Cracked Worlds von Maeryl (Tale of the Seven Demonlords) ================================================================================ Kapitel 1: New Danger --------------------- Gähnend sah Koushiro auf die Uhr, erst kurz nach sieben Uhr abends und dennoch fühlte er sich hundemüde, was kein Wunder war, schließlich hatte er letzte Nacht bis vier Uhr morgens daran gesessen das Programm für die Uni fertig zu schreiben. Eigentlich hatte er gedacht, dass er heute früh zu Bett gehen würde, doch die nächste Programmieraufgabe hatte nicht lange auf sich warten lassen. Zwar hatte er genug Zeit und damit die Möglichkeit auch erst einen Tag später zu beginnen, jedoch hatte er bei der letzten Aufgabe schon Probleme gehabt, die dazu führten, dass er sich die vergangene Nacht um die Ohren schlagen musste. Er war nicht erpicht darauf, dies sobald wieder zu tun. Seufzend tippte er weiter an seinem Konzept. Sollte er gut vorankommen, könnte er womöglich bereits morgen damit beginnen sein Konzept umzusetzen und das Programm zu schreiben. Nach einer weiteren halben Stunde wurden ihm die Augen so schwer, dass er beschloss sich erst einmal einen Kaffee zu machen. Er studierte erst seit einem Monat Informatik und bereits jetzt hatte er so viel zu tun, dass kaum noch Freizeit blieb. Wenn es ihm keinen Spaß machen würde sich fast den ganzen Tag mit PCs auseinander zu setzen, dann hätte er sicher nicht einmal einen Monat durchgehalten. In der Küche stellte er fest, dass keiner seiner Mitbewohner zu Hause war. Der Rotschopf war so sehr in seine Arbeit vertieft gewesen, dass er nicht einmal mitbekommen hatte, wie Taichi und Yamato die gemeinsame Wohnung verlassen hatten. Vermutlich traf sich Yamato mit seiner Band und Taichi hatte am Mittwochabend immer Fußballtraining. In seinen Becher Kaffee goss er sich einen großen Schuss Milch und reichlich Zucker, damit es ihm wenigstens ein bisschen schmeckte. Eigentlich trank er nicht gerne Kaffee, um sich jedoch wachzuhalten war ihm der hohe Koffeinanteil des Getränks nur Recht. Mit seinem heiß dampfenden Becher in der Hand, trat Koushiro den Rückweg in sein kleines Zimmer an den Schreibtisch an. Er trank einen großzügigen Schluck von dem koffeinhaltigen Getränk, das bei ihm milchig und sehr süß schmeckte und sah danach wieder auf den Bildschirm vor sich. Verwundert stellte er fest, dass sich das Chatprogramm geöffnet hatte, mit dem er regelmäßig mit seinen Freunden per Webcam kommunizierte oder einfach nur chattete. Koushiro war sich eigentlich sicher gewesen, dass er es ausgeschaltet hatte, damit er ohne Ablenkung seine Aufgabe erledigen konnte. Er machte die Müdigkeit dafür verantwortlich, dass er es vergessen hatte. Ein weiterer großer Schluck Kaffee floss seine Kehle entlang. Ein ‚Pling‘ ertönte aus den Lautsprechern seines PCs und ein schwarzes Bild öffnete sich auf seinem Bildschirm. Irgendwas stimmte nicht mit seinem Computer und Koushiro überlegte, ob er sich das Gerät womöglich einen Virus eingefangen hatte. Doch dann öffnete sich ein weiteres Bild, ein Bild mit dem Koushiro im Leben nicht gerechnet hätte. „Genai“, sagte Koushiro geschockt, als er den alten Mann vor sich sah. Das letzte Mal, dass er ihn gesehen hatte, war vor fünf Jahren, als die Digiwelt noch in Gefahr gesteckt hatte und damals hatte er eine deutlich jüngere Version des nun wieder grauhaarigen alten Mannes vor sich gehabt. „Koushiro, ich bin froh, dass ich es endlich geschafft habe dich zu erreichen.