Erinnerungen von Milli_Maus ================================================================================ Kapitel 1: Man vergisst es nie ------------------------------ Meiner Ansicht nach führe ich ein ganz normales Leben. Menschen die ich neu kennenlerne haben meist Mitleid mit mir, da ich nur noch meine Mutter habe. Mein Vater ist gestorben als ich 4 Jahre alt war. Ich kann mich nicht mehr gut an ihn erinnern, nur bestimmte Merkmale habe ich mir gemerkt. Natürlich bin ich traurig über den Tod meines Vaters aber ich habe gelernt mit der Trauer fertig zu werden. Meine Mutter hat dies allerdings nie geschafft. Egal wie sehr sie mir vorspielen will, dass sie nicht mehr an meinen Vater hängt. Ich weiß, dass dies nicht stimmt. Meine Mutter und ich haben eine schöne Wohnung. In diese sind wir vor fast 10 Jahren gezogen als mein Vater uns verlassen hat. Seit dem leben wir beide dort. Ich gehe auf eine schöne Schule, habe meiner Ansicht nach gute Noten und viele gute Freunde. Nach der Schule muss ich nur 5 Minuten laufen dann bin ich auch schon zu Hause. Meine Mutter ist aber natürlich nicht zu Hause. Wäre ja mal was ganz neues wenn mich eine fröhliche Mutter nach der Schule an der Haustür empfängt. Aber das ist nur ein Traum. Und wird es warscheinlich auch bleiben. Nach dem wir hier hergezogen sind hat sich meine Mutter eine neue Arbeitsstelle gesucht und sich total in die Arbeit gestürzt. Seit dem ist fast nie da. Nur am Wochenende sehe ich sie, wenn sie nicht bei ihren Freund ist. Das heißt für mich das ich die Wohnung fast schon für mich alleine habe. Das ist einerseits schon lustig da ich alles machen kann was ich will. Aber anderseits vermisse ich meine Mutter. Es ist niemand da mit dem man reden kann, niemand mit dem man lachen oder etwas unternehmen kann. Wenn ich Probleme habe ist niemand zu Hause mit dem ich über sie reden kann. Das alles stimmt mich ziemlich traurig. Ich habe schon zeitig gelernt allein zurecht zu kommen. Ich gehe selber Einkaufen, koche mein Essen und halte die Wohnung sauber. Manchmal treffe ich mich mit meinen Freunden aber dafür bleibt fast nie Zeit, da ich mich um alles alleine kümmere. Das ist Alltag für mich geworden. Trotzdem mache ich mir das Beste aus meinen Leben. Wenn ich abends im Bett liege, bin ich oft noch wach und denke über den Tod meines Vaters nach. Ich war zu diesem Zeitpunkt gerade 4 Jahre alt und in 1 Monat würde ich 5 Jahre werden. Jeden Tag zählte ich ungeduldig nach wie lange ich noch bis zu meinen Geburtstag warten musste. Darüber haben meine Eltern immer gelacht. 2 Wochen vor meinen Geburtstag musste mein Vater zu seiner Arbeit obwohl er Urlaub hatte. Mama und ich waren ärgerlich darüber weil wir zusammen in den Zoo gehen wollten. Papa versprach mir fest, dass wir den Ausflug nachhohlen würden. Ich habe ihn geglaubt. Papa fuhr los und ich winkte ihn fröhlich hinterher und freute mich auf den Abend wenn Papa wiederkommen würde, um mir einen Gutenachtkuss zu geben. Aber Papa kam nicht wieder. Nicht in dieser Nacht und in allen darauffolgenden auch nicht. Er kam nicht mehr. Er würde nie wieder kommen. Am nächsten Tag war viel bei uns los. Fremde Menschen waren in unseren Haus, Oma war da, Mama weinte. Ich wusste nicht was hier geschah. Ich bekam Angst weil sonst alles ruhig war und diese Aufregung machte mich nervös. Schließlich als mir alles zu viel wurde fragte ich laut wo Papa war. Alle wurden leise. Mama schluchzte und weinte von neuen los. Oma kam zu mir und nahm mich fest in den Arm, lies mich nicht mehr los. "Dein Papa wird nicht mehr kommen", sagte mir sie ruhig. Kurz danach sind wir in unsere jetzige Wohnung gezogen. Meine Mutter ist seit diesen Vorfall nicht mehr die selbe. Früher hat sie oft gelacht oder mich einfach in den Arm genommen und mit mir geknuddelt. Heute lacht sie selten und in den Arm genommen worden bin ich schon lange nicht mehr. Sie hat sich verändert und ich befürchte, dass sie nicht mehr die