Grimm-Time with Werewolves - Grimmige Zeiten für Werwölfe von hikabella (TeenWolf X GRIMM) ================================================================================ Kapitel 1: Eine unerwartete Reise --------------------------------- „Ähh Coach, könnten Sie das bitte noch mal sagen?“ Der Junge glaubte seinen Ohren nicht zu trauen. Normalerweise war Stiles ein sehr aufgeweckter Typ. Immer voller Tatendrang, sich begeistert in das nächste Abenteuer stürzend, womit er seinen besten Freund Scott mehr als einmal in arge Bedrängnis gebracht hatte. Aber nicht heute und nicht in diesem Fall. „Was machen wir nächste Woche?“ Coach Finstock warf seine Brust nach vorne und pumpte stolz den Oberkörper auf, wie ein stolzierender Gockel. „Ich sagte, denkt an den 3-Tages-Ausflug nach Portland nächste Woche. Unsere Partnerschule will sein Lacrosse-Team weiter aufbauen und hat uns gebeten sie zu besuchen und ein wenig was vorzuführen.“ Er blickte äußert zufrieden drein. Scott stöhnte innerlich auf. „Und das konnten Sie uns nicht früher sagen, weil?“ Immerhin war er der Captain der Mannschaft. Wenn einer die Entscheidungen des Coach hinterfragen durfte, dann er… theoretisch… manchmal… in ganz seltenen Fällen. Natürlich versuchte er es immer wieder, aber der Coach war meistens etwas… Nun ja, er war eben der Coach. Da ging nichts drüber, nichts drunter und nichts zwischendurch. Und da ja alle Schüler ihren Coach liebten (so dachte er jedenfalls – außer natürlich Greenburg, aber das war ein eigenes Kapitel), waren selbstverständlich auch alle mit seinen Entscheidungen völlig einverstanden. Doch dieses Mal… „Coach, es ist Anfang Dezember. Portland liegt in Oregon, nicht Kalifornien.“ „Sehr gut erkannt, McCall“, er klopfte seinem besten Spieler mit einem nachdrücklichen Nicken und einem Ausdruck väterlichen Stolzes in den Augen auf die Schulter. „Du hast in Geographie tatsächlich aufgepasst. Du wirst es noch weit bringen.“ Er drückte Scotts Schulter noch einen Moment länger, kostete diesen Augenblick aus. Dann nahm er die Hand runter und Strich Scotts Einwand wieder aus dem Gedächtnis. Er ließ seinen Blick durch die Umkleidekabine schweifen und betrachtete seine Mannschaft. „Also, wenn sonst nichts weiter ist, hier sind die Einverständnis-Erklärungen, die eure Eltern bis morgen unterschrieben haben müssen und dann an mich zurückgehen.“ Er drückte einem der Spieler einen Stapel bedruckter Blätter in die Hand und deutete ihm diese auszuteilen. Leise murrend aber folgsam tat er es. „Aber Coach“, versuchte es Scott noch mal. „Ich wollte damit sagen, dass so eine lange Tour nicht ganz billig ist und…“, er hüstelte und blickte kurz zu Boden, „nicht jede Familie kann spontan so eine Reise… finanzieren.“ Etliche Schüler, die um Scott herum standen nickten zustimmend und mit einem besorgten Ausdruck in den Gesichtern. Der Coach schaute verblüfft drein. „Finanzieren? Wovon redest du Scott?“ Scott rollte innerlich die Augen. „Na die Kosten für Busfahrt, Hotel, Verpflegung?“ Finstock rieb sich nachdenklich das Kinn. „Hab ich das nicht erwähnt? Muss ich wohl. Hätte ich es gesagt, dann hättest du das selbstverständlich gewusst und nicht die Entscheidung deines geliebten Coach in Frage gestellt.“ Scott hob in einer abwehrenden Geste die Hände. „Ich stelle gar nichts in Frage Coach, es ist nur…“ „Schon gut Scott, ich verstehe, dass du als Captain nicht für dich, sondern für die Mannschaft fragst, falls einer von denen das nicht mitbekommen hat und sich jetzt nicht traut was zu sagen. Guter Junge.