Schöne heile Welt von Yalda ([Directors Cut]) ================================================================================ Kapitel 2: Kapitel 2 -------------------- Anmerkungen: Teil 2/? Die Charaktere der Serie Digimon gehören mir nicht und ich verdiene auch kein Geld mit dieser Fanfiction (aber ich bekomme viele viele Keeekse *g*) Es folgt nun Teil 2 , der die Grundsteine für den 3. Teil geht, der noch ein bischen überarbeitet werden muss -.- Sollte jemand Intresse haben, bei der Überarbeitung mitzuwirken (Rätschraibfeela korrigieren z.b. *g*) und kurze Teile der Fanfiction schon früher zu lesen, kann das im Taito Town Forum: (http://www.nexusboard.net/index.php?siteid=350 ) tun. Auch wenn die Story anfangs als reine Taito geplant war, zeigen sich in diesem Teil schon Andeutungen auf weitere Paarings. Über konstruktive Kritik freue ich mich jederzeit, sofern diese höflich formuliert ist. Danke fürs Lesen im Vorraus. Kapitel 2 ~ Wenn ich einen grünen Zweig im Herzen trage, wird sich ein Singvogel darauf niederlassen - Chinesische Weisheit~ Immer dann, wenn ich aus dem Fenster sah - und das tat ich sehr häufig, dann überkam mich das Gefühl, dass die Welt da draußen, außerhalb meines Zimmers, nicht richtig - nicht wirklich war, dass sie mich verhöhnte mit ihren fröhlichen Menschen, Farben, heiterem Gelächter - dass alle Menschen dort draußen glücklich und unbeschwert lebten. Für mich war die Welt inzwischen zu einem grauen, abgestandenen, kalten Raum geworden. Ohne Farben, ohne Freude, ohne Licht. Ich habe mich früher immer gefragt, ob es etwas schlimmeres gäbe, als den Tod, etwas schlimmeres, als einen geliebten Menschen zu verlieren, und zu wissen, dass man ihn nie wieder in die Arme schließen konnte. Jetzt weiß ich es besser - Es gibt etwas viel schlimmeres. Leben, ohne glücklich zu sein - das ist das schlimmste. Einen geliebten Menschen zu verlieren , der sich in sich selbst verschließt. Der lebt - und es doch nicht tut. Künstlich. Es machte mich wütend und eifersüchtig auf alle anderen Menschen, die glücklich sein durften. Wie konnten sich diese Menschen bloß so freuen? Sahen sie nicht das ganze Leid um sich herum? Das Elend? Sahen sie darüber hinweg, so wie ich es früher getan habe, verdrängten sie es? BEMERKTEN sie überhaupt, dass es auch noch eine andere Welt gab? Eine Welt, in der es so etwas wie Glück nicht gab? Wieso DURFTEN diese Menschen glücklich sein? Warum durfte ich es nicht? Nur einen kleinen Augenblick lang, durfte ich erfahren, wie es sich anfühlt, das Glück. Ein kurzer Moment. So kurz. So unbedeutend. Und doch, dieser kurze Zeitraum - er war bedeutsamer, als alle Erfahrungen, die ich je in meinem Leben gemacht habe. Ich durfte erfahren, was wahre Liebe bedeutet, dass sie sich über alle Grenzen, die ihnen die Gesellschaft gesetzt hat, ohne weiteres hinaussetzten kann. Und dann - mit einem Mal - wurde ich in eine Welt gerissen, die mir zuvor fremd war. Eine kalte, grausame Welt, in der man gegen alles und jeden ankämpfen muss, vor allem gegen sich selbst, um nicht den Verstand zu verlieren. Diese Welt... sie nannte sich Realität. Und in dieser Welt liebte man nicht. Nicht so, wie ich es tat. Man "liebte" nach Regeln, die einem die Gesellschaft vorschriebt. Warum. Warum schafften wir es nicht noch mal diese Grenzen zu sprengen? Warum? Ich war so dumm. Ich glaubte, er könnte vergessen. Vergessen was geschehen war. Was er durchgemacht haben musste. Einfach so - aus seinem Kopf werfen. Zerreisen, wie ein missglücktes Bild. Doch was war mit ihm geschehen? Ich wusste es nicht, denn er hatte es mir nie erzählt. Er hatte mir nie erzählt, was hinter den vergitterten Fenstern und den dicken Mauern abgelaufen ist, doch es muss etwas furchtbares dort passiert sein. Es waren nicht sehr viele Wochen vergangen, seid wir uns unsere Liebe eingestanden hatten. Als ich ihn fand. Zusammengekauert auf dem Boden, panisch zitternd. Verstört und mit leeren, kalten Augen. Seid diesem Tag hat er kein Wort mehr gesagt. "Irgendwann dreh ich noch durch!" Takeru schlug wütend die Tür zu meinem Zimmer auf. "So GEHT das nicht weiter." Hikari nickte. Ja, so ging es wirklich weiter. Ihre Sorge stand ihr förmlich ins Gesicht geschrieben. "Ich kann mir das nicht länger so mit ansehen!" Die beiden standen in der Zimmertür. "Glaubt ihr etwa, ich könnte das?" fragte ich mit zittriger Stimme. Takeru machte den Mund auf, wollte etwas sagen - doch ich schnitt ihm das Wort ab. "Was wisst ihr denn schon?" Sie waren nicht in meiner Situation. Sie hatten nicht den Menschen verloren, den sie am meisten liebten. Verloren... "Versteh mich bitte nicht falsch..." begann Takeru. Er sprach langsam, wägte jedes Wort genau ab, als befürchtete er, ich würde wütend werden. Wütender, als ich es eh schon war. So wütend, dass er mich nichts mehr entgegenzusetzen hätte. "Ich meine, mir geht es ähnlich wie dir. Yamato ist schließlich mein Bruder. Aber - du. Du darfst eines nicht vergessen. Du darfst dich selber nicht vergessen. Dein Leben nicht wegwerfen. Du lebst!" "ER etwa nicht?" zischte ich wütend.. Wie konnte er nur so etwas