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Für immer - vielleicht

von

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Prolog

piep. piep. piep

Das monotone Geräusch der Herzfrequenz Maschine bohrte sich regelrecht in mein Gehirn hinein. Wie lange ich schon hier saß, wusste ich nicht. Es fühlte sich aber wie eine Ewigkeit an. Ich war müde, doch wollte ich nicht von seiner Seite weichen. Heute nicht, denn ich hatte das Gefühl, dass er mich bräuchte.
 

Nur mit viel Mühe öffnete ich meine schweren und vom Weinen angeschwollenen Lider, um das Gesicht, des Menschen zu sehen, der für mich schon immer die Achse meiner persönlichen Welt war.

Ja. Meine Welt drehte sich nur um diesen Mann.

Traurig musterte ich ihn. Er war zum Schatten seiner selbst geworden und sah völlig erschöpft aus.

Wieder fingen meine Augen an zu brennen. Ich wollte um ihn weinen, konnte es nicht. Zu viele Tränen waren schon geflossen. Da war es egal, wie sehr sich die Tränendrüsen um die weitere Produktion dieser salzigen Tropfen bemühten, sie waren versiegt.

Ich drückte seine Hand leicht und er öffnete seine Augen. Als er mich neben sich erkannte, fingen die zuvor matten Seelenspiegel an zu glänzen. Es war schon immer die einzige Gefühlsregung von ihm gewesen, und doch bescherte sie mir immer wieder einen schnelleren Herzschlag.

Ich verlor mich regelrecht in seinen schwarzen Irden.

"Du bist ja noch immer hier.", holte mich seine raue Stimme zurück in die Wirklichkeit.

Ich nickte ihm als Antwort lächelnd zu. Doch mein Bauch verkrampfte sich und mir wurde schlecht, als mir der Gedanke durch den Kopf schoss, wie geschwächt er sein musste, wenn er sogar meine Anwesenheit nicht mehr spürte.

"Hei." leicht drückte er meine Hand und ich konnte die Besorgnis in seinen Augen aufblitzen sehen. Innerlich konnte ich nur den Kopf darüber schütteln, dass er sich auch in seinem jetzigen Zustand noch Sorgen um mich machen müsste, war doch verrückt.

"Ich bin immer noch hier. Natürlich und ich weiche auch nicht von deiner Seite, Itachi." Mein Ton war liebevoll und doch bestimmend. Ich wollte nicht, mit ihm darüber diskutieren, denn ich würde sowieso nicht gehen. Niemals.
 

Seine Mundwinkel hoben sich ein wenig nach oben, was aber eher einer Grimasse gleichkam. Ich beugte mich rüber zu ihm und hauchte ihm einen Kuss auf die Lippen. Sie fühlten sich rau an und waren aufgerissen von der mangelnden Feuchtigkeit im Mund. Besorgt sah ich ihn wieder an, als er die Augen schloss und sich tiefer ins Kissen drückte.

Ich machte es ihm nach, schloss wieder meine Augen und lauschte dem Piepsen der Maschine. Es war irgendwie ein beruhigender Ton, denn er versicherte mir, dass Itachi den Kampf noch nicht verloren hatte. Und er würde siegen, daran glaubte ich fest. Dafür betete ich jeden Tag.
 

Der monotone Ton seines Herzschlages machte mich träge. Ich spürte, wie sich die Müdigkeit durchkämpfte und meine Muskeln sich von den täglichen Strapazen anfingen zu entspannen.
 

---

Lächelnd rannte ein kleines Mädchen durch den riesigen Vorraum im Uchiha Anwesen herum. "Mai, nicht so schnell, sonst fällst du noch hin. Benimm dich bitte.", redete ihre Mutter auf sie ein.

Schmollend schob sie die Unterlippe vor und bedachte rothaarige Schönheit.

"Lass sie doch, Kushina. Ist doch nichts dabei, wenn sie herumrennt. Reg' dich nicht immer so auf. So etwas behagt schwangeren Frauen nicht." Mikoto wendete sich lächelnd an das kleine Mädchen. "Mai, wenn du willst, kannst du ja zu Itachi hochgehen." Während sie das sagte, strich sie sich über ihren kugelrunden Bauch.
 

Mai zog verwirrt ihre Augenbrauen hoch, sie verstand nicht, warum Mikoto so dick geworden ist und irgendwie war es gruselig, dass da ein Baby drinnen sein sollte. Auch ihre Mutter wurde von Tag zu Tag dicker und meinte, dort würde ihr kleiner Bruder wachsen. Dass sie ein Geschwisterchen bekam, freute sie immens, aber dennoch war sie besorgt bei dem Gedanken, dass man ihrer Mutter den Bauch aufschneiden musste.
 

"Mai.", lachte ihre Mutter laut los. "Itachi beißt schon nicht, geh jetzt und lass uns Erwachsenen ein wenig reden, hörst du." Nickend kam die Kleine, welche das Ebenbild ihrer Mutter war, ihrer Bitte nach, denn ihr war der bestimmende Ton nicht entgangen.
 

Während sie losrannte, hörte sie noch die Frauen auflachen. Ohne zu klopfen, riss sie die Türe polternd auf. Erschrocken zuckte ein kleiner Junge, welcher inmitten des Raumes saß und mit Bausteinen spielte, zusammen. Sie ging auf ihn zu und setzte sich einfach gegenüber von ihm hin. Sein Blick wirkte gelangweilt, als würde ihm das Spielen gar keinen Spaß machen. Überrascht zog sie die Augenbrauen in die Höhe. "Wieso spielst du damit, wenn es dir keinen Spaß macht, Itachi?"

Seine pechschwarzen Augen wendeten den Blick von den Klötzen ab und durchbohrten sie regelrecht. "Mai. Du hättest anklopfen sollen.", erwiderte er stattdessen.

Wenn es überhaupt möglich war, zog sie ihre Augenbrauen noch höher und sah ihn nur noch dümmlicher an. Er schüttelte belustigt den Kopf und seine Lippen formten sich zu einem Lächeln. "Was willst du Mai?"

"Ich ... Ich ... deine Mutter meinte, ich sollte mit dir spielen."

Seufzend stand er auf und fing an die Sachen vom Boden aufzuheben. "Und was möchtest du spielen?"

Überrascht, dass er nicht wie die anderen Jungs protestierte, wenn sie mit Mädchen spielen mussten, sah sie ihn mit offenem Mund an. Ihre Mutter hatte schon oft gesagt, dass Itachi anders wäre und bis heute hatte sie es nicht verstanden. Immerhin war Itachi nur ein wenig älter als sie selbst, war aber viel klüger und reifer, wie Kushina immer zu pflegen sagte.

Sie hatte nicht erwartet, dass er einwilligen würde, weshalb ihr auf Anhieb nichts Vernünftiges einfiel, was sie mit einem Jungen spielen könnte.

"Wie wär's mit Mutter-Vater-Kind?" war das erst Beste, was ihr einfiel. Das spielte sie oft mit ihren Freundinnen im Kindergarten und sie mochte es sehr.

Kurz sah Itachi sie total verwirrt an, nickte ihr aber doch als Antwort zu. "In Ordnung."

"Gut. Ich möchte Ärztin sein, du bist zu Hause und passt auf das Baby auf, Itachi.", befahl sie ihm in einem Ton, den ihre Mutter auch immer bei ihrem Vater anschlug, wenn sie etwas wollte.

Doch im Gegensatz zu ihrem Vater, der sofort nachgab, schüttelte Itachi nur seinen Kopf. "Nein. Du bist das Mädchen und die Mutter. Ich werde Arzt sein und du zu Hause beim Kind. Ein Kind braucht eine Mutter mehr, als einen Vater."

"Aber ich will nicht!" fing sie an zu wimmern. Ihre blauen Augen, die als Einziges auf ihren Vater Minato hinwiesen, fingen an verdächtig nach Tränen zu glitzern.

Itachi sah sie erschrocken an. "Mai, weine nicht. Okay hör zu. Wir werden beide Ärzte sein und wechseln uns einfach ab, wer zu Hause ist und auf das Kind aufpasst."

Mai neigte ihren Kopf ein wenig und wog diese Möglichkeit ab. "Klingt nicht schlecht. Abgemacht." Sie reichte ihm die Hand damit sie es mit einem Händeschütteln, so wie die Erwachsenen besiegelten.

Belustigt nahm er ihre Hand und schüttelte sie.
 

___
 

Verwirrt, warum ich gerade davon träumen musste, öffnete ich meine Augen und sah zu Itachi. Er war wach und musterte mich mit einem unergründlichen Ausdruck in den Augen.

Als sich unsere Blicke trafen, lächelte er mir zu. "Schön geträumt?"

"Ich habe von unserem ersten Mutter-Vater-Kind Spiel geträumt. Wie wir verhandelt haben, wer zu Hause beim Kind bleiben muss."

Sein Lächeln bekam eine traurige Note "Lange her. Aber wer hätte gedacht, dass wir beide dann wirklich Medizin studieren."

Ich nickte ihm lachend zu. Denn das Schicksal hatte uns oft auf Proben gestellt und doch waren wir am Ende zusammen gekommen.
 

Zusammengekommen um ein weiteres Mal auf die Probe gestellt zu werden. Mein Herz schlug schmerzhaft gegen die Brust, als ich daran dachte, Itachi vielleicht für immer zu verlieren.

Nein, er würde kämpfen. Er würde überleben und wir würden beide unser Studium abschließen.

Und eines Tages würden wir nicht nur Mutter-Vater-Kind spielen ...

Wiedersehen

Etwas nervös fuhr sich die rothaarige, junge Frau durch ihre Haare, als sie den Weg entlang zum Sekretariat ging. Wie lange sie schon davon geträumt hatte Ärztin zu werden, wusste sie nicht. Aber nun stand sie endlich hier mitten auf dem Campus, der besten Medizin Universität in Tokio, und war ihrem Traum einen großen Schritt näher gekommen. Ihre Eltern waren wenig begeistert gewesen, als sie ihnen mitteilte, wieder zurück nach Japan ziehen zu wollen, um hier zu studieren, jedoch hatten sie widerwillig zugestimmt.

Was konnten sie auch als Gegenargument bringen? Sie wussten genau so gut, wie Mai, dass sie sich nach diesem Land sehnte. Nach dem Kirschblütenregen im Frühling. Der salzigen Luft im Sommer und dem farbenfrohen Meer an Blättern im Herbst. Nirgends auf der Welt war es so schön, wie hier in Japan. Viele von ihren Freunden in Europa meinten, sie würde übertreiben, wenn sie so ausschweifend über ihr Heimatland schwärmte, und Mai konnte ihnen eigentlich nur zustimmen. Denn Japan war wie ein unwirklicher Traum. Außerdem war hier noch jemand, den sie nach so langer Zeit nicht vergessen hatte. Ihre Mutter hatte ihr gesagt, dass auch er hier war und genau, wie sie, Medizin studierte.
 

Ein wenig neidisch war Mai schon auf ihn. Immer musste er sie übertrumpfen, egal was sie machte, er konnte es besser. Itachi war kaum älter als sie, doch hatte dieses Wunderkind es tatsächlich geschafft, in der Grundschule zwei Klassen zu überspringen. Wie es ihm überhaupt ging?
 

Schüchtern klopfte sie an der Tür des Sekretariats für den Medizinstudiengang und eine helle Stimme bat sie hinein. Mai kam ihrer Bitte nach und stand inmitten eines kleinen, chaotischen Büros und eine schwarzhaarige junge Frau lächelte ihr zu.
 