“ Und wieder drückte er Scott stolz die Schulter. Dann stemmte er die Fäuste in die Hüften und warf einen strahlenden Blick in die Runde. „Das ist doch das Beste daran, wir sind eingeladen, Jungs! Das heißt, die andere Schule bezahlt uns den kompletten Trip. Haben wohl einen reichen Sponsor gefunden, der das Team finanziert, und der übernimmt auch unsere kompletten Reisekosten.“ Etwas leiser setzte der Coach ein, „Ich wünschte nur wir hätten auch einen Sponsor für das Team“, dazu, während die Kabine erfüllt war von begeisterten Rufen. Dann griff er nach seiner Pfeife, und bevor noch ein weiteres Wort fallen konnte, ertönte ein schriller Pfiff und die Jungs schnappten sich ihre Helme und Schläger und machten sich automatisch auf dem Weg zum Spielfeld.   Auf dem Weg nach draußen spürte Scott, wie jemand an seinem Trikot zog und er blickte über die Schulter. Wie er sich schon gedacht hatte war es sein bester Freund, der seine Aufmerksamkeit verlangte. Stiles sah sehr besorgt drein. Scott manövrierte sie beide einen Schritt zu Seite, um den anderen nicht im Weg zu stehen und sah seinen Beta mit hochgezogener Augenbraue an. „Scott, das können wir nicht machen.“ Stiles' Stimme hatte etwas Panisches an sich und seine Gesichtsakrobatik bewegte sich irgendwo zwischen Begeisterung, Angst, Ungläubigkeit und Fluchtgedanken. Scott sah sich vorsichtig um, ob jemand ihr Gespräch mithören konnte. Dann senkte er die Stimme, so dass nur ein Werwolfsgehör, oder jemand, der sein Ohr direkt an seinen Mund halten würde, etwas davon verstehen konnte. „Stiles, ich bin auch nicht begeistert, aber du hast den Coach gehört, wir müssen da hin fahren.“ Er seufzte. „Was mich viel mehr stört, so weit im Norden ist richtiger Winter. Es ist kalt, nass und vielleicht liegt sogar Schnee. Und ich hab nicht mal mehr eine passende Winterjacke. Bin seit Jahren nicht mehr aus Kalifornien rausgekommen…“ „Warum solltest du das auch?“, meinte Stiles. „Aber das ist nicht der Punkt, Scott.“ Stiles fing an zu zappeln, als müsste er dringend aufs Klo. Sein innerer Wolf schwankte wohl zwischen Angriff und Flucht. Den Coach killen für diese Schapps Idee oder sich in der Kabine verstecken. Möglicherweise für den Rest seines Lebens. ‚Wäre das eigentlich ein so schlimmes Schicksal? ‘, dachte Stiles und badete einen Moment in dieser Vorstellung. Scott verdrehte die Augen. „Du machst dir Sorgen wegen dem Vollmond?“ „Natürlich, ich…“ „McCall!“, brüllte ihnen die Stimme des Coach entgegen. „Wilinsky! Braucht ihr ne Extraeinladung?“ Scott seufzte. „Na komm, wir können das jetzt im Augenblick eh nicht ändern. Lass uns spielen, Stiles.“ Er nahm ihm beim Arm und zog ihn in Richtung Spielfeld. Diese Ankündigung erklärte immerhin, warum Derek sich heute vom Training ferngehalten hatte. Bis zum Abend, wenn sie sich wie üblich an seinem Haus treffen würden, sollte sich Stiles wohl wieder beruhigt haben. Dank Scott natürlich. Wem auch sonst… ***   Aber Scott hatte sich geirrt. Derek war keineswegs vor ihnen „geflohen“. Nein, er hatte einfach wichtigeres zu tun. Und zwar (man höre und staune), im Auftrag des Coach! Derek hatte schon nichts Gutes geahnt, als ihn der Coach mit einem breiten Grinsen nach der Mittagspause in seinem Büro empfangen hatte. Ein begeisterter Coach Finstock war eine gruselige Angelegenheit, die mit Vorsicht zu genießen war. Und da er nun mal der neue Assistent war (warum hatte er den Job noch mal angenommen?), wurde