Weihnachtszauber & Nebenwirkungen von Baka_Monkey (Fanfiction zu der Obsidian-Reihe) ================================================================================ Kapitel 1: Guten Morgen Nachbarin --------------------------------- Zehn Minuten lang lag ich auf dem Sofa mit geschlossenen Augen, als jemand unbefangen ins Wohnzimmer hereinkam. Ich setzte mich aufrecht und schenkte der Person die Aufmerksamkeit, die man zweifellos von mir erwartete. Vor mir stand meine perfekt gestylte Mutter. Fassungslos starrte ich sie einige Sekunden an. Donnerwetter, flüsterte eine fremde Stimme in meinem Kopf. Nicht nur, dass sie - nach mehr als drei Jahren - wieder ein Kleid trug, nein, sie war sogar geschminkt und hatte ihre Haare geglättet. „Was sagst du dazu, Schatz?", fragte sie mich breit grinsend. „Wow." Ich grinste zurück. „Es ist ungewohnt dich in so einem Outfit zu sehen, wo du doch lässige Klamotten bevorzugst, aber es steht dir wunderbar! Verrätst du mir auch für wen du dich so herausgeputzt hast, Ma?" „Ich bin gleich zu einem Geschäftsessen verabredet. Nicht mehr und nicht weniger." Sie war noch nie eine gute Lügnerin gewesen und das wussten wir beide. Meine Mundwinkel zuckten und ich versuchte erst gar nicht ein Lächeln zu unterdrücken. Etwas verlegen ging sie zum Fenster, blickte in den Garten und ich wartete in aller Ruhe darauf, dass sie endlich mit der Wahrheit herausrückte. Ich habe auf die Zeit nicht geachtet, aber es verstrichen bestimmt um die drei Minuten bis sie mit ihrer Kurzfassung loslegte. „Du erinnerst dich doch bestimmt noch an meinen Chefarzt Dr. Lux, oder? Er hat dich vor zwei Jahren verarztet, als du beim Training deinen Arm gebrochen hast. Wir haben in letzter Zeit viel miteinander zu tun, da es in der Klinik momentan an Personal mangelt. Seitdem verstehen wir uns erstaunlicherweise richtig gut. Na ja und gestern hat er mich spontan zum gemeinsamen Abendessen eingeladen und ich habe zugesagt.", gestand sie zögernd und wartete auf meine Reaktion. Ehrlich gesagt wusste ich nicht was ich ihr darauf antworten sollte. Ich begegnete Dr. Lux tatsächlich schon des Öfteren, aber nicht oft genug, um ihn einschätzen zu können. Er war die paar Male, in denen ich mit ihm zu tun hatte, immer locker drauf und schaffte es sogar mir gelegentlich ein Lächeln zu entlocken. Also blieb mir nur zu hoffen, dass er letzten Endes nicht doch ein Womanizer war. Just in diesem Moment klingelte es an der Tür. „Ich nehme mal an, dass das dein Date ist. Bist du bereit?" „Schatz, wir gehen nur Essen. Interpretier da nicht zu viel rein. Kommst du allein zurecht?" Ich seufzte gespielt. „Verharmlose es nicht. Date ist Date. Ende der Diskussion. Und nein, natürlich machst du einen riesen Fehler, indem du mich hier alleine zurücklässt. Ich werde mich sicherlich an der Herdplatte verbrennen, irgendetwas zerbrechen und mich dabei verletzen oder gar unser Haus in Brand setzen!" Meine Mutter schaute finster drein. „Katy! Darüber macht man doch keine Witze!" „Dumme Fragen verdienen eben dumme Antworten. So und jetzt los, beeil dich und genieß deinen Abend." Ich schob sie in Richtung Tür, gab ihr einen Kuss auf die Wange und verabschiedete mich. Ein Date also. Einfach der Hammer! Ich freute mich für sie, dass sie nach vorne blickte und anscheinend Erfolg in der Liebe hatte. Zugleich aber