Leben heißt Schmerz von Seranona ================================================================================ Prolog: Irgendwann wird Schmerz zum Alltag ------------------------------------------ Leben heißt Schmerz Prolog Irgendwann wird Schmerz zum Alltag So, nun starten wir den Prolog noch mal neu. So gefällt er mir besser und ihr könnt vielleicht schon einen Eindruck bekommen, wie sich die Geschichte entwickelt... Sie wird ungefähr da aufhören, wo das RPG, für welches ich meinen Charakter entwickelt habe, anfängt. Diese Geschichte dient lediglich dazu ein wenig seinen Hintergrund zu beleuchten. So nun aber viel Spaß. WARNUNG: Blut, Autoaggressionen (SVV) Wieder einmal war heute einer dieser Tage, an dem ich einfach keine Lust mehr hatte... Ich ging routiniert ins Wohnzimmer meiner kleinen Zweizimmerwohnung. Es war spartanisch eingerichtet, keine Fotos, keine persönlichen Dinge. Nur ein paar Bücher, die im Regal neben dem Fernseher standen. Unter meiner rostbraunen kleinen Couch kramte ich eine alte Schuhschachtel hervor. Die Farbe des bedruckten Kartons war verblichen und zeigte deutlich, dass diese Kiste schon einige Zeit existierte. Ein paar dunkelrote, fast schon bräunliche Flecken und Fingerabdrücke prangten auf dem Deckel. Immer wenn mir alles zu viel wird nehme ich mir diese Schachtel. Alles was ich vergessen will, alles was mich quält ist im Inneren verstaut. Entschlossen krallten sich meine Finger in die alte Pappe. Mit gemischten Gefühlen starrte ich in die Kiste, dessen Deckel ich gerade entfernt hatte. Das erste was mir entgegen grinst, ist ein alter Teddybär. Das Fell ist mit Flicken übersäht, verwaschen und die Gliedmaßen oft wieder angenähnt. Damals brachte mein Vater mir dieses Plüschtier von einer Geschäftsreise mit. Danach nahm ich den Bären überall mit hin, sehr zum Leidwesen meiner Mutter, die das Ding dann stetig waschen und flicken musste. Auf meine Lippen legte sich ein bitteres Lächeln. Die Erinnerungen taten weh. Immer wieder weinte ich, wenn dem Teddy wieder einmal etwas abgefallen war oder wieder ein neues Loch im Fell zum Vorschein kam. Mit viel Liebe und Geduld versorgte meine Mutter jeden noch so kleinsten Makel an dem Stofftier um einen kleinen blonden Jungen damit glücklich zu machen. Ich kramte in der Kiste und nahm einen kleinen Stapel Fotos hervor. Lautlos fanden Tränen ihren Weg in meine grauen Augen, die nur langsam meine Wangen herabrollten. Diese Fotos versetzten meinem Herzen einen Stich. Es waren Bilder einer glücklichen Familie, einer blonden jungen Frau und einem brünetten jungen Mann. Auf manchen dieser Momentaufnahmen war ich selbst zu sehen...doch nicht allein. Manchmal mit meinem Vater...doch vermehrt mit meiner Mutter. Die Szenen wirkten leicht und ohne jede Schwere des Alltags. Ohne Zweifel, Kummer oder Gram. Einfach nur Fotos von glücklichen, jungen, hübschen Menschen. Meine Eltern wirkten so glücklich. Weitere Tränen liefen aus meinen Augen und tropften vereinzelt auf die Bilder. Ein ungewolltes Schluchzen entweicht meiner Kehle. Doch auch diese Fragmente der Vergangenheit waren nicht das was ich suchte. Ich legte die Bilder beiseite und sah wieder in den Karton. Nun konnte ich endlich das erspähen, wonach ich mich so sehnte. Unter gebrauchten und mit roten Flecken überzogenen Verbänden fand ich den Gegenstand der mir Erlösung versprach. Meine Lippen zierte ein gequältes Lächeln. In meinen leeren Augen spiegelte sich plötzlich so etwas wie Hoffnung. Es war eine Hoffnung, die immer wieder aufkeimte und jedes Mal nach meiner Tat in tausende