ihm kurzerhand die Aufgabe übertragen, die für seinen ‚Boss‘ einfach nur lästig war. Und so saß er jetzt im Büro seines Vorgesetzten über dem Papierkram, den so ein Schulausflug mit sich brachte. Einschließlich arrangieren und koordinieren von Transport und Übernachtung. Dann sollte vor Ort ja auch ein Programm geboten werden, das über das bloße Spielen hinausging (Schule halt, da musste alles einen pädagogischen Wert haben…) und das Ganze bereits für Montag und am besten bis gestern. Es war zum Haare raufen. Und dann müsste er später noch seinen Onkel Peter kontaktieren. Auch wegen der Fahrt. Zum einen sollte wenigstens ein Hale ein Auge auf die Stadt haben, wenn er und Scott unterwegs waren (nicht, dass es groß einen Unterschied machen würde, aber es würde sicherlich Peter schmeicheln), und zum anderen wollte er abklären, ob es eventuell ein lokales Rudel in Portland und Umgebung gab, das sie über ihren Aufenthalt informieren mussten. Wölfe waren sehr territorial, und er hatte wirklich keine Lust auf irgendwelche Streitigkeiten, weil ein portländischer Wolf möglicherweise dachte, sie würden mit feindlichen Absichten in fremde Gebiete eindringen. Nein, das musste er echt nicht haben. Mit einem halben Ohr bekam er mit, dass das Training zu Ende ging, aber er war noch lange nicht fertig. Das einzig Gute daran, dass er die Organisation machen musste war, dass er das Hotel (oder wahrscheinlicher Motel, er musste wegen des Budgets noch mal schauen) auswählen konnte. Was bedeutete, er würde eines in Wald nähe suchen. Nächste Woche war Vollmond und Stiles hatte sein Shifting noch nicht 100% unter Kontrolle. Wäre in der Gegend ein Wald, dann könnten sie wenigstens schnell von den anderen wegkommen, bevor ein Unglück geschah. Und er würde versuchen dafür zu sorgen, dass auch Malia mitreisen konnte. Vielleicht als Betreuerin oder so. Er wollte die Kojotin nicht mit Peter alleine in der Stadt lassen, wenn er es vermeiden konnte. Und immerhin war sie seine Cousine, da hatte er eine gewisse Aufsichtspflicht über sie (nicht dass außerhalb des Rudels jemand darüber Bescheid wüsste…). Für Kira und Lydia fiel im leider spontan keine gute Entschuldigung ein, warum die beiden mitreisen sollten. Vielleicht konnte ja Lydia eine aus dem Hut zaubern. Jetzt musste er erst mal feststellen, wie man so kurzfristig einen Reisebus mieten konnte.   ***   Später am Abend saßen die Jungs bei Stiles daheim mit dem Sheriff um den Küchentisch herum. Derek hatte das Training abgesagt, er hätte zu viel zu tun in Vorbereitung für die Fahrt. Stiles hielt das nur für eine Ausrede, sagte aber lieber nichts. Sonst würde ihm Derek gleich noch ein paar Extra Trainingseinheiten aufbrummen. Sein Dad las gerade die Einverständniserklärung und presste die Lippen zusammen. Sein Blick wanderte zwischen Scott und seinem Sohn hin und her. „Haltet ihr das für eine gute Idee?“, fragte er und deutete auf den Zettel. Die beiden Jungs tauschten einen kurzen Blick aus. „Wir haben leider keine große Wahl, Dad“, antwortete Stiles. „Scott hat schon versucht ihn umzustimmen, aber wenn der Coach sich was in den Kopf setzt, dann bringen ihn keine zehn Pferde mehr davon ab.“ „Höchstens ein Pfeil in den Bauch“, witzelte Scott und erntete dafür einen vernichtenden Blick seines Betas. Der Sheriff atmete tief durch und lehnte sich auf seinem Stuhl zurück. Man konnte förmlich sehen, wie es in seinem Hirn arbeitete. Also beeilte sich Scott einzuwerfen, „Die Reise ist übrigens komplett gesponsert. Wir brauchen uns um nichts zu kümmern, außer unserem Gepäck.