Psiana aus der Gegenwelt von True710 ================================================================================ Kapitel 18: Einsamer Weggefährte -------------------------------- Ich musste blinzeln. Es kam mir vor, als hätte ich eine Woche durchgeschlafen. Völlig erholt und top fit fühlte ich mich. Jetzt musste ich nur noch hier raus finden. Ich setzte mich auf und musste mal wieder verblüfft feststellen, dass ich nicht mehr am selben Ort war, an dem ich eingeschlafen war. Weder war ich in Zeros Kopierer, noch in der Gegenwelt. Ich lag in einem Schlafsack in freier Natur. Die Sonne stand schon hoch am Himmel, es war bestimmt schon Nachmittag. Die Frage, wie ich hierher kam, wollte ich mir eigentlich nicht stellen, mich interessierte aber, wie es Giratina ging. Über Zeros Zustand brauchte ich mir keine Fragen stellen. Er ist tot. Gebraten von seiner eigenen Erfindung. Wobei es den Anschein hatte, als sei er nach Psianas fatalen Treffen sofort tot gewesen, denn geschrien hat er beim Fallen nicht mehr. Egal, Giratina brauchte sich keine Sorgen mehr um einen derartigen Angriff machen. Ich musste mir eher Sorgen machen, wie es um mich stand. Ich wusste nicht wo ich bin, meine Pokémon sind alle total erschöpft und wie es jetzt genau weitergeht wusste ich eigentlich auch nicht. Ich wusste nur, dass Psiana jetzt auch wieder in der realen Welt bei mir sein würde. Bei diesem Gedanken musste ich es ansehen und es über den Kopf streicheln. Ich konnte froh sein, solch ein Pokémon zu besitzen. Als ich meine Sachen zusammenpackte merkte ich, dass ich bei dem Tümpel war, der mir Eintritt in die Gegenwelt geboten hatte. Bald darauf war ich fertig und wollte gehen. Ein letzter Blick noch auf den Tümpel, da tat sich ein lila Portal auf, aus dem Giratina hervor lugte. Ich musste grinsen. Ihm ging es wieder gut. Es sah mich kurz an, gab einen Laut von sich und verschwand darauf wieder. „Gedankt? Wofür? Ihr habt doch alles gemacht.“ „Gut, wenn man es so sieht. Bitte, Giratina.“ Ich lächelte Psiana zu. Es sah froh aus. Somit konnte es mit einem guten Gefühl weitergehen. Mein nächstes Ziel war Fleetburg. Den sechsten Orden wollte ich mir holen. Spannung oder Vorfreude kam nicht auf. Ich spazierte bisher durch Sinnoh und meisterte jede Herausforderung die auf mich zukam. Sei es kämpferischer oder menschlicher Art. Fast schon langweilig. Ok, die zwischenmenschlichen Konflikte waren nicht ohne und sicherlich alles andere als langweilig, doch rückblickend musste ich feststellen, dass sich am Ende irgendwie alles zu meinen Gunsten wandte. Und apropos langweilig. Ich musste den ganzen weiten Weg nach Fleetburg wieder alleine gehen. Ich meine natürlich ohne menschliche Begleitung. Ich hatte keinen Freund, der mir jetzt etwas Gesellschaft leisten würde, und das schon seit Schleiede. Irgendwie traurig. Andererseits konnte ich mich so auf andere Dinge konzentrieren, so wie ich es häufiger tat, wenn sich die Gelegenheit dazu bot. Und so brach ich auf. Von Route 209 zurück nach Herzhofen. Dort musste ich erst noch meine Pokémon heilen und durchchecken lassen. Da es bei meinem Aufwachen in Route 209 schon vier Uhr nachmittags war, ich dann noch nach Herzhofen laufen musste und jetzt in Pokémon-Center meine Pokémon abgeben musste, kam ein weiterer Fußmarsch nicht in Frage. Es war mittlerweile schon acht Uhr. Meine Pokémon waren alle bei Schwester Joy und ich saß alleine in der Lobby. Ich sah zu, wie immer wieder Reisegruppen aus drei, vier oder sogar fünf Leuten im Pokémon-Center eincheckten. Schienen alle viel Spaß zu haben. Pärchen gab es auch zu genüge. Verliebte, die zusammen eine Pokémonreise begannen. Ob das jetzt romantisch sein soll? Darüber wollte ich nun wirklich nicht nachdenken. In diesen zwei Stunden, die ich einfach nur in der Lobby saß, kam es nur ein Mal vor, dass ein einzelner Trainer hereinkam und nach einem Zimmer fragte. Nur ein einziger Alleinreisender. Irgendwie baute mich das nicht sonderlich auf. Aber gegen zehn Uhr war auch für mich Schluss. Ich ging in mein Zimmer, das leider kein Dachfenster besaß, und versuchte zu schlafen. Die Betonung lag auf ‚versuchte‘, immerhin war ich erst um vier Uhr aufgestanden. Am nächsten Morgen, nachdem ich es nach unendlichen Umwälzungen im Bett geschafft hatte einzuschlafen, holte ich als erstes meine Pokémon ab. Fünf Pokébälle standen im typischen Pokéballtablett auf der Theke. Psiana stand davor und sprang mir freudig in die Arme als es mich sah. „Welch süßes Psiana du da hast. Es steht im krassen Gegensatz zu deinem restlichen Pokémonteam.