Die Rache einer Hexe von yezz (oder: Das Loch im Raum-Zeit-Kontinuum) ================================================================================ Kapitel 30: Große Welt, kleine Welt ----------------------------------- Kanda schlug die Zimmertür zu. Er war offensichtlich sauer. Lavi schaute auf. „Wie eine Schwester, ja?“, seine Stimme war spöttisch. „Ja, sagte ich doch schon.“, desinteressiert zog er seinen Mantel aus. „Che.“, kam es von dem anderen. „Mir ist es egal, was du in mein Handeln hineininterpretierst. Ich habe dir bereits gesagt, dass sie in mir den Beschützerinstinkt weckt. Sie erinnert mich eben an eine Person, die mir früher wichtig war.“, jetzt hatte er eigentlich zu viel gesagt. Als Bookman zählte schließlich nicht seine Vergangenheit. Die ging niemanden etwas an. Genau genommen sogar ihn selbst nicht. Trotzdem ertappte er sich ab und an mal dabei, dass er sich fragte, was aus seiner kleinen Mädchen geworden ist, mit der er damals so viel Zeit verbracht hatte. In seinen Vorstellungen musste sie heute ungefähr so aussehen wie Anuhea. Er hoffte es zumindest. Denn das würde bedeuten, dass sie eine hübsche junge Frau geworden ist. Kanda war ein wenig erstaunt über die Offenheit des Rotschopfs. Schließlich hatte er noch nie über ein „Früher“ von sich geredet. „Bitte entschuldige.“, sagte er nur knapp. Seine Gefühlswelt war vollkommen durcheinander gekommen. 'Hatte es damit zu tun, dass ich auf diese eigenartige Weise mit ihr verbunden war?', fragte er sich. Ohne zu wissen, was er da tat, legte er die Hand auf Lavis Schulter. „Wenn du drüber reden magst...“, begann er leise, doch der Bookman schüttelte den Kopf. „Nein. Das ist nicht von Bedeutung für dich. Und für mich sollte es das auch nicht sein.“, ein Hauch von Verbitterung lag in seiner Stimme. „Es ist nicht leicht, der Nachfolger von Bookman zu sein. Oder?“, fragte Kanda. Er hatte plötzlich das Bedürfnis, seinem Gegenüber zu helfen. Auch wenn er nicht wusste, was genau ihn gerade dazu trieb. Er war über sich selbst erstaunt, vielleicht sogar etwas erschrocken. Der Angesprochene schüttelte freudlos den Kopf. Der Schwertkämpfer ging langsam um den anderen herum und setzte sich neben ihn aufs Bett. Unbeholfen zog er ihn an seine Schulter. „Hey, du hast doch gehört, was Anuhea alles von ihrer Welt erzählt hat.“, fing er an. Er spürte das Nicken an seiner Schulter. „Ich habe die Hoffnung, dass wir einige dieser Errungenschaften auch bei uns einführen könnten. Ich meine, wenn du hörst, was sie erzählt, kommt dir ihre Welt so unglaublich klein vor. Aber Komui sagte, es gäbe dort die gleichen Länder. Das bedeutet, sie muss ungefähr genauso groß sein wie unsere. Und genau das gibt mir die Hoffnung, dass ein solches Opfer, wie du es für deinen Beruf aufbringen musst, zukünftig nicht mehr notwendig ist. Ich glaube sogar fest daran!“, beendete der Blauhaarige seinen Monolog. Er war sich gar nicht so sicher, ob das nun seine oder die Gedanken der Brünetten waren. Aber es war im egal. Denn er spürte, dass sie Lavi gut taten. Dieser lachte plötzlich. „Mensch, Yu. Ich glaube, ich hab dich noch nie so viel am Stück reden hören!“, wurde aber danach wieder ernst. „Das wäre eine wirklich schöne Vorstellung. Ich habe diesen Weg zwar gewählt, doch hadere ich immer mit der Beobachterrolle. Ich kann nicht einfach zusehen, wie ihr euch in Gefahr begebt.“, eröffnete er dem Schwertkämpfer seinen Zwiespalt. „Mit etwas Glück wird das vielleicht bald nicht mehr notwendig sein. Ehrlich gesagt erkenne ich eh nicht den Sinn dahinter. Geschichte aufschreiben ist schön und gut, aber man kann einem Menschen nicht verbieten, Gefühle zu zeigen. Und wofür sagen, dass man neutral sei, wenn man nicht bereits längst eine Seite gewählt hat. Das gilt übrigens auch für deinen Meister.“, erwiderte er. Der Bookman lachte schon wieder. „Ich glaube, es ist zu spät, um eine Grundsatzdiskussion zu führen, ob mein Beruf oder dessen Richtlinien noch zeitgemäß ist. Aber danke. Auch wenn du es vielleicht nicht glaubst, das Gespräch hat mir gut getan, Yu.“, lächelte er. „Sei froh, dass Mugen zerbrochen ist. Sonst hätte ich dich bereits in Stücke geschnitten!“, grummelte dieser vor sich hin, doch so ganz überzeugend klang das nicht. So schaltete er einfach das Licht aus. Sein Zimmergefährte kicherte wieder. „Gute Nacht, Yu.“, säuselte er. „Achso. Wenn ich dir einen Tipp geben darf: Rede mit ihr.“, flüsterte er nun in die Dunkelheit hinein. „Was willst du mir damit sagen?“, doch er blieb ihm eine Antwort schuldig. So lag er in seinem Bett und grübelte. Seit ihrem Kampf fühlte er sich anders. Ausgeglichener und friedlicher. Fast so, als sei er endlich angekommen. 'Aber warum?', diese Frage ließ ihn einfach nicht los. Es hatte gut getan, dass jemand von Alma wusste, aber sie ihn deswegen nicht verurteilte oder mitleidig anblickte. Auch die Tatsache, dass sie es wusste, ohne dass er es erzählen musste, half ihn. Sie wusste genau, wie es sich abgespielt hatte. Die Bilder gesehen, die in seinem Kopf abgespeichert waren. Genauso wie er wusste, wie es bei ihr war. 'Ist es das?', fragte er sich. 'Die Tatsache, dass sie Ähnliches erlebt hatte?' Seine Gefühle trugen einen Kampf aus. Sollte er wieder zwischen allen Distanz aufbauen oder sollte er es einfach wagen? 'Ja oder Nein? Spring oder bleib an Bord, dazwischen gibt es nichts!', hallten die Worte der Braunhaarigen immer und immer wieder durch seinen Kopf. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)