No Princess von Yinjian ================================================================================ Kapitel 16: Der Waldgott ------------------------ Es war Mittwoch. Angespannt saßen die Leute des Schülerrats in ihrem Raum. Kai tippte nervös mit der Fingerspitze auf dem blank polierten Tisch herum. Seit Samstag hatte niemand Anna mehr gesehen, außer Toki, der von seinem Besuch am Sonntag erzählt hatte. Kai verschwieg seinen nächtlichen Auftritt bei ihr Zuhause. Trotzdem machte er sich Gedanken. Tokis Erzählungen zu Folge war das Miasma in Annas Raum unerträglich gewesen, er hatte es nur ein paar Sekunden lang ausgehalten. Kai war bewusst, dass Toki nie viel Miasma ausgesetzt gewesen war und deswegen so wenig aushielt. Aber er kam nicht um die Schlussfolgerung herum, dass das Miasma seit Samstag zugenommen hatte. Es war, als würde es immer noch seine Nase kitzeln. „Wenigstens wissen wir jetzt, dass sie die Richtige ist.“ meinte Ren abschließend und lehnte sich zurück. „Auch wenn sie einen Bruder hat.“ „Ich glaube nicht, dass Adam wirklich ihr Bruder ist.“ bemerkte Toki dann und griff nach einem Keks. „Er meinte, er sei eher ihr Sklave. Auch wenn er bei ihr wohnt und sie wäscht und ...“ Seine Stimme verstarb. Er wollte nicht zugeben, dass Adam mehr von Anna gesehen hatte, als sonst irgendjemand. Akira lachte kurz. „Mach' dir keine Sorgen. Adam würde Anna nie so anfassen, wie du es vielleicht wolltest.“ grinste der Rothaarige und Toki lief puterrot an. Kai zuckte bei der Bemerkung unmerklich zusammen. Die Erinnerungen, die er an ihre Haut hatte, fuhren in seinen Kopf. Sein Mund wurde trocken, seine Hände warm und sein Blick glasig, als er daran dachte, wie Anna sich angefühlt und geschmeckt hatte. „Das würde ich eh nie machen...“ grummelte Toki und zerbröselte den Keks in seiner Hand. „Was machst du dann hier?“ fragte Ren berechnend im Gegenzug. „Wenn du keine Absichten hast, sie zu deiner Frau zu machen, bist du hier Fehl am Platz.“ Ein Streit brach zwischen den Kandidaten aus, den Akira nur mit Lachen kommentieren und Kai und Liam ignorierten. „Jedenfalls wissen wir, warum Anna nicht in der Schule ist.“ seufzte Mirai, vergrub eine Hand in seinen Haaren und begann, sich den Kopf zu kratzen. Er hatte bereits mehrere Male versucht Anna zu erreichen – im Gegensatz zu Akira. „Ich mach' mir trotzdem Sorgen. Adam meinte, das sei das erste Mal, dass sie tatsächlich ohnmächtig geworden ist.“ fügte Toki hinzu und ließ die Krümel auf dem Tisch fallen. Rens Augenbrauen verengten sich. Plötzlich hörte man das gewohnt schüchterne Klopfen an der Tür. „Ähm… Adam ist hier.“ sagte die Stimme der Sekretärin zögerlich hinter dem Holz, dann drückte das Mädchen die Tür auf, um Adam herein zu lassen. Er schien genau so gelassen zu sein, wie an dem Abend, an dem die Männer zusammen gegessen hatten. Sein Blick wanderte durch den Raum und blieb dann an Liam hängen. Ohne ein „Hallo“ oder „Wie geht’s?“ ging er auf den stummen, großen Mann zu. „Ich wollte dich was fragen.“ sagte Adam knapp, als er vor Liam stand. „Hey, wie geht’s Anna?“ Mirai war aufgestanden und ging auf Adam zu. Toki folgte ihm. Adam sah Liam direkt in die Augen und ignorierte die Fragen der anderen. „Ich hab' dich was gefragt!“ Mirai riss Adam an seiner Schulter herum, doch bevor er seiner Ungeduld Luft machen konnte, war Liam aufgestanden. „Anna ist wach.“ sagte die ruhige, selten zu hörende Stimme des Großen. „Ich helfe dir.“ fügte er an Adam gewandt hinzu und ging zur Tür. „Da hast du's. Anna ist wach.