“ Die Verbindung war undeutlich, das Bild von Genai flackerte auf dem Bildschirm und Genais Stimme vermischte sich mit einem Rauschen, sodass Koushiro genau hinhören musste um den alten Mann überhaupt verstehen zu können. Dass Genai nun Kontakt mit ihm aufgenommen hatte, konnte für Koushiro nur eines bedeuten, die Digiwelt steckte wieder in Gefahr. Aber wie war das möglich? Sie hatten doch vor fünf Jahren Malomyotismon besiegt und danach hatte die Digiwelt für immer ihren Frieden finden sollen. „Warum suchen Sie den Kontakt? Was ist passiert?“ „Es geht etwas seltsames in der Digiwelt vor sich“, begann der alte Mann zu erklären. „Die Grenzen zwischen den Welten werden schwächer und es dauert nicht mehr lange, bis sie verschwimmen und alle Welten miteinander verschmelzen.“ Koushiro musste schlucken, als Genai ihm erklärte, was in der Digiwelt vor sich ging. Er konnte sich genau ausmalen, was passierte, wenn die Welten miteinander verschmolzen und zu einer Welt wurden, immerhin hatten sie dafür gekämpft dies zu verhindern. Es war nicht auszudenken, was passierte, wenn ihre Welt mit der Digiwelt verschmolz, hinzu kam noch das Meer der Dunkelheit. Außerdem befürchtete er, dass es noch weitaus schlimmere Welten gab, die er sich nicht einmal ausmalen wollte. „Können Sie sagen, wieso das passiert?“ „Ich weiß noch nichts genaues, ich glaube, dass jemand versucht die Grenzen zu lösen und dieses Phänomen nicht von alleine geschieht. Mit Sicherheit kann ich aber sagen, dass es in der Digiwelt angefangen hat und auch von dort ausgeht.“ Die Übertragung von Genai begann noch mehr zu flackern. „Die Verbindung wird schlechter und ich … nicht lange halten. Es … neue Generation von Digirittern, … der Lage … Digiwelt zu retten.“ Nun leichte Unterbrechungen der Übertragung setzten ein und Koushiro betete dafür, dass die Verbindung nicht vorzeitig abbrach. Genai schickte etwas durch den Bildschirm und vor Koushiro tauchten vier, seiner Meinung nach, Smartphones auf, die in rot, blau, gelb und weiß gefärbt waren. „… die neuen Digivices, man nennt … D-Phones. … zeigen … Digiritter in der Nähe aufhält. Ihr müsst … finden und …. Das … einzige Chance.“ „Aber-?“, setzte Koushiro an, doch Genai hatte ihn unterbrochen. „… müsst euch beeilen sie zu finden, … bleibt nicht mehr …. bevor die Digiwelt im Chaos versinkt. Und Koushiro, … noch ein Problem, drei der Digivices enthalten ein Digiei, …Vierte fehlt. … kann dir … über seinen Verbleib…“ „Nein“, schrie Koushiro, die Verbindung war unterbrochen worden und er hatte nur wieder den schwarzen Bildschirm vor sich. Schnell machte er sich daran das Signal zurück zu verfolgen und den Kontakt zu Genai wieder aufzunehmen, doch seine Suche lief ins Leere. Koushiro sah zu den vier Digivices, die nebeneinander vor ihm auf seinem Schreibtisch lagen. Schlagartig wurden ihm zwei Dinge bewusst. Seit sie damals das erste Mal in die Digiwelt gelangt waren, hatte sich viel verändert. Die zweite Sache war, dass er keine Zeit