*
 

Seufzend schloss sie die Tür hinter sich und betrachtete die etlichen Zetteln, die ihr die Frau, Shizune war ihr Name, in die Hand gedrückt hatte. Sie war recht freundlich gewesen und hatte ihr alles ausführlich erklärt. Aber dennoch empfand Mai, dass es zu viele Informationen auf einmal waren und sie war wirklich unkoordiniert. Es würde einem Lottogewinn gleichkommen, wenn sie auf Anhieb sich hier zurechtfinden würde.

Vielleicht würde sie in der ersten Vorlesung jemanden kennenlernen, der ihr helfen konnte und mit ihr eine kleine Führung über den Campus machte. Mai konnte es nur hoffen, denn alleine würde es Wochen dauern, bis sie sich hier zurechtfinden würde.
 

Gedankenverloren und die Augen mehr auf den Plan gerichtet, als auf den Weg, den sie entlang ging, versuchte sie den Vorlesungsraum zu finden. Welches Fach hatte sie überhaupt? Genervt seufzte sie und versuchte unter den Grundrissen des Campus und anderen Informationsblättern ihren Stundenplan zu finden.

Plötzlich stieß sie gegen jemanden und fiel unsanft auf ihre vier Buchstaben. "Scheiße", fluchte sie auf Deutsch und sah entschuldigend hoch.

"Verzeihung. Ich wollte Sie nicht anrempeln.", meinte sie schließlich zu dem jungen Mann. Er hatte lange schwarze Haare, die wild durchgestuft waren und eine gelangweilte Miene, die sie ein wenig an Itachi erinnerten. Plötzlich dämmerte es ihr, wer da vor ihr stand. Es war der Cousin von ihm. Sie hatte früher mit ihm gespielt, wenn sie beide bei Itachi waren.

"Madara?"

In seinen schwarzen Irden blitzte Verwirrung auf und er starrte sie perplex an, ehe sein Lächeln selbstfällig wurde. "Klar, wer sonst?" Seine Stimme war tief und rauchig. Es passte zu ihm. Wahrscheinlich rannten ihm die Frauen nur so hinterher, weshalb er sich bestimmt nicht fragte, warum sie seinen Namen kannte. Überhaupt wirkte er sehr desinteressiert an ihrer Person.

Eigentlich konnte ihr das egal sein, doch dass sie nach fast zehn Jahren wieder jemanden aus ihrer Kindheit sah, und dieser sie nicht einmal erkannte, kränkte sie.

"Vollidiot. Hast keine Ahnung, wer ich bin, nicht?" fuhr sie ihn gleich an.

Sein Mund wurde zu einer dünnen Linie zusammengepresst und er starrte sie wütend an. "Liegt wahrscheinlich daran, dass du nicht gut im Bett warst."

Ungläubig klappte ihr Mund auf und sie konnte ihn nur dümmlich anstarren. Wie war denn der drauf? Okay, Madara war schon als Kind selbstgefällig gewesen und wollte immer der Beste und Stärkste sein, aber wer hätte erahnen können, dass so was aus ihm werden würde?

"Dummkopf! Ich habe und werde niemals mit dir schlafen." wütend stand sie auf und klaubte die Zettel, welche verstreut auf dem Boden lagen, zusammen. Dass er ihr nicht einmal dabei half, obwohl es auch teils seine Schuld war, brachte ihr Blut zum Überkochen. Sie war nun mal sehr leicht aufzuregen, das hatte sie sehr zum Leiden ihrer Familie von ihrer Mutter geerbt. Doch nicht nur ihre Mitmenschen litten unter ihrem Temperament, nein auch ihr war es oft ein Klotz am Bein und es hatte sie schon in manch unangenehme Situationen gebracht.

"Na Madara, streitest du wieder mit einem deiner Betthäschen herum?" grinsend kam ein weißhaariger Mann auf sie zu. Er hatte bei einer Gruppe gestanden, welcher sie keine weitere Beachtung schenke. Denn der Mann mit den weißen Haaren forderte all ihre Aufmerksamkeit. Seine Irden hatten eine merkwürdige Augenfarbe, sie wirkten fast Lila, wahrscheinlich hatte er nicht genügend Farbpigmente in der Iris und seine eigentliche Augenfarbe war blau, aber es war dennoch faszinierend.

"Keine Ahnung wer die Alte ist." zuckte er nur mit den Schultern.

Mai konnte spüren, wie sie immer roter im Gesicht wurde. Das war doch die Höhe, dass die Zwei so vor ihr über sie redeten. Hatten die Männer hier in Japan keinen Anstand mehr?

"Sag mal geht's noch?" rief sie dazwischen und warf ihre langen Haare über die Schulter. "Du bist echt noch großkotziger geworden, als du es schon als Kind warst. Unfassbar. Ich bin's Mai. Mai Namikaze. Aber das sagt dir bestimmt Nichts. Idiot."
 

Ohne auch nur eine Antwort oder Sonstiges abzuwarten, stampfte sie von den zwei Vollpfosten weg. In welche Richtung sie ging, und ob sie dort überhaupt hin musste, war ihr egal. Sie konnte die Blicke der anderen auf ihrem Rücken spüren, die dort gewesen waren. Wahrscheinlich waren alle Freunde von Madara gewesen, denn deren Lachen konnte sie noch hören, ehe sie um das Gebäude bog und sich seufzend an die Wand lehnte. Ihre Schläfe pochte und sie schloss ihre Augen, um sich zu fassen.

Dank diesem Idioten hatte dieser Tag echt großartig angefangen.

"Mai?" hörte sie eine tiefe Stimme brummen. Ein Schauer lief ihr über den Rücken, und als sie ihre Augen öffnete, wusste sie auch warum.

"Itachi." Es war ein bloßes Hauchen gewesen. Sein Gesicht nach all den Jahren wieder zu sehen, brachte ihr Herz für einen kurzen Moment zum Stocken.

"Ja." Seine Mundwinkel zuckten ein wenig nach oben, ehe er sie weiter neugierig musterte. "Was machst du hier Mai? Ich hab deine Auseinandersetzung mit Madara gehört. Es scheint, dass du deiner Mutter nicht nur äußerlich ähnlich bist."

Sie fing an, breit zu grinsen. "Tja, was soll ich sagen Itachi. Ab heute kann ich mich als stolze Medizin Studentin ausweisen."

In seinen Augen blitzte etwas auf, doch sie konnte es nicht deuten. Wie schon aus den Kindertagen gewohnt, waren seine Gesichtszüge unergründlich.

"Das freut mich, aber wären die Universitäten in England nicht besser?"

Natürlich wären sie vom Ruf her besser gewesen, aber England war nicht Japan. Und außerdem war er nicht in England.

Sie seufzte theatralisch. "Du bist fast so ein Dummkopf, wie Madara. Erinnerst du dich nicht an unser Versprechen?"
 

Es war fast schon zehn Jahre her, dass Mai weggezogen war, da ihr Vater einen Auslandsposten in Deutschland ergattern konnte, der ihrer Familie ein gutes Leben versprach. Jedoch war sie selbst überhaupt nicht so begeistert darüber gewesen. Immerhin wohnte ihr bester Freund hier und von ihm wollte sie nicht weg.

Itachi hatte sie traurig angesehen und nur genickt, als sie ihm von ihrer Abreise gebeichtet hatte. Sie hätte eigentlich erwartet, dass er ihr anbot, bei ihm zu bleiben. Doch das hatte er nicht getan. Wahrscheinlich, weil er selbst seinen Bruder, Sasuke, niemals alleine lassen würde und für ihn alles auf seine Schultern nehmen würde.

Die einzige Versprechen, die sie sich damals gegeben hatten, waren, dass sie sich eines Tages als Ärzte gegenüberstehen würden und einander niemals vergessen durften.

Es war kindisch und doch orientierte sich ihr ganzes Leben nach diesen Versprechen. Denn Itachi war schon damals mehr für sie gewesen als nur ein bester Freund. Aber sie war zu jung gewesen, um es deuten zu können. Mit zehn Jahren hatte sie noch keine Ahnung, was diese Wärme und das Kribbeln im Bauch zu bedeutend hatte.

Doch jetzt, wo sie ihm gegenüber stand, und ihm nach zehn nie endenden Jahren in die Augen sehen konnte, spürte sie wieder dieses Ziepen in der Magengegend. Aber anders als damals, wusste sie nun was diese Gefühle bedeuteten.

Nur, wie stand es um ihn? So gut wie er aussah, bräuchte sich die aufgedrehte Rothaarige gar keine Hoffnungen machen.
 

"Natürlich erinnere ich mich." riss sie seine monotone Stimme aus ihren wirren Gedanken. Sie nickte ihm lächelnd zu und musterte ihn aufmerksam. Er trug eine schwarze Hose, ein weißes Hemd und eine gelb-blau gestreifte Krawatte. In Japan war es üblich Uniformen zu tragen, sogar auf der Universität, aber etwas anderes zog ihre Aufmerksamkeit auf ihn. Darunter wirkte er viel zu schmächtig, fast schon besorgniserregend dünn.

"Was hast du denn jetzt für eine Vorlesung?" Ob er tatsächlich daran interessiert war, oder nur ihre Musterung unterbrechen wollte, konnte sie nicht sagen.

"Anatomie. Hörsaal drei. Nur hab ich keine Ahnung, wo das ist." Peinlich berührt kratzte sie sich am Hinterkopf.

"Wenn du willst, kann ich dich dort hinbringen. Später führe ich dich dann auch hier durch den Campus."

Sie strahlte ihn an. Die Aussicht mit ihm unterwegs zu sein, stimmte sie gleich fröhlicher. Immerhin kannte sie niemanden mehr hier in Japan. Sie war erst vorgestern im Heim eingezogen, und war damit beschäftigt gewesen, alle Vorbereitungen für den heutigen Tag zu treffen.
 

Obwohl sie sonst immer wie ein Wasserfall reden konnte, ging sie schweigend neben ihm her und genoss es einfach, nach so langer Zeit wieder in seiner Nähe zu sein.

Als er plötzlich stehen blieb, zog sie verwirrt die Augenbrauen in die Höhe und wollte gerade zu einer Frage ansetzten, als er auf die Tür neben sich deutete. "Hörsaal drei.", meinte er schlicht.

"Danke, Itachi. Kann ich dich dann nach der Vorlesung hier erwarten? Es tut mir leid, falls ich dir Um..."

"Kein Problem." Wieder blitzte etwas in seinen tiefschwarzen Opalen auf.

Grinsend nickte sie ihm zu, dass er kein Mann der Worte war, wusste sie. Immerhin war er sogar als Kind unglaublich still gewesen, wo man sich doch in diesem Alter am wildesten benehmen müsste. Es war schon immer zu erwarten gewesen, dass er ruhig sein würde.

Aber stille Wasser waren bekanntlich tief, und das machte ihn umso faszinierender als Mensch und anziehender als Mann.

"Bis dann.", winkte sie ihm zu, ehe sie sich in die Vorlesung stürzte.
 

*
 

Nach der Vorlesung klopften alle Studenten auf den Tisch, um sich für den Vortrag des Dozenten zu bedanken. Aufgeregt stand Mai auf und zupfte den Rock ihrer Uniform zurecht. Es war ungewohnt für sie eine Uniform zu tragen, denn in Deutschland war es nicht üblich gewesen. Klar ein paar private Schulen dort hatten eine Kleiderordnung, aber eine richtige Uniform musste sie nie tragen.