Einzelteile zerbrach. Es war der sehnlichste Wunsch, dass all der Schmerz endlich enden würde. Mit zittrigen Händen setzte ich die kleine metallene Klinge an meinen rechten Arm. Ein Schnitt. Langsam drang das Rot an die Oberfläche und zierte meine blasse Haut. Noch einmal. Wieder quellte der Lebenssaft aus dem Schnitt an die Luft. Jedes Mal, mit jedem Schnitt wurde mir wärmer. Der Schmerz verging und mein Kopf wurde plötzlich so leicht. Und wieder. Ich drückte meine Rasierklinge noch einmal in mein Fleisch des rechten Unterarms. Je mehr Blut aus meinen Wunden sickerte, desto leichter fühlte ich mich... Doch dann verging auch dieses bizarre Hochgefühl. Benommen lag ich am Boden. Die Fliesen zeigten mir den kalten Alltag. Die Fotos des glücklichen Pärchens, der heilen Familie waren Blut verschmiert. Neben mir ließ ich die Klinge fallen und sah ihr zu, wie sie sich in meinem Blut suhlte. Ich starrte in die Knopfaugen meines Teddys. Sein rechtes Auge hing aus seinem Kopf. Doch was sollte ich tun? Meine Mutter, meine Teddybärretterin war nicht mehr da. Genauso wie mein Vater war sie an einem Ort, an dem ich eigentlich auch gehörte. Meine rechte Hand zitterte stark. Die Zweifel und der Hass stiegen auf. Fest entschlossen griff ich nach einer weiteren Rasierklinge um meinen Frust über meine Tat an meinem anderen Arm auslassen zu können. Mit jedem Schnitt den ich mit Brutalität in meinen eigenen Arm setzte, kam der Selbsthass, der Zweifel, die Schuld. Und langsam wurde meine verkrampfte Hand schwächer. Ich besah mir die Blut verschmierte Klinge. Meine Fingerspitzen waren ebenfalls mit dem Rot benetzt. Auf meinem rechten Arm prangten nun vier neue blutende Wunde, die ich zu versorgen hatte, aber es waren ja nicht die ersten und mit Sicherheit nicht die Letzten, die ich an meinem Körper finden und versorgen müsste. Mein linker Arm war mit tieferen und engeren Schnitten gekrönt. Hier fanden sich die Wunden, die ich mir zufügte, weil ich mich hasste. Im Nachhinein meiner Tat fand ich mich abstoßend und Ekel erregend... Ich musste mich einfach noch mehr leiden lassen für meine Tat...für meinen Drang den ich nicht unterdrücken konnte. Noch mehr Blut. Noch mehr Wunden. Noch mehr Schmerz. Noch mehr Schuld. Alles schlug in einer stürmenden, erdrückenden Flut aus Selbsthass über mir ein. Kapitel 1: Familie ------------------ Kapitel 1 Familie Mein 15. Geburtstag war da. Yeah...eigentlich war es mir egal, denn ich wusste, dass meine Eltern wieder Arbeiten waren um alles in ihrer Macht stehende zu tun um mich auf diese blöde Privatschule zu schicken. 'Liebes Tagebuch, ...das ist so dämlich.... ich weiß gar nicht warum ich hier überhaupt rein schreiben soll....' Das waren die ersten Zeilen, die ich in mein Geburtstagsgeschenk schrieb. Meine Mutter machte sich so viele Sorgen, dass sie es einfach für nötig hielt mir ein Tagebuch zu schenken. Erst vor wenigen Stunden hatte ich das Ding ausgepackt. Liebevoll war das Buch in sanftblauem Papier gewickelt und mit weißen Schleifen versehen worden. Ich hoffte ja, dass ich das neue Werk meines Lieblingsautors in den Händen halten würde... Doch Pustekuchen. Die Erklärung zu meinem Geschenk, als ich die ersten Seiten, des mit dunkelrotem Leder eingebundenen Buchen aufschlug waren eindeutig. „Nathan.“ Sagte meine Mutter mit Sorge belasteter Stimme. „Da du ja niemandem etwas erzählst...schreib doch einfach auf was dich beschäftigt...wir machen uns Gedanken um dich, wenn du immer nur allein im Zimmer sitzt...