verlieren durfte, die anderen zu kontaktieren. Es gab eine neue Bedrohung und diesmal war nicht nur die Digiwelt in Gefahr. Es fiel Hana wirklich schwer sich auf den Unterricht zu konzentrieren. Ihre Augen wurden immer schwerer und nur mit großer Mühe konnte sie sich wachhalten. Nun bereute sie es, dass sie gestern noch solange dieses neue Kampfspiel gespielt hatte und nicht eher schlafen gegangen war. Doch jetzt war der Zug abgefahren und sie musste mit der Müdigkeit leben. Jedoch hatte sie üben wollen, damit sie es endlich schaffte ihren besten Freund zu schlagen. Auch wenn sie sonst sehr gerne Volleyball spielte, so war sie froh, dass für heute kein Training angesetzt war und sie nach der Schule keine weiteren Verpflichtungen hatte. Hanas Blick fiel auf ihren Sitznachbarn, der bereits im Reich der Träume versunken war und ein leichtes Lächeln schlich sich auf ihr Gesicht. Selbst für den sonst nur so vor Energie strotzenden Daisuke war die Nacht wohl zu lang gewesen, vermutlich hatte auch er sich damit die Nacht um die Ohren gehauen, wie wild auf den Controller einzuprügeln. Als das erlösende Klingeln der Schulglocke endlich das Ende der Geschichtsstunde und auch gleichzeitig des Schultages verkündete, wurde auch Daisuke aus seinem Schlaf gerissen. Schläfrig rieb er sich die Augen, ihm war sehr deutlich anzusehen, das auch das Nickerchen in der Geschichtsstunde nicht ausreichend war, um ihn wieder fit zu bekommen. Hana lachte leise, während sie ihre Schulsachen in die Tasche stopfte. „Du wirst heute auch gar nicht mehr wach“, meinte sie, während Daisuke noch ein wenig verwirrt um sich sah. „Hast wohl die ganze Nacht geübt, weil du weißt, dass ich dich heute vernichtend schlagen werde.“ „Ach, sei still“, meinte dieser nur gespielt beleidigt, worauf hin Hana noch mehr lachen musste. Sie amüsierte sich immer sehr über einen verschlafenen Daisuke. Meist war er in diesem Zustand eher mürrisch, was sonst so gar nicht seine Art war. „Wie spät treffen wir uns heute Abend, damit ich dich fertigmachen kann?“ Fragend sah Hana zu ihrem Freund. „Oh, heute kann ich leider nich“, erwiderte dieser nur und konzentrierte sich darauf sie nicht anzusehen. „Was? Wieso denn nicht?“ „I-ich… ääh… habe da diese….diese Sache“, stotterte er nur vor sich hin, worauf hin Hana nur fragend ihre Augenbrauen hochzog. „Diese Sache? Welche Sache?“ Irgendwas schien Daisuke ihr verheimlichen zu wollen, doch Hana wäre nicht Hana, wenn sie es einfach darauf beruhen ließe. Die beiden liefen in Richtung Haupteingang der Schule. „A-ach, du weißt schon…“ „Nein, weiß ich nicht, du stotterst vor dich hin und redest von einer ominösen Sache. Was ist denn los?“ Hana dachte kurz nach und dann fiel es ihr wie Schuppen von den Augen. „Du hast ein Date“, sagte sie laut. „Du versetzt mich wegen einem Date?“ „Was? Nein!“ Erschrocken sah Daisuke zu Hana. Wie kam sie nur auf die Idee? Vermutlich hätte er sich schon vorher eine Ausrede für Hana ausdenken sollte, aber nach der Krisenkonferenz gestern Nacht hatte er einfach nicht mehr daran gedacht. „Ich muss meine Großeltern besuchen. Die haben Hochzeitstag“, war die erste Ausrede, die Daisuke auf die Schnelle einfiel, wofür er nur einen ungläubigen Blick von Hana erntete. „Hochzeitstag? Und warum hast du das nicht gleich gesagt?