Von der Realität und anderen grausamen Dingen von Diamond_Dust (Ein phasenweise pessimistischer Self-Insert) ================================================================================ Kapitel 5: Von Papier und Karamellschokolade -------------------------------------------- Es hätte ein weiterer ruhiger Tag meines unfreiwilligen Konohabesuches werden können, und als ich am Morgen erwachte, deutete auch äußerlich noch nichts auf das Gegenteil hin.    Aber nachdem heute zwischen Blumensträußen binden und die Stadt erkunden ein Training mit Team Shikamaru stand, bei dem ich nicht nur gaffend am Rand hocken sollte, verbrachte ich das Frühstück und die Zeit im Laden mit einem flauen Gefühl im Magen und den Gedanken ganz woanders.     Ich malte mir jedes erdenkliche Szenario aus, wie dieser Nachmittag wohl verlaufen würde, abhängig davon, ob ich überhaupt Chakra in mir trug, und wenn ja, ob ich damit etwas anfangen konnte, welcher Elementetyp zu mir passen würde; ich spielte in Gedanken sogar durch, was passieren würde, wenn ich mich am Ende doch als Naturtalent-Supersue herausstellte.      Um meine Prinzipien als erklärter Realist und Pessimist jedoch nicht über den Haufen zu werfen, schlug ich mir das letzte schnell wieder aus dem Kopf. Wobei meine über fast zwei Dekaden herangereifte Weltanschauung seit dem Vorfall vor acht Tagen doch schon sehr ins Wanken geraten ist - hätte mir jemand davor von realen Dimensionsportalen und mehrschwänzigen Biestern erzählt, ich hätte ihn als einen verkappten Otaku abgestempelt. Mittlerweile war für mich nichts mehr unmöglich.    Wie ich einige Stunden später feststellen sollte, war es jedoch nicht von Belang, ob ich das eine Szenario nun außen vor ließ oder nicht - es trat kein einziges davon ein.     Noch ahnungslos betrat ich also am späten Mittag zusammen mit Ino den Trainingsplatz außerhalb der Stadt, der bestimmt mal eine wunderschöne Lichtung im Wald dargestellt hatte. Jetzt wies das Fußballfeld große Areal die Spuren von so einigen Sparrings auf: Zahlreiche Choji-große Rillen schlängelten sich in gekringelten Mustern durch den Boden, die Rinde der Bäume am Rand trugen kreuz und quer Kratzer von Kunais und Shuriken und teilweise waren sogar ganze Äste und Kronen abgehackt worden.     Wir marschierten direkt auf einen einzelnen Baumstumpf in der Mitte des Feldes zu, an dem bereits Shikamaru, Choji und zu meiner Überraschung auch Hinata warteten. Ich hatte schon die Befürchtung gehabt, die Zeit aller zu verschwenden, um nach zwei Stunden festzustellen, dass ich gar kein Chakra besaß. Aber ein Blick mit ihrem Kekkei Genkai würde wohl genügen, um das zu verhindern.     Nun etwas weniger nervös begrüße ich die Anwesenden, die bei unserem Anblick ihr offenbar sehr angeregtes Gespräch unterbrachen. Vermutlich waren sie genauso neugierig wie ich.    "Dann lasst uns mal anfangen", meinte Shikamaru und wandte sich Hinata zu. Mein Sprachunterricht zahlte sich langsam aus.     Meine Vermutung bestätigte sich, als die schüchterne Hyuuga daraufhin ihr Byakugan aktivierte. Nach einer kurzen Musterung nickte sie und sagte etwas, das ich leider nicht verstand.    Was denn jetzt? Ich kann sie nicht versteeeheeeen... Spannt mich doch nich so auf die Folter Gott verdammt! Was hieß dieses Nicken?     So kryptisch die Reaktion von Hinata auch war, so eindeutig war die von Choji. Er streckte den Daumen, den er gerade nicht in seiner omnipräsenten Chipstüte vergraben hatte, in die Luft, und grinste wie ein Honigkuchenpferd. Ich seufzte erleichtert auf.     Na das sind doch mal gute Nachrichten.    Shikamaru nickte zufrieden, kramte in seiner Weste und förderte ein schnödes, weißes Blatt zutage, das er mir hinhielt. Ich nahm es und starrte es unschlüssig an. Nichts passierte.     Als ich fragend in die Runde blickte, zog er ein weiteres Blatt hervor und hob es für alle sichtbar hoch. Es fing plötzlich an, wegzukrümeln, als ob es aus Ton bestünde.    Und dann ging mir ein Licht auf. Das waren keine schnöden Papiere, was ich da in der Hand hielt, war einer dieser Chakratypentests, wie ihn Kakashi mal mit Naruto verwendet hat.   Folglich musste ich "nur" mein Chakra in den Fetzen leiten, um meinen eigenen Typ herauszufinden. Das Chakra, von dem ich bis vor einer Minute nicht einmal wusste, dass es existierte. Unmut machte sich in mir breit. Wie sollte ich etwas finden, das schon die letzten achtzehn Jahre keinen Mucks von sich gegeben hatte?     Ino schien meine Gedanken lesen zu können, denn sie legte mir die Hand auf die Schulter und deutete mir, mich an den Baumstamm zu setzen.     "Konzentriere dich einfach komplett auf deinen Körper", riet sie mir so oder so ähnlich. "Das dauert eine Weile, du musst Geduld haben."    Weil ich auch so ne geduldige Person bin. Den Teil vom Training hab ich sogar im Anime übersprungen, dachte ich grimmig, befolgte aber Inos Anweisung und setzte mich mit meinem Papierchen im Schneidersitz hin.     "Wir werden solange selbst trainieren. Viel Glück!", rief mir Choji zu, und hob noch einmal aufmunternd den Daumen hoch.      Nachdenklich begutachtete ich die weiße, glatte Fläche in meiner Hand.    Was wohl bei den anderen Elementen passiert? Das bei Shikamaru war ja wohl offensichtlich Erde. Bei Kakashi hat das Ding nur Falten bekommen, und das war meiner Meinung nach Blitz. Und bei Feuer? Da wird das doch wohl hoffentlich nicht in Flammen aufgehen, oder?! Wobei, darum muss ich mir wohl keine Sorgen machen. Da passt wohl eher Wasser oder Erde zu mir.     Die ersten fünf Minuten schaffte ich es, alles um mich herum auszublenden und mich nur auf meine Atmung zu konzentrieren. Aber als auf der anderen Seite des Platzes ein Trainingskampf zwischen Hinata und Ino gegen Shikamaru und Choji ausbrach, konnte ich einfach nicht anders, als zuzuschauen. Es war einfach viel zu faszinierend, wie schnell und scheinbar mühelos sie durch die Gegend sprangen und dabei auch noch unverschämt elegant aussahen - selbst Choji machte im Vergleich zu mir den Eindruck, als habe er in seiner Kindheit Ballettunterricht genommen.     Nach einer Weile schaffte ich es, meinen Blick von dem Geschehen loszureißen und mich wieder auf meine Aufgabe zu konzentrieren.     Einatmen, Ausatmen. Eiiiiiiiiiinatmen, warten, Auuuuuusatmen.    Wie ein Mantra murmelte ich diese Worte eine ganze Weile vor mich hin, bis ich wieder in eine Art Halbstarre verfiel. Ich horchte in mich hinein, versuchte, irgendetwas zu finden, das sich nach Chakra anfühlte. Aber da war nichts. Ich spürte zumindest nichts. Und wenn mir Hinata nicht vorhin versichert hätte, dass da was war, hätte ich schon jetzt aufgegeben.  Stattdessen versuchte ich nun krampfhaft entspannt zu bleiben und mich nicht von anderen Gedanken ablenken zu lassen. Aber wie immer, wenn ich mal versuchte, nichts, wirklich garnichts zu denken, schossen mir Bilder von absolut zusammenhangslosen Dingen wie Karamellschokolade und Algebra durch den Kopf. Mein Gehirn trollte mich wohl gerne.    Genervt entschied ich mich für ein paar Minuten Pause, um mir bei den anderen ein wenig Motivation einzuholen. Und dafür reichte es schon, ihnen dabei zuzusehen, wie sie ihren Gegnern die unterschiedlichsten Jutsus auf den Hals hetzten.     Der Kampf der Vier schien sich mittlerweile zugunsten der Männer entwickelt zu haben, zumindest machten Ino und Hinata einen relativ abgehetzten Eindruck, während Shikamaru und Choji nur etwas schneller atmeten als normal. Was verständlich war, wenn man beachtete, dass die beiden seit einer Ewigkeit ein eingespieltes Team waren - anders als die beiden Frauen, die sonst nicht einmal im selben Team kämpften.     Ich beobachtete Hinata, wie sie immer wieder versuchte, mit Shikamaru in den Nahkampf zu gehen, wie er sie seinerseit mit dem Schattenjutsu versuchte auf Abstand zu halten, wie Choji dem Boden weitere Mulden zufügte und Ino schwer damit beschäftigt war, dem riesigen Ball von Mensch auszuweichen.    Von den Fähigkeiten der Ninja inspiriert widmete ich mich nach einer Weile endgültig meinem Chakratest, der reglos auf meiner Handfläche lag. Ich schloss die Augen und begann nun in völliger Ruhe damit, mein Mantra wieder aufzunehmen.     Ein Atemzug verstrich. Noch einer. Einatmen, Ausatmen. Noch einer. Ich spürte jeden Muskel meines Körpers, jeder Herzschlag hallte in mir nach. Einatmen, Ausatmen.     Ich spürte das Kribbeln meiner Füße, denen im Schneidersitz langsam das Blut ausging, die sanfte Berührung des Stoffes meines T-shirts, das ich gestern noch mit Ino zusammen gekauft hatte, jedes einzelne Häärchen, das sich im Wind auf meinen Armen bog... und dann fühlte ich es.     In völliger Stasis überkam mich ein mir bis dahin völlig unbekanntes Gefühl. Nein, kein Gefühl, eher eine... eine Wahrnehmung, als ob ich einen neuen Sinn entdeckt hätte, als ob ich das erste Mal meinen Körper richtig spüren konnte, als hätte ich davor in einem leblosen Gefäß existiert.     Ich wollte diesen Moment nicht gehen lassen, versuchte, nach diesem Sinn zu greifen, versuchte, ihn zu packen -   und dann ging alles ganz schnell.  Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)