Two Worlds Collide von yezz (Byakuya x Renji) ================================================================================ Kapitel 9: Der Plan ------------------- Seufzend legte sich Byakuya den Arm über die Augen. Der Tag war mehr als verwirrend gewesen. Nicht nur seine Stunde Physiotherapie hatte ihn tief in Gedanken fallen lassen, auch seine Ankunft im Anwesen seines Großvaters hatte ihn stutzig gemacht. Aoi war wie gewohnt zu ihm gekommen. Doch dann hatte sie im verschwörerisch davon erzählt, dass das Abendessen mit einer weiteren Heiratskandidatin kurzfristig abgesagt wurde. Erst hatte Byakuya gedacht, dass die Familie krank geworden sei, aber Aoi hatte herausgefunden, dass niemand anderes als sein Großvater höchstpersönlich den Termin abgesagt hatte. Das war mehr als eigenartig. War der Alte doch so besessen davon, ihn noch dieses Jahr zu verheiraten. Aber egal wie oft er über die eigenartige Absage nachdachte, er driftete jedes Mal mit den Gedanken ab. Spürte die Wärme in seinem Rücken. Bildete er sich einfach noch diese warmen, kraftvollen aber dennoch sanften Hände auf seinem Rücken ein oder war es noch die Wirkung dieses Massagegels? Er roch noch den beißenden Duft von Kampfer und Eukalpytus, doch ein Hauch Bergamotte mischte sich mit hinein und hinterließ beim Schwarzhaarigen ein wohlig warmes Gefühl. Während er über sich selbst den Kopf schüttelte, fragte er sich, was nur in in gefahren war. Nicht nur, dass es keinen Zweck hatte, diese Gefühle zuzulassen, er wurde nun auch schon redselig. Natürlich hatte sich der Rothaarige Antworten verdient gehabt. Er konnte nun wirklich nicht verlangen, dass er ihm alles aus seiner Vergangenheit erzählt, aber im Gegenzug nur noch mehr Fragen erhalten. Und aus irgendeinem Grund war es ihm nicht möglich gewesen, die Bitte einfach kühl abzuweisen. Byakuya musste sich eingestehen: Renji Abarai ging ihm unter die Haut und ließ ihn schwach werden. Anders konnte er sich nicht erklären, dass er ihm auch noch das 'du' angeboten hatte. Sozusagen als katastrophales Finale seiner Dummheit. Er seufzte schon wieder. Was hatte er sich nur dabei gedacht? War er von allen guten Geistern verlassen gewesen? Hatte er überhaupt auch nur ein klein wenig nachgedacht, als er auf dieser Liege gelegen hatte und die warmen Hände des anderen auf seiner kühlen Haut zu spüren gewesen waren. Er hatte diesen betörenden Duft eingeatmet, dieser unbeschreiblichen Stimme gelauscht, die bei ihm Gänsehaut verursachte und den leichten Atem auf seiner, von dem Massagegel feuchten, Haut gespürt und... Energisch unterbrach er seine Fantasien. Das führte doch zu nichts! Tatsache war, dass er dem Rothaarigen viel zu viel von seiner Geschichte erzählt hatte. Morgen würde er auf dem Titelblatt einer Klatschpresse stehen. Mit Sicherheit saß der Therapeut gerade in einem Büro irgendeines Sensationsreporters und erzählte munter darüber, was er heute erfahren hatte. Dabei würde entweder er als verweichlicht oder sein Großvater als Unmensch dargestellt. Auch wenn Letzteres in Byakuyas Augen nicht nur manchmal zutraf. Und wenn Renji es richtig machte, brauchte er sich auch keine Sorgen darüber machen, dass er seinen Job verlieren würde. Welche Praxis konnte schon eine Plaudertasche brauchen? Hatte sein Großvater etwa bereits Wind von der Sache bekommen und den Termin deswegen abgesagt? Versuchte er gerade, die Kohlen aus dem Feuer zu holen und wurde mit jeder Stunde griesgrämiger? Wenn das wahr war, konnte sich Byakuya warm anziehen, wenn er ihm begegnete. Ihm graute es jetzt schon davor. Unweigerlich gingen seine Gedanken zu dem Tag, als sein Großvater ihm gedroht hatte, ihn auf ein Internat in einem weit entfernten Land zu schicken. Nun war er zwar bereits aus der Schule heraus, aber wo ein Wille ist, ist auch ein Weg. Das galt vor allem für Ginrei Kuchiki. Auch nach dem Wochenende war immer noch keine Eilmeldung ins