sagen? "Ich - ich will dir deine Hoffnungen nicht nehmen. Aber du weißt doch genau, was sie gesagt haben. Wenn sich seine Lage bald nicht verändert, ist es unwahrscheinlich, dass sie es jemals wieder tut." "Sei still." Meine stimme war nur noch ein heiseres Flüstern. "Ihr wisst doch gar nichts. Gar nichts, ihr habt keine Ahnung! Ihr wisst es nicht....." "Was? Dass du ihn liebst?" Ich sprang auf. "Raus. Sofort." "Natürlich. Du schickst uns weg? Wie immer. Du schickst uns weg und dann? Hast du gar nichts geändert. So löst du deine Probleme nicht!" sagte Takeru, drehte sich um und ließ die Tür hinter sich zuknallen. Ich ließ mich wieder auf mein Bett sinken, und ließ die Stimmen durch meinen Kopf wandern. Das Gespräch von vorhin hallte in Bruchstücken gespenstig in meinen Gedanken wieder. "Du lebst" - Ich? Ich lebe? - Lebte ich wirklich? So würde ich das nicht nennen. Nein, ganz und gar nicht. Was ist das denn für ein Leben, was ich ihrer Meinung nach lebe? Was ist das für ein Leben, wenn man nicht lieben darf? Was ist das für ein Leben, wenn man nicht lachen darf? Ich existierte. Aber ich lebte nicht. Nicht mehr. Mir fehlte ein Teil meiner selbst, um wieder so leben zu können, wie ich es wollte. "Du darfst dein Leben nicht wegwerfen!" Tat ich das? Was erwarteten sie von mir? Sollte ich so tun, als wäre alles in Ordnung? Sollte ich die ganze Welt - und vor allem mich selbst - belügen? "Ihr wisst doch gar nichts. Gar nichts, ihr habt keine Ahnung! Ihr wisst es nicht....." "Was? Dass du ihn liebst?" War ich so leicht zu durchschauen? War es so absehbar, was ich dachte? Was ich tun würde? Was ich FÜHLTE? Lag das alles offen auf dem Tisch? "Ich - ich will dir deine Hoffnungen nicht nehmen. Aber du weißt doch genau, was sie gesagt haben. Wenn sich seine Lage bald nicht verändert, ist es unwahrscheinlich, dass sie es jemals wieder tut." Haben sie ihn schon aufgegeben? Halten sie ihn für eine leere Hülle? Für tot? "Irgendwann dreh ich noch durch!" Glaubte er, ich etwa nicht? Als ob mir das nichts ausmachen würde... "Natürlich. Du schickst uns weg? Wie immer. Du schickst uns weg und dann? Hast du gar nichts geändert. So löst du deine Probleme nicht!" Nein. Aber würde ich sie lösen, wenn ich euch nicht wegschicke, Takeru? Ihr helft mir nicht Ihr habt ihn aufgegeben. ICH NICHT. Niemals. Auch wenn..... ...wenn es mich innerlich zerreißt......... .......werde ich alles versuchen. um ihn...... ...zurückzuholen... "Das wird niemals aufhören. " Ich nippte schweigend an einer Tasse Kaffee. "Sie kommen beide nicht mehr heraus aus dieser... Situation." murmelte Hikari. "Situation" hatte sie es benannt. Es war ein neutraler Begriff, aber er klang furchtbar unpersönlich. Es war so, als würden wir zwei völlig fremde Menschen beobachten, die sich in einer "Situation" befanden - denen wir jederzeit den Rücken zukehren konnten, wenn wir nicht mehr ertrugen, was wir sahen. Doch es ging hier nicht um irgendwen. Es ging um unsere Brüder. "Und wir sitzen daneben und schauen zu, wie sie sich immer mehr selbst kaputtmachen." "Irgendwann" sagte ich leise "werden wir ebenfalls... " Ich schluckte, wollte meinen Gedanken nicht aussprechen - gar nicht erst zuende denken.. Ich würde nicht mehr lange zusehen können, das wusste ich. "Können wir denn gar nichts dagegen tun? Können wir Tai nicht irgendwie helfen?" "Wir wissen doch eigentlich gar nichts." Was weiß ich überhaupt noch von meinem Bruder? Warum ist das mit ihm passiert? "Wann es wohl angefangen hat?" Ich sah auf. "Was meinst du?" "Lange Zeit habe ich gar nichts gemerkt. Aber dann. wie sie sich angesehen haben....wie sie miteinander geredet haben....wie sie sich angefasst haben...." "Angefasst?" "Kennst du nicht diese Geste, dass man sich freundschaftlich auf die Schulter klopft?" "Natürlich... " "Es war anders bei ihnen. Ganz anders. Ich kann nicht genau sagen wie. fast so wie...." Stille. Eine fast peinliche Stille. Ich starrte Hikari lange an. "Bei uns?" brachte ich schließlich hervor. Wieder Stille. Ja, dass zwischen den Beiden eine Art "Liebe" bestand, hatte ich natürlich gewusst. Aber in meinen Augen war es immer eine Liebe, wie sie zwischen zwei Brüdern herrscht. Ich hatte gedacht, Taichi liebt Yamato auf die selbe Art, wie ich es tue. Dass es aber weit darüber hinausging, das hätte ich nie auch nur zu denken gewagt. Trotz allem war es kein unangenehmer Gedanke. Schön, es waren vielleicht zwei Jungen, die sich liebten - aber es war doch wichtiger, dass sie jemanden hatten, mit dem sie glücklich werden konnten. Ich schüttelte den Kopf. Nein. Glücklich werden konnten sie so nicht. Ein apathischer Yamato und ein verzweifelter Taichi, die beide den Anschluss zur Wirklichkeit verloren hatten, konnten einfach nicht glücklich werden. "Glaubst du, es hat etwas mit dem Gefängnis zu tun?" Ich starrte Hikari einen Augenblick verwirrt an. Was? Wie kommt sie denn jetzt plötzlich. darauf? Was hatte das denn damit zu... "Was... Ach so. DAS." Sie meinte Yamatos Verhalten..... "Ich denke schon. Das nimmt man nicht einfach so hin. wer weiß..." Plötzlich keimte ein böser Gedanke in