“ Stilinski zog eine Braue hoch. „Sag an, wie praktisch. Taschengeld ist davon natürlich ausgenommen, oder?“ Stiles legte den Kopf schief und unterdrückte ein Grinsen. „Naja, also ich wäre da sicher nicht abgeneigt ein bisschen was extra zu kriegen… Alleine die Reparatur des Vergasers letzten Monat hat wieder…“ Er brach ab, als er unter dem Tisch einen Tritt von Scott spürte. Der Blick des Alphas sagt ‚Darum geht es ihm gar nicht…‘ ‚Nicht? ‘ ‚überlegte Stiles. Er sah Scott weiter an, doch der regte sich nicht. Er wartete darauf, dass Stiles selber kapierte, was seinen Vater bewegte. ‚Um was…‘ Scott seufzte und rollte mit den Augen. Er zog eine Braue hoch und warf einen blitzschnellen Blick aus dem Fenster in Richtung zunehmender Mond. Oh… stimmt... „Mach dir keine Sorgen um mich, Dad“, beeilte er sich daraufhin zu sagen. „Scott ist dabei und Derek ebenfalls. Die beiden werden schon auf mich aufpassen. Wir können ja sicherheitshalber ein paar Ketten mehr einpacken…“ Der Blick, den der Sheriff daraufhin den beiden Jungs zuwarf besagte eindeutig ‚Ich will sowas gar nicht wissen! ‘ Er atmete tief durch und wandte sich dann an Scott. „Bist du sicher, dass ihr das ohne Probleme hinbekommt? Bis Portland reichen meine Befugnisse nicht, ich kann euch da also nicht raushauen. Und solange dein Dad nicht Bescheid weiß er auch nicht, FBI hin oder her.“ „Also wir werden uns definitiv zurück halten und versuchen keinen Ärger zu machen“, versprach Stiles. ‚Aber wir können das nicht für den Rest der Menschheit garantieren‘ schwebte am Ende ungesagt zwischen ihnen. Leider musste das reichen. Er konnte nichts versprechen, worauf er keinen Einfluss hatte. Keiner konnte wissen, was auf sie zukommen mochte. Sie konnten nur für sich selber sprechen. Und der Sheriff wusste das. Müde rieb er sich übers Gesicht. „Na schön“, seufzte er. „Hab ich eine Wahl?“, fragte er resigniert und zückte seinen Kugelschreiber. Stiles dachte einen Augenblick über diese Frage nach, während sein Dad den Zettel unterschrieb und kurz zum Kalender schaute, um das Datum zu überprüfen, bevor er es eintrug. „Eine Idee hätte ich“, grinste Stiles und breitete die Arme aus. „Verhafte den Coach. Ohne ihn werden wir garantiert nicht fahren.“ Am Ende war er nur noch ein ‚Tadaa‘ von einem Zauberer entfernt, der gerade seinen tollsten Trick vorgeführt hatte und nun vom Publikum bejubelt werden möchte. Applaus, Applaus, Applaus… Der Sheriff zog die Stirn in Falten und seufzte laut. Offenbar fand er das ganz und gar nicht witzig. „Vielleicht sollte ich eher dich verhaften, Sohn. Da hätte ich dich wenigstens die ganze Zeit unter Aufsicht und aus unseren Zellen kannst du bestimmt nicht ausbrechen, oder?“ Er hatte es rein rhetorisch gemeint, aber Stiles sah nur neugierig zu Scott hinüber und stützte den Kopf auf seine Hand auf. „Keine Ahnung, könnte ich?“ Scott war dieses Thema sichtlich ein wenig unangenehm. Er rutschte auf dem Stuhl hin und her, bevor er antwortete. Es war ja nicht  so, dass er sich damit nicht schon bereits hatte auseinandersetzen müssen. Immerhin hatte er schon einmal einen Vollmond auf dem Revier erlebt, bei dem er und Derek versuchten hatten Isaac zu befreien. Das wusste der Sheriff aber nicht und er hatte zu der Zeit auch noch keine Ahnung von Werwölfen in Beacon Hills gehabt. Und die Zellenbauer genauso wenig. „Vermutlich schon, ja“, kam die zögerliche Antwort. „Wirklich?