“ schnauzte Adam Mirai an und riss sich von seinem Griff los. Wortlos verließen die beiden Herren die Schule. Es war gerade mal erst Mittag, aber die Situation war zu brenzlig, um sich nicht zu beeilen. Schnellen Schrittes führte Adam Liam zu ihnen nach Hause. Am Gartentor blieb Liam kurz stehen. Der Blick auf die Blumen und Pflanzen, die die Frau des Hauses so liebevoll zu pflegen schien, gefiel ihm sehr. Dann schaute er Richtung Dach, zu Annas Zimmer. Es hing immer noch viel Miasma in der Luft und dieser Raum war die Quelle. Während Liam sich umschaute öffnete Adam die Haustür. Seine Mutter war nicht Zuhause. Er schlüpfte aus den Schuhen und schmiss sie achtlos in den Hauseingang. „Komm' rein.“ Auch Liam betrat die Wohnung und war bald darauf auf Socken unterwegs. Ohne große Umschweife führte Adam Liam zu Annas Zimmer und öffnete die Tür. Das Fenster stand offen, um frische Luft herein zu lassen, doch das reichte lange noch nicht, um die Atmosphäre im Zimmer zu erleichtern. Anna saß aufrecht in ihrem Bett und starrte zur Tür. Ihre Augen waren geschwollen und gerötet, anscheinend von schlaflosen und verweinten Nächten, die sie die letzten Tage plagten. Liam setzte sich wortlos aufs Bett, während Adam Platz an Annas Schreibtisch nahm. „Sie weint ununterbrochen, kann nicht mehr schlafen und erbricht alles, was ich ihr zu essen gebe.“ seufzte Adam nun erschöpft und fuhr sich mit den Händen müde durchs Gesicht. Auch er schien nicht besonders viel geschlafen zu haben. Liams Hand legte sich auf Annas Stirn, fuhr dann ihre Wange hinunter und verharrte dort für einige Sekunden. „Und das erste, was ich höre ist 'Bring Liam her'. Welcher Bruder wäre da nicht enttäuscht.“ fügte er wütend hinzu und lehnte sich zurück, um im Schreibtischstuhl hin und her zu drehen. Dann betrachtete er, wie Liam Annas Gesicht untersuchte. „Sie hat kein Fieber mehr.“ klärte er den Fremden auf, welcher nickte. Annas Augen füllten sich erneut mit Tränen, ihre Hände griffen nach Liams Schultern und zogen ihn an sich. Ihr Kopf vergrub sich in seiner Brust und sie begann zu schluchzen. Völlig ahnungslos, was eigentlich los war, sprang Adam auf die Füße, trat näher und wollte Anna beruhigen, wurde aber mit einer Geste Liams davon abgehalten. „Ich kümmer' mich um sie.“ beruhigte er Adam. Naserümpfend verließ Adam den Raum und schloss die Tür. Anna fand endlich ihre Worte wieder: „Seit Samstag… Ich höre einfach alles. Ich muss sie nicht anfassen, nicht in ihre Augen gucken. Seit Tagen höre ich die Stimmen von allem und jedem um mich herum. Alleine, was meine Mutter über mich denkt… Ich kann es nicht ausblenden, nicht vergessen, ich krieg's nicht hin.“ schluchzte sie und wischte sich die Nase an Liams Hemd ab. „Ich weiß, dass du mir helfen kannst. Du bist der einzige, der das kann.“ „Beruhig' dich.“ sagte Liam liebevoll und streichelte ihren Rücken. Anna erwiderte diese liebe Geste mit einem noch lauterem Weinen. Seit er sich ihr vorgestellt hatte, wusste sie, was Liam war. Er war der einzige, der wusste, wieso sie jedem in die Augen schauen wollte, und als sie seine Gedanken las, erkannte sie, dass auch er die Gedanken anderer hören konnte. Das tat er schon mehrere Jahrhunderte lang und er kam damit zurecht. Er musste sie nicht berühren, nicht ansehen, einfach nur die Ohren spitzen und lauschen. In den wenigen Sekunden, die sie damals Blickkontakt hatten, erfuhr Anna alles von Liam, was sie wissen wollte. Er war ein Waldgott aus Skandinavien. Er war mal verliebt gewesen. Seine Liebe starb. Sein Wald, in dem er lebte, gedieh. Irgendwann war er so lebendig, dass er selbstständig überleben konnte. Aus Langeweile und um sein gebrochenes Herz zu heilen, ging Liam auf Reisen. Eher durch Zufall fand er sich in der Auswahl für Annas Ehemänner wieder, aber das wichtigste war: Er wollte nichts von ihr. Keine Macht, keinen Titel, keine Liebe. Und ausgerechnet dieser Fakt gab Anna die Gewissheit, bei ihm sicher zu sein. „Es wird einige Zeit dauern.