Fröhlich über die Aussicht gleich wieder Itachi zu sehen, ging sie aus dem Hörsaal und blieb überrascht stehen.

Itachi stand tatsächlich an der Wand gelehnt da, und redete mit einer jungen Frau. Sie war schön und hatte ihre langen blonden Haare zu einem hohen Zopf gebunden. Irgendwie wurde sie bei diesem Anblick ein wenig eifersüchtig, auch wenn er gelangweilt wirkte, hatte sie das Gefühl, dass in seinen Augen Interesse aufblitzte, oder bildete sie sich das nur ein?
 

Sie seufzte schwerfällig und ging auf ihn zu. Itachi schien sie zu bemerken, denn er straffte seine Schultern und sah zu ihr rüber. Auch die junge Frau sah sie ein wenig verärgert an, was Mai schief lächeln ließ. Die blauen Augen der Blondine warfen ihr regelrecht Blitze entgegen, doch sie achtete nicht darauf.

"Und wie war die Vorlesung?", fragte er sie, ohne noch auf die andere zu achten. Wie sie beruhigt feststellen konnte.

"Interessant", meinte Mai einfach nur, denn in Wirklichkeit hatte sie keine Ahnung, was der Dozent vorgetragen hatte. Sie war die ganze Zeit in Gedanken bei ihm gewesen. Dass er sie sogar nach einer kurzen Begegnung so aus der Bahn warf, ärgerte sie ein wenig.

Mai hatte zwar geahnt, dass es nicht leicht sein würde, Itachi zu widerstehen. Denn schon als Kind war er der hübscheste Junge für sie gewesen. Doch dass sie sich wegen ihm, nicht auf wesentliche Sachen konzentrieren konnte, stimmte sie ein wenig sauer.

Er nickte ihr zu und sah zu der anderen Frau "Entschuldige, aber ich muss nun gehen. Ich hoffe ich konnte dir helfen. Mai. Kommst du?"

Beleidigt sah die Frau zu ihr her, als sie nickte, und machte mit einem verführerischen Hüftschwung auf Absatz kehrt.

Belustigt und gleichzeitig verwirrt über die Reaktion zog sie ihre Augenbrauen in die Höhe und sah Itachi fragend an. Er seufzte ergebend und meinte etwas verlegen:"Das ist Yumi. Sie sitzt oft in der Vorlesung zu Statistiken neben mir. Tut mir leid, ich konnte sie nicht abschütteln."

Seine Rechtfertigung brachte sie zum Lachen. "Itachi, wir sind nicht zusammen. Du brauchst dich bei mir doch nicht zu rechtfertigen, da ist doch nichts dabei." Auch wenn es sie freute, dass da nicht mehr zwischen ihnen war.

Er sah sie eindringlich an und zuckte nur mit den Schultern. "Ich meinte ja nur. Nicht das Du, so wie du dreingeschaut hast, Yumi etwas antust."

Mit offenem Mund starrte sie ihn an. War sie für ihn ein offenes Buch oder was? Seine Mundwinkel zuckten ein wenig und die Augen funkelten belustigt. "Dein Gesicht verrät immer so viel. Es ist schön zu sehen, dass sich das nicht geändert hat."

Peinlich berührt sah sie zum Boden. Er hatte recht. Schon von klein auf hatte er sie damit geärgert und sie glauben lassen, er könne Gedankenlesen. Viel später hatte er ihr dann verraten, dass ihr Gesicht einfach Bände sprach.

"Kommst du." Mai konnte die Belustigung in seiner Stimme hören und sah zu ihm hoch. Er lächelte sie tatsächlich an. Benommen, als hätte sie zum ersten Mal das Sonnenlicht gesehen, starrte sie ihn an. Wenn Itachi lächelte, war er noch schöner. Sie konnte regelrecht spüren, wie die Schmetterlinge aus ihren Kokons im Bauch schlüpften. Itachi.
 

*
 

"Erzähl. Wie ist Europa so?" fing er an, als er sich setzte.

Nachdenklich sah sie zu ihrem Kaffee. Die Führung war sehr still verlaufen, denn sie selbst war damit beschäftigt, sich alles zu merken. Mai hatte ihn schließlich zu einem Kaffee überreden können. Sie hatte von ihm erfahren, dass er selbst hier in der Nähe wohnte. Er hatte eine WG mit Madara und anderen Freunden.

Etwas skeptisch war sie schon, wie so ein ruhiger Typ mit Madara klarkommen konnte, aber andererseits war genau seine Art vielleicht der Schlüssel zu Madara. Mai selbst würde mit ihm wahrscheinlich jeden Tag in die Haare geraten, aber sie hatte ja Gott sei Dank nicht viel mit ihm zu tun.
 

"Also?", riss er sie aus den Gedanken.

"Also ... es ist schön."

Er nickte unbeeindruckt. "Wie geht es deiner Familie und Naruto?"

"Es geht ihnen gut. Naruto ist ein echt hyperaktiver Junge. Ich glaube, dass Mutter und Vater glücklich sind, dass ich weggezogen bin. Zwar nicht über die Entfernung aber mit Sicherheit über die Ruhe, die nun zu Hause herrscht. Ich hatte mich wirklich oft mit Naruto in den Haaren." Mai lachte beschämt. "Was soll man machen? Am meisten tat mir Vater in dem ganzen Chaos leid, denn wir hatte wirklich alle das Temperament der Uzomakis geerbt und ein Familienmitglied aus diesem Clan, war ja schon anstrengend genug und der Arme hatte gleich mit drei von dieser Art zu tun."

Sogar Itachis Mundwinkel zuckten. "Dann ist es doch fast verständlich, dass sie froh über deine Abreise waren."

"Dennoch vermisse ich sie. Besonders diesen kleinen Sturkopf, der mir das Leben schwer machte. Es ist ungewohnt nun von dieser Ruhe umgeben, zu sein. Wäre es doch ein wenig hektischer, dann würde ich mich nicht so einsam fühlen. Irgendwie, ich weiß auch nicht. Ich habe mich die ganze Zeit danach gesehnt, hier in Japan zu studieren, doch die Einsamkeit macht es mir schwer, meinen Traum zu genießen. Verstehst du, was ich meine?"

Er sah sie eindringlich an. Mai hatte das Gefühl sich in seinen schwarzen Seelenspiegeln zu verlieren. Ihr Herz stockte kurz, als er sie wieder anlächelte.

"Ich verstehe dich sehr gut." Seine raue Stimme hinterließ eine prickelnde Gänsehaut und sie versuchte dagegen anzukämpfen, verträumt zu seufzen.

Innerlich hoffte sie, dass man ihr diese ganzen Gefühle nicht vom Gesicht ablesen konnte, denn das Letzte, was sie wollte, war das er sich von ihr abwandte, weil er sich bedrängt von ihr fühlte.
 

"Itachi!" Überrascht zog er die Augenbrauen in die Höhe und drehte sich um. Hinter ihm standen Madara und dieser weißhaarige junge Mann mit einer Gruppe, die wirklich auffallend war.

Allein die Haarfarben dieser Leute war alles andere als unauffällig. Es gab sogar einen, der seine Haare schwarz und weiß gefärbt hatte. So etwas hatte sie noch nie in Deutschland gesehen. Genau solche Kreativität hatte sie vermisst. Hier in Japan, dachte sich niemand etwas dabei wenn man, wie ein anderer aus der Gruppe, voll gepierct war, oder

wie das Mädchen über welches dieser orangehaarige Mann seinen Arm um die Schulter gelegt hatte, blaue Haare hatte und eine Origamiblüte im Haar trug.

"Mai. Tut mir leid, ich muss los. Ich habe die Zeit total übersehen.", Letzteres war eher an ihn selbst gerichtet, als an sie. Traurig sah sie zu ihm hoch, als er aufstand.

Plötzlich hielt er inne und sah sie eindringlich an, eher er in seiner Umhängetasche nach etwas zu suchen begann.

Schnell kritzelte er auf einem abgerissenen Stück Papier etwas drauf und reichte es ihr. "Hier meine Nummer. Ich würde mich freuen, wenn du dich bei mir melden würdest. Immerhin haben wir uns schon lange nicht gesehen." Seine Miene war ausdruckslos, wie immer. Doch in seinen Augen konnte sie die Aufrichtigkeit seiner Worte erkennen.

Mit einem Kloß im Hals nickte sie ihm zu. Sie war unfähig ein Wort zu sagen, denn ihr Herz schlug ihr bis zum Hals. Er wollte sie wiedersehen.

Lächelnd lehnte sie sich im Sessel zurück und sah ihm nach. Vielleicht würde sie es schaffen sich mehr als nur einen Traum hier in Japan zu erfüllen.

Träume werden war

Lächelnd stieg sie in Itachis schwarzen Sportwagen ein. Sein Gesichtsausdruck wirkte ungeduldig, was sie kichern ließ. "Du bist spät dran. Wir hatten 13 Uhr vereinbart."

"Tut mir leid.", lächelte sie ihn an, was er nur mit einem Kopfschütteln kommentierte, ehe er losfuhr.

Itachi hatte Mai vor ein paar Tagen angeboten, am Wochenende mit ihm zu seiner Familie zu fahren. Immerhin hatte sie diese jahrelang nicht gesehen. Er hatte gemeint, dass seine Mutter unbedingt darauf bestanden hatte, dass sie dort schlief.

Noch immer mit einem Lächeln auf den Lippen lehnte sie sich mit der Stirn an die Fensterscheibe und betrachtete die vorbeiziehende Landschaft. Der Herbst zeigte sich in all seiner Pracht. Sie seufzte verträumt.

"Was ist?" Mai spürte seinen Blick auf ihr Ruhen. Immer wenn er ihr so viel Beachtung schenkte, kribbelte es in der Magengegend und sie wurde sofort rot. Seufzend über die Überreaktion ihres Körpers drehte sie ihr Gesicht zu ihm und sah ihn an. Er hatte seinen Blick wieder auf die Straße gerichtet und wirkte konzentriert, da der Verkehr doch etwas dichter war.

"Nichts. Ich freu mich nur darauf Sasuke und Mikoto zu sehen."

Er zog nachdenklich seine Augenbrauen in die Höhe und warf ihr einen kurzen Blick zu. Erst als er in einen höheren Gang umschaltete und sich in die Überholspur einreihte, seufzte er leise. "Ich hoffe nur, dass du dich wohlfühlen wirst."
 

Grinsend sah sie ihn an. Der Mann hatte einen echt an der Waffel, wie konnte sie sich in seiner Nähe nicht wohlfühlen. Er war doch der Grund, warum sie die letzten zwei Wochen nur noch strahlte.

Sie hatte seine Freunde kennengelernt, ein verwirrter Haufen und manche von ihnen wirkten sogar ein wenig benommen. Aber sie waren schon ganz in Ordnung. Madara hatte versucht sich zu entschuldigen, doch sie winkte nur ab. Dieser Idiot sollte sich ein besseres Benehmen gegenüber Frauen aneignen. Auch wenn wahrscheinlich mehr als fünfzig Prozent von ihnen, es vielleicht nicht einmal besser verdienten, weil sie sich tatsächlich auf ihn eingelassen hatten.