“, Stiles war über die Maßen begeistert. Er fing sofort an Fluchtpläne zu schmieden, für den Fall, dass es irgendwann mal nötig werden sollte auszubrechen. Scotts Räuspern holte ihn wieder in die Gegenwart zurück. ‚Aufgeschoben ist nicht aufgehoben‘, dachte er und setzte die Idee auf seine interne To-Do-Liste. Der Sheriff zog eine Braue hoch, schob seinem Sohn das unterschriebene Formular zu und betrachtete beide Jungs einen Moment lang nachdenklich. Wahrscheinlich war gerade seine Cop-Seite am Abwägen, ob er potentielle jugendliche Kriminelle vor sich hatte oder nicht. Schließlich siegte die Vater-Seite und er trommelte leicht mit den Fäusten auf dem Tisch. Er hatte eine Entscheidung getroffen. „Ok, Jungs. Ich will euch mal glauben, dass ihr euch nicht absichtlich in irgendwas Verrücktes und gefährliches stürzen werdet. Aber…“, und hier hob er schnell und nachdrücklich den Zeigefinger, da Stiles schon begeistert hatte aufspringen wollen, „aber, ihr bleibt in Dereks Nähe, haltet euch aus allem raus und sollte irgendwas passieren und sei es nur, dass einer von euch stolpert und sich das Knie aufschürft, gebt ihr mir sofort Bescheid. Ist das klar?“ „Aber wenn wir uns verletzen heilt das doch gleich…“ „Haben wir uns verstanden?“, wiederholte der Sheriff nachdrücklich. Stiles lies genervt die Schultern hängen und zog eine Schnute. Mit seinem Dad war es einfach nicht möglich zu reden, wenn es um so was ging. Da war er eisern. „Ja, Sir“, murmelte er. „Scott?“ Offenbar wollte er das von beiden hören. „Ja, Sir“, nuschelte auch Scott. Stilinski schüttelte den Kopf. „Ich bereue das sicher noch… Und jetzt ab mit euch, ihr habt doch garantiert noch was vor.“ Und mit einem kleinen Nicken entließ er die beiden, die wie vom Blitz getroffen aufsprangen und mit übernatürlicher Geschwindigkeit die Küche verließen. „Und grüße deine Mutter von mir“, rief er noch hinterher. Dann wandte er sich wieder der Zeitung und dem Kreuzworträtsel zu, bei dem ihn die Jungs unterbrochen hatten.   ***   Melissa hatte mal wieder eine Spätschicht. Was heißt ‚mal wieder‘, eigentlich schob sie inzwischen fast täglich diese Schicht. Zusätzlich zu ihrer normalen. Sie brauchte die extra Stunden dringend. Das Haus finanzierte sich schließlich nicht von alleine, und Scott sollte sein selbstverdientes Geld in seine eigenen Anschaffungen, wie sein Motorrad stecken. Es reichte schon, wenn er gelegentlich was zu den Lebensmitteleinkäufen beisteuerte. Sie durfte nie vergessen, obwohl ihr Sohn ein Werwolf und der Alpha seiner Gruppe, oder eher ‚Rudel‘ wie es bei ihnen hieß, war und seit dem regelmäßig mal mehr mal minderschwere Krisen ihr aller Leben durcheinander brachten, er ging schließlich noch in die High-School. Scott war gerade mal erst 17. Heute war zum Glück ein eher ruhiger Abend. Sie hatte schon andere erlebt. Auch ohne übernatürliche Wesen, die in Beacon Hills einfielen, war es besonders freitags und samstags sehr belebt auf den Fluren der Notaufnahme. Hauptsächlich Jugendliche und junge Erwachsene, die etwas zu wild gefeiert hatten und nun die eine oder andere Platzwunde behandeln lassen mussten, oder die gleich wegen Alkoholvergiftung mit Blaulicht eingeliefert wurden. Sie war nur froh, dass ihr Sohn und seine Freunde nicht in diese Kategorie fielen. Soweit sie gehört hatte, war zumindest Lydia früher doch einer Party mehr oder weniger nicht abgeneigt gewesen, aber das hatte sich geändert, seit dem ihr Exfreund, dieser Jackson, weggegangen war.   