“ „Es lag mir auf der Zunge und mir ist es einfach nicht eingefallen.“ „Aah ja.“ Daisuke merkte, dass Hana ihm nicht wirklich glaubte, jedoch sagte sie nichts weiter. Am Schultor entdeckte er bereits Hikari und Takeru, die schon auf ihn warteten. „Ääh, ich geh direkt zu meinen Großeltern, also musst du alleine nach Hause laufen.“ „Oh, okay.“ Hana versuchte ihre Enttäuschung nicht zu ihm durchblicken zu lassen, auch wenn sie vermutete, dass ihr Freund ihr etwas verheimlichte. Normalerweise waren sie immer ehrlich zu einander, worauf Hana auch großen Wert lag und wenn Daisuke wirklich zu seinen Großeltern musste, wollte sie ihm das nicht vorwerfen, schließlich konnte er auch nichts dafür. „Dann sehen wir uns morgen früh.“ Sie umarmte ihn schnell und machte sich dann auf den Heimweg. Am Schultor nickte sie noch kurz Hikari und Takeru zu. Die beiden waren in ihrer parallel Klasse und ebenso mit Daisuke befreundet, auch wenn die drei zurzeit nicht allzu viel miteinander zu tun hatten. Obwohl er mit ihnen befreundet war, so fand Hana nie wirklich einen Zugang zu ihnen. Es war nicht so, dass sie nicht versuchten Hana zu integrieren, doch immer schwebte etwas in der Luft, was ihr deutlich machte, dass sie nicht dazugehörte, dabei konnte sie sich das selbst nicht so ganz erklären. Aus diesem Grund vermied sie es Daisuke zu begleiten, wenn er sich mit seinen alten Freunden traf, sie gehörte einfach nicht dazu. „Da seid ihr ja endlich“ rief Taichi, als die drei Nachzügler in Form von Daisuke, Takeru und Hikari auch endlich auf dem alten Spielplatz erschienen, auf dem sie sich schon zu alten Zeiten immer getroffen hatten um Krisensitzungen abzuhalten, wenn sie bei niemandem ungestört sein konnten. Es war schon lange her, seit die Digiritter sich alle wieder versammelt hatten. Auch heuten waren nicht alle da, immerhin lebte Mimi noch in Amerika. Hinzu kamen noch Ken und Sora, die sich ebenfalls außerhalb Japans aufhielten. Zurzeit absolvierte der Spitzenschüler ein Auslandsjahr an einer Eliteschule in England, während Sora ein Au Pair Jahr in Frankreich angetreten hatte. Daisuke hatte gestern noch mit Ken per Webcam gechattet und ihn über die neuen Tatsachen informiert, während Taichi Sora und Mimi informiert hatte. „Nun da wir alle da sind, können wir ja endlich anfangen“, meinte Koushiro und holte etwas aus seiner Tasche, das er kurz darauf allen anderen wies. „Wie ich schon erwähnt habe, gestern hat mich Genai kontaktiert und mir diese vier Digivices geschickt.“ „Das sollen Digivices sein? Die sehen aus wie Smartphones“, stellte Miyako verwundert fest. „Das ist die dritte Generation der Digivices, die sogenannten D-Phones, wie Genai mir erklärte.“ „Aber warum eine neue Generation? Was passiert in der Digiwelt?