Itachi hatte bei ihren etlichen Diskussionen mit Madara nur den Kopf schütteln können. Er verstand nicht, warum sie nicht einfach nachgab, wenn er sich schon versuchte zu entschuldigen. Doch das war Mai egal, manche Sachen konnte ein Mann einfach nicht verstehen. Sie sahen die Dinge viel zu Gelassen und nahmen das weibliche Geschlecht gar nicht wirklich ernst. So was konnte sie wirklich zur Weißglut bringen.

Verwirrt darüber, in welche Richtung ihre Gedanken hin geschweift waren, schüttelte sie den Kopf und musterte Itachi genau. Er wirkte etwas blasser und auch schien er viel zu Müde zu sein, denn seine Augenringe waren deutlich zu erkennen. Wahrscheinlich war es die Überanstrengung vom Lernen, denn der Erfolg kam ja nicht von irgendwoher.

"Mach dir keine Sorgen. Bei dir fühle ich mich immer wohl." Fassungslos schlug sie sich auf den Mund, als könnte sie damit die gesagten Worte zurück in den Mund schieben.

Itachis Mund klappte leicht auf und er schielte kurz zu ihr hinüber. Er wollte etwas sagen, doch Mai entschied sich, dass es das Beste wäre, nicht weiter darüber zu reden. Es war raus und nun musste sie damit leben. Sie bezweifelte, dass er ihre Gefühle erwiderte, wahrscheinlich würde er ihr ab jetzt nur noch aus dem Weg gehen.

Damit er nicht sprach, drehte sie einfach die Musik lauter und schloss die Augen. Itachi würde die Geste mit Sicherheit verstehen und sie in Ruhe lassen.

Ein wenig war sie über seinen Musikgeschmack schon irritiert. Sie hätte nicht gedacht, dass so ein ruhiger Typ auf schnelle Gitarren Riffs und Rock Musik stand. Noch eine Eigenschaft, die sie an ihm mochte. Gab es überhaupt etwas, dass sie an ihm nicht ausstehen konnte?

Vielleicht dass er nicht oft lächelte, denn er sah atemberaubend gut aus, wenn er sie sorglos anstrahlte.

Sie seufzte leise und drückte sich tiefer in den ledernden Sportsitz. Das Wochenende hätte gar nicht blöder von ihrer Seite aus anfangen könne. Mai hatte ihm praktisch gestanden, dass sie in ihn verliebt war.
 

*
 

"Hei. Aufwachen."

Verwirrt blinzelte sie ein paar Mal und sah in Itachis Gesicht, welches ihrem viel zu nahe war. Sofort fing ihr Herz an, ihr ganzes Blut in den Kopf zu pumpen. Itachis Mundwinkel zuckten leicht und er entfernte sich von ihr. Peinlich berührt sah sie auf ihre Hände, welche auf ihrem Schoß lagen.

"Wir sind da. Komm." Seine Stimme hatte, zu ihrer Verwunderung, einen entspannten Ton. Entweder er nahm ihr das vorherige Geständnis nicht ernst, oder er freute sich darüber. Beim letzteren Gedanken überschlug sich ihr Herz.

Mit wackeligen Knien stieg sie aus dem Wagen heraus und streckte ihre Gliedmaßen, welche vom langen Sitzen träge geworden waren.
 

Er nahm ihre und seine Tasche in jeweils eine Hand und ging zu dem riesigen Haus, dass sie noch aus ihrer Kindheit gut kannte.

Itachi betätigte die Klingel, bevor er die Türe aufschloss, wahrscheinlich, um so den Einwohnern des Hauses bescheid zu geben, dass er da war. Wie aus dem Nichts tauchte Mikoto auf und lächelte von einem zum anderen Ohr. "Mai!", rief sie und Umschulung fest ihre Arme, um die rothaarige junge Frau. Mai erwiderte die Umarmung nur zu gern. Es tat gut so willkommen zu sein und nach so vielen Jahren auf eine so herzliche Art begrüßt zu werden, zauberte ihr ein breites Lächeln ins Gesicht.

"Meine Güte, aus dir ist eine richtig schöne Frau geworden! Findest du nicht auch Itachi?"

Dieser sah entgeistert seine Mutter an und weigerte sich darauf zu antworten. Ein wenig enttäuscht und gleichzeitig peinlich berührt über diese Frage, blickt Mai runter zu ihren Schuhen.

"Willst du einen Tee? Das Essen wird noch eine Weile dauern, weil Fugaku und Sasuke noch nicht zurück sind."

"Vielen Dank, den Tee nehme ich gerne an." kurz verbeugte sie sich, da dies typisch war in Japan, so seinen Respekt der Person gegenüber zu zeigen.

"Gut. Ich bin dann in der Küche. Itachi, zeig ihr doch, das Gästezimmer, damit sie auspacken kann." wies sie ihren Sohn an, welcher ihr zu nickte.

"Komm Mai." Er nahm ihren Ellenbogen und führte sie die Treppen hoch. Seine Berührung löste bei ihr einen Schauer aus. Schnell schielte sie rüber zu ihm, um sich zu versichern, dass er nichts gemerkt hatte. Doch seine Miene war wie immer unergründlich und nach vorne gerichtet.

Nervös biss sie sich auf die Lippen. Irgendwie hatte sie Angst, dass er das Wochenende in seinem Zimmer verbringen würde, um nichts mit ihr zu unternehmen. Und wie gern wäre sie doch die ganze Zeit über an seiner Seite. Sie schniefte leise, jedoch nicht leise genug.

Itachi blieb stehen und musterte sie eindringlich. "Was ist los?"

Ihr Gehirn fing an zu kochen, als sie nach einer perfekten Ausrede suchte, sie wollte ihm nicht unter die Nase reiben, dass sie sich nach seiner Nähe sehnte. Als er vorsichtig ihr Kinn zwischen Zeigefinger und Daumen nahm, um ihren Kopf anzuheben, damit sie ihm in die Augen sah, blieb ihr Herz für einen kurzen Moment stehen, nur um danach doppelt so schnell das Blut durch den Körper zu pumpen. Oder besser gesagt, nur in den Kopf.

"Ich ... ich dachte an ... die Zeit früher, als wir klein waren. Wie schön es war.", fiel ihr ein und innerlich klopfte sie sich für diese Ausrede auf die Schulter. Sie war perfekt.

Misstrauisch zog Itachi seine Augenbrauen in die Höhe und ließ von ihrem Gesicht ab. "Hmm." brummte er nur, ehe er den Weg fortsetzte.

Mit wackeligen Beinen trottete sie ihm hinterher. Erst als er vor einer weißen Zimmertür stehen blieb, fasste sie ihren Mut zusammen und sah hoch zu ihm. "Dein Zimmer."

Sie nickte ihm nur knapp zu. Itachi öffnete ihr die Tür und stellte ihre Tasche auf das riesige Gästebett, welches fast den halben Raum ausfüllte. Die Wände waren in einer hellen, gelben Farbe gestrichen und mit dem Zusammenspiel der Möbel erschufen sie eine angenehme Atmosphäre.

"Schön." seufzte sie und ließ sich ins Bett fallen. Itachi stand einfach nur da und sah sie an. Wollte er ihr etwas sagen? Verwirrt stützte sie ihren Oberkörper mit den Unterarmen und musterte den jungen Mann. "Dir liegt doch etwas am Herzen, nicht?" schoss ihr einfach so aus dem Mund. Manchmal könnte sie sich wegen ihrer lockeren Zunge den Kopf abreißen. Aber nun war es nicht mehr möglich, es zu ändern. Er lächelte sie nur an und schüttelte mit dem Kopf. "Es freut mich, dass dir das Zimmer gefällt. Mutter müsste mit dem Tee fertig sein."

"Willst du nicht mitkommen?" Sie hatte also recht behalten, er würde sich in seinem Zimmer zurückziehen. Ihr Magen verkrampfte sich bei dem Gedanken, dass nur ihre überstürzende Art dafür verantwortlich war.

"Vielleicht später. Ihr habt euch sicher vieles zu erzählen." wieder durchbohrte er sie mit diesem undefinierbaren Blick und sie hatte das Gefühl, als würde er wegen irgendetwas mit sich kämpfen. Krampfhaft steckte er seine Hände in seine schwarze Jean und nickte ihr dann nur kurz zu, bevor er aus dem Zimmer ging.

Verwirrt setzte sie sich an den Rand des Bettes und starrte die Tür an. Was war mit Itachi los?

Seufzend schüttelte sie nur den Kopf und machte sich auf den Weg zu Mikoto.
 

*
 

"Erzähl mir Schätzchen, wie geht es dir?" Lächelnd setzte sich Mikoto zu ihr und sah sie mit großen Augen an.

"Danke, es geht mir bestens. Immerhin bin ich endlich wieder in Japan."

"Gott, du siehst deiner Mutter so ähnlich. Wie geht es eigentlich Kushina und Minato?" Ihre Neugierde ließ Mai schmunzeln.

"Naja. Mutter ist ... wie sie eben ist. Ein Energiebündel, um es freundlich auszudrücken. Und Vater? Tja ... eine treue Seele würde ich mal sagen. Für mich sind sie alle gleich geblieben. Und wie geht es dir so Mikoto?"

Die Frau hörte gar nicht mehr auf zu strahlen. Bevor sie zum Reden anfing, nippte sie an ihrer Tasse. "Ganz gut. Ich bin gesegnet worden mit zwei guten Söhnen und einem Mann, der mich liebt und respektiert. Was will man mehr?"
 

Sie sprachen noch lange über belanglose Dinge aus dem jeweiligen Leben. Es war schön mal wieder bei ihr zu sein. Hier fühlte sie sich überaus wohl und eigentlich wollte sie gar nicht mehr weg. Plötzlich wurde die Zimmertür fast schon gewaltsam aufgerissen und das männliche Ebenbild von Mikoto stand an der Tür. "Hallo Ma. Wir sind wieder da." Die Stimme des Jungen klang so, als wäre er gerade mitten im Stimmenbruch. Fassungslos darüber, wie groß Sasuke geworden ist, konnte Mai ihn nur mit offenem Mund anstarren.

Verwirrt zog er die Augenbrauen in die Höhe und musterte sie. "Wer bist du denn?" fragte er weniger freundlich.

"Sasuke. Das ist Mai. Du kennst sie nicht, aber ihre Mutter und ich waren früher beste Freundinnen. Mai ist praktisch hier aufgewachsen, ehe sie nach Europa zog.", stellte Mikoto sie vor. Peinlich berührt fing Mai an zu lächeln, denn so viel Aufmerksamkeit behagte ihr ganz und gar nicht.

Fugaku kam durch die Tür und blieb wie angewurzelt stehen, als er Mai sah. "Ku ... Kushina, was machst du denn hier?"

Verwirrt blinzelte die Rothaarige und konnte Mikoto lachen hören. "Sie sieht ihr unglaublich ähnlich was? Das ist Mai." Mikoto seufzte theatralisch. "Wieso hörst du mir nie zu, ich hab dir doch gesagt, dass Mai uns besuchen kommt."

Verlegen kratzte sich das Familienoberhaupt am Hinterkopf "Hast du, ja?"

Seine Frau nickte ihm kurz zu und wendete sich an Sasuke. "Holst du bitte Itachi?" Dieser nickte nur und machte sich ohne Widerworte auf den Weg.

"WOW.", hauchte Mai beeindruckt. "Wie kriegst du es hin, dass Sasuke auf dich hört? Naruto hätte zuerst einmal eine halbe Ewigkeit herumgemault, wieso er das machen muss und würde es erst dann, wenn Mutter ausflippt, ihrer Bitte nachkommen."