“ Seine Hand streichelte über ihren Kopf. Langsam stoppten die Tränen. Anna war in den großen, starken Armen versunken und hatte die Augen geschlossen. „Wie lange denn?“ fragte sie leise und zog die Nase hoch. „Kann ich dir nicht sagen. Wir müssen daran arbeiten.“ entgegnete Liam. Er erinnerte sie an den Baum im Hinterhof, an dem sie gerne lehnte. Er gab nicht nach, stärkte ihren Rücken, und war irgendwie warm. Anna fühlte sich, als würde eben dieser Ahornbaum sie umarmen und ihr einen Rückzugsort schenken. „Wieso kann ich deine Gedanken nicht lesen?“ fragte sie nach einigen Minuten der Stille. „Ich lasse meine Gedanken nicht einfach so sinnlos wandern.“ antwortete Liam. „Adams Gedanken kann ich auch nicht lesen...“ murmelte Anna daraufhin. „Ich glaube nicht, dass du das brauchst. Sie drehen sich eh nur um dich.“ lächelte der junge Mann. Seine Hand streichelte immer noch beruhigend über ihre langen, glatten Haare. Es war ein schönes, beruhigendes Gefühl, und das erste Mal seit drei Tagen fand Anna wieder Schlaf. Liam kam die Treppen hinunter. Seine waldgrünen Augen wanderten durch das stille Wohnzimmer. Adam saß in einem Sessel und starrte ins Nichts. Mit einem Räuspern machte sich Liam bemerkbar. „Oh, seid ihr fertig?“ fragte Adam überrascht aus den Gedanken gerissen, die ihn plagten und sprang auf. Liam nickte und setzte sich zu ihm. „Sie hat Probleme mit dem Gedankenlesen und wollte, dass ich ihr zeige, wie man es kontrolliert. Sie ist nicht dumm, aber es wird trotzdem eine Weile dauern, bis sie den Dreh raus hat.“ sagte der große Junge und deutete auf eine Tasse, um Adam zu zeigen, er solle ihm auch einen Tee bringen. Adam stand auf und ging in die Küche, um den Tee zu holen. Dabei rief er Liam zu: „Wie kommt's, dass ausgerechnet du helfen kannst?“ Liam wartete auf seinen Tee, trank einen Schluck und erklärte dann: „Waldgötter leben fast unendlich lange. Mit der Zeit hören wir so gut unserer Umwelt zu, dass die Gedanken von alleine zu einem kommen.“ Adam ließ sich mit einem überraschten Pfeifen neben Liam in den Sessel fallen. „Waldgott, hm? Aus welchem Wald kommst du denn?“ „Ich weiß es nicht mehr. Es war irgendwo in Nordeuropa, Richtung Skandinavien.“ gab Liam karg zurück. Eigentlich hatte er keine Lust, Adam über sich zu erzählen. Eigentlich hatte er auch keine Lust, überhaupt zu reden. „Hab' mich schon gewundert. Den Namen 'Liam' hört man hier nicht so oft.“ murmelte Adam. Sein Blick war auf den schwarzen Fernseher gerichtet. Liam nippte eine Weile lang an seinem Tee, dann begann er: „Eine Freundin hat mir diesen Namen gegeben.“ Adam grinste, ohne den Blick vom Schwarz abzuwenden. „Deine feste Freundin?“ meinte er hämisch. „Nein, sie ist mittlerweile tot. Sie hieß Theodora und war eine Waldnymphe aus Irland.“ Adams Grinsen verschwand. Liam setzte die Tasse ab und stand auf. „Ich werde versuchen, ihr die Grundlagen so schnell wie möglich zu erklären. Ich glaube, sie kann morgen wieder zur Schule kommen. Es ist einfacher die Gedanken anderer zu ignorieren, wenn man ausgeruht ist. Achte nur darauf, dass ihr Wege nutzt, die nicht voller Menschen sind.“ „Okay.“ sagte Adam und stand ebenfalls auf. „Danke für deine Hilfe.“ Im Türrahmen drehte sich Liam noch einmal um, um Adam zu mustern. Die Frage, warum Anna Adams Gedanken nicht lesen konnte, beschäftigte Liam ein bisschen. Für ihn war Adam ein offenes Buch. Es konnte also nicht daran liegen, dass Adam wusste wie man sich gegen das Gedankenlesen wehrte. Vielleicht lag es eher daran, dass Adam Annas Macht in sich trug. Ein Großteil seiner Existenz gehörte eigentlich Anna. Wenn man es so betrachtet, hatte Anna also versucht, ihre eigenen Gedanken zu lesen. Natürlich würde das nicht gehen. „Du weißt, dass du sie bald verlassen musst, oder?