“, unterbrach Taichi den Computerexperten. „Dazu wollte ich gerade kommen. In der Digiwelt beginnen die Grenzen zwischen den einzelnen Welten schwächer zu werden. Wenn wir nichts unternehmen, werden sie ganz verschwinden und alle Welten werden miteinander verschmelzen. Damit meine ich nicht nur die Digiwelt und unsere Welt, auch das Meer der Dunkelheit und andere Welten, die wir nicht einmal kennen. Genai konnte mir nicht genau sagen, was der Grund dafür ist, aber er ist sich sicher, dass es in der Digiwelt angefangen hat und wir auch dort den Auslöser dafür finden“, erklärte Koushiro und hielt kurz inne ehe er fortfuhr. Die ganze Nacht hatte er sich den Kopf über die Dinge zerbrochen, die Genai ihm mitgeteilt hatte. „Es gibt eine neue Generation Digiritter, die sich ebenfalls hier in Odaiba aufhalten, jedoch hat Genai keine Ahnung, wo genau sie sich aufhalten.“ „Na super und wie sollen wir sie finden? Wir können ja nicht ganz Odaiba auf den Kopfstellen. Außerdem woher sollen wir wissen, wer ein Digiritter ist“, stellte Yamato ernüchternd fest. „Natürlich wird es nicht einfach sie zu finden, aber die D-Phones reagieren auf die Digiritter. Wenn sich die Digiritter in einem gewissen Umkreis aufhalten, zeigt das D-Phone das an und reagiert darauf. Schaut her.“ Koushiro hielt den anderen das rote D-Phone hin, auf dessen Bildschirm ein Bild von einem Digiei leicht blinkte. „Sind das die wirklichen Digieier?“, wollte Iori wissen, woraufhin Koushiro nickte. „Das bringt mich zu der nächsten Besonderheit.“ Nun zweigte der Rotschopf den anderen das weiße D-Phone. „Das Digiei fehlt“, stellte Jyou sofort fest. „Genau. Nicht einmal Genai hat dafür eine Erklärung. Es scheint wohl ganz so, also müssten wir nicht nur vier neue Digiritter finden, sondern auch einen Digimonpartner.“ „Und wie sollen wir das anstellen?“ Fragend sah Taichi in die Runde und traf dabei nur auf ratlose Gesichter. „Wir sollten als erstes die Digiritter finden, vielleicht finden wir dann eine Lösung für das Digimonproblem“, schlug Yamato vor, woraufhin er von allen Zustimmung erhielt. „Aber was ist mit unseren Partnern? Mit Gatomon?“, harkte Hikari nach. „Geht es ihnen gut?“ Betreten sah Koushiro zu Boden. „Die Verbindung zu Genai ist abgebrochen und ich konnte ihn das nicht mehr fragen. Mir ist es noch nicht gelungen wieder mit ihm Kontakt aufzunehmen.“ Ein bedrückendes Schweigen breitete sich in der Gruppe aus. Eilig machte sich Aya auf den Heimweg. Sie hatte heute viel zu lange an dem Artikel der Schülerzeitung gesessen, sodass es bereits Dunkel war, als sie den Weg von der Schule nach Hause antrat. Nun durfte sie den ganzen restlichen Abend an ihren Hausaufgaben sitzen und hatte kaum Zeit um sich mit etwas anderem als dem Lernen beschäftigen. Leise seufzte sie. Zwar hatte sie sich die viele Extraarbeit durch ihre ganzen Nachmittagsveranstaltungen selbst aufgehalst, dennoch wäre es schön gewesen manchmal mehr Zeit für sich zu haben und an andere Dinge zu denken als an die Schule und alles was dazu gehörte. „Ich bin wieder zu Hause“, rief sie durch die Wohnung, während sie aus den Schuhen in ihre Hauspantoffeln schlüpfte. Ihre Mutter streckte den Kopf von der Küche in den kleinen Flur. „Da bist du ja endlich. Hast du Hunger? Wir haben schon gegessen, wir wussten nicht, wann du kommst, aber ich wärme es dir schnell auf.“ „Das ist sehr nett, aber ich habe keinen großen Hunger. Ich möchte mich nur schnell an die Hausaufgaben setzen und dann schon ins Bett gehen.“ „Bist du sicher?