machte mich diese Erkenntnis auch traurig. Das Gefühl, dass sie den wichtigsten Menschen in unserem Leben - meinen Vater - immer mehr vergaß, wurde ich nicht los. Mir war bewusst, dass es falsch war so zu denken, aber es ließ sich nicht vermeiden... Ich liebte und vermisste ihn... Schluss jetzt! Es war unangebracht depressive Gedanken zu spinnen während die eigene Mutter - hoffentlich - einen netten Abend hatte. Ich musste endlich lernen, nicht so intensiv über die Vergangenheit zu grübeln. Um mich abzulenken, griff ich zu meinem aktuellen Buch „Kein Rockstar für eine Nacht" und tauchte in die Welt von Evelyn und David ein, auf dessen Liebesgeschichte man einfach neidisch werden musste. Es war ein signiertes Rezensionsexemplar, um das ich mich vor einem Monat bei einem Gewinnspiel bewarb. Und tatsächlich, das Glück war mal auf meiner Seite! Signierte Exemplare sind wahre Schätze für mich! Überhaupt, Bücher konnte man nie genug haben. Andere gaben viel Geld für Klamotten und Schminke aus, ich dagegen bevorzugte die Buchläden damit zu bereichern. Sich über Bücher auszutauschen weckte schon immer mein Interesse und so fing ich vor drei Jahren an über Bücher zu bloggen. Bis heute investiere ich viel Zeit in meinen Blog. Gegen halb 7 wurde ich durch das Bellen unserer Hündin wach. Mensch, so langsam sollte sich Lucy doch an den Postboten gewöhnt haben! Halbnackt eilte ich zum Fenster und suchte nach der Ursache für ihre Unruhe. Anfangs sah ich nichts, doch dann erblickte ich zwei Jugendliche, die Kartons in das Haus gegenüber schleppten. Beide schienen etwas älter als ich zu sein und sahen verboten gut aus! Als fühlte er sich beobachtet, blickte der Größere zu mir hoch. Reflexartig duckte ich mich, aber es war zu spät. Unsere Blicke trafen sich bereits. Unfassbar! Er konnte doch unmöglich gewusst haben, dass ich am Fenster stand und ihnen zuschaute. Schlimmer noch, ich hatte mich soeben mit meiner Aktion blamiert. ARRRGG! Der Tag könnte nicht besser beginnen... Müde war ich ohnehin nicht mehr, also machte ich mich frisch und flitzte in die Küche, da der Hunger sich bereits zwei Mal bemerkbar gemacht hatte. Erstaunt stellte ich fest, dass meine Mutter bereits am Tisch saß und Zeitung las. „Guten Morgen, Liebling. Hast du gut geschlafen?", fragte sie ohne den Blick von der Zeitung zu lösen. „Ich hätte noch länger schlafen können, wenn Lucy nicht beschlossen hätte heute mal den Wecker zu ersetzen." „Unsere Lucy ist eben nicht nur sehr aufgeweckt, sondern auch intelligent und weiß, dass zu viel Schlaf ungesund ist." Heute war ihr also nach scherzen zumute. „Hat da wer ziemlich gute Laune?" „Fang lieber an zu frühstücken, solange die Brötchen noch warm sind." Unglaublich. Versuchte sie gerade ernsthaft vom Thema abzulenken? „Netter Versuch. Und jetzt erzähl endlich!" Sie ließ sich mal wieder Zeit mit ihrer Antwort. Erst begab sie sich zum Kühlschrank, holte sich Orangensaft heraus und dann musste das Geschirr natürlich noch in die Spüle gestellt werden. Das konnte doch alles nicht wahr sein! Was war heute nur los? „Da gibt es nicht viel zu erzählen. Wir waren in dem teuren Restaurant Ambiente essen. Ich hätte nie gedacht, dass ich es mal von innen zu sehen bekomme... Das Essen dort war - wie erwartet - wirklich grandios. Die Stimmung war auch sehr amüsant und ich habe seine