Und so schaute sie etwas überrascht auf, als ihr auf einmal ihr Sohn samt seinem Sozius entgegen kam. In einer Hand hielt er eine weiße Tüte, die ihr ‚warmes Essen‘ zuflüsterte. „Mein liebevoller Sohn bringt seiner armen überarbeiteten Mutter Essen zur Arbeit.“ Sie nahm die Tüte entgegen und steckte einmal kurz die Nase hinein. Hmm, chinesisch. Dann knotete sie die Tüte zu und stellte die Portion hinter dem Schalter der Notaufnahme auf ihrem Tisch ab. Sie verschränkte die Arme vor der Brust und drehte sich wieder zu Scott und Stiles um. „Und was verschafft mir dieses Vergnügen? Habt ihr was angestellt, oder habt ihr nur geplant was anzustellen?“ Scott verzog das Gesicht. „Darf ich nicht auch einfach mal so meiner Mom was zu essen zur Arbeit bringen?“ Melissa zog nur eine Braue hoch. „Warum machen das die Erwachsenen eigentlich immer“, meinte Stiles und deutete auf Melissas Mimik. „Dieser Blick, kein Wort, aber immer dieser Blick.“ Scott drehte sich halb zur Seite, um seinen besten Freund anzusehen und zog gleich seiner Mutter eine Augenbraue hoch und verschränkte die Arme. Stiles wedelte mit dem Finger vor Scotts Nase herum. „Jetzt fang du nicht auch noch an. Warum macht ihr das alle?“ Melissa wischte einmal mit der Rechten vor sich durch die Luft und zog damit wieder die Aufmerksamkeit der Jungs auf sich. „Also was ist los ihr Zwei? Bekomme ich jetzt mal eine vernünftige Antwort?“ Scott warf seinem Beta einen Blick zu. Beide schienen einen Moment stumme Zwiesprache zu halten. Dann sah Stiles Scott böse an und streunerte rüber zum Message Board. Melissa wusste zwar, dass er trotzdem alles hören konnte wenn er wollte, aber sie wusste seine Diskretion zu schätzen. Scott kramte inzwischen aus seiner Hosentasche ein offiziell aussehendes Blatt mit dem Logo der Beacon Hills High-School hervor. Bevor er es ihr gab, überflog er selber noch mal. „Der Coach hat uns heute… mit einer Ankündigung überrascht“, begann er und reichte dann das Blatt weiter. „Er sagt, das Team soll nächste Woche nach Portland zu einem Freundschaftsspiel fahren. Und bevor du fragst“, er hob die Hand, um seine Mom abzuhalten, etwas darüber zu sagen ob der Coach… nun ja… ob er noch alle beisammen hätte, „die Reise ist komplett gesponsert. Wir müssen also nichts bezahlen.“ Melissa atmete erleichtert auf. Sie hatte schon beinahe einen Herzanfall bekommen, bei dem Satz ‚nach Portland… fahren‘. Sie schaute auf den Zettel und begann zu lesen. Laut diesem Formular sollten die Spieler für 3 Tage und 4 Nächte eine Bustour nach Portland unternehmen. Eine dortige Partnerschule (von der Melissa zugegebenermaßen bis zu diesem Moment noch nie gehört hatte), wollte seine Mannschaft etwas aufmöbeln und hatte um Unterstützung und ein Freundschaftsspiel gebeten, da die BHHS Cyclones die letzte Landesmeisterschaft gewonnen hatten. Sie sah ihren Sohn an, rechnete kurz nach und schaute dann doch lieber noch auf der großen Wandkalender, nur um sicher zu gehen. Sie runzelte die Stirn. „Scott, ihr wisst aber schon…“, sie deutete auf das Symbol am Kalender, einen kleinen, fein umrissenen Kreis, der für den nächsten Dienstag eingetragen war. Und damit mitten in die Reisezeit fiel. Sie warf einen schnellen Blick zu Stiles, der noch immer beschäftigt tat und die einzelnen Anschläge sorgfältig zu studieren schien. Ihr Sohn nickte resigniert. „Das wissen wir Mom, aber leider ist Vollmond keine qualifizierte Entschuldigung in den Augen des Coach.