisgegeben. Dann hatte er ihr versprochen für sie zu sorgen, wenn sie mit ihm käme und ihr außerdem zugesichert, dass in dieser neuen Welt immer ein Platz für sie sei. Sie müsse die Einsamkeit, den Hunger, die Kälte, die Hitze, die Machtlosigkeit und den Tod nicht mehr fürchten. „Also, willst du mir helfen?“, hatte Amon ein letztes Mal gefragt und sie hatte zustimmend genickt, seine Hand ergriffen und war mit ihm gegangen. So waren einige Jahre ins Land gegangen. Amon hatte sie ausgebildet, ihr alles beigebracht was er wusste. Seine Ziele und Ideale wurden bald die ihrigen. Und obwohl sich sein Feldzug überwiegend gegen die Bändiger richtete, hatte er sie, eine Bändigerin, aufgenommen. Er erklärte, dass sie ihre unreinen Fähigkeiten zum Wohle der Gesellschaft, zum allgemeinen Wohl einsetzten könne. Nicht um damit Krieg zu führen, oder Leid zu zufügen. Nein. Um Frieden und Harmonie in die Welt zu bringen. Um das zu vollbringen, wozu der Avatar niemals im Stande sein würde. Doch dazu müsse sie Fähigkeiten erlangen, die dem des Avatars ähnelten. Nein. Diese sogar übertrafen. Amon hatte lange die Geschichtsbücher studiert, bis er auf eine Persönlichkeit stieß, die seinen Vorhaben dienlich sein könnten. Allerdings hieß es dieser sei seit etwa über 10.00 Jahren verstorben, doch viele Legenden und Geschichten behauptet, er sei in die Geisterwelt gegangen und lebe bis heute dort. Nach monatelangem Training war es Shinri schließlich gelungen mit ihrem Geist die materielle Welt zu verlassen und in die spirituelle Welt, die Geisterwelt hinüber zu wechseln. Sie verbrachte viele Stunden dort, redete mit Geistern und irgendwann gelang es ihr, den Gesuchten ausfindig zu machen. Der alte Mann war einst ein großer König gewesen, bis ihn der Avatar besiegt hatte und er zur Flucht gezwungen war, aber die Jahrhunderte waren nicht vergeudet gewesen. Er hatte alles über Chi in Erfahrung gebracht, was es zu wissen gab. Er erklärte sich bereit, den Equalisten zu helfen, unter der Bedingung, dass sie ihm, wenn sie ihre Ziele erreicht hatten, zu Diensten sein und ihm bei dem Erreichen seines Zieles helfen mussten. Amon stimmte zu, dachte aber in Wirklichkeit nicht daran, den Avatar an den alten Mann auszuliefern, so wie dieser es befohlen hatte. Aber der alte Mann schien den Worten des Mannes mit der Maske zu trauen. So blieb Shinri´s Geist für viele Monate in der Geisterwelt, sodass der König sein Werk an ihr tat. Es war schmerzhaft gewesen, aber die Mühen zahlten sich aus. Der alte Mann hatte ihr Chi so manipuliert, dass sie nicht nur in der Lage dazu war Erde, sondern auch Luft, Feuer und Wasser zu bändigen. Wie er das angestellt hatte, behielt er für sich und Amon wollte es nicht wissen. Ihn interessierten nur die Resultate, welche sich sehen lassen konnten. Shinri trainierte und studierte beinahe pausenlos, ob in der materiellen, oder der spirituellen Welt. Ihre Bändigerfähigkeiten wurden immer besser und auch ihr Wissen vergrößerte sich. All ihre Mühen zahlten sich aus, wenn Amon ein Lob aussprach, oder auch nur anerkennend nickte. Sie hatte schon damals beschlossen, ihm ihr Leben zu widmen. Alles was sie hatte, würde sie ihm hergeben, wenn es den nötig wäre. Er hatte ihrem Leben einen Sinn gegeben. Er hatte ihn Unterkunft und Nahrung gegeben. Und vor allem ein Ziel, nach dem es zu streben galt. Aber als Korra in die Stadt kam, hatte sich einiges geändert. Der Avatar, der erklärte Feind hatte plötzlich ein Gesicht bekommen, wo vorher Leere geherrscht hatte. Shinri hatte Korra und ihre Freunde kennen gelernt. Hatte einen Jungen getroffen, in den sie sich verliebt hatte. Und das obwohl sie Bändiger waren. Auf der anderen Seite hatte sie auch die schlechten Seiten der Bändiger kennen gelernt die Triaden, die Überfälle, die Kämpfe, die Kriege. All das, was Amon ihr all die Jahre eingetrichtert hatte. Waren es jemals ihre Gedanken und Ziele gewesen, oder nur seine? Doch, sie hatte einmal daran geglaubt und ihm bedingungslos gehorcht. „Vergiss nicht, was du mir schuldest.“, waren die letzten Worte, die Amon an sie gerichtet hatte. Sie hatte nicht vergessen. Sie hatte sich erinnert. Sie zog die Knie näher an den Oberkörper. Sie hatte ihm wirklich alles zu verdanken, wenn er nicht wäre, wäre sie vermutlich schon lange nicht mehr am leben, oder würde immer noch in der Gosse leben. „Und? Hast du gründlich über dein Verhalten nachgedacht?“, fragte Amon und studierte das Gesicht des Mädchens. „Ja...“, antwortete diese. „Und?“, harkte er nach, „Ich hoffe für dich, du hast deine Antwort sorgfältig gewählt. Ansonsten...“ Er machte eine bedeutende Pause. „Nun ja, du weist was anderenfalls passiert.“ Das Mädchen senkte den Kopf und ging auf die Knie. „Ich weiss, dass ich Euch verraten habe, Meister Amon. Ich vergaß, was ich Euch verdanke und was ich Euch schulde.“ Sie begann zu zittern und Tränen sammelten sich in ihren Augen. „Ich werde versuchen Euch weiterhin von Nutzen zu sein, wenn Ihr das wünscht.“ Sie hob den tränenverschleiherten Blick. „Aber ich kann nicht versprechen, dass ich Korra und den Anderen Schaden zufügen werde, falls es dazu kommt.“ Amon schwieg und wartete eine Weile, ehe er seine Stimme erhob: „Es genügt mir für´s erste, wenn du sie im Auge behältst. Korra und ihre Freunde kannst du getrost mir überlassen.“ Er trat einen Schritt näher. „Aber denke daran, dass ich keine weiteren Fehltritte erlauben werde.“ „Ja, Meister Amon.“, murmelte Shinri. „Gut.“ Amon nickte zufrieden. „Und jetzt steht auf.“ Sie gehorchte. „Leutnant!“ Auf ein Zeichen Amon´s hin löste der Leutnant Shinri´s Fesseln. „Und jetzt geh und tue deine Pflicht, Aya.“ Das Mädchen verneigte sich noch einmal tief, ehe sie das Gebäude verlies. „Lassen wir sie wirklich damit durchkommen, Amon?“, fragte der Leutnant, als das Mädchen außer Hörweite war. „Nein.“, antwortete der Maskierte bestimmt. „Was hast du vor?“, fragte sein Untergebener. „Nur Geduld, Leutnant. Überlass das mir.“ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)