Mikoto lachte laut und auch Fugaku musste schmunzeln. "Glaub mir Mai, meine Frau tut nur so engelsgleich. Sie ist zwar nicht so aufbrausend wie deine Mutter, aber wenn sie mal wütend wird, dann sollte man ihr lieber aus dem Weg gehen."

"So schlimm bin ich auch nicht, mein Freundchen.", drohend wackelte sie mit dem Zeigefinger, was ihn abwehrend die Hände hochheben ließ.

Mai konnte nicht anders und fing an zu lachen.
 

"Was ist denn so lustig?" Seine Stimme bescherte ihr eine Gänsehaut und sie versuchte sich, innerlich zu fassen.

Lächelnd sah sie zur Tür, wo Itachi stand und sie fragend ansah. Er hatte sich umgezogen und trug ein dunkelblaues T-Shirt und eine schwarze Jogginghose. Sogar in solchen Schlabberklamotten sah er gut aus. "Ach nichts, setzt euch schon mal hin. Ich mach schnell das Essen warm und komm gleich."

"Kann ... Kann ich dir irgendwie behilflich sein?" fragend wendete sie sich an Mikoto, welche sie belustigt angrinste. "Nein, das mach ich schon. Aber vielen Dank."
 

*
 

Nach dem Essen ging sie zurück in ihr Zimmer, um im Gästebad zu duschen. Mai wusste nicht, was sie sonst machen sollte. Itachi zog sich wahrscheinlich wieder in seinem Zimmer zurück und Sasuke hatte den Samstagabend schon etwas vor. Zumindest hatte er das so beim Essen gesagt.
 

Mai war gerade dabei sich abzutrocknen, als jemand an ihre Tür klopfte. Geschwind band sie sich das große weiße Handtuch um, als auch schon die Tür geöffnet wurde.

Große schwarze Augen musterten sie schockiert, ehe er sich zu fassen schien. Kurz räusperte sich Sasuke und sah sie frech an. "Nicht schlecht, was mein Bruder so nach Hause bringt."

Ihr klappte der Mund auf. Wahrscheinlich sah sie ziemlich bescheuert drein, denn Sasuke fing lauthals an, zu lachen. Erst sein schallendes Gelächter riss sie aus ihrer Starre.

"Sonst geht es dir aber gut?" schrie sie aufgebracht. Am liebsten hätte sie ihn erwürgt, nur wäre ihr mit Sicherheit dann das Handtuch runtergerutscht und das vor diesem ... diesem Dummkopf.

Abwehrend hob er die Hände in die Höhe und trat einen Schritt zurück. "Was regst du dich denn so auf? Ist doch ein Kompliment."

"Waaas? Kompliment nennst du so was?" Wütend trat sie näher auf ihn zu. "So behandelt man keine Frau du Dummkopf. Man entschuldigt sich und verschwindet aus dem Zimmer. Aber man lässt keinen dummen Spruch. Hast dir das Benehmen von Madara abgeguckt, was?" schnaubte sie verächtlich, was ihn ein wenig zusammenzucken ließ. Mai war halt wirklich Furcht einflößend, wenn sie wütend wurde, dafür würde sie morgen Mutter anrufen und sich bei ihr bedanken. Das nahm sie sich fest vor.

"Mann! Komm' mal wieder runter, ja?"

"Wage es nicht, mir vorzuschreiben was ich tun soll."

"Was ist denn hier los?" Itachi lehnte am Türrahmen und musterte Mai mit einem unergründlichen Blick, ehe er seine Augen auf Sasuke richtete. "Was hast du angestellt?"

Dieser schnaubte nur. "Nichts. Diese Frau hat sie nicht mehr alle. Eigentlich wollte ich sie nur fragen, ob sie heute Abend ausgehen will. Du hockst wahrscheinlich wieder nur im Zimmer rum und lernst. Aber ist mir jetzt scheiß egal. Was du für einen Teufel hier hergeschleppt hast. Such dir das nächste Mal eine, die ein wenig freundlicher ist."

"Sasuke!" Itachis Stimme nahm einen drohenden Unterton an. Wahrscheinlich wollte er damit andeuten, dass er es nicht zu weit trieb. Dieser besah Mai mit einem schon fast widerwärtigen Ausdruck an und ging.
 

Itachi sah seinem kleinen Bruder nach und schüttelte nur mit dem Kopf. Seufzend blickte er wieder zu Mai, welche noch immer das Gesicht wütend verzogen hatte.

Verwirrt hob sie eine Augenbraue höher, als er sie einmal von oben bis unten musterte. "Verzeih sein Verhalten. Er ist ziemlich leicht beeinflussbar und aus irgendeinem Grund eifert er Madara nach."

Itachis Mundwinkel zuckten, als sie bei Madaras Namen verächtlich schnaubte.

Neben einem solch atemberaubenden Bruder musste sich Sasuke wirklich Madara als Vorbild suchen? Der hatte sie doch echt nicht mehr alle!

"Ich würde mich dann gerne umziehen ... ", sagte Mai schließlich, denn es war ihr doch ein wenig unangenehm vor ihm nur ein Handtuch umschlungen, zu haben. Ein letztes Mal glitt sein Blick über ihren Körper, und sie hätte schwören können, dass in seinen Augen Verlangen aufblitzte. Ihr Magen zog sich, bei der Vorstellung Itachi zu spüren, zusammen. Dagegen hätte sie bestimmt Nichts.

Doch er nickte nur und machte auf Absatz kehrt.
 

*
 

Nachdenklich saß sie auf ihrem Bett und spielte mit dem Saum ihres schwarzen Kleides. Es war wirklich langweilig, doch sie wollte niemandem zur Last fallen. Aber selbst etwas zu lernen, so wie es Itachi vermutlich tat, war ja noch viel schlimmer. Seufzend stand sie auf und nahm ihren schwarzen Mantel mit. Mai würde einfach draußen spazieren gehen und sich die Gegend ansehen, auch wenn es schon dunkel war, doch sie konnte wirklich nicht mehr im Zimmer sitzen und auf bessere Laune warten.
 

Abwesend ging Mai den Gang entlang und wollte gerade die Treppe runter, als sie zu Itachis Zimmer rüber schielte. Vielleicht sollte sie ihn fragen, ob er mitkommen möchte? Ein wenig frische Luft würde ihm nicht schaden.

Mit wackeligen Beinen ging sie auf seine Zimmertür zu. Sie hatte das Gefühl, ihr würde gleich das Herz aus der Brust springen, vor Nervosität. "Reiß dich zusammen." murmelte sie sich selbst zu. Das war doch absurd, sich so zu benehmen. Immerhin war das Itachi, den Mai, seit sie ein Baby war, kannte. Doch ihr Herz und ihr Körper hörten nicht auf sie.

Die Schmetterlinge in ihrem Bauch trommelten gegen die Bauchdecke, dass sie kurz davor war, den Verstand zu verlieren.

Vor seiner Tür zog sie verwirrt die Augenbrauen in die Höhe, als sie Gitarrenklänge aus seinem Zimmer hörte. Bevor sie überhaupt darüber nachdenken konnte, was sie tat, riss sie, ohne anzuklopfen, die Türe polternd auf und konnte ihren Augen nicht trauen.

Itachi saß auf seinem Bett hatte die Augen geschlossen und zupfte auf dem Instrument herum. Für einen kurzen Moment blieb ihr Herz stehen, denn dieses Bild war zu schön, um wahr zu sein.

Verwirrt zog er die Augenbrauen hoch und öffnete sein rechtes Auge einen Spalt.

"Du hast mir gar nicht erzählt, dass du Gitarre spielst."

" Mai. Du hättest anklopfen sollen." Seine Stimme war tadelnd, doch seine Worte brachten sie zum Lachen, was ihn dazu veranlagte, mit dem Spielen aufzuhören.

"Was ist?"

"Das hast du mir früher auch immer vorgeworfen.", grinste sie ihn verschmitzt an.

Auch seine Mundwinkel verzogen sich nach oben und er nickte belustig. "Da merkt man wieder, dass man bei dir gegen eine Mauer redet."

Sie schnaubte wütend und ging auf ihn los. Überrascht starrte er sie mit geweiteten Augen an. "Ob du noch so kitzlig bist, wie früher?" Säuselte sie verführerisch.

"Wa... Nein!", meinte er fast panisch, als sie ihre Finger seinen Bauch streichelten. Er zuckte ein wenig zusammen, lachte aber nicht, sondern kämpfte dagegen an. "Mai!" Seine Stimme hatte einen warnenden Ton angenommen, doch sie fürchtete sich nicht. Nicht vor ihm.
 

Plötzlich lag sie unter ihm und konnte seine Finger an den Seiten spüren. "It-tachi. Lass ... das.", prustete sie los und versuchte sich unter ihm zu befreien, doch es war aussichtslos.

Lachend sah sie ihm in seine pechschwarzen Irden. Ihr Lachen verstummte, doch auf ihrem Mund zeichnete sich ein liebevolles Lächeln. Die Luft um sie herum veränderte sich und ihr Herz fing an zu rasen. Seine Hand, welche seitlich auf ihrem Bauch geruht hatte, strich vorsichtig hoch, kam aber knapp unter ihrer Brust zum Stehen.

Kurz schloss Itachi seine Augen, und als er sie wieder öffnete, waren sie unergründlich und distanziert. Seufzend ging er von ihr runter und setzte sich neben sie.

Verwirrt richtete sich Mai auf und musterte ihn. Wie hatte er es geschafft, dieser elektrisierenden Anziehungskraft zu widerstehen? Er hatte es doch auch spüren müssen.

Ohne ihn anzusehen, stand sie auf und wollte einfach nur weg. Seine Abweisung war deutlich gewesen und sie hatte es verstanden.
 

"Wo willst du hin?" Seine Stimme war heiser. Mai musste in diesem Moment wirklich um ihre Fassung ringen, weil sie ihm nicht um den Hals zu fallen wollte. Vor der Tür blieb sie stehen und sah ihn an. Er saß noch immer auf dem Bett und wirkte so, als würde er innerlich einen Kampf mit sich führen. Was hatte er bloß? Wenn er sie begehrte, warum wehrte er sich dagegen? Mai konnte sich nicht vorstellen, dass er ihr Interesse an ihm nicht gemerkt hatte. Andere Männer würden es vielleicht nicht sehen, aber das traf definitiv nicht auf Itachi zu. Nein, dieser Mann konnte sie schon immer durchschauen. Was hielt ihn also zurück?

"Mai?" Er hörte sich besorgt an, doch seine Mimik verriet nichts davon.

"Ich hatte vor raus zu gehen, als ich dich spielen hörte.", antwortete sie mit belegter Stimme. Itachi musterte sie von oben bis unten, ehe er seufzte und seine Gitarre zur Hand nahm.

Mai verstand, dass es ihr Zeichen war zu gehen. Der Schmerz, welcher plötzlich ihre Seele in Besitz nahm, ließ sie traurig aufseufzen. Warum wollte er sie nicht? Gerade als sie dabei war die Türe zu öffnen, holte sie Itachis monotone Stimme aus ihrer Gedankenwelt heraus.

"Mai ... wenn du willst ... ich meine, du kannst gerne hier sein." Überrascht riss sie die Augen auf und drehte sich blitzschnell zu ihm um. Er sah ernst drein und auch in seinen Irden konnte sie keine Anzeichen für einen Scherz finden. Itachi wollte, dass sie bei ihm blieb. Ihr Herz überschlug sich vor Freude und sie konnte nicht anders, als ihn anzustrahlen.