sehr humorvolle Seite kennengelernt." „Hört sich nach einem gelungenen Abend an. Ich freue mich für dich, Ma." „Noch fühlt sich alles wie ein Traum an..." Ja, manchmal konnte sie wirklich niedlich sein. Gutgelaunt entgegnete ich ihr: „Ist es aber nicht." Nachdem sie zur Arbeit gefahren war, erledigte ich den Abwasch und machte mich fertig für die Schule. Viel lieber hätte ich jetzt unter der Decke ein Buch gelesen. Ich hasste die Schule nicht, aber zu Hause fühlte ich mich trotz allem wohler. In der Schule angekommen, blieb ich ein paar Minuten im Auto sitzen und hörte einige Lieder der Lieblingsband Nirvana meines Vaters. Die Ruhe war mir jedoch nicht lange gegönnt. „Katy, da bist du endlich!", hörte ich Ash rufen, die auf mich zu gerannt kam. Ash war eine zickige Nervensäge, aber zu meinem Glück die Einzige, die mich so akzeptierte wie ich war. Wir waren nicht unbedingt beste Freundinnen, aber sie war nun mal meine einzige Freundin, außerhalb der virtuellen Welt, in der mir der Kontakt zu anderen Bloggerinnen leicht fiel. Ich und Ash hatten absolut keine Gemeinsamkeiten. Ich liebte die Ruhe, sie bevorzugte Partys. Trotzdem waren wir schon seit Jahren befreundet. „Hast du schon das Neuste gehört?", fragte sie. Ich nahm meine Tasche, die auf dem Beifahrersitz lang, und stieg aus. „Dir wünsche ich auch einen schönen guten Morgen. Und nein, habe ich nicht, aber ich bin mir sicher, dass du mich gleich auf den neusten Stand bringst.", erwiderte ich. Ich kannte sie zu gut. Ash gehörte nicht zu den Menschen, aus denen man jedes Wort einzeln aus der Nase ziehen musste. Gerüchte zu verbreiten gehörte zu ihren Hobbys. „Wir haben einen neuen heißen Schnuck..." „Guten Morgen Nachbarin.", hörte ich eine fremde Stimme hinter mir sagen. „... äh Mitschüler an unserer Schule.", beendete sie vorsichtig ihren Satz und sah mich entgeistert an. Kapitel 2: Eine abwechslungsreiche Begegnung -------------------------------------------- Das fehlte mir jetzt auch noch. Auch wenn mir die tiefe, aber durchaus angenehme, Stimme fremd war, so war es nicht schwer zu erraten, wer mich soeben begrüßte. Natürlich konnte die Stimme nur einem der beiden Nachbarn gehören. Ich betete, dass hinter mir nicht der Typ stand, der mich heute beim Spähen am Fenster erwischte. Mit größter Mühe versuchte ich mir meine Unruhe nicht anmerken zu lassen, drehte mich ihm zu und zwang mich seinem Blick zu begegnen. Dem Himmel sei Dank – vor mir stand tatsächlich der kleinere von beiden. Was heißt hier klein... Ich schätzte ihn auf 1,85m groß. Aber Fakt war, dass der Typ, der mir gegenüber stand, einige Zentimeter kleiner war als sein Bruder – oder eventuell Kumpel. Er musterte mich von oben bis unten. Seine neugierigen Blicke versuchte er erst gar nicht zu verbergen. Also tat ich es ihm gleich. Er trug ein schwarzes T-Shirt mit der Aufschrift: Dies ist ein schwarzes T-Shirt... Wie originell! Passend dazu hatte er dunkelblaue Jeans und schwarze Sportschuhe der Marke Adidas an. Man merkte ihm sofort an, dass er viel Wert auf Sport legte. Auch wenn seine breiten Schultern nett anzusehen waren, mich faszinierten durchtrainierte Männer noch nie so sehr wie Ash, die non-stop von solchen Männern schwärmte. Ich hatte kein Verständnis für die, die in erster Linie versuchten mit ihrem muskulösen Körper die Frauen zu beeindrucken. Ich