Entführte Ananas zum Geburtstag von Bagira ================================================================================ Kapitel 13: Keine Heimkehr -------------------------- Den restlichen Abend wurden noch einige ziemlich schief gesungene Weihnachtslieder zum Besten gegeben oder sich einfach unterhalten und gelacht. Um Zehn hatte sich Tante Hilde verabschiedet, sie ist nur in Saras Zimmer gegangen, da sie dort schlafen wird und Sara im Wohnzimmer auf der Couch, weil der anspruchsvollen Hilde die Couch zu hart war und sie davon Rückenschmerzen bekam. Also waren nur noch die drei Mädchen und Marco im Wohnzimmer, wo sie sich schon seit Stunden angeregt unterhielten. Den Freundinnen war in der ganzen Woche eigentlich nie groß in den Sinn gekommen, Marco zu fragen wie es denn so auf der Moby Dick zu ginge. Das wurde jetzt nachgeholt und die ein oder andere kurriose Geschichte fand ihren Weg zu den Ohren der Mädchen. Natürlich immer fein kommentiert von 'Das hat er nicht echt getan' oder 'Wie viel hat er da denn gesoffen?!' und schallendem Gelächter. „Aber das Beste war ja, als Ace wieder einmal die Vorratskammer leer gefressen hatte und Thatch sich, statt ihm eine Standpauke zu halten, einen kleinen Spaß mit ihm erlaubt hat. Er hat ihm einen aufgeschnittenen Apfel gegeben, denn er vorher mit Chilipulver bestreut hatte. Der Depp von einem Nichtschwimmer ist freiwillig ins Meer gesprungen, um seinen Mund zu löschen. Die Feuerfontäne konnte man sicher in der ganzen Neuen Welt sehen.“ Die Schülerinnen lagen am Boden vor lachen, einzig Sara wirkte irgendwie beleidigt. „Wie könnt ihr das Ace nur antun?“, fragte sie und zog dabei einen Schmollmund. Doch dieser blieb vielleicht für ein paar Sekunden in denen sie sich Marcos Erzählung bildlich vorstellte und sich dann zu ihren lachenden Freundinnen gesellte. Da die Mädchen von der ganzen Lacherei nur Bauchschmerzen bekamen, ließen sie es für heute gut sein und gingen ins Bett. Mathleen lag noch lange wach in ihrem Bett und lauschte den Geräuschen im Haus. Neben sich konnte sie Marcos gleichmäßigen Atem hören und schmiegte sich noch enger an ihn. Im Schlaf schlang er einen seiner muskulösen Arme um ihren zierlichen Körper und zog sie so noch ein Stück näher an sich. Traurig seuftzte das Mädchen. 'Nicht einmal mehr 24 Stunden, dann ist er wieder auf der Moby Dick und ich bin immer noch hier.' Noch lange hatte sie sich mit ihren Gedanken gequält, aber irgendwann glitt sie schließlich in einen traumlosen Schlaf. 'Morgen sieht die Welt schon anders aus', heißt ein bekanntes Sprichwort. Leider traf es auf Mathleen nicht zu. Ihre Lage war die selbe wie am Abend zuvor, Marco würde heute für immer gehen und sie hatte keine Chance ihn jemals wieder zu sehen. 'Die Hoffnung stirbt zuletzt', an dieses bisschen Hoffnung, an diesen kleinen Funken Licht in der unendlichen Dunkelheit klammerte sich die Achtzehnjährige mit allem was sie hatte. Langsam schwang sie ihre Beine aus dem Bett und stand, genau so müde wie sie schlafen gegangen war, wieder auf. Die Haare band sie sich zu einem unordentlichen Dutt, zog sich an und schlenderte zum Frühstück. Alle anderen saßen schon am Tisch und wurden, wie sollte es ander sein, von Tante Hilde voll gequatscht. „Wem gehört eigentlich diese schrottige Rostlaube die vor der Tür steht?“, fragte Hilde gerade und biss in ihre dick mit Marmelade bestrichene Semmel. „Ach die, die gehört Tom. Er hat uns letzte Woche nach Hause gefahren und seine 'Emma' ist leider liegen geblieben, aber er holt sie sicher bald ab.