meinem Kopf - einer, der mich veranlasste, wie von der Tarantel gestochen aufzuspringen... "WAS DIE DA MIT IHM GEMACHT HABEN!" Es... es war verwirrend. So unheimlich. so kompliziert. Und doch. so einfach? -Wach auf- da war sie wieder. Eine Stimme, die mich rief. Eine angenehme Stimme. Ich wollte antworten doch.... konnte nicht. Etwas war dort - es hielt mich zurück. Ich weiß nicht, was es war. Ein unangenehmes Gefühl? Kaum zu beschreiben Aber es war da. Und es verwirrte mich. Ich hätte schreien können vor Wut. Doch brachte es mir etwas? Ich war..............einsam? Einsam. Alleine. schutzlos...... Unverstanden? ..........mutlos? -WACH AUF! ....diese... Gefühle sind Schwachsinn. Unsinn. Niemand würde sie je verstehen... damit zurechtkommen..... Tiefe Abgründe. Risse.....tiefe Schluchten. Und immer wieder dieses. nichts.... nicht wissen wollen... Nicht akzeptieren? -VERDAMMT NOCHMAL WACH AUF! Und diese Leere. Diese unendliche, schwarze Leere. "Verdammt noch mal, wach endlich auf!" Heiße Tränen liefen mir über das Gesicht. Nichts. Keine Reaktion. Zwei leere, wässrig blaue Augen starren mich an. Leer, kalt. Wie eine hohe, verschlossene Tür. 'Tut uns schrecklich leid, Club Yamato ist leider für die Außenwelt geschlossen.' Versteckte er sich? Da drinnen irgendwo? oder ist er...... Ausgezogen. In eine andere Welt. Was tat ich eigentlich hier? Ich saß hier. Ich versuchte. ihn zurückzuholen. Wie jeden Tag. Und ich würde scheitern, an mir selbst verzweifeln. Wie jeden Tag. Wie jeden verdammten. Tag. Konnte das nicht aufhören? Was habe ich denn falsch gemacht, dass ich so leiden muss? Das WIR so leiden müssen... wir... Wir? Gab es zwischen ihm und mir noch ein. WIR, etwas, was uns zusammenhielt? Hatten die anderen vielleicht recht? Machte ich mir hier mein Leben kaputt für. gar nichts? Umsonst? Für eine hübsche Hülle ohne Inhalt? Eine Puppe? Ich. ich wollte ihn nicht aufgeben....nein...das nicht. Aber. ICH KONNTE DAS NICHT MEHR MIT ANSEHEN! Mit einem Ruck war ich vom Bett aufgestanden... wollte schon zur Tür gehen. Mein Leben weiterleben, da wo ich aufgehört hatte. Wieder zu Schule gehen. Schule. ja. Ich hatte viel nachzuholen. Würde wahrscheinlich sitzen bleiben... Ja, natürlich, ich hatte doch soviel verpasst ,dass... Gerade wollte ich die Tür aufreißen, als ich eine leise, wackelige Stimme hörte... "Tai..." Ich blieb wie angewurzelt stehen, drehte mich um. "Lass. mich....bitte.... ... ...nicht allein." "Yamato?" Ich zuckte zusammen. "Yamato bist du... oh, entschuldige, da hab ich dich wohl mit jemandem verwechselt. siehst ihm aber auch verdammt ähnlich." Ich drehte mich um und starrte den Jungen, der mich angesprochen hatte verwirrt an. Vor mir stand ein Junge, etwas älter als ich , mit roten, wirren Haaren, listigen grünen Augen und einem lockeren Grinsen im Gesicht. "Woher kennst du..." Mein Gegenüber starrte ebenfalls verwirrt zurück. "Erm. Wer...bist denn...du?" "Ich bin Yamatos Bruder." Sagte ich unsicher. "Ach, du bist also Takeru?" "Ja, aber wer bist du?" Woher zum Geier kannte der Fremde meinen Namen? Ich kannte doch alle Freunde meines Bruders... oder? Der Junge sah sich unsicher um." Können wir das vielleicht woanders besprechen und nicht so auf der offenen Straße?" Ich nickte- trotz meiner steigenden Unsicherheit- und folgte dem Jungen in ein kleines Cafe. "Na schön. Warum dieses geheimnisvolle Getue?" Wollte ich wissen, als wir in der hintersten und dunkelsten Ecke des Cafes saßen. Der Junge zuckte die Schulter. "Ok, ich will ehrlich sein: Ich bin ausm Knast abgehauen und hinter mir sind etwa 5 Streifenwagen her." Mein Kiefer klappte nach unten. Verdammt, worauf hatte ich mich eingelassen?? "Ach übrigens: Ich heiße Mike." Ich lehnte mich zurück. Neben mir lag Yamato zusammengerollt unter einer Wolldecke. Na schön. Er hatte etwas gesagt. Ein Satz. Ein paar Wörter. Mehr nicht Er hatte geweint. Leise. Ohne einen laut von sich zu geben Lange. Sehr lange. So lange, dass ich beinahe selber angefangen hätte. Aber er hatte wenigstens eine Reaktion gezeigt. Eine Gefühlsregung. Zum ersten mal seit langer Zeit. Wie das erste Schneeglöckchen nach einem langen Winter. Nun lag er wieder da. Regungslos. Wie die ganze Zeit vorher. Eine seltsame Kälte hatte mich gepackt und ich zog zitternd die Wolldecke um meine Schultern. Ich weiß selber nicht, warum ich dem völlig fremden, zudem noch kriminellen Jungen von Yamato erzählt hatte. Jedenfalls fühlte ich mich ein bisschen besser danach. Vielleicht hatte ich das nötig gehabt: Jemanden, der einfach nur zuhört, ohne sich und seine Ansichten selber mit hineinzubringen. Das war in den Gesprächen mit Hikari nie möglich gewesen: Sie sah hauptsächlich "den armen Taichi" und klagte mir ihr Leid , dass sie ihren großen Bruder wiederhaben wolle. "Ach du Scheiße! Das klingt gar nicht gut..." Mike hatte sich zurückgelehnt und schlürfte nachdenklich einen starken, schwarzen Kaffee. "Und ich dachte schon, ICH hätte wegen dieser Sachen einen kleinen Psycho-Knacks." Ich horchte auf. "Wegen welcher Sachen?" fragte ich hastig. "Na du Weißt schon....Die Wärter und ihre netten