Mama von früher wird. Die Trauer hat sie kaputt gemacht. Mit 16 Jahren lernte sie meinen Vater kennen und verliebte sich in ihn. Mit 17 Jahren bekam sie mich. Meine Eltern waren ein Traumpaar. Sie haben immer gelacht, viel zusammen unternommen und mich liebevoll großgezogen. Den Verlust ihrer großen Liebe hat meine Mutter nicht verkraftet. Sie ist total zusammengebrochen, wollte nicht mehr am Leben sein. Schließlich wurde sie in eine Nervenklinik eingeliefert. In dieser schweren Zeit lebte ich bei meiner Oma. als meine Mutter entlassen wurde ging es ihr wieder besser aber ich habe schnell bemerkt, dass sie nicht mehr die Mama war die ich kannte. Seitdem ist sie meine Mutter die einen nicht mehr so viel Liebe zeigt wie sie es früher getan hat. Meine Mutter ist noch da aber meine Mama ist zusammen mit meinen Papa gestorben. Ich wurde aus meinen alten Leben gerissen und in ein neues hineingeworfen. Mit 4 Jahren versteht man natürlich nicht sofort den Tod. Ich habe mich oft gefragt ob Papa mich nicht mehr lieb hat weil er nicht mehr zurüchkam. Das habe ich immer alle gefragt aber niemand antwortete mir. Ich bekam nur Mitleid und Tränen. Erst als ich älter wurde habe ich verstanden das Papa wirklich nie wieder zu mir kommen würde. Aber ich habe die Hoffnung nicht aufgegeben, wollte sie mit aller kraft nicht loslassen. Heute weiß ich das es sinnlos war zu hoffen. In meiner neuen Heimat wurde ich in einen neuen Kindergarten geschickt. Aber ich wollte keine neuen Freunde, wollte nichts mit allen in meinem neuen Zuhause zutun haben. Ich habe mich zurückgezogen. Die Trauer über den Verlust hat mich tief getroffen und es hat lange gedauert ehe ich neue Gefühle in mein Herz lassen konnte. Schließlich habe ich doch noch Freunde gefunden. Ich habe gelernt zu trauern aber auch gleichzeitig zu lieben und lachen. Zusammen mit meinen Freunden kam ich in die Grundschule. Ich begann ein neues, fröhliches Leben. Doch die guten Zeiten hielten nicht lange. Meine Mutter war fast immer auf Arbeit aber ich kam damit klar. Erst als meine Mutter mit ihren neuen Freund nach Hause kam brach alles zusammen. Mein neu aufgebautes Leben zerbrach wie ein Spiegel den man fallen lässt. Ich wollte nicht, dass mein Vater einfach so ersetzt wird. Ausgetauscht gegen einen neuen Mann. Ich weigerte mich mit dem Freund meiner Mutter zu sprechen oder überhaupt irgendetwas mit ihn zutun zu haben. Das war eine schlimme Zeit. Ich wollte mich für meine Mutter freuen, konnte es aber nicht. Das hat alles zerstört. Meine Mutter und ich entfernten uns noch mehr voneinander. Ich kam in die Regelschule und lernte wieder neue Freunde kennen. Die Situation zwischen meiner Mutter und mir hatte sich ein wenig gebessert, war aber weiterhin nicht die Beste. Ich fing an zu trinken aber nur über einen kurzen Zeitraum. Ich wollte die Trauer im Alkohol ertränken, merkte aber, dass dies nur mir selbst schadete. Mit der Hilfe meiner besten Freundin schaffte ich es schließlich vom Alkohol wegzukommen. Und mein Leben ging weiter. So nun bin ich am aktuellen Standpunkt meines Lebens angekommen. Ich hatte einige große Rückschläge in meiner Vergangenheit. Diese haben mich einige Zeit lang kaputt gemacht. Ich habe am Leben gezweifelt, wollte nichts mehr fühlen und nie wieder lieben. Aber diese Phasen gingen vorüber. Ich habe gelernt, wieder Aufzustehen, dass Leben zu nutzen. Inzwischen sehe ich das Leben als großes Geschenk und will es so gut wie nur möglich nutzen. Der Tod meines Vaters hat eine große Wunde in mein Herz gefressen die vermutlich nie heilt und immer schmerzen wird. Oft trauere ich noch, aber dann geht es wieder gut. Auch um meine geliebete Mama trauere ich. Sie ist auch von mir gegangen und wird nie wiederkommen. Aber ich gebe die Hoffnung nicht auf, dass meine Mutter irgendwann den Teil Mama wieder in sich findet. Ich werde die Hoffnung nicht aufgeben. Diesmal nicht... Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)