Kaum merklich lächelte er und schüttelte leicht den Kopf, ehe er anfing, auf der Gitarre zu spielen.

Schweigend warf sie ihren Mantel über den Schreibtischsessel und setzte sich neben ihn auf sein Bett.
 

Ein verträumtes Lächeln umspielte ihre Lippen, als sie ihm beim Spielen zuhörte. Die Musik wirkte traurig, als würde das Instrument vor Schmerz zergehen. Sie schloss ihre Augen und lehnte sich an die Wand, an welcher das Bett stand. Es wunderte sie nicht im Geringsten, dass Itachi auch musikalisch talentiert war. Ob dieser man überhaupt irgendwo unbegabt war? Innerlich schüttelte sie fassungslos den Kopf über ihn. Perfekte Menschen gab es nicht, aber er war nahezu perfekt.

Plötzlich würde die Melodie liebevoll und verträumt, fast schon süßlich. Sie umspielte ihr Herz und hinterließ dort eine angenehme Wärme. Sie öffnete ihr rechtes Auge ein wenig und linste zu Itachi, welcher sie geradewegs anstarrte. Er wirkte so traurig und seine Seelenspiegel waren voller Wehmut. Ihr Herz zog sich schmerzhaft zusammen, denn so hatte sie ihn noch nie gesehen. Nicht einmal als Kind hatte er einen solch traurigen Ausdruck in den Augen gehabt.

Ohne darüber nachzudenken, was sie eigentlich tat, beugte sie sich zu ihm rüber und nahm sein Gesicht in ihre Hände. Das zauberhafte Musikspiel hatte aufgehört und er selbst hielt seinen Atem an. Mai konnte nicht mehr klar denken. Sie verlor sich regelrecht in diesem schwarzen Meer. In ihren Ohren konnte sie das Blut rauschen hören und spüren, wie sich ihr Puls beschleunigte.

Bebend holte sie Luft, ehe sie ihm vorsichtig und ganz zärtlich mit ihren Lippen über die seinen strich. Innerlich fing sie an zu jubeln, es endlich getan zu haben. Sich dem Bedürfnis nach seinem Mund zu beugen.

Erst als sie den Kuss vertiefen wollte, realisierte sie, dass er ihn nicht erwiderte, sondern wie versteinert da saß. Fast schon widerwillig ließ sie von seinen Lippen ab.

Mit gesenktem Kopf stand Mai einfach auf. Unfähig ihm in seine schwarzen Irden zu sehen, murmelte sie: "Entschuldige."

Wenn sie dachte, dass seine vorherige Zurückhaltung schmerzhaft gewesen war, hatte sie sich wirklich getäuscht. Was sie nun fühlte, raubte ihr den Atem. Sie hatte das Gefühl, dass ihr Herz bei jedem Schlag in weitere Teile zerbrach.

Das Einzige, worum sie sich bemühte, war nicht vor ihm zum Weinen anzufangen.
 

Sie nahm sich ihre Jacke und ging zur Tür, als sie plötzlich von hinten umarmt wurde. "Mai." flüsterte er ihr ans Ohr. Ein Schauer lief ihr über den Rücken und eine prickelnde Gänsehaut breitete sich auf ihrem ganzen Körper aus.

Die Rothaarige schloss kurz die Augen, um sich zu fassen. Auf einmal wurde sie einfach umgedreht und im nächsten Moment konnte sie seine Lippen auf ihren spüren. Überrascht riss sie die Augen auf, konnte aber nicht anders, als gleich daraufhin sie zu schließen und sich dem Kuss ganz hinzugeben.

Seine Hände strichen ihren Körper entlang, was sie verträumt aufseufzen ließ. Bestimmend zog Itachi sie zurück aufs Bett, wo er sie tief in die Matratze drückte, als er sich halb auf sie drauflegte.

Mai vergrub ihre Hände in seine langen schwarzen Haare und gab sich ihrem Verlangen ganz hin.
 

*
 

Lächelnd strich sie zärtlich seine Gesichtszüge nach und musterte ihn eindringlich. Er hatte seinen Zopf gelöst und sah mit offenen Haaren ganz anders aus. Mai nahm eine seiner Strähnen und wickelte sie um den Finger. Sein nackter Oberkörper hob und senkte sich gleichmäßig. Itachi war eingeschlafen, gleich, nachdem sie Sex gehabt hatten.

Auch sie war müde, doch fand Mai, dass sie keinen Grund hatte, heute ins Land der Träume zu reisen. Ihre Wirklichkeit war der schönste Traum, den sie je gehabt hatte, also warum sollte sie dann noch schlafen?

Fallende Blätter

Sie konnte spüren, wie ihr jemand die Haare aus dem Gesicht strich. Unwillkürlich verzogen sich ihre Lippen zu einem Lächeln bei dieser belanglosen Geste. Noch halb im Schlaf blinzelte sie ein paar Mal und sah in Itachis schwarze Augen. Seine Miene war wie immer ausdruckslos und unergründlich, doch seine Seelenspiegel blickten voller Zuneigung auf sie herunter.

"Guten Morgen.", flüsterte er ihr mit rauer Stimme zu, welche sie erzittern ließ.

"Morgen." grinste sie ihn an, ehe sie verwirrt die Augenbrauen in die Höhe zog.

"Was?"

Belustigt stellte Mai fest, dass sie ihn damit aus der Bahn geworfen hatte. "Ich dachte nur daran, was deine Eltern nun denken werden."

Es dauerte vielleicht zwei Sekunden, bis er sich wieder fasste und unbeeindruckt mit den Schultern zuckte. "Mutter wusste es wahrscheinlich schon, bevor wir zwei es überhaupt in Betracht ziehen konnten, jemals miteinander zu schlafen. Außerdem waren die ja auch mal jung."

Mai kicherte leise und bettete ihren Kopf auf seine nackte Brust. Itachi fuhr ihr mit seinen Fingern zärtlich die Wirbelsäule entlang, was sie fast schon schnurren lies. Dieser Moment war wahrlich perfekt.
 

"Mai?"

Nur widerwillig öffnete sie ihr rechtes Auge und sah zu Itachi, welcher mit ihrer langen Haarsträhne gedankenverloren spielte. Zu faul, um zu sprechen, brummte sie einfach fragend.

"Hast du hunger?" Er richtete seinen Blick auf ihr Gesicht und sah sie an, als würde davon ihr Leben abhängen. Bei dem Gedanken kicherte sie los. "Was ist?" Verwirrung spiegelte sich in seinen Augen, weshalb sie anfing, laut zu lachen.

Je länger sie lachte und ihn warten ließ, umso wütender sah er drein. Grinsend nahm sie sein Gesicht in die Hände und hauchte ihm einen Kuss auf die Lippen. "Guck nicht immer so. Ich habe nur gelacht, weil du so ernst dreigesehen hast, als ginge es um Leben oder Tot."

Auch seine Mundwinkel zuckten kurz und er schüttelte leicht ungläubig mit dem Kopf. "Wie ein kleines Kind.", murmelte er.