Haus geflattert. Langsam beruhigte sich Byakuya. Renji hatte also doch nicht geplappert. Mit den Gedanken an den Rothaarigen kam auch wieder die Wärme in seinen Körper zurück. Nur zu gerne würde er sich dem Gefühl ergeben und es einfach nur annehmen. Aber am Wochenende war er zu dem Entschluss gekommen, dass es das Beste war, alles, was mit ihm zu tun hatte, von sich zu schieben. Es war nicht richtig. Nicht nur, dass sein Großvater ihn hassen würde, sondern er könnte den Rothaarigen damit auch in Schwierigkeiten bringen. Es war sicherlich nicht gerne gesehen, wenn ein Therapeut etwas mit seinen Patienten anfing. Sollte dieser überhaupt Interesse an ihm haben. Also rief er sich immer wieder seinen Plan in Gedanken auf. Er nickte sich selbst aufmunternd und ermutigend zu. Er wusste einfach, dass er das Richtige tat. Auch wenn es nur auf langfristiger Sicht war. Kurzfristig würde er zumindest sich damit weh tun. Die Begründungen hatte er sich bereits im Kopf zurecht gelegt. Der Plan war geschmiedet und würde auch so ausgeführt werden. Es war einfach besser so. Die Tür zum Behandlungszimmer wurde, wie immer, schwungvoll auf- und wieder zugeschoben. Dann stand er vor ihm. Die roten Haare zurückgebunden, doch fielen sie über seine Schulter. Das schwarze Bandana sorgsam um die Stirn gebunden. Er trug eine blaue Jeans und ein weißes T-Shirt. Deutlich waren die Tätowierungen an Hals und Armen zu erkennen. Der freie Blick auf diese Körperkunst auf gebräunter Haut, ließ Byakuya kurz den Atem anhalten. Ein faszinierender Anblick. Er lenkte seinen Blick zu den Augen, die ihn belustigt anfunkelten. „Guten Morgen...“, sein Gegenüber hielt kurz inne, als wüsste er nicht, ob er sich auf sicherem Gebiet befand. „Byakuya“, fügte er dann jedoch hinzu und sein eigener Name, so oft aus dem Mund anderer gehört, erzeugte dennoch eine Gänsehaut. Seine sorgsam zurechtgelegten Pläne drohten ihn zu verlassen. Verzweifelt sprach er sich Mut zu. Er wusste, dass er es konnte. Aber wollte er es? Kurz schloss er die Augen, um sich zu sammeln. Dann blickte er wieder in Renjis Gesicht. Doch plötzlich blickten diese nicht mehr belustigt, sondern besorgt drein. Er schien zu spüren, dass etwas nicht stimmte. „Renji“, begann Byakuya daher langsam. „Es tut mir wirklich leid, aber ich würde mich gerne von deiner Chefin behandeln lassen“. Noch während er sprach, wandte er seinen Blick ab und fixierte die Tatami-Matten unter sich. Das Rot der Bodüren war fast so intensiv, wie das von Renjis Haaren. Nun wusste er, warum gerade diese Farbe für dessen Behandlungszimmer gewählt worden war. Stille zog sich in den Raum. Immer noch traute er sich nicht, den anderen anzublicken. Er konnte sich nur allzu sehr ausmalen, was dem Rothaarigen nun durch den Kopf gehen musste. Vermutlich hatte er sogar Angst um seinen Job. „Hör zu, es hat nichts mit dir zu tun. Ich werde das auch deiner Chefin versichern. Ich möchte nicht, dass du deine Anstellung wegen mir verlierst. Ich möchte einfach, die bestmögliche Behandlung. Es tut mir leid, aber...“, begann Byakuya wieder, doch im fehlten nun plötzlich die Worte. Alles war weg. Nur noch ein dicker Kloß in seinem Hals war zurückgeblieben. „Darf ich offen sein?“, fragte Renji. Der Schwarzhaarige glaubte, eine Spur Enttäuschung in dessen Stimme zu hören. Byakuya nickte nur schlicht und beäugte immer noch den Tatami. „Dann guck mich auch bitte an“, forderte der Therapeut ihn auf. Als sich ihre Augen wieder trafen, erkannte Byakuya nicht nur Sorge, sondern auch Angriffslust darin. Er wusste sofort, dass sich der andere nicht so einfach geschlagen geben würde. „Ich weiß nicht, woher der Mist plötzlich kommt. Letzte Woche schienst du noch mit mir zufrieden zu sein. Wenn dich etwas gestört hat, dann sag es mir. Wäre sich Frau Unohana nicht sicher, dass du bei mir die bestmögliche Behandlung bekommen würdest, säßest du nun in ihrem Behandlungszimmer, glaub