Stürmisch von Votani (OS-Sammlung | Law x Nami) ================================================================================ Kapitel 1: Ein Stückchen Wahrheit --------------------------------- Nami muss Trafalgar Law nicht suchen, denn sie weiß ganz genau, wo er sich die meiste Zeit über aufhält. Im Gegensatz zu ihren doch eher vertrauensseligen Mitstreitern, die jeden in die Mannschaft aufnehmen würden, wenn sie auf irgendeine Art und Weise "cool" wirken, wirft sie ihr Misstrauen nicht so einfach über Bord. Sie behält den Chirurg des Todes sehr wohl im Auge, obwohl es nicht schwer ist, seine Angewohnheiten herauszufinden. Die Bibliothek ist der Ort, an dem er sich zurückzieht, denn abgesehen von Robin, Chopper und ihr befindet sich nie jemand besonders lange dort. Ganz im Gegenteil, meist wird man nicht einmal bemerkt, wenn einer der Jungs durch das Zimmer hetzt und hastig die Leiter zum Badezimmer erklimmt. Die Hände in die Hüften gestemmt steht sie vor der Tür, welche in die Bibliothek führt. Ferne Stimmen dringen an ihre Ohren, doch diese schallen aus dem Speisesaal, den sie gerade verlassen hat und in dem das Mittagessen serviert wird. Sanji hat ihr ihre Portion zurückgelegt, weil Luffy ohnehin alles in zwei Sekunden verspeisen wird. Er ist ein richtiger Staubsauger, aber es ist auch vollkommen sinnlos, sich nach all der Zeit noch großartig darüber aufzuregen. Stattdessen schließlich sich Namis Finger um den Knauf und sie öffnet die Tür. Dabei richtet sie einen kurzen Blick auf den Logport an ihrem Handgelenk, aber die mittlere Nadel zeigt noch immer in die richtige Richtung, auf Dressrosa, welches ihr nächstes Ziel ist. Bei dem Gedanken daran und an den allgemeinen Plan, den sie verfolgen, läuft Nami immer noch regelmäßig ein kalter Schauer über den Rücken. Auf was haben sie sich eingelassen, als Luffy der Allianz mit Law zugestimmt hat? Ein Seufzen bahnt sich den Weg über ihre Lippen, als sie sich in die Bibliothek der Thousand Sunny schiebt. Das geräumige Zimmer ist kreisrund. Regal säumen die Wände bis zur Decke hinauf, die nicht besonders hoch ist, während Fenster das Sonnenlicht hineinlassen. Eine Leiter führt hinauf zum Badezimmer, aber das steuert Nami nicht an. Nein, sie wendet sich dem Mann zu, der seine Mütze tief ins Gesicht gezogen hat und trotz des warmen Wetters einen dunklen Pullover mit Federn am Kragen trägt. Law sitzt in den wenigen Schatten auf einer der langen Bänke, die sich unter den Regalen ebenfalls an den Wänden entlang ziehen und dessen Polster selbst Nami schon das ein oder andere Mal zu einem Nickerchen verlockt haben. Im Moment ist an das Entspannen jedoch nicht zu denken, denn dafür ist sie nicht hergekommen. Im Grunde kann Nami nicht einmal benennen, warum sie sich hierher begeben hat, denn sie hat keine Chance gegen einen Piraten von Laws Kaliber. Zumindest nicht, wenn es um physische Stärke geht. Im Gegensatz zu Law besitzt sie kein Haki und auch keine Teufelsfrucht. Sie ist eine normalsterbliche Frau, die im Notfall andere Geschütze auffahren muss, um Ernst genommen zu werden. „Du hast das Mittagessen verpasst“, sagt Nami, denn obwohl es gerade erst begonnen hat, würde Law jetzt vermutlich nichts mehr abbekommen. Law sieht von dem Buch auf, das auf seinen übereinandergeschlagenen Beinen liegt, um sie zu mustern. „Ich habe kein Appetit.“ Seine Stimme ist monoton und auch in seinem Gesicht regt sich kein Muskel. Nami runzelt die Stirn. Ihre Erinnerung an die Vorfälle des Sabaody Archipels sind verschwommen, ganz besonders, wenn sie sich an ihre erste (und sehr kurze) Begegnung mit Trafalgar Law erinnert, doch damals hatte er mehr Gesichtsregungen besessen. Das kecke Grinsen hat sich nämlich in Namis Gedächtnis gebrannt, weil sie es ihm im Angesicht des Menschen- und Meerjungfrauenhandels gern aus dem Gesicht gewischt hätte. Davon ist nun jedoch keine Spur mehr, denn seit Punk Hazard ist er ernst und reserviert und geheimnisvoll. Doch diese Art kann Nami nicht einlullen, sie macht sie nur noch skeptischer. „Du magst kein Brot“, fasst Nami zusammen und kriegt Law mit ihrer Feststellung sogar dazu, die Augenbraue ein Stückchen zu heben. Dieses Mal sieht er nicht von seinem Buch auf und tut stattdessen so, als würde er weiterlesen. Nami fällt nicht darauf herein, denn sie weiß wie schwer es ist, zu lesen, jemanden zuzuhören und eine passende Antwort zu geben. Law kann ihr nichts vormachen, jedem aber nicht ihr. „Woher weißt du das?