“ „Weil er nicht weiß, was wir wissen“, konterte Melissa. „Willst du es ihm etwas erzählen?“ „Wohl kaum.“ Sie legte den Kopf schief und überlegte. „Soll ich euch ein medizinisches Attest besorgen? Irgendwas, was Stiles vorübergehend vom Spielen abhalten würde?“ „Selbst dann müsste ich trotzdem mitfahren, sofern ich nicht bettlägerig bin.“ Melissa machte überrascht einen halben Sprung zur Seite. Sie hatte gar nicht bemerkt, dass Stiles zu ihnen getreten war. Von Scott kannte sie das ja inzwischen, aber dass Stiles jetzt auch ein Werwolf war, daran hatte sie sich noch nicht gewöhnen können. Scott nickte bedächtig. „Da hat er Recht. Das ganze Team oder gar nicht. Aber mach dir keine Sorgen, Derek ist ja auch da und wir passen gemeinsam schon auf ihn auf.“ „Und du bist jetzt hier, weil?“ „Weil ich den unterschriebenen Zettel morgen dem Coach auf den Tisch legen muss.“ „Morgen schon?“ Melissa fand das nicht lustig. Wie lange hatten die Jungs das schon gewusst mit der Reise? War das die alte Taktik erst im letzten Moment mit der Sprache rauszurücken, um das Donnerwetter möglichst klein zu halten? „Und ihr habt das wirklich erst heute erfahren? Ganz sicher?“ Sie deutete auf das Datum auf dem Zettel. Es war von letzter Woche. Beide Jungs hoben abwehrend die Hände und sahen ernsthaft überrascht aus, dass man ihre Motive in Frage stellte. Und ausnahmsweise wirkte es sogar mal glaubhaft. „Ja, Mom. So ist der Coach eben. Vermutlich hat ihn heute die Verwaltung angemahnt endlich die unterschriebenen Zettel vorzulegen, sonst hätte er Montag an der Schule mit einem Bus auf uns gewartet und sich gefragt, warum keiner eine Reisetasche gepackt hätte.“ Stiles nickte bekräftigend. „Ist schon vorgekommen, wie ich gehört habe.“ Sie seufzte. „Also habe ich eigentlich keine Wahl, oder?“ „Und schon wieder. Warum sagen alle Erwachsenen eigentlich immer das gleiche?“, murmelte Stiles und rieb sich das Kinn. „Mein Dad hat vorhin fast genau dasselbe gesagt… Es sollte mal jemand eine wissenschaftliche Abhandlung darüber verfassen, welche Formulierungen bevorzugt von Eltern verwendet werden, um ihre Kids runterzumachen…“ Melissa verzog den Mund zu einem unterdrückten Grinsen. „Ich bin sicher, das hat schon mal jemand gemacht Stiles, aber du kannst es ja nächstes Mal in Englisch als Projekt vorschlagen.“ Stiles hatte unterdessen bereits sein Handy gezückt und die Google-App geöffnet, um gleich mal nach diesem Thema zu suchen. Die Augen fest auf das kleine Display geheftet sagte er, „da fällt mir ein, wir sollten von meinem Dad Grüße ausrichten.“ Sein Grinsen reichte von einem Ohr zum anderen und er wackelte mit den Brauen… und kassierte dafür von Scott eine Kopfnuss. Melissa seufzte, griff in ihre Brusttasche, nahm einen der Stift daraus und unterschrieb den Zettel. „Ich muss euch wohl kaum sagen, dass ihr bitte vorsichtig sein sollt.“ Ihr Sohn schüttelte verneinend denn Kopf. „Das hat der Sheriff schon ausführlich erledigt. Danke Mom“, er gab ihr einen Kuss auf die Stirn und steckte das Formular wieder ein. Sie drückte ihren Jungen einmal und wuschelte Stiles durch die Haare. „Ich wünsche dir einen ruhigen Abend“, sagte Scott zum Abschied und bewegte sich in Richtung Ausgang, wie immer mit seinem Kumpel Stiles an der Seite, den er am Arm haltend hinter sich herzog. „Euch auch“, rief sie zurück und bemerkte, dass Blaulicht am Eingang auftauchte. Sie seufzte, nahm ihr Klemmbrett und eilte zur Tür, um den Neuzugang in Empfang zu nehmen. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)