mir. Also sag mir den wahren Grund und hör auf mit dem Scheiß“, dabei lehnte er sich gegen die Tischplatte und verschränkte demonstrativ die Arme vor der Brust. Byakuya war perplex. Er hätte niemals geglaubt, dass Renji so direkt mit ihm reden würde. Andererseits hätte ihm das klar sein müssen. Es passte einfach zu seinem Wesen, seinem Auftreten. Und doch hatte er es nicht bedacht und saß nun da, wie ein kleiner Bengel, der sich eine Standpauke von seinen Eltern anhören musste. Sein Plan war wohl doch nicht so perfekt gewesen, wie er gedacht hatte. Innerlich seufzte er. Was sollte er ihm nun antworten? Ihm sagen, was er empfand? Die ganze Wahrheit auf den Tisch legen? Es war verlockend, aber was, wenn er ihn zurückstieß? Nein, dass würde er wohl erst einmal nicht verkraften. Nicht bei ihm. Und selbst wenn Renji nicht abgeneigt wäre, würde sein Großvater schon dafür sorgen, dass er sich abwenden würde. Geld ist Macht. Menschen waren käuflich, wenn der Preis stimmte. Irgendwann wurde jeder schwach und erlag der Gier. Und trotzdem gab es keine Schlagzeile in der Presse, verkündete eine Stimme in ihm. Vielleicht ist er anders? Es gibt Menschen, denen andere Dinge wichtiger sind, als Geld. Er unterdrückte ein Schnauben. Was ein lächerlicher Gedanke. Die Art von Menschen haben nur noch kein Angebot erhalten, welches hoch genug war. „Was ist? Bekomme ich irgendwann auch eine Antwort?“, durchbohrte Renjis Stimme die Stille in dem Raum. „Ich will ja nicht drängeln, aber du bist wegen deinem Knie hier“, fügte er noch hinzu und tippte dabei ungeduldig mit dem Zeigefinger auf seinem Oberarm, kurz unter dem ausgeprägten Bizeps immer wieder auf die Haut. Es war eine nervtötende und zugleich verlockende Geste. Kurz wanderten Byakuyas Gedanken zu der Frage, wie sich diese Haut wohl unter seinen Fingern anfühlen würde. Dabei malte er sich aus, wie die Wärme des anderen seinen eigenen Körper umschloss und... Er musste sich endlich fokussieren. Kurz sammelte er sich und öffnete den Mund, doch der Rothaarige kam ihm zuvor. „Ist es, weil ich aus einem Waisenhaus stamme? Glaubst du, ich bin nicht würdig, dich zu behandeln, weil ich aus der Unterschicht stamme?“, Renji machte sich noch nicht einmal die Mühe, den bitteren Unterton aus seiner Stimme zu verbannen. Denn genauso lief es doch, oder? Unter dem Aspekt machten nun plötzlich die Fragen des anderen Sinn. Erst wollte er das soziale Umfeld von ihm analysieren. Danach wollte er mit der Tattoo-Frage nur klären, ob er mal in irgendeiner Bande gewesen war oder es vielleicht noch ist. Das war alles. Das war der Grund für seine Faszination gewesen. Und er hatte gedacht, Byakuya sei anders. Nach der Massage und dem Gespräch dachte er wirklich, dass es tatsächlich Reiche gab, denen es egal war, woher man stammte. Denen nur der Mensch wichtig war. So konnte man sich irren. Die Erkenntnis traf ihn wie ein Schlag in die Magengrube und er war kurz davor mit einem 'Mach, was du verdammt noch mal willst' sein Behandlungszimmer zu verlassen. Aber etwas in ihm bettelte darum, dass der Schwarzhaarige widersprach. Irgendetwas sagte, was seine düsteren Gedanken Lügen strafte. Byakuya schloss den Mund wieder. Der Vorwurf traf ihn unvorbereitet. Nein, die Herkunft war ihm egal. Kein Mensch konnte etwas dafür, wo er herkam, in welche Verhältnisse er geboren wurde. Das Einzige, was ein Mensch beeinflussen konnte, war, wer er war. Dennoch überlegte Byakuya, ob er das Angebot Renjis annehmen sollte. Es war offensichtlich eine wunde Stelle und somit vermutlich der schnellste Weg, ihn von sich zu schieben. Aber er würde ihn dabei auch verletzen. Das konnte er deutlich in dessen Augen erkennen. Und genau dieser Blick ließ sein Herz schwer werden. Sollte er es dennoch tun? Ohne Rücksicht auf Verluste? Immerhin wäre es vermutlich das Beste für sie beide. 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