“, fragte ihre Mutter besorgt, worauf hin Aya nur nickte. Sie wusste es zwar zu schätzen, dass sie sich Sorgen machte, dennoch konnte ihre überführsorgliche Art nervig sein. Sie lief zu ihrer Mutter, in die Küche, die nur durch die Küchenzeile von Wohn- und Esszimmer abgetrennt wurde. Aya warf einen flüchtigen Blick zu ihrer Schwester, die vor dem Fernseher saß und ihr keine Beachtung schenkte, worüber sich Aya keineswegs wunderte. Die beiden hatten abgesehen von ihren Eltern und ihrem gemeinsamen Zimmer nichts gemeinsam und die meiste Zeit beachteten sie sich auch kaum. Dabei waren sie sogar Zwillingsschwestern, weshalb sie früher sogar ständig verwechselt wurden, besonders von ihren Lehrern. Mittlerweile war es kein Problem mehr sie auseinander zu halten, während Aya selbst ihre schwarzen Haare hüftlang und glatt trug, endeten Hanas bereits bei ihren Schultern und hatten einen fransigen Schnitt. Abgesehen davon, waren sie nicht mal mehr in einer Klasse. Nach einer kurzen Plauderei mit ihrer Mutter, verschwand Aya in ihrem Zimmer. Ihre Schultasche stellte sie ordentlich neben ihrem Schreibtisch ab. Bevor sie sich an die Arbeit machte, wollte sie sich erst aus ihrer Schuluniform schälen und in bequemere Kleidung schlüpfen. Als sie gerade die Krawatte löste, fiel ihr Blick auf das große, bunte Ei auf ihrem Bett. Verwirrt nahm sie es in die Hand und konnte Bewegungen unter der Schale spüren. Hatten ihre Eltern ihr das dort hingelegt? Für Aya war es die einzig logische Erklärung. Wer sonst sollte das gewesen sein? Oder wollte ihre Schwester sie wieder Ärgern und spielte ihr etwa einen Streich? Unter ihren Händen bemerkte sie eine leichte Vibration auf der Schale, die von einem Knacken gefolgt wurde. Etwas schlüpfte in diesem Moment aus dem viel zu großen und auch viel zu bunten Ei. Aya legte es nervös auf ihr Bett und beobachtete das Schauspiel mit einer Mischung aus Neugier, aber auch Misstrauen. Innerlich stellte sie sich schon darauf ein, dass ihr gleich womöglich irgendeine glibberige Flüssigkeit entgegen spritzte. Was ging hier nur vor sich? Die Eierschale bröckelte mehr und mehr. Auch wenn ihr Verstand ihr davon abriet dies zu tun, trat das Mädchen näher heran, um sich das Schauspiel genauer anzusehen. Plötzlich sprang ihr etwas Schleimiges und Gelbes entgegen. Instinktiv fing Aya es auf und stellte schockiert fest, dass der gelbe Schleim rote Augen und einen Mund hatte. So etwas hatte sie noch nie zuvor gesehen. „Hallo Aya, ich bin Zurumon“, sagte es mit einer piepsigen Stimme. „Hallo Zurumon“, erwiderte das Mädchen daraufhin nur völlig perplex. Gelangweilt zappte Hana durch das Fernsehprogramm, konnte aber nichts finden, was ihre Aufmerksamkeit erregte. Es liefen nur Sendungen, die sie nicht wirklich interessierten. Ein genervtes Stöhnen entwich ihr, sie lehnte sich Rücklings über die Armlehne des Sessels, während ihre Beine von der anderen Armlehne baumelten. „Wolltest du dich nicht heute mit Daisuke treffen?“ Ihre Mutter war dabei in der Küche das abgewaschene Geschirr vom Abendessen wegzuräumen und beobachtete ihre älteste Tochter über die Küchenzeile hinweg, wie sie sich langweilte. Für Satomi war es schon ein lustiges Schauspiel, wie Hana lustlos über dem Sessel hing. „Ja, aber ihm ist etwas dazwischen gekommen.