“ fragte Liam Adam. Adams erleichtertes Lächeln verblasste, wirkte langsam gequält. „Ja.“ kommentierte er nur. Shiro stand hinter Liam und schnüffelte an ihm. Er war immer noch in Wolfsform. Liam seufzte und bevor er den Wolf näher an ihn ran ließ, wandte er sich dem Gehen zu. Wie Liam voraus gesagt hatte, hatte Anna am nächsten Tag weniger Probleme, die Gedanken auszublenden. In der Schule angekommen wartete bereits Liam in ihrem Hinterhof, um mit den ersten Grundlagen anzufangen. In den Zeitraum, in denen sie übten, erfuhr sie sehr viel von ihm und er von ihr. Nachdem Theodora, eine rothaarige, quirlige Waldnymphe, die gerne reiste, altersbedingt gestorben war, hatte auch Liam den Wunsch verspürt, seinen Wald zu verlassen und die Welt zu sehen. Seine Reise brachte ihn hierher und er war mehr oder weniger durch Zufall in die Auswahl der Ehemänner geraten. Jedes Mal, wenn Anna das Bild von Theodora in Liams Gedanken sah, wurde ihr warm ums Herz. War das der Gedanke von Liebe, den Liam mit dem Bild verknüpfte? Hatte er Schmetterlinge im Bauch, wenn er an sie dachte? Wie fühlte es sich an, jemanden zu lieben? „Du wirst es verstehen, sobald es soweit ist.“ antwortete ihr Liam darauf und Anna musste sich mit dieser Antwort zufrieden geben. Die restliche und nächste Woche verbrachte Anna komplett damit, ihre Kräfte unter Kontrolle zu kriegen. Erst am 21. Mai, einem Montag, traf Anna Mirai wieder, um die Situation im Wald zu besprechen. Merkwürdig schnell gab Mirai sein Einverständnis zu den neuen Konditionen. „Wo ist eigentlich Shiro? Wenn wir zurück fahren, sollten wir ihn mitbringen.“ Anna blickte verwundert auf. Sie hatte ganz vergessen, dass er wieder zurück musste. Sie seufzte. Shiro war schon lange nicht mehr in seiner Menschenform vor sie getreten, aber sie war sich ziemlich sicher, dass er in der Wolfsform immer größer wurde. „Dann lass uns doch nächstes Wochenende fahren. Ich wollte mich sowieso ein bisschen im Wald austoben.“ lächelte Anna und starrte in den Himmel. Die beiden hatten sich im Hinterhof getroffen, wie immer. Der Himmel war mit kleinen, grauen Wolken verhangen. Vielleicht würde es jeden Moment regnen. Shiro war seit einigen Tagen nicht mehr mit in die Schule gekommen. Auch Zuhause ging er Anna eher aus dem Weg. Einmal hat sie den weißen Wolf sogar auf dem Dach über ihrem Fenster wieder gefunden! Bei dem Gedanken fragte sich das Mädchen immer sofort, wie er da hoch gekommen war. Auch das Gedankenlesen bei Schnee war nicht so einfach, wie vermutet: Die Gedanken des Wolfes waren ganz anders, als die der Menschen. Es waren mehr Gerüche und Geschmäcker als Worte oder Bilder. Anna konnte den Sinn dahinter nicht wirklich ausmachen. „Okay. Dann können wir ja wieder in die heißen Quellen.“ stimmte Mirai ihr zu, streckte sich und stand auf. „Ich bin froh, dass wir diese Gespräche endlich hinter uns haben. Auch wenn ich die Zeit mit dir alleine genieße.“ fügte er grinsend hinzu. Auch Anna stand auf. „Ich versteh' schon. Wir haben uns mehr gestritten, als sonst was.“ lachte sie kurz. „Ach, seid ihr süß.“ Akiras Stimme hauchte Anna in den Nacken. Anna fuhr herum. Sie hatte es vergessen. Sie hatte ihn seit ihrem Geburtstag nicht mehr gesehen. Heißes Feuer loderte mit einem Schlag in ihrer Brust. Das Gefühl, geküsst zu werden, drang zurück an ihre Lippen. Die Erinnerung an Akiras Geschmack lag auf Annas Zunge. Die Erinnerungen sickerten wieder durch. Vor Schreck machte Anna einen Sprung zurück und landete an Mirais Brust. Akira blinzelte sie verwundert an. „Was'n?