bezweifelte sehr stark, dass ausgerechnet er nicht zu der Sorte solcher Typen gehörte. Wir Frauen waren da leider kein bisschen besser. Die kurzen Röcke, die übertrieben geschminkten Gesichter... Der ganze Aufwand nur, um dem anderen Geschlecht zu gefallen. Sogar in Büchern waren fast alle Charaktere makellos. Natürlich gab es Ausnahmen, aber die Lektüren, in denen die Hauptcharaktere irgendwelche hässlichen Narben hatten, dick waren oder gar im Rollstuhl saßen, konnte ich höchstens an zwei Händen abzählen. Ich selbst war gegen Schminke nicht abgeneigt, aber ich verbrachte max. zehn Minuten im Bad. Die einzig tolle und nützliche Erfindung – meiner Meinung nach – war der Kajalstift, den ich mir jeden Morgen sehr dezent unterhalb der Augen auftrug. Mein Blick wanderte höher. Sein zerzaustes, dunkelbraunes Haar stand ihm durchaus gut und der leichte Bartschatten auf seinen Wangen ließ ihn sehr männlich aussehen. Vor allem aber war das warme Blau seiner Augen nicht zu übersehen. Zur Hölle, das Anstarren wurde so langsam unheimlich. Langsam aber sicher löste ich mich von meinen Gedanken. „Hi.", antwortete ich schlicht und einfach. „Ah, du kannst ja doch reden.", stellte er fest. „Ich hatte schon befürchtet mich mit meiner reizenden Nachbarin gar nicht unterhalten zu können. Gebärdensprache kann ich nämlich nicht.", fügte er zwinkernd hinzu. Oooo-kay. Sollte ich jetzt ernsthaft geschmeichelt sein? „Schade aber auch. Da du die Gebärdensprache nicht kannst, besteht kein Reiz eine Unterhaltung mit dir führen zu wollen.", gab ich scherzhaft zurück. So ganz gelogen war es jedoch nicht. Gespräche unter Leuten, die es schafften sich allein durch Zeichen zu verständigen, weckten schon immer mein Interesse. Ein Lehrer, dessen Tochter taubstumm war, rief das Projekt Crashkurs der Gebärdensprache ins Leben an unserer Schule. Sechs Monate lang besuchte ich diesen Kurs, aber weil die Nachfrage nicht allzu groß war, strich man den bereits nach einem Jahr komplett. Er sah mich aufdringlich an und zog seine rechte Augenbraue hoch. „Ha ha, sie macht nur Witze. Hi, ich heiße Ash und Katy kennst du ja anscheinend schon.", meldete sich meine Freundin zu Wort. Ich wollte am liebsten hinzufügen, dass er bestimmt kein Idiot war und längst begriffen hatte wie ich es vorhin meinte. Um Ash nicht zu verärgern, beließ ich es dabei und hielt den Mund. Er drehte sich in ihre Richtung und ein flüchtiges Lächeln umspielte seine Lippen. Nun hatte sie das was sie wollte: Seine komplette Aufmerksamkeit. „Salut! Freut mich dich kennenzulernen, Ash. Ich heiße Dawson." Sie erwiderte sein Lächeln. „Du bist also der Neue." „Sieht wohl so aus. Ich habe bereits festgestellt, dass sich solche Neuigkeiten wie ein Lauffeuer in dieser Stadt verbreiten.", er grinste erst sie an und dann mich. „Wie wahr, wie wahr!", bestätigte Ash. Das war mein Stichwort. „Ich gehe dann so langsam zum Unterricht. Bis nachher.", verabschiedete ich mich. Montags hatte ich mit Ash nämlich keine gemeinsamen Kurse. Außerdem schien sie deutliches Interesse an ihm zu haben - wie eigentlich an vielen gutaussehenden Kerlen, aber trotzdem wollte ich da nicht stören. Überhaupt, ich hasste es das dritte Rad am Wagen zu sein. „Hey, warte doch mal.", hörte ich Dawson rufen. Ich blieb stehen und blickte zu den beiden zurück. Erstaunt musste ich