kleinen Touren..."Mike nahm einen weiteren Schluck. Als ich den Kopf schüttelte, schien sich Mike vor Schreck verschluckt zu haben und hustete ein paar Mal. "Moment...willst du damit sagen....Er hat dir nichts erzählt?" "Was erzählt?" fragte ich und spürte, wie ein kleiner Hoffnungsschimmer am grauen Horizont auftauchte. Vielleicht war das ja der Schlüssel! Wenn Mike schon so etwas andeutete....dann... Plötzlich veränderte sich der Blick des rothaarigen. Aus der "Plaudermiene" wurde ein ernsthaftes Gesicht. "Nein, vergiss es lieber." Er stand auf. "Ich denke, er hatte seine Gründe es euch nicht zu erzählen. Wahrscheinlich ist es besser so." Er drehte sich um und ging mit schnellen Schritten zur Tür. "War nett, die kennengelernt zu haben." "Mike! Warte!" Hastig sprang ich auf und rannte hinter ihm her. Doch als ich draußen auf der Straße angekommen war, war niemand mehr zu sehen. Und was nun? Wenn ihn nicht einmal die Polizei hatte einfangen können? "Mist." Ich brauchte jetzt dringend jemanden, der mir half: jemanden, der meinem Verdacht nachging, der schnell an Informationen kam: Über Mike, über diese ominöse Strafanstalt , über Yamato . Das schrie geradezu nach einem gewissen rothaarigen Computerfreak. Zurück im Cafe hastete ich zur Theke. "Darf ich mal ihr Telefon benutzen? Bitte, nur ganz kurz! Es ist dringend!!" Die Frau hinter der Theke nickte, und schob mir das altmodische Gerät herüber. Etwa eine Viertelstunde später betrat Koushiro Izumi das Cafe - im Handgepäck seinen Laptop und eine gewisse Hikari Yagami. "Wenn ich dich richtig verstehe, müssen wir eine Art Schwerverbrecher finden, ja?" Izzy sah mich mehr als skeptisch an. "Na ja, Schwerverbrecher...Ich weiß nicht, was genau er verbrochen hat. Nennen wir ihn erst mal "entflohenen Häftling" ..." "Na dann eben so. Und was denkst du, kann ich tun, was nicht mal die Polizei zustande gebracht hat? Versteh mich bitte nicht falsch, ich möchte dir natürlich helfen so gut es geht - aber...Ich bin nicht Jesus, Ok? Für Wunder bin ich nicht zuständig" "Wie siehst aus mit Recherchen am PC?" Izzy grinste genüsslich. "Dafür schon..." ~Ich bin der Meinung, ein wirkliches Glück ohne Müßiggang ist unmöglich. Anton Tschechow~ Was denn? Was hatte ich denn erwartet? Dass sich von nun an alles ändert? Dass es wieder so wird, wie es früher einmal war? Hatte ich mir vielleicht nur eingebildet, dass er etwas gesagt hatte? Waren es meine tiefsten Wünsche und Tagträumereien , die mir etwas vorphantasierten? Mich verhöhnten, mir schöne, kleine Augenblicke schenkten, nur um mich dann für lange Zeiten wieder ins Unglück zu werfen? Warum wachte dieser Idiot nicht auf? Warum verschanzte er sich? Warum hatte er mir nie erzählt, was mit ihm passiert war? "Es ist jetzt alles wieder in Ordnung! Ich möchte nicht mehr darüber nachdenken." Wie oft hatte er so etwas gesagt? Dieser Blödmann! Lag es an mir? Habe ich dich falsch behandelt? Hätte ich mich mit der Antwort nicht zufrieden geben dürfen? Hätte ich dich zwingen sollen, mir alles zu erzählen? Jedes kleine Detail ? War es die Schuld von jemand anderem? Wenn ja - von wem? Und, WARUM? Warum......Warum...... So viele Fragen, auf die ich keine Antworten wusste. "Verdammt!" knurrte ich, heiser und völlig außer Atem. Ich stütze mich an einer Wand ab, und versuchte, meinen linken Fuß vorsichtig aus dem Schuh zu befreien. Er war inzwischen dick, blau und geschwollen - eigentlich ein Wunder, dass es nur meinen Fuß getroffen hatte - Ich war in einer mehr als leichtsinnigen Aktion von einer Fußgängerbrücke gesprungen - die letzte Chance, weiterhin in Freiheit zu leben. Denn eines war mir klar: Lieber wollte ich mir sämtliche Knochen brechen, als noch mal in diesen verdammten Knast zurück! Doch jetzt? Wohin jetzt? Mit dem angeknacksten Fuß konnte ich mir derartige Sprintaktionen abschminken! Ich brauchte ein Versteck! Einen ort, an dem ich mich für zwei oder drei Tage ungesehen erholen konnte. Ich zermaterte mein Hirn - gab es noch irgendjemanden, der mir einen Gefallen schuldete? Jemanden, der nicht gerade im Knast saß, oder ein perverser Irrer war, der keine Chance ausließ, seinen Fortpflanzungstrieb an mir auszulassen? Ich ging einen Namen nach dem anderen in meinem Kopf durch. Nein - da war niemand. Niemand......es sei denn.......... Es sei denn, ich würde Yamatos Bruder erzählen, was uns dort wiederfahren war. Ich schluckte. Das konnte unter Umständen unangenehm werden. Zwar hatte ich mich mit der Zeit an die Prozeduren gewöhnt - sie über mich hinwegziehen lassen und auf die gleiche Art ertragen, wie ein Erdbeben, eine Situation, an der sich nichts ändern läßt - doch davon zu erzählen? Es gab gar nicht genügend Wörter, um auszudrücken, wie man sich dabei fühlt. Und ich war mir gar nicht so sicher, ob ich meine Gefühle dann noch unter Kontrolle haben würde..... ~Glück: der Zustand des still lachenden Einseins mit der Welt - Hermann Hesse ~ Izzy sah von seinem Laptop auf. "Hm. Allzu viel kann ich euch nicht anbieten - und die wenigen Informationen, die ich habe, werden euch wahrscheinlich nicht sonderlich gefallen." So