“ fragte er nonchalant und hob Annas Tasche auf, die sie fallen gelassen hatte. „Du hast gesagt, das nächste Mal, wenn ihr in den Wald geht, darf ich mit, oder?“ Anna bereute jedes Wort und Versprechen, das sie jemals gegeben hat. Sie nickte kurz. Mirai seufzte genervt. Der Gedanke, dass Anna mal wieder tat, was sie wollte, huschte durch seinen Kopf, und Anna hörte ihn. Sie fühlte sich leicht schuldig. „Ja, dann komm' halt mit.“ murmelte der Blondhaarige und Akira grinste. Alle wollten langsam nach Hause. Auf dem Weg zum Schultor hielt Anna immer noch einen gewissen Sicherheitsabstand zu Akira, auch wenn sie wusste, dass er sie hier nicht einfach nochmal küssen. Der Gedanke daran trieb dem Mädchen trotzdem die Schamesröte ins Gesicht. War er in sie verliebt? Hatte er sie deshalb geküsst? Oder war es eine Art Geburtstagsgeschenk? Ein Gedanke weckte Anna aus den ihren. Sie konnte nicht in Worte fassen, was sie gerade gehört hatte, weil es keine Worte gewesen waren. Es war ein Gefühl, als würde sie jemand angucken. Als würde sich jemand über sie lustig machen. Als würde sie jemand durchschauen. Sie schaute sich um. Akira hatte seine Arme hinter den Kopf verschränkt und lief seelenruhig die Allee entlang. Sein Blick ruhte auf Anna. Er lächelte. Es war ein überhebliches, höhnisches Lächeln. Genau das Gefühl, das Anna gerade gespürt hatte. Die Hitze, die sich in ihrer Brust gesammelt hatte, flaute ab und wurde kalt. Wusste er, woran sie gedacht hatte? Wusste er, wieso sie sich so komisch verhielt? Wieso verhielt sie sich eigentlich so komisch? Nein. Einfach nein. Warum war sie plötzlich so unsicher und zurück haltend? Das war nicht ihre Art. Anna holte Schwung mit ihrer Tasche und traf Akira schmerzhaft am Kopf, der dann in Lachen ausbrach. „Grins' nicht so frech!“ fauchte Anna und holte gleich noch mal aus, als sie Akiras Gröhlen hörte. Er lachte Tränen. „Du … Oh man...“ fing er an und versuchte Luft zu holen „Du hättest dein Gesicht sehen müssen!“ Das Bild einer völlig verstörten und verwirrten Anna brachte Akira noch mal zum Lachen. Anna holte wiederum aus, doch bevor sie ihn erwischen konnte, nahm Akira die Beine in die Hand und versteckte sich hinter Mirai. „Wenn du dich über sie lustig machst, solltest du dir deine gerechte Strafe abholen.“ Mirai verweigerte sich jeder Hilfestellung. „Aber sie sah aus, als würde sie sich wegen unnötigen Sachen unnötige Gedanken machen. Es sah so süß aus, wie sie ihr kleines Köpfchen zerbrach.“ Akira wischte sich die Tränen aus den Augen und duckte sich, als Anna ihre Tasche schmiss. Auch Mirai musste ausweichen. Doch Anna wusste, dass Akira Recht hatte. Es war unnötig, darüber nach zu denken, warum Akira sie geküsst hatte. Er hatte es getan. Und ein solcher Kuss sollte ihr nicht so viel bedeuten. Er hatte mehr Gewicht als der Kuss, den sie Mirai gegeben hatte oder die Küsse, mit denen sie Shiro immer überhäufte, aber es war nur ein Kuss. Und nichts weiter. Sie war eine Königin. Wie konnte ein Kuss sie dermaßen aus der Fassung bringen? Nein. Sie weigerte sich, diesen Sorgen zu erliegen. Das Mädchen seufzte, holte tief Luft, zog den Bauch ein, streckte die Brust raus, streckte ihren Rücken und öffnete ihren gewohnten Zopf. Das lange, blonde Haar ergoss sich über ihren Rücken und wehte leicht im Wind. Sie musterte Akira und Mirai kurz. Sie wollte die Gedanken dieser zwei Idioten gar nicht erst lesen. Mit einer schnellen Handbewegung wischte sie eine Haarsträhne aus dem Gesicht, ging zu Akira und Mirai, um ihre Tasche aufzuheben und sagte „Dankeschön, dass du mich daran erinnert hast.“. Sie warf Akira einen hochnäsigen, kalten Blick zu. Sie hatte Lust, jemanden zu verprügeln. „Wir sehen uns morgen.“ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)