“ Sie nahm die Fernbedienung um den Fernseher abzuschalten. Es hatte eh keinen Sinn weiter nach einer Sendung zu suche, die sie interessierte, es lief ja doch keine. „Hast du schon deine Hausaufgaben gemacht?“ „Jaaa, Mama.“ „Nicht so genervt.“ Satomi überlegte kurz, ehe ihr etwas einfiel, um ihre Tochter zu beschäftigen. „Wenn du so große Langeweile hast, dann sei bitte so lieb und hol mir ein Paket Mehl und eine Packung Milch aus dem Supermarkt. Ich muss noch einen Kuchen für morgen backen.“ Das war nun wirklich nicht die Beschäftigung, die Hana gesucht hatte. „Kann das nicht Aya machen?“ Lieber langweilte sie sich noch weiter, als zum Supermarkt um die Ecke zu gehen. Jedes Mal wurde sie von ihrer Nachbarin Frau Minatsuki, die dort an der Kasse arbeitete, über alles Mögliche ausgequetscht. Die Frau ließ einen auch nicht einfach so wieder gehen. Sie kannte niemanden, der so redselig war, wie diese Frau mittleren Alters. „Aya ist eben erst von ihren Kursen nach Hause gekommen und hat mit Sicherheit noch viel für die Schule zu tun. Außerdem hast du doch sowieso Langeweile.“ Hana murrte laut, ehe sie sich wieder auf die Beine schwang und ein „Na gut, dann geh ich eben.“ knurrte. „Aber ich geh nicht zu Frau Minatsuki, dann bin ich morgen noch nicht wieder da.“ „Das ist deine Entscheidung, ob du ganz durch den Park laufen willst, solange du mir Mehl und Milch bringst, kannst du tun und lassen was du willst“, lächelte Satomi und überreichte Hana etwas Geld. Genervt zog sie sich ihre schwarzgrüne Trainingsjacke über, schlüpfte in ihre Schuhe und ließ die Tür hinter sich ins Schloss fallen, als sie in den Flur des Wohnhauses trat. „Blöde Aya, blöder Daisuke“, schimpfte sie in Gedanken, während sie sich auf den Weg zum Park machte. Der Park war der kürzeste Weg zum nächsten Laden, wenn man vom dem Geschäft um die Ecke absah. Wenn Daisuke nicht mit irgendwas anderem beschäftigt gewesen wäre oder Aya sich nicht tausende Nachmittagskurse aufgehalst hätte, dann müsste sie nun nicht einkaufen gehen. Sie mochte nicht gerne einkaufen, aber ihr war auch bewusst, dass eine Diskussion mit ihrer Mutter zwecklos war, denn diese war ebenso stur wie sie selbst. Den Ärger konnte sie sich auch sparen. Es begann schon zu dämmern, weshalb sie froh war, dass der Park von Laternen erleuchtet und von einigen Menschen als Abkürzung genutzt wurde, sodass er nicht unheimlich wirkte. Hana war nicht der ängstliche Typ Mensch, aber dennoch war es ihr so lieber. Einige Jugendliche schienen sich noch auf dem alten Spielplatz aufzuhalten, was nicht weiter ungewöhnlich war. Hana wusste, dass auch Daisuke sich oft mit seinen Freunden hier traf. Je näher sie kam, desto deutlicher erkannte sie, dass es sich um Daisukes Freunde handelte. Zuerst machte sie den braunen Wuschelkopf aus, von dem ihr bester Freund seine Fliegerbrille geschenkt bekommen hatte, die für ihn sein größtes Heiligtum darstellte. An seinen Namen konnte sich Hana bei bestem Willen nicht mehr erinnern. Dann erkannte sie das Mädchen mit der großen, runden Brille, dabei handelte es sich um Miyako Inoue aus dem Jahrgang über ihr. Und schließlich entdeckte sie auch Daisuke, der sich aufgeregt mit Hikari und Takeru unterhielt. „Na warte nur, Daisuke“, knurrte Hana wütend und schritt energisch auf ihren Freund zu. Wenn sie eins nicht leiden konnte, dann waren es lügen. „Seht nur, das blaue Digivice reagiert immer stärker“, informierte Jyou plötzlich die anderen. „Einer der Digiritter muss hier ganz in der Nähe sein.