“, erklärte Sara, während Mathleen sich angespannt neben Marco setzte. „Was hast du denn?“, fragte der Mann mit der Frisur einer Tropenfrucht das in Gedanken weit entfernte Mädchen neben sich. „Ach, ich hab' nur daran gedacht, dass du heute ja wieder zurück gehst.“, gab sie leise zu und konnte die Trauer in ihrer Stimme nicht gänzlich verbergen. „Ja, stimmt.“, seine raue monoton klingende Stimme hallte immer wieder in ihrem Kopf nach. 'Das klang nicht so erfreut wie ich gedacht hätte. Fällt es ihm etwa schwer zu gehen, weil er mich auch so mag wie ich ihn? Ach Quatsch. Hör auf dir Luftschlösser aufzubauen, wenn es in Wirklichkeit gar nicht so ist.', schimpfte sich das Mädchen stumm und nahm sich etwas von der Eierspeise, die auf einem Teller in der Mitte des Tisches stand. Hätte sie ihren Kopf auch nur kurz gehoben und den Mann neben ihr angesehen, hätte sie seinen nachdenklichen Gesichtsausdruck gesehen und erkannt, dass es ihm bei weitem nicht so leicht fiel, wie sie dachte. Der Vormittag verflog nur so, hatten sie ja auch bis halb elf geschlafen. Langsam wurde es Zeit sich auf den Weg zu Tom zu machen, um Marco wieder dorthin zu schicken, wo er hin gehörte. Zu aller Leidwesen kam die irre Hilde auch mit. Hanna hatte Angst sie allein im Haus zu lassen, schließlich war sie mit Sara verwandt und noch viel schlimmer als diese. Der Bus kam pünktlich und brauchte dank des geringen Verkehrs auf der Straße nicht lange bis zur Siedlung in der Tom lebte. Auch die anstrengende Suche nach dem richtigen Haus fiel aus, da Hanna den Weg noch genau kannte. Glück für sie, Pech für Mathleen. Sie standen vor der Tür und Sara drückte auf die Klingel. Das Geräusch ertönte und die Gäste warteten vor der nach wie vor fest verschlossenen Tür. „Vielleicht ist er ja nicht da? Lasst uns einfach gehen und morgen oder so wieder kommen.“, sagte Mathleen hoffnungsvoll, als sich die Tür endlich öffnete und ihnen ein ziemlich fertig aussehender Schamane gegenüber stand. Er bat sie hinein und sie zwängten sich alle fünf auf die etwas enge Couch, er selbst setzte sich in einem Ledersessel gegenüber von ihnen hin. Casimir saß dabei die ganze Zeit auf seiner Schulter und beobachtete die Besucher seines Besitzers genauestens. Nicht das sie irgendetwas vorhätten. „Tom, irgendwie siehst du echt .. naja .. scheiße aus.“, meinte Sara nach einer Weile in der sie den rundlichen Mann ihr gegenüber gemuster hatte. Ja, er sah wirklich nicht gut aus. Er hatte noch seinen Pyjama an, dabei war es drei Uhr nachmittags, auch hatte er sich in eine dicke Decke eingewickelt, so als sei ihm kalt und seine rot leuchtende Nase rann unentbehrlich. Tom lachte einmal rau auf, die Feststellung der Schwarzhaarigen war so überflüssig und setzte dann für eine Erklärung an. So weit kam er allerdings gar nicht, da sein Erklärungsversuch schon nach dem ersten Wort in einem lauten Husten endete. „Ich koche Ihnen einen Tee. Wo ist denn die Küche?“, fragte Saras Tante und verschwand in die angedeutete Richtung, um wenig später mit einer dampfenden Tasse Kräutertee wieder zu kommen. So fürsorglich und freundlich hatte noch niemand die durchgeknallte Dame erlebt. 