feststellen, dass Dawson sich von Ash einfach abwandte und sich mir näherte. Das war nicht gut. Absolut nicht gut. Ich durfte mir nachher von Ash sicherlich was anhören. Sie konnte es nicht leiden, wenn man ihr nicht die volle Beachtung widmete, sie ignorierte oder – wie in diesem Fall – stehen ließ. „Hättest du was dagegen mich mit der neuen Umgebung hier vertraut zu machen?", fragte er. Warum ich? Ich drückte mich vorhin doch deutlich aus, dass ich zum Unterricht gehen wollte... Aber ich konnte ja wohl schlecht ablehnen. Das wäre unhöflich. Es wunderte mich allerdings, warum er ausgerechnet mich darum bat. Gut, ich war seine Nachbarin, aber nichts sprach dagegen auch Ash um diesen Gefallen zu bitten. Ehrlich gesagt hätte ich es sogar bevorzugt, wenn er sie gebeten hätte ihm die Schule zu zeigen, da sie die bessere Gesprächspartnerin von uns beiden war. Zudem würde sie es im Gegensatz zu mir liebend gern machen. „Klar, warum nicht?", antwortete ich schließlich. Ich schaute auf die Uhr. Fünf Minuten hatten wir noch. Ihm jetzt alles zu zeigen kam nicht in Frage, da ich wegen so etwas nicht zu spät zum Matheunterricht kommen wollte. Ich hasste nämlich diesen Moment, wo man zu spät herein kam und viele neugierige Blicke einen auch noch anstarrten. „Zeig mir mal deinen Stundenplan, dann schaff ich dir zumindest noch den Raum zu zeigen, wo dein erstes Unterrichtsfach heute stattfindet. Alles Weitere können wir in der Pause erledigen." Ohne etwas zu sagen, kramte er erst in seinen Hosentaschen herum und anschließend doch im Rucksack. Ja, lass dir ruhig Zeit, fünf Minuten sind ja mehr als genug... Nach einer gefühlten Stunde reichte er mir endlich seinen – bestimmt fünf Mal gefalteten – Stundenplan. Ganz ehrlich, wieso faltet man am ersten Tag seinen Stundenplan? Aber viel kurioser fand ich die Tatsache, dass er es nicht mal sofort zur Hand hatte. Typisch Mann, der der Ansicht war, dass alles irgendwie schon gut laufen würde – ohne jegliche Anstrengung. Na immerhin war er schlau genug sich vorher schon beim Sekretariat zu melden. Wenn er nicht mal das erledigt hätte, hätte ich ihn jetzt seinem Schicksal überlassen. Wahrscheinlich. Ich hoffte zumindest, dass ich in solch einer Situation gewiss so handeln würde. Ganz schnell überflog ich seinen Stundenplan. Heute meinte man es wirklich nicht gut mit mir. Wir hatten nicht nur Mathe zusammen, sondern auch noch Geschichte und Sport. Besonders in Sport würde er Einblicke in meine Ungeschicklichkeit bekommen. Das wünschte sich doch jeder, nicht wahr? „Super.", log ich. „Wir haben Mathe zusammen, also können wir uns gemeinsam auf den Weg begeben." Ohne auf seine Antwort zu warten, ging ich schon mal voran. Seine Gegenwart war mir durch und durch unangenehm. Warum genau war mir nicht ganz klar. Wahrscheinlich weil ich wenig Übung darin hatte mit anderen – außer Ash und meiner Ma – richtigen Smalltalk zu führen. Einer Sache war ich mir jedoch absolut sicher, es lag nicht an Schüchternheit. „Übrigens, du hast eine hübsche Haarfarbe, Darling.", sagte er plötzlich. Abrupt blieb ich stehen und schaute ihn bitterernst an. Was genau sollte jetzt dieser Mist? Wie dem auch sei, sein Versuch mich zum Narren zu halten missglückte. „Natürlich, braune Haare sind ja so eine Seltenheit heutzutage. Hör mal Schürzenjäger, heb' dir solche Anmachsprüche