“, fragt er, auch wenn das Interesse fehlt. Er hat einen Arm auf der Lehne der Sitzbank abgelegt und blättert die Seite um. Inzwischen tritt Nami gänzlich in die Bibliothek und schließt die Tür. Das ist eine Unterhaltung zwischen Law und ihr, die nicht für andere Ohren gedacht ist. Angst hat sie vor dem Arzt nicht, denn er braucht ihre (Luffys) Hilfe, um seinen Plan umzusetzen und Doflamingo zu stürzen. Wenn dem nicht so wäre, würde er sich nicht die Mühe machen und freiwillig bei ihnen an Bord sein. Nami weiß aus eigener Erfahrung, wie anstrengend diese Piratenmannschaft sein kann und dass Luffy sowieso stets seine eigenen Regeln aufstellt, ganz egal, was Law davon hält. Nami ist sich sogar sicher, dass dieser es inzwischen ebenfalls begriffen hat, dass Luffy zu wild und unberechenbar ist, um sich auf längerer Sicht manipulieren zu lassen. Ein paar Schritte bringen sie näher zu Law hinüber. „Weil du nie zum Essen kommst, wenn Sanji Sandwichs macht.“ Nami zuckt mit den Schultern und verschränkt die Arme vor der Brust. „Das Geheimnis ist wirklich nicht schwer zu lüften.“ „Du hast eine gute Beobachtungsgabe, Nami-ya“, antwortet Law und abermals blättert er eine Seite um. Nami steht noch immer vor ihm, aber mehr hat er zu dem Thema offenbar nicht zu sagen. Wahrscheinlich hat er auch kein Problem damit, weiter das Lesen vorzutäuschen und sie zu ignorieren, bis sie aufgibt und geht. Das beweist jedoch nur, dass er sie nicht besonders gut kennt, denn sie kann mindestens genauso stur sein. „Was liest du?“, fragt sie, doch anstatt ihr den Titel zu sagen, hebt Law das Buch kurzzeitig von seinem Schoß an, um es ihr zu zeigen. „Eines von Choppers Medizinbüchern“, beantwortet sie sich selbst und nickt. Darauf hätte sie wohl selbst kommen sollen. Schweigen breitet sich aus, in dem keiner von ihnen sich rührt. „Wolltest du noch etwas feststellen, Nami-ya?“, fragt Law letztendlich, aber Nami hat nicht den Eindruck, als würde er klein beigeben, sondern als würde er sich so gnädig erweisen und ihr einen Gefallen tun. Ihre Augen verengen sich kaum merklich. „Wenn du schon so fragst...“, beginnt sie und nun klappt Law das Buch zu, um es neben sich auf die Bank zu legen. Die Buchstaben, die auf seine Finger tätowiert sind und das Wort ‚Death’ zusammensetzen, springen Nami trotz seiner gebräunten Haut sofort wieder ins Auge. Sie tun es jedes Mal und erinnern Nami daran, dass Law nicht wie Luffy Leben rettet, sondern mindestens genauso viele nimmt. Es grassieren eine Menge Geschichten über Trafalgar Law und Nami kennt sie alle. Sie ist die einzige Person an Bord, die regelmäßig die Zeitung liest und sogar ein günstigeres Abo erhalten hat, nachdem sie damit gedroht hatte, den erhöhten Preis nicht länger zu zahlen. Es ist nicht einfach, einen vernünftigen Deal mit Möwen auszuhandeln! „Da bin ich ja mal gespannt“, erwidert Law und zum ersten Mal meint Nami eine Emotion heraushören zu können. Ist es Provokation oder doch eher Belustigung? Er hält sich also für besser als sie? „Ich weiß ganz genau, wie du zum Shichibukai aufgestiegen bist“, lässt Nami verlauten. „Die Geschichte mit den hundert Piraten, die du getötet hast, hat sich herumgesprochen, wie du sicher weißt.“ Entgegen Namis Erwartungen bleibt Law ruhig und studiert sie für einige Momente, bevor seine dunklen Augen zu einem der Fenster wandern. „Getötet ist inkorrekt, Nami-ya. Nur die Herzen ausgeliefert. Was die Marine mit ihnen anstellt, ist ihnen überlassen.“ Nami schnaubt. „Du wusstest ganz genau, dass die Marine sie für ihre Verbrechen hinrichten würde. Das bedeutet, dass du ihren Tod mitverschuldet hast, nur um dich in die Marine einzukaufen.