etwas hatte ich mir gedacht. "Schieß los...." sagte ich gefasst. "Erst zu Mike selber: Da ist nicht viel zu sagen, ein paar Schlägereien und kleinere Ladendiebstähle. Nichts wirklich erschütterndes - wahrscheinlich wäre er recht schnell wieder auf freien Fuß gekommen." Hikari schaute skeptisch. " Also ich finde das schon schlimm..... einfach irgendwo einzubrechen......" Izzy seufzte. "Sagen wir es so: Wenn man bedenkt, aus was für einer Familie er kommt.....Im vergleich zu seinem Vater ist er die Unschuld in Person!" Ein unangenehmes Gefühl machte sich bereit. Zum Teil hatte ich geahnt, was Izzy sagen würde.... Er lehnte sich zurück. " Tja....Von Ladendiebstahl, über Banküberfall bis hin zu schwerer Körperverletzung und ......Vergewaltigungen, zum Teil auch an seinen eigenen Kindern.......ist alles dabei." Die Stille, die sich nun zwischen uns einstellte, war teils Bestürzung, teils Mitleid, teils Ekel - und eine dumpfe Vorahnung, die sich in meinem Kopf unscharf bildete. Zu unklar, um ein genaues Bild zu fassen, zu deutlich, um sie zu ignorieren. Mein Magen schien aufmüpfig auf und ab zu hüpfen, das Gefühl, mich übergeben zu müssen wuchs. Ein Vater, der seine eigenen Kinder.....? Wieso taten einige Menschen so etwas? Ich stand auf. Die Übelkeit war kaum auszuhalten. "Tut...mir leid....ich glaub......ich gehe nach Hause......" "Alles in Ordnung?" Hikari sah mich erschrocken an. "Du siehst....blass aus! Soll ich dich vielleicht nach hause begleiten?" Ich schüttelte den Kopf. Nein, ich brauchte jetzt zuerst Ruhe..... Außerdem war es mir unangenehm - was wenn ich wirklich kotzen würde? Ich konnte mir kaum vorstellen , dass sie das besonders ästhetisch finden würde..... "Ich...hab nur wenig geschlafen." Sagte ich hastig, als ich ihren fragenden Blick bemerkte. Ich hatte mir mein Leben früher ganz anders vorgestellt. Glücklich - hatte gedacht, ich würde sehr viel Spaß haben, viel lachen, fröhlich sein. Wer hätte gedacht, dass mir so etwas mal passieren würde... Ich hing den ganzen Tag in diesem Haus herum - blieb über nacht. Sah seine Eltern öfter, als meine eigenen. Gehörte schon fast zur Familie. Ich hatte das dumpfe Gefühl, dass ich inzwischen schon eine Art "Yamato- Ersatz" war Was machte ich hier eigentlich? Darauf warten, dass er wieder aus seinem. Zustand - oder wie auch immer man das nennen könnte - aufwacht? Warum... Warum machte ich das denn eigentlich noch- warum? ..... Weil ich ihn liebte. Darum. Aber wie lange konnte ich das noch ertragen? Wie lange würde ich noch mit ansehen können wie er.....nur noch eine leblose Hülle war.... "Vielleicht hätte ich's noch nicht sagen sollen." Izzy seufzte. "Hm..." machte Hikari. Sie saßen immer noch in dem kleinen Cafe. "Aber vielleicht hat es ja auch gar nichts miteinander zu tun." Izzy nickte und starrte in seine Kaffeetasse. "Wahrscheinlich ist Mike einfach nur ne arme Sau, an dem sein Paps alles abgelassen hat. Und geklaut hat er wahrscheinlich nur, um sich über Wasser zu halten. So. Wir wollen ja nicht immer gleich alles so schwarz sehen!" "Trotzdem" sagte Hikari "habe ich den Eindruck, es könnte doch was..." "Hast du einen Beweis?" "Nein. Aber mein Gefühl sagt mir, dass man Mike nicht trauen kann." "Hm... " brummte Izzy. "Ich hab das Gefühl, wir haben irgendwas vergessen....." "Und was bitte?" Izzy zuckte mit den Schultern. " Was weiß ich nicht. Nur so n Gefühl." Kari blickte ihn schief an. Izzys " nur so n Gefühl" bestätigte sich in der Regel immer kurz darauf. Mein Magen hatte sich etwas beruhigt - die Übelkeit machte meiner Wut platz. Ich war auf so viele Dinge gleichzeitig wütend. Fast all meine Wut richtete sich auf Mike - oder auf das, was er erlebt hatte. So ein Idiot! Wieso hat dieser Blödmann denn nicht weitergeredet? Vielleicht hätte er mir sagen können, was mit Yamato passiert war. Aber warum hatte der Kerl mich eigentlich angesprochen? Und warum habe ich Trottel ihm auch noch alles erzählt? "Rede niemals mit Fremden über private Angelegenheiten..." Gott. so was lernt man doch schon im Kindergarten. Trotzdem....was hätte ich dafür gegeben, dass Mike etwas erzählt hätte...... Alles......?....fragte ich mich....Verdammt, ja! Wahrscheinlich würde ich wirklich alles tun Es war doch wirklich zum verzweifeln. Aber was passiert war., war eben passiert. Der vielleicht einzige, der mir helfen könnte, zu verstehen, was mit meinem Bruder passiert war , war mir durch die Lappen gegangen. Fast schon hätte ich laut losgeschimpft, als ich plötzlich ein leises Zischen hörte. Ich fuhr herum. Was war das? Hatte jemand etwas gesagt? Oder waren es nur Ratten? "Takeru! Hier drüben!" Doch! Da hatte jemand etwas gesagt. Langsam ging ich auf die Nebengasse zu, aus der die Stimme gekommen war. Eine warnende Stimme in meinem Hinterkopf rief mir zu, dass all das Unglück von Yamato in eben solch einer kleinen, sehr suspekt wirkenden Gasse begonnen hatte. Ich ignorierte die Stimme. In der Dunklen Gasse konnte ich eine schemenhafte Figur ausmachen, die an der Wand lehnte. Es dauerte einen Moment, bis sich meine Augen ganz an die Dunkelheit gewöhnt hatten. Mike. Ich