Wütend funkelte sie ihn an und setzte sich auf ihn drauf. "Kleines Kind hm?", fragte sie mit frechem Unterton. Kurz wirkte er überrascht, doch das wurde sofort durch einen hungrigen Blick ersetzt. "Soll ich dir beweisen, dass ich kein kleines Mädchen bin, hmm?" raunte sie ihm ins Ohr. Mai spürte, wie er erschauerte, und konnte ihren Augen nicht trauen, als er sie tatsächlich verschmitzt angrinste. "Beweis es."
 

~~~~~~~~
 

Meine Eltern waren außer sich vor Freude gewesen, als ich ihnen erzählte, dass ich mit Itachi zusammen war. Mikoto war weniger überrascht gewesen, im Gegenteil, sie hatte nur bestätigend genickt und gemeint, dass wir uns wirklich Zeit gelassen haben. Denn darauf hatte sie, seit wir Kleinkinder waren, gewartet.
 

Doch wer hätte ahnen können, dass nicht einmal eine Woche später mein Leben sich vollkommen verändern würde? Dass ich seit fast schon drei Wochen nicht mehr auf der Uni war, sondern nur im Krankenhaus, bei Itachi. Abwesend blickte ich aus dem Fenster im Gang und wartete darauf, dass Mikoto und Fugaku nach Hause gehen würden. Ich wollte sie nicht stören, auch wenn Mikoto meinte, ich würde zur Familie gehören.

Jemand legte eine Hand auf meine Schulter und ich zuckte erschrocken zusammen. "Mai. Du siehst schrecklich aus. Ich mach mir wirklich Sorgen um dich." Fassungslos schüttelte ich mit dem Kopf. Es war absurd, dass Mikoto sich um mich sorgte, wo doch ihr eigener Sohn krank war.

"Mikoto, es geht mir gut. Zumindest körperlich.", murmelte ich ohne den Blick vom Fenster abzuwenden. Sie drückte meine Schulter leicht. "Fugaku und ich sind weg. Geh zu Itachi, Liebes."

Traurig sah ich sie nun an. Ich fand, dass es übertrieben war, mich als schrecklich aussehend zu beschreiben. Denn Mikotos Zustand war bei Weitem schlimmer. "Mach ich. Mikoto, es wird alles Gut werden. Ich glaube fest daran." Mit einem zittrigen Lächeln nickte sie mir zu und ging.

Abwesend sah ich ihr und Fugaku nach, wie sie Hand in Hand durch den langen Gang fast schlichen. Es versetzte mir einen Stich im Herzen, wenn ich daran dachte, dass ich vielleicht niemals mit Itachi das haben konnte. Wütend schüttelte ich meinen Kopf, als ich realisierte, was ich überhaupt dachte. Das durfte ich nicht. Ich musste stark bleiben und nie die Hoffnung aufgeben, dass wir auch Händchen haltend aus diesem Krankenhaus gehen würden.
 

Fast lautlos öffnete ich die Tür des Krankenzimmers und sah direkt in Itachis schwarze Augen. Er wirkte heute so merkwürdig klar, was mich unheimlich freute. Denn nach Wochen hatte er mal wieder etwas gegessen und redete ungewöhnlich viel. Sogar mehr, als er vielleicht im kerngesunden Zustand gesprochen hätte.

"Mai.", lächelte er mich an, was mich sowohl freute, als auch gleichzeitig verwirrte. Ich nickte ihm zaghaft zu und setzte mich auf die Bettkante. Itachis knochige Finger strichen sanft meinen Arm und hinterließen eine Gänsehaut. Ich konnte nicht anders, als meine Augen zu schließen und mich dieser Berührung hinzugeben.

Seine andere Hand fuhr zärtlich über mein Gesicht und er strich mir unter die Augen. "Mai. Wann hast du das letzte Mal vernünftig geschlafen oder was gegessen?" Ich konnte die Sorge heraushören, was mich dazu verleitete, mit dem Kopf genervt zu schütteln. "Itachi, das ist wirklich nicht von Belangen. Du bist hier derjenige, dem die Sorgen gelten."

Ich öffnete die Augen und traf auf seine schwarzen. "Natürlich ist es wichtig. Ich möchte nicht, dass deine Gesundheit oder auch nur dein Leben wegen mir zu Schaden kommt. Bitte Mai, das musst du mir versprechen. Egal was kommen wird, behalte deine Träume und erfülle sie dir. Ich glaube an dich, also musst du es schaffen."

Fassungslos sah ich ihn an. Warum redete er so? Welche Träume sollte ich denn ohne ihn weiterverfolgen können? Verstand er nicht, dass er mein Traum war? Dass ich ohne ihn, nie wieder glücklich sein konnte. Immerhin hatte ich meine ganze Welt um ihn aufgebaut und nun schwankte der ganze Stützpfeiler. Alles drohte zusammenzustürzen. Wenn er gehen würde, wäre meine Welt ein Trümmerhaufen. Das Ausmaß der Zerstörung würde man nicht reparieren können. Nein, ohne ihn hatte es keinen Sinn meine Träume weiterzuverfolgen, denn in jedem davon, war er ein wichtiger Bestandteil gewesen.
 

"Hei. Denk ja nicht daran." Verwirrt zog ich die Augenbrauen in die Höhe. Mein Blick war verschwommen und ich blinzelte ein paar Mal, damit ich Itachi wieder klar sehen konnte. Natürlich wusste er wahrscheinlich wieder, was in mir vorging. "Aber Itachi... ich ... hör bitte auf, warum redest du so?"

Seine Augen musterten mich mit traurigem Ausdruck und wischte mir mit dem Daumen eine kleine Träne weg. "Bitte versprich es mir Mai. Ich möchte, dass du ein gutes Leben führst. Unabhängig davon, was nun mit mir passiert. Ob an meiner Seite oder nicht. Ich will nur, dass du deine Träume erfüllst und eine gute Ärztin wirst."

Tränen bahnten sich über mein Gesicht, da mir seine Worte unglaublich wehtaten. Er meinte es ernst, das bewies mir dieser entschlossene Ausdruck in seinen Augen. Mein Herz pochte schmerzhaft gegen die Brust, denn ich wollte nicht daran denken, ohne ihn zu leben. Dennoch nickte ich widerwillig. Er war krank und sollte sich nicht aufregen.

Mit schmerzverzerrtem Gesicht setzte er sich auf und hauchte mir einen Kuss auf die Lippen. Als er sich von meinem Mund wieder löste, war seine Atmung schneller und irgendwie schwerfällig. "Geht es dir gut?" Itachi sah mich eindringlich an, als er nickte. "Mai, ich habe noch eine Bitte an dich. Ich weiß, es ist egoistisch von mir, dies von dir zu verlangen. Dennoch bitte ich dich pass auf Sasuke auf. Aus ihm soll eines Tages ein ehrenhafter Mann werden."

Traurig nickte ich ihm zu. Seufzend ließ er sich zurück aufs Bett fallen und sah abwesend zur Decke. "Sasuke ist immer so leicht beeinflussbar und manchmal überaus naiv.", erklärte er mir mit besorgter Stimme.

Nachdenklich strich ich ihm die Haare aus dem Gesicht. "Ich versprech's." Was hätte ich denn auch anderes tun sollen? Itachi war der Mann, den ich liebte und für ihn würde ich alles tun. "Aber Itachi, wir werden gemeinsam auf ihn aufpassen, hörst du? Nicht ich, sondern wir.", redete ich eindringlich auf ihn ein.

Seine blassen Lippen verzogen sich zu einem Lächeln und er schloss die Augen, als würde er sich gerade dieses Bild vorstellen.
 

Ich war gefesselt von seinem Gesicht, es wirkte so friedlich, wie er da lag und einfach nur lächelte. Ein unglaubliches Glücksgefühl durchströmte mich bei diesem Anblick. Konnte es sein, dass er über den Berg war? Würde er bald wieder nach Hause können und wir unsere Träume erfüllen? Grinsend setzte ich mich auf den Sessel, welcher neben dem Bett stand und lehnte meinen Oberkörper auf die Matratze. Seine Hand strich mir flüchtig durch die Haare und ein paar Strähnen blieben zwischen den Fingern hängen, welche er um den Finger wickelte und mit ihnen spielte.

"Ich wünschte, ich hätte mehr Zeit mit dir gehabt.", höre ich ihn ganz leise flüstern, fast so, als wären die Worte nicht für meine Ohren gedacht.

Blitzschnell hob ich meinen Kopf und sah wieder zu ihm. Itachi sah mich wehmütig an und die Trauer in seinen Augen riss ein tiefes Loch in meine Brust ein. "Warum sagst du das? Wir werden mehr Zeit haben, heute geht es dir doch besser. Bitte ... Itachi.", abermals stiegen mir Tränen in die Augen und meine Schultern fingen an zu beben. "Itachi, ich bitte dich. Du tust mir weh, wenn du so redest."

"Es tut mir leid, ich habe nie gewollt, dich unglücklich zu machen, aber ich ... " er ließ den Satz offen und schloss für einen kurzen Moment die Augen.

"Mai. Was ich dir ... unbedingt noch ... sagen will. Ich liebe dich, bitte ... vergiss das nie."
 

Seine Worte hallten in meinem leer gefegten Kopf wieder. Alles, was danach kam, glich mehr einem Traum, als der Wirklichkeit. Itachi lächelte mich kurz an und schloss die Augen. Ich konnte spüren, wie er meine Haarsträhnen losließ und dann war da nur noch dieser hohe konstante Pieps-Ton.

Etwas, das ich nie hören wollte. Ich wartete mit angehaltenem Atem auf eine Unterbrechung, die darauf deutete, dass sein Herz weiter schlug. Er konnte mich doch jetzt nicht verlassen, nicht wo ich noch so viel mit ihm erleben wollte. Nicht bevor ich ihm auch hätte sagen können, dass ich ihn liebte. Nicht ohne dass er wusste, dass es in meinem Leben niemanden außer ihn gab.

Die Tür wurde plötzlich aufgerissen und eine Handvoll Leute kam ins Zimmer hektisch gerannt. Eine hübsche braunhaarige Krankenpflegerin schob mich bestimmt aus dem Zimmer hinaus. Doch ich nahm sie gar nicht wahr. Mein Blick war auf Itachi gerichtet, in der Hoffnung, dass er gleich die Augen aufmachen und mich anlächeln würde. Dass er sofort mich tadelnd darauf hinwies, nicht gleich über zu reagieren.

Er durfte mich nicht verlassen. Nicht nach so kurzer Zeit. Verdammt es wirkte so, als würde er ein Nickerchen halten. Kurz bevor die Tür zugeschlagen worden war, konnte ich sehen, wie die Ärzte sein Hemd aufrissen, und versuchten mit dem Defibrillator sein Herz zum Schlagen zu bringen. Bitte Itachi, gib nicht auf.
 

Viel zu überfordert von dieser Situation stand ich einfach nur auf dem Gang, unfähig mich zu bewegen. Meinem Gehirn war es unmöglich, einen klaren Befehl an meinen Körper zu senden. Ich war wie lahmgelegt. Alles vor meinen Augen verschwamm und das Einzige, was ich wahrnehmen konnte, war dieser dumpfe Schmerz in meiner Brust.

Draußen ging schon allmählich die Sonne unter, und färbte den Himmel orange. Mein Blick blieb bei einer jungen Frau hängen. Bin das etwa ich? Fassungslos trat ich näher an die Scheibe und betrachtete mein Spiegelbild. Die Frau darin sah schrecklich aus. Ihre Augen angeschwollen von den vielen Tränen, die vergossen worden waren. Das einst fröhliche Gesicht war abgemagert und die einst leuchtend roten Haare wirkten matt und strohig. Nichts deutete mehr darauf, dass es sich um dieselbe Person, wie vor drei Wochen handelte. Und sogar ich selbst, hätte es nicht geglaubt, wenn mich nicht Minatos Augen schockiert mustern würden.

Erschöpft lehnte ich meine Stirn gegen die kühle Fensterscheibe und versuchte meine Gedanken zu ordnen. Itachi würde überleben. Ich durfte die Hoffnung nicht aufgeben. Die Ärzte würden raus kommen, mich mit einem Lächeln begrüßen und mir versichern, dass es Itachi geschafft hatte. Sie würden mir sagen, dass ich mich nicht sorgen musste, denn es wäre nur ein Schwächeanfall gewesen, weil er heute so viel geredet hatte. Und das ich auf ihn besser achten sollte, denn er durfte sich nicht überanstrengen. Sein Körper bräuchte Kraft, um gesund zu werden, und da waren sinnfreie Gespräche nicht hilfreich.
 

Ich nickte mir leicht zu. Genau, ich durfte die Hoffnung nicht aufgeben. Itachi war kein schwacher Mann. Er war immer schon klug gewesen und mit Sicherheit hatte er schon eine Lösung gefunden, wie er am schnellsten Weg gesund werden würde.
 

Mein Blick schweifte über den Hof vor dem Krankenhaus und blieb bei einem fast kahlen Baum hängen. Ein einziges rotes Blatt kämpfte noch gegen den Wind an und wollte nicht loslassen. Es weigerte sich regelrecht, sich seinem Schicksal zu biegen und abzufallen.

Unter dem Baum stand ein Paar und sahen fröhlich in eine Richtung. Verwirrt zog ich meine Augenbrauen in die Höhe und betrachtete sie genauer. Der Mann hatte pechschwarze Haare und tiefe Falten unter den Augen, was aber seiner Schönheit nichts anhatte. Die Frau, über die er einen Arm gelegt hatte und sie anlächelte, strahlte ihn an. Sie hatte lange feuerrote Haare, die im kalten Herbstwind tänzelten.