“ „Hm? … Oh, Schwester Joy. Ähm, ja, irgendwie schon. Und danke für die Behandlung, Schwester.“ „Kein Thema. Deine Pokémon hatten es auch dringend nötig. Sie waren schwer verletzt. Du solltest sie in den nächsten Tagen nicht kämpfen lassen, ich bin keine Wunderheilerin. Es braucht nur noch etwas Zeit. Ich bin nur froh, dass du anscheinend doch ein fürsorglicher Trainer bist. Wenn ich mir dein Psiana ansehe, wie sehr es sich freut dich wiederzusehen, scheinst du ein guter Trainer zu sein. Ich hatte den Verdacht, als ich deine Pokémon sah, dass du sie quälst und bis zum Äußersten trimmst.“ „Nein, nein, Schwester. Ich bin nur in ein Unglück geraten. Alles keine Absicht.“ „Dann hoffe ich für dich, dass dir so etwas nicht nochmal passiert.“ „Wird es nicht, Schwester Joy, versprochen.“ Mit diesen Worten konnte ich das Gespräch beenden. Meine Pokémon quälen? Was war das für ein Vortrag? Letztendlich kann ich von Glück reden, dass mir Psiana in die Arme gesprungen ist, sonst hätte ich das Pokémon-Center als abgestempelter Pokémon-Folterer verlassen. Nichts für ungut. Ich verließ Herzhofen so schnell wie möglich und fand mich bald darauf auf Route 208 wieder. Schön viel Natur, endlich mal etwas Ablenkung. Da ich im Pokémon-Center gar nichts zum Frühstück gegessen hab, beschloss ich bei einem kleinen Bergsee eine Pause zu machen. Frühstück konnte man es jedoch nicht mehr nennen, es war schon Mittag. Nettes Plätzchen hatte ich mir ausgesucht. Man merkte, dass es auf den Kraterberg zu ging. Der See lag wunderschön in einem Felsen eingebettet, mit steilen Felswänden an den Seiten. Nur circa ein Drittel des Sees hatte ein Ufer. Von einer Felswand ging ein Wasserfall hinab, der den See speiste. Drehte man sich um, so hatte man einen herrlichen Ausblick. Herzhofen war zu erkennen, aber auch weite Wälder und ein paar kleinere Seen und Flüsse. Während Psiana im Gras unter einem Baum döste, rief ich meine Pokémon, um mir selbst ein Bild der Verletzungen machen zu können. Noctuh und Tornupto hatten keine äußeren Verletzungen, bei den anderen drei sah es schon nicht mehr so gut aus. Ich nahm Despotar den Verband ab. Es wimmerte etwas und gab einen Schrei von sich, als sich die festgetrocknete Binde von der Wunde löste. Es sah so aus, als hätte man Despotar ein Stück Fleisch herausgerissen. Ich hätte meinen ganzen Unterarm in die Wunder legen können, quasi als Füllung. Auch ich hatte ein paar medizinische Sachen dabei. Ein bisschen Desinfektions-Spray, eine geeignete Salbe und ein neuer Verband. Fertig. Frosdedje hatte über den ganzen Körper verstreut kleine, schmerzhafte Wunden. Sah so aus, als hätte es Splitter abgekriegt. Ich konnte die Verletzungen mit der Salbe einreiben, mehr war nicht zu machen. Als letztes wäre da noch Kabutops. Auf den ersten Blick konnte man ein ausgebrochenes Stück aus seiner Klinge sehen. Muss bestimmt sehr schmerzhaft gewesen sein. Ich wollte mir die Stelle ansehen und fasste die Klinge an der verletzten Stelle an. Kabutops zog zurück und holte aus. Die Klinge blieb genau vor meiner Nase stehen. Es hätte mir fast das Gesicht vom Kopf abgetrennt. Ich war kurz geschockt, fasste dann aber wieder Vertrauen zu Kabutops, und es zu mir. Die Klinge wollte ich trotzdem nicht mehr berühren. Stattdessen sah ich mir den linken Fuß an. Es konnte kaum laufen. Der Grund war eine fast komplett abgebrochene Kralle. Was konnte ich da groß machen? Ich war eben doch kein Pokémon-Arzt. Ich nahm etwas Watte und befestigte sie mit einer Binde direkt auf der abgebrochenen Stelle. Ich konnte nur hoffen, dass es Kabutops etwas hilft. Doch sein fröhliches Gesicht bestätigte meinen Einfallsreichtum. Nach dieser kleinen Visite ging es weiter bergauf. Ich folgte dem Fluss, der mit einem Wasserfall den See speiste weiter in die Berge. Ein schöner Pass über dem Kraterberg war das. Umso höher man kam, umso weiter fraß sich