“ „Und er scheint immer näher zu kommen“, meinte Takeru, als das Digivice auch anfing Piepgeräusche von sich zu geben. „Daisuke Motomiya“, rief eine aufgebrachte Frauenstimme nach dem Anführer der zweiten Generation von Digirittern. Verwundert blickten sich alle um und der Angesprochene entdeckte seine äußerst schlecht gelaunte Freundin auf sich zukommen. „Verdammt“, war das einzige, was er hervor brachte. Nun war seine Lüge aufgefallen und er wusste genau, wie sehr sie es nicht ausstehen konnte angelogen zu werden. Der Ärger war vorprogrammiert gewesen, als er ihr die Lüge aufgetischt hatte und nun hatte Hana ihn auf frischer Tat ertappt. Er überlegte kurz sich hinter Taichi zu verstecken, der direkt neben ihm stand und ihn als Schutzschild zu verwenden, doch es war zu spät, Hana war bereits bei ihm angelangt. „Anstatt mir gleich zu sagen, dass du dich lieber mit deinen anderen Freunden treffen willst, tischt du mir einfach eine Lüge auf. Ich hab ja gleich geahnt, dass der Hochzeitstag gelogen war, aber im Zweifel für den Angeklagten. Das ist ja wirklich super, Daisuke.“ Hana zitterte vor Wut, sie fühlte sich verraten. Gerade als Daisuke etwas erwidern wollte, unterbrach ihn Koushiro. „Leute, seht nur“, rief Koushiro durch die Gruppe und hielt das blaue Digivice in die Mitte. Der Bildschirm hatte stark zu leuchten begonnen und nun auch Hanas Aufmerksamkeit erregt. „Was zum-“, setzte sie an, kam jedoch nicht weiter. Das Digivice löste sich aus Koushiros Händen und flog direkt auf Hana zu, welche es überrascht und völlig verwirrt zur gleichen Zeit mit ihren beiden Händen fing. Als sie sich das mysteriöse Gerät näher ansehen wollte, materialisierte sich über dem Handybildschirm etwas, dass Hana für ein Ei hielt. Sie war aber nicht in der Lage sich dies zu erklären, es kam ihr alles so unwirklich und verrückt vor, was sich kurz darauf noch verstärkte. Das Ei verwandelte sich in etwas Rundes. Es nahm Konturen an und kleine katzenartige Ohren zeigten sich. Für Hana hatte es Ähnlichkeit mit einem lilafarbenen Plüschball mit Augen und Ohren. „Was ist das?“, fragte sie völlig hilflos, als das, was sie für ein Plüschtier hielt, die Augen öffnete. „Ich bin Dodomon“, sprach das Wesen vor ihr. Hana riss ihre Augen auf. „E-es k-k-kann sprechen.“ Nun war sie völlig verdattert und wusste nicht mehr, was sie von alldem zu halten hatte. Irgendjemand musste ihrem Verstand einen Streich spielen, anders war dies alles gar nicht möglich. „Ich hab schon so lange auf dich gewartet, Hana.“ Dodomon sprang auf Hana zu, worauf hin diese völlig erschrak und einen kurzen Schrei losließ. „Was für ein Ding ist das?“ „Ich bin ein Digimon.“ „E-ein Digimon?“ Fragend sah Hana nun auch zu den anderen, die sich das Schauspiel belustigt ansahen. Jeder von ihnen konnte sich noch daran erinnern, wie ihre erste Begegnung mit einem Digimon ausgesehen hatte. „Scheint, als hätten wir unseren ersten Digiritter gefunden“, meinte Taichi grinsend. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)