Plötzlich rannte ein kleiner Junge mit rotem Haarschopf auf die Zwei zu und lachte. Sie wirkten alle so fröhlich und unbekümmert, dass mir das Herz bei dem Anblick zerbrach. Ich bemerkte, wie das Bild verschwamm und ich zum Schluchzen anfing.

Der Mann fing an zu lachen und nahm das Kind hoch auf seine Schultern, ehe er seiner Frau einen Kuss auf die Lippen drückte.
 

Das Loch in meiner Brust vergrößerte sich, als die kleine Familie mir den Rücken zukehrte und gegen den Horizont ging. Just in dem Moment flog ein rotes Blatt durch sie hindurch und sie verblassten.

Meine Augen folgten dem Blatt, welches im Winde tanzte und sich zu verabschieden schien.

Ich konnte spüren, wie meine Knie nachgaben und eine Welle aus Schmerz mich mit voller Wucht traf. Die Kälte, die in mir hochkroch, ließ mich erschauern und ich fing wieder an, zu weinen.
 

Itachi ...

Epilog

Wo war ich? Alles um mich herum war weiß und ich fühlte mich so merkwürdig leicht. So friedlich.

Verwirrt schloss ich meine Augen und versuchte mich an irgendetwas zu erinnern.
 

**
 

Grinsend ging ich auf die kleine Bühne und nahm mein Diplom entgegen. Ab heute konnte ich mich stolz eine Ärztin nennen. Die Gäste klatschten und ich konnte Sasuke und Naruto pfeifen hören. Innerlich schüttelte ich beschämt den Kopf über die zwei. Ja, Naruto war auch nach Japan gezogen, sobald er sein Abitur in der Tasche hatte. Hier wollte er unbedingt Politik studieren. Er meinte, er wolle unbedingt Präsident werden und müsse dafür auch andere Kulturen kennenlernen. Ich selbst konnte darüber nur lachen.
 

Mein Blick schweifte über die Menschenmenge und blieb ganz hinten an einem Mann hängen. Erfreut ihn zu sehen, grinste ich noch breiter, falls dies überhaupt möglich war. Der Schwarzhaarige lächelte mir zu und ich konnte in seinen Augen erkennen, dass er stolz auf mich war.

Eine Wärme umspielte mein Herz, als mich seine pechschwarzen Augen fixierten. Er winkte mir leicht zu und stimmte mit dem Klatschen der anderen mit ein.

Itachi.
 

**
 

Doch was war dann passiert? Wieso war ich hier?

Unschlüssig in welche Richtung ich gehen sollte, entschied ich mich, meinem Herzen zu folgen.
 

"Du bist zu früh hier." Seine Stimme zu hören, stellte mir die Nackenhaare auf. Ich konnte einen Schatten neben mir vernehmen und als ich aufsah, blickte ich direkt in seine schwarzen Augen. "I ... Itachi." Meine Stimme überschlug sich vor Freunde.

Er nickte mir jedoch nur zu und ging, ohne ein weiteres Wort zu sagen, vor. Wohin, konnte ich nicht sagen, aber ich entschloss mich, ihm zu folgen.

Plötzlich veränderte sich alles um mich herum und ich fand mich auf einer kleinen Lichtung stehen. Die Wiese war in einem satten Grün und die verschiedensten Blumen blühten darauf. Die bunten Tupfer, gaben dem ganzen eine verspielte Note. Es machte diese Lichtung zu einem traumhaften Platz, als wäre er der reinen Fantasie entsprungen.

Itachi schmunzelte leicht, als ich verträumt seufzte und mich sofort zwischen den Blumen setzte. Lächelnd sah ich zu, wie er es mir gleichmachte.

Es tat so gut, in seiner Nähe zu sein. Es fühlte sich so unwirklich an und doch realistischer als ein Traum.
 

Ich musste seufzen, als Itachi keine Anstalten machte, etwas zu sagen, sondern mich nur traurig ansah. "Was ist, Itachi? Freust du dich nicht, mich zu sehen?" Meine Enttäuschung konnte ich in diesem Moment nicht unterdrücken. Natürlich tat es weh, denn ich verstand es nicht. Er war doch bei der Diplomvergabe gewesen und hatte so stolz gewirkt. Ich konnte mir einfach keinen Reim auf sein jetziges Verhalten machen.

"Ach Mai", murmelte er leise und sah weg.

Vorsichtig strich ich ihm über den Oberarm, um so seine Aufmerksamkeit wieder zubekommen. "Itachi, was ist los?"

"Du erinnerst dich an gar nichts?" Er sah mich wehmütig an, was mich überrascht die Augenbrauen hochziehen ließ. An was sollte ich mich erinnern?

"Nur an die Diplomvergabe. Ich war so froh, dass du da warst Itachi. Ich habe es geschafft und mein Versprechen erfüllt."

Itachis Mund verzog sich zu einem traurigen Lächeln. "Natürlich war ich dabei. So etwas konnte ich doch nicht verpassen. Außerdem war ich immer bei dir." Letzteres sagte er kaum hörbar. Sodass ich mir gar nicht sicher war, ob es überhaupt für meine Ohren bestimmt war. Dennoch legte ich mir eine Hand aufs Herz und lächelte verträumt. Ja er hatte Recht. Er war immer bei mir gewesen. Niemals hatte ich das Gefühl gehabt ohne ihn den Tag durchstehen zu müssen.

"Was meinst du eigentlich mit dem, dass ich zu früh hier wäre, Itachi? Sonst hast du dich immer darüber aufgeregt, wenn ich mich verspäte."

Kurz schüttelte er mit dem Kopf, ehe er mich ungläubig ansah. "Mai ... Dieses mal hätte es mich nicht gestört, länger auf dich zu warten.", die Traurigkeit in seiner Stimme ließ mich aufhorchen. Itachi war wahrlich niemand, der seine Gefühle offen herzeigen würde und doch versteckte er gerade seine Emotionen nicht vor mir.

Grinsend darüber lehnte ich meinen Kopf an seine Schulter. Wie sehr ich es vermisst habe, wurde mir erst jetzt klar. "Also, ich finde es in Ordnung."

Erst als er verächtlich schnaubte, realisierte ich, dass ich laut gedacht hatte. Doch seine Reaktion ließ mich zusammen krampfen. So hatte ich ihn nie erlebt. Er schien verärgert zu sein. "Rede doch nicht so einen Unsinn.", tadelte er mich.
 

Wütend sah ich hoch zu ihm. "Itachi. Ich habe meine Versprechen gehalten. Aus mir ist eine Ärztin geworden und ich habe es schließlich, dank Naruto, geschafft Sasuke auf den richtigen Weg zu bringen. Warum bist du dann so abweisend zu mir?"

Zärtlich legte er seine Hand um mein Gesicht und sah mir direkt in die Augen. Ein Schauer lief mir über den Rücken, als er mich so eindringlich fixierte. "Das mit Sasuke. Dafür werde ich dir für immer dankbar sein. Glaube mir. Auch, dass du deine Träume erfüllen konntest, darüber bin ich froh. Doch ich werde niemals glücklich darüber sein, was ich dir angetan habe. Ich habe immer versucht, von hier aus auf dich aufzupassen, und doch sitzt du nun hier neben mir." Seine Stimme wurde heiser, dass ich das Gefühl hatte, er würde jeden Moment in Tränen ausbrechen.

"Itachi, was meinst du damit? Was hast du mir angetan?"

"Mai. Ich habe schon immer etwas für dich empfunden. Als ich dich mit Madara damals streiten sah, konnte ich mein Glück nicht fassen. Es war mir gewährt, dich noch einmal zu sehen. Mit dir meine verbliebene Zeit zu verbringen. Verstehst du? Ich war glücklich und zufrieden, wenn ich bei dir war. Und das du für mich viel mehr als Freundschaft empfandst, dass konnte ich von Anfang an erkennen. Ich habe es genossen, zu sehen, wie du mich anstrahltest oder wenn ich dich zum Erschauern bringen konnte. Ich habe alles bemerkt und doch, wollte ich niemals, dass du von meinen Gefühlen erfährst. Das ich mich letztendlich doch entschied, dir zu zeigen, dass ich etwas für dich empfinde, lag nur an deinem Kuss. In diesem Moment hatte ich so vieles gefühlt und ich wollte mehr davon."
 

Fassungslos hörte ich seiner Erklärung zu. Mein Herz pochte schmerzhaft gegen die Brust, denn es war, als würde er unsere Zeit bereuen. Die Zeit, die ich in meinem Herzen verschlossen habe und die mir immer die Kraft für den nächsten Tag gegeben hatte, schien er zu bedauern.

"Was ... willst du mir damit sagen? Es tut dir leid, dass du mich liebst?" Tränen stiegen mir in den Augen, denn es tat weh. Ich fühlte mich, genau wie damals, im Krankenhaus, wo mir meine Träume genommen worden waren.

Itachis Nicken ließ mich zornig aufspringen. "Wie kannst du nur, Itachi? Ich ... ich ..." Bevor ich weitereden konnte, fand ich mich in seinen Armen wieder. "Mai. Ich bereue es zu tiefst. Denn ich wusste, dass ich nicht mehr viel Zeit hatte. Ich wusste, was ich dir antun würde. Und doch konnte ich deiner Fröhlichkeit nicht widerstehen. Verzeih mir meinen Egoismus von damals." Er nahm zärtlich mein Kinn und hob meinen Kopf an, damit ich ihm ins Gesicht sehen konnte. "All die Schmerzen, die ich bereitet habe. Glaube mir, es hat mir weh getan, dir zusehen zu müssen, aber nicht helfen zu können."
 

"Idiot!", murmelte ich an seiner Brust und vergrub mein Gesicht darin. Sein Duft stieg mir nach so langer Zeit wieder in die Nase und ich konnte nicht anders, als verträumt zu seufzen. Itachi hatte schon immer einen einzigartig süßlichen Duft, der mir meine Sinne benebelte.

Ich konnte spüren wie er mir zärtlich durch die Haare strich und etwas meinen Haaransatz streifte. Seine Lippen?

"Es ... Es gibt etwas, das ich auch bereue Itachi.", fing ich an und konnte spüren, wie er sich versteifte.

"Ich höre?" Es war seine übliche monotone Stimme und als ich ihm ins Gesicht sah, war mir der Blick in seine Seele verschlossen.

"Nie habe ich dir sagen können, was ich für dich empfinde. Natürlich, hast du es gewusst. Doch es hatte mir den Atem geraubt, es dir niemals gesagt zu haben. Ich habe mich dafür gehasst, dass ich so dumm war und schwieg. Dich dafür gehasst, dass du nicht warten hast können. Dich so sehr gehasst, dass du es mir in letzter Minute sagen musstest. Itachi ... "

Sein Mund stand einen Spalt offen und er sah tatsächlich betroffen drein. "Es tut mir leid, Mai."

Ich schüttelte nur mit dem Kopf. "Es ist nicht länger von Belangen, ist doch so?" Seine Augen sahen wieder voller Wehmut auf mich herab, als er nickte.

"Itachi, was ich eigentlich sagen wollte, war damals so und ist bis heute noch so geblieben.. Ich ... Ich liebe dich, Itachi."

Ich stellte mich auf die Zehenspitzen und vergrub meine Hände in seinen Haaren, als er mich in einen innigen Kuss verwickelte. Es tat so gut, nach all den Jahren, wieder seine Lippen auf meinen zu spüren.

Viel zu schnell löste er sich von dem Kuss und lächelte mir leicht zu. "Ich dich auch, Mai. Und ich bedaure es zutiefst, dass ich dir nicht mehr zusehen kann, wie du tollpatschig durchs Leben rennst. Aber nun sind wir für immer zusammen."

"Für immer?"

"Ja."

Es war nur ein hauchen von ihm gewesen, und doch bescherte mir dieses einsilbige Wort eine Gänsehaut über den ganzen Körper. Ich würde nun für immer an seiner Seite sein und ich war Ärztin geworden. Irgendwie, waren meine Träume doch noch in Erfüllung gegangen.
 

Auch wenn ich vieles in meinem Leben vielleicht hätte anders machen können, ich würde keine einzige Entscheidung ändern wollen. Denn so, wie ich sie gewählt hatte, habe ich Itachi in Tokio wieder gesehen und konnte eine kurze Zeit an seiner Seite glücklich sein. Itachi, der Mann, nachdem ich mein Leben gerichtet hatte und der Mann, den ich immer liebte.

Nun waren wir zusammen und Nichts konnte uns hier von einander trennen. Ich konnte endlich meinen Traum leben und bei ihm bleiben.
 

Für immer ...
 


 

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Ihr die mich geliebt habt,

seht nicht auf das Leben,

das ich beendet habe,

sondern auf das, welches ich beginne.

[Aurelius Augustinus]

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Namikaze Mai

10.10.86 - 29.09.12

Bei einem tragischen Autounfall verstarb die frisch

diplomierte Ärztin, Namikaze Mai.

Die Beisetzung finden in stillem Kreise der Familie statt.

In Trauer:

deine dich liebende Familie und Freunde.

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Nachwort zu diesem Kapitel:
Hallo :)

Ich lade schon mal die ganze Geschichte hoch ..
Würde mich aber riesig über eure Meinung freuen :)

liebe Grüße
mickii Komplett anzeigen
Nachwort zu diesem Kapitel:
So ...

Ich hoffe es hat euch gefallen :)
Ich würde mich freuen, wenn ihr mir eure Meinung hinterlässt.

liebe Grüße
mickii Komplett anzeigen

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