riss die Augen auf, denn er sah furchtbar aus - etwa so, als hätte sich eine Raubkatze auf ihn gestürzt. Überall blutige Kratzer. "Was zum....." japste ich. Mike schüttelte den Kopf. "Kratzer, nichts weiter. Nicht schlimm." Nicht schlimm? Der hatte Nerven! "Aber anscheinend habe ich mir den Fuß verstaucht..." Einen Arzt bräuchte er jetzt. Aber - er würde sich bestimmt nicht darauf einlassen - "OK, ich will nicht lange Drumherum reden, sondern dir einen Vorschlag machen." sagte Mike. "Was für einen Vorschlag?" "Ich kann für sagen wir... zwei Tage bei euch zuhause untertauchen und im Gegenzug erzähle ich dir alles, was ich über die Geschehnisse aus dem Knast weiß." Ich atmete laut ein. Was jetzt? Ich musste eine Entscheidung fällen. Es war illegal! Verboten! Aber vielleicht meine einzige Chance! Und - konnte ich es wirklich mit meinem Gewissen vereinbaren, ihn in seinem jetzigen Zustand hier zu lassen? "Nun? Was sagst du zu meinem Vorschlag?" drängte er. Na schön. Dann heißt es wohl, in den sauren Apfel beißen! "Ok..." sagte ich langsam. "Die Wohnung von Mama und mir ist im Augenblick recht unbewohnt. Mama macht zwar noch regelmäßig sauber, aber bis es Yamato besser geht, wohnen wir alle bei Papa....." Ich starrte eindringlich in meine Kaffeetasse, in der Hoffnung, dass meine Erinnerungen an das, was ich vergessen hatte, bald wieder zurückkehrten. Allerdings starrte der Kaffee ziemlich unbeeindruckt zurück. Ich seufzte und ließ in meinem Kopf den Tag der Gerichtsverhandlung nocheinmal vor mir herlaufen. Taichi hatte ausgesagt, und auch Yamato war endlich zum Zuge gekommen , konnte aussagen, was wirklich passiert war. Davor lag die Zeit in der Jugendstrafanstalt.....genau darüber wussten wir nichts. Rein GAR nichts. Also blieb mir wohl nichts anderes, als nochmals den Ablauf der Verhandlung durchzukauen. Daran war nichts auffälliges..... Vielleicht...hatte es auch nur indirekt damit zu tun Ich versuchte mir wieder in Gedanken zu rufen, wer dort alles anwesend gewesen war. Das war nicht gerade einfach. Sehr viele Leute, die ich überhaupt nicht kannte. Einige Schaulustige. ein paar Freunde von Matt, die Familie...... ein paar Polizisten..... und noch einige Straftäter, deren Prozess im weiteren verlauf des Tages stattfinden sollte.....die meisten sahen gleich aus. Groß, breit, dunkle Haare............und so ein komischer rothaariger. rothaariger?......Kerl........ .....war das Mike? ... "DAS IST ES!" rief ich aus. Ich saß im Schneidersitz auf dem Bett, Yamatos Kopf lag in meinem Schoß und ich fuhr in Gedanken versunken durch seine blonden, weichen Haare. So war das eben mit dem Glück. wenn man nicht aufpasste, machte es sich still und heimlich davon - und auf einmal merkt man, wie beschissen doch das Leben ist. Oder? Wann. habe ich das letzte mal so richtig gelacht? Nein, nicht aus Höflichkeit oder so. sondern aus tiefstem Inneren heraus, einfach nur gelacht, weil ich glücklich war? Lange her, was? Zu lange. Ich wollte wieder lachen. Ich wollte wieder glücklich sein. Ich wollte ihn wiederhaben! Meinen Yama.... Aber warum ging das nicht? Hatte jemand beschlossen, dass wir beide nie wieder zusammen lachen würden? Wenn ja, wer war es? Und warum tat er so was? Was dachte ich mir da für einen Mist zusammen? Fast wie durch einen Nebelschleier kam eine Erinnerung aus ferner Vergangenheit zurück........ "Taichi, rede nicht so einen Müll... " hörte ich echo-ähnlich Yamas Stimme. "nein, ich meine es ernst......" "Ach, mein kleiner Idiot....." Und wir haben gelacht. worüber ....das weiß ich nicht mehr. Aber wir haben gelacht. Und er nannte mich "mein kleiner Idiot"... Anfangs war ich gekränkt, wenn er so etwas sagte. Und jetzt. jetzt wünschte ich mir nichts sehnlicher, als dass er mich wieder "mein kleiner Idiot" nannte. Die Haustür viel krachend hinter uns ins Schloss. "Da wären wir. Da hinten ist die Küche und hier ist das Badezimmer. Am besten stellst du dich erst mal unter die Dusche, ich schau mal, ob ich den erste Hilfe Kasten finde." Sagte ich und begann in unserem Medizinschränkchen zu wühlen. Aus den Augenwinkeln konnte ich sehen, wie Mike sich vorsichtig und langsam auszog, um seinen Fuß nicht unnötig zu belasten. Dann humpelte er, ohne mich zu beachten, auf die Duschkabine zu. Inzwischen hatte ich Verbandszeug gefunden und versuchte, mir meinen letzten Erste Hilfe Kurs ins Gedächtnis zu rufen. "Hast du zufällig Shampoo?" fragte Mike aus der Dusche heraus. "Äh...natürlich!" stammelte ich, schnappte mir eine Shampooflasche aus dem Schrank und schlurfte dann zur Dusche. "Ich stelle es hier hi....." Ich konnte meinen Satz nicht beenden , den Mike hatte den Duschvorhang schwungvoll zurückgezogen und sich die Shampooflasche geangelt. "Danke." "Sch. schon Ok, ich bin dann in der Küche....." murmelte ich hastig und drehte mich schnell weg. Man, wo hab ich Blödmann wieder hingeschaut? Hoffentlich hatte ich nicht einen so roten Kopf, wie es mir vorkam! Was sollte Mike denn jetzt von mir denken? Hoffentlich hatte er nichts bemerkt....... "Was?" fragte Kari. "Erm. wie?" Ich hatte mich wieder in meine