'Irgendetwas stinkt hier gewaltig und damit meine ich nicht diese Räucherstäbchen', dachte sich die Jüngste und beobachtete ihre Tante genau. Dankend nahm Tom die ihm gereichte Tasse Tee an und trank auch gleich einen großen Schluck aus selbiger. Erneut setzte er zum Sprechen an. „Ich weiß, Marco sollte heute eigentlich zurück reisen, aber wie ihr unschwer erkennen könnt, bin ich krank. Mir fehlt die Kraft, die dazu benötigt wird um ein Portal zu öffnen. Er wird wohl leider noch eine Woche warten müssen, da ich in zwei Tagen zu einem Schamanentreffen in Wien fahre und erst an Silvester zurück komme.“ Mathleens Augen wurden groß und begannen zu funkeln, wie bei einem kleinen Kind, dem man Süßigkeiten schenkte. Ihr Licht in der Dunkelheit vergrößerte sich und nahm schließlich den gesamten Platz der einstigen Finsternis ein. Marco wirkte einerseits enttäuscht, aber auch irgendwie ganz glücklich, dass er doch noch etwas hier bleiben musste. Hanna und Sara war die Entwicklung der Dinge nur ganz recht. Mathleen umarmte den Piraten neben sich und vergrub ihr Gesicht in seinem Hemd. Er erwiderte die Umarmung etwas überrascht und legte sein Kinn auf ihrem Kopf ab. „Ich finde es schön, dass du noch etwas bleibst.“, nuschelte das Mädchen, den Tränen nahe, an seine Brust geschmiegt. „Ich auch.“, er lächelte sanft und fühlte sich im Moment einfach nur richtig wohl. So wohl wie schon lange nicht mehr. Alle Anwesenden im Raum, bis auf Tante Hilde die von etwas anderem abgelenkt war, beobachteten die Beiden und auf manchem Gesicht lag ein wissendes Lächeln. Der Schamane wandte sich ab und blickte in das Gesicht von Hilde, welche plötzlich neben ihm aufgetaucht war. Etwas überrumpelt zuckte er zurück, als sie mit einer, in seinen Ohren, engelsgleichen Stimme das Wort an ihn richtete. „Du gehst jetzt zurück ins Bett und legst dich wieder hin, sonst wirst du nie gesund werden. Ich koche dir noch einen Tee und bringe ihn dir dann, wenn du möchtest.“ Tom nickte und sein persönlicher Engel verschwand wieder in der Küche. Sara beugte sich über den Tisch zu ihm und flüsterte ihm warnende Worte zu. „Tom, flieh so lange du noch kannst. Ich glaube die Verrückte hat sich etwas in dich verguckt.“ Der Schamane zog nur verblüfft eine Augenbraue hoch. „Fliehen?! Warum sollte ich fliehen, wenn so ein zauberhaftes Wesen sich um mich kümmern möchte?“, säuselte er und schien auf Wolke sieben zu schweben. 'Ich wusste ja, dass er nicht ganz normal ist, aber dass er SO durchgeknallt ist und sich tatsächlich in meine Tante verliebt. Naja zwei Verrückte. Passen ja ganz gut zusammen.', dachte sich die Siebzehnjährige und lehnte sich wieder zurück. Als Tante Hilde nach einer Ewigkeit immer noch nicht wieder aufgetaucht war und Tom sich wieder in sein Bett gelegt hatte, beschlossen die Mädchen einfach zu gehen. Marco konnten sie nicht zurück zur Moby Dick schicken, also was sollten sie noch hier tun. „Tante Hilde, wir gehen nach Hause!“, schrie Sara in die Küche und bekam auch prompt eine Antwort. „Schrei hier nicht so rum, du weckst noch meinen Patienten auf. Ich werde noch hier bleiben, wundert euch nicht falls ich nicht komme.“, innerlich führten die Mädchen einen Freudenstanz auf. Es bestand die Chance Hilde für den Rest der Ferien los zu sein! Sie verließen das Haus und draußen jubelten alle, selbst Marco, erst einmal los. Hüpfend und leise vor sich hin summend ging Sara mit Hanna voraus zur Bushaltestelle. Marco und Mathleen folgten ihnen mit etwas Abstand und unterhielten sich. „Dann bist du also froh noch etwas bleiben zu müssen?“, fragte die Brünette unsicher. „Ja, bin ich.“, bestätigte Marco noch einmal und legte seine Lippen zärtlich auf ihren wilden Haarschopf. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)