“ Leise seufzte ich, doch setzte dann ein dankbares Lächeln auf. Sie wussten es nicht...und so sollte es bleiben. Sie sollten nur stolz auf mich sein, wenn ich die Schule endlich abgeschlossen habe. Ich wusste ja wie sehr sich meine Eltern bemühten um mir alles zu geben, was ich nur brauchte. Doch war das nicht genug. Ich brauche mehr als nur Geld, das mich versorgt, ich brauche meine Familie, meine Eltern die für mich da sind. Nicht diese scheiß Privatschule auf die sie mich schickten. Sie war zu teuer und zu anstrengend. Naja...nur meine Eltern sahen das alles ganz anders. „Eine gute Schule ist das A und O.“ sagte mein Vater immer. „Damit stehen dir alle Türen offen.“ Selbst wenn ich nicht gern in dieser Schule war, so ging ich dennoch hin. Schließlich arbeiteten meine Eltern wirklich hart dafür, dass ich die Möglichkeit bekam etwas aus seinem Leben zu machen. Jeden Morgen stand ich früh auf, musste mit dem Bus vom Standrand aus fahren nur um in diese verhasste Eliteschule zu kommen. Meist lagen am Morgen nur noch Zettelchen auf dem Tisch. ‚Wir sind Arbeiten. Frühstück ist im Kühlschrank.’ Aber das konnte genauso gut auch abends vorkommen. ‚Musste noch mal ins Büro...komme spät zurück. Abendessen ist in der Mikrowelle. Hab dich lieb. Mum.’ Und mit jedem Zettel den ich auf dem Tisch vorfand stieg Wut und Verzweifelung empor. Lieber wäre ich mit meinen Eltern zusammen, was sich seit dem Besuch der Privatschule hauptsächlich noch auf sonntags verschob. Dieser Morgen, nach meinem Geburtstag war auch nur ein typischer Tag für mich. Mein Wecker klingelte. 5:15 Uhr stand auf dem Display. Seufzend schlug ich die Decke zurück, huschte ins Bad um mich zu duschen und fertig zu machen. Ich brauchte morgens immer meine Zeit um richtig wach zu werden. Doch ich kam immer spätestens um 6 Uhr in der Früh am Küchentisch an. Meine Tasche packend trank ich nebenbei eine Tasse Kaffee mit reichlich Zucker. Ich überflog noch den Zettel, der wieder mit viel Liebe verfasst war. ‚Nathan, wir haben dich lieb. Wir wissen auch, dass das Geschenk gestern nicht das war, was du dir erhofft hattest. Aber bitte versteh uns... Denk bitte daran, dass wir heute Nachmittag noch ein Gespräch mit deiner Direktorin haben. In Liebe, Mum und Dad’ All diese liebevollen Zettel wanderten schlichtweg nach dem lesen in den Müll. Jeden Morgen oder auch gelegentlich am Abend lag ein neuer da, also wozu aufheben, wenn es stetig neue dieser Botschaften gab. Etwas brummig packte ich aber dann mein Frühstück in seine Schultasche. Wie ich doch die Gespräche mit Mrs. Hoffmann hasste. Die Frau, die sich und ihre Schule für das beste auf der Welt hielt. Doch zum Glück saß ihr ja noch das Komitee im Nacken. Ich hatte schon seit längerem den Verdacht, dass sie mich auf dem Kieker hatte. Doch sie wurde mich nicht los. Immerhin hatte ich ein Teilstipendium und erst das Komitee würde es mir streichen können. Langsam hatte ich aber keine zeit mehr, mich weiter aufzuregen, oder mir Gedanken um diese überflüssige Frau zu machen. Mein Handyalarm ging bereits, was mir erneut anzeigte, dass es Zeit wurde zum Bus zu gehen. Mir entfloh ein resigniertes Seufzen. Heute Vormittag gab es die Zwischenprüfungen zurück. Irgendwie konnte ich mir ja schon denken, dass der angesetzte Termin mit meinen Eltern etwas damit zu tun hatte. Nach der nervigen Busfahrt, musste ich noch ein paar Minuten laufen. Doch dann hatte auch ich die Schule erreicht. Und das sogar mehr als pünktlich. Heute gab es ausnahmsweise keine Verspätungen mit dem Bus und so hatte ich noch ein wenig Zeit bis der Unterricht begann. Dennoch führte mich mein Weg direkt in die