Gedanken gestürzt. "Jetzt weißt du WAS wieder?" Ich grinste schief. Verdammt, hatte ich wieder laut gedacht..... "Oh. erinnerst du dich noch an den Tag im Gericht?" "Klar, als wäre es gestern gewesen." "Gut..." murmelte ich. " Weißt du auch noch, was Taichi zu Yamato gesagt hat, als wir aus dem Saal gegangen sind?" Hikari zuckte die schultern. "keine Peilung. na ja.....außerdem war ich ja auch nicht direkt hinter ihnen...." "OK. Erm.....erinnerst du dich noch, wer alles im Gerichtssaal war?" "Izzy? Ich kannte von den meisten kaum jemanden... wie soll ich das denn bitte alles behalten?" "Ok Ok... schon gut. Also: hinten im Gerichtssaal, da saß so... ein rothaariger Junge... " "War. das etwa Mike?" Ich nickte. "ich denke schon. Und noch was: Als wir aus dem Raum gegangen sind, da fragte Taichi, wer denn der Kerl wäre... " "Und?" "Yamato meinte, es wäre einer der wenigen halbwegs Intelligenten gewesen die ihm dort begegnet sind. Taichi wollte dann wissen, ob sie sich angefreundet hätten... " Ich schwieg einen Augenblick. Sollte ich es ihr sagen? Es war nur eine Vermutung.... "Ja. und weiter?" "Naja, Yamato meinte, dass daraus nichts geworden wäre. Weil......er versucht hätte, ihn zu küssen!" Hikaris Augen weiteten sich vor Schreck. "Hm, die Sachen sind wohl hin... " murmelte Mike, als er sein zerrissenes T - Shirt begutachtete. "Wenn du willst kann ich dir eins leihen... " bot ich ihm an, musste dann aber dämlich grinsen. "Oder eher schenken. Ich glaube kaum, dass ich das dann noch mal wiedersehe... " Mike hockte hinter mir auf einem Stuhl und starrte ins Leere, mit den Gedanken scheinbar auf einem ganz anderen Planeten. Ich wühlte in den Fächern meines Kleiderschrankes und war auf der Suche nach einem T-Shirt, was keines meiner geliebten Basketball Shirts war und auf dem auch nicht so ein dämlicher Mist gedruckt war wie "I Love you" oder "Rettet den Regenwald". Schließlich wurde ich fündig und angelte das neutralste T-Shirt heraus. Schwarz, unbedruckt und in einer Größe, in die man eigentlich jeden hätte hineinstecken können, ohne dass dieser dämlich darin aussah. "Das müsste passen!" sagte ich mit leichtem Triumph in der Stimme. Mike brummte zustimmend. "Wie geht's deinem Fuß?" "Wie es so einem verstauchten Knöchel im Verband eben so geht. Beschissen eben. Aber da hilft nur abwarten. Aber keine Panik. Spätestens übermorgen bist du mich wieder los." Ich warf ihm einen skeptischen Blick zu. "Übermorgen? Bist du sicher? ich meine. als sich mein Großvater mal den Knöchel verstaucht hat, hat es 2 Wochen gedauert, bis er halbwegs wieder normal laufen konnte....." "Und? Ich BIN aber nicht dein Großvater. Außerdem ist es ungesünder für mich, länger an einem Ort zu bleiben, als mit nem verstauchten Fuß durch die Botanik zu humpeln." Ich schüttelte leicht den Kopf. Einen Dickkopf hatte der! Fast schon so einen wie Matt! Matt..... Ich schüttelte den Gedanken schnell ab, angelte nach einem schwarzen T- Shirt und warf es Mike zu. "Oh, schwarz......"Mike lachte bitter. Ich stutzte. Seine Stimme klang plötzlich so verändert! Als hätte jemand in seinem Kopf einen Hebel umgeworfen und von "Nett" auf "Böse" geschaltet. "Magst du die Farbe nicht?" fragte ich vorsichtig, warf einen Blick in der Kleiderschrank und hoffte, noch ein buntes Shirt zu entdecken. "Oh doch. Ich mag es dunkel.....dunkel und einsam und kalt......." Einsam? Dunkel? Kalt? "W.... was?" Wie konnte jemand so etwas mögen? "Oh...das kannst DU natürlich nicht nachvollziehen, oder?" "Wie kann man sich denn Einsamkeit wünschen?" stammelte ich ungläubig. "Hattest du noch nie jemanden in deiner Nähe?" Was sollte denn die Frage? Ich merkte, wie in mir langsam die Panik hochstieg. Das dumpfe, pochende Gefühl, einen schweren Fehler begangen zu haben kroch in meinen Kopf. "Doch natürlich, andau-" "Ich meine nicht so. Ich meine. hat noch nie jemand bei dir eine Grenze überschritten......."flüsterte Mike leise, und - stand plötzlich so dicht vor mir, dass ich unbewusst einen Schritt nach hinten zu gehen versuchte - es aber nicht konnte, da ich plötzlich Mikes Hände spürte, die unsanft zupackten. ".......die er nicht überschreiten darf? Bei der es. weh tut?".............wisperte Mike heiser weiter. "Wenn das so weiter geht, schenke ich euch noch ein Telefon." maulte die Frau hinter der Theke. "Glauben sie mir, es ist WIRKLICH wichtig!" sagte Hikari und jammerte der Frau die Ohren voll, während Ich mir schnell den Hörer angelte. Die Nummer wählte ich auswendig, ohne wirklich hinzuschauen. Erst als sich Tai am Ende der Leitung meldete, konnte ich mich wieder auf das wesentliche Konzentrieren. "Hallo? Oh. Tai.........sag mal, ist Takeru zufällig bei.....Nein?.....hm... nein, nicht wichtig, mach dir keine Sorgen. Ja, Kari ist bei mir, keine Angst....ja......bye.." Das Gespräch war sehr kurz gewesen, trotzdem änderte es ALLES. Takeru wollte nach Hause gehen - war dort aber nicht angekommen. Kurz vorher war ihm ein Jugendlicher Straftäter über den Weg gelaufen - in meinem Kopf klingelten die Alarmglocken. Ich ging schweigend an Hikari und der Frau hinter der Theke