für die auf, die es wirklich hören wollen." „Du bist mir aber ein rätselhaftes Weib. Wer sagt denn heutzutage noch Schürzenjäger?" Er lachte herzhaft. Sehr witzig. So langsam weckte er in mir den Wunsch laut zu schreien. Was er konnte, konnte ich auch. „Wer sagt denn heutzutage noch Weib?", konterte ich dann doch noch. „Touché." Kaum im Klassenzimmer angekommen, fielen alle Blicke auf uns. Oder vielmehr auf Dawson. Von Beginn an war mir klar, dass er keine Probleme damit haben wird Anschluss zu finden. Wie erwartet, grüßte er alle lässig, indem er kurz die Hand hob. Obendrauf grinste er auch noch wie ein Honigkuchenpferd. Obwohl nicht ich die Neue war, spürte ich wie meine Wangen anfingen zu glühen vor Nervosität. Die Blicke, die zwar nicht mir galten, waren mir unangenehm. Ja, neben dem Neuling zu stehen reichte aus, um mich in Verlegenheit zu bringen. Wie ich es hasste. Nicht einmal gegenüber Dawson hatte ich mich vorhin so verhalten. Vielmehr konnte ich bei ihm fast schon ich selbst sein. Sogar zickig werden. Warum das so war, war mir selbst ein Rätsel. Wie auch immer, es war höchste Zeit sich aus dem Staub zu machen. Also versuchte ich die ganze Aufregung zu ignorieren und begab mich zu meinem Platz. Kurz darauf kam der Lehrer ins Klassenzimmer. Ich richtete meinen Blick auf Dawson, der gerade Herr Andersen in ein Gespräch verwickelte. Vielleicht war es auch umgekehrt. Es war schwer einzuschätzen, da ich kein einziges Wort vom dem was sie sagten hören konnte. Neben Dawson stand Scarlett und Megan. Typisch für die beiden. Manchmal hatte ich das Gefühl, dass die beiden so etwas wie ein Wettbewerb führten. So ganz nach dem Motto, wer schafft es zuerst den Kerl zu erobern... „War es Zufall, dass ihr zu zweit hereingekommen seid?" Erstaunt schaute ich meine Sitzpartnerin an. Hannah und ich führten so gut wie nie eine Konversation, daher überraschte mich ihre Frage. „Ja.", log ich. Was sollte ich sonst antworten? Ihr zu offenbaren, dass er mein Nachbar war und mich bereits auf dem Schulhof abfing, kam nicht in die Tüte. Das würde nur neue Fragen aufwerfen und auf ein Verhör hatte ich wenig Lust. „Na, wenn du das sagst. So einen würde ich mir sofort krallen, sollte er mich ansprechen. Er ist ziemlich heiß." „Da bist du nicht die Einzige.", gab ich kleinlaut zurück. Ich wusste weder warum sie mir all das erzählte noch warum ich auf das Gespräch einging. „Also bist du doch an diesem Prachtexemplar interessiert?" „Nein. Man müsste bloß blind sein, um nicht die Schwärmerei anderer zu merken." „Auch wahr." Nach dem Unterricht klebten Scralett und Megan weiterhin wie eine Klette an Dawson. Das kam mir nur zugute, denn es bedeutete, dass ich seelenruhig meinen üblichen Tätigkeiten, wie z.B. in der Bibliothek lernen, nachgehen konnte. Auf dem Weg zur Bibliothek, vibrierte mein Handy. Während ich für eine Sekunde abgelenkt war, passierte das Unerwartete. Jemand rempelte mich an. So ungeschickt wie ich war, verlor ich das Gleichgewicht und fiel hin – auf die Knie. „Also mir gefällt diese Stellung.", bemerkte eine männliche Stimme schelmisch. Er stand... direkt vor mir. Mir war nach Heulen zumute. Tränen durfte ich mir in keinem nur erdenklichen Falle erlauben. Um diesem Drang nicht nachzugeben, biss ich mir auf die Lippe. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)