Klasse. Ein paar meiner Klassenkammeraden waren auch schon da. Doch sie würdigten mich mit keinem Blick, weder abschätzig noch verachtend. Nichts. Ich hatte mich schon daran gewöhnt. Immerhin war ich bereits fast zwei Jahr hier auf der Schule. In meinen Gedanken versunken, was wohl bei der Zwischenprüfung bei raus kam, wurde ich durch das Klingeln der Schulglocke heraus gerissen. Etwas desinteressiert saß ich auf dem hinteren Platz am Fenster. Damals hatte ich mir den Platz ausgesucht und seitdem auch nicht wieder aufgegeben. Was genau mich zu diesem Platz zog wusste ich nicht mal. Vielleicht, weil ich so alle Mitschüler, sowie die Lehrkräfte und die Tafel im Blick hatte. Mein Lehrer kam nun herein. Dieser entschuldigte sich förmlich für die kurze Verspätung. Ich empfand ihn als sehr nett und freundlich. Der Mann war um die 30, hatte kurzes brünettes Haar, war etwas untersetzt und nicht allzu groß gewachsen. Aber eben sehr nett. Mit einem undefinierbaren Blick schaute er zu mir rüber. War es Mitleid? War er Enttäuschung? Ich wusste nicht, was ich davon zu halten hatte, bis die Ergebnisse schwarz auf weiß vor mir lagen. 76 von 100 Punkten. Dieser Test entschied doch über die Fortsetzung meines Teilstipendiums.... „Deswegen will Mrs. Hoffmann später noch mit Ihnen und Ihren Eltern reden, Mr. Sanders.“ Sprach der Lehrer ziemlich gelassen. „Aber die Förderung wird nicht eingestellt.“ Zwinkerte er mir noch aufmunternd zu. Ok...was passierte hier? Ich wusste, dass ich die letzten Monate hart dafür gelernt hatte. Keinen Roman verschlungen, sondern nur die Schulbücher. Mein letzter Test war schon nicht sehr gut gewesen...er war knapp an der zwei minus vorbei gerutscht, stattdessen gab es nur eine drei plus...und jetzt? Ich konnte ein leichtes Zittern in den Fingern nicht unterdrücken. Wenn ich die Förderung verliere, dann könnten meine Eltern die Schule nicht finanzieren, dann würde ich auf eine staatliche Schule gehen müssen und ich würde meine Eltern schwer enttäuschen. Den ganzen Tag noch beschäftigten mich diese Gedanken. Doch der Schultag neigte sich schnell dem Ende. Die Zeit bis zum Gespräch vertrieb ich mir in der Bücherei der Schule. Hier machte ich bereits meine Hausaufgaben und suchte mir zusätzlich noch Lernbücher heraus. Meine Eltern wussten wo sie mich fanden. Und somit wurde ich dann um 16:00 Uhr von meinem Vater dort eingesammelt. „Alles ok?“ fragte meine Mutter noch. Doch ich nickte nur. Was sollte ich denn auch erzählen, wenn es gleich bei der Rektorin sowieso noch heraus kommt. ~*~*~*~ Etwas zerknirscht fuhr mein Vater den Wagen heim. Meine Mutter saß gedankenverloren auf dem Beifahrersitz, während ich mir auf der Rückbank nur Vorwürfe machte. Ich konnte zwar das Teilstipendium behalten, doch gab es nun einen Haken. Alle Tests, die nun geschrieben würden, würden auch dem Komitee vorgelegt werden um zu entscheiden, ob sich die Finanzierung noch lohnen würde. Was blieb uns schon für eine Option als zuzustimmen. Doch wenn ich diese Klausuren nicht schaffte, dann wäre das Geld gestrichen. Ich wusste doch genau, dass meine Eltern die Zuschüsse zum Schulgeld brauchten. Deshalb saß ich doch Tags und Nachts immer nur in meinem Zimmer und lernte und lernte. Ich ging sogar zur Nachhilfe... Doch meine Noten ließen sich einfach nicht verbessern. Ich war kein Eliteschüler. Ich war kein Wunderkind. Ich war mittelmäßig. Ich war Durchschnitt. Und egal wie sehr ich es ändern wollte...es klappte nicht. Ich war kein Genie und werde wohl nie eines sein. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)