vorbei , klappte meinen Laptop zusammen, kramte ein wenig Geld heraus, bezahlt den Kaffee - alles automatisch, fast wie in Trance. "Kari... ich bring dich nach Hause." Flüsterte ich. "Izzy? ....Izzy. was.....ist was passiert?" Ich schüttelte den Kopf. "Noch nicht. Aber es ist schon spät. Und Tai meinte, du solltest lieber nach Hause gehen." "Tut mir leid." sagte Mike. "Das haben die da mit uns gemacht. Und inzwischen. werde ich genauso. Genauso wie die." Dann drehte er sich um und knallte hinter sich die Haustür zu. Die wenigen Meter bis zur Tür war er erstaunlich schnell gegangen - trotz verstauchten Fußes. ....... Noch war das, was gerade mit ihm geschehen war, weit weg von seinen Gedanken. Noch war er wie berauscht, tauchte durch eine farbenfrohe Phantasiewelt. Weit weg von der Realität! Eine kleine, schöne heile Welt! Doch langsam löste sie sich auf, und was übrig blieb , war eine düstere Ruinenlandschaft. Ja, jetzt verstand er. Jetzt verstand Takeru, was Mike mit. Einsamkeit......Kälte........Dunkelheit meinte. Er kauerte auf dem Boden, in die Ecke gedrängt und plötzlich sah die Wohnung ganz anders aus. Sie war nicht mehr warm und gemütlich, kein Ort mehr, an dem man bleiben wollte - sie war auf einmal stickig. unerträglich heiß und beengend. Er war nassgeschwitzt und doch zitterte er - vor Kälte? Vor Wut?Vor Angst? "Wie ein wildes Tier..." dachte Takeru... ". ist er über mich hergefallen... " Warum? Warum war das gerade passiert? Mit einem Mal, war eine ganze Welt in sich zusammengebrochen. Die Dinge würden sich nun ändern! ALLES würde sich ändern! Vorsichtig versuchte er aufzustehen. Doch er war viel zu wackelig auf den Beinen. "Nein. ich will nicht mehr...:" Er unternahm keinen weiteren Versuch mehr, aufzustehen. sondern blieb an Ort und Stelle liegen. "Izzy?" meldete sich Kari, nachdem wir eine ganze Weile "Hm?" "Ich. will noch einmal bei Tai vorbeischauen, bevor ich nach Hause gehe." sagte Hikari als die beiden durch das Viertel gingen. "hm....." "Wo Takeru wohl steckt, wenn er nicht Zuhause ist? Um diese Uhrzeit?" "Ich mache mir da offengesagt so meine Sorgen. Solange Mike hier herumläuft. ich weiß ja nicht, wozu der Typ fähig ist!" "Ich weiß nicht. irgendwie tut er mir auch leid.....ich mein, wenn sein eigner Vater ihn.....du weißt schon......" "Wahrscheinlich ist er einfach nur jemand, der von seinem Umfeld kaputtgemacht wurde. Wer weiß? vielleicht ist er gar nicht so übel. So, da wären wir..." "Danke Izzy. ich.....ich werd nachfragen, ob ich heute nacht hier bleiben kann......geh ruhig schon mal nach Hause......." "In Ordnung... " murmelte Izzy. Als Hikari im Haus verschwunden war, ging er langsam die Straße entlang. Ein seltsamer Tag war das gewesen..... Vielleicht sollte er erst mal die Nacht drüber schlafen. Er schlenderte durch die dunklen Strassen, als er plötzlich verwundert stehen blieb: da brannte Licht in der Wohnung von Takeru und seiner Mutter... Da Takerus Mutter allerdings jetzt bei ihrem Ex Mann saß ,musste Takeru dort sein! Natürlich... "Ich schau lieber noch mal nach, wie es ihm geht... " sagte Izzy leise zu sich selbst... "Ich bin's... " rief Hikari in den Flur, zog ihre Schuhe aus und schlich dann in das Zimmer von Yamato. "Hi..." flüsterte sie. "Oh. Hallo..." murmelte Tai leise. "Wie. geht's?" "Der Situation entsprechend. Warum wollte Izzy eigentlich wissen, wo Takeru steckt?" "Naja... ihm ging's heute nicht besonders......" "Ist er krank?" fragte Tai besorgt "Nein, er meinte, es wäre nichts besonderes. vielleicht hat ihn auch nur die Begegnung mit Mike aus der Fassung gebracht..." "Mike? Wer ist das denn ?" fragte Tai - und dann geschah das, womit niemand mehr wirklich gerechnet hatte. Yamatos Kopf war von Taichis Schoß in die Höhe geschnellt "Mike?" japste er - dann wanderte sein Blick unsicher durch das Zimmer. Er sah die überraschten GEsichter von Tai und Hikari, schaute noch verdutzter an sich herrunter, bemerkte die vielen Pflaster von den Infusionsnadeln und brache schließlich wackelig "Was......ist passiert?" hervor. "Man bin ich froh, dich wiederzuhaben....." Yamato schüttelte fassungslos den Kopf. "Was. war eigentlich los? Ich kann mich an kaum etwas erinnern....." Yamato, Hikari, Taichi und Yamatos Eltern saßen um den Küchentisch herum. Taichi sah ihn verlegen an. "Ach. das erzählen wir dir später. " "Später? Warum ? Erzähl es doch einfach jetzt?" "Also....gut. Aber es wird dir nicht besonders gefallen....du warst fast ein halbes Jahr in einem.....geistesabwesenden Zustand. Du warst zwar wach - aber irgendwie doch nicht! Aber als Hikari Mike erwähnte. da bist du ganz urplötzlich wieder......" Taichi wurde von der Türklingel unterbrochen. Hektisch läutete es vier, fünfmal hintereinander. "Wer kann denn das sein, um diese Uhrzeit?" sechs... sieben... achtmal... Taichi sprang auf. "Ich geh aufmachen." und rannte zur Haustür. Yamato stürzte hinterher. "Oh nein... " flüsterte Yamato, als Tai die Tür geöffnet hatte. Vor der Haustür stand Izzy und an ihn gelehnt stand mehr bewusstlos als wach Takeru. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)