“ „Ich weiß nicht, worauf du hinauswillst.“ „Worauf ich hinausmöchte ist, dass du ein Mörder bist, der nur an sich selbst denkt“, antwortet Nami und ihre Stimme bebt gegen ihren Willen. Auch ihre Hände sind zu Fäusten geballt, obwohl sie die Arme auch weiterhin verschränkt hält. „Dass du dich entschieden hast, eine Allianz mit uns einzugehen, damit Luffy dir helfen kann, deinen Plan in die Tat umzusetzen, bestätigt das nur. Und komm erst gar nicht auf den Gedanken, dass ich dir glauben würde, dass das alles ist.“ Nami löst die Verschränkung ihrer Arme und zeigt mit dem Zeigefinger auf Law. „Ich weiß ganz genau, dass da mehr dahinter steckt. Du führst irgendetwas im Schilde. Wenn du denkst, dass du uns da mit reinziehen kannst, dann... hast du vermutlich recht damit, aber glaube nicht, dass wir alle so leichtgläubig wie unser Captain sind.“ Hinter ihrer Stirn rattert es unentwegt, denn sie hat sich keine dieser Worte und Drohungen zurechgelegt, sondern es kommt spontan aus ihr herausgesprudelt. „Luffy wird dich trotzdem nicht so einfach davon kommen lassen, wenn einem von uns etwas passiert“, beendet Nami schlussendlich. Doch ihr finsterer Blick prallt von Law ab, der genauso unbeeindruckt wie zuvor aussieht. Ist das ein gutes oder ein schlechtes Zeichen? Es spielt keine Rolle, redet sich Nami ein, denn hier hat sie den längeren Arm. Sie ist sicher auf ihrem eigenen Schiff, denn die anderen sind gleich nebenan und würden sie retten kommen. Außerdem braucht er diese Allianz nun mal. Nur langsam kehrt Leben in Law ein, der sie ansieht und aufsteht. Seine Bewegungen sind geschmeidig und bedrohlich zur selben Zeit. Schweiß bricht auf Namis Stirn aus, als Law den letzten Abstand zwischen ihnen überbrückt, in dem er auf sie zukommt. „Ich wusste schon auf Punk Hazard, dass du die Schlauste in dieser Mannschaft bist, Nami-ya“, sagt er und seine Mundwinkel heben sich ein winziges Stück, so dass es genauso gut ihre Einbildung sein kann. „Du hast recht. Ich führe etwas im Schilde und ich werde euch mit hineinziehen, gerade weil wir eine Allianz gebildet haben. Aber ich hätte nichts davon, wenn euch etwas passiert. Ich brauche euch. Wir sind ein Team und ich würde jeden einzelnen von euch verteidigen, wie ich es auch mit jedem aus meiner Crew machen würde.“ Seine Augen bohren sich in sie hinein und Nami schluckt. Doch sie weicht keinen Schritt zurück, auch wenn nur ein halber Meter zwischen ihnen liegt und sie zu ihm aufsehen muss. „Weil du uns brauchst“, wiederholt Nami. „Genau, Nami-ya.“ Mit diesen Worten tritt Law um sie herum und spaziert aus der Bibliothek an Deck. Nur das herumliegende Buch auf der Sitzbank erinnert an seine vorige Anwesenheit. Nami hebt es mit einem Schnaufen an und schiebt es zurück ins Regal. Was soll das denn bedeuten!? Versucht er ihr Honig um das Maul zu schmieren? Oder stimmt er ihr zu, damit sie sich bestätigt fühlt und unvorsichtig wird? Ganz wird sie das Gefühl jedoch nicht los, dass ihr der Chirurg des Todes gerade die nackte Wahrheit ins Gesicht gesagt hat, sich gleichzeitig aber die ein oder andere Hintertür in seine Worte eingebaut hat. Mit diesen kann er immerhin geschickt umgehen, während er mit seiner dummen Teufelsfrucht einem das Herz aus der Brust reißt oder einem gleich den ganzen Körper stiehlt. Sie hat immer noch blaue Flecke, weil Sanji einfach nicht behutsam mit fremdem Eigentum umgehen kann. Jedenfalls hat sich Law geschnitten, wenn er glaubt, sie so einfach um den Finger wickeln zu können. Immerhin heißt sie nicht Luffy. Die Tür gibt ein Quietschen ab, als sie abrupt ein weiteres Mal geöffnet wird und Nami zuckt zusammen. „Ach übrigens, Nami-ya“, sagt Law, als er noch einmal den Kopf in die Bibliothek steckt. „Der finstere Blick steht dir.“ Wieder ist seine Stimme monoton und desinteressiert, bevor er sie ein weiteres Mal stehen lässt. Nami verzieht das Gesicht. „Was ist das denn für ein Kompliment?“, murmelt sie. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)