der Fluss ins Gestein. Schließlich folgte man nur noch einer Spalte, den Fluss konnte man nicht mehr sehen. Doch hören konnte man ihn noch, wie er tosend durch die Schlucht brauste. Ich hatte mein Lager auf der höchsten Stelle des Passweges aufgeschlagen. Ein klasse Ort um abzuschalten. Es hatte was von meinem Kap Kante. Die Spalte war mittlerweile ein riesiges Loch. Ein See tat sich an dessen Grund auf. Und wieder konnte man einen Wasserfall begutachten, der von einem noch höheren Plateau ins Loch sauste. Direkt vor dem Wasserfall und über den Abgrund war eine Hängebrücke gespannt. Wollte man diese überqueren, konnte es sein, dass man ab und zu nass wurde. Doch ich würde die Brücke erst morgen passieren. Jetzt hieß es mal wieder schlafen. Ich hatte gerade die Hängebrücke hinter mir gelassen. Mein Lager war abgebaut, es konnte weiter gehen. Ab jetzt würde es wieder bergab gehen. Ich werde nicht durch Erzelingen laufen, sondern daran vorbei, schnurstracks nach Jubelstadt und dann auf direktem Weg nach Fleetburg. Auch auf der westlichen Seite des Kraterbergs war die Natur nicht weniger schön wie im Osten. Herrliche Wälder, kleine Gebirgsflüsse und schöne Wanderwege machten das Reisen für mich einfach unbeschreiblich. Ein Blick nach oben in die weißen Wolken und mein Glück war perfekt. Genau wie ich es mochte. Sämtliche Zweifel ums Alleinreisen waren weg. Wer konnte mir allerdings gewährleisten, dass jede Ecke Sinnohs so wunderschön war? Wahrscheinlich keiner, aber das kümmerte mich gerade wenig. Unbeirrt ging ich meinen Weg ins Tal. Ich war relativ früh aufgebrochen, weshalb ich bis zu den Mittagsstunden viel Weg zurücklegen konnte. Auf dieser Seite war der Weg wesentlich einfach zu laufen. Auf einer Lichtung machte ich Mittag, aß etwas, ließ allen Pokémon etwas frische Luft schnappen und sah mir ihre Verletzungen noch einmal an. In der Folgezeit trödelte ich gehörig. Ich stopfte mir meinen letzten Proviant herein, ging sehr viel langsamer und schaute mir dafür die Umgebung umso genauer an. Es war also kein Wunder, dass ich auf meinem Weg doch noch nach Erzelingen abbiegen musste, um meine Vorräte wieder aufzufüllen und mir einen zivilisierten Schlafplatz im Pokémon-Center nahm. Wäre ich nicht so langsam weitergelaufen wäre ich jetzt planmäßig kurz vor oder sogar in Jubelstadt. Aber nein, die Landschaft war ja so schön. Naja, lieber ein paar Eindrücke mehr mitgenommen, als alles im Schnelldurchlauf durchgehen. Und so kam der nächste Morgen und die nächste Etappe auf meiner Reise. Es führte mich sofort wieder aus Erzelingen heraus. Da ich erneut sehr früh startete, hatte ich mir es erlaubt, die normale Route nach Jubelstadt zu verlassen und den von mir eigentlich angedachten Weg, den ich gestern laufen wollte zu nehmen. Ich wollte nicht alles zweimal sehen müssen, weswegen ich den unorthodoxen Pfad einschlug. Doch auch dieser brachte mich schnell nach Jubelstadt beziehungsweise daran vorbei. Es war mal wieder Nachmittag, meine Vorräte waren voll, kein Grund also sich in Jubelstadt aufzuhalten. Ich ging, wie ich es geplant hatte, an der Großstadt vorbei, direkt in die Route 218. Bald hatte ich das Meer erreicht. Was für ein Ausblick. Ein schier endloser Horizont tat sich Richtung Norden vor mir auf. Genau der richtige Platz für mein Nachtlager. Selbst so spät am Abend war die Temperatur noch sehr angenehm. Tornupto half mir, ein kleines Lagerfeuer zu entfachen. Ich breitete meinen Schlafsack aus, um eine weiche Unterlage zu haben, hineinschlüpfen würde ich diese Nacht nicht. Ich legte mich darauf, Tornupto direkt dahinter, so dass ich meinen Kopf an seinen Rücken lehnen konnte. Psiana rollte sich auf meinem Bauch zusammen. Noctuh verweilte schlafend auf einem Ast in der Nähe, während sich Kabutops, Despotar und Frosdedje im Schein des Feuers nebeneinander ins Gras legten. Ich holte meine Mundharmonika aus der Tasche und spielte noch ein wenig, während ich hinaus aufs Meer und in den Himmel sah, in dem der Mond die vereinzelten Wolken, die am Firmament hingen, weiß erstrahlen ließ, als wäre es Tag. Es ist eben doch gar nicht so schlecht, als einsamer Weggefährte durchs Land zu ziehen … Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)